Glücklich sein von Dolly-Bird ================================================================================ Kapitel 17: Neulich bei den Trancys ----------------------------------- Es war Abend und somit waren Alois und Claude allein in dem großen Stadthaus der Trancys. Nach dem Abendessen verließen die anderen Bediensteten das Haus und kamen erst am Vormittag wieder. Niemand hielt es mit dem hellblonden Teufel so lange aus wie Claude. Dieser kehrte nur an seinen freien Tagen in seine Wohnung zurück, sonst wohnte er in dem Stadthaus. Das Abendessen war vor nicht einmal zwei Stunden gewesen, doch irgendwie hatte Alois wieder Hunger. Da er keine Lust hatte Claude zu suchen, damit dieser ihm etwas zu essen holte, ging er selbst in die Küche. Er öffnete den Kühlschrank und schaute, was dieser so zu bieten hatte. Eine große, gelbe Honigmelone lachte ihn an, also nahm es sie raus und legte sie auf die Arbeitsplatte. Aus dem Messerblock, der daneben stand, nahm Alois ein großes, langes Messer, um die Melone aufzuschneiden. Claude derweil saß in seinem Zimmer und genoss die Ruhe. Das kleine Monster, wie er ihn gedanklich oft und gerne nannte, hatte ihn in den letzten Tagen in Ruhe gelassen. Er hoffte wirklich, dass das Thema Beischlaf nun vom Tisch war. Ein Schrei ließ ihn plötzlich aufschrecken. Was war denn nun wieder los? Genervt richtete er seine randlose Brille und stand auf. Wenn er ihn wieder ärgern wollte konnte er jetzt was erleben! Mit finsterem Blick öffnete er die Tür zu seinem Zimmer. Ein lautes „CLAAAAAAAUUUUUUUDE!!!“ ließ ihn besorgt schneller laufen. Kam das aus der Küche? Kaum stand er im Türrahmen, überblickte Claude schnell die Situation. Alois stand da und hielt sich den linken Zeigefinger. An seiner Hand lief Blut runter und tropfte auf den Boden. Auf der Arbeitsplatte lag eine gelbe Honigmelone und daneben ein großes, langes Messer. Mit einem leisen Seufzen sagte Claude: „Zeig mir mal deinen Finger.“ Vorsichtig wischte er mit einem Geschirrhandtuch das Blut von der Hand des Kleineren und begutachtete den Schnitt. Dieser zog sich quer über fast den ganzen Finger und war recht tief. Er wickelte das Handtuch um die Verletzung und drückte sachte darauf. „Claude…“, wimmerte Alois und schaute ihn mit tränennassen Augen ängstlich an. „Ich fürchte das muss genäht werden“, sagte dieser. Angst schimmerte in den hellblauen Augen. „Keine Sorge, so schlimm ist das nicht“, sagte Claude mit sanfter Stimme und zog Alois in seine Arme. Erst hatte er vermutet, dieser würde ihn nur wieder ärgern wollen, doch es schien tatsächlich keine Absicht gewesen zu sein. Zugegeben, er traute Alois auch nicht zu, sich selbst zu verletzen, und schon gar nicht so, um seine Aufmerksamkeit zu bekommen. Der Kleinere weitete kurz überrascht seine Augen, dann schloss er sie und drückte sich ein wenig näher an den anderen. Für einen Moment vergaß er seine Schnittverletzung und genoss es im Arm gehalten zu werden. Wann war das letzte Mal, dass ihn jemand umarmt hatte? Er konnte sich nicht wirklich daran erinnern. „Na komm, wir fahren jetzt erst einmal ins Krankenhaus“, sagte Claude, ließ von Alois ab und zog ihn sachte mit. Im Krankenhaus angekommen meldete Claude sie gleich an. Sie wurden direkt zu einem Arzt geschickt, da die Wunde trotz Druck immer noch leicht blutete. Als Alois ins Behandlungszimmer gerufen wurde, wollte Claude im Wartebereich auf ihn warten, doch der Jüngere bestand darauf, dass er mitkam. Während der Untersuchung hielt Alois den linken Arm des anderen umklammert und drückte sein Gesicht dagegen. Claude hob erstaunt seine Augenbrauen. Er lernte gerade eine völlig neue Seite von diesem kleinen, blonden Teufel kennen. Ein wenig tat er ihm aber auch leid, Alois hatte scheinbar tatsächlich Angst. So löste er seinen Arm, der sonst noch taub werden würde, aus der festen Umklammerung und legte ihn stattdessen um Alois schmale Taille. Dessen Kopf ruhte nun an seiner Schulter. „Sie haben Glück, es muss nicht genäht werden und es wurde auch keine Sehne getroffen. Ich werde die Wunde jetzt erst einmal desinfizieren, das wird etwas brennen, und dann mit Klebefäden verschließen.“ Claude nickte ihm zu. Als das Desinfektionsspray auf und in die Wunde traf zuckte Alois zusammen. Es brannte und fühlte sich unangenehm an. Dann wurde die Wunde mit schmalen Klebefäden verschlossen, damit sie richtig zuwachsen konnte. Anschließend bekam er eine Kompresse um den Finger gelegt und dann wurde ein Verband darum gewickelt. „Passen Sie auf, dass der Verband nicht nass wird. Sollte es schmerzen oder doch wieder bluten, kommen Sie bitte wieder! Ansonsten sehen wir uns in einer Woche zur Kontrolle, ob auch alles schön verheilt.“ „Vielen Dank! Auf Wiedersehen“, sagte Claude als er aufstand und Alois mit hoch zog. Dieser war seltsam blass und wirkte erschöpft. Auch wollte er nicht von Claudes Seite weichen, was das Gehen nicht gerade einfacher machte. Trotzdem ließ der Größere seinen Arm um Alois schmale Taille liegen und zog ihn sanft mit, bis sie am Auto ankamen. Nachdem sie in Claudes Auto eingestiegen waren, startete dieser den Motor und parkte aus der Parklücke aus. „Warum hast du mich nicht gleich geholt, wenn du Hunger hast?“, durchbrach der Ältere die Stille zwischen ihnen. Alois schnaubte und funkelte ihn wütend an: „Für was hältst du mich eigentlich? Ein kleines, verwöhntes Balg das nichts ohne seinen Butler hinbekommt?“ „Nein“, antwortete er monoton. Aber für einen Satansbraten, der es sich scheinbar zur Lebensaufgabe gemacht hat, mir das Leben schwer zu machen, fügte er in Gedanken hinzu. Nach kurzer Zeit der Schweigens fragte Alois: „Wenn du mich so sehr hasst, warum hast du dann noch nicht gekündigt? Zahlt mein Onkel so viel besser als andere?“ Claude warf ihm einen überraschten Seitenblick zu. Kündigen … Daran hatte er bisher, wenn er ehrlich war, nicht einmal gedacht. Die Stelle wurde gut bezahlt, das stimmte, aber nicht viel besser als bei anderen Arbeitgebern. „Also liegt es am Geld“, schloss Alois aus dem Schweigen des anderen. Er verschränkte seine Arme vor der Brust und senkte seinen Blick nach unten. „War ja klar. Niemand will mich haben. Warum sollte sich das auch ändern?“ In seiner Stimme schwang ein verletzter Unterton mit. Überrascht hob Claude seine Augenbrauen. Niemand wollte ihn haben? „Was meinst du damit?“, fragte er und unterdrückte die Neugierde in seiner Stimme. „Ts. Genau das!“, begehrte Alois auf, „meine Eltern haben sich nie für mich interessiert, mein Onkel hat mich postwendend in sein Stadthaus abgeschoben und alle Angestellten ergreifen nach maximal zwei Wochen die Flucht!“ „Das stimmt nicht“, sagte Claude ruhig, „ich bin seit über zwei Jahren bei dir und habe nicht die Flucht ergriffen. Und das liegt nicht daran, weil dein Onkel mir so viel bezahlt. Ich bekomme nicht viel mehr, als ich bei früheren Arbeitgebern verdient habe.“ „Ach ja? Was ist es dann? Bist du vielleicht ein ehemaliger Verbrecher?“ Claude rückte mit seiner typischen Geste seine Brille zurecht. Seine linke Augenbraue zuckte leicht. Wollte er ihn beleidigen? „Das bin ich sicher nicht!“, antwortete er spitz. Allmählich wurde Alois neugierig, was dann der Grund war. Er richtete sich auf und beugte sich zu dem anderen hinüber. Mit verführerischer Stimme fragte er: „Warum dann? Doch nicht etwa, weil du auf mich stehst?“ Claudes linke Augenbraue begann richtig zu zucken. „Nein, und jetzt setz dich wieder ordentlich hin! Ich weiß nicht warum ich bisher nicht einmal daran gedacht habe zu kündigen, aber es ist so. Ich kann dir keinen Grund nennen.“ Überrascht ließ Alois sich wieder in seinen Sitz sinken. Mit dieser Antwort hatte er nun wirklich nicht gerechnet. Er hatte noch nicht einmal in Erwägung gezogen zu kündigen? Obwohl er ihn beinahe täglich ärgerte? Vielleicht mochte er ihn ja doch irgendwie? Ein kleines, glückliches Lächeln breitete sich auf seinen Lippen aus. Das war ein schönes Gefühl. Kaum hatte Claude vor dem großen Stadthaus geparkt, sprang Alois schon aus dem Auto und tänzelte zur Haustür. Sein Butler folgte ihm in gemütlichem Tempo. Wenigstens war er jetzt wieder besser drauf, dachte er für sich. Kaum hatte Alois seine Schuhe ausgezogen, hüpfte er zur Treppe. Dort blieb er stehen und warf einen Blick aus funkelnden, hellblauen Augen nach hinten. „Claude, ich möchte jetzt ein Bad nehmen. Du wirst mir die Haare waschen! Schließlich darf mein Verband nicht nass werden“, flötete er und hüpfte die Treppe nach oben. Der Angesprochen richtete mit seiner typischen Geste seine Brille und seufzte leise. Er war sich sicher, dass er nicht nur Alois hellblonde Haare waschen musste. „Claude~ wo bleibst du?“, ertönte es ungeduldig aus dem ersten Stock. Nur langsam setzte er sich in Bewegung und ging die Treppe nach oben. Das würde wieder was werden … Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)