Glücklich sein von Dolly-Bird ================================================================================ Kapitel 27: Entführt -------------------- Am Nachmittag wurde Ciel abgeholt. Sebastian wollte den Kleineren gar nicht gehen lassen und dieser wollte nicht gehen, trotzdem musste er. Am Abend würde seine Tante Frances mit Familie zum Essen kommen. Sebastian würde sich mit Claude und Grell und dessen merkwürdigem Freund treffen, um seinen Geburtstag nachzufeiern. Während Ciel mit gebrochenem Bein im Krankenhaus gelegen hatte, hatte Sebastian Cedric kennen gelernt. Er fand ihn ein wenig merkwürdig, etwas verrückt vielleicht, aber er schien Grell gut zu tun. Dieser strahlte beinahe täglich vor Glück. William hingegen schien zu bereuen, Grell so behandelt und in den Wind geschossen zu haben. Vielleicht war er aber auch einfach nur froh, dass Grell offensichtlich glücklich vergeben war und ihn, William, in Ruhe ließ. Sebastian fand es schade, dass Ciel nicht dabei sein konnte. Er würde ihn gerne seinen Freunden vorstellen. Wobei Grell als Lehrer ihn schon kannte. Spät in der Nacht fiel Sebastian müde und angetrunken in ein Bett. Nach dem Essen sind sie in einen angesagten Club gegangen um zu tanzen. Genau genommen hatten er und Grell getanzt, während Claude und Cedric sich an die Bar verzogen hatten. Sebastian drückte seine Nase ins Kissen und atmete Ciels Geruch ein. Er war nur schwach vorhanden, aber das reichte ihm. Schlaftrunken suchte er nach seinem Schlafshirt, das sein Freund am Morgen noch getragen hatte. Als er es nicht fand, zuckte er gedanklich mit den Schultern und schlief langsam ein. Zur selben Zeit schlief Ciel schon seit ein paar Stunden in seinem Bett. Doch statt seinem Schlafanzug trug er Sebastians T-Shirt, das er unbewusst eingepackt hatte. Als er Zuhause seinen Rucksack ausgepackt hatte, war er ziemlich überrascht gewesen, das Shirt seines Freundes in der Hand zu haben. Ciel legte es in sein Bett und zog es später an, als er unter die Decke kroch. Das T-Shirt roch nach Sebastian und Ciel fragte sich, wieso er nicht schon früher auf die Idee gekommen war. Montagnachmittag ging Ciel zusammen mit Soma nach Hause. Ciel hatte die letzte Klassenarbeit nachgeschrieben, während der Rest seiner Klasse Sportunterricht hatte. Soma erzählte gerade, dass er in den nächsten Ferien nach Indien fahren würde, um seine Eltern zu besuchen, als ein schwarzer Transporter neben ihnen hielt. Ehe sie wussten, was los war, wurde die Seitentür geöffnet, zwei schwarz gekleidete Männer stiegen aus, packten Ciel, zogen ihn in den Transporter und waren so schnell weg, wie sie gekommen waren. Soma stand einige Sekunden geschockt und reglos da. „C-ciel?“, fragte er so leise, dass er es selbst kaum hörte. Was war da gerade passiert?! Kaum hatte er den ersten Schreck überwunden, nahm er die Beine in die Hand und rannte zum Stadthaus der Phantomhives. Dort klingelte er sturm, bis ihm ein Butler nach einer gefühlten Ewigkeit endlich die Tür öffnete: „Ja, bitte?“ „Ich muss sofort mit Mr. Phantomhive sprechen!!“ Der Butler musterte Soma von oben bis unten. Er trug dieselbe Schuluniform wie sein junger Herr und war schon des Öfteren hier gewesen. Er wirkte abgehetzt und atmete schwer. „Um was geht es?“, fragte der Butler ruhig, während Soma immer unruhiger wurde. „Ciel wurde gerade entführt!!“, platzte es aus ihm heraus. Die Augen des Butlers weiteten sich kurz, ansonsten blieb professionell und trat zur Seite: „Folgen Sie mir.“ Er führte Soma in den ersten Stock und ein Stück den Gang hinunter. Vor einer Tür blieb er stehen und klopfte an. Ein dumpfes „Herein“ ertönte und der Butler öffnete die Tür. Bevor er den unangekündigten Besuch ankündigen konnte, drängte Soma sich an ihm vorbei. „Sie haben Ciel entführt!“ Vincents Augen weiteten sich erschrocken. „Wer? Wer sind ‚Sie‘?“ „Plötzlich-plötzlich war da ein schwarzer Transporter und die haben Ciel mitgenommen!“ Soma war ganz außer sich. Vincent stand auf und deutete auf die Stühle vor seinem Schreibtisch: „Setz dich und dann erzähl mir, was genau passiert ist.“ Soma tat wie ihm geheißen und atmete tief durch, dann begann er zu erzählen. Blinzelnd öffnete Ciel seine Augen. Das erste, das er sah, war ein dunkelbrauner Wohnzimmertisch. Wo war er? Nur sehr langsam und wie durch Watte kamen seine letzten Erinnerungen zurück. Er war mit Soma nach Hause gegangen, als ein schwarzer Transporter neben ihnen angehalten hatte. Da waren Männer, er wurde gepackt und dann war alles schwarz. Ruckartig setzte Ciel sich auf, oder eher versuchte es, denn er fiel direkt wieder, mit dem Gesicht voran, auf das Polster. Seine Hände waren hinter seinem Rücken gefesselt. „Mist, er ist wach!“, rief eine Männerstimme. Ciel versuchte sich zu drehen, um die Person zu sehen, doch er hatte nicht die Kraft sich aufzusetzen. Als nächstes hörte er ein dumpfes Geräusch, einen Schmerzlaut und eine zweite Stimme, die verärgert klang. „Du Idiot! Schrei doch nicht so rum, wenn ich gerade Lösegeld fordere!“ Zur gleichen Zeit saß Soma sprachlos im Wohnzimmer des Stadthauses der Phantomhives. Nachdem er Vincent erzählt hatte, was passiert war, hatte dieser direkt zum Telefonhörer gegriffen und eine Nummer gewählt. Soma wurde von einem Butler ins Wohnzimmer gebracht. Vor ihm standen Tee und Gebäck, unangerührt. Alleine bei dem Anblick drehte sich ihm der Magen um. Er verstand nicht, was los war, warum Vincent nicht die Polizei rief. Plötzlich hörte er Schritte von mehreren Person im Flur und leise Stimmen, doch sehen konnte er niemanden. Er machte sich wahnsinnige Sorgen um Ciel. Soma stand auf und ging unruhig im Wohnzimmer auf und ab. Wieso passierte denn nichts? Er war kurz davor, sich die Haare zu raufen. Ciel wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war. Seine Entführer waren in einem anderen Raum und vertrauten scheinbar darauf, dass er nicht abhauen würde. Er rüttelte an seinen Fesseln und versuchte sie zu lösen. Erfolglos. Stattdessen schnitt ihm das Material nur weiter unangenehm in die Haut. Er konnte nicht einmal schreien, da sie ihn zusätzlich mit einem Stofftuch geknebelt hatten. Tränen der Angst und Verzweiflung brannten in seinen Augen, doch Ciel versuchte, sie herunter zu schlucken. Er würde jetzt bestimmt nicht weinen! Er hatte wahnsinnige Angst, doch unterrückte sie so gut er konnte. Von den vielen Krimis, die er gelesen hatte, wusste er, dass er die besten Chancen hatte, wenn er ruhig blieb. Kopflose Panik würde ihm jetzt nichts bringen. Ciel wusste nicht, ob oder wann ihn jemand retten würde. Er presste fest seine Augen zu und dachte an Sebastian. Er wünschte, sein Freund wäre da, um ihn zu retten. So wie er ihn damals beim Einbruch im Stadthaus gerettet hatte. Zur gleichen Zeit saß Soma wieder auf dem großen Sofa und rieb seine feuchten Hände unruhig am Stoff seiner Hose trocken. Von Sorge getrieben stand er wieder auf und tigerte durch das große Wohnzimmer. Es waren mittlerweile fast zwei Stunden vergangen. Zwei Stunden, in denen nichts passiert war. Zwei Stunden, in denen Ciel seinen Entführern schutzlos ausgeliefert war! Wütend und ganz krank vor Sorge ging Soma mit entschlossenen Schritten zum Arbeitszimmer und riss ohne anzuklopfen die Tür auf. Mehrere überraschte Augenpaare blickten zu ihm. Soma öffnete seinen Mund, doch er vergaß seine Ansprache. Stattdessen fragte er verwundert: „Mr. Michaelis?“ Bevor der Angesprochene antworten konnte, sagte Vincent ruhig: „Er gehört zur Familie.“ Sebastian war gerade in ein Auto gestiegen, als er den Anruf bekam. Vincent hatte ihm die Wahl gelassen, ob er bei Ciels Befreiung helfen wollte. Er hatte das Gefühl, von seiner Entscheidung würde viel abhängen, trotzdem traf er sie ohne zu zögern. Außerdem würde es ihn verrückt machen, Zuhause zu sitzen und zu warten und nichts tun zu können. Er war zwar nur ein Lehrer und konnte wahrscheinlich nicht viel ausrichten, aber er würde für Ciel da sein, wenn dieser ihn brauchte. Zu seiner Überraschung war Grells Freund – Undertaker wurde er genannt – bei der kleinen Versammlung dabei. Die anderen Männer kannte er nicht. Vincent erklärte mit ernstem Gesicht, dass die Entführer ein Lösegeld gefordert hatten und die Nummer gerade geortet werden würde. Sebastian hörte nur schweigend zu, während Ciels Befreiung geplant wurde. Er fühlte sich wie in einem Film. Die Gerüchte über den „Wachhund der Königin“ waren wohl wahr. Als die Tür zum Arbeitszimmer plötzlich aufgerissen wurde, zuckte Sebastian unmerklich zusammen. Seine rotbraunen Augen weiteten sich kurz, als er Soma sah. Vincent warf einen kurzen Blick auf seine Armbanduhr. „Wir brechen auf. Soma, du bleibst hier.“ „Wa-? Aber?“, der Angesprochene wollte widersprechen, doch Vincent unterbrach ihn: „Es ist zu deiner eigenen Sicherheit. Du kannst gerne hier warten.“ Der Junge würde ihnen nur um Weg sein und sich selbst in Gefahr bringen. Jeder wusste, was er zu tun hatte. Die Entführer waren scheinbar auf schnelles Geld aus und dachten, es sei am einfachsten, Kinder reicher Eltern zu entführen. Allerdings hatten sie sich dafür die falsche Familie ausgesucht. Vincent informierte unterwegs seinen Bekannten bei Scotland Yard, sodass die bei der Befreiung anwesend waren und die Entführer verhaften konnten. So ersparte er sich und den anderen Anwesenden eine Menge Ärger hinterher. „Scheinbar mögen deine Eltern dich nicht besonders“, sagte plötzlich jemand zu Ciel. Dieser reagierte nicht darauf. Sein Vater würde ihn bestimmt jeden Moment holen. „Hey! Ich rede mit dir!“ Als der Angesprochene immer noch keine Reaktion zeigte, griff der Mann in Ciels aschblaue Haare und zog ihn grob nach oben. Dann holte er aus und grub seine Faust in Ciels Bauch. Dieser keuchte, würgte und krümmte sich, so gut es ging. Als der Mann wieder ausholte, kniff Ciel seine Augen zu und bereitete sich mental auf den Schlag vor. „Hände hoch und gehen Sie von dem Jungen weg!“, brüllte eine andere Stimme. Plötzlich ging alles sehr schnell. Laute Schritte und Stimmen waren zu hören, die durcheinander schrien. „Ciel! Ciel, hörst du mich? Bist du verletzt?“ Überrascht riss der Angesprochene seine Augen auf. Sebastian! Ungläubig starrte er seinen Freund an, als wäre dieser eine Erscheinung. Vorsichtig löste Sebastian den Knebel an Ciels Hinterkopf. Er versuchte, seine trockenen Lippen zu befeuchten, doch sein Mund war zu trocken. Es kam nur ein Krächzen über seine Lippen. „Ssscchh … Schon gut.“ Sebastian zerschnitt die Kabelbinder, mit denen Ciels Hände gefesselt waren und half ihm langsam, sich aufzusetzen. Nur am Rande bemerkte er, dass Sebastian eine schusssichere Weste trug. Dieser verkniff sich gerade noch so die Frage, ob alles in Ordnung war und fragte stattdessen: „Bist du verletzt?“ Ciel schüttelte mit dem Kopf. Er verzog schmerzhaft sein Gesicht, als wieder Blut durch seinen eingeschlafenen Arm floss, auf dem er die ganze Zeit gelegen hatte. „Hier, trink was.“ Sebastian hielt ihm eine kleine Flasche Wasser an die Lippen. Ciel trank ein paar Schlucke. Ihm war noch ganz schlecht von dem Schlag in seinen Bauch. „Ich heb dich jetzt hoch, okay?“, fragte Sebastian. Auf das Nicken seines Freundes schob er einen Arm unter dessen Knie und legte den anderen an den schmalen Rücken. Vorsichtig hob er Ciel hoch und ging mit ihm nach draußen. Dort sahen sie noch, wie zwei Autos von Scotland Yard wegfuhren. „Ciel, mein Junge! Geht es dir gut?“, fragte Vincent besorgt. Er hatte mit Sir Randall gesprochen, sich dann mit einer kurzen Entschuldigung von diesem abgewandt, als er seinen Sohn sah. „Ja, alles okay soweit“, flüsterte Ciel. Seine Stimme war nicht mehr als ein Krächzen. Er ist sehr tapfer, dachte Sebastian bewundernd. Er ging mit Ciel zu einem der Autos, setzte ihn auf die Rückbank und sich daneben. Kaum war die Autotür zu, warf der Kleinere sich gegen Sebastian und weinte. Dieser zog den Jungen sanft auf seinen Schoß und flüsterte beruhigende Worte. „Ich … ich hatte … solche Angst“, würgte Ciel zwischen Schluchzern hervor. Sebastian streichelte den schmalen Rücken. „Jetzt bist du in Sicherheit. Ich bin da.“ Es dauerte noch einige Zeit, bis Ciel sich soweit wieder beruhigt hatte. Erschöpft lehnte er an Sebastian und bekam kaum mit, wie sie zurück ins Stadthaus fuhren. Dort angekommen ging er, an Sebastian gelehnt, direkt nach oben ins Badezimmer. Am Rande nahm er wahr, dass jemand seinen Namen rief, doch er wollte nur duschen und allein sein. Er hatte sich kurz von seiner besorgten Mutter in den Arm nehmen lassen und dann Sebastian gebeten, ihn allein zu lassen. Ein Butler betrat das Wohnzimmer, in dem Soma immer noch darauf wartete, mit Ciel sprechen zu dürfen, als ein Butler den Raum betrat. Hinter ihm ein junger Mann mit weißen Haaren. „Agni!“ „Prinz Soma, gehen wir nach Hause“, sagte dieser lächelnd, „Ihr könnt morgen den jungen Herrn Ciel besuchen. Er braucht ein wenig Ruhe.“ Soma war enttäuscht, schließlich wollte er Ciel nur helfen und hatte sich gesorgt, über Stunden. Vermutlich hatte Agni recht. Nach der ganzen Aufregung merkte Soma langsam auch die Erschöpfung. Ciel war lange unter der Dusche gestanden. Er hatte einfach nur warmes Wasser über seinen Körper laufen lassen und versucht, die Ereignisse der letzten Stunden irgendwie zu verarbeiten. Als er in sein Zimmer trottete standen dort eine Teekanne, eine Tasse und Gebäck auf seinem Schreibtisch. Er zog sich Unterwäsche und ein T-Shirt an und trank einen Schluck Tee. Dieser wärmte ihn von innen. Ciel war unendlich müde. Er wusste nicht, wie lange er dort gelegen hatte und versuchte stark zu sein, doch jetzt musste er es nicht mehr sein. Erschöpft legte er sich in sein kaltes Bett und schloss seine Augen. Doch einschlafen konnte er nicht. Sein Bett wollte einfach nicht warm werden. Zitternd zog Ciel seine Knie an seine Brust und weinte. Das musste der Schock sein. Leise klopfte es an seiner Tür und Sebastian streckte seinen Kopf rein. Als er ein leises Schluchzen hörte, schloss er schnell die Tür hinter sich und setzte sich auf die Bettkante. „Ciel“, wisperte er. Vorsichtig legte Sebastian eine Hand auf den schmalen Rücken. Der Kleinere zuckte zusammen und drehte sich um. Mit großen, blauen Augen sah er seinen Freund an. „Legst du dich zu mir?“, fragte er leise. „Natürlich“, lächelte Sebastian. Er zog sich bis auf Boxershorts und T-Shirt aus und legte sich unter die Decke. Beinahe sofort kuschelte Ciel sich an seine Brust und lauschte dem ruhigen Herzschlag des Größeren. „War Soma vorhin da gewesen?“, fragte Ciel leise. Sebastian blinzelte überrascht und stoppte kurz das Kraulen von Ciel Rücken. Er dachte, dieser wäre längst eingeschlafen. „Ja, war er. Er hatte wohl die ganze Zeit auf dich gewartet und sich Sorgen gemacht.“ „Oh.“ Ciel würde ihm morgen schreiben, dass alles okay war soweit. „Hat er dich gesehen?“ „Ja, er ist ins Arbeitszimmer deines Vaters geplatzt.“ „Und was hast du gesagt, wieso du da bist?“, fragte Ciel besorgt. Nicht, dass ihr Geheimnis nun auch noch auffliegen würde. „Nichts. Dein Vater sagte, ich gehöre zur Familie.“ „Das hat er gesagt?“, erstaunt sah Ciel ihn an und richtete sich etwas auf. „Ja, stimmt etwas nicht?“, in Sebastians Stimme schwang ein besorgter Unterton mit. „Nein, nein!“, winkte Ciel ab und grinste den anderen an, „das heißt, du bist offiziell in unserer Familie aufgenommen! Meine Eltern mögen dich wirklich“, strahlte Ciel ihn glücklich an. Sebastian erwiderte es mit einem breiten Lächeln. Nun stand ihrem Glück nichts mehr im Weg. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)