SHaRKY SCaM von King_of_Sharks (SouRin) ================================================================================ Kapitel 33: Es ist nie genug ---------------------------- Am folgenden Tag ging es Sousuke schon erheblich besser, wenn er auch nicht wieder vollkommen fit auf den Beinen war. Nach dieser ‚Behandlung‘ war das auch kein Wunder und auch wenn Rin nicht wusste, was genau ihm angetan worden war – das wusste dieser nicht einmal selbst – ließ die Amnesie durch Medikamente ausgelöst darauf schließen, dass es nichts Gutes sein konnte. Des Weiteren fiel auch auf, wie oft sich der Dunkelhaarige in den letzten Tagen die Hände waschen ging. Seit Rin ihn kannte, war sein Freund ein sehr sauberer und ordentlicher Mensch gewesen, doch seit diesem einen Abend, als er sich an etwas erinnern zu haben schien, ging es doch ins Extreme über. Inzwischen war Sonntag und der Größere rannte mindestens ein Mal in der Stunde ins Bad. Außerdem schreckte er so wie am Anfang von Rins Aufenthalt sogar bei dessen Berührungen und Annäherungsversuchen zurück, weswegen der Kleinere beschloss, ihn erstmal in Ruhe zu lassen, auch wenn es ihm schwer fiel. Am schlimmsten war es, dass sie nicht mehr nachts in einem Bett schliefen, weshalb der Rothaarige kaum ein Auge zudrückte. Ihn erinnerte diese Situation viel zu sehr an seine ersten Wochen an diesem Ort, als er Sousuke noch nicht so nahe gestanden hatte, sie Fremde gewesen waren. Aber er wusste auch, dass dieser nichts dafür konnte und was immer ihn plagte, eine Ursache hatte, gegen die er nichts unternehmen konnte. Wenn es wegen seiner Mutter war, lag es in der Vergangenheit und war unabänderlich. Wenn es am Umgang der Ärzte mit seinem Großen lag, war er machtlos, da er sich alleine unmöglich gegen eine ganze Organisation wenden konnte. Es war zum Verzweifeln. Rin lenkte sich am Wochenende mit einem etwas härteren Training ab, bei dem sein Freund nur mäßig mitmachte, was sonst gar nicht seien Art war. Sousuke verbrachte die meiste Zeit mit lesen, duschen und Händewaschen. Des Weiteren hatte er das eigentlich ordentliche Zimmer aufgeräumt und seine Bücher neu sortiert. In den Augen des Hais vollkommen unnötige Handlungen, doch irgendeinen Zweck würden diese neuen Arrangements für Sousuke schon erfüllen. Wenn es diesem half, sich besser in seiner Lage zurecht zu finden, würde er diesen nicht davon abhalten. „Wo gehst du hin?“, schaute Rin überrascht zum Größeren als er aus dem Bad trat, da er nach dem vielen Schwitzen eine Dusche benötigt hatte. Für gewöhnlich vermied es Sousuke das Zimmer zu verlassen, wenn es nicht unbedingt notwendig war, erst recht am Wochenende. Das war doch einige Fragen auf und stimmte den Hai misstrauisch. Er ging zwar auch ab und zu mal raus, traf sich aber wenn dann mit Kisumi und Chigusa oder holte ihnen beiden Cola. „Nur kurz zur Rezeption. Bin gleich wieder da“, gab der Dunkelhaarige leise, sowie abwesend wirkend zur Antwort und öffnete dann die Tür, durch welche er ohne ein weiteres Wort schritt. Zurückgelassen wurde ein sehr verwirrter, aber auch besorgter Rin, welcher sich auf dem Bett niederließ und seine Haare trockenrubbelte. Währenddessen fragte er sich, was sein Freund so dringendes benötigte, dass er sich an einem Sonntag aus dem Zimmer begab, kam jedoch auf keine zufriedenstellende Antwort. Lange musste er aber auch nicht auf dessen Rückkehr warten, denn keine zehn Minuten später stand Sousuke, ein wenig verpeilt dreinschauend, schon wieder im Zimmer. „…was hast du dir bestellt?“, wollte Rin vorsichtig wissen und deutete auf den Platz neben sich auf der Matratze. Man konnte Sousuke deutlich ansehen, dass er zögerte, bevor er sich niederließ und dann auch eine Weile brauchte, um die Frage überhaupt zu verarbeiten. In letzter Zeit fiel es ihm Zusehens schwerer, japanische Sätze zu übersetzen, bzw. deren Bedeutung zu verstehen. Den Grund dahinter kannte er nicht, vermutete aber auch, dass es etwas damit zu tun hatte, dass sein Verstand gerade damit beschäftigt war, längst vergangene und vergessene Erinnerungen auszugraben, sodass er kaum Kapazität für andere Dinge mehr übrig hatte. „Handdesinfektionsmittel“, erwiderte er langsam und sah dabei auf den Boden. „Oh…“, blinzelte Rin. „Ach so…“ Bedeutete das jetzt, dass er sich vor ihm ekelte, oder vor etwas anderem? Er wusste ja, dass es wahrscheinlich nicht an ihm lag, aber es verletzte ihn trotzdem, dass Sousuke ihn nicht mehr berührte, oder gar küsste, geschweige denn irgendetwas Intimeres. Rin brauchte das einfach, um nicht den Verstand zu verlieren. Nach all den seltsamen Dingen, die Dr. Masefield mit ihm anstellte, brauchte er tatsächlich einen Ausgleich, so wie es der Größere am Anfang vermutet hatte. Natürlich behandelte der Arzt ihn nicht mehr auf seine angeblich psychische Krankheit Homosexualität, doch die Berührungen des anderen taten einfach immer gut. Sousuke wandte den Kopf nun langsam zum Kleineren um und musterte diesen fast ausdruckslos. Das lag einfach daran, dass sein Verstand gerade so beschäftigt war, dass er kaum etwas um ihn wahrnahm und wenn, dann waren es nur die Keim, der Schmutz und all die schlechten Erinnerungen, die er mit Körperkontakt assoziierte. Ihm wurde dabei aber klar, dass er dem anderen eine Erklärung für sein Verhalten schuldig war, wusste gleichzeitig aber auch nicht, wie er anfangen, oder was er überhaupt sagen sollte. Den Anfang übernahm dieser dann keine Minute später, indem er weiter nachfragte: „Gibt es einen bestimmten Grund dafür?“ „Ich glaub schon“, erwiderte er nachdenklich, doch ihm war der Ursprung seines Verhaltens auch nicht ganz klar. „Hat es was mit der Behandlung zu tun? Oder mit deiner Vergangenheit?“, mutmaßte Rin nun zögerlich, um nicht wieder einen wunden Punkt zu treffen, so wie er es zuvor schon öfter getan hatte. Ganz unschuldig an dessen Zustand fühlte er sich auch nicht, denn immerhin hatte er bemerkt, dass gewisse Dinge seinem Freund nicht gut taten, zu denen er ihn hatte überreden wollen. Nur weil es für andere normal war, in ihrem Alter Sex zu haben, hieß das nicht, dass alle dazu bereit waren. Erstrecht nicht, wenn man traumatisiert und vergewaltigt worden war. Natürlich zwang Rin Sousuke zu nichts, aber ihm fiel wieder ein wie dieser reagiert hatte, als er ihn weiter unten berühren wollte und dass danach erstmal nichts mehr gelaufen war. Diese Berührungen hatten Erinnerungen wachgerüttelt, die besser niemals wieder ans Tageslicht kommen sollten. Auch wenn es nicht mit Absicht geschehen war, die Folgen machten sich doch langsam bemerkbar…zumindest dachte Rin, dass er die Hauptschuld an Sousukes Zustand trug. Dass das nicht stimmte, sollte er bald erfahren, genau wie dass sein Verhalten nur den unaufhaltsamen Prozess beschleunigten. „…oder liegt es an mir?“, senkte der Kleien reden Blick und biss ich auf die Lippe. „Nein!“, wurde Sousuke aus seinen Gedanken gerissen und sein Blick verriet, dass er diese Antwort ernst meinte. „Woran dann?“, war Rin schon erleichtert, aber noch lange nicht beruhigt. „Es ist schwer zu erklären“, gab der Größere daraufhin zu. „Ich hab das einfach manchmal…“ „Diesen Waschzwang meinst du?“, wollte der andere sicherstellen, dass sie auch wirklich über das Gleiche sprachen. „Ja…und dass ich das Desinfektionsmittel brauche. Ich weiß aber nicht, warum das so ist…“, seufzte der Größere kaum merklich und ließ die Schultern hängen. „Es hat was mit deiner Vergangenheit zu tun, richtig?“, kam Rin wieder auf seine ursprüngliche Vermutung zurück. „Ich denke schon“, nickte der Größere leicht. „Du kommst ja auch nicht damit klar, wenn dich andere berühren. Ich denke, das ist das gleiche“, überlegte der Rothaarige für seinen Freund laut mit. Das half tatsächlich, dessen Gedanken zu ordnen und dass diesem langsam vor Augen geführt wurde, weswegen er diese Verhaltensweisen an den Tag legte. In ihm stieg der Verdacht auf, dass sein Waschzwang – genau wie die Berührungsangst – auf seine Mutter zurückzuführen war oder vielmehr darauf, was sie mit ihm getan hatte. Die unsanften Behandlungen, oder vielmehr Foltermethoden, welche man in der Anstalt bei ihm verwendete, taten seinen Störungen nichts Gutes, sondern verstärkten sie noch, waren aber nicht Auslöser dieser. Die Narben auf seinem Rücken und Bauch würden wohl für immer sichtbar bleiben, waren aber nicht mit denen zu vergleichen, die sich in sein Herz eingebrannt hatten, genauso wie die plagenden Erinnerungen, welche seinen Verstand vergifteten und ab und an übernahmen. „Ich glaub, du hast recht“, kam Sousuke nach kurzem Überlegen zu dem Schluss, dass Rin damit richtig lag, dass das alles wegen seiner Erinnerungen geschah, die herauskommen wollten und das teilweise auch taten. Weil er aber nicht mit ihnen umzugehen wusste, versuchte er sein Möglichstes körperlich diesen Erfahrungen entgegenzuwirken. „Und du bist dir sicher, dass es wirklich nicht an mir liegt?“, überkamen die Zweifel Rin für einen Moment wieder, sodass er seine Hand einfach ausstrecken musste, um Sousukes Schulter zu berühren. Aufgrund der unerwarteten Berührung, zuckte dieser zurück, so als ob ihn tausend Nadeln stechen würden. Als ihm allerdings bewusst wurde, dass es nur sein Freund war, der ihn sanft angefasst hatte und nun ziemlich verletzt aussah, beruhigte sich der Dunkelhaarige augenblicklich wieder und ergriff die noch immer ausgestreckte Hand. „Tut mir leid“, murmelte er und führte sie zu seinem Mund, um den Handrücken zu küssen. „Schon okay“, stammelte Rin verwundert und wurde dabei leicht rot. „Du kannst nichts dafür.“ Es waren genau diese Gesten des Größeren, welche sein Herz beflügelten und seine Sorgen für einen Augenblick verschwinden ließen. Es gab bestimmt Hoffnung für sie, irgendwann von diesem Ort wegzukommen…es musste einfach möglich sein. Seine Liebe zu Sousuke bewirkte es, dass Rin nicht durchdrehte und hielt seinen Verstand klar; ohne diesen wäre er schon längst zusammengebrochen. Umgekehrt konnte man Ähnliches behaupten, denn Sousuke ging es seit der Ankunft des Kleineren wesentlich besser. Auch wenn die Interaktion mit diesem viele seiner Erinnerungen zurückbrachten und ihm ab und an eine schlaflose Nacht bescherten, war es nötig sich mit seiner Vergangenheit auseinanderzusetzen, um diese verarbeiten zu können. Des Weiteren ging es ihm so oder so nicht gut, egal ob er sich nun mit seinem Verstand herumplagen musste, dass dieser ihn in Ruhe ließ, oder sich aktiv mit seinen Erlebnissen auseinandersetze. Der Unterschied war lediglich, dass ihn Zweiteres weiterführte, also einen positiven Effekt mit all dem Negativen brachte. Auch wenn Sousuke bewusst wurde, dass er vor Rin nichts zu befürchten hatte und dass er diesem vertrauen konnte, fühlt er sich derzeit einfach nicht in der Lage, mehr als den physischen Kontakt zuzulassen, den sie gerade hatten. Vielleicht würde noch ein bisschen mehr gehen, doch das konnte er nicht mit Sicherheit sagen. Um seine derzeitige Grenze zu testen, aber auch weil er seinen Freund schon länger nicht mehr geküsst hatte, beugte sich der Dunkelhaarige nun diesem entgegen und schloss eine Augen in der Erwartung, dieser wüsste schon, was er von ihm wollte. Rin brauchte einige Sekunden, um sich klar zu werden, dass Sousuke ihn küssen wollte, da er mit etwas völlig anderem gerechnet hatte. Mit klopfendem Herzen schloss aber auch er schließlich seine Augen und legte seine Lippen vorsichtig auf die des Größeren. Es war kein langer, oder intensiver Kuss, doch sie genossen beide diesen Kontakt, dem Sousuke allerdings nicht lange standhielt. Rin verstand dessen Situation aber und war ihm nicht böse, als sie sich voneinander trennten. Er lächelte ihn sanft an und gab ihm somit zu verstehen, dass alle sin Ordnung war. „Wir schaffen das…zusammen.“ Am folgenden Tag war die Ruhe wieder vorbei, wobei man sagen musste, dass wohl kaum einer der Jugendlichen Zeit zum Entspannen gehabt hatte. Sousuke aus den bekannten Gründen nicht, auch wenn er sich dank dem Gespräch mit Rin, sowie dessen Anwesenheit besser fühlte, Chigusa dank Dr. Masefields Auftauchen während ihrer Behandlung und den damit ausgeösten Folgen nicht und was mit Kisumi los war, wusste wohl niemand so wirklich. Rin ging es relativ gut und man konnte behaupten, dass er mit seinen Sorgen um seinen Freund genug zu tun hatte, doch belasteten ihn diese seltsamen Tests auch sehr. Miss Amakata bemerkte beim Unterricht erneut, dass ihre Schüler nicht so konzentriert wie sonst waren und konnte sich nun zumindest bei Sousuke denken, woran es liegen könnte. Dieser war am Vortag bei ihr gewesen und hatte sich mal wieder etwas bestellt, das er alle paar Monate benötigte, gewöhnlich in seinen psychisch instabilen. Seit Rin da war, streuten sich diese zwar mehr, doch waren längst nicht Geschichte. Irgendetwas musste sie tun können, um ihren Schützlingen diesen Aufenthalt erträglicher zu machen! Ihre Möglichkeiten waren jedoch begrenzt, da sie nicht eingeweiht in die finsteren Machenschaften der Ärzte war, sowie sie auch keine medizinische Ausbildung besaß und wirklich nur zum Unterrichten angestellt worden war. Dementsprechend wenig bekam sie intern mit, da das Pflegepersonal doch eher unter sich blieb, die Ärzte erst recht. Ihre Gedanken schweiften ab und blieben bei Kisumi hingen, da ihre Augen ebenfalls auf diesem ruhten. Auch bei ihm konnte sie sich auch ein wages Bild davon machen, womit dieser zu kämpfen hatte. Höchstwahrscheinlich vermisste er seine Familie und Freunde mehr als er es zugeben wollte. Auch wenn man ihn als Psychopathen eingestuft hatte – womit man wahrscheinlich richtig lag – bedeutete das noch lange nicht, dass er vollkommen gefühlslos war. Als der Rosahaarige neu in der Anstalt gewesen war, hatte er sich ihm einst anvertraut, doch ob die Probleme damals noch aktuell und der Auslöser für dessen ungewöhnlich stilles Verhalten waren, konnte die Lehrerin nicht mit Sicherheit sagen. In jedem Fall taten ihr ihre Schüler sehr leid, sodass sie an diesem Montag davon abließ, sie allzu sehr zu fordern. Sousuke schien aber ganz froh über ein wenig Ablenkung zu sein, weswegen sie ihrem Spitzenschüler ein paar Aufgaben mehr zusteckte, worüber dieser sich hermachte. Rin träumte auf dem Platz hinter diesem mehr oder weniger vor sich hin und kritzelte irgendetwas auf seinem Blatt herum. Unauffällig schaute sie ihm über die Schulter und entdeckte einen kleinen Regenschirm mit seinem und Sousukes Namen darunter. Zunächst schaute Miho irritiert auf das Blatt und hätte sich fast verraten, ging dann aber weiter, wobei sich ein sanftes Lächeln auf ihre Lippen schlich, da sie verstand. Wie lange war es her, dass sie selbst derartige Dinge getan hatte? Nicht allzu lange und sie könnte niemals diese kleinen Gesten vergessen, die man als Teenager vollbrachte, anstatt sich dem Unterricht zu widmen. Jung und verliebt zu sein konnte so schön sein…wenn man nicht an einem so tristen Ort festsitzen würde. Sie wusste auch nicht, ob der Hai eine Chance bei seinem offensichtlichen Schwarm hatte, doch sie freute es, dass er anscheinend einen kleinen Hoffnungsschimmer für sich entdeckt hatte und gönnte es ihm. In wenigen Wochen würden die Sommerferien beginnen und Miho Amakata konnte zu ihrer Familie fahren. Ihr tat es zwar leid, die Jugendlichen während dieser Zeit alleine zu lassen, doch sagte sie sich, dass sie sich das erlauben konnte, immerhin hätten diese während dieser Zeit auch keine Therapiesitzungen. Sie freute sich auf erholsame Wochen, hatte aber jetzt schon ein schlechtes Gewissen, weil ihre Schüler auch während der Ferien nicht aus der Anstalt durften, da diese doch eine geschlossenen war. Zumindest war die Dachterrasse im Sommer geöffnet und man würde die Insassen auch in den Hof lassen, sofern es eine Aufsichtsperson gab. Wenig später saßen Chigusa und Kisumi auf eben dieser an einem Tisch, die Brünette zeichnete etwas in ihren Notizblock, während der andere mit dem Kopf auf der Tischplatte hing und herumjammerte. „Das ist alles so scheiße…“, beschwerte sich der sonst so euphorische junge Mann. „Ich werde 19 und bekomme jetzt schon keinen mehr hoch.“ „Ich bin mir sicher, dass es nur eine Phase ist“, versuchte Chigusa ihren besten Freund halbherzig zu beruhigen, da sie es langsam leid war, immer wieder das gleiche zu hören zu bekommen, zumal diese Probleme in ihren Augen Lappalien waren. Des Weiteren vermutete sie, dass diese Dinge Kisumi zwar schon beschäftigten, doch er von seinem eigentlichen Problem ablenken wollte. Das tat er meistens und zeigte niemals offen seine wahren Gefühle – sofern diese existierten. „Und was wenn nicht?“, schlossen sich die lilanen Augen für einen Moment, bevor sie nach oben zu Chigusa blickten. „Dann kann ich daran auch nichts ändern“, verdrehte sie die grünen und widmete sich ihren Aufzeichnungen. Einige Minuten später, in denen es Kisumi tatsächlich geschafft hatte, den Mund zu halten, richtete er sich endlich wieder auf und setzte sich wie ein normaler Mensch auf den Stuhl, anstatt halb über dem Tisch zu hängen. Nur gut, dass Sousuke gerade nicht im Sichtfeld war, denn dieser hätte bei solch einem Verhalten die Krise gekriegt. „Glaubst du, Hayato geht es gut?“, blickten die violetten Augen schon fast sehnsüchtig in den blauen Sommerhimmel. Überrascht von diesem Themensprung, blickte Chigusa auf. Zunächst konnte sie sich keinen Reim auf diesen scheinbar völlig aus der Luft gerissenen Satz machen, doch als sie den Ausdruck in Kisumis Augen bemerkte, wurde ihn bewusst, dass es wohl das sein musste, worum sich dessen Gedanken drehten. „Ich denke schon“, glätteten sich ihre Gesichtszüge und sie streichelte ihm kurz, aber liebevoll über die Hand. „Mach dir keine Sorgen.“ „…danke“, murmelte Kisumi, welcher die Berührung nicht bemerkt hatte, sondern nach wie vor in den Himmel schaute. Am Abend nach den Behandlungen, lagen Sousuke und Rin auf dessen Bett. Der Kleinere war damit beschäftigt, seinem Freund durchs Haar zu streichen –das erst nach dessen ausdrücklicher Zustimmung möglich war – und gut auf ihn einzureden. Anscheinen schien es sich nicht nur Dr. Masefiled zum Hobby gemacht zu haben, seine Patienten mental zu quälen, denn sein Kollege stand ihm in nichts nach. Auch wenn es Sousuke laut eigenen Angaben nicht so schlimm wie in der Woche zuvor ergangen war, brach es Rin das Herz mit anzusehen, wie man diesen kaputt machte. Dem Größeren ging es eindeutig nicht gut und man brauchte keinen Abschluss, um das festzustellen. Wie konnte man einem anderen Menschen nur so schreckliche Dinge antun? Rin war es unbegreiflich und er glaubte auch, es gar nicht verstehen zu müssen und zu wollen. Das einzige, das er für den anderen tun konnte, war für ihn dazu sein. Wie lange das noch so weitergehen sollte und konnte, wollte er sich nicht ausmalen. „Was hältst du davon, wenn wir mal wieder schwimmen gehen?“, flüsterte der Rothaarige und beugte sich nach unten, um Sousuke auf die Stirn zu küssen. Das ließ dieser zu und schien es sogar zu genießen, auch wenn seien Augenbrauen angestrengt zusammengezogen waren als er nickte. „Gut, dann machen wir das so“, lächelte Rin leicht und ließ sich dann neben den Größeren sinken, noch immer die Finger durch dessen dunkle Haare fahrend. Für unzählige Minuten lagen sie stillschweigend nebeneinander und genossen diesen Moment mehr oder weniger, denn Sousuke wurde immer noch von seinen eigenen Gedanken geplagt, die ungewollte Bilder ungefragt vor seine Augen führten. „Erinnerst du dich inzwischen eigentlich?“, fragte der Kleinere dann nach, als würde er wissen, was ihn beschäftigte. „Nicht so wirklich…aber ich denke, es wird klarer“, erwiderte Sousuke leise, so als ob er dem anderen ein Geheimnis zuflüstern würde. Die Fetzen begannen sich langsam aber sicher zusammenzufügen und das bevorstehende Ergebnis war nichts, das ihm gefiel. Er wollte das Endprodukt nicht sehen, aber es war unausweichlich. Diese Erkenntnis schmerzte, genau wie das Etwas, welches sich aus den Tiefen nach oben grub und ‚seine Vergangenheit‘ schimpfte. „Ich bin für dich da, wenn du was brauchst“, drehte Rin den Kopf zu Sousuke und stoppte die Bewegung seiner Finger kurz. „Ich weiß…danke“, wandte sich der Größere ebenfalls um und sah in die faszinierend roten Augen, welche ihn beruhigten und viel wichtiger: ablenkten. Sie sagen sich genau wie in jener Nacht für eine undefinierbare Zeit in die Augen, in welcher sich Sousuke beruhigte und Rins Herz schneller zu schlagen begann, ehe das des anderen nachzog und es ihm gleichtat. „…wollen wir zum Essen gehen?“, schluckte Rin leicht und erhob sich dann, da er merkte, dass er sich nicht länger im Griff haben würde, wenn sie diesen Blickkontakt aufrechterhalten würden. „Okay“, stimmte Sousuke zu, der wieder ein kaum erkennbares Lächeln auf den Lippen trug. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)