Hate That I Love You von SocialDistortion ([OikawaxOC]) ================================================================================ Kapitel 7: my personal drama ---------------------------- ● • . »Katzen oder Hunde?« »Katzen. Eindeutig. Hunde sind auch niedlich, aber Katzen sind unschlagbar«, gab Asuna dem Jungen neben ihr eine überzeugte Antwort und musste nicht einmal lange darüber nachdenken. Seit sie denken konnte, war sie ein Katzenfreund. Riku nickte und überlegte. »Okonomiyaki oder Sashimi?« »Ramen!« Asuna grinste und er lachte. Seit sie aus dem Kino gekommen waren, stellte er ihr banale oder-Fragen. Es war lustig und so erfuhr er Dinge über sie, die vermutlich in einem Gespräch nie vorgekommen wären. »Kannst du glauben, dass das bereits unser zweites Date ist?«, kam es plötzlich von ihm und erinnerte Asuna daran, dass sie sich, trotz anfänglicher Zweifel, mit ihm getroffen hatte. Noch bereute sie die Entscheidung nicht. Riku schob weder unangebrachte Sprüche noch machte er Anstalten, sofort mit ihr ins Bett zu wollen. Außerdem waren sie bereits länger befreundet, was die Gespräche lockerer und die Treffen angenehmer machte. Zudem gefiel es ihr, die Sache langsamer anzugehen. Es fühlte sich leicht und ungezwungen an. Der größte Vorteil an der Zeit, die sie mit Riku verbrachte, war, dass sie so gut wie nicht an ihre Eltern dachte. Vielleicht hatte Jana recht gehabt und er würde ihr gut tun. »Drei schon? Und ich hob noch immer nicht genug von dir. Wow.« Sie schmunzelte und fing an zu lachen, als er sie spielerisch schubste. »Du bist ganz schön unverschämt, weißt du das?« »Unverschämt ist mein zweiter Vorname«, feixte sie und hielt an, weil sie vor ihrem Wohnhaus angekommen waren. Riku vergrub seine Hände in den Hosentaschen und lächelte. Dabei fiel ihr auf, wie gut er aussah. Die dunklen Haare waren chaotisch und stylisch zur selben Zeit. Seine Lippen wirkten so einladend, dass sie sich tatsächlich fragte, ob sie sich so gut anfühlten wie sie aussahen. Neben den offensichtlichen Eigenschaften, war da auch noch sein Charakter, der fast schon zu perfekt war. Umso verwundeter war sie, wieso dieses Kribbel ausblieb, wenn er sie aus Versehen berührte und wieso ihr Herz gleichmäßig weiter schlug, wenn er ihr dieses strahlende Lächeln schenkte. »Die Bauweise dieses Wohnhauses ist echt beeindruckend. Ich frage mich, ob die einzelnen Apartments auch im selben Stil gebaut wurden«, sagte Riku und riss Asuna so aus ihren Gedanken. Da er später Architektur studieren wollte und das Gebäude relativ neu und modern war, konnte sie verstehen, weshalb er so fasziniert davon war. Allerdings musste sie sich zusammenreißen, um nicht skeptisch die Augenbrauen nach oben zu ziehen. Sie konnte es nicht mit Sicherheit sagen, aber irgendwie klang es so, als würde er unbedingt eine Wohnung von innen sehen wollen. Und mit eine Wohnung meinte sie ihre. Jedoch war Riku niemand, der bereits beim zweiten Date so sehr in die Offensive gehen würde. Deshalb ging sie auch nicht direkt darauf ein. »Ja, das Gebäude gefällt mir auch ziemlich gut. Ich bin froh, hier zu wohnen.« Sie lächelte und hoffte, dass er nicht weiter darauf eingehen würde. »Kann ich mir gut vorstellen. Bei Gelegenheit musst du mir mal eine Führung geben.« Neugierig sah er nach oben. Er wusste, dass ihre Wohnung im letzten Stock lag. »Bei Gelegenheit werde ich das tun.« Asuna folgte seinem Blick. Es war überraschend leicht, die Sache mit Riku langsam anzugehen. Obwohl er wirklich gut aussah und sie definitiv Möglichkeiten gehabt hatte, den ersten Schritt zu machen, verhielt sie sich für ihre Verhältnisse sehr reserviert. Es würde sich ohnehin nicht richtig anfühlen. Stattdessen hielt sie Riku weiterhin auf Abstand. »Weißt du? Ich finde es faszinierend, dass du so bodenständig bist, obwohl ihr ziemlich viel Geld habt.« Er wandte sich zu ihr und lächelte. Seine Hände vergrub er in seinen Hosentaschen. Asuna zuckte bei dieser Frage mit den Schultern. Sie war froh, dass er ein anderes Thema einschlug. »Mit Geld kann man sich zwar schöne Dinge kaufen, aber mehr auch nicht. Ich bin natürlich dankbar dafür, aber es bedeutet mir nicht so viel. Ich würde auch in einer Wohnung leben, die nicht so...groß ist.« Riku erwiderte darauf nichts, sondern sah sie einfach nur an. Sein Blick verriet nicht viel über seine möglichen Gedanken, weshalb sie neugierig meinte: »Wieso siehst du mich so an?« Hatte sie etwas Merkwürdiges gesagt? »Ich...finde dich nur atemberaubend schön. Das ist alles«, gab er ehrlich zu und sorgte mit diesen Worten und dem ersten Gesichtsausdruck dafür, dass Asuna kurz der Atem stockte. Sie fühlte, wie ihre Wangen langsam aber sicher heiß wurden. »Danke.« Sie biss sich auf die Lippen, da das Kompliment doch etwas überraschend gekommen war. Es war nicht so, dass sie nette Worte über ihr Aussehen nicht gewohnt war und eigentlich hatte Riku ihr gerade vorhin sogar ein Komplement über ihren Charakter gemacht, aber es kam selten vor, dass es ihr jemand so direkt ins Gesicht gesagt hatte. »Seit wann bist du so verlegen?«, fragte er grinsend und war offensichtlich belustigt über ihre Verlegenheit. Doch er schien nicht »Dieses direkte Kompliment ist nur ungewohnt. Das ist alles.« Sie mied seinen Blick, indem sie auf den Boden starrte. Asuna fand die Situation merkwürdig, denn obwohl sie sich körperlich von Riku angezogen fühlte, hinderte sie etwas daran, ihn zu sich zu ziehen und einfach zu küssen. »Absolut unverständlich.« Er machte einen Schritt nach vorne, zog seine Hand aus der Hosentasche und strich ihr eine Haarsträhne nach hinten. Asuna hatte Mühe, nicht aufzuseufzen. Sie befand sich gerade in einer Zwickmühle, denn sie hatte die Befürchtung, dass Riku sie küssen wollte. Die Frage war aber: Wollte sie ihn küssen? »Charmant wie immer«, fing sie schmunzelnd an und griff nach seinem Handgelenk, um seinen Arm nach unten zu schieben. »Trotzdem denke ich, dass ich jetzt gehen sollte.« Das Schmunzeln wurde zu einem entschuldigenden Lächeln. Sobald sie die Worte ausgesprochen hatte, war ihm die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben. Das folgende Lächeln hatte einen bitteren Beigeschmack. »Schon okay. Es ist ja erst unser zweites Date.« Asuna ließ sein Handgelenk los und ließ sich nicht anmerken, dass seine Aussage Unmut in ihr ausgelöst hatte. War das gerade Sarkasmus in seiner Stimme gewesen oder hatte sie sich getäuscht? Sie war sich nicht völlig sicher und erwiderte: »Tut mir leid. Ich möchte einfach nichts überstürzen.« Die Entschuldigung war etwas schwach, aber immerhin ehrlich. Dabei war es egal, ob Riku dies anders sah. Immerhin war das ihre Meinung und zu einem Kuss gehörten zwei Personen. »Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Ich verstehe das.« Prompt lockerte sie ihre angespannte Haltung, die sie unbewusst eingenommen hatte. Zum Glück verstand er sie und anscheinend hatte sie sich den Sarkasmus auch nur eingebildet. »Danke«, erwiderte sie mit einem Lächeln. Asuna stellte sie sich auf Zehenspitzen, um ihm einen Kuss auf die Wange zu geben. Diese Geste fühlte sich für sie richtig an. »Wir sehen uns am Montag in der Schule. Gute Nacht und danke für den schönen Abend.« Mit diesen Worten entfernte sie sich von ihm und verschwand in das Wohnhaus. Zurück in dem großen Apartment verschwand Asuna keinen weiteren Gedanken an Rikus Worte oder auch Verhalten. Sie war zufrieden, wie es gelaufen war. Jedoch stellte sie sich wieder die Frage, weshalb diese aufregenden Gefühle bei Riku zur Gänze ausblieben. Wieso? ♛♚ Die Sonne strahlte am wolkenlosen Himmel, als die Mädchen der dritten Klasse den Sportunterricht ins Freien verlegt hatten. Genauer gesagt auf den Sportplatz hinter der Schule. Die Begeisterung hielt sich bei den Mädchen der dritten Klasse in Grenzen. Nicht aufgrund des Wetters, sondern aufgrund der Dehnübungen, die am straffen Programm von Frau Katō standen. Auch Jana und Asuna führten die Übungen mit minimaler Begeisterung aus, wobei erstere ihre dritte Pause innerhalb zehn Minuten einlegte. Immerhin gab es gerade Interessanteres als bescheuerte Dehnübungen. Bei Interessanteres handelte es sich um das Date von Kurasaki Asuna. »Ihr habt nicht miteinander geschlafen? Uncool.« Asuna verdrehte ihre Augen über das Kommentar ihrer besten Freundin, nachdem sie von gestern Abend erzählt hatte. »Was heißt hier uncool?«, murmelte sie und beugte sich mit ihrem Oberkörper nach vorne, um mit nach ihren Zehenspitzen zu greifen. »Außerdem soll er nicht glauben, ich wäre einfach zu haben.« »Also abgesehen davon, dass ich dieses Argument bescheuert finde, glaube ich nicht, dass das der einzige Grund ist.« Sie grinste besserwisserisch, während sie sich mit den Armen abstützte. »Das ist nicht bescheuert. Ich will die Sache eben langsam angehen.« Sie zuckte mit den Schultern und verzog das Gesicht bei der unangenehmen Position. »Einen anderen Grund gibt es nicht.« »Aber mit Oikawa bist du es doch auch nicht langsam angegangen«, warf sie ein und fing schnell an, sich zu dehnen, als ihre Sportlehrerin besonders langsam bei ihnen vorbeiging. »Und genau deshalb tu ich das jetzt. Wir wissen nämlich beide, wie das ganze geendet hat.« Nur ungern erinnerte sie sich an das Gespräch in der Umkleidekabine des Volleyballteams. Sie wollte nicht, dass es wieder zu so etwas kam. Sie wollte nicht wieder von ihren eigenen Gefühlen verwirrt werden. Jana runzelte bei den Worten die Stirn. »Ja, aus diesem Grund verstehe ich dich nicht. Wieso bist du auf Abstand gegangen, wenn du es tief in deinem Inneren eigentlich nicht wolltest?« Asuna seufzte, erhob und streckte sich. »Lass uns nicht davon reden. Das ist nämlich bereits Wochen her.« Wobei es ihr vorkam, als wäre es gestern gewesen. Allerdings hatte sie diese Sache dick und fett abgehakt. Auch wenn es für Jana nicht den Anschein machte. Sie ließ ihren Blick über das Gelände schweifen. Da das Wetter traumhaft war, trieben sich viele Schüler herum. Allen voran natürlich die dritten Klassen, da Sport am Plan stand. Riku spielte zum Beispiel mit dem Rest Fußball, während jene aus dem Volleyballteam Konditionstraining machen durften. Vor allem das Volleyballteam hatte an dieser Schule einen Sonderstatus. Man konnte es ihnen aber nicht verübeln, immerhin erhielt die Schule dadurch einen gewissen Ruhm. Jana blieb am Boden sitzen. Für sie war das Thema noch nicht ganz beendet. Oder das Thema, welches mit dem eigentlich Thema im Zusammenhang stand. »Also Wochen, in denen du keinen Sex mehr hattest«, raunte sie scheinheilig. Statt zu antworten, wandte sich die Blondhaarige an die strenge Sportlehrerin, die gerade Yuki zurechtwies. »Katō-sensei? Jana lenkt mich vom Aufwärmen ab und macht dabei selbst keine Übungen.« Ihre Stimme klang dabei zuckersüß und passte so gar nicht zu der Klassensprecherin. Prompt war die Sportlehrerin bei ihnen und keifte Jana an, die perplex und auch ein wenig ertappt immer kleiner wurde. Asuna grinste höhnisch und genoss die penetrante Stimme der älteren Frau, die über den Sportplatz hallte. Das hatte ihre beste Freundin davon, wenn sie solche Aussagen schob. Als ihre Lehrerin kurz unaufmerksam wurde, zischte Jana ein »Miststück«. Grinsend formte die 18-Jährige mit ihren Lippen: »Ich liebe dich auch.« Jana erwiderte das Grinsen und erhob sich ebenfalls, da sie noch ein paar Runden auf der Bahn laufen sollten. »Das war erst der Anfang. Solltest du nochmal ein Wort über mein Sexleben verlieren, wirst du es mehr als nur bereuen«, warnte Asuna, jedoch mit einem Schmunzeln. Sie bemerkte natürlich, wie sich ihre beste Freundin zusammenreißen musste, um nicht sofort die Warnung zu missachten. Dafür kannte sie die Dunkelhaarige einfach zu gut. »Okay, okay«, ruderte sie zurück und begann auf der Bahn zu joggen. Weil beide nicht die besten Läuferinnen waren, entschieden sie sich, das Gespräch nicht fortzusetzen. Asuna fiel es hingegen mittlerweile leichter, die Runden zu absolvieren. In der letzten Zeit war sie mehrmals laufen gewesen. Es half ihr, den Kopf freizubekommen. Und da sie mittlerweile nach zwei Kilometer nicht bereits völlig außer Puste war, machte es sogar Spaß. Innerhalb ihrer Klasse war die Leistung völlig unterschiedlich. Vor allem jene, die im Leichtathletikclub waren, hatten natürlich kein Problem damit. So auch Lu, die mit ihrer Statur gar nicht wie eine Läuferin wirkte, aber die Gruppe anführte. Oder auch Yuki, die mit ihren langen Beinen und ihrer Kondition, die sie dank des Basketballclubs hatte, mithalten konnte. Apropos Yuki. Die hatte Oikawa wohl aufgegeben und interessierte sich laut eigenen Aussagen nur noch für Studenten der Universität. Damit prahlte sie seit geraumer Zeit in der Schule, aber Asuna konnte diese Tatsache nicht gleichgültiger sein. Sie war nur froh, dass das Gerücht von damals langsam in Vergessenheit geriet. Als sie die verpflichtenden fünf Runden beendet hatten, lief Asuna locker zu den Trinkflaschen, die sie einfach am Rand des Rasens hingeschmissen hatten. Aufgrund der Hitze war ihr das aber zu wenig, weshalb sie zum nahegelegenen Trinkbrunnen ging. Zusätzlich spritzte sie sich das kühle Wasser ins Gesicht. »Nach ein paar Runden bereits so außer Puste, Kurasaki-san?«, ertönte eine belustigte Stimme hinter ihr. Der Spott war klar und deutlich in jedem Wort zu hören. »Musst du nicht Volleyball spielen oder so?« Asuna drehte sich um und lehnte sich gegen das Gebilde aus Stein. Ihre Finger nestelten am Verschluss der Flasche herum. Oikawa stand ebenfalls in Sportsachen vor ihr. In den Shorts und dem türkisfarbenen T-Shirt konnte man klar erkennen, wie durchtrainiert er war. »Nah. Wir nutzen den Sportunterricht meistens für Kraft- und Konditionstraining. Ich bin etwas enttäuscht, dass dir das noch nie aufgefallen ist.« Er grinste und strich sich die Haare aus dem Gesicht. »Ernsthaft?«, meinte sie nur unbeeindruckt mit gehobenen Augenbrauen. Sie stieß sich vom Trinkbrunnen ab. Ohne weiter darauf einzugehen, ging sie bei ihm vorbei. Es nervte sie, dass er stets solche bescheuerten Aussagen machen musste. Sie hatte stets das Gefühl, als würde er mit ihr flirten. Vielleicht war es aber auch nicht nur ein Gefühl. Bei Oikawa Tōru konnte man immerhin nie wissen. Ob sich Hina dessen bewusst war? »Das war doch nur Spaß, Kura-chan.« Er verwendete wieder diese bescheuerte Anrede, die sie nicht mal bei Jana gerne hörte. Mit wenigen Schritten schloss er zu ihr auf. Allerdings war das Grinsen aus seinem Gesicht verschwunden. »Okay, wenn du gerade keine Lust auf ein wenig Spaß hast, dann frage ich dich, wie es dir geht. Immerhin bist du letztes Mal nicht dazu gekommen, mir auf diese Frage zu antworten.« Asuna blieb nicht stehen. »Letztes Mal hatte ich einfach einen schlechten Tag. Das ist alles.« Der Tag war eigentlich gut gewesen. Wieso musste Oikawa sie an den Abend im Restaurant erinnern? »Und das soll ich dir jetzt einfach glauben?«, erwiderte er und dieses Mal hatte er die Augenbrauen unbeeindruckt gehoben. »Was genau willst du von mir, Oikawa?« Asuna war nun doch stehen geblieben und hatte sich mit verschränkten Armen zu dem Braunhaarigen gedreht. »Willst du, dass ich dir mein Herz ausschütte und dir von meinen persönlichen Problemen erzähle? Wir sind zwar so etwas wie Freunde, aber so gute nun auch wieder nicht.« Ihre Stimme klang ruhig, aber unter ihrer Haut fühlte sie die Wut aufkeimen. Sie wusste nicht, wieso sie gerade so empfindlich auf eine einfache Frage reagierte. Sie konnte es sich nicht erklären. Vielleicht lag es einfach an allem, was in letzter Zeit passiert war. Selbst dem Physiktest, bei dem sie nicht so gut abgeschnitten hatte wie sonst, zählte sie dazu. Oikawa schien nicht beeindruckt von ihren Worten zu sein. Im Gegenteil. Er hatte seine ernste Miene beibehalten. »Ich will, dass du mir sagst, wie es dir geht. Nicht mehr und nicht weniger. Ich frage nicht nach dem Grund, denn das geht mich nichts an. Wie du nämlich sagtest: So gute Freunde sind wir nicht.« Asuna hielt seinem Blick stand, auch wenn es keine leichte Aufgabe war. Schon immer hatte sie so empfunden. Sie fühlte sich dabei so...schwach. Plötzlich erregte jedoch etwas anderes als seine braunen Iriden ihre Aufmerksamkeit. Jemand rief ihren Namen und als sie ihren Kopf nach links drehte, sah sie einen runden Ball, der geradewegs auf sie zukam. Mit ihren langsamen Reflexen hätte sie ihn nicht mal annähernd aufhalten können. Oikawa hingegen war Profi darin, auf solche plötzlichen Bälle zu reagieren. Kurzerhand hob er seine Arme und fing den Ball, der eigentlich ziemlich rasant auf sie zugeflogen war, mühelos ab. Asuna hätte seine Reaktion vermutlich als absolut cool empfunden, wenn sie nicht damit beschäftigt wäre, ihren Puls zu beruhigen. Ob er aufgrund des Balles oder aufgrund Oikawas Worte so schnell schlug, konnte sie nicht sagen. »Sorry, Leute. Anscheinend muss ich das Passen noch ein wenig üben.« Riku kam mit einem entschuldigenden Lächeln auf die beiden zu gelaufen. »Ein wenig?« Oikawa hob spöttisch seine Augenbrauen und klang alles andere als nett. »Bist du sicher, dass du den Posten als Captain nicht abgeben solltest? Ich meine, bei solchen Schüssen...« Er ließ den Satz offen und schmiss den Ball so fest zurück, sodass er trotz Rikus Reflexe hart gegen dessen Oberkörper prallte. »Ist es mein Team oder deines, welches ständig gegen Shiratorizawa verliert? Also hör auf, so große Töne zu spucken, Oikawa.« Das anfängliche Grinsen war zur Gänze verschwunden. Sichtlich verärgert über die offensichtliche Arroganz, mit der er konfrontiert wurde, konterte er mindestens genauso provokant. Die Abneigung der beiden schien beinahe greifbar. Asuna schwieg. Stattdessen sah sie wieder zu Oikawa. Selbst sie wusste, wie empfindlich er auf das Thema Shiratorizawa reagieren konnte. Dass ausgerechnet Riku dies ansprach, war natürlich noch unangenehmer. Doch Oikawa Tōru wäre nicht Oikawa Tōru, wenn er nicht Konter geben konnte. »Liegt ziemlich sicher daran, dass deren Fußballclub absolut scheiße ist.« Er grinste und ließ sich nicht weiter davon beirren, wobei seine angespannte Haltung etwas völlig anderes verriet. Zumindest wenn man genau hinsah. Asuna schwieg weiterhin. Sie hätte ohnehin keine Ahnung gehabt, was sie dazu sagen sollte. Deshalb blieb sie eher im Hintergrund. Wenn sie darüber nachdachte, waren sich die beiden gar nicht so unähnlich waren. Beliebt, intelligent, gutaussehend und Kapitän eines Sportclubs der Seijoh. Riku lachte leise und verächtlich. Er machte einen Schritt auf den Setter zu und stoppte eine Armlänge vor ihm. »Weißt du? Du tust immer so, als wärst du der absolut größte auf dieser Welt. Als müsstest du nur einmal mit den Fingern schnipsen und schon macht jeder das, was du willst. Absoluter Schwachsinn.« Er warf einen kurzen Blick zu Asuna, die nach wie vor irritiert die Auseinandersetzung verfolgte. Überzeugt begann Riku allerdings zu schmunzeln und fügte noch etwas hinzu, dass aber nur Oikawa verstehen konnte. Dieser ballte seine Hände zu Fäusten und schwieg dazu, während der Schwarzhaarige bei ihm vorbeiging und ihn dabei unsanft anrempelte. Er kam auf sie zu und ließ auf dem Weg zu ihr den Ball achtlos fallen. »Riku, was-«, fing sie perplex an, verstummte aber, als er ihren Kopf in beide Hände nahm und sie küsste. Bestimmend und besitzergreifend. Absolut untypisch für ihn, doch sie war unfähig, sich nur einen Millimeter zu bewegen. Sie war so überrumpelt und überfordert, dass sie ihn nicht mal von sich stoßen konnte. Verkrampft stand sie da, als wäre sie irgendein Stativ. Sie ließ es einfach geschehen und erst als er sich wieder von ihr löste und sie neugierig musterte, realisierte sie, was er gerade getan hatte. »Wieso hast du das getan?«, murmelte sie konfus und machte einen Schritt nach hinten, um Abstand zwischen ihnen zu bringen. Er grinste und zuckte mit den Schultern. Vergessen war anscheinend der Ärger über Oikawa und ohne sich annähernd schuldig zu fühlen, antwortete er: »Naja, ich mag dich. Und wenn man jemanden mag, soll man demjenigen das zeigen, oder nicht?« »Ich...Ich denke schon«, gab sie noch immer verwirrt zurück. Sie sollte eigentlich wütend sein, weil er sie mitten auf dem Sportplatz geküsst hatte und nun wieder die gesamte Schule darüber sprechen würde. Dabei waren sie nicht mal zusammen. Sie sollte wütend sein, weil er es ohne ihre Zustimmung getan hatte. »Gut, dann sehen wir uns bei unserem nächsten Date würde ich sagen.« Selbstbewusst schenkte er ihr noch ein Lächeln, ehe er sich umdrehte und wieder zurück zu seinen Mitschülern lief. Diese konnten auch nicht ganz glauben, was er gerade getan hatte. Asuna ließ ihre Schultern sinken, die sie vor Anspannung hochgezogen hatte. Sprachlos bemerkte sie, dass Oikawa auch nicht mehr hier, sondern bereits auf den Weg zu Iwa und den anderen war. Was zur Hölle war hier gerade passiert? Nach wie vor überfordert mit den Geschehnissen ging sie zu Jana und auch Lu, die sie mit offenen Mündern empfingen. »Was war das?« Lu und irgendwie auch alle anderen starrten sie ungläubig an. Asuna schmiss die Flasche, die sie die ganze Zeit verkrampft in ihrer Hand gehalten hatte, wieder auf den Boden. »Keine Ahnung. Ein Kuss schätze ich«, antwortete sie wenig begeistert. Konnte man es ihr verübeln? »Ein Kuss? Das war eine verdammte Liebeserklärung.« Jana holte aufregend Luft. »Und hast du Oikawa gesehen? Verdammt! Ich glaube, er hätte Riku am liebsten umgebracht.« Beim Wort Liebeserklärung wurde ihr schlecht. War es das gewesen? Eine Liebeserklärung vor all den Leuten? »Wann ist mein Leben zu einem bescheuerten Drama geworden?«, stellte sie sich selbst die Frage. Bis vor ein paar Monaten war eigentlich alles normal gewesen. Wann hatte es eine solche Wendung genommen? »Da wird man ja glatt neidisch. Asuna ist wie die Protagonistin eines Animes.« Lu seufzte verträumt. Sie kannte immerhin nur die Hälfte von Asunas Leben. »Eines verdammt schlechten Animes«, fügte Asuna seufzend hinzu. Ihre Stimmung war am Tiefpunkt angelangt. »Hoffentlich mit einem Happy End für-«, fing Jana an, wurde allerdings von einer lauten und herrischen Stimme unterbrochen. »Hatake! Kurasaki! Aufhören zu reden und herkommen!« Bei deren Namen zuckten sie zusammen und kamen der Aufforderung sofort nach. »Sensei Katō kann ganz schön unheimlich sein«, murmelte Jana ehrfürchtig, doch Asuna brachte nicht mehr heraus als ein Nicken. Dass ihr persönliches Drama noch eine Fortsetzung hatte, konnte sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)