Die Sonnenprinzessin und der Koboldprinz von SainzDeRouse (Fortsetzung von "Prinzessin Aline und die Groblins") ================================================================================ Kapitel 35: Der Drache ---------------------- Kapitel 35 – Der Drache   Die bleierne Müdigkeit hielt mich in einer tiefen Umarmung. Es war als würde ich in treibsandartigem Schlamm liegen und würde mich befreien müssen. Die Dunkelheit zog und zerrte an mir und es kostete mich alles um mich langsam daraus befreien zu können. So langsam drangen Geräusche an mein Ohr, es schien in ruhiger Hast um mich gearbeitet zu werden. Ob es Marie war? Nach einer gefühlten Ewigkeit konnte ich meine Augen öffnen und blinzelte, da sich alles drehte und um mich herum alles verschwommen war. Eine weiße Haube hüpfte am Bettende auf und ab und ein schrubbendes Geräusch begleitete die Bewegung. „Ma...Ma...Marie?“, flüsterte ich und es verursachte Schmerzen in meiner staubtrockenen Kehle. „Oh Prinzessin, ihr seit erwacht, was für ein Glück. Ich dachte schon ihr würdet sterben“, rief sie erleichtert und sprang auf. Erschrocken blickte ich sie an, da sie mit Blut besprenkelt war und einen blutigen Lumpen in der Hand hielt. „Was...?“, krächzte ich. Mit einem lauten Ruck ging die Tür meines Schlafgemachs auf und die Hebamme stand mit bleichem Gesicht im Türrahmen und sah mich mit tränenden Augen an. Für einen kurzen Augenblick wirkte sie wie in Trance, doch mit einer schüttelnden Kopfbewegung, schien sie diese wieder abgeschüttelt zu haben und lief eilig davon. Betroffen blickte ihr Marie hinterher und auch ihr stiegen Tränen in den Augen. Ich durchbohrte sie mit meinem Blick, doch ignorierte sie mich, sie versuchte eisern nicht in meine Richtung zu schauen, kniff verbissen ihre Lippen zusammen und konzertierte sich wieder auf das Saubermachen des Zimmers. „Aline. Ein Glück das du erwacht bist. Wir glaubten dich schon verloren und ich überlegte schon wie ich deinem Vater von der traurigen Nachricht deines Ablebens unterrichten sollte. Doch Gott hat dir ein zweites Leben geschenkt.“ „Wo ist er?“, fragte ich. „Wie meinen?“, fragte sie kurz und tat verwirrt, doch sah ich die Angst in ihren Augen. „WO IST MEIN SOHN?“, plärrte ich ihr entgegen und ignorierte das Brennen in meinem Hals. „Tut mir Leid, Liebes, doch er hat es nicht geschafft. Er war so klein, kränklich und missgestaltet, es.... tut mir leid.“ „Nein“, sagte ich, mehr zu mir selbst. „Nein, nein, nein.“ „Ich weiß das es schwer ist das zu ertragen, aber...“ „ZEIGT IHN MIR!“ „Das können wir nicht tun. Du warst stundenlang bewusstlos. Er ist bereits begraben, es wäre nicht gut, es ging alles so schnell.“ „Hat er die Nottaufe erhalten?“, fragte ich und wusste nicht woher das kam. Mit Lottie hatte ich noch intensiv über Schwangerschaften und Geburten gesprochen und wusste das eine Nottaufe unabwendbar war, da die Seele des Kindes sonst in die Hölle fahre. „Mach dir keine Gedanken um seine Seele. Es hatte erst nicht den Anschein das etwas nicht stimme. Doch er kam bereits tot auf die Welt. Gott nimmt und gibt, wir können es nur hinnehmen.“ „Verschwinde“, flüsterte ich und der Hass quoll aus meinem Mund. „VERSCHWINDE!“, schrie ich aus Leibeskräften, so laut das es mich selbst erschreckte und ergab mich dem Meer aus Tränen, der aus meinen Augen lief. Mit einem Ruck warf ich die Decke von mir und fand meinem Unterleib auf einem blutigen Lacken, zwischen meine Beinen totes Fleisch, das aus mir herausgekommen war. Ich ignorierte es, stand auf, wankte ins Badezimmer und wusch mir das Blut von den Beinen. Ich konnte kein Blut mehr sehen, der Anblick quälte mich. Der Schmerz der nun in meiner Brust lebte war größer und grausamer als die der Geburt. Ich würde nie wieder glücklich werden und wollte nur noch sterben. Plötzlich hörte ich Aufruhr vor meinem Fenster. Ich trat auf den kleinen Balkon, der in den Innenhof des Schlosses führte und sah die königliche Garde, welche unbeholfen in der Mitte stand und die Waffen auf den Boden richteten. So manche der Männer zitterten und der Boden schien unter ihnen zu Beben, immer lauter war ein schlagen und dröhnen zu hören. Wie aus dem Nichts löste sich ein kleiner Stein vom Boden und schoss nach oben. Risse bildeten sich um den Ort herum, an dem er gelegen hatte und formten einen Kreis. Der gepflasterte Boden brach unter ihnen zusammen und Staub wirbelte auf. Für einen Augenblick war nichts mehr zu erkennen, nur die große Staubwolke, die gen Himmel waberte. Ein lautes Grölen und Schläge von Stein auf Metall kündigten einen Kampf an, Groblins kamen aus dem Boden gekrochen, umzingelten die Garde und bekämpften sie. Diese waren so überrascht das sie nicht so schnell reagieren konnten um ein Lied anzustimmen und ließen im Kampf alle ihr Leben. Und dort war er. Seine tiefrosa Haare leuchteten in dem wirbelnden grau und grün und sein schwarzer Umhang bildete zu seinen Begleitern einen starken Kontrast. „Froschlippe“, keuchte ich erleichtert und für diesen Augenblick fühlte ich Freude. Als hätte er mich hören können, drehte er seinen Kopf in meine Richtung und fixierte mich. Ich stand auf einem Balkon über ihm, doch als würde diese Tatsache, die uns trennte nicht existieren streckte ich die Hand nach ihm aus. Funken stoben aus seinem Körper und seine Augen begannen zu leuchten. „Alineeeeeee“, mein Name endete in einem wütenden, Ohren betäubenden, tiefen Gebrüll. Sein Körper wuchs in alle Richtungen und nahm neue Form an. Seine Arme wurden länger, vor allem der Unterarm wuchs in die Länge, die Finger sprießen und eine lederne, reich durchblutete Flughaut bildete sich vom Körper, an den Armen und zwischen die Finger, bis sie sich zu großen Flügel bildeten, die an einer Fledermaus erinnerten. Sein Hals wurde dicker und wuchs, auf seinem Gesicht bildeten sich schuppen und eine Schnauze wuchs ihm heraus, spitze lange Zähne zierten sein Maul. Sein Haare bildeten sich zu Hörnern, die Haarpracht die auf sein Rücken fiel, wuchs zu einem spitzen Haarkamm, der seinen langen Hals zierte. An seinem Steiß entwuchs ihm ein langer Schwanz und seine Beine wurden riesig und Kräftig. Die Füße spalteten sich zu Krallen besetzten Zehen. Sein Umhang und sein Lendenschurz zerrissen so leicht und schnell als bestünden sie aus Pergament. Ein großer grüner Drache stand nun im Innenhof, sein Körper so groß wie ein Elefant und sein Gesicht war durch seinen langen Hals nicht mehr weit und nachdem er sich zu mir streckte, berührte meine ausgestreckte Hand seine bebenden Nüstern. Ich spürte seinen warmen, rauchigen Atem in meinem Gesicht, doch spürte ich keinerlei Angst. „OH MEIN GOTT!“ „EIN DRACHE!“ „ZU DEN WAFFEN!“ „FÜR RUHM UND EHRE“, schrien die unzähligen Wachen, die aus den Türen der Mauern um uns herum angerannt kamen. Pfeile und Speere flogen durch die Luft. Ein riesen Tumult entbrannte. Groblins und Menschen kämpften in einer blutigen Schlacht um ihre Daseinsberechtigung. Ohne weiter darüber nachzudenken, kletterte ich von der Balkonballustrade auf Froschlippes Kopf und vorsichtig seinen Hals hinunter. Sein Halskamm diente mir zwar als Sprosse, aber es war nicht leicht an etwas lebendem, sich bewegenden herunter zu klettern in einem langen Unterkleid. Am Boden angekommen schnappte Froschlippe nach jedem Menschen, der mir zu nahe kam oder schlug sie mit seinem Schwanz gegen die nächste Mauer. Als hätte ich es spüren können blickte ich in einen abgelegenen Winkel des Hofes und sah den merkwürdigen Mann, welcher bei der Geburt dabei gewesen war. Und zu meinem Entsetzen sah ich mein Drachenei in seinen Händen. Ich rannte direkt auf ihn zu und stellte mich ihm entgegen. Schnell griff ich nach dem Ei und zog mit aller Kraft, doch war der nach Kräutern stinkende Mann, stärker als ich. Als hätte Froschlippe meine Gedanken hören können, wendete er sich dem Mann zu, öffnete sein großes Maul, ausgestattet mit rasiermesser scharfen Zähnen. In seinem Schlund entdeckte ich links und rechts zwei kreisrunde Öffnungen und aus diesen sprühte eine gezielte Ladung Feuer aus dem Schlund. Zunächst etwas unbeholfen, schaffte es Froschlippe auf den Mann zu zielen, der versuchte fortzulaufen und sich in Sicherheit zu bringen. Das Feuer schreckte mich nicht und so lief ich hinterher. Der Schrei des hageren Mannes erstarb nach wenigen Sekunden und sein brennender Leib sank auf den Boden. Der Geruch von seinem verbrannten Fleisch ließ heftige Übelkeit in mir aufsteigen und ich vermied es ihn zu betrachten, denn es war ein furchtbarer Anblick. Der Feuersturm schlug immer noch auf den Mann ein. Ich wollte nach dem Ei schnappen, doch wurde ich in diesem Augenblick weggezogen. Curdie war es, der aber nun selbst vor Schmerzen Schrie, da er dabei Verbrennungen erlitten hatte. Ehe mir jemand wieder das Ei stehlen konnte, trat ich auf den verbrannten Leib zu und entriss diesem den glühenden, runden Stein. „Aline, Vorsicht!“, ächzte Curdie und blickte mich nur erstaunt an, das glühende Ei in meinen Händen. Plötzlich schlug ein Speer in der Mauer zwischen uns ein. Wie aus Relfex, zog Curdie mich hinter seinen Rücken, riss den Speer aus der Mauer und warf es dem Werfer entgegen. Er hatte seinen eigenen Kameraden getötet um mich zu retten. Mit eisernem Griff hatte Curdie mein Handgelenk gepackt und mich zu dem Krater in der Mitte gezogen, in dem sich noch immer eine Großzahl Groblins aufhielt und kämpfte. Froschlippe hatte mich im Blick und das ganze misstrauisch verfolgt, doch hielten angreifende Soldaten und fliegende Pfeile ihm vom Handeln ab. Er breitete seine Flügel schützend um seinen Körper, welche von Pfeilen durchbohrt wurden und trat ebenfalls zur Mitte des Platzes, darauf achten nicht auf einen Groblin zu treten. Diese sammelten sich neben ihm, im Schutz seiner Flügel und traten mit ihm den Rückzug an. Nachdem wir alle in die Tunnel verschwunden waren, drehte er seinen Kopf und verbrannte alles um ihn herum was ihm vor die Schnauze kam. Schnell veränderte er wieder seine Form zu einem Groblin, seine Kleidung fort und auf dem Schlachtfeld verteilt. Im Wirbel des aufsteigenden Rauchs verschwand er mit uns in den Tiefen. Hosted by Animexx e.V. 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