Traum, Albtraum oder Realität? von Vegetasan ================================================================================ Kapitel 8: ----------- Ich ging um das Gewächshaus herum. Ich hörte wie Milton sich im Inneren bewegte. Auf der anderen Seite des Gebäudes, hinter einer Hecke versteckt, fand ich einen Haufen mit Gerümpel. Er schien nichts Interessantes zu beinhalten, außer ein Würstchen, das sich Shady so gleich schnappte. Auch ein trockenes Brot lag herum. Lalin hätte sich sicherlich darüber gefreut gehabt, aber ich würde es nicht mitnehmen. Dafür fiel mein Blick auf ein schmales Stück Blech. Mit etwas Geschick könnte ich damit vielleicht das Schloss öffnen. Ich nahm es auf und bog es ein wenig zurecht. Leider hatte ich nicht daran gedacht Handschuhe anzuziehen und das Blech hatte scharfe Kanten und so kam es wie kommen musste, ich rutschte ab und schnitt mir in den Finger. Es blutete ein wenig und ich bedeckte die Stelle mit meinen Lippen. Sofort wurde der Schmerz weniger, aber der kupferartige Geschmack von Blut verbreitete sich auf meiner Zunge. Daher nahm ich die Hand vom Mund weg und übte mit den Daumen Druck auf die Wunde aus, damit sie aufhören würde zu bluten. Als ich mir sicher war, dass der Blutfluss, so gering er auch gewesen sein mag, gestoppt hatte, wischte ich mir das Blut vom Finger ab und ging zurück zum Gewächshaus. Ich schob das Blech in den Türspalt und schob es hin und her, auf und ab. Immer am Schloss entlang bis es irgendwann endlich klickte und der Riegel zurück sprang. Ich warf das Metallstück in das Fass, das nur wenige Schritt entfernt stand und drückte die Klinge herab. Verwundert wirbelte Milton herum, „Oh so schnell gefunden?“ fragte er erstaunt, ehe er mich erkannte. „Eve was machst du denn hier?“ er schien wirklich überrascht zu sein mich zu sehen. „Sir Milton. Ich hatte mich nur ein wenig umgesehen.“ Flunkerte ich lächelnd. „Eine hübsche Maske trägst du.“ Grinste ich. „Das ist das traditionelle Kostüm für die jährliche Hasenjagd!“ mokierte er sich und streckte stolz die Brust heraus. „Wo hast du Geralt gelassen?“ fragte er mich dann, ich zuckte mit den Schultern. „Er ist bei der Herzogin. Sie haben mich auf dem Turniergelände nicht auf die Tribüne gelassen, hatte keine gültige Einladung. Daher dachte ich, ich schau mich mal ein wenig um und dann habe ich dich gefunden.“ Erklärte ich. Doch plötzlich fing Shady an zu knurren. Er starrte auf die Tür, die Richtung Ufer zeigte. Er war in Angriffsstellung gegangen und sein Nackenfell war gesträubt. ~Shady? ~ fragte ich ihn still. ~Da kommt etwas. Etwas Gefährliches. ~ warnte er mich, doch auf einmal entspannte er sich, ging in eine Ecke und rollte sich gähnend ein. Verwirrt sah ich dem ganzen zu, bis mir ein Schatten an der Tür auffiel. Das musste Dettlaff sein, dachte ich. Er konnte Tiere und Bestien beruhigen und er schien es gerade mit Shady gemacht zu haben. „Es kommt wer, versteck dich. Dann ist es nicht zu einfach für deinen Jäger.“ Schlug ich Milton schnell vor. Es wäre schön, wenn ich es schaffen würde, dass der Ritter überleben würde, aber was würde der Vampir sagen, wenn er ihn nicht sofort sah. Milton hockte sich tatsächlich hinter einige Blumenkübel, doch ich hatte keine Zeit mehr mir ein wirkliches Versteck zu suchen. Ich huschte hinter eine Staude, als Dettlaff gerade den Türgriff mit so viel Kraft bediente, dass das Schloss einfach nachgab. „Wo bist du?“ konnte ich ihn fragen hören. Verdammt, er hatte uns bestimmt reden hören, fiel es mir ein. Er blickte sich in dem Raum um, ich schluckte als ich in sein Fledermausähnliches Gesicht sah. Ich sah wie seine Nase zuckte und er ein Lächeln formte, das seine Reißzähne deutlich zeigte. Doch er ging nicht auf Milton zu, wie ich befürchtet hatte, sondern er kam in meine Richtung. Ich schrie erschrocken auf, als seine langen Krallen die Staude zerschnitten, hinter der ich stand. Er starrte auf meine Hand, vorsichtig folgte ich seinem Blick. Verdammter Mist, an meiner Fingerspitze hing ein winzig kleiner einzelner Blutstropfen. Natürlich kam der Vampir erst zu mir. „Verschwinde Weib. Ich bin nicht wegen dir hier!“ knurrte er, doch ich wagte es nicht mich zu bewegen. Doch mein erschrockener Schrei und auch seine Warnung lockten Milton aus seinem Versteck. „Lass sie in Ruhe!“ rief er todesmutig. Er hatte nur einen alten Besen in der Hand, schließlich sah das Hasenkostüm keine Waffen vor. Grinsend drehte er sich zu dem Ritter um, „Da bist du.“ Er schritt auf Milton zu. „Das Biest!“ keuchte dieser. „Eve lauf! Ich werde es aufhalten!“ rief er dann zu mir. Dettlaff sah mich über die Schulter an, „Du solltest hier wirklich verschwinden. Ich muss nur ihn töten!“ warnte er mich noch einmal. Ich konnte das nicht zulassen, „Nein du solltest lieber gehen. Es wurde ein Hexer her beordert, wegen dir!“ wollte ich ihn ablenken. Doch der Vampir lachte nur. Milton wollte seine Chance nutzen und hieb mit dem Besenstil nach Dettlaff. Knurrend wandte sich dieser zu dem Ritter und verpasste ihm einen Schlag, so dass er zu Boden geworfen wurde. Der Vampir ging die paar Schritte zu dem Ritter. Dettlaff ließ seine wieder Krallen wachsen, ich musste was tun, so sollte es nicht enden. Ich zog mein Schwert und flüsterte die Formel. Ich konnte sehen wie Dettlaffs spitze Ohren zuckten, er hatte also gehört, wie ich eine Waffe zog und lauschte scheinbar auf mein weiteres Vorgehen. Doch ich überlegte nicht lange und stürmte auf den Vampir zu. Ich holte zum Schlag aus und hoffte, dass ich ihn treffen würde. Doch ehe ich überhaupt zuschlagen konnte, hatte er mir das Schwert schon aus der Hand geschlagen. Scheppernd rutschte es über den Steinboden. Aber ich wollte nicht aufgeben. Ich sprang zwischen Dettlaff und Milton, auch wenn es vielleicht das dümmste war was ich tun konnte. Sein Blick bestätigte meine Vermutung. „Bitte, du musst das doch nicht tun!“ flehte ich. Sein Blick veränderte sich ein wenig, „Doch ich muss! Es ist der einzige Weg!“ grollte er. „Aber wenn du dich mir in den Weg stellst, muss du leider auch sterben!“ seine Stimme verriet, dass er das eigentlich gar nicht wollte. Er holte aus, wie in Zeitlupe sah ich seine Krallen auf mich zukommen. Ich hob schützend die Arme und drehte mich ein wenig weg, aber es wäre nutzlos, ich wäre so oder so tot. ~Stopp! Nicht, bitte! ~ flehte ich gedanklich. Es war eher als Gebet an die Götter gedacht gewesen, doch scheinbar hatte der Vampir meinen gedanklichen Ruf aufgefangen. Als ich seinen Schlag nicht spürte, öffnete ich langsam die Augen. Er starrte mich verblüfft an, ehe er mich am Kragen packte und mich näher zog. „Wer bist du?“ knurrte er. „Eve! … Aus Rivien. … Eve aus Rivien!“ stotterte ich hastig in meiner Angst. Er verengte die Augen noch mehr, „Was bist du Eve?“ wollte er wissen, seine Stimme klang dunkel und drohend. Seine Augen huschten über mein Gesicht und er schien zu schnuppern? „Ein Mensch!“ antwortete ich schnell. Er schien noch etwas sagen zu wollen, doch die Tür wurde aufgestoßen. Ein Blick verriet das es Geralt war. Dettlaff warf mich dem Hexer entgegen und eilte aus der anderen Tür hinaus. Geralt schob mich von sich runter und hetzte dem Vampir hinterher. Ich schnappte mir meine Klinge und rannte ebenfalls los. Doch im Gegensatz zu den Beiden, konnte ich nicht über das Geländer springen. Ich würde mir bei der Landung nur die Beine oder schlimmeres brechen. So musste ich einen kleinen Umweg in Kauf nehmen. Aber glücklicherweise wusste ich noch ungefähr, wo die beiden langlaufen würden. Ich hetzte erst den einen Hügel hinab und sprang über den kleinen Bach. Ich musste bei dem kleinen Anlegesteg den Trägern und Waren ausweichen, die sich dank Geralt am Boden befanden. Die Wache rief irgendwas, doch ich hatte keine Muse mich darauf zu konzentrieren. Dann ging es den Hang wieder hoch, er war recht steil und ich war nicht so schnell wie ich es mir erhofft hatte. Ich war gerade an dem kleinen Türmchen und unter der Brücke durch, als ich sah, wie Geralt bereits auf den Fässern landete. Ich fluchte und bog vom Weg ab. Ich lief direkt am Hang entlang, statt wie Geralt und Dettlaff weiter auf dem Weg. Ich stand jetzt vor dem Mauerrest, von dem aus, der Hexer auf den Mast des Bootes gesprungen war. Diese Leistung würde ich ihm nicht nachmachen können, aber ich konnte schwimmen und soweit ich mich erinnerte gab es dort unten im Wasser auch keine Monster. Geralt kletterte bereits auf den Pier, ich musste mich also beeilen. Ich steckte das Schwert ein und suchte mir eine geeignete Absprungstelle. Ich sprang, das Boot verfehlte ich zum Glück. Ich tauchte tief in das Wasser ein und als ich die Augen öffnete, um mich zu orientieren sah ich, wieviel Glück ich wirklich hatte. Dort im Wasser lagen Teile des vermutlich ursprünglichen Palastes. Sie müssen irgendwann abgerutscht und ins Wasser gestürzt sein. Doch ich hatte keine Zeit mich umzusehen. Mit kräftigen Stößen tauchte ich wieder auf. An der Wasseroberfläche wieder angekommen holte ich tief Luft und kraulte dann an die andere Uferseite. Zum Glück gab es dort eine Treppe. Ich hievte mich hinauf und stieg aus dem Wasser. Die entsetzten Rufe der Leute ignorierte ich, mein Herz raste und mein Atem ging keuchend, als ich endlich das alte Lagerhaus erreichte. Ich lauschte kurz, doch es waren keine offensichtlichen Kampfgeräusche mehr zu hören. Ich öffnete die Tür und sah gerade noch wie eine rötliche Rauchwolke durch das Dach verschwand. Regis stand bei Geralt und beide starrten mich an. Ich starrte jedoch auf Regis Brust, wo sich eben noch die letzte Hautschicht gebildet hatte. Regis Hand legte sich schnell über die Stelle, um sie zu verdecken. „Huh, das sah merkwürdig aus.“ War das einzige was mir dazu einfiel. „Eve!“ rief Geralt. „Was machst du hier?“ wollte er wissen. Regis sah leicht unbehaglich aus. „Ich bin euch gefolgt, ihr wart ganz schön schnell.“ Antwortete ich ihm. Ich konnte meinen Blick jedoch immer noch nicht von Regis nehmen. „Du bist uns gefolgt? Bist du verrückt geworden? Du hattest Glück, dass er dich nicht schon im Gewächshaus umgebracht hat!“ regte der Hexer sich auf. „Was hast du dort überhaupt gemacht?“ wollte er dann noch wissen. Ich zuckte zurück, auf der Reise hierher, war er niemals laut mir gegenüber geworden. „Ich, … ich wollte doch nur helfen.“ Stotterte ich leise. „Geralt, so behandelt man doch keine Dame!“ tadelte der Vampir den Hexer. Ich sah ihn überrascht an. „Guten Abend, ich bin Emiel Regis Rohellec Terzieff-Godefroy, aber ich bevorzuge Regis. Ich bin ein alter Freund des Hexers Geralt.“ Stellte er sich vor. Er deutete sogar eine leichte höffliche Verbeugung an. „Ich bin Eve.“ Antwortete ich unbeholfen. „Also Eve, warum bist du Geralt gefolgt?“ wollte er wissen. „Ich dachte, ich könnte vielleicht helfen.“ Gab ich leise zu. Neben Regis kam ich mir wie ein dummes unbedeutendes Kind vor. Er war so viel älter, erfahrener und gebildeter. Geralt seufzte, „Eve, hör mal, ich weiß das du denkst das du dich verteidigen kannst. Aber er ist kein Mensch!“ rügte der Hexer mich. Ich nickte nur, „Aber er sagte, er wolle mich nicht töten, dass er nur wegen Milton da war.“ Rechtfertigte ich mich ein wenig. „Das hat er gesagt? Hat er noch etwas gesagt?“ wollte Geralt überrascht wissen. „Ja, er sagte er müsse ihn umbringen. Dass es keinen anderen Weg gäbe.“ Antwortete ich ihm. „Ich wusste Dettlaff hatte sich in Schwierigkeiten gebracht.“ Mischte sich Regis nun ein. „Dettlaff? Du kennst ihn? Ist er dein Freund?“ wollte der Hexer noch überraschter wissen. Regis nickte, „Ja, er hat mich damals gefunden und mich sozusagen gerettet.“ Gab Regis zu, ich konnte sehen, dass er scheinbar noch viel mehr sagen wollte, aber vermutlich nicht zu viele Informationen vor mir preisgeben wollte. „Regis, ich bin froh dich lebend zu sehen. Ich hatte nie die Chance mich zu entschuldigen. Es war alles meine Schuld.“ Entschuldigte sich Geralt bei dem Vampir. Dieser setzte sich auf die Treppe. „Das musst du nicht Geralt. Es ist vorbei. Niemand hat mich gezwungen, dich auf diese Expedition zu begleiten.“ Beruhigte Regis den Hexer. „Und Dettlaff hat dich gerettet? Du schuldest ihm dein Leben?“ fragte Geralt, auch er schien gewisse Informationen auszulassen, die er mir wohl nicht geben wollte. Er konnte schließlich nicht wissen, dass ich darüber Bescheid wusste. „Nein, ich schulde ihm so viel mehr. Wir sind Blutsbrüder. Daher weiß ich auch, dass etwas nicht stimmt.“ Erklärte Regis. „Dann bist du wie er? Wie dieser Dettlaff?“ warf ich vorsichtig ein. Regis seufzte, „Ich hatte gehofft, dass du es nicht mitbekommen hättest. Aber ich bin erstaunt, dass du nicht sofort davon läufst und nach den Wachen schreist.“ Sprach er leise zu mir. Auch Geralt war angespannt, bereit seinen Freund zu verteidigen. „Da du mir nichts tust, warum sollte ich schreiend davon laufen?“ fragte ich ihn unschuldig. Er sah erstaunt auf. Ich zuckte mit den Schultern, „Nur weil du anscheinend kein Mensch bist, heißt das noch lange nicht das du ein Monster bist. Ich vertrete die Ansicht, tust du mir nichts, tu ich dir auch nichts.“ Erklärte ich mich. Das brachte den Vampir zum Lächeln. Allerdings eines, das nicht seine Zähne zeigte. „Welch seltene Ansicht, unter den Menschen.“ Freute er sich. Ich lächelte nur. Im LARP spielte ich ein nichtmenschliches Wesen und konnte daher gut nachvollziehen, wie Anderlinge sich hier fühlen müssen. „Ich denke ich verstehe, warum du und Geralt zusammen unterwegs seid.“ Vermutete er. „Eigentlich war es Zufall das wir uns trafen. Wir hatten dasselbe Reiseziel.“ Erklärte Geralt. „Ja, ja, die Wege des Schicksals sind unergründlich. Nicht wahr mein Freund?“ sinnierte der Vampir. „Aber ich denke, diese Gespräche sollten wir auf später verschieben. Ich muss nach Dettlaff suchen und heraus finden, was ihn zu diesen Taten brachte.“ Wechselte er das Thema. „Und was wirst du dann machen?“ wollte der Hexer wissen. „Ich werde ihn davon überzeugen, dass sein Weg der falsche ist.“ Antwortete Regis. „Du weißt, wenn ich ihn vor dir finde, …“ Geralt beendete seinen Satz nicht. „Geralt, er ist ein guter Kerl, er wird nicht ohne Grund töten. Lass uns zusammen nach ihm suchen und in der Zwischenzeit werde ich versuchen dich davon zu überzeugen. Schließlich lautet dein Auftrag, das Biest am Töten zu hindern und nicht es abzuschlachten, oder?“ fragte Regis. „Unterm Strich schon, ja.“ Gab Geralt zu. „Sehr schön. Ich habe Quartier auf dem Mère-Lachaiselongue-Friedhof bezogen. Kommt mich dort besuchen.“ Bat er. Draußen hörte man das Getrappel von Pferden und das Rufen von Männern. „Das muss der herzogliche Suchtrupp sein, sie müssen mir gefolgt sein.“ Murmelte Geralt. „Ich sollte gehen, es wäre nicht gut, wenn die Männer der Herzogin mich hier sehen.“ Verabschiedete sich Regis und verschwand wie Dettlaff in einer Nebelwolke. Und tatsächlich wenige Augenblicke später wurde die Tür aufgestoßen und ein Trupp Ritter kam herein gelaufen. „Hexer, wir kamen so schnell uns die Pferde trugen, doch sie waren wohl nicht schnell genug! Wo ist das Biest? Sprich?“ forderte der Erste. „Wir sind noch dabei, diesen Ort zu untersuchen. Zieh deine Männer zurück, bevor sie alle Spuren zertrampeln.“ Erklärte Geralt. „Wer wir?“ fragte der Ritter verwirrt. „Ich und meine Begleitung. Eve.“ Er deutete mit dem Kopf auf mich. Ich hob eine Hand und winkte ihm leicht zu. „Oh, wie kommt sie hier her und warum ist völlig durchnässt?“ wollte der Ritter dann wissen. „Sie ist mir und dem Biest gefolgt, vermutlich schwimmend.“ Zuckte Geralt mit den Schultern. „Beim Majoran, schwimmend? Aber das erklärt warum der Hund die Pferde hierher geführt hatte.“ Warf ein anderer ein. „Shady?“ rief ich überrascht aus und tatsächlich drängelte er sich zwischen den Männern durch und lief auf mich zu, er sprang immer wieder an mir hoch und fragte wie es mir geht und entschuldigte sich dafür, dass er mir nicht geholfen hatte. „Ist doch gut Shady.“ Beruhigte ich ihn. „Dann sollten wir den Hexer wohl seine Arbeit machen lassen. Abzug Männer!“ Die Männer verschwanden durch die Tür und ließen uns alleine. Sie hatten kein Wort über Milton gesagt und ich hoffte, dass es bedeuten würde das er noch am Leben war. „Musst du wirklich noch nach Spuren suchen?“ fragte ich den Hexer dann. Er schüttelte den Kopf, „Nein, aber das müssen die Ritter ja nicht wissen, wer weiß auf welche Ideen sie sonst kommen würden.“ Erklärte er. Ich nickte, „Ok, dann schlage ich vor, du kümmerst dich um deine Verletzungen und ich ziehe mir etwas trockenes an?“ schlug ich ihm vor. „Ich werde dich eh nicht los, oder?“ fragte er eher scherzhaft. Ich schüttelte den Kopf, „Nein, ich werde dir helfen. Mit meiner Fähigkeit werde ich vielleicht mehr heraus bekommen. Es gibt schließlich viele Tiere die frei durch die Stadt streifen und vielleicht etwas gesehen haben. Dieser Dettlaff wird ja sicherlich auch irgendwo Unterschlupf gesucht haben.“ Grinste ich. „In Ordnung. Aber du wirst keine unnötigen Risiken mehr eingehen, ist das klar?!“ forderte er. „Einverstanden.“ Bestätigte ich. Dann ging ich kurz zu Lalin und suchte mir trockene Kleidung aus der Satteltasche. Als ich das alte Lagerhaus wieder betrat kniete der Hexer nahe der Tür. Er schien bereits einige Tränke zur Regeneration geschluckt zu haben und wartete nun die Wirkung ab. Ich ging so weit ins Lagerhaus hinein, das ich mich im Rücken des Hexers befand. Ich legte meine saubere und trockene Kleidung auf einen alten Warenballen und zog dann die nasse Kleidung aus. Ich hatte mir zwar kürzlich ein Bad gewünscht, aber eigentlich nicht so. Zumindest war der gröbste Dreck abgespült worden. Ich schlüpfte in die neuen Sachen, musste aber die nassen Stiefel wieder anziehen, ich hatte nur dieses eine Paar. Vielleicht sollte ich mir bei Gelegenheit ein neues Paar besorgen. Nur zur Sicherheit. Auch wenn ich eigentlich nicht vor hatte, noch einmal mit Kleidung schwimmen zu gehen. „Bist du fertig, Eve?“ fragte mich Geralt dann, er hatte sich bereits wieder erhoben, aber sich höflicherweise nicht zu mir umgedreht. „Ja, wir können von mir aus hier verschwinden. Außer du möchtest dich doch noch ein wenig umsehen.“ Antwortete ich ihm. Ich wrang die nassen Sachen noch einmal aus und sammelte sie dann zusammen. Geralt wollte sich nicht weiter umsehen und so folgte ich ihm nach draußen, ich verstaute die nassen Sachen in der Satteltasche und nahm die Zügel von Lalin. „Und was nun?“ fragte ich den Hexer, er zuckte mit den Schultern. „Zur Herzogin können wir jetzt nicht, dafür ist es bereits zu spät. Aber wir könnten uns die Stadt anschauen und vielleicht etwas zum Essen finden.“ Schlug er vor. Ich nickte, „Klingt gut.“ Willigte ich ein. Wir folgten dem Weg entlang des Piers. Am Platz bei der Treppe, vor dem Majoran Krankenhaus, kam ein Junge auf uns zugelaufen. Er überreichte den Brief und wartete solange, bis Geralt ihm ein paar Münzen in die Hand drückte. In Gedanken versunken öffnete Geralt das Siegel und setzte sich auf eine nahe Bank, um den Brief zu lesen. „Das klingt interessant.“ Murmelte er nach einer Weile. „Was denn?“ fragte ich neugierig. „Yennefer schreibt in ihrem Brief, dass es hier in Toussaint jemanden gab, der Hexermutationen erforschte. Allerdings ist nicht viel über ihn bekannt. Sein Name war Moreau. Sein Tagebuch enthält vielleicht ein paar Hinweise.“ Erzählte er. Ich bemühte mich, nicht das Gesicht zu verziehen, als ich daran dachte, dass der Kerl an seinem Sohn die Experimente durch geführt hatte. „Wirst du dem nachgehen?“ fragte ich stattdessen. Er nickte, „Vermutlich. Ich sollte zumindest schauen, was er wusste. Das ist ein gefährliches Wissen.“ Erklärte er. Ich nickte nur. Ja es war gefährlich und Geralt ist so dumm, dieses Wissen alleine anwenden zu wollen. Was dabei alles schiefgehen könnte, ich wollte gar nicht so genau drüber nachdenken. Nachdem er den Brief verstaut hatte gingen wir weiter. Wir kamen an der Fasanerie vorbei, doch keiner von uns fühlte sich wohl genug dabei, sich zu den edel gekleideten Leuten zusetzten. Außerdem wies es darauf hin, dass das Lokal nicht unbedingt günstig war. Also gingen wir weiter. Wir blieben weiterhin am Pier, doch trotz der wenigen Menschen, die sich noch in den Straßen aufhielten, wurden wir trotzdem erneut aufgehalten. Eine Frau hatte Geralt erkannt und rief ihn zu sich. Ich blieb mit Lalin und Plötze ein wenig entfernt stehen, schließlich konnte ich ahnen, um wen es sich handelte. Die Verlobte von so einem Verrückten, der ein Monster töten wollte und dann doch kalte Füße bekommen hatte. Dasselbe schien auch Geralt zu vermuten, dem empörten Gesichtsausdruck der Frau nach. Ich seufzte, Geralt schien ihr zu versichern, nach ihrem Verlobten zu schauen. Ich verdrehte die Augen, musste das sein? Aber ich hatte ja zum Überlegen noch ein wenig Zeit, ob ich da überhaupt mit wollte. Wenn er mir überhaupt die Wahl ließ, könnte ja auch sein, dass er mich dort überhaupt nicht mit hin nehmen wollte. Über meine Gedankengänge hatte ich gar nicht mitbekommen, dass Geralt sein Gespräch beendet hatte, „Eve, kommst du?“ rief er und schreckte mich so auf. Hastig folgte ich ihm. Wir bogen ab und verließen den Pier, an der nächsten Ecke bogen wir wieder ab. Ich schaute mich neugierig um, hier wirklich selbst lang zu gehen war wirklich etwas anderes, als es sich nur im Spiel anzuschauen. Ich stöhnte, als erneut Jemand auf uns zugeeilt kam. War das im Spiel auch so nervig gewesen? Es war der Weinbergbesitzer, der für Geralt ein Konto eröffnet hatte. Als Geralt von dem Konto erfuhr musste ich grinsen, oh ja, die Quest Passierschein A38, ich musste grinsen. Zum Glück war sie nicht so lang wie das Martyrium von Asterix und Obelix. „Die Bank hat jetzt zu, aber hier in der Nähe gibt es noch eine Taverne, wenn ich mich richtig erinnere. Sollen wir dort mal schauen, ob wir etwas zu essen bekommen?“ schlug der Hexer vor. Gerne stimmte ich dem zu. Wir verließen den Weinbergbesitzer und schritten zur Taverne. Wir ließen Pferde draußen stehen und Shady würde ihnen Gesellschaft leisten. Außerdem würde er dafür sorgen, dass niemand an unsere Sachen ging. Dann folgte ich Geralt ins Gebäude. Der Schankraum war recht dunkel und roch ziemlich stark nach Bier und Dreck. Ich rümpfte die Nase, aber etwas anderes hätte um die Zeit vermutlich auch nicht mehr auf. Es waren auch nicht mehr viele Leute anwesend, daher bemerkte der Wirt uns und kam auf uns zu. „Gäste zu so später Stunde!“ schleimte er, stockte jedoch, als er Geralt genauer ansah. „Was kann ich für euch tun?“ wollte er wissen. „Eine warme Mahlzeit, etwas zu trinken und eine Bank zum Ausruhen.“ Forderte Geralt ruhig. Der Mann nickte. „Folgt mir!“ forderte der Wirt und führte uns in die dunkelste Ecke, die er scheinbar finden konnten. Es war eindeutig, dass wir nicht Willkommen waren, aber sich der Wirt nicht leisten konnte, zahlende Gäste zu vertreiben. „Ich bringe euch gleich Etwas. Aber keine Tricks, ich habe von euch Mutanten gehört, ich will keinen Ärger, auch wenn du von der Herzogin gerufen wurdest!“ spuckte er schon fast. Geralt sah ihn nur gelassen an und nickte, vermutlich kannte er dieses Verhalten von Menschen schon zu genüge. Ich jedoch knirschte mit den Zähnen, wie konnten die Leute nur so sein? Geralt war einer der Letzten, die zwischen Monstern und den Menschen standen. Dann wandte sich der Wirt an mich, „Du solltest dich von ihm fernhalten! Aber dafür ist es vermutlich schon zu spät, kein anständiges Weib würde Hosen oder eine Waffe tragen!“ echauffierte er sich. Ich wollte gerade Luft holen, um etwas zu erwidern, doch Geralt stieß mich unter dem Tisch sanft an, um meine Aufmerksamkeit zu bekommen und schüttelte dann leicht den Kopf. Der Wirt hatte von diesem stummen Austausch nichts mitbekommen und uns den Rücken bereits wieder zugedreht. „Eve lass es. Das ist den Ärger nicht wert. Glaub mir, ich habe mit solchen Leuten genug Erfahrung.“ Hielt Geralt mich zurück. Ich seufzte, „Sein Verhalten ist aber nicht richtig. Du solltest dir sowas auch nicht gefallen lassen.“ Murrte ich. „Es bringt nichts, die Zeiten, in denen wir Hexer nicht so abfällig behandelt wurden, wie die Monster, die wir jagen, sind lange vorbei.“ Seufzte er. „Aber wenn ihr es euch immer wieder gefallen lasst, wird es nur noch schlimmer.“ Entgegnete ich. „Wir sind aber von ihren Aufträgen abhängig. Wenn wir sie verärgern, bekommen wir keine Verträge mehr, wovon sollen wir dann Leben?“ fragte er rhetorisch, aber ich setzte trotzdem zu einer Antwort an. „Ihr seid alle mehr als fähig zum Jagen, verhungern würdet ihr nicht. Wenn ihr nicht kämpft, müssen auch die Schwerter und die Rüstungen nicht repariert werden und ihr werdet doch sicherlich einen Rückzugsort haben, oder nicht?“ deutete ich an. Ich wollte ihm nicht erklären, dass ich von den Schulen wusste. „Das würde niemals funktionieren. Dafür sind wir viel zu verstreut und manch ein Hexer nimmt nicht nur Monsterverträge an.“ Murmelte er. Daraufhin fiel mir erst einmal keine Erwiderung ein. Einige Zeit später kam er Wirt zurück, er warf uns zwei Schalen vor und stellte zwei Krüge hin. Er ging jedoch nicht, ohne direkt abzukassieren. Also nahm ich einige Münzen und drückte sie dem Wirt in die Hand, damit er uns in Ruhe ließ. Als ich mir das Essen genauer ansah, kam mir der Verdacht, dass ich vermutlich viel zu viel dafür bezahlt hatte. „Iss, etwas Anderes werden wir hier nicht bekommen.“ Murmelte Geralt und schaufelte sich die Pampe rein. Es sollte wohl so etwas wie Kohl darstellen und die Scheibe Fleisch, hätte genauso gut eine Schuhsohle gewesen sein können, so zäh wie es war. Schmecken tat es auch nicht sonderlich, aber es war immerhin warm und füllte den Magen. Bei dem Getränk handelte es sich um ein wässriges abgestandenes Bier, das ich auch nur mit Not runter würgen konnte. Wir hätten vielleicht doch in die Fasanerie einkehren sollen. Als wir aufgegessen hatten, waren die letzten Gäste bereits gegangen und Geralt kniete sich auf den Boden, „Versuch ein wenig die Augen zuzumachen, Eve. Morgen wird wieder ein langer Tag.“ Meinte Geralt noch, ehe er die Augen zur Meditation schloss. Ich seufzte, meinte er das jetzt wirklich ernst? Er wollte wirklich die Nacht hier verbringen? Scheinbar schon. Ich versuchte gerade eine halbwegs bequeme Position zu finden, in der ich die Augen schließen konnte, aber nicht direkt Angst haben musste, von der Bank zu fallen, als der Wirt auf sich aufmerksam machte. Er grinste anzüglich und deutete mit einem Kopfnicken an, das ich ihm folgen sollte. Ich verzog das Gesicht und unterdrückte ein Schaudern. Ich stand zwar auf, aber nicht um zum Wirt zu gehen, sondern wechselte die Tischseite, so dass der Kerl erst an Geralt vorbei musste, falls er zu mir wollte. Der Hexer hatte die Augen wieder geöffnet und nickte mir kurz zu, dann funkelte er den Wirt an, der ziemlich finster drein blickte. An Schlaf nicht wirklich zu denken und ich schreckte jedes Mal hoch, wenn das Holz irgendwo knackte, aus Angst, der Wirt würde sich nähern. Ich war froh, als es draußen langsam begann heller zu werden. Ich ging nach draußen, um nach den Tieren zu sehen. ~Hey ihr drei, war die Nacht ruhig, oder wollte jemand ärger machen? ~ fragte ich sie und kraulte jeden ausgiebig. ~Nein, es war keiner da. ~ erzählte Shady. Ich wollte mich gerade zu ihm runter beugen, als mich jemand am Arm packte. Shady fing an zu knurren. „Na hat der Hexer dich endlich alleine gelassen? Du hättest heute Nacht zu mir kommen sollen!“ flüsterte der Mann an mein Ohr. „Lass mich los!“ forderte ich und versuchte mich zu befreien. Sofort wurde mir eine Hand auf den Mund gelegt. „Komm schon, ich mache eine richtige Frau aus dir. Danach wirst du schön bei mir bleiben und meine Kinder kriegen.“ Murmelte der Wirt. Panisch riss ich meine Augen auf und bemühte mich noch mehr mich zu befreien. So früh am Morgen waren leider auch noch nicht wirklich Passanten unterwegs, die mir hätten helfen können. ~Shady Hilfe! ~ rief ich in Gedanken, als der Mann mich wegzerren wollte. Er hatte mich so gepackt, dass ich weder an mein Schwert noch an meine Messer kam. Der kleine Wolf hatte scheinbar zu gebissen, denn der Wirt ließ mich auf einmal los und schrie vor Schmerzen auf. So schnell ich konnte zog ich mein Schwert, um mir den Mann von Leib zu halten. Shady zerrte immer noch an seinem Bein, doch das Geschrei des Mannes hatte einige Wachen auf den Plan gerufen. „Was ist hier los?!“ forderte einer zu wissen. „Diese Verrückte wollte mich überfallen, als ich nichts geben wollte, hat sie ihre Bestie auf mich gehetzt!“ schrie der Wirt, noch ehe ich überhaupt den Mund aufmachen konnte. Sofort packten mich zwei Männer an den Armen. „Er lügt, er wollte mich vergewaltigen. Shady hat mich nur beschützt!“ verteidigte ich uns. Eine dritte Wache hatte Shady mittlerweile am Nackenfell gepackt und von dem Mann weggezerrt. „Das glaubst du doch wohl selbst nicht Kleine. Ich kenne diesen Mann schon lange, er hat nie ärger verursacht.“ Meinte die Wache zu meiner linken. Gerade als sie mich wegzerren wollten, kam endlich Geralt dazu. „Was soll das? Lasst sie sofort los!“ forderte er. „Das geht dich nichts an. Diese Banditin wurde endlich auf frischer Tat ertappt.“ Meinte der Mann zu meiner rechten. „Sie ist garantiert keine Banditin, was soll sie denn getan haben?“ wollte Geralt wissen. Ich wollte mich befreien, doch die Männer hielten mich mit ihrem eisernen Griff fest. „Sie wollte diesen Mann ausrauben, aber er wehrte sich. So konnten wir sie endlich erwischen, sie hat schon viele Bürger um ihre Münzen erleichtert!“ knurrte eine der Wachen. Ich schnappte nach Luft, wollten die mir wirklich etliche Überfälle anhängen? „Ich habe niemanden ausgeraubt, ich bin doch gestern erst in die Stadt gekommen. Ihr könnt gerne Sir Palmerin oder Sir Milton fragen, sie haben mich begleitet!“ rief ich entsetzt. „Halt die Klappe Weib, du windest dich nicht mehr daraus!“ forderte eine Wache. „Geralt, der Wirt wollte mich vergewaltigen, Shady hat mir nur geholfen!“ rief ich. Sofort bekam ich einen Nackenschlag, der mich Sterne sehen ließ, „Ich habe gesagt Klappe halten!“ knurrte die Wache. „Sie sagt die Wahrheit, sie kam gestern mit mir hier an. Und der Wirt wollte sie gestern Abend schon, doch sie weigerte sich.“ Versuchte Geralt die Situation zu klären. „Und wer bist du, dass du denkst du könntest dich einmischen!?“ wollte einer der Wachleute wissen. Geralt griff in seine Rüstung und zog den Vertrag der Herzogin hervor. „Ich bin Geralt von Riva, ich bin auf Wunsch der Herzogin hier, um die Morde aufzuklären. Und die, die ihr gerade beschuldigt eine Diebin zu sein, ist Eve, meine Assistentin!“ knurrte der Hexer. Sofort wurde ich losgelassen, aber da mir nun der Halt fehlte, sackte ich auf die Knie und hielt mir den Hinterkopf. So ein Schlag mit einem Panzerhandschuh war nicht gerade sanft. Jetzt packten die Wachen den Wirt und schleppten ihn unter großem Gezeter weg. Shady kam sofort zu mir, als auch er endlich los gelassen wurde. Geralt kniete sich zu mir, „Ist alles in Ordnung?“ wollte er wissen. „Mein Kopf!“ jammerte ich und prüfte meine Hände, zum Glück waren sie nicht blutig. „Lass mal sehen.“ Bat der Hexer und schaute sich meinen Hinterkopf an. „Nur eine Beule, das vergeht wieder.“ Beruhigte er mich. „Die hätten sich wenigstens entschuldigen können!“ jammerte ich weiter. „Na komm, wir haben schon genug Aufsehen erregt.“ Flüsterte er und half mir hoch. Erst jetzt wurden mir die Schaulustigen bewusst. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass sich eine Menschentraube um uns versammelt hatte, die jetzt aufgeregt tuschelten. Ich wurde ein wenig rot, so konnte man auch Stadtgespräch werden, auch wenn ich es eigentlich gar nicht wollte. Ich mochte es lieber mich im Hintergrund aufzuhalten. „Danke Geralt.“ Flüsterte ich, als wir die Gaffer hinter uns gelassen hatten. Wenn er nicht aufgetaucht wäre, hätten die mich wohl wirklich ins Gefängnis geworfen, oder schlimmeres. Bei uns wurden damals im Mittelalter Dieben die Hand abgeschlagen oder direkt aufgeknüpft. „Ist schon gut. Wenn dein Kopf später immer noch weh tut, kann Regis ihn sich vielleicht einmal anschauen.“ Schlug er vor. „Regis?“ fragte ich. Offiziell wusste ich ja nicht, dass er mal als Chirurg tätig war. Doch der Hexer schien meine Frage falsch zu verstehen. „Keine Sorge, er tut dir nichts. Er ist Barbier-Chirurg. Das schlimmste was er tun würde ist dich nicht zu Wort kommen lassen. Er redet unheimlich gerne.“ Lachte er leise. Er hatte mich zu einer Bank geführt und mich darauf gesetzt. „Geht es mit deinem Kopf, oder möchtest du lieber gleich einen Arzt darauf sehen lassen? Das Majoran Krankenhaus ist nicht weit.“ Fragte er mich besorgt, als ich immer wieder über die schmerzende Stelle rieb. „Ne, wird schon irgendwie gehen. Wer weiß was ich mir da sonst noch für Krankheiten einfange.“ Versuchte ich zu grinsen. „Gut und entschuldige, dass ich so lange gebraucht habe, ich musste erst noch, nun ja, ich hatte erst noch nach einem Nachttopf gesucht.“ Entschuldigte er sich stammelnd. Ich lachte leise, „Sag doch einfach, dass du pissen musstest.“ Er sah mich entsetzt an, „Das ist unhöflich einer Frau gegenüber!“ er klang leicht empört. Ich lachte noch mehr. „Du musst dich mir gegenüber nicht zurückhalten. Ich bin keine feine Dame, die bei Obszönitäten in Ohnmacht fällt.“ Grinste ich. Oder eine Zauberin, dachte ich. Vielleicht mochten Yen oder Triss eine solche Sprache nicht. Wer von den Beiden ihn wohl besuchen kommt, oder war er auf das Angebot mit dem dreier reingefallen? Wenn ja, musste ich hoffen das tatsächlich Ciri vorbei kam. Die würde mich sicherlich direkt nach Hause bringen können. Wir blieben noch eine Weile sitzen bis Geralt beschloss, dass wir vor dem Besuch bei der Bank noch eine Kleinigkeit essen sollten. So suchten wir uns einen kleinen Marktstand, der etwas anbot. Auf dem Weg dorthin erstand ich noch eine kleine Flasche Parfüm, die würde Geralt später in der Bank vielleicht noch brauchen. Nach der kleinen Mahlzeit führte Geralt mich zum Bankgebäude. Die Pferde ließen wir mit Shady draußen stehen. Ich nahm das Original des Vertrages mit der Goldmine aus der Satteltasche, das würde ich vielleicht brauchen, wenn ich ein Konto eröffnen wollte. Geralt schaute zwar neugierig auf die Pergamentrolle, fragte aber nicht weiter nach. Zusammen betraten wir dann die Bank. ~*~*~*~*~*~ „Ich hasse Bürokratie!“ stöhnte ich, als ich mich Stunden später draußen auf die Bank fallen ließ. „Sind eigentlich alle Zwerge so gierig?“ fragte ich den Hexer, der nur müde lächelte. „Nicht alle, nur die, die im Bankgeschäft tätig sind.“ „Lässt du mich wirklich erst einmal bei dir wohnen?“ fragte ich ihn. Es hatte mich überrascht, als er sagte ich würde bei ihm auf dem Weingut wohnen, als mir die Bankangestellte ohne Wohnsitz kein Konto eröffnen wollte. „Ich werde dich nicht auf der Straße lassen und dort werde ich wohl genügend Platz haben. Außerdem hast du mir ja auch geholfen, ohne dich hätte ich wohl den ganzen Tag in der Bank verbracht. Aber was war das, was du der Angestellten gegeben hattest?“ wollte er wissen. „Nur etwas, dass die Sache mit meinem Konto regelt, falls mir etwas zustößt. Ich bin nicht gewillt, dass mein Geld dann in die Hand dieses gierigen Zwerges fällt.“ Erklärte ich kurz. „Du magst Zwerge wohl nicht besonders?“ lachte er dann. „Oh versteh mich nicht falsch, es liegt nicht daran das er ein Zwerg ist. Wenn er ein Mensch, ein Elf, ein Troll oder sogar ein Drache wäre, würde ich auch so von ihm denken.“ Rechtfertigte ich mich. „Na dann wollen wir mal weiter. Die Herzogin wartet sicherlich schon.“ Meinte er. „Oh je.“ Stöhnte ich, erhob mich aber trotzdem. Wir sammelten die Pferde und Shady ein und machten uns auf den Weg zum Palast. Als die Straßen es zuließen stiegen wir auf und ritten nebeneinander her. Shady lief ein Stück vor uns und beschnüffelte alles aufgeregt. Er wirkte so tatsächlich eher wie ein Hund als ein Wolf. Vor dem Palast stiegen wir ab und ließen die Pferde stehen, aber diesmal begleitete Shady uns. Ich spannte mich an, als Shady zu den Damen lief, die die Herzogin immer begleiteten. Doch anstatt aufzuschreien wie ich es erwartet hatte, schienen sie entzückt zu sein, ihn zu sehen. Er ließ sich von ihnen streicheln und tobte um sie herum. Die Adeligen lachten entzückt und kicherten. Dies lockte die Herzogin hervor, die in ihren kleinen steinernen Pavillon saß. „Was geht hier vor?“ wollte sie wissen und trat auf den Hof. „Hexer, natürlich. Wir hätten es uns denken können.“ Begrüßte sie uns. „Edle Herrin.“ Grüßte Geralt sie und deutete eine Verbeugung an. Schnell schloss ich mich an und machte einen Knicks. „Hatten wir nicht ausdrücklich gesagt, dass du alleine kommen solltest!?“ wies sie Geralt zurecht. „Entschuldigt Edle Herrin, das ist Eve. Sie ist meine Assistentin. Ihr wisst sicherlich, dass wir Hexer immer weniger werden und das Wissen soll nicht ganz vergessen werden.“ Log er die Herzogin direkt an. Ich musste mich zusammen reißen, mein überraschtes Gesicht darüber nicht zu zeigen. „Guten Tag Edle Herrin, es ist eine Ehre Euch treffen zu dürfen.“ Versuchte ich auf ihre gute Seite zu kommen, doch sie rümpfte nur ihre Nase in meine Richtung. „Was hast du zu berichten Geralt? Sir Milton konnte bisher noch nicht selber etwas erzählen.“ Wollte sie wissen. Ich atmete erleichtert auf, Milton war noch am Leben. „Wir haben das Biest verfolgt, doch ich verlor die Spur vorerst in einem Lagerhaus.“ Erwähnte der Hexer. „Wir sind uns sicher, dass dort irgendwo der Unterschlupf ist. Wir haben Vorkehrungen getroffen, damit es uns hinführt, sollte es dort erneut auftauchen.“ Versuchte ich Geralt besser dastehen zu lassen. „Wir haben mit dem Hexer gesprochen!“ wies sie mich zurecht. „Sie hat recht Edle Herrin. Auch wenn es jetzt verlockend klingen mag, dort jede Menge Ritter zu postieren, es würde das Biest misstrauisch machen. Es scheint sich in der Stadt bestens auszukennen und verbirgt seine Spuren sehr gut. Dadurch könnte es um einiges schwieriger werden, es erneut aufzuspüren.“ Erklärte der Hexer. Gut er hatte verstanden worauf ich hinaus wollte. Misstrauisch beäugte die Herzogin ihn, sie hatte die Geschichte noch nicht völlig geschluckt. „Edle Herrin, wenn ich einen Vorschlag machen dürfte?“ fragte ich sie zögerlich und wagte es vorsichtshalber nicht sie direkt anzuschauen. „Sprich!“ forderte sie. „Edle Herrin, für die Sicherheit von Sir Milton würde ich vorschlagen, sein Überleben vorerst zu verschweigen. Es schien, dass das Biest gezielt nach ihm gesucht hatte und es könnte bei seinem nächsten Versuch erfolgreich sein.“ Schlug ich vor. Die Herzogin legte ihren Finger an das Kinn und schien nachzudenken. „Nun gut, wir werden darüber nachdenken.“ Versprach sie. „Wir werden sehen, was er dazu sagt, wenn er aufwacht. Schließlich zeugt das nicht von Tapferkeit und die Tugenden sind uns Heilig!“ fügte sie dann noch an. „Aber wir sind erfreut, dass Geralt und wir rechtzeitig ankamen, um das Biest vom Töten abzuhalten.“ Lächelte sie den Hexer an. Ich bemühte mich, sie nicht finster anzustarren, wenn ich nicht gewesen wäre, hätte Milton nicht überlebt, das war garantiert nicht ihr verdienst. Aber sollte sie es vorerst ruhig glauben, sie jetzt zu korrigieren würde die Herzogin wohl wirklich gegen mich aufbringen. Vielleicht würde Milton das später für mich aufklären. Oder obwohl, besser nicht, ich wollte nicht im Mittelpunkt stehen und zu viel Aufmerksamkeit bekommen. „Also Geralt, wie sehen deine weiteren Pläne aus?“ wollte die Herzogin wissen. Der Hexer schluckte, „Nun Edle Herrin, leider müssen wir vorerst warten, bis sich das Biest wieder hervor wagt. In ein paar Tagen sollten wir näheres wissen. Bis dahin werden wir nach weiteren Hinweisen suchen und Zeugen befragen.“ Sofort blickte die Herzogin ihn wütend an, „Du wirst nicht auf der faulen Haut liegen! Solange du warten musst, bis eure Fallen zuschnappen, wirst du dafür sorgen, dass die Bevölkerung in Sicherheit ist! Haben wir uns klar ausgedrückt!?“ schnappte sie. „Natürlich, wie Ihr wünscht, edle Herrin.“ Bestätigte Geralt. Auch ich nickte, so brauchten wir wenigsten keine Geschichte ausdenken, warum wir bzw. Geralt nebenbei noch anderen Verträgen nachging. „Gut, worauf wartest du dann noch? Wir wollen Ergebnisse!“ forderte sie und drehte sich ohne weiteren Gruß um und ging in den Pavillon zurück. „Shady, komm, wir wollen weiter.“ Rief ich den Wolf. Nach wenigen Augenblicken kam er angelaufen und wir konnten uns auf den Weg machen. „Was machen wir jetzt?“ wollte ich von dem Hexer wissen. „Das was die Herzogin von uns verlangt hat.“ Er griff in seine Tasche und zog einen Aushang daraus hervor, welchen er mir reichte. „Das klingt ganz interessant.“ Ich unterdrückte ein Stöhnen, die streitenden Geister waren so was von nervig. „Ist was?“ wollte er wissen. Scheinbar hatte Geralt doch meine Reaktion auf diesen Vertrag mitbekommen. „Nein, nein. Alles gut.“ Wimmelte ich ihn ab. Wir hatten unsere Pferde erreicht und stiegen wieder auf. Ich überließ Geralt die Führung, schließlich wusste ich nicht genau wo wir hin mussten. Wir ritten den Berg hinab, auf dem der Palast stand und überquerten die mit Gold verzierte Brücke. Das musste ein Vermögen gekostet haben, wer kam auf die Idee Straßenbelag mit Gold zu verzieren? Es kostete bestimmt auch jede Menge, um dieses Gold so glänzend zu behalten. Ich konnte darüber nur den Kopf schütteln. Was für eine Verschwendung. Ich folgte Geralt durch die Gassen, bis wir erneut vor einer Taverne Halt machten. Geralt stieg von seiner Plötze und ich machte es ihm nach und stieg ebenfalls aus dem Sattel. „Es ist vielleicht besser, wenn du bei den Pferden bleibst. Es ist mittlerweile viel los und ich möchte ungern einen Dieb verfolgen müssen.“ Bat der Hexer mich. Widerwillig nickte ich, aber bei dem Gespräch, das er gleich führen würde, konnte ich eh nicht helfen und in dieser Taverne wimmelte er von Betrunkenen. Obwohl wenn, ich mich hier draußen so umsah, soviel besser war das hier draußen auch nicht. Ich nahm Plötzes Zügel, als sie davon wandern wollte. „Hey, hier geblieben.“ Murmelte ich der Stute zu, sie schnaubte nur und drehte die Ohren in alle möglichen Richtungen. Ich lehnte mich an eine der vielen Säulen und wartete ungeduldig auf Geralt. Die beiden Pferde waren auf der engen Straße nicht zu übersehen und so wurden immer wieder Passanten auf uns aufmerksam. Einige fingen sogar an zu tuscheln. „Guck mal, die trägt Hosen!“ oder „Ist das nicht die, die heute Morgen festgenommen werden sollte?“ und „Sie begleitet den Hexer.“ Waren einige der Dinge, die ich raus hören konnte. Aber zum Glück wurden viele von den Feiernden übertönt. Ich wollte gar nicht wissen, was die Leute so über mich erzählten. Nach einer gefühlten Ewigkeit kam Geralt endlich wieder. Erleichtert reichte ich ihm die Zügel und wir folgten der Straße weiter. Die Pferde führten wir, da das Gedränge immer größer geworden war. Doch zum Glück hatten wir die Menge bald hinter uns gelassen. Je näher wir dem Friedhofstor kamen, desto weniger Menschen hielten sich in der Straße auf. Dadurch das wir die Pferde dabei hatten, mussten wir leider den längeren Weg nehmen. Die engen Treppen waren für die Pferde nicht zu bewältigen. So schön die Stadt an den meisten stellen war, so ungepflegt sah der Friedhof aus. Nur ungern ließen wir die Pferde zurück, aber auf den Friedhof konnten wir sie ja schlecht mitnehmen. Ich beschwor beide, dass sie hier warten sollten. Shady sollte ebenfalls warten. Er könnte eventuelle Diebe hoffentlich davon abhalten, an unsere Sachen zu gehen. Das Tor quietschte, als wir es öffneten. Der Friedhof war in einem schlechten Zustand, überall wucherten die Pflanzen unkontrolliert und die Grabsteine standen schief. Geralt sah sich um. „Wonach suchen wir?“ wollte ich von ihm wissen. Er zuckte mit den Schultern, „Etwas was darauf hindeutet, woher der nächtliche Lärm kommt.“ Meinte er und ging los. Seufzend folgte ich ihm. „Wenn der Lärm nur nachts ist, warum sind wir tagsüber hier?“ fragte ich ihn. Er stockte kurz, „Weil es vielleicht eine ganz einfache Ursache geben könnte.“ Redete er sich schnell raus. Er hatte vermutlich nicht wirklich darüber nachgedacht. Ich stieß mit dem Fuß gegen etwas, „Geralt, ich hab hier was.“ Rief ich ihm zu. Er kam näher und besah sich das, „Leere Weinflaschen und Essensreste. Aber vermutlich nicht die Ursache der Ruhestörung.“ Murmelte er vor sich hin und ging dann weiter. Er fand die Hose, schloss aber auch dies als Ursache aus. „Geralt dort!“ ich zeigte auf das aufgebrochene Grab. Er runzelte die Stirn, „Grabräuber?“ überlegte er laut und ging hinüber. Er besah sich das Grab, „Aufgebrochen und ausgeraubt, aber Grabräuber heulen und stöhnen doch nicht.“ Er richtete sich wieder auf. „In Ordnung, mehr werden wir hier nicht finden. Wir sollten nachts noch einmal zurück kommen. Aber da wir eh gerade hier sind, können wir im anderen Teil des Friedhofs nach dem Grab von dem Professor suchen.“ Schlug er vor. Widerwillig stimmte ich dem zu. Die Suche nach dem Labor von Moreau war wenigstens nicht so nervig wie das tote Ehepaar, das unten in den Katakomben sich weiter stritt. Da wir den oberen Teil des Friedhofs bereits nach Hinweisen abgesucht hatten, war dem Hexer klar, dass wir hier das Grab wohl nicht finden würden. Darum mussten wir zu dem Grabfeld, das außerhalb lag. Wir ließen die Pferde vorerst wo sie waren und gingen zu dem Friedhofsteil, den wir noch nicht untersucht hatten. Er wirkte auch nicht gerade gepflegt, mit den zerfallenen Mauern und dem stellenweisen hohen Grase, aber er erschien ein wenig einladender, da er viel offener angelegt war und der Blick nicht versperrt wurde. Ich orientierte mich kurz, ich glaubte mich daran zu erinnern, dass wir in Richtung Wasser mussten. Ich konnte mich wage daran erinnern, dass ich, nachdem ich das Grab beziehungsweise den Bereich um das Grab herum abgesucht hatte, mit Ertrunkenen gekämpft hatte und diese fand man nun mal in Uferbereichen. Ich lag nicht ganz falsch, aber auch nicht ganz richtig. Unter dem großen Baum befand sich das Grab von Moreau. Aber leider war auch dies bereits aufgebrochen. Die Grabräuberin war uns, wie im Spiel auch, bereits zuvor gekommen. „Verdammt, da hatte jemand die gleiche Idee und kam uns zuvor.“ Beschwerte sich der Hexer. Das Tagebuch fehlte und ansonsten gab es außer dem Satz in der älteren Rede auf dem Grabstein keinen weiteren Hinweis. Es gab ein paar Fußabdrücke, so leicht, dass ich sie mit meinen normalen Augen vermutlich übersehen hätte, wenn ich nicht von ihnen wusste. Geralt verfolgte die Fußspuren, doch wie auch im Spiel führten sie nur zum gepflasterten Weg und waren dann nicht mehr zu verfolgen. Was hatte er denn erwartet? Sämtliche Straßen waren innerhalb der Stadt gepflastert und auch einige außerhalb der Stadt, aber selbst, wenn sie es nicht gewesen wären, herrschte hier so reger Verkehr, dass die Spuren sowieso verwischt worden wären. Unten am Wasser konnte man die Ertrunkenen hören, aber glücklicherweise blieben sie dort und der Hexer sah keine Notwendigkeit darin, sie ohne Vertrag zu beseitigen. Noch waren sie keine Gefahr. „Was machen wir jetzt?“ wollte ich von Geralt wissen, als er die Karte studiert hatte, die Yennefer ihm schickte. „Die Karte führt in die Nähe des Mère-Lachaiselongue-Friedhofs, dort wo Regis uns später erwartet. Daher werden wir erst einmal zum Grottore reiten, von dort aus dann weiter zum Fluss. Wenn du möchtest können wir dabei auf dem Markt etwas zum Mittag holen.“ Schlug er vor. „Wir sollen jetzt einmal durch die ganze Stadt, nur um dann wieder zurück zu müssen?“ fragte ich nach. Der Hexer nickte, „Ja, besser als von hier zum Fluss, dann durch die Stadt und dann wieder zurück zum Fluss, um nachts dann wieder in die Stadt zu müssen.“ Argumentierte er. Ich zuckte mit den Schultern, einen so großen Unterschied sah ich da nicht. Im Endeffekt wäre die Strecke dieselbe. „Wenn du meinst. Aber die Straßen werden jetzt noch voller sein.“ Entgegnete ich. „Du kannst auch gerne hier bleiben oder zum Weingut reiten.“ Schlug er vor. Schnell schüttelte ich den Kopf. In Velen mochte ich mich etwas ausgekannt haben, aber hier in Toussaint verließen mich meine Kenntnisse. Ich wusste grob wo was war, aber das war es dann auch schon. Ich wollte mich nicht wirklich verlaufen und dann in Schwierigkeiten zu geraten. Außerdem wusste ich eh nicht, womit ich mich beschäftigen sollte und Barnabas würde mir vermutlich nicht so leicht erlauben auf dem Weingut zu bleiben, wenn Geralt es nicht offiziell erlaubt hat. „Gut, dann lass uns zu den Pferden zurück gehen.“ Meinte er und ging bereits los. Mit einem letzten Blick zu den Ertrunkenen am Ufer, folgte ich ihm. Wir mussten erneut über den Stadtfriedhof, um an unseren Ausgangsort zurück zu kommen. In der Zeit, nach dem wir nach dem Grab gesucht hatten, waren die Trauernden auf dem Friedhof ein wenig mehr geworden. Aber sie waren zu sehr in ihrer Trauer gefangen, als dass sie uns groß beachten würden. Als wir das Tor zur Gasse erreichten, stockte ich kurz, eine der Stadtwachen stand bei unseren Pferden und war zu Shady runtergebeugt. Doch als wir näher kamen, konnte ich erkennen, dass er den kleinen Wolf nur streichelte. Die Wache bemerkte unser näher kommen und richtete sich wieder auf. „Hexer, werte Dame.“ Grüßte er uns. Shady begrüßte uns ausgiebig und eine stille Frage später war klar, dass der Wächter Shady wirklich nur gestreichelt hatte. „Was ist das für eine Rasse, wenn ihr mir die Frage gestattet? Mein Cousin züchtet Hunde und er erzählte mir von einer neuen Kreuzung, extra für den Krieg. Ist er so ein Exemplar?“ Wollte der Mann wissen. Ich schüttelte den Kopf, „Oh nein, nein, Shady ist kein Hund er ist ein junger Wolf. Ich habe ihn vor ein paar Wilderern gerettet.“ Beantwortete ich die Frage. Erstaunt sah mich die Wache an. „Ein Wolf? Aber er ist sehr zutraulich.“ „Er ist mittlerweile an Menschen gewohnt und weiß, dass sie ihm nichts tun werden. Eher das Gegenteil, viele stecken ihm Leckereien zu.“ Lächelte ich. Geralt hatte sich bereits in den Sattel geschwungen und wartete nun auf mich. „Na los Eve, flirten kannst du später noch!“ rief er mich. Ich wurde ein wenig rot, ich hatte doch gar nicht geflirtet, das war doch ein ganz normales Gespräch. „Oh, ich möchte euch natürlich nicht aufhalten, schließlich seid ihr im Auftrag der Herzogin unterwegs.“ Meinte die Wache und trat bei Seite. Schnell stieg ich auf Lalin und beeilte mich, Geralt einzuholen. Er wollte wohl nicht warten und ließ Plötze im langsamen Schritt die Straße entlang laufen. Schnell hatte ich ihn eingeholt und ritt nun schweigend neben ihm her. Glücklicherweise wählte er eine Route, die uns nicht direkt wieder durch das Getümmel führte. Wir ritten am Hafen entlang, vorbei an dem alten Lagerhaus, in dem er mit Dettlaff gekämpft hatte und von dort zu der Brücke, die uns zum Palast zurück führte. Wir mussten durch die Palastgärten, um zu der Höhle des Monsters zu kommen. Zumindest, wenn man nicht einfach querfeldein reiten wollte. Was ich ganz bestimmt nicht tun wollte. Die Tausendfüßler, die mitten auf Wegen auftauchten, reichten mir im Spiel schon, da muss ich mich nicht noch extra in die Gebiete von Panthern, Wildschweinen oder Archesporen begeben. Wobei ich mich wirklich fragte, warum die Wildschweine hier so extrem aggressiv waren. Ich könnte es ja verstehen, wenn sie Frischlinge hätten, aber bisher habe ich immer nur ausgewachsene gesehen. Die Gärten erreichten wir ohne Probleme, nur die Wachen an der Brücke beäugten uns merkwürdig, als wir schon wieder an ihnen vorbei ritten. Shady und die beiden Pferde warnten mich immer rechtzeitig vor, wenn sie etwas Verdächtiges hörten, so konnte sich kein Panther an uns ran schleichen und den Archesporen konnten wir großzügig ausweichen. So kamen wir ohne großen Ärger bei dem Lager des vermissten Verlobten an. Wir waren noch nicht einmal von unseren Pferden gestiegen, als wir ihn schon schnarchen hörten. Mit einem genervten Augenverdrehen, stieg Geralt von Plötze, kichernd folgte ich ihm. Ich wusste ja schon vorher, welche Szene mich erwarten würde und musste mein Lachen unterdrücken, während François versuchte zu erklären, dass er sich wohl ein wenig zu ausführlich für den Kampf vorbereitet hätte. Wie nicht anders zu erwarten, einigten sich er und Geralt, dass wir zusammen gegen den Grottore in den Kampf ziehen würden. François sah mich dann musternd an und versuchte Geralt dann davon zu überzeugen, dass man doch keine Frau mit in einen Monsterkampf nehmen könne, schließlich wäre dies eine Sache für Ritter und nicht für Damen. Auch wenn ich eigentlich keine Lust hatte, gegen einen Waldteufel anzutreten, wollte ich mich aber dann auch nicht bloßstellen, in dem ich ihm zustimmte, wer weiß, ob Geralt mich dann danach noch überhaupt mitnehmen würde, oder mich eher einfach auf dem Weingut absetzte. So folgte ich den beiden daher in die Höhle. Doch als wir die Hauptkammer erreichten, stoppte uns Geralt auf einmal. Er besah sich die riesigen roten Blüten und schickte uns dann postwendend nach draußen. Er erklärte, dass die Pollen dieser Pflanzen wie Sporen in die Luft abgegeben werden würden, wenn man sie berührt und sie Menschen beeinflussten. Sie würden die Reaktionen verlangsamen und teilweise betäubend wirken. Daher wären sie wohl häufig in der Nähe von Waldteufeln zu finden, die sich damit die Jagd auf ihre Beute sparen könnten und die schlafenden Opfer einfach nur aufsammeln bräuchten. Sofort zog François seine Hand zurück, er war scheinbar im Begriff, eine dieser riesigen Blüten anzufassen. Daher machte ich es mir zur Aufgabe, den jungen Ritter zu packen und aus der Höhle zu zerren, bevor er wirklich noch irgendwelches Unheil herauf beschwor. Er machte es mir schwer, da er der Meinung war, dass ich ihm nichts zu sagen hätte, schließlich war er ein Ritter und ich nur jemand aus dem einfachen Volk, ich hatte ja noch nicht mal einen Nachnamen. Ich konnte ihm ja schlecht sagen, dass ich in meiner Welt, aus einem Nebenzweig einer adeligen Familie stammte und wir beziehungsweise meine Urgroßeltern ihren Titel verloren, da sie damals flüchten mussten. Ich hatte allerdings keine Nachweise darüber und konnte mich nur auf Erzählungen meiner Eltern und Großeltern verlassen, sonst hätte ich schon lange beantragt, zumindest das alte Familienwappen wieder tragen zu dürfen. Die Möglichkeit, damit irgendwo auf der Liste vieler möglicher Thronfolger aufzutauchen, brauchte ich aber nicht. Außerdem stände ich wohl sowieso irgendwo an zigtausendster Stelle. Hier in dieser Welt nützte mir das alles sowieso nichts, es würde mich vermutlich nur in Teufelsküche bringen, weil man mich für eine Betrügerin oder so halten könnte, wer würde mir den bitte schön glauben, dass ich blaues Blut in mir hatte. Nein, da blieb ich viel lieber bei meiner Tarnung, Eve, eine Waise aus einem winzigen Dorf in Rivien. Während wir auf die Rückkehr von Geralt warteten, baute der Ritter zumindest schon einmal sein Lager größtenteils ab. Für den Rest würde einen Bediensteten schicken, schließlich wäre die Bedrohung durch den Grottore bald vorbei und sein Diener könne daher ohne Gefahr mit einem Wagen hierher kommen. Natürlich dachte er nicht an die Gefahren, die auf dem Weg hierher lauerten und ich hoffte, das Geralt nicht demnächst einen Auftrag erhielt, dann genau nach diesem Angestellten suchen zu müssen, da er mit den Besitztümern nicht zurück gekehrt war. Über meine Grübeleien hatte ich gar nicht mitbekommen, wie die Zeit verging und war daher sehr überrascht, als Geralt plötzlich vor mir auftauchte. Erstaunt sah ich auf, er hatte die Trophäe bereits übergeben und François war bereits damit beschäftigt, sich für den Rückweg fertig zu machen. Er nickte Geralt freundlich zu und bestätigte noch einmal, dass er sein Wort halten würde und Geralt jeder Zeit bei ihm Willkommen wäre. „Wir sollten uns auch wieder auf den Weg machen. Möchtest du zwischendurch an einem Markstand halten, um dir etwas zum Mittag zu holen?“ fragte er mich. Ich schüttelte den Kopf, „Nein danke, hab noch nicht wirklich wieder Hunger, außerdem hasse ich große Menschenmengen und die Stadt dürfte mittlerweile voller Menschen sein.“ Lehnte ich ab. „Gut wie du möchtest, aber es könnte dauern, bis wir sonst die Möglichkeit haben, etwas zu essen.“ Warnte er mich. „Kein Problem. So schnell verhungere ich schon nicht.“ Lachte ich leise. Glücklicherweise hatte die Wache an der Brücke mittlerweile gewechselt, sonst hätten die uns wohl doch noch angehalten, warum wir ständig hin und her ritten. Ich kam mir ja selbst schon ein wenig blöd dabei vor und war froh, dass wir heute nicht mehr zum Palast reiten mussten. Wie befürchtet waren die Straßen voller Menschen und das voran kommen wurde deutlich erschwert, selbst in den Außenbezirken war aufgrund der Feierlichkeiten viel Betrieb. Ich hatte Shady vorsichtshalber auf meine Arme genommen, da ich sonst Angst hatte, dass wir ihn in dem Gewirr verlieren könnten, auch wenn er eigentlich schon fast zu groß war, um ihn zu tragen. Schweigend folgte ich dem Hexer durch die Menschen und war wirklich froh, als wir sie endlich hinter uns lassen konnten. Innerlich stöhnte ich, als mir klar wurde, dass wir abends erneut durch die Stadt mussten. Die streitenden Geister mussten noch zur Ruhe gebracht werden und das Weingut lag auch von hier aus, auf der anderen Seite der Stadt. Im Spiel war mir das nie wirklich aufgefallen, aber vermutlich würden wir hier, ewig und drei Tage nur hin und her reiten. Ich war versucht, einfach jetzt noch mal zu dem Friedhof zu reiten und eine der Urnen zu nehmen und woanders zu platzieren, dann müsste vermutlich Ruhe herrschen, aber ich wollte Geralt nicht erklären müssen, woher ich das wüsste. Das würde vermutlich nur zu noch mehr Fragen führen. Über meine Grübeleien erreichten wir den Friedhof, auf dem Regis wohnte, aber Geralt führte uns weiter, ohne auch nur einmal kurz anzuhalten. Wir folgten dem Ufer und hin und wieder blickte der Hexer auf die Skizze, um die richtige Stelle zu finden. Es schien als hätte er die entsprechende Stelle gefunden, denn er hielt an und stieg von Plötze. „Hier müsste es irgendwo sein, allerdings liegt alles unter Wasser.“ Murmelte er. Während ich ebenfalls von meinem Pferd abstieg, ging Geralt ein Stück am Ufer entlang. Er verschwand in den Büschen, seufzend nahm ich die Zügel von Plötze und lockerte die Sattelgurte unserer Pferde ein wenig, so konnten sie bequemer grasen, denn ich wusste, die Suche nach dem Labor oder besser gesagt nach dessen Eingang würde eine Weile dauern. Ich hatte mich neben die Pferde auf die Wiese gesetzt und genoss die warme Sonne. Shady lag neben mir und ließ sich zwischen den Ohren kraulen. Erst ein Plätschern und dann ein Fluch von Geralt rissen mich aus der Idylle. „Eve, du könntest ruhig mal mit helfen.“ Jammerte der Hexer schon fast und zog etwas an einem Seil aus den Büschen. „Du hättest ja auch was sagen können, woher soll ich denn wissen, was du dort in den Büschen treibst.“ Rollte ich mit den Augen. Ich stand aber trotzdem auf und ging zu ihm. Es war ein altes Boot, das er dort gefunden hatte. Mit vereinten Kräften schafften wir es dann doch, das Boot ins Wasser zuziehen. Es sah nicht mehr wirklich gut aus und einige Stellen am Rand waren abgebrochen, aber zumindest schwamm es noch und hatte kein Leck. „Was machen wir jetzt damit?“ wollte ich von Geralt wissen. „Wir rudern etwas weiter auf den See und ich suche nach dem Eingang ins Labor, wenn ich ihn gefunden habe, werden wir weiter sehen.“ Erklärte er. „Na gut, ich sag Shady und den Pferden Bescheid.“ Meinte ich und ging zu den dreien rüber. Shady war natürlich enttäuscht, dass ich ihn nicht mit ins Boot nehmen würde, aber er verstand, dass es besser wäre, wenn er auf die Pferde aufpassen würde. Hier gab es schließlich einige Wegelagerer und Monster. Nachdem ich mich zu Geralt ins Boot gesetzt hatte, ruderte er ein Stück auf den See hinaus, ehe er die Ruder wieder einholte. „Gut, hier sollten wir ungefähr richtig sein. Sobald ich den Eingang gefunden habe, komme ich zurück.“ Erklärte er noch einmal und sprang ins Wasser. Ich blickte ihm noch eine ganze Weile hinter her, doch irgendwann verlor ich ihn aus den Augen. Auch wenn das Wasser hier sehr klar war, konnte man dennoch nicht bis zum Grund schauen. Als jedoch auch keine Luftblasen nach oben stiegen, fing ich an mir langsam sorgen zu machen. Immer wieder blickte ich in das Wasser unter mir. Konnte ein Hexer so lange die Luft anhalten? Hatte er über seinen Trank genommen, damit er noch länger unter Wasser bleiben konnte? Ich war mir nicht sicher. Dann sah ich etwas im Augenwinkel, ich blickte dort hin und mir blieb beinahe das Herz stehen, Blut stieg zur Wasseroberfläche auf. „Geralt!?“ rief ich besorgt. Wurde er von einem Monster angegriffen? Dann plätscherte es, etwas war aufgetaucht. Ein Ertrunkener, in seiner Stirn steckte ein Bolzen einer Armbrust. Dies linderte meine Sorgen nicht wirklich, ich wusste nicht, wie viele dieser Kreaturen noch da unten lauerten. Immer weiter wurden nach oben getrieben, glücklicherweise alle tot. Doch dann griff eine Hand nach dem Boot und erschrocken schrie ich auf. Ich wollte schon mein Messer in die Hand rammen, als ein weißer Haarschopf auftauchte. „Verdammt Geralt, musst du mich so erschrecken!“ fauchte ich ihn an. Er grinste jedoch nur schief und holte tief Luft. „Ich habe einen Eingang gefunden, aber er liegt zu tief, als das du mit kommen könntest.“ Erklärte er. „Du willst mich hier alleine zurück lassen?“ wollte ich dann schmollend von ihm wissen. „Nein, nein, keine Sorge. Aber ich werde mich dort unten ein wenig umschauen, vielleicht gibt es noch einen anderen Eingang. Wenn ich etwas finde, werde ich auftauchen und dir Bescheid geben.“ Versprach er. „Gut, aber lass dir nicht zu viel Zeit.“ Gab ich nach. Er nickte und atmete noch einmal tief ein, ehe er wieder abtauchte. Nach einigen Augenblicken wurde mir bewusst, dass ich mir ein Buch oder ähnliches hätte mitnehmen sollen. Bis Geralt durch die ganzen Fallen durch ist, würde einige Zeit verstreichen. Ich hoffte nur, er würde mich dazu holen, bevor er die Apparatur von dem Professor ausprobierte. Seufzend lehnte ich mich zurück, mehr als die Sonne ein wenig zu genießen konnte ich jetzt eh nicht machen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)