Umwege einer Beziehung von Iwa-chaaan ================================================================================ Kapitel 9: Unerwartete Begegnung -------------------------------- Donnerstag, 23.11. „Iwa-chan?“, fragte Toru und öffnete die Zimmertür nach einem Moment, da keine Reaktion kam. Er lugte hinein und entdeckte seinen Freund mit Kopfhörern in den Ohren am Schreibtisch sitzend. Finger trommelten leicht auf die Tischplatte, die andere Hand ließ den Kugelschreiber gegen die leicht rauen, unwiderstehlichen Lippen tippen. Anscheinend grübelte das Ass über etwas, während seine Augen den Laptopmonitor fixierten. Bei dem Anblick erinnerte sich der Setter daran, wie Iwa ihn vor ein paar Monaten richtig angeschnauzt hatte, als er mit der Hand vor seinem Gesicht herumgewedelt hatte. Dabei war er mit guter Laune hereingekommen, denn er hatte für sie gekocht, doch Hajime hatte sich so verjagt, dass er ihn regelrecht angebrüllt hatte. Da Oikawa auf eine Wiederholung gut verzichten konnte und er Iwas Smartphone auf dem Tisch liegen sah, schrieb er ihm eine Nachricht. Toru: Darf ich reinkommen, Iwa-chan? Eine Sekunde später blinkte das Handy auf und sofort wandten sich die smaragdgrünen Augen dem kleinen Bildschirm zu. Er las die Nachricht, drehte den Kopf zu ihm und nahm dabei in einer fließenden Bewegung die Kopfhörer aus den Ohren. „Klar, was gibt es denn?“, erkundigte sich Hajime lächelnd und rutschte mit dem Drehstuhl etwas nach hinten, damit er sich zu ihm drehen konnte. „Ich habe noch etwas für das Abendessen vergessen zu kaufen und flitze noch eben los. Brauchst du noch was?“ Er stellte sich vor das Ass und beobachtete, wie dieser die Arme um seinen Bauch schlang und ihn an sich zog. Lächelnd spürte Toru, wie das Ass tief einatmete und zärtlich strich er ihm durch die kurzen, seidigen Haare. Sie waren noch leicht feucht vom Duschen nach dem Training und im Gegensatz zu ihm, der selbst dann noch seine Haare stylte, hingen die von Iwa nur herunter. Nach dem Sport war er meist zu faul, sie noch mal zu frisieren, außer sie hatten noch etwas vor. „Nein danke, ich habe alles. Was gibt es denn Leckeres?“, wollte Iwaizumi neugierig wissen. „Das wirst du sehen, wenn es auf dem Tisch steht, Iwa-chan!“, flötete der Setter gut gelaunt und wollte ihm ein Küsschen auf die Haare geben, als ihm in den Hintern gekniffen wurde. Erschrocken quietschte er kurz auf und das Ass grinste ihn von unten her an. „Hey!“ „Was hey!? Wer so frech ist, muss mit der Reaktion leben“, erwiderte das Ass schmunzelnd und Oikawa schob schmollend die Unterlippe hervor. Immer wurde das an seinem armen Hintern ausgelassen! Trotzdem konnte er nicht widerstehen, als der Braunhaarige den Kopf nach oben streckte und sich an seiner Unterlippe festsaugte. Genüsslich erwiderte er den Kuss, aber sie verzichteten auf einen Zungenkuss, da er sich dann immer so schlecht beherrschen konnte. Was das anging, war er einfach nach seinem Freund süchtig. „Also bis gleich“, schnurrte Oikawa in den Kuss, ehe er ihn löste und Iwa nickte. „Ja, bis gleich. Pass auf dich auf.“ Er lächelte ihn an und Toru setzte sich gerade in Bewegung, als er einen Klaps auf seinen Hintern spürte. Unfassbar, der Mann! Fröhlich summend schlenderte der Setter die Straße entlang und nach wie vor war er noch von den Glückshormonen durchströmt. Nächste Woche hatte er einen Termin in der Agentur. Das hatte am Montagmorgen alles einwandfrei geklappt und die Dame am Telefon war sehr nett und geduldig, da er noch sehr nervös gewesen war. Iwa würde ihn auch dazu begleiten, dafür hatten sie den Termin extra so gelegt und Oikawa war unendlich froh für diese Unterstützung. Während er wahrscheinlich nur aufgeregt und nervös dasitzen würde und nicht glauben könnte, dass das gerade wirklich geschah, würde Iwa die wichtigen Fragen stellen und ihm den Rücken stärken, wenn er etwas sagen sollte. Gemeinsam waren sie ein unschlagbares Team. Vielleicht fühlte er sich deswegen noch, als würde er auf Wolke Sieben laufen und das selige Lächeln nie wieder seine Lippen verlassen. Dennoch war er sich auch bewusst, dass es nicht leicht werden würde. Ayaka hatte recht. Die Beziehung mit Hajime würde sich stark verändern, wenn er im Profiverein spielte. Er wäre nicht mehr so viel zu Hause, hätte Auswärtsspiele, Trainingscamps und er würde im Licht der Öffentlichkeit stehen. Volleyball war nach Baseball der beliebteste Mannschaftssport und viele kannten die Mitglieder der Tokyo Samurais. Er würde nach Spielen Journalisten Rede und Antwort stehen und Fans ihn möglicherweise auf der Straße erkennen und um Autogramme und Fotos bitten. Shit, das fühlte sich seltsam an, aber es kribbelte in seinen Fingerspitzen! Er wollte endlich allen zeigen, dass er der beste Setter war. Dass er das Angebot zurecht bekommen hatte und er ein würdiges Mitglied der Nationalmannschaft wäre. Oikawa konnte es kaum noch erwarten, bis es soweit war! Das einzige, was seine Laune derzeit dämpfen konnte, war ihr Interims Coach in der Uni. Der war über alle Maßen unfreundlich, streng und herrisch. Jeglicher Spaß, der sonst bei ihren Trainings aufkam, war wie weggewischt. Beim alten Coach konnten sie sogar mal herumalbern, wenn ihnen danach war, solange sie es nur kurz taten und sich danach wieder konzentrierten. Doch nun trauten sie sich nicht einmal zu husten, da sie dafür angeschnauzt werden könnten. Seitdem kostete den Setter das Training mehr Kraft als sonst und er hoffte, dass der Trainer der Tokyo Samurais nicht auch so ein Mann des Militärs war. Das wäre schlimm für ihn, das konnte er nicht leugnen. „Toru? Bist du das?“ Sein Herz setzte einen Schlag aus und reflexartig blieb er stehen. War das möglich? Gehörte die Stimme wirklich zu IHM? Um ihn herum tobte das Leben, Menschen schlenderten an ihm vorbei, unterhielten sich oder hatten Kopfhörer in den Ohren, die Autos schoben sich Stück für Stück neben ihm her und trotzdem hatte er die Stimme geradezu laut und deutlich gehört. Unter Tausenden würde er sie wiedererkennen. Sie ging ihm förmlich unter die Haut. Am liebsten hätte er so getan, als ob er es nicht gehört hätte, aber er war schon stehen geblieben und außerdem war es ihm gegenüber unfair. Schließlich hatte er ihn praktisch auf Händen getragen, während er … Sein Magen zog sich zusammen und Toru scheuchte die Gedanken beiseite. Das half ihm jetzt auch nicht weiter. Wie in Zeitlupe drehte sich Oikawa zu der Stimme um, versuchte sich auf den Anblick vorzubereiten, doch er scheiterte kläglich. Zwei bis drei Meter vor ihm stand er. In einem perfekt geschnittenen, knielangen Mantel in einem dunklen Grau, das seine Augen so hervorragend betonte. Durchdringend musterten sie ihn, während der Setter kurz an den Körper darunter denken musste. Trainiert, schlank, drahtig. Wie ein Raubtier. Absolut heiß. „Hallo Kana“, hauchte er mit brüchiger Stimme und war sich nicht einmal sicher, ob er das überhaupt gehört hatte. Vielleicht war die Umgebung auch zu laut und hatte seine Worte verschluckt. Sein Herz schlug so schnell und unruhig verlagerte Oikawa sein Gewicht von einem Bein auf das andere. War es nicht besser für sie, wenn sie einfach weiter ihrer Wege gingen? Das hier würde doch nur zu noch mehr Schmerz führen, oder? Trotzdem konnte der Violetthaarige den Blick nicht von diesen stahlgrauen Augen lösen. Er konnte förmlich den tosenden Sturm in ihnen sehen und dennoch war ihm vollkommen unklar, was in dem Tänzer vor sich ging. Andererseits … Wollte er das wissen? Verdammt. Bilder blitzten durch seine Gedanken. Wie sie eng miteinander getanzt hatten. Der Kuss im Club. Das Gespräch vor der Wohnung. Wie Kana ihn begehrt und verführt hatte wie noch niemand zuvor. Himmel, der Sex mit ihm gehörte zum Besten, was er bis dahin erlebt hatte. Nur Iwa konnte da mithalten … „Wie geht es dir, Toru?“ Noch immer schnurrte er den Namen mehr, als ihn auszusprechen und auf Oikawa bildete sich eine Gänsehaut. Die bekam er jedes Mal, wenn er seinen Vornamen aussprach. Es verlieh dem Tänzer erst recht die Aura eines Raubkaters. Mist, er sollte nicht mehr so über ihn denken. Er war mit Hajime in einer sehr glücklichen Beziehung und er wollte niemand anderen, aber Kana hatte es geschafft, ihn zu betören, ihn um den Finger zu wickeln. Einen Moment lang dachte er über die Frage nach – wie ehrlich sollte er sein? –, dann antwortete er: „Es geht mir gut. Ich bin jetzt Kapitän der Uni Mannschaft und wir sind ins Viertelfinale der Meisterschaften eingezogen. Also ich kann mich nicht beschweren. Wie geht es dir?“ Es war in seinen Augen erbärmlich, doch er schaffte es nicht, Kana von seiner Beziehung zu erzählen. Er wirkte irgendwie so angeschlagen und da wollte er kein Öl ins Feuer gießen. Die Situation zwischen ihnen war schon seltsam genug. „Gerade nicht so gut, aber es werden sicher auch wieder bessere Zeiten kommen. Mit Hajime läuft es wenigstens gut?“, hakte der Tänzer nach und hatte so einen seltsamen Unterton in der Stimme, den Oikawa nicht richtig deuten konnte. Eifersucht? Genervt? Traurig? Warum taten sie sich das hier überhaupt an? Warum war er nicht einfach weitergegangen? Es war doch alles geklärt, also warum standen sie hier und versuchten sich zu unterhalten? Noch bevor sich der Setter Worte zurechtlegen konnte, hörte er seine Stimme sagen: „Oh, das tut mir leid. Was ist denn los, wenn ich fragen darf?“ Seine Augen weiteten sich vor Überraschung. Nein! Was hatte er da gesagt? Das … das lief in die komplett falsche Richtung! Nachher verstand Kana das noch falsch. Es ging ihn nichts mehr an und er sollte es ruhen lassen. Andererseits tat es ihm weh, ihn so zu sehen. Er war ein leidenschaftlicher, wunderbarer Mensch und sollte glücklich sein, sollte einen Partner an seiner Seite haben, der ihn wertschätzte und liebte. Nicht so wie er, der sein Herz längst an jemand anderen verloren hatte. Das kleine Lächeln, das Kana ihm schenkte, ließ sein Herz einen Schlag aussetzen. Nein, nein, nein! Blödes Herz! Das sollte es nicht tun. „A-also du musst es mir natürlich nicht sagen. I-ich – Das ist …“, schob Oikawa hinterher und biss sich nervös auf die Unterlippe. Er redete sich um Kopf und Kragen, verdammt! „Mein Tanzpartner hat letzte Woche die Zusammenarbeit mit mir beendet, weil sein Freund eifersüchtig ist. Ich kann deswegen nicht an der diesjährigen WM teilnehmen, die nächste Woche startet.“ „Wie? Aber tanzt ihr nicht schon seit fünf Jahren zusammen? Ist er nicht schon drei Jahren mit seinem Freund zusammen? Und ausgerechnet jetzt – so kurz vor der WM – macht er einen Rückzieher?“ Kana nickte. In seiner Überraschung hatte Toru den Blick gehoben, sah seinem Exfreund ins Gesicht und bemerkte die tiefen Augenringe. Das Grau wirkte stumpf, der Glanz fehlte. Die Wangen schienen leicht eingefallen und war er dünner geworden? So erschöpft und müde war der Mann ein Schatten seiner selbst. Die ganze Sache tat dem Setter so leid, denn er wusste, wie wichtig ihm die WM war. Sie hatten oft über ihre sportlichen Ziele gesprochen und da war für Kana die WM der nächste Schritt gewesen. All seine Zeit hatte er in das Training gesteckt, seine Choreographie mit seinem Partner verfeinert und studiert. Manchmal war er so fertig gewesen, dass er nur neben Toru aufs Sofa gefallen war und sofort eingeschlafen. Der Setter hatte damit kein Problem gehabt, hatte sich meist daneben eingerollt und selbst geschlafen. Es war wirklich eine einmalige Zeit gewesen … Unruhig kaute Oikawa auf seiner Unterlippe herum. Sollte er noch etwas dazu sagen? Und wenn ja, was? Andererseits betrachtet, gab es dazu nur eins zu sagen: „So kurz vor der WM? Was ist er denn für ein Arsch!? Er wusste doch, wie wichtig dir das ist! Außerdem wollte er doch selbst dran teilnehmen! Ihr hättet das doch nach der WM in Ruhe tun können“, polterte Toru, konnte nicht fassen, dass der Typ – von dem Kana stets respektvoll gesprochen hatte, dem er vertraut hatte! – so etwas Mieses abgezogen hatte. Plötzlich überwand Kana die Distanz mit zwei Schritten und umarmte ihn. Fest wurde er an den drahtigen Körper gedrückt, der ihm noch immer so vertraut war. Sofort stieg ihm der leicht herbe Geruch in die Nase und Toru musste gegen den Drang ankämpfen, sich fallen zu lassen, es zu genießen. Was sollte er denn jetzt tun? Ihn auch umarmen? Würde er das falsch verstehen? Empfand der Tänzer noch mehr für ihn? Nach allem, was war? Mit wackeligen Beinen ließ sich Toru auf die Sitzbank fallen und schaute sich in dem Cafe um, doch er nahm nichts wahr. Er würde gleich mit Kana Schluss machen. Dem Mann, der ihm alles gegeben hatte, vor den Kopf stoßen, weil seine Liebe für Iwaizumi übermächtig war. Weil er Kana deswegen betrogen hatte. So jemanden wie ihn hatte dieser wunderbare Mann nicht verdient. Shit. Oikawa vergrub die Hände in seinen Haaren und starrte die Tischplatte an. Noch nie war es ihm so schwergefallen, mit einer Person zu brechen. Sie zu verletzen, weil er die Gefühle nicht mehr erwidern konnte. Dabei war sich der Setter nicht einmal sicher, ob er nicht trotz allem noch Gefühle für ihn hatte, aber die für Iwa einfach stärker waren. Die Bedienung blieb neben ihm stehen und sprach ihn an. Höflich hob er den Kopf und sah sie an, dann bestellte er ein kleines Glas stilles Wasser. Alles andere würde sein Magen nicht mitmachen. Da war sich Oikawa sicher. Allein schon von den verschiedenen Gerüchen hier – Kuchen, Torte, Kaffee und anderes – wurde ihm schlecht. Fuck, wenn das so weiterging, musste Mattsun ihn hier abholen und nach Hause bringen. Die Bedienung brachte ihm kurze Zeit später das Wasser und am Eingang entdeckte er einen gutgelaunten Kana. Sein Herz zog sich schmerzhaft zusammen bei dem Anblick. Er wollte ihn nicht unglücklich machen. Verdammt, er konnte das nicht. „Hallo Toru! Schön, dich doch noch zu sehen. Wie war die Party? Hast du beim Tanzen anderen den Kopf verdreht?“, neckte er ihn grinsend. Elegant nahm der Tänzer gegenüber von ihm Platz und wollte ihm einen Kuss geben, doch Oikawa zog den Kopf zurück. „Hallo Kana. Ich muss mit dir reden.“ „Was gibt es denn? Ist etwas Schlimmes passiert? Brauchst du Hilfe?“ Verzweifelt senkte der Setter den Blick, konnte ihm nicht länger in die Augen schauen. Sie waren so besorgt, weil es ihm schlecht gehen könnte. Das hatte er nicht verdient. Er hatte ihn betrogen, hatte sein Herz von Anfang an jemand anderem geschenkt und sich dennoch auf ihn eingelassen. Er war so verlogen. „Kana, ich … Ich habe dich betrogen …“, wisperte er leise und krallte seine Finger ineinander. Er wartete auf den Wutausbruch, aber irgendwie kam nichts. Er schaffte es aber auch nicht, ihn anzuschauen. Die verletzten Augen zu sehen, wäre zu viel für ihn. „Du hast was?“, bohrte er nach einer gefühlten Ewigkeit nach. „Ich habe Iwaizumi bei der Party einen geblasen.“ „Iwaizumi!? Deinem besten Freund? Warum?“ Toru atmete tief durch, er zitterte überall, aber er musste Kana die Wahrheit sagen. Das war er ihm schuldig. Fuck, er musste das irgendwie hinkriegen. „I-ich … Seit fast drei Jahren bin ich … bin ich in ihn verliebt. Er weiß davon nichts. Wir sind so eng befreundet und haben so viel gemeinsam erlebt, dass ich mich bisher nicht getraut habe, ihm die Wahrheit zu offenbaren. Ich könnte es nicht verkraften, ihn zu verlieren. Aber –“ „Und wie kam es dann dazu, dass du ihm einen geblasen hast!?“, funkte Kana dazwischen und schaffte es zwar, die Stimme gedämpft zu halten, aber sie zitterte vor Wut. Und der Schwarzhaarige hatte jedes Recht dazu, auf ihn sauer zu sein. „D-du weißt ja, dass er ja wieder Single ist. Und in der Uni hatte Kaori mich nochmal angesprochen und mir den wahren Grund für die Trennung gesagt. Sie hat es beendet, weil sie glaubt, dass Iwa in mich verliebt ist, aber es selbst noch nicht gemerkt hat. Ich konnte nicht fassen, was sie mir da erzählt hat und Samstag kam das ganze Team, um ihn abzulenken und aufzumuntern. Deswegen sind wir alle in einen Club gegangen und Iwa und ich haben ziemlich viel getrunken und miteinander getanzt und irgendwann … Naja, irgendwann ist es passiert …“ „Das ist nicht dein Ernst! Und was sagt er dazu!?“ „Er kann das noch nicht richtig verarbeiten und ist aus dem Zimmer gerauscht, als ich ihm den Blowjob gestanden habe. Er hatte einen Filmriss …“ Schwer seufzend raufte sich Kana die Haare. Diese weichen, seidigen Haare, die so wunderbar nach dem Blütenshampoo dufteten. „Das darf doch nicht wahr sein“, murmelte der Tänzer und atmete ein paar Mal tief durch. Die Luft war so angespannt, dass Toru sich daran erinnern musste, selbst auch zu atmen. Er traute sich nicht, einen Muskel zu bewegen, weil Kana so eine aggressive Ausstrahlung hatte. Doch da musste er jetzt irgendwie durch. Fast schon verzweifelt krallte er seine Finger um das Wasserglas, hatte noch nicht einen Schluck getrunken und hoffte, dass es ihm den nötigen Halt geben konnte, den er gerade so dringend brauchte. „Sieh mich an, Toru.“ Schwer schluckend hob der Setter langsam den Blick und zuckte leicht zusammen, als er in das aufgewühlte Sturmgrau sah. „J-ja?“, hauchte er leise und unsicher und versuchte die Tränen wegzublinzeln. „Hast du mir gerade offenbart, dass du von Anfang an jemand anderen geliebt hast? Dass ich nur ein Lückenfüller war, weil du nicht den Arsch in der Hose hattest, deiner Liebe die Wahrheit zu sagen? Ist es das, worum es hier geht!? Denn dann spielt der Blowjob keine Rolle mehr. Dann hast du mich von Anfang an betrogen.“ Die Stimme klang so kalt, so gefühllos, dass es ihm eiskalt den Rücken hinunterlief. Die Tränen ließen sich immer schwerer verscheuchen und Oikawa hustete leicht, als er etwas erwidern wollte. Seine Hand zitterte so stark, als er einen Schluck trank und aus Angst, dass er das Glas aus Versehen fallen ließ, umschloss er es auch mit der zweiten. „N-nein, du warst nicht nur ein Lückenfüller. Ja, ich bin schon so lange in Iwaizumi verliebt, aber mit dir hatte ich das Gefühl, dass ich den Absprung schaffen könnte. Dass ich nur dich liebe und Iwa als meinen besten Freund behalten könnte, ohne noch etwas für ihn zu empfinden. Du bist ein wunder–“ „Ich will das nicht hören!“, würgte Kana ihn ab und sprang geradezu vom Stuhl. „Kana, bitte!“ „Nein Toru! Was erwartest du denn bitte von mir!? Ich habe mich in dich verliebt! Weil ich dachte, dass du ein toller Mensch bist und wir auf einer ähnlichen Wellenlänge sind. Jedes Mal, wenn wir uns treffen – getroffen haben –, habe ich mich darauf gefreut und mein Herz hat höhergeschlagen, wenn ich dich zum Lachen gebracht habe oder du mich leuchtenden Augen angeschaut hast. Und jetzt ist alles eine Lüge!? Das … Ich kann das nicht fassen. Nach langer Zeit hatte ich endlich wieder das Gefühl, einen Partner gefunden zu haben und jetzt war ich doch nur ein Ersatz. Ich kann das nicht, Toru. Schreib mich nicht mehr an und versuche auch sonst nicht, mit mir Kontakt aufzunehmen.“ Mit diesen Worten rauschte er mit stolzen Schritten aus dem Cafe und ließ ihn allein zurück. „Ich vermisse dich, Toru … So sehr“, wisperte die kratzige Stimme in sein Ohr und Oikawa spürte die Tränen in sich aufkommen. Nein, das hier war falsch. Er liebte Iwaizumi und Kana würde noch jemanden finden, der ihn liebte und all das gab, was er brauchte. Vorsichtig schob er den Tänzer etwas von sich, ohne ihn umarmt zu haben und schaute ihm in die Augen. „Bitte Kana … Halte dich nicht mit mir auf. Ich habe dir so sehr wehgetan, dass du mich verachten solltest. Du wirst noch einen tollen Partner finden, der dich liebt und wertschätzt und all das geben kann, was ich nicht konnte. Dass die WM für dich ins Wasser fällt, tut mir aufrichtig leid, aber du wirst noch allen zeigen, dass du der weltbeste Tänzer bist. Gib nicht auf. Halte den Kopf oben und du wirst die Chancen erkennen, die dir gegeben werden. Lebe wohl.“ Ohne weiter auf eine Reaktion zu warten, drehte sich Oikawa um und schritt davon. Kana musste ihn vergessen. Und er selbst durfte sich nicht an der Vergangenheit aufhalten. Er war glücklich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)