My divided soul von miladytira ================================================================================ Kapitel 28: Ich tat das alles für dich (Kuro) --------------------------------------------- Das Wasser glitt mit einer angenehmen Kälte über meinen hitzigen Körper, als ich meinen Kopf nach unten senkte und ihn an die hellen Fliesen drückte. Die Hand seitlich flach neben mir abgelegt versuchte ich einen klaren Gedanken fassen zu können, doch ich spürte lediglich eine aufkeimende Angst in mir. Die Lider zusammengepresst hatte ich das Gefühl noch immer den Schmerz fühlen zu können, welche Aiko zu spüren bekommen hatte, als sich ihre Seelen verknüpft hatten. Bilder hatten mich erreicht. Wie ihr Körper anfing zu strahlen in einem hellen blauen Licht, als eine Aiko die ich nicht kannte. Nur verschwommen hatte ich vernommen, dass sie ein Miko Gewand trug und dann war es schon vorbei. Letztendlich vernahm ich nur noch die Qualen. Als würde es mir verwehrt bleiben sehen zu können. Die Hand zur Faust geprallt schlug ich auf die Fliesse ein. Fluchte lautstark. Sie war in die Welt eingetaucht. Es war mir bewusst geworden, als ich sie in diesem Gewand gesehen hatte. «Scheisse…» drang es über meine Lippen, als ich meine Augen wieder öffnete und den Blick weiter nach unten gerichtete behielt. Schluckend versuchte ich auf einen Lösungsweg zu kommen, doch da war nichts. Ich wusste lediglich was ich nicht tun durfte. Meine Zähne legten sich mit Druck auf meine Unterlippe, als ich die Punkte noch einmal durchging. Die Seelen durften nicht daran gehindert werden sich zu offenbaren, hiess für mich, die dritte Welt durfte nicht versperrt werden, ansonsten würde ihre Seele zersplittern. Winzige Teile davon könnten noch überleben, aber das was ich von ihr kenne, wäre zerstört. Das durfte nicht geschehen. Nein! Niemals! Beide Fäuste fielen erneut gegen die Fliessen Ich war wütend. Wütend auf die ganze Tradition, welche wie ein Fluch auf Aiko lag. Sollten sich die Seelen alle mit ihrer verschmolzen haben, so wie es nun diejenige der Miko Aiko tat, würde sie verschwinden. Sich auflösen. So hatte es Takumi, meinem Vater erzählt. Sie würde einfach fort sein. Schluckend spürte ich das Wasser kaum noch an meinem Körper niederprasseln, stattdessen nahm mich ein unendlicher Schmerz des Verlustes ein. Ob sie wusste, was passieren würde? Hatte Kyo sie aufgeklärt? Wohl kaum. Er stand doch für diese verfluchte Tradition und er würde sie mir schlussendlich wegnehmen, solange die Tradition damit erfüllt wäre. Ich durfte sie nicht aufgeben und ich musste ein Weg finden sie vor diesem Schicksal zu bewahren.   Das schwarze Shirt über meinen Kopf gezogen, strich ich es über meinen Oberkörper nach unten, als ich auf mein grosses Bett zuging und das Handy in die Hand nahm. Wie oft versuchte ich sie nun schon zu erreichen? Das zehnte Mal? Es war egal. Mein Handy lag erneut an meinem Ohr und abermals ertönte dieses ewige lange Tuten. Keine Antwort von ihr und die Angst, dass ihr etwas zugestossen ist, nahm mich erneut ein. Diese Nacht würde ich definitiv keinen Schlaf finden, da war ich mir sicher.   *   «Kuro, was ist los mit dir?» Mein Blick wich vom schwarzen Display zu meinem besten Freund Hiro, welcher mich vor einigen Stunden von zu Hause abgeholt hatte. Ich war nicht in Stimmung gewesen in die Stadt zu gehen, hatte ich von ihr noch immer nichts gehört, doch er hatte nicht lockergelassen und irgendwann kam ich zu dem Schluss, dass mir ein wenig Ablenkung gut tun würde. «Ich habe nur schlecht geschlafen», gab ich als Antwort, was nicht gelogen war. Die Nacht war unruhig gewesen, hatte ich immer wieder auf mein Handy gestarrt. In der Hoffnung, dass ihr Name auftauchen würde. Doch er kam nicht und auch jetzt, kurz vor drei Uhr, zierte mein Iphone noch immer die Leere. Schmunzeln legte sich auf dessen Lippen und ich erkannte, wie sein Blick auf mein Display glitt, welches immer wieder von mir geöffnet wurde. «Und warum starrst du schon seit etlichen Stunden auf dein Handy?» Ein tiefer Atemzug glitt über meine Lippen. «Ich warte auf eine Nachricht von Aiko», gab ich zu verstehen und spürte den Stoss an meiner Schulter. «Sag das doch gleich! Ist doch toll, dass ihr euch wieder versteht oder nicht?» Zögerlich nickte ich. Es war nicht der Grund, weshalb ich auf eine Nachricht wartete, aber was sollte ich Hiro schon erzählen? Das Aiko in einer anderen Welt war und ich mir schlichtweg Sorgen machte um ihr Wohlbefinden? Das ich nur hören wollte, dass es ihr gut ginge? Das ihr nichts geschehen war? Wie oft würde er mich wohl als bescheuert beschreiben?   Meine Hände legten sich in meine Hosentasche und wir gingen weiter die Strasse entlang, hatten wir vor uns mit den Jungs im Café zu treffen. «Wo ist eigentlich Ruri?» Ich versuchte meine Gedanken in eine andere Richtung schweifen zu lassen und hoffte mit dem Thema zu seiner Freundin ein wenig Erfolg haben zu können. Er grinste. «Sie muss lernen für die grosse Prüfung nächste Woche», waren seine erklärenden Worte und ich nickte verstehend, fragte mich aber zugleich, wie Aiko das eigentlich machen würde? Den Kopf darüber geschüttelt, bevor die abermalige Sorge aufkeimen konnte, betraten wir das kleine Café, welches durch die aufgeschobene Türe ein leises Klingeln ertönen liess. Eine kleine Glocke war an der Decke befestigt und gab den Besitzern des Cafés Bescheid, wenn sie neue Gäste bekamen. Ich zuckte merklich zusammen als der Klang meine Ohren erreichte. Eine Wärme hatte sich in meinen Fingern ausgebreitet, welche mich pulsierend durchströmte. Fragend blieb ich in meiner Bewegung verharren, bis das Gefühl so schnell wie es kam, wieder verschwunden war. Was hatte das zu bedeuten?   *   Tief atmete ich die kühle Luft ein, als ich das Café vor einigen Minuten verlassen hatte. Hiro war mit Toshiro mitgegangen, welcher ihm noch ein Spiel für die PS4 ausleihen wollte und obwohl ich in den letzten drei Stunden zur Ruhe gekommen war mit meinen Gedanken, war die Sorge nun greifbarer als vorhin. Es war ein ganzer Tag ohne Rückmeldung vergangen und mein Display hatte noch immer keine Nachricht von ihr erhalten. Mir auf die Lippen gebissen, öffnete ich mit meiner Gesichtserkennung noch einmal mein Iphone nur um mit einem Knopfdruck aufs Wahtsapp zu kommen und ihren Namen anzuklicken. Erstarrt blieb ich abrupt stehen. Da war das online Zeichen. Mein Herz raste, als es sich sogleich in die Erkennung des Schreibens wandelte und ohne weiter nachzudenken, wählte ich sofort ihren Namen, um einen Anruf starten zu können. «Aiko?» Erleichterung erfüllte mein Inneres, als ich die Bejahung vernahm, dass sie es war. Leicht zitternd verstärkte ich den Griff um mein Handy. Ich versuchte mich daran festzuhalten, als wäre es möglich, dass sie wieder verschwinden könnte, wenn ich jetzt auflegen würde. «Wie geht es dir?» Ich hörte nichts, als ein plötzliches Gepolter durch den Hörer zu vernehmen war. Erschrocken riss ich die Lider auf. «Aiko, was ist los?!» Der Ausruf glitt hastig über meine Lippen und Sorge machte sich in mir breit. War doch nicht alles gut gegangen? Brüchig vernahm ich, dass sie keine Kraft in ihren Beinen zu haben schien und ich spürte die Panik in mir aufkeimen. «Soll ich zu dir kommen?» Eine Verneinung. «Aber Aiko ich bin nicht weit weg. Ich komme zu dir…» Wieder hörte ich, wie sie mir zu verstehen gab, dass ich nicht kommen müsste, doch meine Beine hatten sich schon lange in Bewegung gesetzt. Ein betäubendes Gefühl hatte sich in ihnen abgesetzt, doch ich versuchte es schlichtweg zu ignorieren. Gab dem keine Bedeutung als ich plötzlich durch einen Ausruf am Ohr zum Stehen kam. Aiko schien jemanden angeschrien zu haben, dass er sie nicht anfassen solle. Ob es wohl ihre Mutter… oder gar dieser Dozent war? Mir auf die Lippen gebissen, versuchte ich nicht daran zu denken, dass dieser Typ bei ihr war und wollte mich erneut in Bewegung setzen, als mir abermals die Taubheit in meinen Oberschenkel bewusst wurde. Die Augen geweitet, wurde mir soeben klar, was hier gerade geschah. Ihre und meine Seele… Wir waren eins!   Ein Schlag durchzog meine Brust, als ich zusammenzuckte. Keuchend ging ich auf eine Bank zu, welche auf dem Weg lag. Mein Herz schlug wild auf und eine plötzliche Welle von einem wärmenden Strom durchfloss mich. «Aiko» Meine Lippen bewegten sich von selbst und meine Stimme hatte an deutliche Sanftheit zugenommen. «Schliess deine Augen und atme tief ein und aus». Ich vernahm ihr Zögern, bis ihr ruhiger Atem an mein Ohr trat. Unbewusst glitten meine Finger an meinem Oberschenkel nach und formten in ihren Bewegungen das japanische Zeichen der Heilung. Die Hand abgelegt, war es Still auf der anderen Seite geworden, doch mein Inneres tobte in einem Orkan, als ich selbst bemerkte, dass die Betäubung zunehmend zurückging. Sie war verschwunden. Meine Beine fühlten sich leicht an und als ich die Frage, wie ich das gemacht hätte, von Aiko hörte, drückte ich reflexartig auf den roten Hörer. Hastig gingen meine Atemzüge über meine Lippen und ich starrte auf das Display vor mir. Was war gerade geschehen? War ich das? Hatte ich es geschafft sie zu beruhigen und sogar mehr zu bewirken? Das konnte doch nicht sein?   Das Bein wippte auf und ab. Nervös hörte ich der Erklärung meines Vaters zu. «Es scheint möglich zu sein dein eigenes Befinden auf sie zu übertragen». Sichtliche Verwirrung lag in der Klangfarbe der Stimme, welche durch das Handy hinaustrat. Auch er schien überrascht von dieser Wendung. «Weshalb hat bis anhin niemand versucht diese Tradition zu stoppen?! Wie soll ich wissen was ich tun kann und was nicht?» Wut hatte sich abermals abgelegt. Es war über mich gekommen und ich hatte ihr mit einer Handlung helfen können, die mir schlichtweg fremd war. Das Zeichen der Heilung hatte sich wie ein unsichtbarer Schleier vor meinem Auge geformt, war aber sobald es abgeschlossen war, wieder verschwunden. Ich lehnte meinen Kopf nach hinten und richtete den Blick in den Himmel empor. Man würde mich für verrückt erklären, würde ich dies jemals jemanden erzählen. «Du solltest zu ihr und dich vergewissern ob wirklich alles in Ordnung ist». Stumm legte ich auf. Mein Vater hatte recht und der Drang sie in meine Arme zu ziehen, hatte sich in meine Brust gebrannt, obwohl ich wusste, dass ich nicht ohne Erklärung wegkommen würde.   Schwer atmend starrte ich auf den Nachnamen der Klingel. Yamato. Ich war gerannt, wollte nicht noch mehr Zeit verstreichen lassen und der Trieb sie endlich wieder bei mir zu haben war mit jedem Schritt schlimmer geworden. Das Läuten drang durch meine Ohren und nur wenige Sekunden später öffnete sich die Türe vor mir. Ihre graublauen Augen trafen die Meine und bevor sie meinen Namen mit ihren Lippen formen konnte, zog ich sie an ihrem rechten Handgelenk zu mir an die Brust. Fest drückte ich sie mit meinen Armen an mich und legte meinen Kopf auf ihre Schulter nieder. Lächelnd konnte ich fühlen wie auch ihre Hände sich auf meinen Rücken legten. Zuerst sanft, dann war es als würde sie sich in meinem dunkelroten Hoodie festkrallen, spürte ich doch ihre zusammenziehenden Finger genau. Ich vermochte ein Zittern fühlen zu können, als mir das leise Schluchzen an die Ohren drang. «Aiko, es ist alles gut», gab ich leise von mir und konnte die Schritte hören, welche sogleich hinter ihr folgten. Nach oben sehend erkannte ich die azurblauen Iren des Mannes, welche ich nicht sehen wollte. Er war also hier; bei ihr. Erneut. Zähneknirschend verstärkte ich den Druck unbewusst, als ich meinen Namen vernahm. «Kuro, du hier?» Meinen Blick von dem Dozenten abgewandt, sah ich in die blauen Augen von Haruka. Aikos Mutter. Ich konnte mir kein Lächeln erzwingen. Die ganze Atmosphäre war angespannt und ich fühlte, dass ich nicht willkommen war. Ein sanfter Druck gegen meine Brust vernommen, als sich die Hände von meinem Rücken abgewendet hatten, liess ich meinen Blick nach unten sinken. Sanft strich ich mit meinen Fingern über ihre nassen Wangen, welche getränkt von den Tränen waren. Ich schenkte ihr mein Lächeln, welche sie mir ohne Zögern erwiderte. Die aufkeimende Wärme um mein Herzen tat ich als Erleichterung ab. Eine Erleichterung darüber sie endlich wieder wohlauf bei mir zu haben, denn die Bilder von letzter Nacht machten mir noch immer zu schaffen. «Wie geht es dir?» Ihre Hände wandten sich nicht von meinem Hoodie ab. «Besser, dank dir». Eine Erahnung machte sich breit, als sie mich mit ihrem Blick fixierte. Sie sprach nicht diesen Moment damit an, sondern denjenigen bei unserem Telefongespräch. Bebend versuchte ich so klar wie möglich die Worte zu wählen, welche auf meiner Zunge brannten. «Es wird Zeit dir alles zu erzählen».   *   Zu dem Unmut, welche ihre Mutter ausgesprochen hatte, als Aiko entschied, dass ich mit ihr ins Zimmer verschwinden würde, sass ich nun auf dem Bett vor ihr und konnte dem erschütternden Ausdruck in ihrem Gesicht nicht mehr standhalten. Ich hatte ihr alles erzählt. Wie ihr Vater davon wusste, wie er meinen Vater eingeweiht hatte, wie ich mich mit ihrer Seele verbunden hatte in einem Ritual an dem Tag ihres Turnieres. «Ich wollte dich nicht belügen», kam es leise über meine Lippen und erkannte aus dem Augenwinkel wie sie sich von mir abwandte, aufstand und Abstand suchte. Mich umgedreht sah ich ihr dabei zu wie sie sich an das Fenster wandte, ihre Arme um ihre Brust legte und sich selbst festzuhalten schien. Sie hatte sich mit dem Rücken zu mir gewandt. «Aiko, bitte glaub mir. Es war nie mein Ziel dich zu verletzen oder zu hintergehen». Schweigen und jede Minute, welche sie mich weiterhin damit bestrafte, wurde unerträglich für mich. Mein Herz füllte sich mit Schwere und wenn ich mich nicht täuschte, war da ein weiterer Schmerz. Der Schmerz aus ihrer Seele.   «Er hat davon gewusst?» Schluckend presste ich die Lider zusammen, wandte mich abermals wieder von ihr ab, bevor ich erneut auf meine Finger sah, die ineinander lagen. «Ja.» «Und weihte dich und deinen Vater, Akiyama-san, ein?» Ich biss mir auf die Lippen, wusste doch genau, wo es enden würde. «Ja.» «Und du trankst das Blut meines Vaters, damit du dich mit meiner Seele verbinden konntest, um mich vor dem Verschwinden zu bewahren?» Was hatte ich nur angerichtet? Mich aufgerichtet, ging ich einige Schritte auf sie zu. «Aiko, ich tat das…» «Sei still!». Sie wandte sich zu mir um und ihre Augen waren getränkt von Enttäuschung und Wut. Tränen hatten sich wieder in ihren Iren gebildet, doch sie schien dagegen anzukämpfen, sie abermals zu verlieren. «Wie konntet ihr mich alle so hintergehen?!». Ich war unmittelbar vor ihr stehen geblieben und wollte soeben meine Arme ausstrecken. Wollte sie in an meine Brust ziehen. Ihr eine Wärme übermitteln, welche ihr versichern sollte, dass ich dies alles zu ihrem Wohl getan hatte, als ihre Hände plötzlich auf meine Brust aufprallten. Eine nach der anderen. Immer und immer wieder. Der Schmerz war erträglich, doch ihre Gesichtszüge, welche sich schmerzlich verzogen und schlussendlich den Kampf gegen die Tränen verloren, brannte sich in mein Gedächtnis ein. Mein Magen krampfte sich zusammen, spürte die Übelkeit aufkommen, als sie mich von ihr drückte. «Aiko, bitte ich wollte dich nicht hintergehen». «Geh!» Gehen?! Nein! Das konnte sie nicht ernst meinen! «Aiko, bitte, ich versuche dich nur zu schützen.» Das Schluchzen drang an meine Ohren und ich sah dabei zu wie sie weitere Tränen verlor. Mein Herz stehend, konnte ich den Anblick kaum ertragen. «Zu schützen?! Du hast von all dem gewusst und mir nichts gesagt!» «Ich wollte doch mit dir reden! Aiko, ich tat das alles nur für dich!» Ihre Hände legten sich abermals um ihre Brust, hatte sie noch vor kurzem wild gestikuliert und immer wieder die Arme bei einem Ausruf erhoben. «Geh… bitte geh, Kuro» Nur noch ein Flüstern und ich biss mir unweigerlich auf die Lippen. Ich erwiderte nichts mehr und wandte mich um. Die Türklinge in der Hand, fühlte ich abermals diesen Schmerz. Es war ihre Seele, die weinte und ich war der Grund dafür.   «Ich tat das alles für dich…» Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)