Ein Austausch mit Folgen von SuperCraig ================================================================================ Kapitel 71: Der Abschied ------------------------ Die letzten Tage unserer Ferien verbrachten wir mit einer Mischung aus Spiel und Spaß. Mir drängte sich der Verdacht auf, zwischen Mokuba und Serenity könnte bereits, ohne brüderliches Zutun, etwas laufen. Yugi und ich duellierten uns ein paar Mal gegen virtuelle Klone, die uns Kaiba zur Verfügung gestellt hatte. Meist war der CEO mit seiner Firma beschäftigt, doch, wenn er uns einmal mit seiner Anwesenheit beehrte, dann hatte ich das Gefühl, als wäre er stolz. Sein Protegé hatte sich laut Yugi zu einem exzellenten Duellanten gemausert, dessen Strategien nicht mehr so leicht zu durchschauen waren wie früher. Joey kümmerte sich um seine Schwester und deren Anhängsel. Mokuba schien ganz vernarrt in Serenity, und sie verhielt sich so, als würde ihr das auch durchaus gefallen. Alles in allem hätte es ein durchaus schöner Ausklang werden können, wenn da nicht der bevorstehende Abschied über dem Kopf meines Freundes gekreist wäre, wie ein Damoklesschwert. Ich versuchte ihn so gut es ging abzulenken. Meist war nach einer Runde Duel Monsters alles wieder im Lot, doch je näher der Termin von Serenitys Abreise rückte, desto düsterer wurde seine Stimmung. Nicht einmal, wenn wir miteinander schliefen (was derzeit öfter der Fall war), konnte er seine Trauer völlig verbergen. Yugi war so nett gewesen, gemeinsam mit Tristan aufzutauchen, als es dann soweit war. Ich hob die Mundwinkel an und klatschte meine Freunde ab, während Joey mit Serenity in meinem Zimmer war. „Und, wie ist er drauf?“, erkundigte sich der Braunhaarige. „Ehrlich gesagt, Tristan, ich weiß es nicht. Er hat gerade so eine Mischung aus Freude und Trauer, die fast schon ein wenig unheimlich anmutet.“ Yugi seufzte leise: „Das ist typisch. Wir haben das schon mehrere Male durchgemacht. Stell dich drauf ein, dass er in nächster Zeit abblocken wird.“ Das waren ja wieder rosige Aussichten. Außerdem hegte ich die Vermutung, dass seine schlechte Laune mit noch etwas Anderem zusammenhing. Ich klopfte vorsichtig gegen die Zimmertür: „Joey?“ Ein leises Rumpeln war zu hören, gefolgt von einem gefauchten „Jaja“. Tristan grinste breit: „Wenigstens fährt er dich auch so an, wenn es um Serenity geht.“ Ich unterdrückte das Verlangen, meinem Freund eine ziemlich unflätige Geste zu zeigen; stattdessen winkte ich beide mit mir. „Wenn wir das Zimmer belagern, wird es sicher auch nicht besser. Gehen wir nach unten, noch eine Kleinigkeit essen.“ Mittlerweile hatte ich mich mit dem Koch angefreundet. Wie auch sonst alles in Kaibas Haus, war das Essen, beziehungsweise der Service dahinter, vorzüglich. Es gab bestimmte Zeiten, zu denen man seine Wünsche äußern konnte. Mir war es zwar ein wenig unangenehm, aber der Küchenchef ging meist meinen Vorschlägen nach, sofern nicht Kaiba selbst andere Präferenzen äußerte. Mokuba entpuppte sich als jemand, der meinen Essensgeschmack teilte. Außerdem war es, laut seinen Aussagen, abwechslungsreich, europäische Küche zu genießen. Unser Trio setzte sich ins Esszimmer, wo immer irgendwelche Snacks bereitstanden. Ich versuchte mich vor dem wahrscheinlichen Drama abzulenken, indem ich die selbstgebackenen Brezeln fast inhalierte. „Wenn du nervös bist, könnte man meinen, du hättest wochenlang nichts zu essen bekommen“, schmunzelte Yugi, der mich aus meinen Gedanken riss. „Hat er wahrscheinlich auch nicht. Wenn er mit Kaiba streitet, gibt es sicher kein Abendessen vor dem zu Bett gehen“, setzte Tristan grinsend nach, was mir tatsächlich ein Lachen entlockte. „Ihr beide seid unmöglich, wisst Ihr das?“, fragte ich rein rhetorisch, und schob ihnen das restliche Gebäck zu. Nach gut einer halben Stunde, und beinahe zu spät, erschienen Serenity, Joey und Mokuba in der Tür. Alle drei wirkten wie getretene Hunde, und ich war mir sicher, dass alle drei geweint hatten. Ein drolliger Anblick, wäre da nicht die Tatsache gewesen, dass ich sie gut verstehen konnte. Mir war noch etwas eingefallen, das ich aber noch zurückhielt. „Dann gehen wir es einmal an, hm?“ Betreten schweigend nickte Team Joey und machte sich auf den Weg zur Limousine. „Tristan, du bist so gut, ja?“, lächelte ich dem Riesen entgegen, der bejahend nickte. Manchmal war nur ein kleiner Denkanstoß nötig, und dazu eine gehörige Portion Trotz, den es in anderen zu wecken galt. Das Gepäck hatte man bereits verladen. Unsere Aufgabe bestand darin, eine gute Figur im Auto zu machen, welches langsam die Einfahrt hinabrollte. Der weiße Kies knirschte unter den Reifen und vermochte die drückende Stille, die herrschte, nicht zu durchbrechen. Ich wartete noch ein wenig, bis ich Tristan das vereinbarte Zeichen gab und mich zurücklehnte. Yugi saß neben mir, der sich das Lachen auch nur mit Mühe verkneifen konnte. Die Idee war zwar gemein, aber höchstwahrscheinlich auch idiotensicher. „Und Serenity-“, begann Tristan und riss das Trauertrio aus seinem Schweigen. „Wie sieht es denn so in Amerika mit den Typen aus?“ Schlagartig schwenkte die Stimmung um. „Was soll das heißen?“, zeterte Joey, während Mokuba wirkte wie ein von einer Kette zurückgehaltener Hund. Einzig Serenity lächelte, wie immer eigentlich, als sie antwortete: „Gut?“ Ich rempelte Yugi mit dem Ellenbogen an und deutete auf Joey, der rot im Gesicht wurde. Gleiches galt auch für den kleinen Kaiba. Mir ging der Vergleich von Hennen und deren Küken durch den Kopf. „Na, sie wird jetzt bald dann, 15, oder?“, fuhr Tristan ungerührt fort. Er spielte seine Rolle echt gut. „Und?“, brauste Joey auf. „Mit 15 geht man noch zur Schule, und konzentriert sich auf Noten, Leistung und solchen Kram.“ Ich hob die Brauen in die Höhe: „Und das gilt mit 17 nicht mehr?“, hakte ich todernst nach. Schlagartig verstummte Joey und schaute mich fassungslos an. „Du hast aber auch keine Augen im Kopf, hm?“ Yugis prustendes Lachen durchbrach die neuerliche Stille. „Was meinst du damit?“, brummte Serenitys Bruder, die er nun mit Argusaugen musterte. „Meine Güte, du hast eine lange Leitung“, seufzte Tristan und rollte mit den Augen. Ich deutete zwischen Mokuba und Serenity hin und her. „Hast du es echt noch nicht geschnallt, dass die beiden…?“ Joeys Reaktion nach zu urteilen, hatte er es wirklich nicht kapiert. Mokuba biss sich auf die Lippen, während Serenity an ihren Haarspitzen herumnestelte. Ich lag mit meiner Vermutung genau richtig. Andererseits war es aber auch nicht schwer zu erraten gewesen, wenn man nicht gerade wie Joey blind durchs Leben ging. „Bevor du ihm nun den Kopf abreißt, wovon ich dir abrate, weil ich sonst das Gleiche mit dir tun werde-“, setzte ich an und konnte unser Pärchen dabei beobachten, wie es erleichtert ausatmete, „würde ich nachdenken, was das für dich und deine Schwester bedeuten könnte.“ Man konnte Joey buchstäblich ansehen, wie es in seinem Kopf ratterte. „Dass Kaiba und ich uns anfreunden müssen.“ Ich blinzelte kurz, brach dann aber in schallendes Gelächter aus, begleitet von meinen Freunden. „Na komm, eher friert die Hölle zu.“ Ich lehnte mich ein wenig zurück und verschränkte die Finger hinter dem Kopf. „Im Gegensatz zu dir und mir, ist Mokuba der kleine Bruder von Kaiba. Wenn er und Serenity miteinander gehen, sollte es möglich sein, den großen Kaiba dazu zu bringen, sie öfter nach Japan zu holen. Da ich bei den Kaibas wohne, und du mein Freund bist, wäre es normal, wenn du Zeit bei mir verbringst. Ergo siehst du deine Schwester öfter.“ Es dauerte einige Sekunden, eine Reaktion seitens Joey folgte. Er beugte sich zu Mokuba hinüber, und bevor einer von uns reagieren konnte, fiel er ihm, soweit mit Sicherheitsgurt möglich, um den Hals. Ich schenkte meinem kleinen Bruder und meiner Schwägerin in spe ein Lächeln. Es war deutlich einfacher gewesen als gedacht, den sonst so besitzenden Joey mit dem Gedanken anzufreunden, dass seine Schwester allmählich eine Frau wurde. Mokuba warf mir einen bitterbösen Blick zu, der sich aber sogleich in ein freudestrahlendes Gesicht verwandelte, als er von Joey umarmt wurde. Die restliche Fahrt verlief locker. Joey unterhielt sich eingehend mit Mokuba, um einige Regeln festzulegen, wie er denn mit seiner Schwester umzugehen habe. Diese wirkte peinlich berührt, zog es aber vor zu schweigen und nach Mokubas Hand zu grapschen. Ich unterhielt mich mit Tristan über dessen neuste Stundideen mit dem Motorrad, während Yugi sich damit begnügte, lächelnd aus dem Fenster zu starren. Als wir am Flughafen ankamen, stand der schwerste Teil bevor: Der Abschied. Ich hatte mich mittlerweile auch an Serenity gewöhnt. Sie gehen zu lassen fiel mir auch nicht leicht, und wir umarmten uns lange. „Pass gut auf dich auf, ja?“, schmunzelte ich und löste mich dann nach einer gefühlten Ewigkeit von ihr. Lächelnd strich sie sich eine Strähne aus dem Gesicht: „Mache ich. Pass mir du auf Joey und Mokuba auf, ja?“ Ich hob die Mundwinkel in die Höhe: „Natürlich.“ Die Verabschiedung von ihrem Bruder und dem kleinen Kaiba fiel länger aus, als beim Rest. Ich bedeutete meinen beiden Kumpanen, zum Wagen zurückzugehen, und ihnen so einen letzten Moment der Dreisamkeit zu gönnen. „Woher hast du gewusst, dass er so reagieren würde?“, fragte mich Tristan und lehnte sich gegen die Limousine. „Es war Pokern mit Risiko. Wenn es schiefgegangen wäre, hätten wir ihn sicher zu dritt beruhigt bekommen“, gab ich zu. Yugi schrägte den Kopf ein wenig: „Du hast es gar nicht gewusst?“ Ich schüttelte verneinend den Schädel. Joey war in manchen Belangen nicht kalkulierbar. Er dachte mit dem Herzen und handelte mit seinem Bauchgefühl. Nach einer Weile kehrten Mokuba und Joey zurück, während der Fahrer das Gepäck einer winkenden Serenity hinterhertrug. Ich griff nach Joeys Hand und begann über das anstehende Battle City Turnier mit Yugi zu plaudern. Wie zu erwarten war, stiegen Joey und Mokuba gleich mit ein. Irgendwie hatte sich die Verbindung zwischen Yugi und mir intensiviert. Der König der Spiele wusste genau, worauf ich hinauswollte und umgekehrt, so, als würden wir uns bereits ein Leben lang kennen. Genau genommen taten wir das ja auch, irgendwie. Der Chauffeur kehrte dann alleine zurück und fuhr nacheinander die einzelnen Personen nach Hause, zuerst Tristan, dann Yugi, und zum Schluss Joey. „Sicher, dass du nicht heute bei mir schlafen möchtest?“, fragte ich und gab meinem Freund einen Abschiedskuss. „Irgendwann muss ich auch einmal wieder nach Hause“, murmelte er. „Müssen – “, begann ich, wurde aber sogleich unterbrochen. „Zu oft will ich auch nicht in Kaibas Gunst stehen“, murrte er. „Nix gegen dich Mokuba.“ Der kleine Kaiba nickte nur und sah wieder aus dem Fenster. Mittlerweile dämmerte es bereits. „Ist gut, Schatz. Pass auf dich auf. Bis morgen in der Schule.“ Joey zeigte uns seinen Daumen und warf die Tür dann zu. Nun waren wir nur mehr zu zweit. Als wir wieder in Bewegung waren, fiel mir Mokuba um den Hals und drückte mich fest. Ich lächelte und erwiderte die Umarmung: „Keine Ursache.“ Zuhause angekommen genehmigten wir uns noch ein Abendessen, unterhielten uns über den aktuellen Stand des Games, und schauten gemeinsam einen Film, bevor wir ins Bett huschten. Insgesamt war es ein schöner Tag gewesen, vor allem erfolgreich, aber ich hatte dennoch ein komisches Gefühl, als ich die Augen schloss und einschlief. Es war zu gut gelaufen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)