Frozen Guardian - Let it go von Leons_Heart ================================================================================ Kapitel 9: Wahrheit, Streit und Gespräche ----------------------------------------- „Jack!“ Der Gerufene zuckte zusammen. Nur vorsichtig ging er auf die Eiskönigin zu. „Wusstest du davon?“ Er schluckte, doch der Kloß in seinem Hals wollte nicht verschwinden. „Na ja, ich…“ Er schluckte noch mal. „… ja“, antwortete er schließlich. „Warum hast du mir nichts gesagt? Warum hast du es mir verschwiegen?“ „Weil… du endlich wieder gelächelt und gelacht hast. Du warst zufrieden und irgendwie… glücklich. Ich wollte es dir sagen, aber ich hatte Angst, dass aus dir ein zweites Mal in Panik ein Schneesturm wird und das an dem Ort, den du für deinen persönlichen Rückzugsort erschaffen hast.“ Elsa biss die Zähne fest aufeinander, ihre Lippen verzogen sich zu einem schmalen Schlitz. Auch wenn Jack es nur gut gemeint hatte, ihr das zu verschweigen, so fand sie es nicht gut, dass er es getan hatte. Sie hatte so viele Jahre etwas verschweigen müssen, ein Geheimnis gehabt. Nun hatte Jemand eines vor ihr gehabt bei einem wichtigen Thema und es fühlte sich genau so schmerzlich an, wie selbst eines haben zu müssen. „Geh!“ „Was?“ Erschrocken und mit großen Augen blickte der Wintergeist zu der jungen Frau. „Geh, Jack!“ Der eisige, wütende, fast schon gleichgültige Tonfall ließ Jack das Blut in den Adern gefrieren. Er fühlte eine unangenehme, fast schon schmerzliche Kälte in sich aufstehen. „Willst du das wirklich?“ Er konnte nicht glauben, nein, WOLLTE nicht glauben, dass sie diese Worte ernst meinte. „Ja, ich will alleine sein!“ Wieder traf es ihn schmerzlich im Herz. Nur zögerlich machte er einen Schritt nach hinten. Jack wollte nicht, er wollte nicht gehen. Er wollte sie nicht alleine lassen. Der Glanz in ihren Augen wurde kühler. Er konnte das Drängen erkennen. Er konnte sehen, dass sie ihre Mauer bereits wieder aufbaute. Dass sie diese noch höher baute. „Es tut mir leid“, gab er reumütig von sich, ehe er sich vom Wind durch das große Torfenster am Balkon hinaustragen ließ. Jack kam nicht umhin, daran zu denken, wie er damals von den Hütern so enttäuscht angesehen worden ist. Wie sie ihn damals so angesehen hatten, als wäre er Schuld an einfach allem. Besonders Bunny hatte ihm das deutlich zu verstehen gegeben. „Wir hätten ihm niemals vertrauen sollen. Es war ein Fehler, ihn bei uns aufzunehmen.“ Bunny hatte besonders enttäuscht und schmerzlich geklungen. Kein Wunder, schließlich hatte dieser kurz vorher herausgefunden, dass die Kinder durch das Fehlen der Osterkörbchen aufgehört hatten, an ihn zu glauben. Das hatte Jack erst später erfahren. Er hatte ihnen keinen Vorwurf aus ihren Blicken und Worten gemacht. Schließlich war er selbst ja der Meinung gewesen, dass es eine dumme Idee sei, ihn als Hüter aufzunehmen. Jack hielt erst an, als er am Nordpol angekommen war. Er sprang durch ein offenes Seitenfenster in den Palast des Weihnachtsmannes und steuerte sein Zimmer hier an. Auch wenn North damals gewusst hatte, dass Jack die meiste Zeit in der Welt herumfliegen würde, so hatte er ihm dennoch ein Zimmer angeboten. Der junge Hüter hatte kurz überlegt, dann jedoch dankend angenommen. Manchmal brauchte man eben einen Rückzugsort und hier hatte Jack einen gefunden. Ohne gesehen zu werden, gelangte er zu seinem Zimmer, in welchem er sich am Fenster niederließ. Er zog die Beine nah an seinen Körper, legte die Arme um sich. Stumm blickte er aus dem Fenster. Das sanfte Schneetreiben erinnerte ihn an die Zeit mit Elsa. An die wenige Zeit, die sie zusammen gehabt hatten. Sie beide hatten Spaß zusammen und trotz der letzten, kalten Worte seitens der Anderen, erfüllte sich sein Herz mit Wärme, wenn er an sie zurück dachte. Er dachte an ihr Lächeln, an ihr Lachen. Jack schloss die Augen und ließ Revue passieren, wie sie in dem großen Stockwerk miteinander getanzt hatten. Allerdings fiel ihm auch ein, was kurz danach passiert war. Elsa war dem Ruf ihrer Schwester gefolgt, er selbst war ihr schnell hinterher gelaufen. Er hatte sich im Hintergrund aufgehalten. Er hatte dem Gespräch gelauscht. Zunächst hatte es sehr gut geklungen. Doch als der Schneemann aufgetaucht war, war die Stimmung gekippt. Elsa hatte sich abgewandt, war gegangen. Anna war ihr gefolgt und schließlich waren die Worte gefallen, die zu dem geführt hatten, was nun war. Anna hatte ihr gesagt, dass Arendelle im Schnee versunken war. Die Jüngere glaubte daran, dass sie den Winter gemeinsam überstehen und beenden konnten. Elsa jedoch zweifelte an sich, an ihren Fähigkeiten. Sie zweifelte daran, dass sie das Chaos wieder rückgängig machen konnten. Jack hatte bemerkt, wie der kleine Schneesturm aufgezogen war. Er hatte nichts machen können, das hatte er eine ganze Weile vorher ja schon wegen des Schnees im Königreich versucht. Er hatte ihren Namen gerufen, doch sie hatte ihn nicht gehört. Er hatte den verzweifelten Blick gesehen. „Ich entkomme dem Sturm in mir nicht mehr. Kann den Fluch nicht kontrolliern.“ Sie hatte ihre Fähigkeit noch immer als Fluch gesehen und ihm war noch immer nicht eingefallen, wie er sie vom Gegenteil überzeugen konnte. Jack hatte gesehen, wie Elsa den Schneesturm um sich herum zu sich gezogen hatte. Was so aussah, als wollte sie es verschwinden lassen, entpuppte sich als letztes, verzweifeltes Aufbäumen. Noch ehe er hatte reagieren können, hatte sie ihren gebündelten Sturm aus Schnee und Eis kreisförmig von sich geschleudert. Anna war getroffen worden. Der Silberhaarige hatte erschrocken gesehen, wie die Prinzessin eingeknickt war. Er hatte sich wie ein Versager gefühlt. Wie Jemand, der einfach nichts auf die Reihe bekam. In diesem Moment hatte er sich genau so verzweifelt gefühlt wie damals als er gegen Pitch auf einem schneebedeckten Berg gekämpft und dann gesprochen hatte. Er tippte auf die Fensterscheibe. Ein Kreis aus einer dünnen Eisschicht mit einem Durchmesser von etwa dreißig Centimetern bildete sich und mit einem weiteren Tippen zogen sich Linien darin und malten das Gesicht der Eiskönigin. „Es tut mir leid“, flüsterte er der Zeichnung zu. Ihm tat es wirklich leid. Er hatte ihr helfen wollen und hatte am Ende wohl alles nur schlimmer gemacht. Erneut fühlte er sich hin und her gerissen. Sie wollte ihn nicht mehr sehen, hatte ihn weg geschickt. Auch wenn er ihren Wunsch erfüllen wollte, so wollte er ihn auf der anderen Seite ignorieren und wieder zu ihr fliegen. Er wollte wieder bei ihr sein. Sie wieder in den Arm nehmen, zum Lächeln und Lachen bringen. Er wollte den freudigen Glanz in ihren Augen sehen, wenn sie zusammen zauberten, tanzten. Er lächelte leicht bei der Erinnerung an diesen freudigen Glanz. Der junge Hüter zuckte zusammen, als es an der Tür klopfte. „Ja?“, fragte er so gelangweilt wie möglich. In einem Anflug von Selbstschutz, was hier im Palast von North unsinnig war, zog er die Kapuze seines Hoodies über den Kopf. Er blickte weiterhin aus dem Fenster, auf seine Eiszeichnung. „Jack, warum du allein? Du sagen kein Wort, dass du wieder hier seien.“ Wie hatte North bemerkt, dass er zurück war? Aber eigentlich sollte es ihn nicht wundern. Das hier war sein Reich, um es einmal so auszudrücken. Bunny wusste auch, wenn Jemand bei ihm im Bau war und auch die Zahnfee bemerkte, wenn Jemand im Zahnpalast auftauchte. Sandy war überall zu Hause. Jack antwortete nicht auf die Frage. Einen Moment später spürte er eine schwere Hand sanft auf seiner Schulter. Nur zögerlich blickte er zu North hoch. „Du kannst sprechen mit mir. Was bedrückt dich?“ „Alles okay“, antwortete er und konnte nichts dagegen machen, dass sich seine Stimme schwach und traurig anhörte. North blickte ihn ein paar Minuten lang schweigend an. Dann nickte er. „Gut, gut.“ Er drehte sich um und verließ das Zimmer wieder. Jack fragte sich noch einen kurzen Moment, ob North ihm das wirklich abkaufte oder ob er aus Rücksicht auf ihn nur so tat, als würde er es glauben. Dann blickte er wieder zum Fenster hinaus. Er wusste nicht, wie lange er alleine war, ehe es erneut an seinem Zimmer klopfte. „Ja?“, gab er auch dieses Mal gelangweilt von sich. Er hörte, wie die Tür geöffnet und kurz darauf wieder geschlossen wurde. Er sah nicht hin. Wahrscheinlich war es wieder North. Entsprechend überrascht war er, als die Hand auf seiner Schulter sanft und klein war. Er drehte den Kopf vom Fenster weg. „Fee?“ „Hey Jack… North sagte, dass dich etwas bedrückt.“ „Schon okay, mir geht es gut.“ „Wir sind Freunde, du musst nicht lügen. Du bist nicht mehr alleine, du kannst über deine Sorgen und Probleme reden. Außerdem ist da ein sehr hübsches Gesicht auf dem Fenster“, fügte Fee noch schmunzelnd hinzu. Jack bekam warme Wangen und am liebsten hätte er sich die Kapuze weiter ins Gesicht gezogen, doch das ging nicht. Dazu hätte er sich den Hoodie halb ausziehen müssen. „Hat es etwas mit ihr zu tun?“ „Wie kommst du auf die Idee?“ Fee kicherte etwas. Inzwischen saß sie vor ihm auf der Fensterbank. „Weil du rot wurdest, als ich die Zeichnung erwähnte und du hast direkt etwas gelächelt. Wer ist sie?“ Der Wintergeist überlegte ein paar Minuten. Er war sich nicht sicher, ob er wirklich mit Jemanden darüber reden sollte. Aber auf der anderen Seite wusste er eh nicht weiter. Er fühlte sich festgefahren, an Ort und Stelle festgefroren. Vielleicht hilft es ja, mit ihr zu reden, dachte er sich und begann ihr zu erzählen, was in den letzten Stunden passiert war. Er erzählte der Fee zuvor von dem ersten Treffen mit der kleinen Elsa. Irgendwie war es seiner Meinung nach wichtig, dass sie die Vorgeschichte kannte. „… und nun bin ich hier, mit dir“, beendete er seine Geschichte. „Weißt du, Jack, ich kann verstehen, dass sie sauer geworden ist. Aber ich kann auch sehr gut verstehen, warum du es einfach nicht über dich bringen konntest, es ihr zu sagen.“ „… und was soll ich jetzt machen?“ „Geh wieder zu ihr. Geh zu ihr und rede mit ihr. Sag ihr, was du fühlst.“ „Sie will mich nicht mehr sehen.“ „Leute, die sich verletzt fühlen, sagen oft Dinge, die sie nicht so meinen. Bunny damals doch auch. Er sagte, wir hätten dir nie vertrauen sollen. Auch wenn es sehr hart geklungen hatte, er war damals einfach verletzt gewesen, weil die Kinder wegen Pitch aufgehört hatten, an ihn zu glauben.“ Ja, an diese Worte konnte sich Jack noch sehr deutlich erinnern. Auch an den Blick, den Bunny ihm damals geschenkt hatte. Die Worte hatten ihn tief getroffen. „Und was ist, wenn sie mich abweist?“ „Bleib stur, so wie immer, wenn dir eine Sache wichtig ist.“ „Okay“, gab er schließlich nickend zurück. Jack stand auf und wollte sein Fenster öffnen. „Warte, nimm eine von North‘ Kugeln. Damit bist du doch viel schneller als wenn du dich nun vom Wind tragen lässt.“ Das stimmte. So war er binnen eines Augenblickes zurück in Arendelle. „Danke!“, meinte er noch lächelnd, ehe er sich die Zauberkugel, die North ihm mal gegeben hatte, vom Kaminsims nahm. Jack schüttelte sie leicht, flüsterte den Namen des Königreiches und warf sie von sich. Ein kleines Portal öffnete sich und mit einem kurzen Lächeln an die Fee verschwand er durch dieses… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)