Hate That I Love You von SocialDistortion ([OikawaxOC]) ================================================================================ Kapitel 34: make it right ------------------------- ● • . Asuna hatte die geringsten Fehlstunden von allen in ihrer Klasse und obwohl sie sich selbst bei kaum vorhandenen Stimme in die Schule schleppte, setzte sie an diesem Donnerstag keinen Fuß vor ihre Haustür. Die ganze Nacht lang hatte sie sich unruhig hin und her gewälzt. Das Gespräch hatte sich in ihren Kopf gebrannt und es ihr unmöglich gemacht, Schlaf zu finden. Auch wenn sie stundenlang darüber nachgedacht hatte, konnte sie es noch immer nicht realisieren. Wie sollte sie damit klarkommen, dass Tōru in einem halben Jahr nicht mal auf demselben Kontinent sein würde? Ja, er war nicht aus der Welt, aber es fühlte sich verdammt nochmal so an. Seufzend blickte sie auf ihr Handy, welches zum wiederholten Mal vibrierte. Sie ignorierte es. Zum wiederholten Mal. Asuna starrte wieder an die Decke, während sie weiterhin auf ihrer Couch lag. Ein Bein auf der Lehne, das andere ausgestreckt. Ihr Fernseher lief seit Stunden im Hintergrund. Wenn sie ehrlich war, dann war sie heillos überfordert. Vor wenigen Stunden war sie noch hier mit Tōru gesessen. Küssend und völlig benebelt von dem Gefühl, ihm nach Ewigkeiten nahe sein zu können. Nur ein gefühlter Wimpernschlag später diese verflucht zermürbende Neuigkeit. Dabei war sie so kurz davor gewesen, ihm zu sagen, dass sie ihn küssen wollte, wann sie wollte. Dass sie ihn berühren wollte, wann sie wollte. Dass ihr Herz jedes Mal verrückt spielte, wenn sie bei ihm war. Dass es schmerzte, wenn sie ihm nicht nahe sein konnte. Dass sie ihm…Hals über Kopf verfallen war. Das Rascheln von Schlüsseln riss sie aus ihren Gedanken und weil sie nicht damit gerechnet hatte, setzte sie sich verwirrt auf. Als sie den dunkelblonden Haarschopf erkannte, der zu einer eleganten Hochsteckfrisur gestylt worden war, verpufften ihre deprimierenden Gedanken für kurze Zeit. »Mum!«, rief sie euphorisch und sprang auf. Diese war perplex über die überschwängliche Begrüßung und realisierte erst recht spät, dass ihre Tochter um diese Zeit eigentlich nicht hier sein sollte. »Oh, wow. Ich habe nicht damit gerechnet, dich schon zu sehen. Alles okay?«, fragte sie sofort, da ihr nicht entgangen war, dass etwas nicht stimmen konnte. Asuna klammerte sich ungewöhnlich lange an ihre Mutter und zögerte mit ihrer Antwort. Schlussendlich entkam ihr ein schwerfälliges »Nicht wirklich.« Sie sprachen selten über ihre Bedenken und Gefühle. Keiner von beiden war sehr aufgeschlossen, wenn es um die tiefsten Emotionen ging. Auch wenn sie ihre Familie liebte - ihre Mutter war nun mal nicht ihre beste Freundin. Deshalb überraschte es beide, dass die Worte einfach aus ihr sprudelten, nachdem sie sich an die großzügige Kochinsel gesetzt hatte. Sie verzichtete auf Details, aber sie fasste das letzte halbe Jahr so gut es ging zusammen. Zum Schluss starrte sie auf ihr Glas, welches sie verkrampft mit beiden Händen hielt. Es war so ungewohnt, mit ihrer Mutter über solch persönlichen Dinge aus ihrem Leben zu sprechen, sodass ihr die Hitze ins Gesicht gestiegen war. Als ihre Mutter sie daraufhin nur mit diesem…mütterlichen Blick musterte, kam Asuna in den Sinn, dass sie gar nicht wusste, was sie eigentlich von Tōru hielt. Die Ansicht ihres Vaters hatte sie hingegen noch genau in Erinnerung. »Bevor du nochmal mit ihm sprichst, solltest du etwas Abstand nehmen und dir gut überlegen, wie du dir deine Zukunft vorstellst. Eine Fernbeziehung ist eine verdammt große Probe für eine Beziehung. Erst recht bei dieser enormen Entfernung. Das sollte dir bewusst sein«, begann sie eindringlich, doch ihr Ausdruck war deutlich sanfter, als ihre Worte vermuten lassen. »Ich sage das nicht, weil ich nicht mit Tōru und dir einverstanden bin. Im Gegenteil. In letzter Zeit hast du mehr gestrahlt als sonst und zu wissen, dass jemand, der dich glücklich macht, bei dir ist, wenn wir es nicht sein können, macht mich genauso glücklich. Also egal wie du dich entscheidest - es wird das Richtige sein.« »Ah, wieso ist das alles so schwer?«, murmelte sie frustriert und ließ ihren Kopf auf die Tischplatte senken. Das Lachen drang zu ihr. »Scheint, als hätten wir hier etwas gemeinsam. Es hat fast ein Jahr gedauert, bis ich mit deinem Vater ausgegangen bin. Und das, obwohl ich total in ihn verliebt war. Entscheidungsschwierigkeiten liegen wohl in den Genen.« »Danke für nichts«, raunte Asuna und musste dennoch dezent grinsen. »Eigentlich befürworte ich es nicht, wenn du ohne Grund nicht in die Schule gehst, aber wie wäre es, wenn wir morgen nach Tokio fahren? Nur wir zwei«, schlug sie vor und überraschte Asuna ungemein. »Was ist mit Dad?« »Den lassen wir ausnahmsweise zuhause.« Und das taten sie einige Stunden später auch. Früh morgens begaben sie sich zum Bahnhof. In der Hauptstadt verbrachten sie den Tag mit einkaufen, essen und reden. Es war lange her, dass sie einen Mutter-Tochter-Tag gemacht hatten. Ihr fiel auf, dass sie kaum an Tōru dachte und darüber war sie mehr als froh. Eine Auszeit ihrer erdrückenden Gedanken hatte sie gebraucht. Eine Auszeit brauchte sie auch von…Tōru selbst. Nicht weil sie nicht mit ihm reden oder ihn sehen wollte. Denn genau da lag das Problem. Das Gegenteil war der Fall. Außerdem...war es eine schwere Entscheidung für sie, auch wenn einige bestimmt anders denken würden. Asuna wusste schlichtweg nicht, ob sie bereit für eine Fernbeziehung war. 18.000 Kilometer waren kein Katzensprung. Und sie war sich sicher, dass es verdammt viel Energie kosten würde, eine Beziehung mit dieser Entfernung aufrecht zu halten. Selbst wenn sie mit ihm zusammen sein wollte, konnte sie diese Tatsache nicht einfach ignorieren. Sie war ein logischer Mensch, der alle Möglichkeiten bedachte, bevor er sich entschied. Sie hasste es, dass sie so war. Ein Mensch zu sein, der impulsiv war und nach dem tiefsten Gefühl handelte, wäre ihr lieber. ♛♔ Das erkannte sie auch, als sie nach zwei Tagen wieder in der Schule war. Unter Janas eindringlichen Blick konnte sie sich zwar auf das Wesentliche, das Lernen, konzentrieren, wurde aber wie so oft vom Wesentlichsten aus der Bahn geworfen. Tōru hielt sich fern von ihr und sie wusste nicht, ob sie ihm dankbar sein oder ihn dafür hassen sollte. Oder ob sie sich selbst dafür hassen sollte, dass sie in diesem verfluchten Zwiespalt war. Ablegen. Das sollte sie tun. Sie sollte ihre Bedenken ablegen und auf ihr Herz hören. Dieser verdammte Verstand machte sie verrückt. Asuna seufzte tief und war beinahe dazu verleitet, ihren Frust noch deutlicher auszudrücken, wenn der Schulhof nicht voller Mitschüler wäre. Jana hatte aufgegeben, ihr in dieser Sache Mut zu machen. »Ich habe Angst davor, dir das jetzt zu sagen, aber Oikawa kommt auf uns zu und er sieht…wütend aus.« »Tatsächlich?«, murmelte sie und vergrub ihr Gesicht tiefer in dem Schal, da die Temperaturen überraschend stark gesunken waren. Auch wenn es abtuend erschien, fühlte sie sofort ihr Herz, welches verräterisch schnell in ihrer Brust schlug. Gott, sie war hoffnungslos. »Asuna«, vernahm sie seine Stimme und unter anderen Umständen hätte sie ihren Namen aus seinem Mund genossen, »wir müssen reden. Komm mit.« Sie war auf diese Forderung nicht vorbereitet gewesen, weshalb sie ihre Stirn runzelte und ihm einen konfusen Blick zuwarf. Doch das war egal, denn er wartete wie so oft nicht auf eine Antwort, sondern antwortete selbst darauf. Mit einer Tat. Er griff nach ihrer Hand und zog sie mit sich. Einfach so. Unter den wachsamen Augen der halben Schule. Erst als sie an einem angelegenen Ort neben dem Hauptgebäude zum Stehen kamen, ließ er sie los. »Du willst reden? Hier?« Sie sah auf den Boden. Zigarettenstummel, Müll und die imaginäre Unschuld mancher Schülerinnen lagen verstreut. Hinter ihr prangten Anschuldigungen und Gerüchte die Wand der Aoba Johsai. Auch ihr Name stand dort irgendwo. Vermutlich in der Nähe der unzähligen Liebeserklärungen an Tōru. Es war ein Ort, der weit davon entfernt war, als einladend zu gelten. Hier wurden verbotene Dinge getan, weil man aus dem Sichtfeld aller war. »Scheißegal, wo. Hauptsache wir tun es«, raunte er und fast klang es so, als müsste er sich furchtbar beherrschen. Sie schluckte, denn sie hätte nicht gedacht, dass es ihn auf diese Weise beschäftigte. »Hör zu, Tōru«, begann sie und wieder bemerkte sie, wie sehr sie diese Art von Gespräch hasste. »Nein. Zuerst hörst du mir zu«, unterbrach er Asuna und sie war ihm nicht einmal böse. Sie erkannte, dass es ihm ebenfalls nicht leicht fiel, seine Gedanken auszusprechen. Zumindest mied er es vehement, sie anzusehen. Und seine geballten Hände waren Beweise Nummer zwei. »Ich hätte es dir sagen sollen. Das sehe ich ein. Ist dir aber jemals der Gedanke gekommen, dass ich es genauso wenig möchte wie du, dass die halbe Welt zwischen uns liegt?« Zum ersten Mal seit sie hier waren, trafen sich ihre Blicke und im selben Moment schoss ihr Puls in die Höhe. Sie bemühte sich, ihre Aufregung unbemerkt zu lassen, während es in ihren Fingerspitzen kribbelte. Plötzlich hatte es keine Minusgrade mehr in der Präfektur Miyagi. Jedoch hatte sie die Frage nicht vergessen, die ihr Unbehagen verschaffte. Nein. Sie hatte nicht wirklich darüber nachgedacht. Egoistisch. Das war es, war sie gewesen war und war. Sie antwortete nicht und das war Antwort genug für ihn. »Das habe ich mir gedacht«, murmelte er und es klang spöttisch. »Wieso rennst du vor deinen Gefühlen davon? Vor deinen Gefühlen und vor uns? Sag mir, was ich noch tun soll und gib mir…gib mir einen verdammten Grund, warum ich hiermit nicht aufhören soll?« Asuna schlug ihre Lider nieder, weil er einen wunden Punkt mit seinen Fragen getroffen hatte. Wegrennen war ihre Stärke. Genauso wie die übertriebene Vorsicht, mit der sie an Veränderungen und Bindungen heranging. Und das Hiermit musste er dafür nicht erklären. Sie wusste, was er tat und sie wusste auch, dass es nicht einfach war. Das sie nicht einfach war. »Zwei Wochen. Gib mir zwei Wochen bis nach den Prüfungen und ich kann dir sagen, was ich will«, erwiderte sie und obwohl sie überzeugt von ihren Worten war, kamen sie zaghaft über ihre Lippen. Vielleicht lag es an Tōru, der bei ihrer dreisten Forderung seine Finger durch seine Haare gleiten ließ und angestrengt Luft ausstieß. »Und der verdammte Grund?«, brachte er hervor und sorgte dafür, dass Asuna sich auf die Zunge biss. Es war kaum zu übersehen und zu überhören, dass er wütend war. Sie strapazierte seine Geduld und seine Gefühle für sie. Gerade letzteres bereitete ihr Sorgen. Nichtsdestotrotz oder gerade deshalb hob sie ihren Arm und legte ihre Hand in seinen Nacken. Sie stellte sich auf Zehenspitzen, sodass ihre Augen seinen dunklen nicht entkommen konnten. Es fühlte sich an, als würde ihr Herz gleich in tausend Teile zerspringen, während ihre Haut vor Aufregung prickelte. »Ich schätze, ich kann gerade nicht viel mehr bieten als das hier«, meinte sie und überbrückte den Abstand zwischen ihnen. Sanft legte sie ihre Lippen auf seine und schloss ihre Augen, weil sie diesen unschuldigen Kuss mit all ihren Sinnen genoss. Asuna musste nicht lügen. Sie war verrückt danach. Als sie sich von ihm löste, war sie unsicher, wie sie reagieren sollte. Ein Kuss war ein schwacher Trost für ihr zaghaftes Verhalten. Das gab sie zu. Dennoch war es anders. Es war inniger und ehrlicher als all die Male zuvor. Wie damals, als er sie wie aus dem Nichts geküsst hatte. Tōru schien es hingegen…anders zu ergehen. Sein Brustkorb hob sich und wie so oft war er derjenige, der wusste, was er zu tun hatte. Obwohl seine Miene unergründlich war, spürte sie innerhalb eines Bruchteils einer Sekunde die Mauer des Schulgebäudes an ihrem Rücken und eine Hand, die ihr Kinn nach oben drückte. Sie fühlte die fast greifbare Spannung und erwartete, dass er ihre Handlung kommentierte. Stattdessen richteten sich seine Augen auf ihre leicht geöffneten Mund. Zittrig holte sie Luft, nur um einen Hauch später zu erleben, wie ihre Lippen abermals kollidierten. Dieses Mal war es weniger zärtlich und es war unmöglich, den Frust, als seine Zunge ihre in eine aufregenden Kampf verwickelte, nicht wahrzunehmen. Asunas drückte sich näher an ihn und als wäre es nicht genug, spürte sie seine Hand, die seitlich nach oben glitt und dadurch auch ihren Rock nach oben schob. Mit seiner fordernden Art und ihrem passiven Verhalten spiegelte der Kuss ihr Gespräch wider. Zumindest eine Sache konnte Asuna aber noch nie abstreiten - das unbändige Verlangen. Ihr Körper stand unter Flammen und erlosch nicht, als er sich von ihr löste. Mit einer Verzögerung nahm er auch die Hände von ihr und sofort kroch die kalte Temperatur unter ihre Kleidung. Sie war bemüht, ihre Atmung unter Kontrolle zu bringen, als Tōru weitaus gefasster als sie mit seinem Daumen über ihre Unterlippe fuhr. »Zwei Wochen, Asuna. Ich hoffe, bis dahin weißt du, was du willst«, kam es ernst von ihm und mit diesen Worten, die einem Ultimatum glichen, ließ er sie stehen. Einfach so war sie mit einem Herz, das Marathon lief, und ihren verwirrten Gefühlen alleine. Sie verfiel in eine weniger angespannte Haltung und sah ihm nach, als er um die Ecke verschwand. Zwei Wochen, um eine Entscheidung zu treffen, die ihr Leben maßgeblich beeinflussen würde. Zwei Wochen, um auch ganz nebenbei Top-Platzierungen bei den Abschlussprüfungen zu erreichen. Das würden die schlimmsten 14 Tage, 336 Stunden und 20.160 Minuten ihres Lebens werden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)