Decision von MoonLestrange ================================================================================ Kapitel 15: Tanz ---------------- Was sollte die Frage den jetzt? Hoffentlich hatte er das jetzt nicht wirklich vor. „Nein. So etwas lernt man heute nicht mehr. Bei mir stand von Anfang an der Umgang mit dem Schwert im Vordergrund“, erwiderte sie. Urd ging auf sie zu und reichte ihr eine Hand: „Dann komm. Ich kann es dir beibringen.“ Musste das sein? Aber Urd ließ nicht locker. Sie seufzte ergeben und nahm seine Hand. „Leg deine linke Hand auf meine Schulter…genau so. Die rechte nehme ich“, erklärte er, während er seine Linke an ihre Hüfte legte. „Sehr schön, die Grundhaltung steht. Jetzt machst du mit deinem linken Fuß einen Schritt nach hinten und ich einen mit dem rechten nach vorn. Keine Sorge, ich führe dich“, fuhr er seine Instruktionen fort. Der Anfang war kompliziert, sie trampelte ihm zwar nicht viel auf den Zehen herum, aber tapsig stellte sie sich trotzdem an. Doch Urd ließ das alles über sich ergehen, die Geduld schien ihm nicht auszugehen. Nachdem sie die Grundschritte einigermaßen beherrschte wurde er schneller und begann sich zu drehen. Das war doch einfacher als sie dachte, nicht so komplex wie kämpfen. Aber etwas sagte ihr, dass es auch hier wieder viele Variationen und Unterschiede gab. „Verkrampf dich nicht so. Das ist kein Kampf, also lass die Anspannung fallen“, sagte er. Leichter gesagt als getan. Das war wirklich nicht ihr Element, aber es schien Urds zu sein. Er schien es zu genießen. „Ich versuche es“, antwortete sie, „Aber ich glaube, das ist einfach nicht meins.“ „Das ist nur ein einfacher Walzer. Kein Gefühl für Musik?“, fragte er. Sie blieb kurz stehen: „Nicht wirklich, ich habe mich nie damit beschäftigt. Weder hiermit, noch mit Ballett.“ „Ballett ist etwas völlig anderes als das hier. Diese Form des Tanzes erlernt man nicht mal eben in ein paar Minuten. Die meisten Tänzer trainieren dafür fast ihr gesamtes Leben lang. Schon als Kleinkinder. In Russland war das eine große Tradition“, erzählte Urd ihr und ließ sie los. Jedes Land hatte halt seine eigenen Dinge. Doch sie selbst könnte sich nie vorstellen, ihr gesamtes Leben lang zu tanzen. Aber jedem das seine. Urd nahm die Nadel wieder von der Schallplatte und verstaute sie wieder in ihrer Hülle. „Wie lange dauert es noch, bis Ky Luc wieder zurück ist?“, fragte Aoi nach. „Wir haben gerade mal zwei Tage hinter uns gebracht. Also noch acht“, Urd lief wieder zurück zum Glastisch in der Mitte, „Nutze die Zeit, um dich mit allem vertraut zu machen. Wir sehen uns später, ich würde dir gerne noch ein paar Dinge erklären, die du noch beachten solltest. Ich möchte mich etwas hinlegen, das solltest du auch tun. Vampire müssen zwar theoretisch nicht schlafen, aber nach den heutigen Ereignissen kann das nicht schaden. Hast du noch Durst? Wenn ja, dann bediene dich. Wenn es uns an Blut mangelt verlieren wir unseren Verstand. Glaub mir, das willst du nicht.“ Damit war auch Urd weg. Acht Tage…so lange sollten sie noch warten. Hoffentlich hielt Kureto so lange durch. Er musste einfach. Ihr Blick fiel auf die Glaskaraffe, die noch auf dem Tisch stand. Urd hatte ihr zwar gesagt, sie solle sich bedienen, aber sie würde jetzt nichts mehr nehmen. Irgendwann musste sie damit anfangen, das zu trainieren. Sie konnte sich nicht immer nur von einer Mahlzeit zur nächsten hangeln. Am besten wäre es, wenn sie ihren Durst irgendwie ganz ausblenden könnte. Bis dahin brauchte es wohl noch eine Menge Training. Sie nahm den Deckel und setzte ihn auf das Gefäß. Anschließend hob sie es an und nahm es mit, gemeinsam mit einem der Weingläser. Das hatte ihr niemand verboten, sie würde es schon wieder zurückbringen. Sie verließ den Salon. Der Gang war völlig leer und auch alle Lichter waren gelöscht, aber das war nun kein Hindernis mehr für sie. Ihre Schritte hallten auf den Fließen wieder, als sie sich auf den Weg zurück in ihren Raum machte. Sie ging jetzt einfach davon aus, dass es weiterhin ihr Raum war. Niemand hatte ihr etwas Gegenteiliges gesagt. Diesmal fand sie den Weg auch, ohne sich zu verlaufen. Als sie gerade an der Tür angelangt war, hörte sie ein seltsames Knacken. Sie erstarrte und spitzte ihre Ohren. Was war das? Nach ein paar Sekunden ertönte es wieder. Es klang wie ein Funkgerät, aber woher? Dann fiel es ihr wieder ein. Sie hatte noch eins. Bei dem überstürzten Aufbruch aus Shibuya hatte sie glatt vergessen, es Meister Kureto zurückzugeben. Es war besser, wenn die anderen Vampire das nicht wussten. Da ihre Hände voll waren musste sie die Tür mit dem Ellenbogen öffnen. Sie trat schnell ein und zog die Tür wieder zu. Anschließend stellte sie ihre Last auf dem Nachttisch ab und setzte sich auf ihr Bett. Sie zog das Funkgerät aus ihrer Tasche heraus. Es schien tatsächlich zu funktionieren. Anscheinend hatten die Vampire den Funkverkehr wieder hergestellt. „…oi?“, krächzte es aus dem Gerät. Es war Meister Kuretos Stimme, da war sie sich sicher. Sie betätigte den Sprechknopf: „Meister Kureto? Seid Ihr es?“ „Aoi! Es scheint zu funktionieren. Für einen Moment habe ich mir Sorgen gemacht. Wie geht es dir? Alles in Ordnung?“, seine Stimme klang etwas erleichtert. Das fragte gerade er? Das hätte wohl eher ihr Text sein müssen. „Mir geht es gut, bis auf die…bekannten Probleme, Ihr wisst schon“, antwortete sie ihm, „Was ist mit Euch? Hat sich dieses Ding schon irgendwie bemerkbar gemacht?“ Es dauerte etwas, bis ihr geantwortet wurde: „Noch hat Raimeiki ihn im Griff. Aber wenn ich meinen Dämon nicht ständig mit starken Begierden füttere, dann könnte es sich ändern. Ich hatte schon befürchtet, dass du doch noch Probleme bekommen könntest, so wie der reagiert hat.“ Begierden…das war ein zweischneidiges Schwert. Zum einen kann Raimeiki damit vielleicht ein Eindringen von Shikama Doji verhindern, aber andererseits machte Meister Kureto sich damit verwundbar. Er könnte sich dadurch selbst in einen Dämon verwandeln. Aoi ließ sich in die Kissen fallen: „Nein, es ist bei der einen Ansage geblieben, die ihr auch mitbekommen habt. Außerdem haben wir jetzt noch Zeit bekommen. Urd Geales hat beschlossen zu warten, bis auch der dritte im Bunde wieder zurück ist. Die Sonnenfolter dauert noch acht Tage. Bis dahin, fürchte ich, kann ich erst einmal nicht viel tun.“ „Ich komme schon klar“, versuchte er sie zu beruhigen, „Unser Forscherteam untersucht dieses Phänomen bereits. Guren ist hoffentlich auch bald zurück. Wir finden schon eine Lösung.“ Muss ich es als erste sagen?“, Aoi drehte sich auf die Seite, „Ich traue Guren Ichinose nicht.“ „Mag sein, aber er hat bisher noch jede Situation meistern können, egal wie sehr sie aus dem Ruder gelaufen ist. Deshalb denke ich, er könnte uns noch nützlich sein“, versuchte er sie davon zu überzeugen, „Noch etwas, Aoi. Wenn ich jemals von diesem Wesen übernommen werde, wenn ich mich bis zur Unkenntlichkeit verzerren sollte…dann musst du mich töten. Ich will die Menschen nicht in Gefahr bringen.“ Aois Hände krampften sich um das Funkgerät: „Meister Kureto! Wir werden eine Möglichkeit finden, Euch zu retten. Es wird nicht dazu kommen!“ „Beruhige dich, Aoi. Das war nur ein Hinweis, für den Fall das es zum schlimmsten kommen sollte“, erklärte er ihr, „Genug davon. Du bist bestimmt erschöpft. Ruhe dich etwas aus.“ „Meister Kureto“, sagte sie schließlich, „Ihr wisst es doch selbst. Ich bin ein Vampir, ich muss nicht mehr schlafen. Ich schalte das Gerät dann aus. Die Vampire müssen nicht unbedingt darüber Bescheid wissen. Ich melde mich, sobald ich etwas Neues erfahre.“ Aoi lag noch eine Weile auf dem Bett und hing ihren Gedanken nach. Müde war sie tatsächlich nicht, trotz all der Kämpfe und Aufregung an diesem Tag. Wie sollte sie einschlafen, wenn sie überhaupt nicht müde war? Sie stand wieder auf und begann damit, ihre Uniform auszuziehen. Vermutlich würde sie ohnehin wieder sie der Vampire tragen müssen. Sie löste ihre Frisur und ging in das Bad. Es war deutlich größer als das auf dem Schiff, aber das war zu erwarten gewesen. Es gab sogar eine Badewanne. Verschiedene Sorten Shampoo und Duschbad standen bereit. Es gab sogar Badeschaum. Bei ihren vorherigen Besuchen war ihr das alles gar nicht so aufgefallen, vermutlich weil sie genug mit anderen Dingen beschäftigt gewesen war. Die ließen es sich also gut gehen. Sie drehte den Wasserhahn auf und hielt ihre Hand unter den Strahl. Es war angenehm warm. Ihr letztes, richtiges Bad war wahrscheinlich schon Jahre her. Sie hatte dafür nie wirklich die Zeit gehabt, es war eher auf eine simple Dusche hinausgelaufen. Jetzt hatte sie ja die Zeit. Zwar hatte sie ein wenig schlechtes Gewissen, doch dieses eine Mal wollte sie sich das gönnen. Sie ließ die Wanne volllaufen und zog auch ihre Unterwäsche aus. Anschließend stieg sie ins Wasser und ließ sich auf dem Boden nieder. Sie schloss ihre Augen und genoss das warme Wasser, sie brauchte schon gar keinen Schaum mehr. Sie legte ihren Kopf auf dem Rand ab und schloss die Augen. Sie blieb eine Weile in dem Wasser sitzen. Nachdem sie sich abgetrocknet hatte zog sie wieder das weiße Nachthemd an und ließ sich wieder auf das Bett fallen. Wie sollte sie schlafen, sie war nicht im Geringsten müde. Dennoch kroch sie unter die schwere Decke und zog sie bis zum Kinn. Eine Zeit lang schaute sie einfach nur in Richtung Fenster, doch irgendwann gelang es ihr irgendwie einzuschlafen. Zunächst wusste sie nicht, was sie geweckt hatte. Doch spätestens als sie sich wieder ihres Körpers bewusst wurde, die Decke über sich spürte und das schummerige Licht der Straßenlaternen wahrnahm wusste sie was. Ihr Hals. Ihre Kehle stand förmlich in Flammen. Durst…Sie hatte schon wieder diesen unbeschreiblichen Durst. Wie lange hatte sie geschlafen? Es mussten ja Stunden gewesen sein, wenn es schon wieder so schlimm war. Das war doch zum verrückt werden. Sie befreite sich aus den vielen Kissen und rutschte an den Bettrand. Die Karaffe stand noch immer auf dem Nachttisch, wäre also kein Problem. Doch wenn sie jetzt Blut zu sich nahm, würde ihr das dabei helfen, ihren Durst besser zu kontrollieren? Oder machte es das nur noch schwieriger für sie? Urd hatte ihr diesbezüglich noch keine Tipps gegeben. Allerdings hatte Lest Karr gesagt, sie solle trinken, wenn sie Durst hatte, von daher hoffte sie, dass es schon in Ordnung ging. Sie nahm den Deckel ab und füllte ihr Glas. Sie stellte das Glas auf dem Tisch ab. Nur Geduld, Aoi. Nur Geduld. Du kannst das unter Kontrolle bringen. Sie legte den Deckel wieder zurück auf das Gefäß. Eine Weile schaute sie das Blut einfach nur an, bevor sie es in ihre Hand nahm und langsam an ihre Lippen setzte. Schon nach dem ersten Schluck war sie wieder am Limit, doch es gelang ihr, sich loszureißen. Sie versuchte es weiter, aber es war wie ein hangeln von einem Schluck zum nächsten. Erst als es leer war, spürte sie wieder Ruhe in sich. Das konnte ja noch was werden. Wenn es ihr bei einem echten Menschen genau so ging wie mit diesem Glas, dann wäre der jetzt tot. Bei Kureto hatte sie es geschafft, weil sie ihn kannte und ihn etwas mit ihr verband. Sie brauchte deutlich mehr Disziplin, Urd musste ihr das jetzt unbedingt mal beibringen. Sie sprang von ihrem Bett und nahm sich Kleidung aus dem Schrank. Die Uniform der japanischen, kaiserlichen Dämonenarmee hatte sie fein säuberlich in den Schrank sortiert, sie würde sie vielleicht noch einmal brauchen, sie hoffte es fast. Zwar hatte sie Urd gut auf die Finger geschaut, als er ihre Schleife neu gebunden hatte, aber es umzusetzen erwies sich als schwieriger. Es sah zwar schon besser aus als das erste Mal, aber auch noch nicht perfekt. Warum mussten die Vampire so komplizierten Schnick Schnack an ihrer Kleidung anbringen? Ohne sah es doch sowieso besser aus. Aber diese Uniform war vermutlich schon wer weiß wie viele Jahrhunderte der Standard. Mode veränderte sich immer wieder, musste wohl damals schick gewesen sein. Aber Vampire schienen sich um Kleidung wohl ohnehin nicht großartig zu scheren. Aoi brachte ihr Schwert an der Halterung an und streckte sich einmal. Anschließend verließ sie ihren Raum und begann Urd zu suchen. Im Salon war er nicht. Er lief ihr auch nicht über den Weg. Am Ende war er irgendwo draußen in Sanguinem unterwegs, dann würde sie ihn nie finden. Könnte aber auch sein, dass er noch schlief. Vielleicht sollte sie mal in seinem Zimmer nachsehen…aber leider hatte sie keine Ahnung, was überhaupt sein Zimmer war. Dieser Ort war einfach ein Labyrinth, jeder Gang sah irgendwie gleich aus. Irgendwann hörte sie das Geräusch von Klingen. Da kämpfte anscheinend jemand. Sie folgte den Geräuschen und erreichte schon bald einen großen, fast leeren Raum. An der Wand hingen einige Waffen und alte Gemälde. Das Geräusch war von zwei Frauen verursacht worden, die sich hier anscheinend im Kampf übten. Es waren Chess und Horn, das ungleiche Paar adeliger Vampire, die sie bereits kurz nach ihrer Verwandlung kennengelernt hatte. Während Chess mit schnellen Bewegungen und kurzen Stichen angriff schien Horn die meiste Zeit mit der Abwehr beschäftigt zu sein. Sie demonstrierten ihr also gleich, was ihre Stärken waren. Schwert und Schild sozusagen. Es wirkte jedoch eher so, als wären ihre Techniken hauptsächlich auf Unterstützung ausgelegt. Gehörte also noch eine dritte Person dazu? Wenn, dann war diese nicht hier. Sie sah ihnen eine Weile zu. Doch als sie Aoi bemerkten stoppten sie ihren Kampf. Zumindest Horn tat das. Chess schien weiter angreifen zu wollen, doch Horn machte im letzten Moment eine elegante Drehung zur Seite. Damit hatte ihre Partnerin wohl nicht gerechnet, denn sie fiel prompt auf die Nase. „Aua! Horn, was soll das? Wolltest du nicht deine Abwehr trainieren?“, beschwerte Chess sich lauthals. Horn stemmte eine Hand in die Hüfte: „Habe ich doch. Du hast angegriffen und ich habe abgewehrt, indem ich formvollendet ausgewichen bin.“ Chess sprang auf ihre Füße: „Sehr witzig, Horn.“ „Damit sollte man auf dem Schlachtfeld rechnen, Chess. Pass besser auf, sonst erwischt es dich noch. Soll ich etwa mein gesamtes Leben lang einsam und allein verbringen?“, Horn schulterte ihre große Lanze. „Ich lass mich schon nicht umbringen“, sicherte Chess ihr zu, „Außerdem ist Fürst Crowley ja noch da. Du wärst doch gerne mit ihm allein, oder?“ Chess grinste verschmitzt und Horn stieg sichtbar die Röte ins Gesicht. Warum das? Sie konnte doch nicht in diesen Crowley verliebt sein, oder? Sie war doch ein Vampir. Aber vielleicht war sie noch nicht so lange ein Vampir, Aoi hatte auch immer noch Gefühle für Kureto. Aber wie lange noch? Wie lange würde es dauern, bis Kureto für sie nicht mehr viel bedeutete? Das machte ihr ehrlich ein wenig Angst. Horn legte ihre Finger präzise aneinander und ihrem verlegenen Gesichtsausdruck ein besorgter gewichen: „Wo wir gerade über Fürst Crowley reden…Wo ist er eigentlich? Warum hat er uns hiergelassen? Ich mache mir langsam Sorgen um ihn.“ „Keine Ahnung“, Chess zuckte mit ihren Schultern, „Er war mit Ferid unterwegs, aber der brutzelt ja jetzt in der Sonne.“ Stimmt, Ferid war der Silberhaarige gewesen. Horn schien nicht begeistert: „Oh je. Ferid Bathory bedeutet immer Ärger. Ich hoffe, dass Fürst Crowley sich nicht in seine Spielchen mit hineinziehen lässt.“ Der schien ja wirklich keinen guten Ruf hier zu haben, auch Urd hatte ihn einen Unruhestifter genannt. Aoi konnte sich vorstellen, dass es in der Vampirgesellschaft nichts Schlimmeres gab, als einen schlechten Ruf zu haben. Vampire waren ja allgemein nicht als die geselligsten Kreaturen bekannt. Wenn man sich hier unbeliebt machte, dann gingen einem die anderen ja noch mehr aus dem Weg. Vermutlich wurde man dann auch noch häufiger vom hohen Rat kontrolliert. Keine gute Position. Dann drehte sich Chess zu ihr um und begann ihr zuzuwinken: „Hey, willst du mitmachen?“ „Cheeess!“, Horn stupste mit einem Finger gegen ihre Schulter. Chess fuhr zu ihr herum: „Was denn?“ Horn schaute wieder zu Aoi: „Du hast dich noch nicht mal vorgestellt. Da willst du sie schon zu einem Übungskampf herausfordern?“ Konnte man eigentlich noch unterschiedlicher sein? „Oh Mann, Horn. Jetzt übertreib mal nicht“, Chess rollte mit den Augen, „Aber meinetwegen. Ich bin Chess Bell, eine Urahnin 17. Ranges. Willst du mit uns trainieren?“ Sie war also auch auf Rang 17. Dann war dieser Crowley vielleicht ihr Meister. „A-Also…eigentlich war ich auf der Suche nach U-… Meister Geales. Doch ein paar Minuten kann ich sicher teilnehmen“, sie hatte sowieso keine Ahnung wo sie suchen sollte. Außerdem war das die perfekte Gelegenheit auszutesten, wie gut sie sich gegen Adelige mit niedrigeren Rängen behaupten konnte. Horn stützte einen Arm mit ihrem Ellenbogen: „Sicher? Sollten Sie dann nicht eher-“ Doch Chess quatschte ihr einfach dazwischen: „Wunderbar! Dann lasst uns loslegen! Ich fang an.“ Chess zog schwungvoll ihre Waffe. Also gut, jetzt zählte es. Ein Duell gegen eine Adelige. Noch vor ein paar Wochen hätte sie sich selbst für verrückt erklärt, das auch nur zu versuchen. Aber jetzt war der Unterschied wahrscheinlich nicht mehr so gravierend. Horn lehnte an einer Wand und musterte beide mit einem undefinierbaren Blick. Aois Hand legte sich um ihr Schwert und sie nahm ihre Ausgangshaltung an. Chess war schnell, sehr schnell. Im letzten Moment noch konnte sie ihre Waffe ziehen und den Hieb parieren. Wäre sie noch menschlich gewesen, sie hätte nicht so schnell reagieren können, da war sie sich sicher. Ihr gesamter Kampfstil schien sich um ihre Geschwindigkeit aufgebaut zu haben. Sie hatte eine hohe Angriffsfrequenz, Aoi war fast die gesamte Zeit über mit der Abwehr beschäftigt. Chess hatte deutlich mehr Erfahrung im Umgang mit ihrem Körper als Aoi, das merkte sie gerade. Dadurch konnte sie Möglichkeiten sehen, die Aoi nicht sah. `Wenn du so kämpfst und springst wie ein Mensch, dann bist du auch nur so gut wie ein Mensch.` Die Bedeutung dieser Worte wurde ihr in dem Moment bewusst. Auch wenn sie körperlich nun ebenbürtig war, Kraft war eben nicht alles. Es kam auf die richtige Technik an, sie musste ihren bisherigen Stil an ihren neuen Körper anpassen. Gegen die Menschen kam sie so gut an, aber die meisten anderen Vampire waren älter als sie. Gab es überhaupt einen Vampir, der jünger war als sie? Wahrscheinlich nicht. Horn war Chess vorhin ausgewichen und hatte sie so irritiert. Vielleicht sollte sie das mal versuchen. Dann musste sie aber den richtigen Moment abpassen. Sie sah, wie Chess beide Hände um ihre Klinge legte. Das war ihre Chance, wenn sie jetzt auswich würde Chess sich nicht gut abfangen können. Sie blieb ruhig stehen und ging in Abwehrstellung. Sie wartete, die Klinge war nah, sie wartete immer noch ab. Sie sah die Klinge fast in Zeitlupe auf sich zurasen. Erst kurz vor der Kollision sprang Aoi nach rechts, die Klinge streifte zwar ihren Unterschenkel und fügte ihr eine längliche Schnittwunde zu. Aber Chess hatte dadurch ihr Gleichgewicht verloren. Sie fiel zwar nicht hin, strauchelte jedoch. Das war ihre Chance, die Wunde konnte sie ignorieren da sie ohnehin gleich heilen würde. Chess konnte ihren Angriff zwar abwehren, aber Aoi hatte ihre Angriffswelle unterbrochen. Sie war wirklich eine reine Angreiferin und wahrscheinlich kam Horn die Aufgabe zu, Angriffe abzuwehren. Kein Wunder, dass die Soldaten der japanischen, kaiserlichen Dämonenarmee an ihnen gescheitert waren. „Nicht schlecht“, sagte Chess schließlich, „Respekt, du bist wirklich stark.“ Horn seufzte: „Das war zu erwarten, Chess. Sie ist schließlich von Meister Urd Geales zum Vampir gemacht worden. Dennoch merkt man ihr deutlich an, dass es ihr noch an Erfahrung fehlt. Oder wären Sie allein auf die Idee auszuweichen gekommen, wenn ich es nicht vorgemacht hätte? Sie müssen einfach weiter üben, bald wird sich dieser Körper wie von selbst bewegen.“ Da hatte sie wahrscheinlich Recht. Zwar war sie Chess im Rang überlegen gewesen, aber sie war auch wesentlich älter. Horn kam näher und legte ihren Kopf etwas schräg: „Verlieren Sie nicht den Mut, Meister Geales kann Ihnen bestimmt mehr beibringen als wir.“... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)