Umwege einer Beziehung von Iwa-chaaan ================================================================================ Kapitel 4: Das Angebot ---------------------- Freitag, 17.11. Im Halbkreis standen alle vor dem Trainer, der sie freundlich anlächelte. Nach dem Sieg vom Mittwoch hatte er offenbar noch immer gute Laune. Iwaizumi konnte sich schon denken, woran das lag. Ihre Leistung beim Achtelfinale war äußerst gut gewesen, also rückte der Titel immer näher. „Ich bin sehr zufrieden, wie ihr das Spiel am Mittwoch bestritten habt. Ohne alle Joker ausspielen zu müssen, habt ihr konzentriert angegriffen und verteidigt. Mit dieser Leistung und zusätzlichen Tricks ist der nächste Gegner durchaus zu schlagen. Zeigt mir in den Trainings bis zum Viertelfinale Mitte Januar, dass ihr diesen Titel wollt!“ „Jawohl Trainer!“, riefen alle im Chor, verabschiedeten sich und die Gruppe löste sich langsam auf. Damit war das Training für heute beendet. Ein Blick auf die Uhr über der Tür verriet ihm, dass es bereits kurz nach 22 Uhr war. Ungläubig blinzelte das Ass. So spät schon!? Also ja, sie hatten alle viel Spaß beim Training gehabt, aber dass sie die Zeit so vergessen hatten? Das verwirrte ihn schon, aber sei es drum. Morgen hatten sie frei, also war das schon in Ordnung. „Oikawa? Du bleibst bitte noch kurz hier. Ich muss noch etwas mit dir besprechen.“ Irritiert blieb Iwa stehen, drehte sich zu seinem Freund um, der so verwirrt aussah, wie er sich fühlte. Noch eine Sonderbesprechung? Aber warum? „Geh ruhig vor. Ich komme gleich nach“, sagte Toru leicht lächelnd und kurz zog das Ass die Augenbrauen zusammen. Es deutete nichts darauf hin, dass das Lächeln falsch war oder er sich ernsthaft unwohl fühlte. Also konnte er ihn allein lassen, weshalb er nickte und antwortete: „Ich warte in der Umkleide.“ Mit einem komischen Gefühl in der Magengegend trottete Hajime den anderen hinterher, die nichts davon mitbekommen zu haben schienen. Alle waren in irgendwelche Gespräche vertieft. „Zum Glück ist morgen Samstag und keine Uni“, murmelte Yamaguchi vor ihm und gähnte hinter vorgehaltener Hand. „Ausschlafen kannst du trotzdem nicht“, mahnte die Katze grinsend, was ihr Aufschlagsass irritiert den Kopf drehen ließ. „Wieso?“ „Na, Tsukki und ich wollten doch einen Ausflug mit Inouka und dir in den Vergnügungspark machen! Sag jetzt nicht, dass du das vergessen hast!“ „Ach ja! … Ähm, ich meinte: Natürlich habe ich das im Kopf! Was denkst du von mir?“ Ganz rot im Gesicht kratzte sich Yamaguchi verlegen am Hinterkopf, lächelte leicht unsicher und ein paar andere begannen zu lachen. Auch Iwaizumi grinste und musste an ein ähnliches Ereignis mit Toru denken. Vor ein paar Wochen hatten sie einen Zoobesuch geplant, doch Oikawa hatte es komplett vergessen, weil er durch das Training, Abgabe einer Hausarbeit und einer Präsentation voll eingespannt gewesen war. Als Iwa am Vorabend des Ausflugs dann ein paar Brote als Proviant belegt hatte – hin und wieder war Brot eine willkommene Abwechslung zu Reis für ihn –, hatte sich Toru von hinten an ihn gekuschelt und verwirrt gefragt, was er da tue. „Was grinst du denn jetzt so verträumt?“, fragte Tsukishima mit hochgezogener Augenbraue und Iwaizumi räusperte sich kurz, ehe er antwortete: „Toru hat vor einiger Zeit mal genauso reagiert wie unser DJ hier, als er ein Date vergessen hat.“ „Was denn? Die romantische Diva hat ein Date mit dir vergessen?“, mischte sich Makki sichtlich erstaunt ein und drehte sich mit großen Augen zu ihm um. Irgendwie passte der Titel ziemlich gut. Toru war definitiv ein verträumter Romantiker und dramatisch wie eine Diva. Einfach war es mit ihm nie, doch er kannte den Setter nicht anders. Und allein die Vorstellung, dass sich sein Charakter veränderte, löste ein flaues Gefühl in seinem Magen aus. Nein, da ertrug er lieber eventuelle Divenallüren. „Romantische Diva?“, gluckste Inouka grinsend, was die blonde Krähe seine Brille zurechtrücken ließ: „Das passt zum großen König.“ „In der Freizeit ein weinerliches Waschweib zu sein?“, hakte der Rosahaarige kichernd nach und quietschte überrascht auf, als Mattsun ihm in den Hintern zwickte und etwas ins Ohr flüsterte. Wenigstens er schaffte es, Makki etwas zurückzuhalten. Unfassbar, wie frech und unverschämt er sein konnte. Wenn Iwa an ihre Gespräche über … Ach, er sollte da lieber nicht jetzt dran denken. Das war mehr als peinlich gewesen. Sonst würde der Rosahaarige ihn noch mehr aufziehen und darauf hatte er keine Lust. Dennoch musste er zugeben, dass Taka ihm bei den Gesprächen auch geholfen hatte, wenn auch auf seine unverschämte Art und Weise. Mist, jetzt dachte er doch darüber nach. „Was denn? Oikawa wäscht Wäsche zu Hause? Kümmert er sich denn auch ums Staubsaugen und -wischen? Betten beziehen und so?“, schaltete sich Komi ein und Iwa beschloss, dass geradezurücken, bevor noch mehr Gerüchte entstanden. Das Gespräch entwickelte sich dank Hanamaki in die komplett falsche Richtung und das Ass wollte das so nicht stehen lassen. Das wurde Oikawa nicht gerecht. „Toru ist ein hervorragender Koch genauso wie Matsukawa auch. Dafür halten Makki und ich die Küche sauber. Den Rest des Haushalts haben wir ebenfalls aufgeteilt, damit jeder sich gleichermaßen beteiligt.“ „Oha Hanamaki! Hast du deswegen den Antrag angenommen? Damit du nicht hungern musst?“, wollte Inouka glucksend wissen und Angesprochener verzog beleidigt das Gesicht. „Du bist gemein, Iwaizumi! Meinen Ruf zu ruinieren, um den deiner Diva zu retten!“ „Dein Ruf ist doch schon versaut.“ „Yamaguchi! Frechheit, das so zu behaupten!“, empörte sich der Rosahaarige und wandte sich seinem Verlobten zu. „Schatz, sag doch auch mal was! Die sind alle gemein zu mir!“ Mattsun lächelte ihn sanft an, während er ihm durch die kurzen Haare strich. Mit liebevoller Stimme erwiderte er: „Lass dich doch nicht ärgern. Sie kennen dich eben nicht so gut wie ich. Sollen sie doch reden, hm?“ „Ach Schatz, du hast ja recht“, murmelte Makki und schlang beide Arme um Mattsuns Bauch. Während dieser seinem Verlobten über den Rücken strich, beobachtete Iwa, wie Hanamaki tief an der Schulter einatmete und kurz genießend die Augen schloss. Die anderen grinsten sich an, das Ass hingegen lächelte. Die Zwei waren so ein schönes Paar und Makki ebenfalls eine Diva, auch wenn man ihm das nicht so sagen durfte. Zwanzig Minuten später saß Iwaizumi frisch geduscht und angezogen auf einer der Bänke und wartete auf seinen Freund. Eben hatte er noch Kuro, Tsukishima, Bokuto und Akaashi verabschiedet und nun genoss das Ass die Ruhe, die sich im Raum ausgebreitet hatte. Natürlich machte er sich Gedanken, was der Trainer noch mit seinem Freund zu besprechen hatte, doch es war sicherlich nichts Schlimmes. Seine Leistungen in den vergangenen Wochen waren top, also daran gab es nichts zu meckern. Selbst die Brillenschlange, die alles analysierte und mittlerweile Mitspieler auf Dinge ansprach, wenn ihm etwas auffiel, hatte nichts zu Oikawa zu sagen gehabt. Ganz im Gegensatz zu ihm. Jedes Training mäkelte er an seinen Blocks herum, aber verdammt, er konnte seinen Körper halt am Ende eines Spiels nicht mehr so zur Ruhe zwingen, wie dieser Unmensch das konnte! Und das war in diesem Fall ein Kompliment, denn seine Blocks waren selbst in den Verlängerungen der Sätze noch ekelhaft präzise. Absolut bewundernswert anzuschauen. Seit dem geglückten Block gegen Ushijima schienen seine Spielfreude – innerlich hatte er die garantiert – und sein Ehrgeiz geweckt zu sein. Zurück zu seinem Freund, der noch immer durch Abwesenheit glänzte. Nach all dem Leiden der letzten zweieinhalb Jahre hatte Toru alle Freude und Glück verdient. Manchmal, wenn er abends noch wach lag, während der Violetthaarige bereits an ihn gekuschelt eingeschlafen war, dachte er an diese Zeit zurück. Oft war er bei Kleinigkeiten stutzig geworden, ob der Setter nicht doch etwas anderes als Freundschaft für ihn empfand, hatte es aber immer wieder auf seine eigenwillige Art geschoben. Es ärgerte ihn, dass er nie weiter darüber nachgedacht hatte, dann hätte er die Situation vielleicht schon viel früher klären können und Toru hätte nicht so lange gelitten. Stattdessen hatte er all die Gefühle die ganze Zeit mit sich herumgeschleppt, sich Hoffnungen gemacht, wenn er sich um ihn gekümmert hatte und traurig gewesen, als er mit Kaori zusammengekommen war. Verdammt, er hätte doch nie so wegen ihm leiden sollen! Was er ihm unbewusst alles zugemutet hatte! Regelmäßig meldete sich sein schlechtes Gewissen deswegen, doch leider war es ihm unmöglich, die Vergangenheit zu ändern. Dafür gab er sich nun große Mühe, die Gegenwart so schön wie möglich für ihn zu gestalten. Auch wenn dieser ganze Romantikkrams teilweise etwas übertrieben für ihn war, aber Toru sah ihn immer mit leuchtenden Augen an, wenn sie beim Essen einen Nachtisch zu zweit hatten oder andere kitschige Dinge taten. Weiter kam Iwaizumi nicht mit seinen Gedanken, denn die Tür wurde geöffnet und sofort hob er den Kopf, beobachtete wie sein Freund mit leicht geröteten Wangen den Raum betrat und sich umschaute. Warum war er rot im Gesicht? Was war passiert? Sofort stand das Ass auf und schritt ihm entgegen, bis sie dicht voreinander stehen blieben. „Sind wir allein, Iwa-chan?“, fragte Toru leise und er nickte. „Ja, sind wir. Was ist denn los? Ist irgendwas Schlimmes passiert!?“ „Nein nein! Ganz im Gegenteil!“ Ganz aufgeregt sahen ihn diese braunen Augen an – so hell, als hätte er zweideutige Gedanken –, und die Fragezeichen bei dem Braunhaarigen wurden immer größer. Aber immerhin war nichts Schlimmes passiert, das war schonmal beruhigend. „Sondern?“ Um Halt zu finden, krallte Oikawa sich an seinen Schultern fest und reflexartig schlang er seine Arme um die Hüften, um ihn für den Fall der Fälle besser halten zu können. „Bei den letzten Spielen, die wir für die Meisterschaft bestritten haben, waren auch Scouts dabei. Der Trainer wusste das, hat aber nichts gesagt, um uns nicht abzulenken. Und einer von denen war der von den Tokyo Samurais. Die Tokyo Samurais, Iwa-chan! Die beste, japanische Mannschaft, die in den letzten sechs Jahren immer die Meisterschaft gewonnen hat! Und der … der war eben da und hat dem Trainer Aufnahmen von uns gezeigt und ich soll … Iwa-chan, ich soll ab der nächsten Saison für die spielen! Als Setter! Die wollen mir ein Angebot machen!“ Einen Augenblick brauchte das Ass, um die Worte zu verstehen, die Oikawa ihm gerade voller Euphorie an den Kopf geknallt hatte. Ein Talentscout war hier gewesen? Hatte ihm ein Angebot unterbreitet, den Tokyo Samurais als Setter beizutreten? Das war der Wahnsinn! „Das ist großartig, Toru! Ich freu mich so für dich! Ich habe dir doch immer gesagt, dass man deine Leistungen zu würdigen weiß. Wenn das kein Beweis dafür ist! Gibt es denn schon einen Vertrag? Worüber genau habt ihr gesprochen?“, wollte Iwaizumi ungewöhnlich neugierig wissen und umarmte seinen Freund noch fester. Hatte er nicht eben noch daran gedacht, dass Toru alles Freude und Glück verdient hatte? Sein Herz sprudelte über vor Liebe, als er den begeisterten Gesichtsausdruck bei ihm sah und fröhlich plapperte der Setter drauf los, um ihm seine Fragen zu beantworten: „Nein, einen Vertrag gibt es noch nicht, aber der Trainer hat mir eine Visitenkarte gegeben, damit ich mich bei einer Agentur melden kann. Dort kriege ich einen Berater, der mir bei den Vertragsverhandlungen hilft. Der Scout meinte, dass ich ihn sehr mit meinen Leistungen beeindruckt habe und er hat das Achtelfinale gefilmt und dem Trainer der Mannschaft gezeigt und der meinte, dass sie mich unbedingt als Verstärkung fürs Team haben wollen! Iwa-chan, der Trainer der Tokyo Samurais hat mein Spiel gesehen und will mich für sein Team! Ich kann es gar nicht glauben! Die glauben, ich bin gut genug, um bei diesem Topteam spielen zu können! Bei der besten Mannschaft ganz Japans!“ „Ich glaube das nicht. Ich bin fest davon überzeugt, dass du die Tokyo Samurais mit deinem Talent und Können verstärken kannst! Du wirst sie umhauen und deren neuer Stammsetter!“ „Gl-glaubst du wirklich?“, hauchte Toru leise mit großen Augen und statt ihm zu antworten, zog er seinen Freund in einen innigen Kuss. Natürlich würde Toru ihr neuer Stammsetter werden. Das stand für ihn außer Frage. So gut wie er war, konnte er jeden beeindrucken und von sich überzeugen. Der Kuss war unschuldig, aber voller Liebe und Hingabe. Mit jeder Faser seines Körpers strahlte Oikawa pures Glück und Euphorie aus und das ließ Iwaizumi in den Kuss lächeln. Eng kuschelte sich Toru an ihn, löste die Lippen erst von seinen, als er Luft brauchte und kuschelte sich mit dem Gesicht in seine Halsbeuge. „Ich kann es gar nicht fassen. Zwick mich mal, Iwa-chan. Das ist doch gerade wirklich passiert, oder?“ Überrascht quietschte sein Freund auf, als er ihm – wie gewünscht – in den knackigen Hintern zwickte und sagte: „Das ist Realität, Schatz. Und ich bin so stolz auf dich und freue mich so sehr, dass man dein Talent erkennt und weiter fördern möchte. Was hältst du davon, wenn ich dich gleich zur Feier des Tages noch zum Essen einlade? Klingt das nach was?“ „Ich würde lieber Essen bestellen und dann auf dem Sofa kuscheln, wenn das okay ist? In der Öffentlichkeit darf ich ja von dem Angebot nicht schwärmen, aber ich werde dich bestimmt den ganzen Abend damit belästigen!“ Iwaizumi schmunzelte. Ja, das war ihm klar, dass da noch mehr kam, aber er sollte sich alles rosarot ausmalen heute Abend, sich dem Glück hingeben, was er gerade spürte. „Na klar, dann bestellen wir uns was und machen es uns auf dem Sofa bequem. Dann kannst du mich „belästigen“. Also ab unter die Dusche mit dir!“, forderte Hajime mit einem sanften Lächeln und Toru nickte. Sofort lief er los in Richtung der Gemeinschaftsduschen, als das Ass nach ihm rief. „Schatz? Du solltest vielleicht noch Duschgel und Handtücher mitnehmen“, meinte er lächelnd und holte die Sachen kurz aus Torus Sporttasche, um sie ihm zu reichen. „Ähm ja! Na klar!“, stimmte er – kurz überrascht blinzelnd – zu und nahm die Sachen entgegen, dann verschwand er im Nebenraum und nach kurzer Zeit hörte er neben dem Rauschen des Wassers noch ein fröhliches Singen in den schönsten, falschen Tönen. Etwas verloren stand der Braunhaarige da, strich sich durch die Haare und grinste breit. Die Nachricht war vollkommen überraschend gewesen und so langsam erst sackte die Erkenntnis zu ihm durch. Toru hatte ein Angebot von der besten Volleyballmannschaft Japans erhalten. Er würde einen Spielerberater bekommen, um einen Vertrag auszuhandeln. Vielleicht würde er sein Studium abbrechen oder aussetzen, um der Mannschaft beitreten zu können. Und er würde endlich seinen Traum leben können. Sein Magen kribbelte. Es würde eine herausfordernde Zeit für sie beide werden, da es mit vielen Umstellungen einhergehen würde, doch gemeinsam würden sie das schon auf die Reihe kriegen. Und heute Abend sollte sich Toru einfach nur freuen. Das hatte er sich verdient. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)