In Zeiten des Krieges von stone0902 (Draco x Ginny) ================================================================================ Kapitel 36: Teil 2 – Kapitel 9 ------------------------------ Juli 1998 „Na los, lasst uns gehen!“   „Ich finde nicht, dass du mitgehen solltest. Vor allem nicht in deinem Zustand.“   „In meinem … Zustand?!“   „Du weißt, was ich meine …“   „Du findest also, dass ich eine Last bin, ja?“   „Das habe ich nicht gesagt!“   „Aber gemeint!“   „Meine Güte! Ich mache mir doch nur Sorgen um dich!“   „Könnt ihr zwei euren Streit auf später verschieben? Wir dürfen keine Zeit verlieren! Während ihr zankt steht eine Stadt in Flammen!“   „Du hast recht … Sorry, man … Es tut uns leid …“   „Außerdem weißt du, dass sie eh ihren Kopf durchsetzt …“   „Hey!“   „Hast du den Portschlüssel?“   „Ja! Kann losgehen!“   „Na dann los! Mischen wir ein paar Todesser auf!“   ***   Sein Zauberstab zeigte ihm mithilfe des Vier-Punkte-Zaubers die Richtung. Um ihn herum herrschte pechschwarze Dunkelheit. Nur vereinzelt tauchten unter ihm am Boden winzige Lichtpunkte auf, die auf Städte und Dörfer hinwiesen. Die Geschwindigkeit des Antipodischen Opalauges konnte beinahe mit dem rasanten Tempo des Hogwarts-Express verglichen werden. Seine meterbreiten Schwingen ließen mit jedem Flügelschlag endlose Meter hinter sich. Beinahe geräuschlos glitten sie durch die wolkenverhangene Nacht, die sie vor den Augen der Muggel schützte.   Der Zauberstab drehte sich einige Zentimeter nach rechts und Draco gab seinem Drachen den Befehl, die Richtung zu ändern. Wie überaus praktisch dieser Imperiusfluch doch war. Natürlich wusste er, wieso dieser Zauber zu den Verbotenen Künsten gehörte und doch empfand er es als unsagbar einfach, ihn anzuwenden. Schließlich handelte es sich bei seinem sogenannten Opfer nur um ein Tierwesen, aber er konnte sich nicht vorstellen, dass es bei einem Menschen großartig anders war.   Endlich hatte man ihm den Auftrag erteilt. Endlich konnte er das volle Potenzial dieses zerstörerischen Wesens austesten. Draco war gespannt darauf, das Feuer und die Zerstörungskraft zu sehen. Ebenso wie den Schrecken, in den Gesichtern der Muggel, wenn sie ihn sahen. Sie hatten keine Chance gegen ihn.   Weitere Todesser griffen zeitgleich neun weitere Städte an, allesamt Orte, an denen niemand mit magischem Blut registriert war – Draco kümmerte sich um Nummer zehn. Der Minister der Muggel lebte außerhalb von London, in einer kleinen Stadt namens Dartford. Sein Anwesen war nicht mehr weit entfernt. Die Todesser griffen in Gruppen an, doch Draco war allein unterwegs. Nur er und sein Drache.   Aufgrund dessen, dass sich in Dartford und den anderen Städten nur Muggel aufhielten und keine Zauberer, rechneten sie mit wenig bis hin zu gar keinem Widerstand. Selbst ohne Drachen war Draco ein guter und erfahrener Zauberer. Duellieren lag ihm im Blut. Ein wenig hoffte er jedoch, dass sich jemand wehren, dass ihn jemand angreifen würde. In ihm tobten so viele Emotionen, die er raus lassen wollte. Ob jemand vom Orden auftauchen würde? Oder ein anderer mutiger und gleichzeitig dummer Zauberer, der versuchte, sich für eine Sache einzusetzen, die längst ausweglos schien?   Drei Weasleys waren bereits tot. Heute erst hatte Draco den Bericht im Tagespropheten gelesen. Er verspürte weder Triumpf noch Mitleid. Die einzige Frage, die er sich stellte, war, wie die jüngste Weasley wohl damit umging, dass sie auf einen Schlag gleich drei Familienmitglieder verloren hatte. Schon der Tod von Percy hatte sie damals so sehr mitgenommen, wie mochte es wohl jetzt sein? Die Zwillinge hatten Draco oft das Leben schwer gemacht und ihm einmal nach einem Quidditchspiel verprügelt. Er verspürte alles andere als Nächstenliebe für sie. Und ihrem Vater war er nur zweimal begegnet. Von seinem Vater wusste er alles Mögliche über das Oberhaupt der Familie Weasley. Für Lucius Malfoy war es gänzlich ein Triumph, da zwischen den beiden Rivalen eine jahrelange Fehde bestand. Er war seinen Erzfeind nun endlich los geworden.   Es tat ihm leid, um ihren Verlust. Doch der gehörte zum Krieg nun einmal dazu. Auch Draco war schon in den Genuss gekommen. Und er wusste, es würden noch weitere Verluste folgen.   Die Widerständler hatten Rookwood getötet. Crabbe, Goyle und Carrow hatten sie zwar nicht umgebracht, allerdings wurde ihr Verstand so sehr manipuliert, dass sie sich nun auf ewig ein Zimmer zusammen mit Gilderoy Lockhart in der Beklopptenstation im St. Mungo’s teilen konnten.   Und obwohl ihr genauso grausam sein könnt wie wir nennt ihr euch die Guten?   Langsam verdichteten sich die winzigen Lichtpunkte und wurden immer größer. Das musste die Stadt sein, die er suchte. „Weise mir die Richtung“, murmelte Draco und der Zauberstab deutete unmittelbar auf die Ansammlung der Lichter. Es war mitten in der Nacht. Man hätte sie als friedlich bezeichnen können. Wolken verdeckten Mond und Sterne, die Sommerluft war auch noch am Abend angenehm warm und niemand bemerkte den dunklen Schatten am Himmel, der sich ihnen lautlos näherte.   Fünf Minuten später erreichte er sein Ziel. Mit dem Drachen sank er so weit hinab, dass er nur etwa ein dutzend Meter über den Dächern der Häuser flog. Yaxley hatte ihm das Anwesen genau beschrieben. Im Zaubereiministerium war es leicht gewesen, die Informationen über den Muggelminister zu beschaffen. Draco betrachtete es; es handelte sich dabei um das größte Anwesen in der ganzen Straße, mit einem hohen Zaun und einer langen geschwungenen Einfahrt. Im Garten befand sich ein großer Teich. Ein weißes gestrichenes Haus, mit roten Fensterrahmen und einem dunkelgrauen Dach, dessen Farben er in der Dunkelheit der Nacht jedoch nicht ausmachen konnte.   Draco schmunzelte hinter seiner Todessermaske. Selbst wenn es nicht das Haus des Ministers sein sollte, in nur wenigen Minuten würde er alles im Umkreis von einem Kilometer zerstören.   Der Drache schwang langsam und ruhig seine Schwingen und sie verharrten auf einer Stelle. Aus dem unteren Stockwerk drang Licht durch ein Fenster. Draco zog seinen Zauberstab.   „Expulso.“   Der Lichtblitz traf das Fenster und es zersprang mit einem lauten Knall in abertausend Teile. Draco zerstörte noch drei andere Fenster. Kurz darauf wurden weitere Lichtschalter im Haus betätigt. Immer mehr Räume erhellten sich.   „Gleich geht’s los“, murmelte er dem Opalauge zu. Aus dessen Kehle kam ein tiefes Grummeln.   Die Haustür flog auf und ein Mann kam hinausgelaufen. Es dauerte nur Sekunden, bis er in den Himmel schaute. In dem Moment richtete Draco seinen Zauberstab auf den Drachen.   Verspürte er Mitleid mit den Muggeln?   Ein Auftrag war ein Auftrag. Es stand ihm nicht zu, Anordnungen in Frage zu stellen.   „Imperio.“   Verbrenn ihn.   Die Sekunde, in der das Opalauge tief Luft holte und er die Anspannung des Tieres unter sich spüren konnte, erschien ihm wie eine Ewigkeit.   Draco klammerte sich an den Rückenschuppen fest, während der Drache sich in der Luft aufbäumte und kurz darauf begann Feuer zu spucken. Die sengende Hitze schlug ihm trotz der schützenden Maske ins Gesicht und für einen Moment wurde die Umgebung erhellt, bevor sie sich in Flammen auflöste. Mithilfe des Imperius steuerte er den Drachen, der über das Haus flog und es mitsamt den umstehenden Häusern vernichtete. Sie flogen, zogen eine Schleife und der Drache spie erneut Feuer.   Das Tierwesen brüllte laut und die Stadt schien zu erzittern. Wieder spuckte es Feuer. Immer und immer wieder. In nur wenigen Sekunden standen mehrere Straßen in Flammen. In der Stille der Nacht gab es nichts und niemanden, der sie aufhalten konnte.   Die Häuser sah Draco immer nur für einen flüchtigen Moment. Sie wurden vom Feuer erstrahlt, ehe sie im Flammenmeer versanken. Die Wucht dieser Stärke brachte viele von ihnen sofort zum Einsturz. Wenn die Menschen darin Glück hatten wurden sie entweder im Schlaf unter den Trümmern begraben oder ihre Körper verbrannten sofort in der Hitze.   Nur wenige Minuten später, als die halbe Stadt bereits brannte, hörte er panische Stimmen und die Schreie der Verletzen oder derjenigen, die bisher noch verschont waren. Einige liefen brennend auf die Straßen und versuchten sich irgendwie zu retten. Doch Draco wusste, dass Drachenfeuer nur schwer zu löschen war.   Während der Drache weiter seine Runden über Dartford flog, hielt er seinen Zauberstab bereit und die Augen offen.   Nichts.   Niemand.   Das war beinahe schon zu einfach.   Seinen Auftrag hatte er erfolgreich abgeschlossen. Der Minister war nur noch ein Häufchen Asche. Sein Drache würde solange weitermachen, bis er ihm den Befehl zum Rückzug gab. Draco fragte sich jedoch, wann es seiner Meinung nach „genug“ war. Würde er nicht genügend töten, würden die Todesser misstrauisch werden. Viel zu oft spürte er die wachsamen Augen auf sich ruhen, als warteten sie nur darauf, dass er eine Schwäche zeigte, dass er zu jung war, zu unfähig oder einen Fehler machte.   Er würde sie eines Besseren belehren. Sie würden schon noch sehen, wozu er fähig war. Viel zu viel stand auf dem Spiel. Und er würde den Preis zahlen, den das Überleben forderte.   Ein blauer Lichtblitz schnellte von rechts auf sie zu und traf den Drachen an der Schulter. Vor Schmerz jaulte er auf, blieb ruckartig in der Luft stehen und stieß fluchtartig in die Höhe. Gerade noch so schaffte Draco es, sich an ihm festzuhalten, und einen Sturz in die Tiefe zu verhindern.   Da waren sie also endlich.   Ein weiterer Lichtblitz zischte an ihnen vorbei, der den Drachen nur knapp verfehlte. Draco sah sich um, den Zauberstab zur Gegenwehr erhoben, doch er konnte niemanden sehen. Das Opalauge flog instinktiv hoch in den Himmel, um Schutz in den Wolken zu suchen. Das würde sie zwar schützen, so konnte er den Feind allerdings auch nicht sehen.   Zwei weitere Lichtblitze, aus gegensätzlichen Richtungen trafen ihn. Schmerzerfüllt und wütend brüllte der Drache, dass es in den Ohren nur so schmerzte. Er holte tief Luft und spie Feuer auf einen unsichtbaren Gegner.   Und da machte es Klick bei ihm.   Sie flogen weiter und immer noch konnte er niemanden erkennen. Immer wieder zischten Lichtblitze auf sie zu, doch er konnte weiterhin nicht die dazugehörigen Zauberer sehen.   War es möglich, dass sie unsichtbar waren?   Aus dem Augenwinkel bemerkte er einen Lichtblitz und er feuerte einen Schockzauber in die Richtung, ohne zu erfahren, ob er getroffen hatte. Der nächste Zauber kam aus einer anderen Richtung. Während der Drache im Zickzack flog, wurden sie weiter angegriffen und Draco überlegte, was er tun sollte. Er wusste, es gab einen Zauberspruch, der jemanden unsichtbar machen konnte. Die Besen, auf denen sie offensichtlich flogen, mussten ebenso verzaubert sein. Es waren eindeutig mehrere. Mindestens zwei. Vielleicht drei. Oder mehr.   Was sollte er tun? Homenum Revelio? Nein, der Zauberspruch würde natürlich reagieren, schließlich waren unter ihm noch hunderte Menschen. Finite? Unwahrscheinlich, dass er jemanden zufällig traf.   Unten auf dem Boden konnte er nun erkennen, wie jemand ungeheure Mengen an Wasser heraufbeschwor und begann die brennenden Häuser damit nach und nach zu löschen. Das war eindeutig kein Muggel.   In dem Moment wirbelte ein dickes Seil um einen Flügel des Drachen. Ein Ruck ging durch das Tierwesen mitsamt dem Reiter. Das Opalauge jaulte wütend auf und versuchte sich zu befreien, doch das Seil zog sich nur fester und hinderte den Drachen am Weiterfliegen. Verzweifelt spie es Feuer, setzte noch einmal einige Häuser und Bäume in Brand.   Draco starrte nach unten. Das würde eine unsanfte Landung werden.   Da einer der Flügel noch imstande war weiterzuschlagen stürzten sie immerhin nicht wie ein Stein zu Boden, sondern konnten den Sturz noch ein wenig steuern. Draco hielt sich fest, sowie seinen Zauberstab in seiner Hand, den er auf keinen Fall verlieren durfte.   Mit einem letzten feuerspeienden Brüllen stürzten sie auf ein riesiges Haus hinab. Die gewaltige Wucht des Aufpralls sowie der stahlharte Körper des Tierwesens begruben einen Großteil unter sich.   Draco sprang vom Rücken des Drachen hinunter. Jetzt musste alles ganz schnell gehen, denn seine Gegner würden sicher nicht lange auf sich warten lassen.   „Morsmordre!“   Er richtete seinen Zauberstab in Richtung Himmel und die Wolken begannen sich zu verformen, bis sie zum Dunklen Mal wurden, das grünlich und unheilverkündend am Himmel prangte. Aus der Innentasche seines Umhangs holte er eine Taschenuhr heraus, die er vor den Kopf des Drachen legte. Dessen Augen waren weit aufgerissen und aus seinen Nüstern drangen leichte Rauchwolken. Wenn sie wieder zuhause waren würde Draco sich um seine Wunden kümmern. Allzuviel schien er nicht abbekommen zu haben. Drachen waren schließlich hart im Nehmen.   Mit seiner Zauberstabspitze tippte er die Taschenuhr an und er ging mehrere Schritte zurück. Schwerfällig versuchte das Opalauge sich aufzurichten, woraufhin weitere Steinbrocken des eingestürzten Hauses zu Boden gingen. Der verletzte Drache musste jetzt so schnell wie möglich weg, ansonsten wäre er ein leichtes Ziel für seine Gegner. In diesem Zustand war er ihm keine Hilfe mehr.   Die Uhr begann immer schneller zu ticken und hörte dann schlagartig auf. Innerhalb eines Wimpernschlags verschwand der Portschlüssel mitsamt dem Drachen, der sie zurück zum Anwesen der Familie Lestrange brachte.   Draco drehte sich um und suchte die Umgebung ab. Um ihn herum war alles dunkel. In sicherer Entfernung sah er die Flammen der brennenden Stadt. Der Raum, in dem er sich befand, beinhaltete eine Tafel und etwa zwanzig Tische und Stühle. Der Anblick erinnerte ihn kurz an die Klassenzimmer in Hogwarts. Offensichtlich handelte es sich hierbei um eine Muggelschule. Wenigstens würde das bedeuten, dass sich in diesem Gebäude momentan keine Menschen aufhielten.   Gerade noch rechtzeitig sah er den roten Lichtblitz, der auf ihn zuraste. Mit einer schnellen Bewegung aus dem Handgelenk wehrte er den Zauber ab und ohne zu zögern schmetterte er einen ungesagten Schockzauber hinterher, der jedoch nur die Hauswand traf.   Na schön, wenn er sich nicht auf seine Augen verlassen konnte, musste er eben seinen anderen Sinnen vertrauen. Niemand konnte sich geräuschlos bewegen, so konnte er hier und da einen Schritt hören oder das Klackern eines Steins oder das Rascheln eines Umhangs.   Derjenige schien gut im Umgang mit nonverbalen Zaubern zu sein. Doch Dracos Reflexe waren ebenfalls gut. Nicht umsonst war er Sucher in der Quidditchmannschaft gewesen.   Als er links neben sich ein leises Geräusch vernahm zielte er sofort. „Finite!“   Na siehe mal einer an. Draco schmunzelte leicht, als die Person endlich sichtbar wurde. Im Dunkeln war die in einen Umhang gehüllte Gestalt schlecht sichtbar – allerdings war schlecht, immer noch besser, als gar nicht.   Sein Gegner schwang den Zauberstab und ein Trümmerteil flog auf ihn zu, dem er knapp auswich. Viel Zeit blieb ihm nicht, da musste er sich bereits unter einem weiteren Fluch ducken. Draco schleuderte der Person gleich drei Zauber entgegen. Er durfte keine Zeit verlieren. Immerhin war sein Gegner nicht allein und er wollte ihn besiegen, ehe er Verstärkung bekam.   Deshalb hielt er sich nicht mit Entwaffnungszaubern oder Stolperflüchen auf, sondern zog schwerere Geschütze auf. Von Brandzaubern, Sprengzaubern bis hin zu den Unverzeihlichen. Sein Gegner war nicht schlecht. Bisher war es ihm immer gelungen auszuweichen. Von daher zielte er diesmal auf die halb eingestürzte Mauer neben ihm. „Confringo!“   Die Mauer explodierte und riss die umstehenden Stühle und Tische zu Boden. Draco ging in Deckung, um sich von den herumwirbelnden Steinen zu schützen. Er war sich schon seines Sieges sicher, als aus der Staubwolke ein Seil direkt auf ihn zuflog. Er konnte soweit ausweichen, dass es nicht ihn sondern nur seinen linken Arm erwischte, um das es sich schlängelte. Als die Staubwolke sich langsam legte sah er seinen Gegner einige Meter weiter auf dem Boden, halb stehend, halb kniend, mit dem Ende des Seils in den Händen. Und Draco vergaß für einen Moment, dass er sich gerade im Nachteil befand, als er in ihre Augen sah.   Es war kein Mann, mit dem er sich duellierte. Es war eine Frau.   Durch die Explosion war ihr die Kapuze vom Kopf gerutscht und entblößte das buschige Haar, über das er sich jahrelang lustig gemacht hatte. Draco sah nun direkt in das Gesicht von Hermine Granger. Für einen Moment durchströmte ihn das Gefühl purer Euphorie. Was hatte er nicht für ein Glück? Von allen, die er erwartet hatte, war es das Schlammblut höchstpersönlich. Was Besseres hätte ihm gar nicht über den Weg laufen können. Wenn er zum Dunklen Lord zurückkehren sollte, mit der Nachricht, dass er eine der größten Widerständler beseitigt hätte …   Und dann kam ihm ein zweiter Gedanke. Wenn sie hier war, dann würden die anderen beiden ebenfalls nicht weit sein. Draco schmunzelte leicht. Natürlich. Jetzt machte es auch einen Sinn. Sie flogen auf Besen …   Granger ließ sich scheinbar von ihrer entblößten Identität nicht groß beirren zu lassen. Zumindest erkannte er auf ihrem Gesicht kein Anzeichen von Panik, sondern nur pure Entschlossenheit. Mit einer Kraft, die er ihr nicht zugetraut hätte, zog sie am Seil und er machte einen Satz nach vorne.   Dracos Finger legten sich um seine Fessel und mit den Worten „Serpensortia“ verwandelte es sich in eine Schlange. Granger ließ es mit einem erstickten Schrei los, als sich das Ende in ihren Fingern plötzlich in den Kopf der Schlange verwandelte und sie gefährlich anzischte. Gerade als das Wappentier Slytherins zum Angriff ansetzen wollte jagte sie die Schlange mit einem Sprengzauber in die Luft. Sofort feuerte sie einen weiteren Zauber auf ihn ab: „Impedimenta!“   „Protego!“ Draco parierte und revanchierte sich mit einem weiteren Sprengzauber: „Defodio!“   Sie reagierte wieder sofort, zückte ihren Stab und wehrte den Zauber mit einer schnellen Handbewegung in eine andere Richtung, sodass er nun die Tafel neben ihnen traf, die daraufhin explodierte. Langsam nahm sie ihre Duellierposition ein und deutete mit dem Stab auf ihn, wartete auf den nächsten Angriff. Auch er hob langsam den Stab, nahm seine Position ein und zielte. Gerade, als er den nächsten Angriff starten wollte, hörte er ihre Stimme.   „Malfoy?“   Er hielt inne. Regte sich nicht. Sie sah ihn nachdenklich an, die Zauberstabhand auf Augenhöhe, als wollte sie sich hinter ihrer einzigen Waffe verstecken. Ihre Augen musterten seine Todessermaske, als könnten sie einen Weg finden dahinter zu sehen.   „Ich kenne deine Stimme“, fuhr sie fort, klang nun etwas sicherer. „Und ich weiß, wie du dich duellierst. Ich habe dich oft genug in der Verteidigungs-AG gesehen.“   Draco antwortete nicht. Aber er musste zugeben, er war beeindruckt. Natürlich hatte seine Stimme ihn verraten, aber während eines Duells war man meist zu abgelenkt, als dass man darauf achten würde und außerdem hatte er oft nonverbale Flüche benutzt. Sie hatte ihn also während der AG beobachtet? Verübeln konnte er es ihr ja nicht, denn er hatte die Gryffindors selbstverständlich auch beobachtet. Schließlich sollte man die Stärken und Schwächen seines Gegners kennen, nicht wahr? Nun gut, selbst wenn sie wusste, wer er war, das war nun auch egal. Sie würde es niemandem mehr erzählen können.   Oder versuchte sie es jetzt auf die Mitleidstour? Dachte sie, er würde sie verschonen? Weshalb? Weil sie jahrelang in derselben Klasse gewesen waren? Dachte sie, in ihm würde noch etwas Gutes stecken? Lächerlich. Er hatte sich mit seiner Rolle abgefunden.   Wir hassen uns, Granger, schon vergessen? Das ist mein langersehnter Triumpf über dich.   In seinem Kopf hörte er plötzlich ihre Stimme: „Ich kann doch auf deine Unterstützung hoffen?“   „Deprimo!“   Der Fußboden unter ihr sackte weg. Erschrocken schrie sie auf und es gelang ihr noch mit einigen Schritten zurückzuweichen, ehe sie in den Abgrund stürzte. Dabei stolperte sie und verlor das Gleichgewicht.   In dem Moment nutzte er seine Chance. „Expelliarmus!“   Ihr Zauberstab landete in seiner Hand.   So fühlte sich also ein Triumpf über Granger an. Das Gefühl war süß wie Honig und verteilte sich in seinem Körper und gab ihm neue Kraft. Geschockt sah sie ihn an. Da war sie endlich, die Angst in ihren Augen. Die Realisierung des Unvermeidbaren.   Sie beide wussten, jetzt war es aus mit ihr …   Schutzlos saß sie auf dem schmutzigen Boden des Klassenzimmers und sah zu ihm auf. Granger hob langsam ihre Hände und Draco vermutete schon, sie würde sie ihm entgegenstrecken, während sie um ihr Leben flehte, doch stattdessen legten sie sich zitternd auf ihren Bauch. Seine Augen folgten der Bewegung. Und obwohl sie es ganz genau sahen, benötigte er einen Moment, bis er begriff. Wie gebannt starrte er auf ihren dicken runden Bauch, der nun, da ihr Umhang zur Seite gerutscht war, mehr als deutlich zu sehen war.   Deshalb hatte sie auch so schnell das Gleichgewicht verloren. Granger war schwanger.   Seine Augen wanderten wieder hinauf und erkannten in ihren braunen Augen die blanke Angst. Doch nun wusste er, dass es nicht nur Angst um sich selbst war … Nein, sie hatte auch Angst um das Kind. Vielleicht sogar noch mehr, als um sich selbst.   Einige Sekunden lang starrten sie einander an. Er hielt immer noch ihren Zauberstab in der einen und seinen eigenen in der anderen Hand. Wieso verdammt nochmal tat er nichts? Das war die Gelegenheit! Sie war wehrlos und er würde seinem Meister mehr als einen Gefallen tun, wenn er sie endlich umbringen würde. Sie stand nicht nur auf der Liste der Todesser ganz weit oben, sondern ihr Tod diente auch seiner persönlichen Befriedigung. Er hatte sich so lange gewünscht, es dem Schlammblut zurückzuzahlen, das es gewagt hatte ihm damals auf Muggelart eine reinzuhauen. Jahrelang hatte er sie gehasst und verabscheut, schikaniert und verhöhnt …   Der Moment war zum Greifen nah! Es mangelte ihm weder an dem Wissen (tödliche Flüche kannte er genug, seine Kreativität kannte keine Grenzen!), noch an dem Willen (den Todesfluch hatte er bereits mehrmals angewendet) – also woran scheiterte es?   Er versuchte darüber nachzudenken, doch sein Kopf war merkwürdig leer …   „Ich kann doch auf deine Unterstützung hoffen?“   Ihr Blick hatte sich inzwischen ein wenig verändert. Die Angst war immer noch da, doch nun war auch noch etwas anderes in ihren Augen zu sehen: Hoffnung. Sie hatte begriffen, was er nun auch langsam verstand.   Trotz der Stimme, die leise in seinem Inneren rief, dass er es noch einmal bereuen würde, brach er ihren Zauberstab kurzerhand in zwei und warf ihr die Bruchstücke vor die Füße. Dann drehte er sich einfach um und disapparierte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)