Die Sonnenprinzessin und der Koboldprinz von SainzDeRouse (Fortsetzung von "Prinzessin Aline und die Groblins") ================================================================================ Kapitel 32: Gefangen -------------------- Kapitel 32 - Gefangen   Ungeduldig lief ich in meinen zugewiesenen Gemächern auf und ab und strich mir dabei sorgenvoll über den Bauch. Ich musste zurück. Ich musste irgendwie zu Froschlippe zurückkehren. Ururgroßmutter! Seit Froschlippe mir damals meinen magischen Ring abgenommen hatte, war sie mir immer weiter entglitten, bis sie fast aus meiner Erinnerung verschwunden war. Zudem hatte ich geglaubt das ich ohne den Ring keinen Kontakt zu ihr aufnehmen konnte. Ob sie noch in dem Turmruin war? Auf nackten Sohlen schlich ich mich bei Nacht auf den Flur hinaus und versuchte mein altes Kinderzimmer zu finden. Es war ein ungewohntes Gefühl das glatte Holz unter meinen Füßen zu spüren. Nach wenigen Schritten hatten die Dielen unter mir geknarrt und das Herz war mir fast vor Schreck aus der Brust gesprungen. Wieder erkannte ich wie sehr ich mich an das Leben unter der Erde gewöhnt hatte. Schnell immer wieder blieb ich wie angewurzelt stehen und horchte in die Gänge. Holzböden oder Treppen gab es nicht viele im Schloss und bald konnte ich mich ganz aufs Orientieren konzentrieren. Es kam mir wie eine Ewigkeit vor bis ich mein altes Zimmer gefunden hatte und tatsächlich stand es fast leer, so wie ich es damals verlassen hatte und nachdem die Möbel zu mir geliefert wurden. Dort hinter der Tür hatte Froschlippe gestanden und auf mich gewartet um mich entführen zu können. Die Holzvertäfelung zierte das gesamte Zimmer, doch nur eine hatte eine Rose darauf, hinter einem Vorhang war sie schnell gefunden und mit der Berührung meiner Hand leuchtete sie kurz auf und mit einem knarzenden Geräusch, gab sie einen kleinen, engen Gang frei. Auf allen Vieren kroch ich hinein, seit damals war ich ein gutes Stück gewachsen und war breiter geworden, doch schaffte es mich trotz dem runden Bauch, hindurch zu quetschen. Da ich an die Dunkelheit unter der Erde gewohnt war, benötigte ich keine Kerze, sondern das Mondlicht das durch Ritzen, Löchern und kaputten Fenstern strahlte, reichte aus, damit ich mich orientieren konnte. Dort waren sie, die Turmzimmer meiner Ururgroßmutter. „Großmutter!“, rief ich in den ersten Raum hinein. Hier war ich ihr das erste Mal begegnet. Nichts. Auch von ihren Tauben war nichts zu sehen. So lief ich in den anderen Raum hinein. „Großmutter, bitte. Zeig dich.“ Mit laut klopfendem Herzen und Rauschen in den Ohren versuchte ich zu horchen. Die Angst kroch in mir hoch. War sie nicht mehr hier? Hatte sie mich verlassen, nachdem ich das Schloss hinter mir lassen musste? Waren ihre Kräfte aufgebraucht? Tränen rannen mir die Wangen hinunter. Ich war allein. Niemand hier. Würde ich Froschlippe nie mehr wieder sehen? Würde mein Kind ohne Vater aufwachsen? Sie hatte einst vorhergesagt das ich sie eines Tages nicht mehr brauchen würde, weil ich dann meine eigene Zauberkraft gefunden habe. Aber ich konnte nicht zaubern, ich hatte keine Macht so wie sie. Den Ring habe ich auch nicht mehr. Was hatte sie noch gesagt? „Es ist die Zauberkraft vom Guten gegen das Böse, Recht gegen Unrecht, immer das Richtige zu tun, auch wenn dir niemand helfen will“, erklang die vertraute Stimme in meinem Kopf. „Großmutter?“, schrie ich verzweifelt in den alten, verlassenen Turm hinein. „Du findest deine eigene Zauberkraft, wenn du immer dem Faden folgst.“ Ich hatte diesen Ring nicht mehr. Ich war verloren. Nachdem ich lange im dunklen Turm gelegen und mir die Augen ausgeweint hatte, schlich ich mich wieder zurück in meine Gemächer und versuchte zu überlegen was ich sonst noch tun konnte. Lottie. Ich musste Lottie darum bitten mir zu helfen. Am nächsten Tag ließ ich nach ihr schicken. Noch in der Nacht hatte ich einen Brief geschrieben, von dem ich wusste, das Menschen ihn nicht lesen konnten, aber Groblins. Sie musste ihn in den Berg bringen. Wenn Froschlippe ihn zu lesen bekam, wusste ich das ihr nichts geschehen würde. „Bitte Lottie, ich fleh dich an. Du wirst nie wieder arbeiten müssen in deinem Leben wenn du das für mich tust“, weinte ich und ließ mich vor ihr auf den Knien nieder. Das war ihr sichtlich unangenehm und verzweifelt zog sie mich an den Armen hoch. „Ich mach es mein Kind, aber nicht wegen den Edelsteinen, sondern weil du für mich immer wie ein eigenes Kind warst und ich nicht zusehen kann wie unglücklich du hier bist.“ Erleichtert umarmte ich sie und gab ihr dankbar einen Kuss auf die Wange. Sie würde erzählen das sie unterhalb des Schlosses auf dem Markt einkaufen gehen würde, so fällt es nicht auf. Später saß ich beim Mittagessen mit meinem Vater und seiner Gemahlin. Wie immer war ich sehr kurz angebunden, doch fühlte ich mich befreiter, da ich sicher war das Froschlippe mich bald holen würde. „Bitte Prinzessin, begleitet mich auf einen Verdauungsspaziergang“, hielt die Königin mich davon ab, mich auf meine Gemächer zurückzuziehen. „Ich glaube wirklich das du furchtbar leiden musst wegen den verwirrenden Gefühlen. Es sind nicht nur die besonderen Umstände, sondern auch das Kind das du erwartest. Und als Mutter möchtest du bestimmt das Beste für dein Kind. Du solltest nicht den beschwerlichen Weg zum Berg unternehmen, das schadet nur dem Kind. Ich verstehe wie es dir geht. Selten kann man sich den Gatten aussuchen und als Frau fügt man sich seinem Schicksal und mit etwas Arbeit gewöhnt man sich an dem Mann. Man lernt ihn zu lieben, das ist normal, das tun wir alle. Man fühlt sich ihm verbunden und verpflichtet, vor allem mit seinem Kind im Leib. Wir sollten einen Neuanfang wagen, schließlich gehören wir der selben Familie an.“ Die Freundlichkeit kam sehr überraschend und zum ersten Mal verspürte ich Sympathie für die Königin. Vielleicht hatte ich zu kindisch reagiert, schließlich war ich als einzige Tochter entführt worden und Vater hatte für das weitere Bestehen der Familie sorgen müssen. Ob sie auch guter Hoffnung war? Sie führte mich zu einen abgelegenen Teil des Schlosses und wieder fiel mir auf wie viel sich verändert hatte. „Als Königin, und das kannst du mir sicher nachfühlen, muss man alles menschliche tun um sein Reich und seine Untertanen zu beschützen, geschweige denn die Familie. Wir sollten nicht streiten, ich bin nicht dein Feind und wir sollten an unsere Pflicht denken“, sagte sie.   Abgetrennte und aufgespießte Köpfe thronten auf der Mauer über uns. Unverkennbar erkannte Groblins, eine ganze Familie, bestehend aus Mann, Frau und zwei Kindern. Jemand schien es wichtig gewesen zu sein die Kette mit dem Anhänger um den Spieß des Mannes zu knoten. Bei genauerer Betrachtung las ich, 'Kafka'. „Kafka“, schluckte Aline schwer. Denn der Name war ihr ein Begriff. „Kanntest du ihn? Was für ein wildes Volk. Sie waren schmutzig und kaum angezogen. Fürchterlich. Ich wollte ihre hässlichen Köpfe nicht hier hängen sehen, doch Richard, dein hoher Vater, bestand darauf.“ „Wie konntest du mir das zeigen“, schluchzte ich und griff mir vor Kummer ans Herz. „Ehrlich gesagt wollte ich dir das gar nicht zeigen. Es ging mir um etwas anderes und wie ich zuvor erklärte müssen wir unsere Pflicht tun. Und meiner Ansicht nach bist du schuld daran das ich das tun musste“, sprach sie in Rätseln, packte mich an den Schultern und drehte mich in eine bestimmte Richtung und sah nach oben. Ich tat es ihr gleich und ein lauter Schrei entfuhr meiner Kehle. Der abgetrennte Kopf von Lottie war auf einem Spieß gesteckt worden. Das Blut war hinunter getropft und der gesamte Spieß war in blutroter Farbe getaucht, ihr Angsterfüllter Blick starrte ins Nichts. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)