Die Sonnenprinzessin und der Koboldprinz von SainzDeRouse (Fortsetzung von "Prinzessin Aline und die Groblins") ================================================================================ Kapitel 38: Zwei Welten ----------------------- Kapitel 38 – Zwei Welten     Mit groben Griff zerrten die Wachen an ihren Handgelenken und zogen sie in eine andere Zelle. Silki wusste nicht wie ihr geschah und was das Ganze auf sich hatte, bis sie hineingestoßen wurde. Dort war ein Mensch. Dieser Mensch von dem sie gehört hatte, das er bei dem Überfall auf das Schloss als Gefangener genommen wurde. Er musste in ihrem Alter sein. Seine braunen Haare klebten vor Schweiß und Dreck an seinem Kopf und seine braunen Augen waren glasig. Am rechten Arm hatte er sich eine großflächige Verbrennung zugezogen und es sah sehr schmerzhaft aus. Ängstlich drückte sich die junge Groblin an die gegenüber liegenden, denn schließlich fand sie sich ihrem größten Feind gegenüber. Eilig steckte sie ihre Finger in die Ohren, da sie befürchtete, er könnte anfangen zu singen. „Hast du angst vor einem zum Tode verurteilten Menschen?“, fragte der junge Mann. „Wie?“, fragte sie neugierig und zog ihre Finger aus den Ohren. „Ich bin zum Tode verurteilt und sehr schwach, wovor hast du noch angst?“ „Du bist ein Mensch.“ „Und du ein Groblin.“ „Du könntest singen oder eines eurer Waffen benutzen.“ „Man hat mir alles abgenommen und ich verspreche dir nicht zu singen“, sprach er mit trockener Kehle. „Es wäre ohnehin sinnlos.“ „Weshalb wäre das sinnlos?“ „Selbst wenn ich es hier heraus schaffen würde, Froschlippe ließe mich töten. Abgesehen davon, fühle ich mich bereits jetzt schon zu schwach. Wenn es nicht euer König ist, ist es mein Arm.“ „Du hättest nicht so dumm sein sollen dich gefangen lassen zu nehmen“, erwiderte Silki nur und begann sich zu entspannen, da von dem kranken Menschen keine Gefahr ausging. „Nun, ich hatte eure Königin gerettet, tötete einen Soldaten und bin mit den Groblins in die Tunnel geflüchtet, da ich wusste nach dieser Schandtat nicht gut aus der Sache zu kommen. Ich stelle aber fest das es keinen Unterschied gemacht hat.“ „Du hast Aline gerettet?“ „Natürlich, sie ist doch meine Freundin?“ „Freundin?“ „Wir haben uns kurz vor ihrer Entführung kennengelernt. Ich habe sie vor euren Haustieren gerettet, habe ihr von euch erzählt. Ich war es der den König gewarnt hatte und weshalb die Entführung fast schief gegangen wäre.“ Ein schrecklich, trockener Husten unterbrach seine Rede, doch fing er sich wieder. „Froschlippe kennt mich noch von damals. Aber die Tatsache das ich ihm die Frau... wie merkwürdig und falsch das klingt.... die Tatsache sie gerettet zu haben, hilft mir in meiner Lage nicht.“ „Ebenso wie es mir nichts nützen wird.“ „Was hat meine Lage mit dir zu tun?“ „Ich bin schuld daran das ihr sie gefunden habt.“ „Du meinst als wir sie auf der Wiese gefunden haben?“ „Ja. Die Sonne ist unerträglich für mich. So grell und heiß. Ich hatte ihr gesagt sie solle in der Nähe bleiben, doch war ich eingeschlafen, weil die Nächte so kurz waren. Das Kind hatte sie immer mehr getreten und hatte kein Platz mehr in ihrem Leib gehabt. Jede Nacht war ich an ihrer Seite gewesen. Bis ich so dumm gewesen war sie allein zu lassen“, weinte Silki bitterlich und Tränen liefen ihr die Wangen hinunter. Sie konnte selbst nicht begreifen wie sie es wagen konnte vor einem Menschen sich so schwach zu präsentieren, doch schienen ihre Nerven am Ende und sie war dankbar dafür sich jemanden anzuvertrauen. Er mochte ein Mensch sein, doch war er in der selben misslichen Lage wie sie und dadurch fühlte sie sich ihm etwas verbunden. Soweit ein Mensch und ein Groblin verbunden sein konnten.   *** Mehr als erstaunt betrachtete Curdie seine Mitgefangene. Er schätzte sie in seinem Alter. Für eine Groblin wirkte sie auf ihn gar nicht mehr so abstoßend, jetzt nachdem sie sich in der selben Lage befanden. Für eine Koboldin hatte sie schöne große blaue Augen. Ihre Haare hingen ihr in goldenen Wellen bis zur schmalen Taille. Für einen Menschen waren ihre Ohren groß und spitz, jedoch nicht im Verhältnis zu anderen Groblins. Sie war schön. Sofern ein Groblin schön sein konnte. Merkwürdige Gedanken ereilten einem beim Anblick des nahenden Todes, dachte er sich. Das Sitzen wurde ihm anstrengend, sein metallener Brustpanzer wurde ihm schwer auf der Brust. Er versuchte sich nach vorne zu beugen und die Gurte zu lösen, doch schaffte er es nicht. Sein Arm schmerzte höllisch und sein Kopf dröhnte.   „Helf mir, ich bitte dich. Der Panzer nimmt mir die Luft“, keuchte Curdie.   Wieder kehrte die Angst in Silkis Augen zurück und ihr Körper spannte sich sichtlich an. „Ich weiß nicht....“, schluchzte sie und blickte sich um, als hätte sie angst beobachtet zu werden. „Ich bitte dich. Ich schaffe es nicht. Es bringt mich um“, flüsterte Curdie schwach. Mit deutlich verzogenen Gesicht kroch sie zu ihm hinüber und betrachtete die Gurte. Mit zittrigen Fingern nestelte sie ungeschickt daran und zog es zunächst enger, was Curdie aufkeuchen ließ und befreite ihn dann davon. Die zwei Platten fielen von ihm ab und Silki legte sie neben ihm. Von der Schwere befreit zu sein war ein unglaublich befreiendes Gefühl. Curdie atmete tief ein und legte sich auf den Boden. Noch immer schmerzte ihm die Haut. Zwei Tage lang hatte er seinen Brustpanzer getragen. All der Schweiß und Dreck blieb kleben und scheuerte. Er hatte sich anfangs geweigert ihn abzunehmen, da er damit gerechnet hatte sich wehren zu müssen. Der Hunger brannte in seinem Bauch, die Haut wund, die Kehle trocken und sein Arm unerträglich in den Schmerzen. Er hielt ihn die ganze Zeit am Körper und hatte versucht diesen nicht auf die Erde zu legen. Doch fehlte ihm die Kraft. Das Dröhnen in seinem Kopf wurde stärker und Schwindel setzte ein. Er hoffte auf eine baldige Ohnmacht. Er bereute in seinem Leben nichts erlebt zu haben. Curdie hatte für den Kampf gelebt, für den Schutz des Königs. Für die Rettung der Prinzessin, die nicht gerettet werden wollte. Nie hatte er die Liebe kennengelernt. Die unsicheren Berührungen einer Magd hatte er einmal genossen, doch waren sie unterbrochen worden. Als Bediensteter in einem Schloss, in dem man die Kammer mit jemanden teilen musste, gab es keine Privatsphäre. Die Liebe hatte er nie kennengelernt. Bis auf die zarte Verliebtheit eines Jungen in eine Prinzessin. Einer Prinzessin die fast nur in seinem Kopf existiert hatte. Sie hatten sich fünf Jahre lang nicht gesehen. Der Schwindel wurde schlimmer. „Was ist mit dir?“, fragte Silki ängstlich. Doch Curdie war es nicht mehr möglich zu antworten. Die Ohnmacht legte ihren Schleier über ihn.   *** „Was zum.... Oh nein. Du, was ist mit dir? Wach auf“, quiekte Silki ängstlich und verlor in ihrer Verzweiflung ihre Berührungsangst. Aufgeregt rüttelte sie an ihm, doch rührte er sich nicht. Er war doch nicht tot?, dachte sie erschrocken. Sie hielt ihr Ohr an sein Gesicht und spürte den sanften Luftzug. Erleichtert griff sie sich ans Herz. In diesem Raum mit einem toten Menschen gefangen zu sein würde sie nicht ertragen. Es war sein Arm, der ihn das einbrachte. Das Fieber wütete in seinem Körper, die Hitze hatte sie spüren können. Wenn er hier nicht sterben sollte und seine verrottende Leiche sie nicht auch krank machen sollte, und das würde sie Froschlippe zutrauen. Dann musste sie ihm helfen. Als hätte das Schicksal es gut mit ihr gemeint, öffnete sich der Fels, der den Höhleneingang versperrte und einer der Wächter trat ein. „Hier Silki, Wasser, etwas zu Essen und ein' frisch'n Eimer für eure Notdurft. 'Tschuldige, hab's gestern vergess'n. War so aufregend. Ich glaub's immer noch nich'“; sagter er und verschloss sogleich wieder den Eingang. Frisches Wasser. Das würde ihr helfen. Ohne weiter darüber nachzudenken was sie tat, riss sie eine Bahn aus ihrem Kleid und wusch sie in dem Eimer sauber. Damit säuberte sie seine verbrannte Haut und da er ohnehin Ohnmächtig war, brauchte sie nicht so vorsichtig zu sein. Mit weiteren Bahnen wickelte sie ihm ein Verband. Eine weitere Diente als Abkühlung für seine Stirn. Für mehr hatte sie keine Hilfsmittel. Obgleich sie sich vorkam als triebe sie Hochverrat, konnte sie nicht aufhören. Wie der Mensch schon gesagt hatte, sie waren bereits ohnehin verloren. Und da sie nicht wusste wie lange Froschlippe sie hier verrotten lassen würde, war sie um ihre Gesellschaft froh. Auch wenn er der falschen Spezies angehörte. Die restliche Zeit verbrachte sie damit ihm Wasser einzuflößen und hoffte, das er die Nacht überstehen möge.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)