Hate That I Love You von SocialDistortion ([OikawaxOC]) ================================================================================ Kapitel 38: where is the good in goodbye? ----------------------------------------- ● • . day 0 Seit zehn Minuten stand Asuna unter der Dusche, obwohl sie ihre Haare bereits längst gewaschen hatte. Alles, was sie tat, war, das heiße Wasser auf ihren mittlerweile geröteten Rücken prasseln zu lassen. Es lenkte sie ab. Davor, dass Tōru in weniger als 24 Stunden im Flugzeug nach Argentinien sitzen würde. Die ganze Woche hatte sie dank ihres neu begonnenen Studiums nicht oder kaum daran gedacht. Doch jetzt, wo sie in ihrer neuen Wohnung im Distrikt Shinjuku wohnte, überschwemmten sie die negativen Gedanken. Erfolgreich hatte sie das Wissen um diesen Stichtag verdrängt. Es hatte erstaunlich gut funktioniert, doch die Zeit war viel zu schnell verflogen. Und...Asuna wollte nicht weinen. Wirklich nicht, aber wie sollte sie sich zusammenreißen, wenn die Liebe ihres Lebens bald am anderen Ende der Welt sein würde? Sie wollte das nicht. Sie wollte nicht von Tōru getrennt sein. Verflucht...sie vermisste ihn selbst dann, wenn sie ihn ein paar Tage nicht sehen konnte. Die 18-Jährige schloss ihre Augen und legte ihren Kopf in den Nacken, sodass das Wasser über ihr Gesicht rann. Sie hatte mit Tōru nicht über Argentinien gesprochen. Zumindest nicht auf einer emotionalen Basis. Es hatte eher organisatorische Dinge betroffen. Abgesehen von ein paar Kleidungsstücken sah es nun aus, als würde nur Asuna hier wohnen. Es war die Realität. Für die nächsten zwei Jahre würde sie so gut wie alleine hier essen, schlafen und lernen. Sie hatte nicht einmal Zeit, mit Tōru die Zeit in der neuen Wohnung zu genießen. Nur ein paar Wochen waren ihnen vergönnt gewesen, ehe es morgen so weit sein und er nach Südamerika fliegen würde. Bereits jetzt fühlte es sich so an, als würde ihr jemand mit Gewalt das Herz aus der Brust reißen. Es schmerzte. Völlig mit ihren Gedanken beschäftigt, bemerkte sie nur bedingt, dass jemand die Glastür öffnete. »Du bist bereits ziemlich lange unter der Dusche.« Tōrus Stimme sorgte dafür, dass sie ihre Augen öffnete, nachdem sie mit ihren Händen über das Gesicht gefahren war. Sie blinzelte ein paar Mal und war sich sicher, dass ihre Augen dieses Mal mehr über ihren Zustand verrieten, als sie hoffte. Tōru reagierte darauf, indem er seine Kiefer anspannte und es unkommentiert ließ, obwohl es ihm sichtlich Überwindung kostete. Um nicht in Schweigen zu verfallen, meinte Asuna: »Ich weiß. Es fühlt sich aber gerade ziemlich gut an.« »Soll ich wieder gehen?«, fragte er vorsichtig, woraufhin sie energisch den Kopf schüttelte und sich an ihn lehnte. Als hätte sie Angst, er würde sich in Luft auflösen, legte sie ihre Arme um ihn. »Nein...bitte bleib.« Das Letzte, das sie wollte, war, alleine zu sein. Tōru fuhr über ihren Rücken und obwohl die Dusche nicht gerade viel Platz für zwei Personen bot, blieben sie noch weitere zehn Minuten unter dem Wasserstrahl. Sie redeten nicht viel, sondern genossen einfach nur die Zweisamkeit. So war es auch, als sie beide im Bett lagen. »Ich liebe dich, Asuna«, murmelte er neben ihrem Ohr, bevor seine Lippen ihre Wange berührten. Asuna schloss ihre Augen bei dieser Geste und versuchte, die negativen Gefühle unter Kontrolle zu halten. Stattdessen konzentrierte sie sich voll und ganz auf seine Präsenz, die sie in einen Zustand der Ruhe versetzte. »Ich liebe dich auch«, hörte sie sich selbst antworten. In einem leisen Ton, denn sein Atem, der über ihre Haut strich, ließ ihre Gedanken kurzfristig verblassen. Anstatt an morgen zu denken, kamen ihr die letzten sechs Monate in den Sinn, die ihr abermals deutlich gemacht hatten, dass sie nie jemand anderes an ihrer Seite haben wollte. Das Wissen, dass sie zusammen waren, reichte ihr. Eigentlich. Sie holte tief Luft, als sich eine Hand auf ihr Bein legte und sie die Hitze seines Oberkörpers spüren konnte. Asuna drehte sich ganz zu ihm und sah ihn an. Sie wollte nicht in diesem Gemütszustand neben ihm liegen und die letzte Nacht mit Tränen in den Augen verbringen. Sie wollte ein letztes Mal für eine längere Zeit seine Nähe und die Ekstase spüren, die er unzählige Male mit Leichtigkeit verursacht hatte. Aus diesem Grund stützte sie sich mit ihrem Arm ab und beugte sich zu ihm. Sachte legte sie ihre Lippen auf seine. Es war schwierig, nicht wehmütig zu werden, doch seine Hände, die zärtlich über ihren nackten Oberschenkel strichen, brachten sie immer weiter weg von dieser Last. Sie konnte nicht denken, wenn er sie küsste, und genau das war es, was sie wollte. Tōru sorgte dafür, dass sie an nichts anderes dachte als an seine Küsse, seine Berührungen und sein heiseres Stöhnen. Die nächsten Stunden verbrachte sie in dieser Blase der Gedankenlosigkeit, bis sie erschöpft einschlief. Traumlos. Erst am nächsten Tag traf sie die Realität hart. Richtig hart. Der Flughafen tat sein Übriges. Das Wissen, in den Urlaub zu fliegen und ein neues Land erleben zu können, war unglaublich. Jetzt gerade hasste sie die hektischen Menschen, die überteuerten Produkte und das Rattern der Koffer. Die Sicherheitskontrolle prangte groß und wie ein Damoklesschwert über ihnen und war wie eine riesige, physische Mauer. Für alle, außer für Tōru, der ein Flugticket besaß. Es war Zeit. Zeit sich zu verabschieden. Und obwohl sie diesen Moment auf keinen Fall verpassen wollte, wünschte sie sich weit weg. Zu sehen, wie alle um Tōru standen und ihn nach der Reihe verabschiedeten, zerriss ihr Herz in Millionen kleine Teile. Es machte die Situation so...real. Viel lieber würde sie weiterhin in ihrer Traumwelt leben, in der niemand kilometerweit getrennt war. Jetzt gerade war der Abstand zur Gruppe ihr Retter in der Not. Er bewahrte sie davor, nicht in Mitten der anderen jeden Blickkontakt zu vermeiden. Blickkontakt bedeutete mitleidige Blicke. Oder schlimmer – tröstende Worte. Sie konnte kein Alles wird gut oder Zwei Jahre sind gar nicht so lange mehr hören. Nichts war okay und zwei Jahre waren eine verflucht lange Zeit. Aber sie riss sich zusammen. Zumindest hatte sie das vor. Abseits der anderen mit verschränkten Armen zu stehen, war weit entfernt von sich zusammenreißen. Deshalb beobachtete Asuna Tōru, der in seiner schwarzen Jogginghose und dem dunkelroten Pullover viel zu gut für Argentinien aussah. Er sprach bereits eine Weile grinsend mit Iwa. Jetzt umarmte er Jana und verabschiedete sich auch von ihr. Fehlte nur noch eine Person. Sie wollte auch grinsen. Sie wollte wirklich. Wieso war das alles hier so schwer? Der Moment, als Tōru ihren Blick suchte und fand, war der herausfordernsten ihres Lebens. Sie wollte umdrehen und rennen. Feige, weil sie Konfrontationen nach all der Zeit nach wie vor hasste. Aber sie blieb standhaft und das lag allein daran, dass sie...ihn abgöttisch liebte. »Du hast nicht vor, wegzurennen, oder?«, fragte er mit einem seichten Lächeln, als die anderen Richtung Ausgang gegangen waren und er nun alleine vor ihr zu stehen kam. Er kannte sie zu gut. »Ich habe nur kurz darüber nachgedacht«, gab sie zu, ehe sie die Arme sinken ließ. Sie starrte auf ihre schwarzen Stiefeletten. Nicht weinen! Nicht weinen! Tōru seufzte und zwang sie mit einer Hand unter ihrem Kinn, ihn anzusehen. »Du bist wirklich schlecht darin, hm?« Er verkniff sich, das Darin genauer zu definieren. Asuna bewegte sich keinen Millimeter und verlor sich etwas in seinen Augen, die sie so liebevoll ansahen, dass sie kurz vergaß, wo sie war. »In allem gut zu sein, wäre langweilig«, versuchte sie zu scherzen, vermasselte es aber gänzlich. Er musterte sie eingehend. »Okay. Also wenn du dich nicht verabschieden willst...« Tōru ließ von ihr ab und drehte sich um. Panik stieg in ihr auf und mit einer Schnelligkeit, die sie sich selbst nicht zugetraut hatte, griff sie nach seiner Hand, um ihn zurückzuhalten. Sie prallte gegen seinen Oberkörper, als sie ihre Arme um ihn schlang, als würde ihr Leben davon abhängen. »Idiot«, murmelte sie in seinen Pullover, »ich will nicht, dass du gehst.« Noch nie hatte sie diesen Satz gesagt und gerade jetzt, zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt, platzte sie damit heraus. Er schwieg einen Moment. »Ich weiß und ich wünschte, du würdest mitkommen.« Tōru drückte sie fester an sich. Es fühlte sich so unheimlich gut und am liebsten hätte sie nie wieder losgelassen. »Ich werde dich mehr als alles andere vermissen. Das weißt du, oder?« Sie nickte. Nicht weinen! Nicht weinen! Fest biss sie sich auf die Innenseite ihrer Wange. Nicht! Weinen! »Ich liebe dich, Tōru.« Brüchig und verräterisch. Anders konnte sie diese Worte nicht über ihre Lippen bringen. Sie legte alles was sie hatte in diese klitzekleinen Worte und doch waren sie nicht genug. Ein Ich liebe dich war zu wenig, um ihre Gefühle für Tōru in Worte zu fassen. Kein Wort dieser Welt schaffte es. »Ich liebe dich auch, Asuna«, erwiderte er leiser als zuvor, bevor sie sich soweit voneinander lösten, dass sie sich ansehen konnten. Ihre Augen brannten und sie war sich sicher, dass sie nicht nur merklich glänzten, sondern auch offensichtlich gerötet waren. Noch konnte sie das Fallen der Tränen zurückhalten. Jedoch war es nur eine Frage der Zeit, bis sie diese Zurückhaltung aufgegeben würde. Das war...schmerzhaft. Sie holte tief Luft. »Versprich mir, dass wir uns oft sehen werden. Ich weiß der Flug ist lange, aber...versprich es mir.« Als Antwort bekam sie ein schiefes Grinsen, welches sie genauso vermissen würde wie seine blöden Scherze und seine morgendliche Joggingrunde, mit der er sie fast immer weckte. »Ich verspreche es. Und ich verspreche dir, dass wenn ich wieder in Japan bin, dir nie wieder von der Seite weichen werden. Du kommst zuerst und dann kommt Volleyball. Merk dir das.« Sie presste ihr Kiefer aufeinander, schluckte und brachte ein Nicken zustande. Langsam stellte sie sich auf Zehenspitzen und ihre Fingerspitzen berührten ihre Wange. Sie blinzelte ein paar Mal, ehe sie ihre Lippen auf seine legte. Der Kuss war bittersüß, wie...dieser Abschied. Es tat weh und gleichzeitig breitete sich diese altbekannte Wärme in ihrem Inneren aus. Ein schwacher Trost für die anstehende Leere, für die sie nicht bereit war. »Vertrau...uns. Okay?« Er strich ihre Haare nach hinten und ließ schließlich von ihr ab. »Werde ich.« Sofort umklammerte Asuna ihren Arm. »Mach's gut, Tōru.« Zum ersten Mal hoffte sie, dass er schnell verschwinden würde. Länger hielt sie es nicht aus. Sie war so kurz davor, aufzugeben. »Mach's gut, Asuna.« Mit einem letzten persönlichen Lächeln für eine verdammt lange Zeit drehte er sich um und verschwand durch die Sicherheitskontrolle. Unnötig zu sagen, dass zuhause ihre Bemühungen zunichte gemacht wurden und sie all ihren aufgesparten Tränen der letzten Woche freien Lauf ließ. ♛♔ day 249... Vor zwölf Stunden hatte Asuna den argentinischen Boden betreten und nun schloss sie die Badezimmertür von Tōrus Wohnung hinter sich. Sie war angetrunken, als sie in die Küche ging, in der Tōru gerade eine Wasserflasche aus dem Kühlschrank nahm. Sie blieb an Ort und Stelle und verzichtete darauf, sich hinzusetzen. Außerdem war ihr heiß und sie hatte das Gefühl, als würde sich der Rotwein nun doch bemerkbar machen. Es war Donnerstagabend und die Leute hier verhielten sich, als wäre es ein Feiertag. Trinken, tanzen und...trinken gehörte hier anscheinend zu einem gelungenen Abendessen dazu. Es hatte ihr gefallen und doch genoss sie jetzt die Ruhe in der Wohnung. Vor allem die Zweisamkeit mit Tōru hatte sie bereits den gesamten Tag herbeigesehnt, nachdem sie nur kurz in der Wohnung gewesen waren, um ihre Sachen abzuladen. Von da waren sie direkt zum Strand gegangen, wo Tōru seine Freunde vorgestellt hatte. Nun war sie todmüde, aber an Schlaf dachte sie noch nicht. Mit geröteten Wangen beobachtete sie Tōru dabei, wie er gedankenverloren die Flasche öffnete und diese zu seinen Lippen führte. Er trug ein weißes Shirt und eine schwarze kurze Trainingshose. Schlicht und dennoch würde er jedem gestylten Model die Show stehlen. Asuna verdrängte das aufkeimende und aufregende Prickeln auf ihrer Haut, welches ihr ständiger Begleiter war, seit sie wieder bei ihm sein durfte. Eingenommen von seiner bloßen Präsenz, hatte sie sich bereits in dem Lokal zusammenreißen müssen, um ihn nicht ständig anzufassen. Es wäre ihr furchtbar unangenehm gewesen, wenn man sie am ersten Abend als anhängliche Freundin abgestempelt hätte. Allerdings...je mehr Wein sie getrunken hatte, desto schlimmer war es geworden. Dieses Verlangen nach ihm war pure Folter gewesen. Jetzt, da sie alleine waren, musste sie es nicht mehr zurückhalten und genau deshalb war das Knistern in der Luft unerträglich. Da hatte auch die kalte Dusche keine Abhilfe geschaffen. In dem olivgrünen Oberteil von Tōru, welches zu groß für ihre kleinere und zierliche Statur, ging sie auf die kleine Kochinsel zu. In einem Ruck stemmte sie sich auf diese und hielt kurz überrascht inne, als die Umgebung für einen Augenblick schummrig wurde. Oh, verdammt. Der Alkoholpegel war doch noch nicht weniger geworden. Tōru neben ihr lachte leise und hatte sie anscheinend aus dem Augenwinkeln beobachtet, ehe er ihr die Flasche entgegenhielt. »Lange her, dass ich dich betrunken gesehen habe.« Sie dachte nicht wirklich über ihre nächsten Worte nach. »Hmm...und lange her, dass du mich ausgezogen hast.« Ihre Augenbrauen zuckten dennoch überzeugt nach oben, bevor sie einen besonders großen Schluck von dem eiskalten Wasser nahm. Indes entschied sich Tōru dazu, dass der Abstand zwischen ihnen zu groß war. Er stellte sich vor sie und nachdem sie die Flasche wieder losgeworden war, legte er seine Hände auf ihre Knie. Dreist drückte er ihre Beine auseinander, um ihr näher zu sein. Asuna legte bei dieser Geste ihren Kopf leicht schief, sodass ihre offenen Haare zur Seite fielen. Sie biss sich auf die Unterlippe und ein ungeduldiger Teil in ihr wollte, dass er ihren Oberkörper auf die Arbeitsfläche drückte und bedingungslos f- Gott! Sie wurde so verflucht scharf auf ihn, wenn sie getrunken hatte. Wie oft hatte sie sich zuhause in Tokio unverschämt heiße Szenarien ausgemalt, sobald sie zwei, drei Gläser Wein intus gehabt hatte? Konnte man es ihr verübeln? Sie war hungrig nach mehr als nur ihren Vorstellungen. Deshalb beobachtete sie gespannt sein nächstes Vorhaben. Die Spannung war greifbar. Unter dem spärlichen Licht wurde ihr durch seine Finger auf ihrem Oberschenkel und dem Geruch seines Duschgels bewusst, wo sie sich befand. Wie sie das vermisst hatte. Die Berührungen, seine Stimme, der Duft. Er schob ihr Shirt weiter nach oben. Langsam, Stück für Stück. »Okay. Sagst du mir jetzt auch, wie feucht du schon bist, oder muss ich das selbst herausfinden?«, fragte er unverschämt und nahm seine Augen nicht von der freigelegten Haut. Asuna entkam ein Lachen bei dieser Frage. »Und mir den ganzen Spaß verderben?« Sie legte ihre Hand auf seinen Oberkörper und ließ sie tiefer gleiten. »Es sei denn du verrätst mir, seit wann du versuchst, deine...wirklich beeindruckende Erektion zu verstecken?« Sie nuschelte etwas, doch sie hatte gerade andere Sorgen. Ihr logisches Denkvermögen löste sich gänzlich in Luft auf. Tōrus Hände ertasteten ihren Körper, als hätte er ihn zum ersten Mal vor sich. Zeitgleich brannte jeder Zentimeter ihrer Haut, den seine Fingerspitzen berührten. Als Tōru ihre Oberschenkel fast komplett freigelegt hatte, meinte er abgelenkt: »Irgendwann zwischen dem Hauptgang und deinem dritten Glas Wein, glaube ich.« Er zog sie näher zu sich, sodass sie seine offensichtliche Erhebung seiner Shorts nicht nur sehen, sondern auch verdammt intensiv spüren konnte. Sie klammerte sich an seine Schulter und hielt mit Mühe ein Stöhnen zurück. »Tatsächlich? Dann kann ich mit gutem Gewissen sagen, dass ich mindestens seit diesem Zeitpunkt bereit für dich bin und wenn du mich nicht gleich k-«, wollte sie fordern, kam aber nicht mehr dazu. Tōru überbrückte den Abstand und legte seine Lippen fordernd auf ihre. Nicht nur fordernd. Bestimmend, ungeduldig, hungrig nach mehr. Sie keuchte in den Kuss hinein und presste sich enger an ihn, als sie dank seiner Kraft beinahe mit dem Rücken auf der Kochinsel lag. Tōrus Hände erforschten abermals ihren Körper, nur dieses Mal war das Shirt kein Hindernis für ihn. Es war ihm aber nicht genug. Er hob sie hoch, sodass sie ihre Beine um ihn schlang. Blind stolperte er durch den Flur, ohne auch nur einmal die Lippen von ihren zu nehmen. Sie schmissen irgendetwas zu Boden und als Tōru sie gegen die nächstbeste Wand drückte, hörte sie ein gefährliches Knacken eines Spiegels. Asuna war erst wieder im Hier und Jetzt, als Tōru sie auf dem Bett niederließ. Sie strich sich ihre Haare nach hinten, die einem leichten Chaos glichen und musterte ihren Freund, der in diesem Moment sein Shirt über den Kopf zog. Seine Muskeln waren klar definiert und die Sonne hatte sein übriges getan. Sie...wow. »Wie kann es sein, dass das hier«, sie deutete vage auf ihn, »in Argentinien ist, während ich in Japan bin?« Unter normalen Umständen hätte sie wehmütiger geklungen und unter normalen Umständen hätte diese Aussage von Tōru kommen können. Der Wein. Es war der Wein. Tōru schmunzelte und beugte sich über sie. Sie versuchte, nicht auf seine Arme zu starren und zu schmachten wie ein verliebtes, träumerisches Mädchen. »Dabei hast du noch nicht mal alles gesehen.« Er legte seine Hand in ihren Nacken und küsste sie. Seine Zunge berührte ihre und entlockte ihr damit ein tiefes Seufzen. Er schmeckte verführerisch. Mit einer Hand auf seinem nackten Oberkörper schob sie ihn nach hinten. Sie griff nach ihrem Oberteil und zog es ebenfalls über den Kopf. Alles was sie nun trug, war ein verführerisches Höschen. Tiefschwarz, Spitze und mit zwei dünnen Bändern, die zusätzlich ihre Hüfte zierten. Tōru hielt inne und starrte. Er musterte nicht. Er betrachtete sie nicht. Er starrte. Bevor sie ihn fragen konnte, ob sie ihn tatsächlich so sehr aus dem Konzept gebracht hatte, murmelte er: »Ich kann nicht glauben, dass du ohne mich nach Japan zurückkehrst. Fuck! Ich...will dich nicht mehr gehen lassen....« »Tief Luft holen, Tōru«, schmunzelte sie und zog ihn zu sich. Das Gefühl seines nackten Oberkörpers auf ihrem erzeugte ein Kribbeln. Es war besser, als es sich nur vorzustellen. Und das hatte sie zur Genüge getan. »Du bist wunderschön«, meinte er, ehe er sie abermals küsste. Der Kuss raubte ihr den Atem und sie konnte ein leises Keuchen nicht zurückhalten, als sie die Härte an der Innenseite ihres Oberschenkels spüren konnte. Es war lange her, dass sie so gefühlt hatte. Die körperliche Nähe war ein wichtiger Bestandteil ihrer Beziehung und diese zu missen, war furchtbar. Diese nur alle paar Monate zu spüren, glich einem Albtraum. Sie vermisste seine Küsse und Berührungen mit jeder Faser ihres Körpers und sie fragte sich, wie sie die Zeit ohne ausgehalten hatte. Auch wenn sie versucht hatte, sich selbst anderweitig Erlösung zu schaffen, war es nicht vergleichbar. Oh nein! Es kam nicht annähernd an Tōrus Künste ran! Tōru legte seine Lippen an ihren Hals. »Du«, er küsste sich tiefer, »vertraust mir, oder?« Asuna brauchte länger als sonst, um seine Worte aufzufassen. Deshalb runzelte sie die Stirn. Die Frage traf sie überraschend, sodass sie nach kurzer Stille antwortete: »Natürlich.« »Gut. Schließe deine Augen. Nicht schummeln!« Sie tat wie gewünscht und bemerkte, dass er nach etwas suchte. Eine Lade wurde geöffnet und plötzlich spürte sie, wie etwas über ihre Augen gelegt wurde. Verbundene Augen? Wirklich? Sie musste grinsen und biss sich hastig auf die Unterlippe. Irgendwie...gefiel ihr das. Auch wenn es sie etwas nervös machte. Nichts zu sehen war eigenartig. Jedoch vertraute sie Tōru bei allem, was er tat. Und das aufregende Prickeln zwischen ihren Beinen stimmte ihr mehr als nur zu. Er konnte alles mit ihr anstellen und sie würde es mit Vergnügen hinnehmen. »Ich mag deine Art zu denken«, brachte sie deshalb heraus und erntete ein leises Lachen. »Oh, das war noch nicht alles. Aber gut, dass es dir jetzt schon gefällt.« Jetzt war sie doch neugierig. Sie wollte nachfragen, wurde aber von seinen Lippen auf ihren gestoppt. Weniger hatte sie allerdings erwartet, dass er ihre Hände nahm und sie ober ihrem Kopf fixierte. Damit meinte sie nicht das übliche Fixieren. Nein. Das kalte Metall und das folgende Klicken erwischte sie doch unerwartete. »Hand...schellen?«, murmelte sie perplex und rutschte nach oben, nachdem er abermals von ihr abließ. Sie fragte nicht, woher er diese Spielerei hatte. Zumindest drehten sich ihr Gedanken um völlig andere Dinge. Das Gefühl, in ihren Bewegungen und ihrer Sicht eingeschränkt zu sein, beschleunigte ihren Puls. »Du bist...nervös.« Tōrus Hände strichen ihre Seite entlang und sofort fühlte sie den Schauer, der über ihren Rücken kroch. Es war ein angenehmer Schauer. »E-Etwas«, nuschelte sie und ihre Atmung wurde deutlich schneller, je tiefer seine Hände glitten. Wie war das möglich? Lag es daran, dass sie ihm so ausgeliefert war? Gefiel ihr das so sehr, dass diese einfache Berührung reichte, um sie hungrig auf mehr zu machen? Gott! Sie war sich sicher, dass ihr Höschen bereits völlig durchnässt sein musste! »Hm. Dabei hast du das Beste noch gar nicht erlebt.« Seine Hände schwanden von ihrem Körper und er verließ das Bett. Zumindest hörte es sich so an. »Tōru«, rief sie unsicher, bekam aber keine Antwort. Jedoch wurde wenige Augenblicke später die Tür zugeschlagen. »Sieh mal an, wer hier so ausgeliefert vor mir liegt.« Tōru klang fasziniert. »Du scheinst das viel zu sehr zu genießen«, erwiderte sie mit hochgezogenen Augenbrauen und amüsiert zugleich, auch wenn sie ihn zu gerne gesehen und ihre Hände auf seinen Körper gelegt hätte. Allerdings übertrumpfte ein Gefühl die Nervosität. Und als sie wieder seine Hände auf ihr spürte, bekam sie die Bestätigung. Ihr entkam ein wohliges Seufzen und sie ließ ihre Muskeln locker. Sie hatte keine Ahnung, was er tat, aber er machte schnell klar, dass er keine weitere Zeit verlieren wollte. Asuna konnte seine Lippen fühlen, die sich auf ihren Hals legten. Der dezente Schmerz, als er in die empfindliche Haut biss, bereitete ihr Freude. Seine Zunge zog eine feuchte Spur über ihr Schulterblatt und sorgte dafür, dass sie genüsslich und trotz des Tuchs ihre Augen schloss. Er wusste, was ihr gefiel. »Gleiches gilt für dich«, raunte er gegen ihr Dekolleté. »Mal sehen, wie dir das gefällt.« Er umkreiste mit seiner Zunge ihren Nippel, welcher sofort darauf reagiert. Doch es war nicht das einzige, das sie aus der Fassung brachte. Etwas Kaltes tropfte auf ihren Bauch und sorgte dafür, dass sie überrascht die Luft einzog. Was...? Was auch immer es war, es war furchtbar kalt, als es ihre Haut traf. Asuna zuckte zusammen und riss aus Reflex an den Handschelle, sobald Tōru mit dem Eiswürfel bis zu ihren Brüsten fuhr. Asuna wollte zurückweichen, doch das ausgelöste Gefühl war besser als reine Kälte. Aus ihrer schnellen Atmung wurde ein Keuchen. Gemeinsam mit seiner Zunge, die nach wie vor ihren Nippel liebkoste, wusste sie nicht, was sie empfinden sollte. Es war so intensiv, dass es ihr die Sprache verschlug. Tōru ließ die Kälte tiefer gleiten. Es hinterließ eine eisige und nasse Spur auf ihrem Bauch und die Tropfen verschwanden schlussendlich zwischen ihren Beinen. Genauso wie seine Hand, die den Eiswürfel nicht losgelassen hatte. Die Intensität dieser unverschämten Tat brachte ihr Blut in Wallung. Die Kälte war Folter und Genuss zugleich, doch das Schlimmste daran war, dass sie absolut nichts tun konnte. Es war ihr nicht möglich einzugreifen, auch wenn sie das gar nicht wollte. Tōru konnte alles mit ihr tun und ja! Sie würde es mit jeder Faser ihres Körpers genießen. Es war wie ein Zustand des Rausches, dem sie nicht entkommen konnte. »Tōru«, stöhnte Asuna frustriert, als das Eis gefährlich nahe an ihren von Nerven durchzogenen Punkt gelangte. Sie konnte fühlen, wie feucht diese Spielerei sie bereit gemacht hatte. Auch weigerte er sich, ihr eine Verschnaufpause zu gönnen, denn in dem Moment spürte sie seine Finger, die quälend langsam in sie eindrangen. Ihre Muskeln spannten sich an und ihrer Kehle entkam ein zischender Laut aufgrund der vielen Empfindungen. Der Knoten in ihrem Unterleib wurde mit jeder Bewegung seiner Finger größer, weil er genau wusste, wie er sie an den Rand ihrer Vernunft bringen konnte. Ihre Atmung ging schnell, als er damit stoppte, sie zu reizen. Der Unmut hielt nur kurz, denn zwei Atemzüge später vernahm sie seine Zunge, die ihre Klit in Anspruch nahm. Sie liebte es, wenn er sie auf diese verwöhnte und Asuna war klar, dass sie all dem nicht länger standhalten konnte. Und schon gar nicht, wenn diese verdammte Eiswürfel ihre erhitzte Mitte traf. Er schmolz endgültig. Die unterschiedlichen Arten der Stimulation machten sie verrückt. Sie schnappte nach Luft. »I-Ich kann nicht mehr warten, Tōru.« Asuna wollte jetzt kommen. Länger ertrug sie es nicht. Er ließ nicht von ihr ab. Nicht sofort. Tōru umkreiste ärgerlich langsam ihren Venushügel und hörte erst damit auf, als ihre Atmung deutlich unregelmäßiger wurde. »Dann lass uns das beenden. Bereit dafür?«, raunte er wenige Augenblicke später neben ihrem Ohr und verursachte einen Schauer, der über ihren Körper kroch. Asuna biss sich auf die Unterlippe und nickte, bevor er bestimmend ihre Beine auseinander drückte, um sich zwischen ihnen zu platzieren. Er war nackt und ihr Körper erschauderte vor Erregung, als sie seine Erektion offensichtlich an ihrem feuchten Eingang fühlen konnte. Seine Lippen berührten ihre Wange, während sie sich auf das Kommende vorbereitete. Sie drehte ihren Kopf nach links. Sie wollte ihn küssen und seine Zunge, die sie zuvor beinahe bis zum Orgasmus gebracht hatte, an ihrer spüren. Tōru bemerkte ihre Ungeduld und kam ihrer stummen Bitte nach. Ihre Lippen verschmolzen und ihr eigener Geschmack verbreitete sich in ihrem Mund. Die Augenbinde und die Handschellen brachten sie in eine ungewohnte Situation, doch sie konnte ihm nicht genug dafür danken. Selten hatte sie seine Küsse mit dieser Intensität wahrgenommen. Plötzlich unterbrach er den Kuss und schob ihr das Tuch von den Augen. Mit dunklen Augen meinte er: »Ich will deine hübschen Augen sehen, wenn ich dafür sorge, dass du kommst.« Eine Antwort blieb aus, denn ohne den Blick von ihr zunehmen, glitt sein hartes Glied, begleitet von ihrem lustvollen Stöhnen, in sie. Asuna holte tief Luft, während sich ihre Wände um die Härte schlossen und sie ihre Becken fester an seines presste, damit sie seine Größe vollends in sie aufnehmen konnte. »Ich habe es vermisst, wie eng du dich anfühlst«, brachte er heraus, nachdem er sich aus ihr zurückgezogen hatte, um fester in sie zu stoßen. Geräusche der Lust erfüllten den Raum und Asuna ballte ihre Hände zusammen, die nach wie vor von den Fesseln an Ort und Stelle gehalten wurde. Bei jedem Stoß, bei dem er sich nicht zurückhielt, fühlte sie ihren angestauten Höhepunkt näherkommen. Das war das, was sie ebenfalls vermisst hatte. Seine Nähe und sein Geschick, sie mit scheinbarer Leichtigkeit zum Orgasmus zu bringen. Metall auf Metall ertönte, als sie ihren Oberkörper anhob und ein weiteres verzweifeltes Stöhnen nicht zurückhalten konnte. Seinen Nachbarn würde sie morgen definitiv eine Entschuldigung schuldig sein, doch jetzt gerade war ihr das verflucht egal. Sein Schwanz, der unaufhörlich von ihrer feuchten Wärme Willkommen geheißen wurde, war Grund genug, um alles andere als nichtig wahrzunehmen. Es war lange her, dass sie dieses unglaubliche Gefühl genießen konnte, von Tōru befriedigt zu werden. Aus diesem Grund dauerte es nicht lange, bis sie den Zenit erreicht hatte. »Tōru«, entkam es ihr heiser und damit gab sie ihm zu verstehen, dass sie es jetzt beenden mussten. Asuna konnte fühlen, wie sich der Knoten löste und sie unerwartet heftig zum Orgasmus kam. Ihre Muskeln verkrampften, woraufhin sich diese auch enger um seine Erektion schlossen. Tōru keuchte bei diesem intensiven Gefühl auf und seine Laute vermischten sich mit dem losgelösten Stöhnen seitens Asuna. Ihre Atmung ging stockend, als sie sich den Empfindungen hingab und für ihn kam. Er stoppte nicht, sondern erhöhte das Tempo und die Härte, mit der er in sie eindrang. Ihre Reaktion motivierte ihn, ließ ihn offensichtlich Dinge fühlen, die nicht in Worte gefasst werden konnten. Dafür zeigte er es, indem er ihr Nachbeben nutzte, um sich selbst ans Limit zu bringen. Asuna fühlte so viel auf einmal und genoss diese übermäßige Stimulierung mehr, als sie im Nachhinein zugeben würde. Sein Grollen, als er weiter in ihre Mitte eindrang, schickte kleine Stromstöße durch ihren Körper und es verursachte eine Genugtuung bei Asuna, dass sie ihm diese Geräusche entlocken konnte. Umso mehr erregte es sie, als er genauso seinen Höhepunkt erreichte und mit einem letzten Stoß in ihr kam. Sie bewegte ihre Hüfte kaum merklich, passte sich der abflachenden Geschwindigkeit an. Die Anspannung fiel nach und nach von ihr ab, als er seinen Kopf neben ihr im Kissen vergrub und seinen Puls beruhigte, ohne sein Gewicht auf ihrem zu lasten. Außer der lauten aber mittlerweile regelmäßigen Atmung war nichts in dem Schlafzimmer zu hören. »Ich habe nicht gescherzt. Ich lasse dich nicht wieder gehen«, murmelte er, als beide nach einem kurzen Besuch im Bad nebeneinanderlagen und er seinen Arm besitzergreifend um sie geschlungen hatte. Asuna lächelte müde und genoss nur den Moment. »Ich liebe dich, Tōru.« Für sie war es Antwort auf alles. Auf seine Worte, den gesamten Tag und die Zeit, die sie nicht gemeinsam verbracht hatten. Sie war überwältigt von der körperlichen Herausforderung und dem gesamten Tag, sodass sie ausnahmsweise nicht emotional wurde. Das hob sie sich für den Zeitpunkt auf, als sie wieder zurück nach Japan flog. Alleine. ♛♔ day 589... Asuna schloss den Laptop auf ihrem Schreibtisch und legte ihren Kopf frustriert in den Nacken, bevor sie sich erhob und zum Kühlschrank ging. Sie griff nach der Weinflasche, die sie von Jana zu ihrem 20. Geburtstag bekommen hatte. Janas internationaler Einstellung zu Alkohol war nach all den Jahren wohl auf sie übergegangen und gerade jetzt war sie unheimlich dankbar dafür. Nicht, dass sie öfters zu Wein und Co. tendierte, aber nach diesem Videoanruf mit Tōru hatte sie das Bedürfnis danach. Eine schlechte Verbindung, Zeitunterschied und mangelnde Zeit im Allgemeinen waren Schuld, dass sie frustriert das Gespräch frühzeitig beendet hatten. Heute war es mehr als eineinhalb Jahre her, dass er nach Argentinien geflogen war. Seit damals hatten sie sich vier Mal persönlich gesehen. Viel zu wenig und doch war es anders nicht möglich. Die Flugzeit trug dazu bei, dass sie auf diverse Medien zurückgreifen mussten, um miteinander zu sprechen. Sie hasste es. Asuna hasste es abgrundtief, dass sie sich kaum sahen. Genervt wegen der unausweichlichen Situation ließ sie sich auf der Couch nieder. In der einen Hand hielt sie nun ein volles Weinglas, während ihr Blick in die Leere ging. Es war nicht das erste Mal, dass sie in dieser Situation war. Frustriert und zweifelnd. Wütend und traurig. In diesen Moment fühlte sie sich so verflucht alleine und sie würde lügen, wenn sie sagen würde, sie hätte keine einzige Träne in dieser Zeit vergossen. Auch jetzt war sie nahe dran, ihren Gefühlen freien Lauf zu lassen und abends um 18:00 Uhr mit einer Packung Taschentüchern auf ihrer Couch zu hocken. Freitags. Dass es bei Tōru früh morgens war und er neben seinem Unikurs auch noch Training und somit nicht länger Zeit für sie hatte, machte alles nur noch schlimmer. Sie wusste, dass es ihm leidtat und er nichts für seinen straffen Zeitplan konnte. Es war dennoch...enttäuschend. Asuna nippte an dem Wein und griff nach ihrem Handy. Sobald sie es entsperrte, grinsten ihr Tōru und sie selbst entgegen. Iwa hatte es damals beim Abschluss gemacht und es war ihr absolutes Lieblingsbild. Es war nicht gestellt, sondern ein klassischer Schnappschuss. Hastig entsperrte sie das Smartphone und klickte auf ihre gespeicherten Favoriten. Ihr Finger schwebte über Janas Namen, doch sie zögerte und legte das Gerät schlussendlich wieder beiseite. Sie war nicht dumm. Fernbeziehungen waren hart. Das war...gesunder Menschenverstand. Aber es war völlig anders, es selbst zu erleben. Deshalb hatte es Momente gegeben, in denen sie Bedenken gehabt hatte. Wollte sie so die restliche Zeit weitermachen? Was, wenn er sich nach all der Zeit dazu entschloss, einfach dort zu bleiben? Und...wollte Tōru das alles überhaupt? Als sie damals bei ihm in Argentinien gewesen war, war sie...überrascht über all die Frauen in seinem Umfeld gewesen. Natürlich war ihr bewusst, dass Tōru verflucht gut aussah und charmant war. Doch sie hatte nicht mit der offenen Art dieser Frauen gerechnet. Jana hatte sie noch gewarnt und gemeint, dass sie es nicht so ernst nehmen sollte. Japanische Frauen wären dezenter, wenn es um öffentliche Zuneigung ging. Oh, wie recht ihre beste Freundin gehabt hatte. Sie war dennoch nicht begeistert über die Offensive mancher weiblicher Freunde von Tōru gewesen. Außerdem waren sie alle so unheimlich hübsch, dass es ihr noch schwerer fiel, nicht zu viel hineinzuinterpretieren. Natürlich vertraute sie Tōru. Mit jeder Faser ihres Körpers, aber...verdammt! Sie konnte nicht aufhören, diese schmerzhaften Bilder vor sich zu sehen. Bilder, die ihrem Selbstvertrauen und der Beziehung in dieser Entfernung schadeten. All diese Sorgen trieben sie so weit, dass sie darüber nachgedacht hatte, eine offene Beziehung vorzuschlagen. Sie selbst wollte niemand anderen. Bereits bei dem Gedanken, dass jemand anderer als Tōru neben ihr im Bett lag, wurde ihr übel. Und sie hasste diesen Gedanken, dass sie überhaupt daran gedacht hatte. Sie wollte in Wahrheit auch nicht, dass Tōru auch nur daran dachte, eine andere Frau anzufassen. War sie deshalb ein schlechter Mensch? Ahhhh, sie wurde in Momenten wie diesen verrückt. Alles, was sie wollte, war, wieder bei ihm zu sein. Nicht nur für ein paar Tage oder zwei Wochen. Jeden einzelnen Tag wollte sie neben ihm einschlafen und aufwachen. Aber...langsam ertrug sie es nicht. Sobald sie länger Zeit hatte und nicht wie üblich in ihr Studium und ihre Arbeit als Rechtsanwaltsanwärterin vertieft war, nahmen sie diese düsteren Gedanken ein. Sie hasste es! Sie hasste gerade...alles! Fahrig griff sie nun doch nach dem Handy. »Jana...«, murmelte sie verzweifelt, sobald sie ein leises Rascheln gehört hatte. »Soll ich vorbeikommen?«, war das erste, das ihre beste Freundin fragte. »Nein...nein. Es ist nur die Verzweiflung und das Selbstmitleid, die wie immer freitags zuschlagen. Kein Grund zur Sorge. Ich brauche nur jemanden zum Reden.« Sie sah das mitleidige Gesicht Janas vor ihr, als diese antwortete: »Du klingst eindeutiger schlimmer als sonst. Ich komme vorbei. Gib mir 20 Minuten.« Seufzend schwenkte sie ihr Glas. »Nein. Bleib wo du bist, Jana. Ich weiß, dass ihr morgen euren Jahrestag habt und du bereits am Durchdrehen bist. Also...bleib wo du bist. Sprich nur einfach mit mir und sag mir, dass alles gut wird. Bitte. Das ist alles, was ich gerade brauche.« »Oh, Asuna«, hörte sie Jana sanft sagen. Asuna schloss ihre Augen und hatte Mühe, nicht in Tränen auszubrechen. »Ich hasse es, Jana. Wann...wird das besser? Es ist schon mehr fast eineinhalb Jahre her, dass...dass...« Sie stoppte, weil sie es nicht aussprechen wollte. Ein tiefes Seufzen ertönte. »Ich weiß es nicht. Ehrlich, ich weiß es nicht. Bist du dir wirklich sicher, dass ich nicht vorbeikommen soll? Tōru hat gesagt, dass wir auf dich aufpassen sollen und irgendwie-« »Das hat er gesagt?«, unterbrach sie Jana. Sie hörte davon zum ersten Mal, aber es passte zu Tōru. Wer wenn nicht die beiden konnten ein Auge auf sie werfen? Immerhin sahen sie sich beinahe einmal die Woche. »Hat er und ich-«, begann sie, wurde aber nochmal unterbrochen. Dieses mal von Iwa im Hintergrund. »Yo, Asuna. Bakakawa hat mich angerufen und hat ziemlich niedergeschlagen geklungen. Was hat er angestellt?« Während Jana sich beschwerte, dass sie von jedem unterbrochen wurde, schloss Asuna die Augen. Es war kein Trost, dass er niedergeschlagen klang. Im Gegenteil. Sie wollte nicht, dass er so fühlte. Er sollte glücklich sein. Vor allem nach einem Videoanruf mit ihr. Oh, sie hatten es heute richtig verbockt. »Sei nicht wütend auf ihn, Iwa. Er hat gar nichts falsch gemacht. Es sind nur die...Umstände. Wie immer.« »Okay, aber falls dieser Idiot etwas Dummes tut, sag Bescheid«, forderte Iwa und brachte Asuna damit tatsächlich zum Schmunzeln. In den letzten eineinhalb Jahren war der Sportstudent zu einem großen Bruder herangewachsen, den sie nie gehabt hatte. Sie verstand nicht nur, wieso Jana ihn so sehr schätzte, sondern auch warum er in all den Jahren Tōrus mentale Stütze gewesen war. »Mach ich«, erwiderte sie und in dem Moment läutete es an der Tür. Beinahe hätte sie bei diesem unerwarteten Geräusch wertvollen Wein auf ihre nicht so wertvolle Couch gekleckert. Während Jana und Iwa über etwas diskutierten, ging sie zur Eingangstür. Ein Postbote stand davor und drückte ihr ein Paket in die Hand. Umständlich nahm sie dieses an, unterschrieb und schmiss die Tür mit ihrem Fuß wieder zu. Sie legte das A3 große Paket auf dem Küchentisch ab und stellte das Weinglas daneben ab. Mit dem Handy zwischen Schulter und Ohr drehte sie es um. Der Absender überraschte sie ungemein und deshalb konnte sie die Aufregung nicht zurückhalten. Beinahe entkam ihr ein kleiner Aufschrei. Beinahe. Was konnte ihr Tōru geschickt haben? Sie spürte, wie ihr Puls stieg, als sie das Papier ohne Rücksicht auf Verluste auseinanderriss. »Nicht sein ernst«, entkam es ihr perplex. »Jana? Ich muss auflegen. Ich melde mich morgen.« Ohne auf eine Antwort zu warten, beendete sie den Anruf. Sie holte eine Schere und beeilte sich so sehr, dass sie nur knapp ihren Finger verfehlte. Als sie die Vakuumisolierung entfernte, hielt sie abrupt inne. Die Sekunden verstrichen uns als wäre es eine Art Heiligtum, fuhr sie über den weichen Stoff. Sie hob das T-Shirt hoch und umklammerte es mit der Angst, es würde sich jeden Moment in Luft auflösen. Langsam hielt sie es näher an ihr Gesicht, sodass der Duft nicht nur ein bloßer Hauch war. Sie lachte, während sie das Gesicht in dem Stoff vergrub. Sie lachte so sehr, dass ihr Körper bebte und sie nicht bemerkte, wie das Shirt mit dicken und salzigen Tränen benetzt wurde. Gott! Sie liebte diesen Idioten. Sie liebte ihn so...sehr. Und sie vermisste ihn. Verdammt. Sie vermisste ihn mehr als es erträglich für sie war. Asuna holte zittrig Luft und versuchte, sich zu beruhigen. »Hör auf damit!«, schimpfte sie mit sich selbst und brüchiger Stimme, ehe sie sich mit dem Handrücken über die Augen fuhr. Es half bedingt und ihre Sicht blieb verschwommen. Sie schüttelte über sich selbst denn Kopf und starrte kurzzeitig in die Leere. Sie entschied sich schnell und innerhalb kürzester Zeit hatte sie sich ihr Oberteil über den Kopf gezogen und war die Jogginghose los. Stattdessen trug sie nun Tōrus gesendetes Shirt. Den Stoff hatte sie sich über die Nase gezogen, um wirklich den gesamten Duft zu inhalieren. Sie kam sich dämlich vor und dennoch grinste sie von einem Ohr zum anderen. Erst in diesem Moment fiel ihr der kleine Zettel zwischen dem Plastik auf. Sie nahm diesen und las neugierig die Worte: Es ist nur ein schwacher Trost, aber ich dachte, du hättest so zumindest einen kleinen Teil von mir bei dir. [Du trägst es bereits, oder? Natürlich tust du das. :)] Und bitte...weine nicht. Es ist viel verlangt, aber ich hasse es, wenn du weinst. Vor allem, wenn ich nicht bei dir bin, um dich zu trösten. Ich liebe und vermisse dich, Asuna. Mehr, als du dir vorstellen kannst. Kann es nicht erwarten, dich an Weihnachten zu sehen! Tōru ♥ Wehmütig ließ sie sich auf dem Sofa nieder. Dank der Worte, die eigentlich tröstend waren, spürte sie abermals die aufkeimenden Tränen. Bevor es noch schlimmer wurde, griff sie nach ihrem Handy und öffnete Whatsapp. Der Nachrichtenverlauf mit Tōru war schnell gefunden. Genauso schnell hatte sie ein Foto von sich geschossen. Das Shirt gut sichtbar. Asuna 20:34 Uhr Danke, Tōru. Ich liebe es! Und ich liebe dich! Sie legte das Smartphone zur Seite, aber nicht für lange. Eigentlich hatte sie nicht damit gerechnet, doch die Nachricht ließ sie schmunzeln. Tōru ♥ 20:36 Uhr Ich kann nicht glauben, dass ich nicht bei dir sein kann, wenn du nur mein Shirt trägst. Es steht dir eindeutig besser als mir. Ich liebe dich auch und...ich vermisse dich. Kurze Zeit später folgte ein Bild, oder eher ein Screenshot. Er hatte ihr gesendetes Bild als Hintergrund genutzt. Sie ließ sich mit dem Handy in der Hand zur Seite fallen. Obwohl sie sich so oft um alles sorgte, war es ausnahmsweise ein Freitag mit gutem Ende. Sie liebte Tōru und daran änderten auch 18.000 Kilometer nichts. Selbst wenn sie Angst hatte, dass sich etwas zwischen ihnen änderte, wurde ihr doch viel öfters klar, dass Veränderungen nicht schlecht waren. Nicht, wenn diese positiv waren und Tōru ihr jedes Mal aufs Neue bewies, dass sie es wert waren. Tōru und sie. Diese Kombination war es wert, dass sie all diese einsamen Nächte und Tränen in Kauf nahm. Vor allem, wenn sie an die Zeit dachte, die sie in naher Zukunft gemeinsam haben würden. Diese Challenge würden sie beide bewältigen. Mehr als ein Jahr hatte sie hinter sich. Ein weiteres würden sie schaffen. Nicht locker, aber sie würden es schaffen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)