Enemy mine - geliebter Feind von collie ================================================================================ Kapitel 4: Kapitel 4 -------------------- Ihr Bild hatte ihn in der Nacht nicht losgelassen, war ihm in seine Träume gefolgt und hatte ihn beständig begleitet. Es benötigte eine ausgiebige Dusche, von der die Langschläfer Colt und Fireball zum Glück nichts mit bekamen, um dem Bild seine Vorherrschaft in seinen Gedanken zu nehmen. Die vier frühstückten spät. Es war eigentlich fast schon ein Brunch, bei dem April vorschlug mal wieder Tennis spielen zu gehen. Sie musste nur zum Welpenblick ansetzen, da gaben sich die drei schon geschlagen. Es hatte keinen Sinn, auf diese Weise mit ihr zu diskutieren. Außerdem hatten sie Urlaub, was sprach da gegen ein Spiel. So packten sie ihre Sachen und machten sich auf den Weg. Die Tennisanlage war nicht weit, aber die Stadt war auch nicht sehr groß. In der Hitze des Sommertages schlenderten sie darauf zu. Sie lag in der Nähe des Freibades, nur wenige Straßen weiter, und war hohen Maschendrahtzaun umgeben, der verhindern sollte, dass fehlgeschlagene Bälle den Straßenverkehr gefährdeten. Das Eingangsgebäude war weiß getüncht und hatte große Fenster. Sie spiegelten die Passanten und verbargen so den Blick ins Innere. Drinnen teilte sich der Raum in einen Empfangsbereich und ein Cafe. Obwohl der dunkle, glänzende Boden und die offene Gestaltung des Raumes Größe vermitteln sollte, täuschte es nicht darüber hinweg, dass die Anlage eher klein war. Sie verfügte über Sitzplätze für etwa vierzig Gäste und hatte im Außenbereich sechs Sielfelder, welche jeweils durch Zäune von einander getrennt waren. Allzu voll war es nicht. Auf einem dieser Plätze spielten zwei junge Männer gegeneinander. Ansonsten schien es, dass dieser Sommertag die Menschen eher ins Freibad lockten, als zu einem schweißtreibenden Sport. So aber konnten sie problemlos einen Platz mieten. Sie knobelten die Teams für ein Doppel aus. Das Ergebnis war, dass Fireball mit Saber gegen Colt und April antrat. Diese Zusammensetzung gab es selten und war meist für April und Colt ein Gewinn. Die beiden ergänzten sich ausgezeichnet. Fireball machte seinen Aufschlag. Sie war neugierig geworden. Er hatte ihr Interesse geweckt, schon bei ihrer ersten Begegnung. Gestern Abend hatte er es noch weiter geschürt. Er schien ihr widersprüchlich, obwohl er genau zu wissen schien, was er wollte und was er zu tun hatte. Auf seine Worte konnte sie sich keinen richtigen Reim machen und doch schienen sie irgendwie Sinn zu ergeben, den sie nicht fassen konnte. Außerdem hatte er eine seltsame Wirkung auf ihren Körper. Sie sah ihn gern an. Seine blauen Augen sahen aus, wie der Himmel und sein Haar leuchtete in der Sonne. Wenn er sie ansah, beschleunigte sich ihr Puls. Wenn er lächelte, begann ihr Herz zu rasen, als liefe sie vor irgendetwas davon und wenn er sie berührte, wurde ihr Bauch warm und pulsierte leicht. Körperreaktionen dieser Art waren ihr fremd. Sie wusste nicht, wie sie damit umgehen sollte. Krank wurde sie nicht. Ihre Temperatur war normal. Sie hatte heute morgen nachgemessen. Sie verstand auch nicht, warum sie an ihn denken musste. Es ergab keinen Sinn. Menschen wie ihn gab es hier doch überall, blonde, brünette, schwarzhaarige, männliche, weibliche, als attraktiv geltende und andere. Alles was sie zu sagen hatten, war faszinierend. Warum faszinierte Saber sie so viel mehr als die anderen? Ehe sie darauf eine Antwort fand, hatten ihre Schritte sie durch die Stadt zu der Tennisanlage geführt. Sie konnte beim besten Willen nicht sagen, warum sie hierher gekommen war, aber als sie aufsah, sah sie die vier sofort. Sie trat nahe an den Außenzaun, welcher das Grundstück von der Straße trennte, und schaute über den schmalen Weg der zu den einzelnen Plätzen führte. Erneut davon abgetrennt, befand sich das Spielfeld der vier leicht vor ihr. Sie erkannte Sabers Rücken sofort. Neugierig trat sie näher an den Zaun. „Wow, Colt, von einem Scharfschützen hätte ich erwartet, dass er besser trifft“, lachte April, als der den Ball verfehlte, der direkt ins Abseits flog. „Der Ball ist kleiner als ein Hyperjumper, dafür sind seine Augen schon zu schlecht!“, stichelte Fireball, obwohl er gerade den Aufschlag an seine Gegner verloren hatte. „Gib nichts auf solche Sprüche, April. Die wollen uns zermürben, sonst nichts“, grinste Colt. Es stand gut für ihn und April. Sie hatten gute Chancen das Spiel für sich zu entscheiden. „Nein, wir müssen dafür nicht auf psychologische Tricks zurückgreifen. Wir machen euch fair platt“, erwiderte Saber. Die Partie war hart umkämpft. Dieser letzte Satz war der entscheidende und beide Teams hatten gute Chancen auf den Sieg, wenn auch Colt und April gerade leicht in Führung lagen. „Da habe ich meine Zweifel“, gab sich der Cowboy siegessicher und machte den Aufschlag. Saber parierte schnell, aber nicht ganz so präzise. Die Bälle des Scharfschützen kamen schnell. „Oh, verdammt!“ April verwandelte und spielte zurück während Colt neckte: „Was hat dir denn die Augen verblitzt, Boss?“ Er hatte die Beobachterin am Zaun entdeckt und zwinkerte April verschwörerisch zu. „Hey, Fireball und ich spielen gegen die Sonne!“, wiegelte der Schotte ab. Der Ball schlug knapp vor der Linie auf. „Hoppla... Ich dachte, der geht ins Aus.“ Fireball schüttelte über sich selbst den Kopf. Er sollte sich mehr auf den Ball konzentrieren und nicht auf den Rock der Blondine, so neckisch der auch schwang, wenn sie sich bewegte. „Yeah.“ April und Colt klatschten ab, während der Rennfahrer den Ball aufhob. „Er hat Recht. Er guckt in die falsche Richtung und sieht nicht, was wir sehen“, stimmte sie ihm dann zu und ging auf Colts unausgesprochene Frage ein, die in seinem Zwinkern gelegen hatte. „Eher wen? Sag mal, so als Frau, wie findest du das Kleid. Es steht ihr gut, oder?“ „Ja, absolut. Sieht sportlich und schlicht aus und passt toll zu ihrer Haarfarbe.“ Obwohl sie sich gegen Saber und Fireball nun eindeutig noch stärker verbündet hatten, meinten beide was sie sagten. Das blassgelbe Kleid mit seinen leichten Flatterärmeln und dem schlichten Schnitt hätte April nicht für sich, aber ganz bestimmt für die Trägerin mit ihrem welligen, blasslila Haar ausgesucht. „Was seht ihr denn?“, erkundigte sich der Recke, noch ganz auf das Spiel und seine Chance zu gewinnen konzentriert. Der Rennfahrer allerdings war neugierig geworden und sah sich um. Da, außer Hörweite, stand sie und konnte, ohne es zu ahnen, das Spiel zu ihren Ungunsten entscheiden. „Boss, wenn du dich jetzt umdrehst, haben wir die Partie schon so gut wie verloren und es war ausnahmsweise mal nicht meine Schuld“, bemerkte er beiläufig und spielte Colt in die Hände. Der grinste diabolisch und wandte sich wieder an seine Spielpartnerin. „April, deine Meinung als Frau. Ist der Rock nicht etwas zu kurz?“ „Nö, eine Handbreit überm Knie ist in Ordnung. Sag's keinem weiter, aber ich beneide sie echt um diese hübschen Wellen.“ Als würde sie ihm ein Geheimnis anvertrauen, beugte sie sich leicht zu ihm und er machte ein Zeichen, dass er priesterlich schweigen würde. Nun schwante Saber, von wem seine Freunde sprachen. Zu gern würde er sich umdrehen, aber er spürte, dass Fireball Recht hatte. Dann war das Spiel im Eimer und für die beiden gelaufen. Er atmete schwer aus und antwortete einigermaßen souverän: „Alle Versuche mich abzulenken, sind zwecklos. April? Colt? Wart ihr nicht mit der Angabe dran?“ Oh, was war es für eine Freude, den Boss aufzuziehen, weder die Navigatorin noch der Scharfschütze konnten der Versuchung wiederstehen. „Ja, ich bin dran. Frauen stehen nicht so auf Angeber“, meinte Colt und fing den Ball, den Fireball ihm zuwarf. Lange sah er in die Richtung ihrer Zuschauerin und fügte nachdenklich an: „wie den da.“ April nickte und unterstütze Colt so. Ihr Blick wurde schmachtend, als sie in die gleiche Richtung wie er sah. „Wow, der dürfte vor mir auch gern angeben“, seufzte sie überzeugend genug. Sie fegte den guten Vorsatz des Schotten weg, der sich nun doch rasch in die Richtung umsah, in welche die beiden schauten und dem erschrocken „Was? Wer?“ entfuhr. Fireball seufzte ebenfalls. Das hatten die beiden ja toll gemacht. Dabei hätte er so gern auch mal gewonnen. „Hey, Saber! Hier spielt die Musik!“, erinnerte er ihn unzufrieden. „Ja, unseren Siegesmarsch“, lachte April erheitert. So hatte sie den Schotten noch nie erlebt. „Ja, den höre ich auch“, feixte Colt und trällerte mehr schlecht als recht. „ We are the champions... we are the champions…“ „Hör auf zu singen, da kriegt man ja Ohrenschmerzen von!“, protestierte der Wuschelkopf halb lachend. So fies das auch gespielt war, den sonst so bedachten Recken so aufgeregte zu sehen, hatte schon etwas für sich. Tatsächlich brauchte Saber eine Weile um, nach der erleichterten Feststellung, dass da niemand bei der jungen Frau stand, der sie anflirtete, um seinen Blick von ihr zu lösen. April hatte so Recht gehabt. Das Kleid stand ihr fantastisch und eine Handbreit über dem Knie war genau richtig, in der Länge. Sein Herzschlag beschleunigte sich, pochte bis zum Hals hinauf und er schluckte trocken. Sie war zusammen gezuckt, als Saber sich so abrupt umwandte und zu ihr schaute. Flüchtig sah sie sich um, ob da noch jemand stand, den er anschauen konnte, doch dann wurde ihr klar, dass er nur sie anschauen konnte. Zögernd hob sie die Hand und winkte ihm zu. Wie ferngesteuert hob er die Hand und winkte zurück. Verträumt lächelte er ihr zu. „Okay, genug der Scherze. Lasst uns weiter spielen“, grinste Colt mehr als nur erheitert. Nein, das war absolut neu an Saber. So abwesend hatte sie den noch nie erlebt. „Hey, Saber! Du kannst nach der Partie machen, was du willst, aber jetzt wird gefälligst fertig gespielt“, versuchte auch Fireball seinen Spielpartner wieder ins Hier und Jetzt zurück zu holen. Doch der war noch immer gefangen von ihrem Blick, der ihn aufmerksam festhielt und gespannt wartete, was als nächstes passiere würde. „Auf geht's.“ Colt setzte zum Aufschlag an. „Saber?“ „Ja?“ Endlich schaffte er es seinen Blick von ihr zu wenden und zum Scharfschützen zu sehen. „Das Spiel?“ erinnerte der mit einer Unschuldsmiene. „Ja. Ja, nun mach schon“, erwiderte er und unterdrückte ein Seufzen. Seine Konzentration haftete noch am Zaun bei ihr. Er musste sich zusammen reißen. Jetzt. „Fünf zu Sechs für uns. Mit dem nächsten Punkt gewinnen wir“, erinnerte April an den Spielstand. Colt schlug auf. „Den müsst ihr erst mal machen.“ Fireball parierte und schickte den Ball zurück. „Wie war das? Die Verlierer laden die Gewinner zum Essen ein? Ich bin plötzlich ziemlich motiviert, das Spiel zu gewinnen“, eroberte sich Saber seinen Fokus zurück. „Ja, das schaffen wir schon, Turbopfeife.“ Nicht so gekonnt, wie er wollte, nahm Colt den Ball an und schlug ihn ins gegnerische Feld. „Du willst doch nur Eindruck schinden“, neckte April munter. „Muss ich nicht. Jeder weiß, was ich kann.“ Saber verhinderte den Aufprall des Balles auf den Boden und schmetterte ihn mit guter Rückhand zurück. „Wir diskutieren das später aus, ja!“ Fireball bemühte sich konzentriert zu bleiben. Er hielt April im Blick um zu sehen, ob sie den Ball annehmen würde. „Sie ist eh schon weg“, versuchte Colt noch einmal abzulenken, während die Blondine den Ball zu ihm rüber schickte. „Lass dich jetzt bloß nicht auf diese Psychospielchen ein, Saber!“ Einmal mehr brauchte er eine Sekunde zu lang um zu erkennen wohin sie spielte, deshalb konnte er ihn nur vage annehmen. „Keine Sorge, wir machen die zwei Punkte und dann gehört der Sieg uns“, versicherte der Schotte ihm. „Bezweifle ich.“ April parierte noch einmal den Ball und schickte ihn gekonnt auf die Linie, so dass ein weniger trainierter Spieler glaubte, er ginge ins Aus. Fireball fiel drauf rein und lamentierte prompt. „Ach, wie ärgerlich! Das ziehst du jedes Mal mit mir ab, April!“ „Kenne deinen Gegner“ grinste sie zurück. „Warte nur. Die Rache kommt, wenn du es am wenigsten erwartest.“ Fireball ließ den Schläger sinken und ging zu der Bank auf der ihre Taschen standen. Er zog seine Trinkflasche heraus und nahm einen guten Schluck. „Gut gespielt. Zwar nicht ganz fair, aber gut“, gestand Saber ihnen zu. „Also dann“, Er tat es dem Rennfahrer gleich und trank erstmal einen großen Schluck. „Wo wollt ihr heute Essen?“ Die Sieger schmunzelten sich verstehend an und nickten einander zu. „Lass uns etwas gnädig sein, liebste April, hm“, schlug Colt leichthin vor und stieß sie mit der Schulter an. Sie nickte ihm zu. „Ja. Saber, frag das lieber die Dame, die da kommt.“ Damit wies sie mit ihrem Schläger in Richtung der Tür, die im Maschendraht eingelassen war und auf die nun die Zuschauerin zu geflitzt kam. Sie war, als das Spiel zu Ende war, sofort los gerannt, hatte die Empfangshalle durchquert und war auf das Feld zugelaufen, auf dem die Vier spielten. Es war zu ihrem Glück das Feld, das dem Gebäude am nächsten lag. An der Tür zu diesem Feld allerdings blieb sie stehen, unsicher darüber, warum sie hierher gerannt war und unschlüssig darüber, was sie nun tun sollte. Saber stopfte hastig den Schläger und die Flasche in seine Tasche zurück und eilte zur Tür. Er öffnete sie und ließ sie eintreten. „Hallo! Welch eine Freude, dich wieder zu sehen“, begrüßte er sie ehrlich erfreut. „Hallo Saber, guten Tag.“ Sie schien nach Worten zu suchen. „Das war also ein Tennisdoppel?“ „ Ja, das war ein Doppel“, lächelte er. Einmal mehr zog ihn diese Unbeholfenheit an. „Bist du schon lange hier?“ „Seit April ein fünf zu sechs gerufen hat. Es sah sehr schnell und kraftvoll aus.“ Ihre Augen sahen ihn an, musterten ihn von Kopf bis Fuß und wieder zurück. „Dann hast du also nur noch unseren desaströsen Untergang erlebt.“ Er schmunzelte über ihre Beobachtung, die sie in Worte fasste, als wäre sie zu einer neuen Erkenntnis gelangt. Es war kein Spott, keine Erheiterung, vielmehr gefiel ihm der Glanz in ihren Augen dabei. „Das Spiel kann mitunter schnell und kraftvoll sein, wenn man ernsthaft spielt. Wenn man es nicht ganz so ernst nimmt, ist es locker. Wir beginnen meistens locker, aber irgendwann will man doch gewinnen und es wird intensiver gespielt, mit mehr Ernst.“ Sie nickte und presste die Lippen auf einander. „Man kann es auch zu zweit spielen?“, fragte sie nach und wies auf seine Tasche. „Mit diesem ...“ Sie suchte nach Worten. „Ja, genau. Mit den Tennisschlägern und dem Ball. Wenn du es mal versuchen möchtest.“ Da bot sie ihm doch glatt eine Möglichkeit, während er eilig überlegt hatte, ob er sie auf etwas einladen sollte. Sie nickte interessiert, was ihm gefiel. „Ich kann es dir zeigen, wenn du möchtest“, erbot er sich. „Ich leih euch meinen Schläger.“ April reichte ihn mit diesen Worten an sie. Einen Moment beobachteten sie, wie Bee den Schläger betrachtete, den Rahmen mit den Fingern nachfuhr und an den Sehnen zupfte, die dazwischen gespannt waren. Es war, als betrachte sie zum ersten Mal einen Tennisschläger. „Wir gehen dann mal spachteln. Ruf an, wenn du uns vermissen solltest“, verabschiedete sich Colt. Selten ließen Saber seine Freunde so schnell allein. „Ja ist gut. Mahlzeit.“ Die Antwort verkam zu einer halbherzigen Floskel. Sabers Aufmerksamkeit war ganz bei der jungen Frau neben ihm. Sie war interessiert. Sie war gelehrig. Sie ließ sich konzentriert von ihm erklären, woraus ein Schläger gefertigt wurde, wie er zu halten war und welche Armbewegungen sie im Spiel brauchte. Vorhand, Rückhand, Schmetterlingsschlag – während er sprach, und er wusste wirklich nicht, warum er leise sprach, hing ihr Blick an seinem Mund, an seiner Hand, mit der er auf etwas zeigte, an seinem Gesicht, an seinem Arm. Sie schaute aufmerksam und fasziniert auf ihn, ließ sich anleiten und führen. Saber ertappte sich dabei, wie sehr er es genoss sie zu berühren, an den Schultern ihre Haltung zur korrigieren und auch sonst jede Gelegenheit nutzte, seine Hand mit ihr in Kontakt zu bringen. Er fühlte ihre glatte, sonnenwarme Haut am Arm, als er ihn für eine Bewegung führte, ihre fragilen Handgelenke, die er umschließen konnte, als er ihr den Schläger in die Hand gab. Er sog den Duft ihres Haares, Mandelblüte, ein, als er hinter ihr stand, ihre Haltung prüfend, und bemerkte das Schimmern ihrer Haut im Sonnenschein, die Bewegung ihres Brustkorbes, während sie atmete. Er sollte mehr Abstand halten. Er sollte sie nicht ständig berühren, man konnte genug auch ohne das erklären und wenn er der Gentleman war, der zu sein ihm alle nachsagten, dann würde er das tun. Doch er war es nicht. Dazu verzauberten ihn ihre Gelehrigkeit und Schönheit zu sehr und war er sich allzu sehr bewusst, dass ihre Aufmerksamkeit und ihre Blicke nicht nur seinen Ausführen galt, sondern auch ihm. Die Neugierde und Faszination darin drohte mit ihrer Intensität seinen Verstand zu lähmen. Gleichzeitig prägte er sich jedes Detail ein, wie ihre dichten Wimpern und die gleiche Länge ihres Zeige- und Mittelfingers ihrer schlanken Hände. Die Welt um sie herum verkam zu einer unbedeutenden Nebensache. Gerade nickte sie auf seine Erklärung und löste den Blick von seinen azurblauen Augen und dem weißgold glänzenden Ponysträhnchen auf seiner Stirn. Es war ein langer Blick, den sie zögerlich auf seine Hand richtete. Er korrigierte noch einmal ihre Finger um den Griff. Dann passierte es. Er zuckte leicht zusammen, als sie ihre Hand auf seine legte. Sie ertastete seine Haut, die Konturen seiner Hand und ließ ihre Finger zu seinem Handgelenk gleiten. Es war da erste Mal, dass sie ihn berührte. Er erschauerte unwillkürlich ob der zarten Geste und noch einmal mehr als sie fast andächtig murmelte: „ Du hast einen starken Händedruck.“ „Ich arbeite dran“, erwiderte er rauer und belegter, als er wollte. Er lächelte sie an. „Hast du genug von der Theorie? Möchtest du mal versuchen, Bälle zu schlagen?“ Sie nickte langsam und eiste ihren Blick von seiner Hand los. Saber zögerte einen Moment. Ihre Nähe war umwerfend, doch der Gentleman in ihm mahnte zu mehr Distanz, wollte nicht aufdringlich erscheinen. Er trat zurück und sammelte einige Bälle ein. Dann wartete er, bis sie sich bereit gemacht hatte und warf ihr den ersten zu. Sie war konzentriert und aufmerksam. Ihr Blick war auf den Ball gerichtet und sie versuchte dessen Flugbahn zu erkennen. Aber sie brauchte zu viel Zeit und verfehlte ihn entsprechend. „Nochmal bitte.“ Er kam dem Wunsch gern nach. Doch ein Ball nach dem anderen prallte auf den Boden und wirbelte rötliche Staubwolken auf. Saber zählte nicht mit, wie viele Bälle er warf, dafür war er zu beeindruckt davon, wie ehrgeizig sie versuchte sie zu treffen. Andere hätten längst aufgegeben, und er selbst kam sich wie eine menschliche Ballwurfmaschine vor. Doch er beklagte sich nicht, dafür erstaunte sie ihn zu sehr. Dann verriet ein Plong den Aufprall es Balles auf dem Schläger und im nächsten Moment flog er auf den Werfer zurück. „Ja!!!“ Sie riss die Arme in die Luft. Ihre Augen funkelten auf, ihr Gesicht erstrahlte. In seinem Bauch breitete sich Wärme aus, als er sie so sah. „Gut gemach. Du lernst schnell“, lobte er. „Ich weiß nicht, ob das schnell war.“ Sie hob die Schultern. „Gleich nochmal. Bitte.“ Es schien ihr Spaß zu machen. „Es gibt genügend Menschen, die das nach dem ersten Training noch nicht können“, erwiderte er und warf ihr den nächsten Ball zu. Wieder schlug sie ihn zurück. Wieder jubelte sie. Wieder erstrahlte ihr Gesicht. „Das wird immer besser, Bee.“ Er warf noch weitere Bälle zu, bis er erkannte, dass sie das für den Anfang gut beherrsche. Er fing den letzten Ball auf und betrachtete sie. Ihre Wangen waren gerötet. Sie atmete sichtbar und fächelte sich mit der Hand Luft zu. Aber das Leuchten in ihrem Gesicht verschwand nicht. „Wann können wir richtig spielen?“ Auch ihr Eifer schien nicht zu verebben . „Bei deinem Talent dürftest du in zwei bis drei Stunden soweit sein, dass wir über das Netzt spielen können“, erwiderte er. Sein Blick verfing sich an ihrer Gestalt. Feine Härchen klebten auf ihrer verschwitzen Stirn. Ihre Haut glänzte unter einer feinen Schicht körpereigener Kühlung. Ihre schlanke, fast dünne Gestalt wirkte geschmeidig und das Kleid unterstrich diesen Eindruck. Der Saum schwang verspielt mit jeder ihrer geschmeidigen Bewegungen. Er hatte Mühe nicht darauf zu starren und auch dem Ausschnitt, dem herzförmigen, nicht mehr Beachtung zu schenken, ganz gleich wie sehr er dazu einlud. „Wenn dir zu heiß wird, sag es bitte. Wir können auch ein anderes Mal weitermachen. „Ähm…“ Sie antwortete sehr zeitverzögert. Sie schaute auf seine hochgewachsene Statur, die breiten Schultern und den Oberkörper, dessen Konturen sein T-Shirt nicht wirklich verbergen konnte. Immer wieder verfing sich ihr Blick in seinem Haar, welches so sonnengoldig glänzte. „Es ist tatsächlich heiß“, brachte sie endlich hervor. Er fragte sich einen Moment, ob ihr klar war, dass es einen zweideutigen Unterton hatte. Aber er schüttelte leicht den Kopf und lief zu seiner Tasche auf der Bank. Er suchte nach seiner Wasserflasche und reichte sie ihr. „Hast du Durst? Ich kann dir leider nur Wasser anbieten.“ „Ein bisschen“, erwiderte sie leise. Sie nickte dankend, als sie die Flasche annahm und leerte sie mit gierigen, großen Schlucken. Da verschwand der letzte halbe Liter in ihrem durstigen Hals. Saber staunte nicht schlecht, wie gierig sie trank. „So so, ein wenig Durst“, lächelte er milde. Der befangene Blick mit dem sie ihm die Flasche zurückgab, verwunderte ihn. „Tja“, begann sie langsam und schien nach Worten zu suchen. Ihr Magen knurrte vernehmlich. Sie senkte ihren Blick. Diese unbeholfene Art wirkte einmal mehr auf ihn. „Bist du hungrig?“ Das war eine rhetorische Frage, deshalb fügte er schnell hinzu. „Ich könnte einen Happen zu essen vertragen. Darf ich dich heute einladen?“ „Ja, gern.“ Sie nickte lächelnd. Er schnappte sich die Tasche und sah sich suchend um. „Hast du auf etwas bestimmtes Lust? Italienisch, Spanisch, Griechisch?“ Sie hob darauf die Schultern und wies auf das Hauptgebäude, in welchem sich der Empfang und des Cafe befanden und in das sich die drei Freunde zurück gezogen hatten. „Warum nicht dahin?“, fragte sie schlicht. Er nickte zustimmend und hielt ihr die Gittertür auf. Es war immerhin naheliegend. So führte er sie über den roten Staub auf das Gebäude zu. Sicher war es sogar die beste Idee. Die Klimaanlage in dem Gebäude würde ihr gut tun und sie würden sich akklimatisieren können. Er führte sie auf den Tisch zu, an dem seine Freunde saßen und von dem eben Teller abgeräumt wurden. Offensichtlich waren sie gerade mit dem Essen fertig. Colt, Fireball und April begrüßten die beiden munter und April reichte der jungen Frau eine Menükarte. Saber schob ihr den Stuhl zurecht und stellte erleichtert fest, dass ihre Röte abzuglühen begann, während sie die Karte studierte. „Du Arme, hat er dich so gescheucht?“, neckte die Navigatorin leicht. „Also, wirklich. So jagt man keine Frauen, Boss“, grinste Colt. Irritiert sah sie die beiden an, bestellte, als die übereifrige Kellnerin kam, Sandwiches und Salat. Saber fügte einen Salat der Bestellung hinzu und stellte, an die Spottdrosseln gewandt, klar: „Ich scheuche keine Damen.“ „Stimmt, du scheuchst nur deine Angestellten. Frauen verwöhnst du“, neckte Fireball. „Na, was bin ich jetzt. Angestellte oder Frau?“ fragte die Blondiene scherzend. „Für Saber meistens Angestellte“ mutmaßte der Rennfahrer. Nun mischte sich Bee in das Gespräch ein, welches sie ernsthaft verfolgt hatte. „Er ist dein Kommandant, oder nicht?“, wollte sie wissen. Die drei warfen sich verwunderte Blicke zu bei der seltsamen Frage. „Ähm, ja. So kann man es nennen. Saber ist unser Chef“, versuchte April zu erklären, war damit aber nicht erfolgreich. „Star Sheriffs haben keine Hierarchie?“, bohrte sie verwundert nach. „Doch, wir haben eine Hierarchie, aber wir beschränken uns nicht auf die offizielle Befehlskette. Bei uns darf jeder Vorschläge äußern, aber die Entscheidung trifft Saber, wenn wir uns nicht einig sind.“ Vielleicht waren ihre Worte jetzt verständlicher. April konnte sehen, wie sie darüber nachdachte, aber es brachte sie nicht weiter. „Alle?“ „Ja, wir alle. Wir verlassen uns nicht auf einen, und wir befolgen nicht blind irgendjemandes Befehle“, meinte der Rennfahrer etwas verständnislos. Jetzt runzelte sie die Stirn und wirkte, als hätte er sie vor den Kopf gestoßen. „Ein Vorgesetzter hat die Verantwortung und keine Zeit für Diskussionen. Das ist nicht effektiv, findet ihr nicht?“ Die Kellnerin brachte ihre Bestellung und mit einem raschen, großen Bissen verschwand prompt eine Hälfte des ersten Sandwiches im Mund Bees. Saber beobachtete sie. Sie musste ja ausgehungert sein, wenn sie das Essen so verschlang. „Was Fireball versucht hat, dir zu sagen, war nichts anderes, als dass wir vier als Freunde zusammen arbeiten. Ja, im Ernstfall habe ich die Verantwortung und da diskutieren wir auch nicht lange, da wird entschieden. Wir ziehen an einem Strang, das macht uns stark.“ Colt nickte zustimmend und ergänzte, um den Schotten zu unterstützen: „Wir geben uns gegenseitig Rückendeckung. Etwas, was ich noch bei Outridern gesehen hätte.“ Sie kaute hungrig, ehe sie etwas dazu erwiderte. „Trotzdem sollte man Autoritäten nicht untergraben. Da kommt nichts Gutes bei raus“, meinte sie dann. „Wir untergraben auch keine Autoritäten“, stellte April richtig. Es war sicher nicht immer leicht zwischen Privat und Beruf zu trennen, ihnen selbst gelang das auch nicht immer, aber ihr Gegenüber schien davon noch nie gehört zu haben, deshalb glaubte Ramrods Navigatorin es ihr erläutern zu müssen. „Sieh mal, wir sitzen als Freunde hier zusammen, privat. Wir genießen unseren Urlaub zusammen und necken uns, ja. Aber wir respektieren uns, das macht den Unterschied aus.“ „Das verstehe ich nicht. Was ändert das denn an den Hierarchien?“ Restlos verschwand das erste Sandwich nun im Mund der jungen Frau mit dem blass lila Haar. „Wir sind ein Team. Wir alle tragen die Entscheidungen mit. An den formellen Strukturen ändert das vielleicht nichts, aber wir stehen hinter Saber, so wie er hinter uns steht“, sagte April und hoffte, dass sie nun verstand. Fireball unterstützte sie gleich dabei. „Wir sind keine Einzelkämpfer, weil wir wissen, dass man zusammen mehr erreicht.“ “Man, Bee, man könnte meinen, du kommst aus einer Diktatur. Wir denken eigenständig, hinterfragen manches, aber im Endeffekt sind wir wie eine Familie“, sprach Colt schließlich aus, was die anderen beiden dachten. Saber staunte über die Diskussion, die entstanden war, mehr noch aber freute ihn, dass seine Crew tatsächlich nicht nur Kameraden sondern wirkliche Freunde waren und das sofort glühend vertraten. Während dessen kaute die Angesprochene nachdenklich und schluckte ihr Essen runter. Dann setzte sie zu Widerspruch an: „Nein, nein, eine Familie und eine strukturierte Einheit kann man nicht mit einander vergleichen. Das sind ganz andere Regeln, die da gelten, gelten müssen. Ihr werft ja alles in einen Topf und rührt kräftig. Wie habt ihr so auch nur einen Angriff überlebt? Ist es das, was man als 'mehr Glück als Verstand' nennt?“ „Wieso kann man das nicht vergleichen? Soll uns der Teamkamerad egal sein?“, fragte der Rennfahrer verständnislos. Saber bekam das Gefühl eingreifen zu müssen. „Die Regeln in einer Einheit sollten die gleichen, wie in einer Familie sein. Respekt, Interesse und Anteilnahme am Leben des anderen, Vertrauen ineinander, Zusammenhalt. In einer Familie funktioniert es auch nicht, wenn nur einer alles entscheidet oder für alles verantwortlich ist. Glückliche Familien halten zusammen, gehen gemeinsam durch schwere Zeiten. Das macht auch eine gute Einheit.“ Sie blinzelte und begann darüber nachzudenken, als plötzlich hinter dem Raumteiler Snow auftauchte und wütend die Hände in die Hüften stemmte. „Na, gehört? Familien halten zusammen!“, fauchte sie schäumend. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)