Something To Remember von C3ph3us ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- Tief einatmen. Er rutschte noch ein kleines Stück weiter nach rechts und drückte seine Wange gegen die mittlerweile leicht erwärmte Wangenauflage. Tief ausatmen. Sanft schloss er sein linkes Auge und überprüfte mit dem rechten erneut, dass sich nichts zwischen ihn und sein Ziel positioniert hatte. Tief einatmen. Die Person, auf die er angesetzt war, war kein großer Fisch, was ihn jedoch nicht davon abhielt, sich mehrfach abzusichern, sodass nichts schief gehen konnte. Zu gut war er sich der Gefahr bewusst, die ein noch so kleiner Fehler, eine noch so nebensächliche Unaufmerksamkeit mit sich tragen konnte. Ginge es ihm nur um sich, so hätte er den Job bereits vor 4 Minuten und 27 Sekunden erledigt, als die Zielperson ohne Deckung in die dunkle Gasse eingebogen war. Aber hier ging es um mehr. Viel mehr. Tief ausatmen. Die Nacht war unwirklich still, sodass er sein eigenes Blut in den Ohren rauschen hörte. Ein spitzer Gegenstand, vermutlich ein Kieselstein, stach ihm in seinen Oberschenkel und er fühlte einen einsamen Tropfen, der die Hand am Abzug streichelte. Nichts davon störte seine Konzentration auch nur in geringster Weise. Jahrelange Erfahrung löschte jegliches Zittern in seinen Gliedmaßen aus und mit tiefer Entschlossenheit betätigte er den Abzug. Selbst ohne den Schalldämpfer hätte niemand den einzelnen Schuss wahrgenommen, der sein Ziel direkt in die Glabella traf. Direkt zwischen die Augenbrauen. Die Gegend war an diesem Abend wie ausgestorben, was nicht zuletzt daran lag, dass einer der gefürchtetsten Schläger aus der Untersuchungshaft entlassen wurde. Jener Schläger lag nun am Boden und musste sich dem letzten Gericht stellen. Und dieses Gericht war weder korrupt noch blind gegenüber nackter Tatsachen. Um sich zu vergewissern, dass seine Arbeit zu einhundert Prozent ausgeführt war, zielte Jongup für weitere 38 Sekunden auf den Brustkorb des gefallenen Mannes. Natürlich war das überflüssig. Routiniert verstaute er die Waffe in seinem Futteral und setzte sich die schwarze Gesichtsmaske auf. Obwohl Jongup nicht Gefahr lief, gesehen oder gar erwischt zu werden, zog er sich zudem seine Kapuze auf und verschwand in der Nacht. Es würde heute noch ein Unwetter geben. Die alte Lagerhalle roch stechend nach Benzin und abgestandener Luft, niemand wusste genau, was die Wände aus Blech und Metall alles gesehen hatten und niemand würde die Geschichten der Gewalt je vollständig zu hören bekommen. Mit lautem Schaben rückte er eine lose Bodenplatte beiseite und hüpfte leichtfüßig in das dunkle Loch. Nachdem er die Platte wieder an ihren ursprünglichen Platz geschoben hatte zog er eine große Maglite aus seiner Jackentasche, mit der er vermutlich problemlos einen erwachsenen Mann zu Tode schlagen könnte. Nach einem Zusammensturz im hinteren Bereich der Halle war der einzige offizielle Zugang zu dem kellerartigen Gebilde verschüttet worden. Zielsicher bewegte sich Jongup auf eine Abzweigung zu, an welcher er sich für die linke Seite entschied und bald darauf auf eine Sackgasse stieß. Zumindest sollte es auf den ahnungslosen Betrachter so wirken. Auch hier ließ sich eine Platte von der Wand lösen, hinter welcher sich eine Tresortür verbarg. Der ehemalige Besitzer des Fabrikgeländes hatte einige dreckige Geschäfte am laufen gehabt, die er lieber für immer hinter den schalldichten Wänden des 1.000 qm großen Bunkers verborgen hätte. Neben der Tür war ein Eingabefeld mit Gegensprechanlage und Kamera zu erkennen. Reine Ablenkung. Wer versuchte eine Zahlenfolge einzutippen konnte sich glücklich schätzen, wenn es ihn nur seine Hand kostete. Jongup klappte das Tastenfeld zur Seite und betrachtete kurz den abgenutzten Knopf, der zu Vorschein kam. Nach jahrelanger Benutzung hatte dieser seine ursprüngliche Farbe verloren und eine raue Oberfläche bekommen. Junhong meinte zwar, dass er trotz seines äußerlichen Erscheinungsbildes vollkommen funktionsfähig war, aber an den Blicken seiner Kameraden konnte er erkennen, dass niemand unter ihnen so wirklich daran glaubte. Da Geld kein Problem darstellte, sollte er bei Gelegenheit darum bitten, den Knopf erneuern zu lassen. Aus reinem Muskelgedächtnis gab er den vertrauten Code in Morse ein. Lang, kurz, kurz, kurz, kurz, lang, kurz, lang, lang, kurz. Bei dem Gedanken an die kreative Wahl des Passwortes huschte ein Lächeln über sein Gesicht. So etwas passierte nun mal, wenn man jemandem mit den Charaktereigenschaften einer fürsorglichen Mutter zu viel Entscheidungsmacht gab. Insgeheim aber löste eben jenes Verhalten ein vertrauliches, warmes Gefühl in ihm aus, das er seit seiner frühen Kindheit nicht mehr erlebt hatte. Zugeben würde er dies jedoch niemals. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)