Haikyu - Kagehina von Scharon (Zwischen Freundschaft und verwirrenden Gefühlen) ================================================================================ Kapitel 3: Hunger (Kageyama) ---------------------------- Nach dem Training gehe ich mit den anderen in die Umkleide. Ich streife das verschwitzte Shirt von meinem Oberkörper, dann drehe ich mich um. Hinata steht neben mir und dreht sich im gleichen Moment, als sich unsere Blicke treffen weg. Er war heute richtig aufgedreht. Ich meine, er ist immer ziemlich nervig, mit seiner unbedarften Art, doch heute war er richtig fordernd. Er wollte ständig meine Zuspiele, ständig meine Meinung, ständig meine Verbesserungsvorschläge. Er hat mich keine Sekunde aus dem Fokus genommen. Echt anstrengend. Aber... Es war mir eine willkommene Abwechslung mal wieder im Mittelpunkt zu stehen. Alle anderen im Camp sind viel besser als ich, ich gehe regelrecht unter neben ihrem Talent. Da ist dieser Druck. Ich spüre den Ansporn, mich immer weiter und weiter zu treiben, bis ich mich entwickle und immer besser werde. Das ist hart. Aber... Wenn er mich ansieht, als wäre ich der unbestrittene Superheld, der beste Zuspieler der Welt, dann... Dann habe ich das Gefühl, ich kann einfach alles erreichen. *** Später gehen wir alle zusammen Essen. Es ist schön, mit meinen Freunden zusammen zu sein. Alle sind total aufgeregt, wollen alles mögliche von mir wissen. Erst macht mich all diese Aufmerksamkeit verlegen, doch dann gefällt es mir. Ich erzähle offen und frei von der Brust von meinen Erfahrungen und den Trainingsmethoden, mit denen ich die letzten Wochen verbracht hatte. Ich habe mich vollkommen in Rage geredet, als mich ein plötzliches Ziehen am linken Arm aus dem Konzept bringt. Ich sehe rüber zu Hinata, der seinen Kopf gesenkt hält. Als ich seinem Blick folge, erkenne ich noch für den Bruchteil einer Sekunde ein Essstäbchen, welches unter den Tisch rollt. Der Trottel. Nicht mal essen kann er vernünftig. Ich sehe seine Hand an. Mit zwei Fingen hält er meinen Ärmel fest, während er zu Boden starrt. Hinata macht keine Anstalten mich los zu lassen. Er kann sich eben nur auf eine Sache gleichzeitig konzentrieren und das ist gerade das Stäbchen. Ich bin mir sicher, er kriegt gar nicht mit, dass er gerade meinen Ärmel packt. „Alles klar?“, spreche ich ihn an und er sieht mich an, mit seinen unschuldigen braunen Augen. Ich sag doch, er hat nichts mitbekommen. Dann erschreckt er sich, bemerkt wohl dann jetzt doch, dass er mich festhält und lässt schnell los. Er winkt ab, lacht verlegen. Ich werde echt nicht schlau aus ihm. Wie ist so ein verträumter Idiot überlebensfähig? Er verschwindet unter den Tisch. Ich schüttele geistesabwesend den Kopf. „Und dann?“, fragt Nishinoya mit großen Augen und wippt nervös auf seinem Stuhl auf und ab. Ich sehe ihn fragend an. „Was ist dann passiert, als der Ball hinter dir gelandet ist?“ Ach ja, ich hatte meine Geschichte mitten im Satz unterbrochen. Ich blinzele kurz, um mich zu fokussieren, dann erzähle ich weiter. Es dauert nicht lange, da spüre ich einen leichten Druck am linken Bein. Was macht Hinata da eigentlich unter dem Tisch? Es kann doch nicht so schwer sein ein Stück Holz aufzuheben. Ich drücke mein Knie gegen den Widerstand. Ich gebe bestimmt nicht nach, nur weil der Idiot meint hier unter dem Tisch Machtspielchen anfangen zu müssen. „Alles gut da unten, Hinata?“, rufe ich zu ihm runter. „Ja, ich hab das Stäbchen gleich...“, erklingt seine Stimme leise, gedämpft durch den Tisch zwischen uns. Er drückt fester. Ich drücke fester zurück. „Hab es!“ Ich spüre, wie der Druck an meinem Bein nachlässt und sich auf mein Knie zentralisiert. Was auch immer mich dort berührt ist warm und weich. Ich spüre eine leichte Wärme auf meinen Wangen. Was macht er denn da unten? Würde ich es nicht besser wissen, so würde ich denken, er kuschelt sich an mich. Ich schüttele den Kopf. Was denke ich denn für wirres Zeug? Ich räuspere mich und erzähle weiter. Es dauert ein paar Sekunden, wenn nicht sogar Minuten, da wird es kalt an meinem Knie. Im Augenwinkel sehe ich, wie Hinata wieder auftaucht und sich auf den Stuhl setzt, das Essstäbchen fest umklammert. Er sieht unglücklich aus. Ein beklemmendes Gefühl macht sich in mir breit. Warum ist er unglücklich? Diese Tatsache allein reicht aus, um mich zu beunruhigen. Abgelenkt lasse ich mich von den anderen ins Gespräch vertiefen. *** Wir verlassen gemeinsam das Restaurant und alle verabschieden sich. Morgen werden wir wieder zusammen trainieren, was mich sehr freut. Nach und nach gehen alle nach Hause, bis nur noch Hinata und ich vor dem Restaurant stehen. Es ist schon dunkel und auf der Straße sind kaum noch Menschen. „Du solltest auch ins Bett gehen, sonst bist du morgen nicht fit.“ Er sieht zu mir auf, ich kann seine Miene nicht deuten. Er wirkt nachdenklich. „Ich habe vor dich morgen wieder über das Spielfeld zu jagen.“ Ich grinse ihn herausfordernd an und er lächelt. Irgendwas stört mich an seinem Lächeln, doch ich weiß nicht was. Viel Zeit darüber nachzudenken habe ich nicht, denn es verschwindet im nächsten Augenblick. Er sieht traurig aus. Nicht nur ein bisschen, sondern richtig traurig. „Was ist los?“, sage ich und lege den Kopf in den Nacken. Als könnte er mir etwas verheimlichen, senkt er den Kopf. Ich sehe ihn an, wie er da steht, klein und zierlich. Als wäre er zerbrechlich und könnte es mit niemandem aufnehmen. Ein hilfloses kleines Geschöpf. Doch ich weiß es besser. Wenn wir zusammen auf dem Spielfeld stehen, ist er, genau er, genau wie er ist, der den ich am liebsten anspiele, weil ich genau weiß, er hat den Biss und ist in der Lage meine Pläne perfekt auszuführen. Wie sehr das Äußere doch täuschen kann. Dann heben sich seine Schultern. Er knibbelt an seinen Fingernägeln, sein Kopf senkt sich weiter. Ich kann sehen, wie sein Rücken sich leicht beugt. „Geht es dir gut?“, frage ich mit Sorge in der Stimme. Ob er das Essen nicht vertragen hat? Er zuckt zusammen, reibt sich mit dem Handrücken durchs Gesicht. „Es tut mir leid, Kageyama...“, wimmert er und sieht mich mit tränengefüllten Augen an. Überrascht ziehe ich die Augenbrauen hoch und entspanne meine Haltung. „Hinata...“, dringt es aus meinem Mund ohne mein Zutun. Plötzlich wirft er sich nach vorne. Seine Arme umschlingen meinen Körper und er drückt sein Gesicht fest gegen meine Brust. Ich erstarre. Völlig überrumpelt hebe ich die Hände, halte sogar die Luft an. Ich höre ihn schluchzen, sein Körper bebt. Langsam senken sich meine Schultern und ich realisiere was geschieht. „Ich...ich...!“, beginnt er zu stottern. Dann weint er einfach weiter, schmiegt sich fester an mich. Was ist nur los mit ihm? Er ist total verstört. Ich sehe zur Seite. Was soll ich tun? „Kageyama, bitte... Geh nicht wieder weg.“ Was? Ich gehe doch noch gar nicht. Erst am Montag werde ich wieder... „Bleib bei mir.“ Ich werde rot. „Was redest du denn da für einen Unsinn?“, sage ich patzig und versuche mich aus seiner Umarmung zu befreien. Er hält sich krampfhaft fest. „Ohne dich, bin ich vollkommen wertlos...“, haucht er gequält. Ich halte inne. „Ich... Ich kriege es einfach nicht hin. Meine Annahmen und Aufschläge waren schon immer schlecht, aber jetzt funktioniert nicht mal mehr der Angriff wirklich. Es funktioniert überhaupt nichts mehr.“ Er schnappt nach Luft. Ich senke den Blick. „Ich bin allen nur ein Klotz am Bein. Ich will... Ich will das es wieder so ist wie früher...Ich will...dich...“ Langsam heben sich meine Hände und ich lege sie auf seinem Rücken ab. Er zuckt, ist von der Berührung wohl genauso überrascht wie ich. „Du bist ein Idiot.“, sage ich und schließe die Augen. Er zuckt wieder zusammen, dann spüre ich Bewegung an meiner Brust. Sein Griff lockert sich und er sieht getroffen zu mir auf, wirkt verletzt durch meine Worte. „Warum bist du so unsicher?“ Er sieht mich irritiert an. „Ok, vielleicht bist du ein schlechter Aufschläger und deine Annahmen sind kacke...“ Er zieht eine Schnute, woraufhin sich ein Lächeln über mein Gesicht zieht. „...Aber du bist ein hervorragender Angreifer.“ Er blinzelt. „Du musst noch eine Menge lernen, aber das hat dich doch bisher auch nicht davon abgehalten es einfach zu tun.“ Er wirkt nachdenklich. Ob meine Worte tatsächlich zu ihm durchdringen? „Deine Stärke ist, dass du nicht aufgibst. Du treibst dich weiter und weiter und wirst dadurch immer besser.“ Er legt den Kopf zur Seite. „ Du bist so gut, du kommst sogar mit meinem Zuspiel zurecht.“ Seine Augen werden groß. „Steh dir nicht selbst im Weg, sondern wachse über dich hinaus, so wie du es immer getan hast.“ Seine Augen glänzen. Als ich merke, was ich gerade gesagt habe, werde ich rot und drehe den Kopf weg. Was ist denn da in mich gefahren? „So... So denkst du über mich?“ Ich sehe ihn an und kann genau beobachten wie sich ein Lächeln auf seinen Lippen formt, welches zu einem breiten Grinsen wird. „Danke!“ Ich sehe zur Seite. Ich weiß nicht so richtig, was ich sagen soll, also sage ich einfach, was ich sonst dann auch sage. „Idiot...“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)