Worlds Travel ~ Band Eins: My new Destiny von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 6: Chapter 06 ~ Die ersten Lagerfeuergespräche ------------------------------------------------------ Aufmerksam beobachtete ich das Wirken der schwarzhaarigen Schönheit. Folgte ihren Bewegungen mit meinen Augen und suchte den Sinn in ihrem Handeln. Lauschte ihren Worten und folgte ihren Anweisungen. „Und nun müsst Ihr nur noch einige Male kräftig umrühren.“ Ich nickte. Verstand. Und sogleich nahm ich der Hexe der Wildnis den Kochlöffel aus den Händen, um ihrer Aufforderung Folge zu leisten. Erst einmal, dann zweimal und noch ein weiteres Mal. „Stopp!“ Ich hielt an, während ich gerade dabei war, ein siebtes Mal umzurühren, und blickte in die gelben Iriden meiner Begleiterin. „Nun sind wir fertig. Ihr könnt anrichten.“ Sie drehte sich um und setzte sich auf einen Baumstamm, gegenüber von Alistair. Mittlerweile hatten wir ein Nachtlager eingerichtet und uns dafür entschieden, am morgigen Tage den restlichen Weg nach Lothering zu gehen. Doch nun hatten wir aus den wenigen Zutaten, die Morrigan mitgenommen hatte, wie auch aus ein paar wenigen Hasen, die wir gejagt hatten, eine Suppe angerichtet. Und ich musste zugeben, dass ich froh war, schon in meinem einem Jahr, das ich in dieser Welt verbrachte, ab und an mit auf eine Jagd genommen worden zu sein. Dort hatte ich schon gelernt, wie man ein Tier auseinandernimmt. Es von seinem Fell befreit und nur das Essbare nimmt. Und ich musste gestehen, selbst nach diesem einem Jahr war es noch äußerst widerlich. Doch es musste sein. Schließlich wollten wir überleben und urplötzlich zum Vegetarier werden konnte ich auch nicht, dafür war ich, wie ich leider zugeben musste, zu willensschwach, wenn es um meine Ernährung ging. Erst wenn man Tiere auseinandernehmen musste, wusste man den Luxus aus seiner eigenen Welt besonders zu schätzen. Die Jäger oder die Schlachter, die diesen Part übernahmen, damit man es nur noch fertig im Supermarkt zu kaufen brauchte. Doch dies war hier nicht der Fall. Hier musste ich es selbst übernehmen. Meine Hände glitten zu einer der Schüsseln und mit einem Schöpflöffel, Morrigan hatte wirklich an alles gedacht, befüllte ich die erste mit dem Inhalt der Suppe. „Hier Alistair. Esst etwas.“ Ich überbrückte die geringe Distanz zwischen uns und schob ihm den Teller, samt Löffel, aufmunternd lächelnd in die Hände. Ich wusste um seinen Verlust und die Gedanken, die sich in seinem Kopf bildeten. Ich würde noch mit ihm darüber reden, doch jetzt sollte er lieber etwas Zeit für sich haben, war er ohnehin etwas still von dem Zeitpunkt aus, an dem wir losgewandert waren. Er nickte mir leicht lächelnd zu, das augenblicklich wieder verschwand, als er auf die Suppe blickte. Dann schritt ich wieder zum Topf und schöpfte noch einen Teller mit der Suppe voll, den ich nun dem einzigen weiblichen Mitglied unserer kleinen Gruppe reichte. Sie nickte lediglich, was ich schon einmal als gutes Zeichen sah. Skipper blickte mich schon erwartungsvoll an, als ich nun Überreste des Hasen in die Hand nahm und mich dem Vierbeiner näherte. „So, Großer, lass es dir schmecken!“ Er bellte glücklich, als ich ihm das Fleisch auf den Boden lag und ihm noch einmal über den Kopf strich. Zuletzt nahm ich mir selbst einen Teller und setzte mich neben unseren Wildfang. „Danke für die Kochstunde“, entwich es meinen Lippen, als ich sie anblickte. „Es dient uns beiden. Euch, damit Ihr zukünftig kochen könnt, und mir, damit ich nicht ständig für Euch und den Kirchenjungen kochen muss.“ „Eine schöne pragmatische Denkweise. Gefällt mir.“ Für einen Moment stellte sie ihre Essenstätigkeit ein, und blickte prüfend zu mir. „Ist etwas mit dem Essen, habe ich etwas falsch gemacht?“, entwich es lächelnd meinen Lippen, was sie dazu brachte, ihre Aufmerksamkeit von mir abzuwenden und sich wieder ihrem Teller zu widmen. „Nein. Es könnte gar nichts falsch daran sein, schließlich habe ich es Euch genaustens erklärt und hin und wieder auch gezeigt.“ „Woraufhin ich im Übrigen gespannt bin, was wir als nächstes gemeinsam kochen werden.“ „Nun, ich weiß nicht, wie Ihr aufgewachsen seid, doch erwartet nicht sonderlich viel Abwechslung in den Wäldern zu finden. Freundet Euch besser mit Hasen, Wild und Weiterem, das man in eine Suppe hineinverwerten kann, an.“ Ich nickte nur. Ich wusste, was sie meinte. Das schöne Leben, wie ich es auf Highever kannte, war nun längst vorbei. Es kam mir bereits wie eine Ewigkeit vor, dabei war gerade einmal eine Woche vergangen. Und ich stand gerade einmal am absoluten Anfang meiner Reise. Wir hatten den Prolog des Spiels so gerade eben überschritten, doch, und das durfte ich auf keinen Fall vergessen, dies war kein Spiel mehr. Dies war das wirkliche Leben. Jeder konnte sich verletzen oder gar sterben. Meine Augen richteten sich auf Alistair, der mir gegenüber am Lagerfeuer saß und gedankenverloren in das Feuer starrte. Er war nun mein Waffenbruder. Mit mir gemeinsam die letzte Hoffnung für dieses Land, um die Dunkle Brut aufzuhalten. Nun blickte ich zur Hexe. Auch sie war nun real. Bissig. Mächtig. Intelligent. Im Moment meine Führerin nach Lothering, doch später, so sie wollte, eine gute Freundin. Ich hoffte, dass ich es schaffen würde, durch die Fassade von Morrigan zu gelangen. Mich mit ihr anzufreunden. Denn ich mochte sie nicht nur aufgrund ihrer Ästhetik. Ich mochte taffe Frauen. Schlagfertige, die nicht auf den Mund gefallen waren. Schätzte Intelligenz. Und sie war all dies und teilte zudem etwas, das ich ebenfalls sehr schätzte. Pragmatisches Denken und oftmals, wie ich es aus den Spielen kannte, schwarzen Humor. Ich war selbst häufiger, schon in meiner Welt, der Meinung gewesen, dass es die natürliche Auslese gab. Idioten und schwache Menschen verschwanden schnell, wobei letztere auch hin und wieder von stärkeren Menschen gerettet werden konnten, bis sie selbst stark wurden oder irgendwann nicht mehr gerettet werden konnten. Doch auch wenn ich selbst solch pragmatisches Denken mochte, konnte ich dies hier leider nicht zulassen, abgesehen davon, dass ich mir nicht sicher war, es schlussendlich doch übers Herz zu bringen. Zumindest solange nicht, bis ich meinen eigenen Körper besaß. Schon alleine wegen Aidan. Er sollte eine reine Weste haben, sobald er seinen Körper wiedererhielt. Meinen verdammten Zynismus konnte ich dann wieder zum Besten geben, wenn ich den meinen Körper besaß, wann auch immer dies sein sollte. „Was schaut Ihr so?“ Völlig perplex schüttelte ich mein Haupt und blickte nun in ein Paar wütend funkelnde gelbe Augen, da ich scheinbar noch immer, völlig im Gedanken versunken, Morrigan angeblickt hatte. Abwehrend hob ich meine Hand mit dem Löffel. „Nichts. Ich war im Gedanken. Verzeiht, dass ich Euch scheinbar angestarrt habe, dies war nicht beabsichtigt. Ich hatte mir lediglich Gedanken über unsere kleine Truppe gemacht.“ „Und was für Gedanken kamen dabei zustande?“, fragte sie auch gleich wieder misstrauisch. „Nun, abgesehen davon, dass ich Euch wie auch meinen Wächterkollegen zukünftig etwas besser kennenlernen wollen würde, habe ich mir Gedanken darüber gemacht, wie wir Wache halten sollten. Alistair?“ Der Wächter blickte mich nun ebenfalls an, als ich ihn rief. „Wenn ihr beide nichts dagegen habt, übernehme ich die erste Wache. Ansonsten auch gerne die zweite.“ „Ich kann ohnehin nicht schlafen, lasst mich die erste Wache halten, wenn es okay ist“, sprach mich Alistair an, weswegen ich nickte. „Natürlich. Dann übernehme ich die zweite Wache. Seid Ihr damit einverstanden, Morrigan?“ Sie nickte nur. Wow, bisher noch keine richtige Beleidigung auf Kosten Alistairs. Ich konnte mir gut vorstellen, dass ich in Zukunft mit Freude an diesen Augenblick zurückdachte und den Alexander in diesem Augenblick beneidete, da ihre Streitereien mir Kopfschmerzen bereiten würden. Ich löffelte die letzten Reste meines Tellers aus und stand auf, ehe ich zu Morrigan blickte. „Morrigan, mögt Ihr noch einen Nachschlag?“ Verwundert blickte sie mir entgegen. Sie schien herausfinden zu wollen, was ich mir davon versprach, ihr gegenüber so höflich zu sein. Was ich wohl bezweckte. „Keine Sorge, ich tue das aus Höflichkeit. Anstand. So bekam ich es beigebracht. Wenn ich schon einmal meinen Teller befülle, wieso solltet Ihr dann unnötigerweise noch einmal aufstehen, wenn ich doch wieder direkt neben Euch Platz nehme.“ Ich erkannte, wie meine Augen bei ihr angekommen waren, und die Verwunderung in Verständnis wich. Ich selbst war selbst überaus überrascht, wie einfach ich sie, zumindest im Augenblick, scheinbar lesen konnte. Sie reichte mir ihre Schüssel und ich befüllte die ihre zuerst und dann die meine. „Alistair, wollt Ihr auch?“ Scheinbar hatte ich ihn wieder aus einem seiner Gedanken gerissen, denn er blickte mir entgegen wie ein erschrockener Welpe. Er schüttelte sein Haupt, weswegen ich nur mit den Armen zuckte und es mir wieder neben meiner misstrauischen Begleitung gemütlich machte, ihr ihre Schüssel reichend. Minuten vergingen, in denen man lediglich das Knacken des Holzes im Lagerfeuer hörte oder das Löffeln nach der Nahrung innerhalb der Schüsseln. „In der Nähe ist ein Bach, Ihr habt das Kochen übernommen, ich würde den Abwasch tätigen“, erklang plötzlich die Stimme des Wächters, in dessen Haut ich nicht steckte. „Wenn Ihr mögt.“ Alistair näherte sich uns und nahm die nun leeren Teller wie auch Löffel ab, ehe er den Kochtopf zur Hand nahm. „Wenn Ihr mögt, helfe ich Euch.“ Der Blaublüter schüttelte lediglich sein Haupt. „Vielen Dank, doch ich würde gerne etwas Zeit alleine verbringen.“ Aus dem Augenwinkel konnte ich unseren Schwarzschopf mit den Augen rollen sehen. Sie war sehr kurz davor, etwas zu äußern, doch ehe sie ihre Lippen in Bewegung brachte, war der Blonde auch schon verschwunden und ließ uns alleine zurück. „Ich denke …“, fing Morrigan an, als sie vom Lagerfeuer aufblickte und mir einen Blick zuwarf. „… Ich sollte mich bei Euch bedanken.“ „Weswegen?“, machte sich nun leichte Verwirrung in mir selbst breit. Schließlich war das Morrigan. Die noch anfängliche Morrigan. Sie versuchte doch noch die harte Schale aufrechtzuerhalten und dankte nicht einfach so. Oder war sie in Reallife etwa etwas anders als im Spiel? Wenn dies tatsächlich der Fall war, dann musste ich mir noch mehr Gedanken machen über unsere zukünftigen Begleiter, als es ohnehin schon der Fall war. Schließlich bildete ich mir ja ein, diese zu kennen. „Mir ist bewusst, dass wenn es nach dem Kirchenjungen gegangen wäre, ich noch in der Hütte bei meiner Mutter versauern würde. Doch Ihr habt Euch für mich ausgesprochen. Mich mitgenommen. Ich wollte, wie es meine Mutter gesagt hatte, schon lange aus diesen Sümpfen heraus. Die Welt sehen. Die Berge bestaunen. Das Meer riechen. Den Lärm der Städte vernehmen. Aber alleine …“ Sie schwieg. Ich lächelte sie jedoch einfach an. Verstand, was sie mir gegenüber ausdrücken wollte. „Ich freue mich darauf, Euch dabei zu helfen, diese Wünsche zu erfüllen. Doch es ist nicht so, als würden wir Euch lediglich einen Gefallen tun. Es ist ein Geben und ein Nehmen, wie beim Kochen. Ihr seid, wie ich selbst Dank meiner Rettung erblicken konnte, als mich die Dunkle Brut verfolgt hat, eine mächtige Magierin. Zudem seid Ihr nicht gerade auf den Kopf gefallen und im Moment habt Ihr einen viel wichtigeren Job. Ihr seid unsere Fremdenführerin. Wenn Ihr nicht wärt, wären mein Gefährte und ich sicherlich schon in den einen oder anderen Sumpf stecken geblieben. Und ich könnte mir besseres vorstellen, als ein Mahnmal für zukünftige Abenteurer zu sein.“ Für den Wink einer Sekunde bildete ich mir ein, dass ich ein Schmunzeln auf dem Gesicht der Hexe erblickt hatte, doch dies konnte auch einfache Einbildung oder Hoffnung sein. „Jedenfalls würde ich mich freuen, wenn Ihr und ich uns gut verstehen würden, sowie auch mehr über Euch zu erfahren, denn Ihr seid faszinierend. Im Gegenzug würde ich Euch natürlich ebenfalls so mancherlei Frage beantworten. Und falls Ihr auch hier meine Hintergründe anzweifelt, dann denkt einfach daran, dass es auch nicht schaden kann, die Begleiter an seiner Seite etwas zu kennen. Wie gesagt, ich stehe Euch ebenfalls Frage und Antwort, einfach an mich wenden.“ Ein Gähnen entwich meinen Lippen, ehe ich mich genussvoll streckte. „Aber nun gehe ich einmal zu Bett, ehe meine Schicht beginnt. Gute Nacht, Morrigan.“ Ich erhob mich, doch als ich einige Schritte gegangen war, drehte ich mich noch einmal zu Morrigan um. „Wisst Ihr eigentlich, wie viel Sexappeal Ihr durch Euren umwerfenden Kleidungsstil ausstrahlt?“ „Dieser Umstand ist mir durchaus bewusst.“ „Gerissenes Biest.“ Ich lächelte nur, drehte mich um und verschwand in meinem Schlafbereich des kleinen Camps, das nicht sonderlich unweit des Lagerfeuers war, und kuschelte mich in meinen Schlafsack. Nun, wir verfügten ja noch über keinerlei Zelt und würden diese zumindest in Lothering besorgen müssen. Zum Glück hatte ich einiges an Geld mitgehen lassen, bevor ich aus Highever fliehen musste. Doch lange konnte ich mir keine Gedanken darüber machen, denn schon bald hatte mich das Land der Träume zu sich gezogen, was in dieser Welt sogar einen Namen besaß. Das Nichts. Es stank. Ein metallischer Geruch lag in der Luft, während eine Brise von verbranntem Fleisch ebenso in meine Nase drang. Meine Augen weiteten sich. Dies war der Geruch von Blut und verbrannten Leichen. Trommeln waren zu hören. Finstere Gestalten liefen an mir vorbei, während sie mich keines Blickes würdigten. Sie lachten, mit ihren kehligen Tönen, die sie von sich gaben. Die Dunkle Brut. Ihre Waffen waren fest im Anschlag, während sie ihre Opfer begierig anblickten. Diejenigen, die von ihnen freudig gejagt wurden, und jene, die auf dem Boden zu ihren Füßen lagen. Ihre hässlichen Fratzen lächelten. Unheilvoll und diabolisch. Ich erkannte, wie einige von den Frauen – Zwerginnen, wie ich es an ihrer Größe erkannte – an den Haaren hinter ihnen hergezogen, während andere einfach bei lebendigem Leibe gefressen oder getötet wurden. Welches Schicksal sollte ich nur schlimmer finden? Das der Frauen, die zu Brutmüttern gemacht werden würden, oder die Personen, unabhängig des Geschlechts, die von ihnen gefressen wurden. Dieser Gedanke bereitete mir ein Gefühl von Übelkeit in der Magengegend. Ich wollte hier einfach nur Weg. Ich wollte das nicht weitersehen. Diese Horrorbilder. Dieser Alptraum. Doch mit einem Mal vernahm ich ihn. Zum zweiten Mal in meinem bisherigen Leben und das, meiner Meinung nach, zwei Mal zu oft. Die Dunkle Brut in meiner Umgebung ließ nun alles stehen und liegen, während sie nach oben in eine bestimmte Richtung blickten. Ich wusste, was mich erwartete, wenn ich dorthin schauen würde, doch ich tat es trotzdem. Und dort sah ich ihn. Riesig, während er seine weiten Schwingen ausbreitete, wie ein Tier, das kurz davor war, nach seiner Beute zu schnappen. Der Erzdämon, der auf uns alle hinabsah. Meine Augen öffneten sich, während ich über mir den Sternenhimmel erblickte. Es war nur ein Traum. Nicht die Wirklichkeit. Zumindest nicht für mich, im Hier und Jetzt. Aber andernorts, da war ich mir sicher, passierte genau das, genau in diesem Augenblick. Und diesen Kreaturen musste ich mich entgegenstellen. Hatte ich bereits teilweise. Sie musste ich aufhalten. Dafür sorgen, dass solch ein Unglück nicht überall stattfand. Und am Ende auch noch dieses Ungetüm. Das war ein gewaltiges Unterfangen, das ich da auf meinen Schultern trug. Langsam erhob ich mich aus meiner Schlafposition und hielt mir den Kopf. Noch immer war dieses Übelkeitsgefühl vorhanden. „Böse Träume, was?“ Mein Blick richtete sich auf die Person, die mich soeben angesprochen hatte. Alistair. Er saß dort, am Lagerfeuer, und blickte mich aus mitleidiger und ernster Miene zugleich an. Er wusste, was in mir vorging. Er kannte es ja von sich selbst, schließlich war er schon länger als ich ein Grauer Wächter. Doch ich durfte ihm nicht zeigen, dass ich dies bereits wusste. Dass ich schon Ahnung davon hatte, was vor sich ging. Das würde ihn nur skeptisch werden lassen. „Beschissene Träume. Dunkle Brut und ein großer Feuerspucker. Gab mir ein Übelkeitsgefühl, da es so real wirkte.“ „Ist es ja auch. Irgendwie. Wisst Ihr, ein Grauer Wächter kann die Dunkle Brut nämlich hören. Das war Euer Traum. Ihr habt sie gehört.“ Er machte eine kurze Pause, in der er wieder auf das Feuer starrte, ehe er die Feldflasche neben sich zur Hand nahm, aufstand und auf mich zukam. Als er mir die Flasche reichte, nickte ich ihm dankbar zu und nahm ein paar Schlucke daraus. Das Wasser belebte meine, wie ich erst jetzt bemerkte, mittlerweile recht trockene Kehle. „Der große Feuerspucker, wie Ihr ihn nennt, ist der Erzdämon.“ Vermutlich hatte er damit gerechnet, dass dies nun für mich eine sonderlich große Schockreaktion darbot, doch ich nickte lediglich und gab ihm die Feldflasche zurück. Er bemerkte wohl, dass er keine größere Reaktion von mir zu erwarten brauchte, weswegen er nun schlussendlich weitersprach. „Der Erzdämon spricht mit der Horde. Gibt ihnen Befehle. Und das spüren wir auch. Daher wissen wir, dass es sich wirklich um eine Verderbnis handelt.“ „Na große Klasse. Träume ich diesen Mist jetzt häufiger? Dann freue ich mich ja wirklich aufs Schlafengehen.“ Alistair war für einen Moment verdutzt, ehe er nur seinen Kopf schüttelte und leicht lächelte. „Ihr seid ein äußerst ungewöhnlicher Wächter, wisst Ihr das? Jeder andere, bei dem ich es miterleben durfte, ich miteinbezogen, war beim ersten Mal völlig erschrocken, als er diese Träume erlebte. Fast schon durcheinander. Doch Ihr beschwert Euch einfach darüber, nicht mehr gescheit schlafen zu können.“ „Ich überrasche gerne. Wenn es positiv ist, umso mehr.“ Ich lächelte den Dienstälteren an, der dies ebenfalls einfach tat, ehe er wieder ernster wurde. „Aber um auf Eure Frage zurückzukommen: ja. Es dauert eine Weile, doch irgendwann könnt Ihr sie verdrängen. Einige der älteren Graue Wächter meinten, sie würden zum Teil sogar verstehen, was der Erzdämon sagt. Ich kann das nicht. Als ich hörte, wie Ihr Euch herumwälzt, wollte ich Euch darüber informieren. Für mich war es anfangs furchterregend.“ „Danke dir, Alistair.“ „Dafür bin ich hier“, witzelte er. „Um unangenehme Nachrichten zu überbringen und geistreiche Kommentare von mir zu geben.“ Ich konnte nicht anders, als zu lächeln, über die manchmal doch recht kindliche und spaßige Seite des ehemaligen Templers. „Erinnert mich bitte genau daran, wenn wir jemandem mitteilen müssen, dass jemand gestorben ist.“ Er gefror in seiner Bewegung ein, als ich ihm nur spielerisch die Zunge herausstreckte. Ich selbst stand nun vollständig auf. „So. Ich bin ja jetzt ohnehin wach und kann nicht mehr so schnell einschlafen. Also übernehme ich ab jetzt die Wache. Legt Euch in die Federn.“ Der Blondschopf nickte bloß und als er sich umdrehte, legte ich ihm eine Hand auf die Schulter, was ihn dazu brachte, überrascht zu mir zu blicken. „Alistair. Ich weiß, Ihr braucht noch Eure Zeit und ich habe Duncan bei weitem nicht so lange gekannt wie Ihr. Doch ich weiß, dass er ein ehrenhafter Mann war, denn ohne ihn hätte ich Highever niemals lebendig verlassen und das Opfer meiner beiden Eltern wäre umsonst gewesen. Ich kenne mich leider ebenfalls mit dem Verlust geliebter Menschen aus. Manchmal ist das Leben einfach scheiße.“ Ein freudloses Lachen entwich meiner Kehle, ehe ich meinem Gefährten wieder in die Augen blickte. „Ich will nur sagen … Ihr seid nicht alleine. Wenn Ihr sprechen möchtet, ich bin für Euch da.“ Es vergingen Augenblicke, in denen er mich lediglich ansah. Keiner von uns bewegte sich, doch mit einem Mal lächelte er schwach und nickte nur. „Danke.“ „Gerne. Gute Nacht.“ Und schon bewegte er sich auf seinen Schlafsack zu. Ich selbst nahm mir nun mein Schwert und meinen Schild, näherte mich dem Lagerfeuer und setzte mich vor einen der Baumstämme auf den Boden, um diesen als Rückenlehne zu benutzen. Erfreut stellte ich fest, dass Alistair scheinbar ein paar Äste gesammelt haben musste, da noch einige dort lagen, um dann das Lagerfeuer weiter am Laufen zu halten. Für einen Moment blickte ich in die Entfernung, mehrere Meter von unserem kleinen Camp entfernt, bei dem es sich Morrigan selbst gemütlich gemacht hatte. Natürlich abseits, typisch die Misanthropin, die sie eben nun einmal war. Zumindest bis jetzt. Doch man konnte es ihr ja auch nicht verübeln, schließlich hatte sie sich nur wenige Male in die Zivilisation hinausgewagt, zumindest das, was man in der rückständigen Dragon Age-Mittelalterwelt als Zivilisation betiteln wollte. Ansonsten kannte sie doch bloß den Kontakt mit ihrer Mutter und die war sicherlich mehr als nur streng. Wie sollte sie dann wissen, wie sie sich wirklich mit anderen Menschen, gar anderen Rassen, verständigen sollte? Dies war unmöglich. Sie musste sich erst einmal gewöhnen, nun Teil einer Gruppe zu sein. Ich konnte nicht erkennen, ob sie in ihrem Schlafsack lag oder ob sie vielleicht selbst in tierischer Form etwas herumstreifte. Meine Augen legten sich auf die Flammen des Lagerfeuers, die durch den leichten Wind, der hier in der Wildnis herrschte, sich etwas aufbrausender als für gewöhnlich bewegten. Nun, ich war alleine. Meine Gefährten schliefen und ich wusste nach dieser verdammt anstrengenden Zeit nun auch noch, was vor uns lag. Doch was ich bisher hinter mich gebracht hatte … Tote Augen. Mit einem Mal drang mir das Gesicht des Mannes, den ich in Highever getötet hatte, vor Augen. Der Mann, den ich als erstes bisher getötet hatte. Ich hatte gewusst, dass ich ihn in Erinnerung behalten würde. Mein Augenwerk richtete sich auf meine Hände, die ich nun anstarrte. Auf der einen Seite wusste mein Verstand, dass dies normal war. Sein musste. Schließlich hieß es fressen oder gefressen werden. Er hätte nicht eine Sekunde gezögert, mich zu töten. Auf der anderen Seite war es etwas Widerwertiges. Eine andere intelligente Person, mit Familie und Freunden, aus dem Leben zu reißen. Es war etwas anderes, als Tiere für die Nahrungsversorgung oder die Dunkle Brut aufgrund ihres Unheils zu töten. Auf der einen Seite verstand ich es, auf der anderen Seite wollte ich diesen Faktor einfach nicht wahrhaben. Beide wollten mich überzeugen, doch ich wusste, dass es nur eine Seite gab, die gewinnen durfte. Die Seite, die dies rational sah. Wenn mir dieser eine Tod etwas ausmachte, würde ich nicht weitermachen können. Schließlich wusste ich, wie viele Leichen, ob menschlich oder anderer zweibeiniger Formen, es noch zu hinterlassen gab. Die nicht mit sich reden ließen, geschweige denn, dass man auch gar keine Zeit besaß, mit jedem von ihnen ein Gespräch zu führen. Dies war eine andere Zeit. Brutaler. Es war gang und gäbe. Gefressen oder gefressen werden, wie ich mich schon zuvor versucht hatte zu überreden. Wieso dachte ich eigentlich nun daran? Mein Blick richtete sich nun auf den Mond, den ich in der Entfernung zwischen den Blättern der Bäume erblickte. Vermutlich, weil ich in diesem Moment das erste Mal richtig das war, das ich seit dem Angriff auf Highever nicht mehr gewesen war. Alleine. Ich besaß meine Ruhe. Dort sammelten sich die Gedanken ohnehin im Kopf und sorgten dafür, dass man Vergangenes bewältigte, damit man mit Neuem beginnen konnte, doch leider war dies meist leichter gesagt als getan. Vielleicht hatte es aber auch damit zu tun, dass ich nun Alistair gegenüber meine Eltern, zumindest waren sie dies ein Jahr lang für mich, erwähnt hatte. Dass dies der Startschuss war und sich dadurch auch gleich wieder die negativen Erinnerungen meldeten. Ich hoffte nur, dass sie dort, wo sie nun auch immer sein mochten, glücklich waren. Denn diese beiden hatten jedes Glück der Welt verdient und ihr Tod war, meiner Meinung nach, für ganz Ferelden ein herber Schlag ins Gesicht. Sowohl was Politisches betraf wie auch Menschliches. Ich hoffte nur, dass es Oriana und Oren gut ging und niemand ein Wort an Howe oder Loghain verriet, sonst wäre meine gesamte Rettungsaktion für die Katz gewesen. Ich dachte noch einige Zeit über das vergangene Jahr nach, meine eigene Welt und die Zukunft, doch dann richtete sich mein Blick wieder gen Himmel und erschrocken stellte ich fest, dass es nun bereits etwas heller wurde. War ich die gesamte Zeit über nur in Gedanken gewesen und die Zeit war dadurch sogar tatsächlich mal schneller vorbeigegangen? Das hätte ich während meiner Schulzeit gebrauchen können. Ich stand auf und blickte auf das Feuer. Ich sollte so langsam mal ein paar Äste nachlegen, ansonsten würde es bald ausgehen. Gesagt, getan. Ich nahm einige Äste in die Hände und legte sie vorsichtig, um nicht zu viel Lärm zu machen und dadurch vielleicht König Marics Sohn zu wecken, in das Feuer. Als ich gerade zu Morrigan schlendern wollte, um diese zu wecken, da ihre Schicht so langsam begann, lief sie auch schon bereits auf mich zu. „Oh, dabei hatte ich mich doch bereits gefragt, wie Ihr wohl beim Schlafen aussehen würdet.“ „Vermutlich anders als Ihr. Denn im Gegensatz zu Euch sabbere ich dabei nicht.“ Ein Lächeln stahl sich auf mein Gesicht. Ich mochte einfach ihre Art. „Das tue ich auch nicht immer. Jedenfalls … guten Morgen.“ „Morgen“, quittierte sie meinen Morgenwunsch mit diesem einzelnen Wort und ich war mir absolut sicher, noch immer auf ihrer positiven Rankingseite zu sein. Jedenfalls weit vor unserem anderen Reisegefährten. Normalerweise, da nun meine Schicht geendet hatte, hätte ich mich wieder hinlegen können, doch da nun jemand an meiner Seite war, hatte ich etwas Lust, ein Gespräch zu führen. Sofern es denn meiner Gesprächspartnerin genehm war. „Habt Ihr etwas dagegen, wenn ich Euch noch etwas Gesellschaft leiste?“ „Tut Euch keinen Zwang an.“ Dies ließ ich mir nicht zweimal sagen, also setzte ich mich wieder auf meine vorherige Position, vor den Baumstamm und diesen als Rückenlehne nutzend, während Morrigan mit leichtem Abstand rechts neben mir auf einem Baumstamm Platz nahm. Einige Minuten schwiegen wir, ehe ich meine Aufmerksamkeit wieder auf die Hexe legte. „Euch war aber klar, dass ich Euch dann auch Fragen stellen wollen würde, oder?“ „Nichts anderes hatte ich angenommen.“ „Also …“, begann ich damit, meine erste Frage zu formulieren. An sich wusste ich ja bereits alles, hatte ich diese Gespräche in den Spielen mit ihr oft genug gehabt, doch vielleicht konnte ich ab und an etwas Neues herausfinden, das mein Dragon-Age-Herz höherschlagen ließe und mein Wissen erweiterte. Vielleicht hatten die Spiele hin und wieder auch kleine Fehler gehabt, oder die Bücher, die ich auch zu genüge studiert hatte. Nun ja, wenn ich recht darüber nachdachte, hatten sie diese. Schon alleine die Geburtsfrage unseres beinahe Templers mit dem blauen Blute war da ein ewiger Streit der Community, wer denn schlussendlich seine Mutter sei. Und dann von den logikübergreifenden Fehlern der Lore, was die Spiele betraf, in vielerlei Hinsicht, wie zum Beispiel der Thematik rund um das Lyrium. Ich würde sicherlich aus so mancherlei Gespräch etwas Neues entdecken können. „… wie ist es so, wenn Ihr Euch in ein Tier verwandelt?“ „Erst einmal sollte ich Euch vermutlich verraten, dass es lange braucht, bis man seine Gestalt verändern kann. Man muss die Tiere studieren. Sich in sie hineinfühlen können. Denken wie sie. Es ist eine uralte Kunst, die in weit entfernten Ländern selbst noch heute praktiziert wird, doch längst nicht mehr so geläufig wie zu vergangenen Tagen. Anders, als es in Euren Magiergefängnissen, den Zirkeln, gelehrt wird.“ „Es ist gut, dass so etwas Altes, Traditionelles nicht ausstirbt.“ „Findet Ihr?“ Sie blickte mich aus überraschten Augen heraus an. „Natürlich. Es gibt altes Wissen, dass man bewahren sollte und von dem man noch so viel lernen kann, da man es heute vergessen hat, jedoch im gleichen gesunden Maße offen für Neues sein. Es ist blödsinnig, sich nur auf eine Sichtweise zu beschränken. Und dass Ihr Euch auch in Tiere hineinfühlen könnt, sagt mehr über Euch aus, als ihr vermutet. Wenn ich ein Magier wäre, würde ich so etwas auch gerne können. Die Sichtweise eines Tieres kennenlernen. Verstehen lernen. Als Katze bei Nacht sehen können. Als Vogel den Wind beim Fliegen erfühlen, der meinen Körper umgibt. Als Wolf durch die Wildnis streifen, auf der Suche nach Beute. Oder als Fisch durch einen Bach schwimmen. Das sind Vorstellungen, denen ich mich gerne hingebe, in der traurigen Gewissheit, dies niemals tun zu können. Ich muss gestehen, ich bin etwas neidisch auf Euch. Und mit etwas untertreibe ich maßlos.“ Verdutzt blickte sie mich an. Mit solch einer leidenschaftlichen Erklärung hatte sie sichtlich nicht gerechnet. „Ihr seid ungewöhnlich, wisst Ihr das?“ Ein Lachen entwich meiner Kehle. „Es wäre doch langweilig, wenn alle gleich wären, wenn auch manchmal gewiss einfacher. Und ich überrasche gerne. Wenn es positiv ist, umso besser.“ Für einen Moment hielt ich inne, als ich sie wieder neugierig anguckte. Mich interessierte wirklich, was sie von sich gab, auch wenn ich hin und wieder im Grunde die Antworten bereits kannte. „Sagt mir, wenn Ihr als Tier herumlauft, könnt Ihr auch mit ihnen sprechen? Verstehen sie, was Ihr sagt, und umgekehrt?“ Für einen kurzen Moment, so schien es, war auch sie leicht traurig, als sie ihren Kopf schüttelte und mich dann wieder für ihre Erklärung erblickte. „Leider nein. Schließlich bleibe ich, trotz meiner optischen Form, im Geiste noch immer ein Mensch, so wie das Tier ein Tier bleibt. Sie akzeptieren mich jedoch. So kann ich zum Beispiel mit einem Rudel Wölfe jagen gehen, ihrer Körpersprache entnehmen, wie sie handeln und was sie meinen, doch was sie untereinander kommunizieren, wird mir auf ewig verwehrt bleiben.“ Ich nickte. Gab ihr somit das Zeichen, dass ich verstand. „Und wäre es möglich, dass Ihr Euch in andere Menschen verwandelt?“ „Nein. Andere Menschen können mir nichts, so wie es die Tiere tun, beibringen, da ich doch schon selbst ein Mensch bin. Mir Ihr Handeln und Denken nicht fremd sind.“ Innerlich kicherte ich. Und ob ihr so manches Handeln und Denken der Menschen fremd waren. Der beste Beweis war doch, wie oft sie mich, seit wir uns in dieser kurzen Zeitspanne kannten, überrascht angeblickt hatte. Doch dies erwähnte ich lieber nicht, sonst würde sie sich absolut von mir abschotten und ich war gerade sehr froh, dass wir uns besser kennenlernen konnten. Der beste Weg für eine angehende Freundschaft. „Verstehe. Für unsere Mission wäre es sicherlich einfacher geworden, wenn Ihr Euch auch in unsere Feinde verwandeln könntet, doch schon alleine mit der Gabe, Euch in Tiere verwandeln zu können, bin ich schon neidisch genug auf Euch. Das reicht dann auch.“ Ich blickte sie kurz lächelnd an, ihr signalisierend, dass ich meine Worte spaßig meinte, ehe sich meine Iriden auf den Himmel konzentrierten, der immer heller wurde. In wenigen Stunden würden wir unsere Reise fortsetzen. Doch mir fiel noch ein letztes Gesprächsthema ein, das ich mit ihr gerne abhacken würde. Vermutlich besaß ich auch heute dazu die einzige Möglichkeit. Zumindest um Lothering als Beispiel zu nehmen. „Das Dorf, zu dem wir reisen …“ „Lothering“, unterbrach mich die Hexe, weswegen ich nickte. „Genau, Lothering. Ihr wart schon einmal dort.“ „Ja. Doch nur ein einziges Mal.“ „Sonst habt Ihr Euer Leben in der Wildnis verbracht?“ „Was sollen diese Fragen? Ich frage Euch doch auch nicht über Euer Leben aus.“ Ich hatte gewusst, dass sie so reagieren würde, doch genau das war auch mein Ziel gewesen. „Aber das könntet Ihr. Ich stehe Euch Rede und Antwort, sofern Ihr wollt.“ Die Hexe der Wildnis war wieder für einen kurzen Moment überrascht, als ich sie einfach nur anlächelte. Sie war es sichtlich nicht gewohnt, dass man ihr gegenüber so freundlich war, mal ganz davon abgesehen, dass sie ohnehin wenig Sozialkontakt besaß und daher die eine oder andere menschliche Interaktion verstehen und somit erlernen musste. Ich wollte mir gar nicht vorstellen müssen, wie eine Erziehung unter Flemeth als Vormund aussehen musste. Sie lachte kurz freudlos auf. „Welch ein Glück“, ging sie auf meine Aussage ein. „Um auf Eure Frage zu sprechen zu kommen, ja, ich bin in der Wildnis aufgewachsen. Wo hätte es den sonst sein sollen? Viele Jahre gab es nur Flemeth und mich. Die Wildnis und ihre Kreaturen waren für mich realer als Flemeths Geschichten von der Welt der Menschen. Irgendwann wurde ich neugierig. Ich verließ die Wildnis, um zu erkunden, was dahinter lag. Aber immer nur kurz. Kleine Vorstöße in die zivilisierte Wildnis. Unter anderem bin ich bei einem dieser Besuche in Lothering gelandet.“ „Seid Ihr bei einem dieser Besuche jemandem aufgefallen?“ „Nur ganz selten. Flemeth hatte mich gut vorbereitet. Doch trotz aller Vorbereitung war die Realität der Zivilisation dann doch … zu viel für mich. So viel war mir nicht vertraut. Ich war selbstbewusst und mutig, aber auf vieles hatte mich Flemeth unmöglich vorbereiten können.“ „Ich kann nur versuchen zu erahnen, wie es Euch gegangen sein muss. Das klingt für mich, wie Ihr schon sagtet, recht mutig. Passt zu Euch.“ Erneut kam ein leises Auflachen von Ihr. „Mut und Dummheit halten sich da wohl die Waage. Nur einmal …“ Sie wurde ernster. Verschränkte ihre Arme und blickte in die Flamme des Feuers hinein. „… wurde ich beschuldigt, eine Hexe der Wildnis zu sein. Von einem Chasind, der mit einer Handelskarawane unterwegs war. Er zeigte auf mich. Schnaufte und schrie dann in einer seltsamen Sprache. Die meisten glaubten, er würde mich irgendwie verfluchen. Ich spielte das verschreckte Mädchen und er wurde eingesperrt.“ „Nichts anderes hätte ich von Euch erwartet.“ „Dass ich eiskalt bin und dafür sorge, jemanden einsperren zu lassen?“ „Dass Ihr gewiss nicht auf den Kopf gefallen seid und dazu fähig, Situationen nicht nur durch Eure magischen Fähigkeiten, sondern auch durch Euren Intellekt zu meistern.“ Sie schwieg und ich wusste, was ich nun tun würde. Ich erhob mich und lächelte sie an. „Habt Dank für das Gespräch, Morrigan. Bei Zeit sollten wir dies wiederholen. Doch ich sollte mich wohl noch ein wenig hinlegen, bevor in wenigen Stunden unsere Reise fortgesetzt wird. Gute Nacht.“ „Gute Nacht.“ Und so verzog ich mich auch wieder in meinen Schlafsack. Als ich die Augen zuschlug, wusste ich, dass ich Morrigan zum Nachdenken gebracht hatte. Dass ich die ersten Steine ins Rollen brachte, die ihr offenbarten, dass nicht alle Menschen schlecht waren. Und dies war mir ein Bedürfnis. Denn damals schon hatte ich mir als Ziel gesetzt, sie als eine Freundin zu gewinnen. Und Alistair? Mit dem hatte ich schon ein, für den Anfang, gutes Verhältnis, doch er musste lediglich noch etwas um Duncan trauern, dann war er auch wieder der Alte. Doch in Zukunft durfte ich mir nachts auch über noch mehr Personen Gedanken machen, denn dies war der erste wie auch zugleich letzte Abend, an dem wir eine – Skipper mal außen vorgelassen – Dreiergruppe bildeten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)