Hate That I Love You von SocialDistortion ([OikawaxOC]) ================================================================================ Kapitel 33: Not fair -------------------- ● • . Asuna stand untypisch teilnahmslos auf dem Spielfeld und ließ die gegnerischen Spielerinnen unter dem verständnislosen Fluchen seitens Suki einfach passieren. Seit zehn Minuten versuchten die Schülerinnen Körbe zu erzielen, während sie selbst noch immer nicht über das Gespräch zwischen Iwa und Tōru hinweggekommen war. Argentinien...Wieso zum Teufel das Land am anderen Ende der Welt? Und wieso...zwei Jahre? Das Schlimmste daran war, dass Tōru ihr nichts davon erzählt hatte. Keine kurze Anmerkung, keine...Warnung. Nichts davon, dass er in einem halben Jahr nach...Argentinien gehen würde. Verdammte...! Asuna holte tief und vor allem zittrig Luft. Oh, sie bekam gerade Panik. Ihr wurde übel, als sie Lu halbherzig deckte und schnell aufgab. »Kurasaki-san! Du bist hier nicht zur Zierde! Beweg dich gefälligst!«, kam es von Katō-sensai persönlich und sorgte dafür, dass ein Ruck durch Asunas Körper ging. Sie nickte geistesabwesend und setzte sich in Bewegung. Natürlich war sie noch immer nicht völlig bei der Sache. Ihre Augen bemühten sich, dem Ball zu folgen und ihre Beine schafften es mit einer verzögerten Reaktion, mit den anderen mitzuhalten. Sie hatten keine übermäßig guten Spielerinnen, aber das schmälerte nicht den Ehrgeiz. Deshalb ging es in der Sporthalle manchmal ruppig zu und wenn man nicht konzentriert war, konnte es passieren, dass man es schnell bereute. So auch jetzt. Abgelenkt von ihren eigenen Gedanken achtete sie zu wenig auf ihre Gegnerin und bekam nicht mit, wie Maya ihren Wurf nur antäuschte. Sie taumelte nach hinten, als sich ein heftiger Schmerz in ihrer Nase ausbreitete und von einem beunruhigenden Knacksen begleitet wurde. Ein Zischen entkam ihr und sofort griff sie nach dem Ausgangspunkt des Schmerzes. Sie rührte sich nicht und kniff die tränenden Augen zusammen, als sie eine warme Flüssigkeit an ihren Fingern spürte. Mayas erschrockenes Quieken sowie das nach Luft Schnappen der anderen drang zu ihr durch. »Oh, das ist eine Menge Blut«, murmelte Jana irgendwo zu ihrer Rechten. »Nicht hilfreich, Jana«, erwiderte Suki grummelnd und Asuna hätte unter anderen Umständen zugestimmt. Gerade ignorierte sie aber ihre Mitschülerinnen und verharrte in ihrer Position, bei der sie ihren Kopf in den Nacken gelegt und ihre Hand auf die Nase gepresst hatte. »Holt ihr ein Handtuch.« Katō-sensai klang ausnahmsweise weniger mürrisch. In der Zwischenzeit hatte Maya sich zum millionsten Mal entschuldigt und irgendwie brachte sie ein »Halb so wild« heraus. Es stimmte. Der Grund, weshalb sie so schweigsam war, war nicht ausschließlich das Pochen ihrer Nase. Selbst der Schmerz konnte nicht verhindern, dass ihre Gedanken um Tōru kreisten. »Woah, das sieht echt übel aus.« Asuna sah zu der Quelle der Stimme und erkannte Matsukawa, der mitsamt einigen anderen den Weg in ihren Teil der Sporthalle gefunden hatte. Das hatte ihr gerade noch gefehlt. Sie fühlte sich wie ein Ausstellungsstück. »Verdammt...alles okay?« Tōru hatte sich nach vorne geschoben und musterte sie ernsthaft besorgt. Tunlichst vermied sie es, ihn verzweifelt anzusehen. Nein. Gar nichts war gerade okay, doch von ihrem inneren Konflikt bekam er nichts mit. War sie sauer auf ihn? Irgendwie. Wollte sie ihn gerade sehen? Nein. Hatte sie eine Ahnung, was sie gerade tun sollte? Überhaupt nicht. Während sie kaum einen normalen Gedanken zustande brachte, reichte ihr jemand zur gleichen Zeit ein Handtuch, welches sie schweigend entgegennahm. »Jemand sollte sie zur Schulärztin begleiten«, meinte Katō-sensai eher zu sich selbst und obwohl sie nicht begeistert war, dass die Jungs bei ihrem Sportunterricht aufgetaucht waren, sah sie auffordernd in die Runde. Asuna musste sich zusammenreißen, um sich nicht kleinzumachen, als Tōru antwortete: »Ich kann das machen.« Ihre Finger gruben sich ins Handtuch, bevor ihr ein energisches »Nein« entkam und für Verwirrung sorgte. Vor allem bei Tōru. Es war nicht fair, ihren Frust auszulassen, aber es war unmöglich für sie, sich normal zu verhalten. »Ich gehe alleine zur Ärztin, wenn das okay ist«, hörte sie sich selbst sagen und es klang selbst in ihren Ohren merkwürdig angespannt. »Du solltest wirklich nicht alleine gehen.« Tōru ließ sich seine vorherige Verwirrung nicht anmerken, aber sie war eindeutige zu hören. »Ich glaube nicht, dass-«, begann ihre Sportlehrerin, doch Asuna unterbrach sie mit einem eindringlichen »Bitte«. Dabei huschte ihr Blick kurz zu Tōru, dem sie nicht in die Augen sehen konnte. »Okay, gut. Die anderen spielen weiter. Die Stunde dauert ohnehin nicht mehr lange. Und ihr verschwindet wieder. Wo ist eigentlich euer Lehrer, hm?« Asuna wartete gar nicht ab, dass jemand etwas dazu sagte, sondern drehte um und verschwand aus der Halle. Sie konnte nicht verbergen, dass ihre Laune seit geraumer Zeit im Keller war. So sehr, dass sie am liebsten ihre Sachen packen und nachhause gehen würde. Wenn sie ehrlich war, dann verletzte es sie, dass er es nicht für nötig gehalten hatte, ihr seine Pläne mitzuteilen. Die Ausrede, dass sie nicht zusammen waren, galt dabei nicht. Zumindest hatte sie geglaubt, dass sie sich so nahestanden, dass er sie an solch wichtigen Entscheidungen teilhaben lassen würde. Wieso? Wieso hatte sie überhaupt gelauscht? Hätte sie es nicht getan, hätte sie zumindest noch länger mit dem Glauben leben können, dass zwei verschiedene Städte ihr größtes Problem werden könnten. Aber...Argentinien? Sie hasste sich für diesen egoistischen Gedanken, aber sie wollte, dass er dieses Angebot, was auch immer das genau sein sollte, ablehnte. Jedoch stoppte sie sich sofort von dem Gedanken. So wollte sie nicht sein. So wollte sie nicht denken. Es war aber auch frustrierend, dass ihnen anscheinend nur ein halbes Jahr blieb. Gerade jetzt, wo sie ihm näher gekommen war. Sie zerbrach sich darüber noch den Kopf, als sie bei der Schulärztin auftauchte. Diese war zu Beginn erschrocken aufgrund des vielen Blutes auf ihrem Shirt und dem Handtuch. Asuna bekam von ihr ein Kühlpad und sollte hier für zehn Minuten warten. Sicher war sicher. Gebrochen war aber zum Glück nichts. So verweilte sie, bis Jana mit ihrer Uniform und dem restlichen Zeug kam. Als sie wieder auf den Weg zu den Klassenräumen waren und sie das Kühlpad nach wie vor auf ihre Nase hielt, sah Asuna beinahe aus wie zuvor. Länger konnte sie es auch nicht mehr zurückhalten. »Wusstest du von Argentinien?«, fragte sie geradeaus, als sie nur mit wenigen anderen Schülern am Gang waren. Jana runzelte die Stirn. »Argentinien? Wie das Land in Südamerika? Was soll ich davon wissen?« In dem Moment, als sie die Worte aussprach, wusste sie, dass ihre beste Freundin wirklich keine Ahnung hatte. Jana war die schlechteste Lügnerin auf diesem Planeten. Zumindest in diesem Punkt konnte sie erleichtert aufatmen. Und mit dieser Erleichterung kam die Verzweiflung wieder. »Tōru...«, begann sie und starrte vehement auf den Boden, »Tōru geht nach Argentinien. In einem halben Jahr.« Sie schluckte den dicken Kloß hinunter, denn es auszusprechen, verstärkte den Drang, den nächstbesten Gegenstand frustriert gegen die Wand zu werfen. Sie blieb stehen und ihre entgleisten Gesichtszüge sprachen Bände. »Er tut was?«, entkam es ihr entsetzt. »Warte...In einem halben Jahr? Wie lange? Und wieso?« »Keine Ahnung. Iwa und er haben irgendetwas von zwei Jahren geredet und dass er schnell zusagen musste.« Und wieder war der Schmerz ihrer Nase nicht der einzige. »¡cónchole!«, murmelte Jana offensichtlich. »Das wusste ich wirklich nicht. Wow...sprichst du ihn darauf an?« »Ich will nicht, aber ich muss. Wenn ich es nicht tue, bin ich mir nicht sicher, ob ich ein normales Wort mit ihm wechseln kann.« Sie hatte ja bereits in der Sporthalle gemerkt, wie schwer es ihr gefallen war, ihn überhaupt anzusehen. Ständig erschien das Gespräch in ihren Gedanken und die Uhr, die markant in ihren Ohren tickte. Zeit. Zeit war gerade wirklich ihr größter Feind. ♛♔ Asuna verließ nach ihren zusätzlichen Schulaktivitäten das Gebäude und sah nach oben. Dicke Gewitterwolken zierten den Himmel und ließen keinen einzelnen Sonnenstrahl hindurch. »Verdammt", murmelte sie, als es blitzte und kurz darauf der Nachhall ertönte. Sie setzte einen Fuß auf den gepflasterten Weg, während der erste Tropfen auf dem Boden aufkam. Letztes Jahr hatten sie um diese Zeit bereits Schnee, heute spielten die Temperaturen nicht mit. Dennoch spürte sie Kälte bis zu ihren Knochen. Der Spätherbst war furchtbar. Sie fluchte abermals, als die Tropfen sich vervielfachten und es binnen kürzester Zeit merklich zu Regnen begann. Hastig zog sie den Blazer über ihren Kopf und beschleunigte ihre Schritte. Sie kräuselte die Nase und bereute es sofort. Es schmerzte nicht mehr so sehr, außer sie ärgerte sich wie gerade jetzt. »Asuna«, rief plötzlich jemand ihren Namen über den gesamten Platz und anstatt stehen zu bleiben, ging sie stur weiter. Erfolgreich war sie Tōru den ganzen Tag aus dem Weg gegangen. Es war wirklich nicht einfach gewesen. Nicht, weil ihre Klassenräume so nahe nebeneinanderlagen, sondern weil alles in ihr nach seiner Nähe verlangte. Vor wenigen Stunden war alles so...schön gewesen. Und jetzt konnte sie nicht aufhören, über Argentinien nachzudenken. »Könntest du bitte stehenbleiben?« Die anfängliche Gelassenheit war völlig aus der Stimme verschwunden. Nun dominierte die Frustration, worauf Asuna aber nicht hörte, sondern auf den nassen Pflastersteinen ihren Weg fortsetzte. Zumindest bis sie aufgehalten wurde. Tōru hatte nach ihrem Handgelenk gegriffen, noch bevor sie das Gelände verlassen hatte. Mit leichter Gewalt hielt er sie davon ab, vor ihm zu wegzurennen. Sie sah von seiner Hand zu seinem Gesicht. Seine Haare klebten ihm mittlerweile feucht auf der Stirn, die vor Unverständnis und auch vor Ärger gerunzelt war. »Kannst du mir bitte sagen, wieso du mich seit Stunden meidest?« Asuna ließ ihre Arme sinken, während der Regen auch ihre Haare benetzte. Sie wollte nicht mit ihm darüber reden. So eigensinnig und feig es auch sein mochte. Dennoch war es jetzt zu spät, weiterhin davonzurennen. Sie holte tief Luft, spürte ihr Herz, welches nervös und unangenehm in ihrer Brust schlug. »Argentinien«, sagte sie nur und konnte sich bei dem Lärm der Natur kaum selbst hören. Das Wort löste in ihr eine Wut aus, die sie nicht beschreiben konnte. Obwohl sie noch nie in dem Land am anderen Ende der Welt gewesen war, hasste sie es. Mit dem altbekannten Kloß in ihrem Hals sah sie ihm in die Augen, weil sie seine Reaktion nicht missen wollte. Tōrus Kiefer spannte sich merklich an. Er hatte anscheinend überhaupt nicht damit gerechnet. »Woher...« »Ich habe euch gehört. Iwa und dich.« Tōru wandte den Blick ab und schien im Konflikt mit sich selbst zu sein. Asuna konnte kaum ihre Enttäuschung zurückhalten, als sie stockend fragte: »Hattest du überhaupt vor, mir davon zu erzählen, oder...?« »Natürlich«, antwortete er sofort, »Ich wusste nur nicht...« Er stoppt und legte seinen Kopf in den Nacken, als müsste er ihr Wissen über seine Pläne verarbeiten. »Du wusstest nicht, wie du es mir sagen solltest?«, half sie ihm auf die Sprünge und der Spott klang bitter in ihren eigenen Ohren. Es war einer dieser klassischen Sätze, die jeder irgendwann schon mal gehört hatte. »Egal wie. Ich wünschte nur, du hättest es getan. Es sei denn...es sei denn, es war dir nicht wichtig.« Vorwürfe und Bedenken, die sie nicht haben wollte, aber gegen die sie nichts tun konnte. Vielleicht traf sie damit voreilige Schlüsse, aber gerade gab es für sie keine logische Erklärung dafür, dass er seine Zukunftspläne so lange für sich behalten hatte. »Das stimmt nicht«, kam es ohne zu zögern und sein Ausdruck wurde sanfter. »Es ist mir nach wie vor wichtig. Du bist mir wichtig.« Asuna schluckte bei den Worten und konnte den Blickkontakt nicht halten. Nach einem kurzen schweigsamen Moment brachte sie ein leises »Bist du sicher? Gerade jetzt tue ich mir schwer damit, das zu glauben« zustande. Tōru antwortete nicht sofort, sondern musterte sie eingehend. Eingehend und ungläubig. »Du zweifelst daran? Ernsthaft?« Obwohl er bis jetzt beherrscht geklungen hatte, war die aufkeimende Wut nicht zu überhören. »Was soll ich denn tun? Was erwartest du von mir, Asuna? Soll ich etwa nicht nach Argentinien gehen?« Er...was? Völlig aus der Bahn geworfen, blinzelte sie die Regentropfen weg. Seine Annahme machte sie nicht minder wütend. »Du..glaubst wirklich, dass ich dir deine Zukunftspläne ausreden würde? Für wen hältst du mich, Tōru?« Fassungslos, dass er sowas nur ansatzweise dachte, ballte sie ihre Hände zu Fäusten. Das Gespräch verlief nicht so, wie gehofft. Aber wann hatte es je gut geendet, mit Wut und Frustration im Bauch ein klärendes Gespräch zu führen? Außerdem war es nie ihre Absicht gewesen, seine Entscheidung schlecht zu reden. Auch wenn sie diese Entscheidung tatsächlich richtig scheiße fand. Dennoch musste sie das hier so schnell wie möglich beenden, bevor ihre hauchdünnen Nerven endgültig rissen und sie vor ihrer Schule einen Heulkrampf erlitt. Immerhin war ihr Herz kurz davor, von den Strapazen der letzten Stunden zu zerbersten. Und Tōrus Blick, der so eindringlich, wütend und verzweifelt zugleich wirkte, machte die ganze Situation tausendmal schlimmer. Obwohl es ihr unheimlich schwerfiel, erwiderte sie mit einer überraschend brüchigen Stimme: »Weißt du was? Am besten wir beenden das hier, denn ich kann gerade nicht darüber reden. Nicht wenn ich weiß, dass in einem halben Jahr...18.000 Kilometer zwischen uns liegen werden.« Verfluchte 18.000 Kilometer. Keine zwei Länder lagen dazwischen. Sondern die halbe Welt. Gerade jetzt, in diesem Augenblick, wäre ihr dieser Abstand nur recht. Deshalb wartete sie nicht auf seine Antwort. Sie sah nicht zurück und er hielt sie auch nicht auf. Auch wenn sie ihm noch so viel mehr sagen wollte, war es für heute genug. Ihre Worte und sich ihre Energie waren aufgebraucht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)