Die Wölfe 2 ~Die Killer des Paten~ von Enrico (Teil II) ================================================================================ Kapitel 6: ~Falsches Alibi~ --------------------------- Noch mehr als sonst, graut es Jan heute vor dem Tag im Präsidium. Lui wieder zu sehen und mit ihm zusammen arbeiten zu müssen, das wird ihn unheimlich schmerzen. Vielleicht sollte er seinen Vater bitten, ihm einen anderen Partner zuzuteilen, am besten heute noch. Mit den Händen in den Hosentaschen betritt Jan das Präsidium. Automatisch gleitet sein Blick zum Schreibtisch Luis. Auf einem schmucklosen Holzstuhl sitzt vor seinem Partner ein alter Mann mit ergrautem Haar. Er trägt einen zerdrückten, schwarzen Hut, sein Gesicht ist fleckig und ein langer Bart ziert Kinn und die Wangen. Seine Kleidung ist dreckig und an vielen Stellen geflickt. Die Hände stecken, trotz der Sommerhitze, in hellbraunen Handschuhen, die an den Fingerkuppen abgeschnitten sind. Er gestikuliert wild, während er spricht. Lui zeichnet mit Bleistift auf einem weißen Block. Als Jan näher kommt kann er in der Zeichnung ein Gesicht erkennen. Neben dem Schreibtisch seines Partners bleibt Jan stehen und sieht Lui über die Schulter. Auf der Tischplatte liegt noch eine Zeichnung, die Lui bereits fertiggestellt hat. Jan nimmt sie an sich, um sie genauer betrachten zu können. Die markanten Augen und die zerzausten Haare, irgendwo hat er dieses Gesicht schon mal gesehen. Von der Zeichnung in seinen Händen, wandert Jans Aufmerksamkeit auf Luis Block. Lange dunkle Haare, ein markantes Gesicht, nehmen immer mehr Gestalt an. Während Jan noch darüber grübelt, warum ihm auch dieses Porträt bekannt vorkommt, verabschiedet sich Lui von dem Zeugen: „Vielen Dank! Sie haben uns sehr weitergeholfen.“ Lui kramt aus seiner Hosentasche einen zehn Dollarschein und reicht ihn dem bettelarmen Mann. „Hier, kaufen sie sich davon eine warme Mahlzeit!“ Der Mann nimmt das Geld mit zitternden Fingern entgegen. Er hebt den schmutzigen Hut vom Kopf, nickt und verlässt das Gebäude. „Irgendwo habe ich die beiden Gesichter schon mal gesehen“, beginnt Jan ein Gespräch, „Worum geht’s denn bei den Beiden?“ Lui sieht ihn an. Ihm liegt etwas auf den Lippen, dass er nicht ausspricht, stattdessen klappt er eine Akte auf. Bilder von den Leichen in der Lagerhalle sind darin neben etlichen anderen Unterlagen zu sehen. „Der Zeuge meint, die Beiden vor den Schüssen in der Nähe der Lagerhalle gesehen zu haben. Wenn sie dir bekannt vorkommen, bekommst du auch zusammen, wo du sie schon mal gesehen hast? Dann hätten wir vielleicht endlich mal eine Spur in dem Fall.“ Jan nimmt auch noch den Block an sich, seine Aufmerksamkeit wechselt zwischen beiden Zeichnungen hin und her, bis ihm endlich einfällt: „Ja, genau! Das sind die Beiden, die ich gestern auf der Party kennen gelernt habe. Der Eine ist blond und hatte stechend blaue Augen, der andere ist ein totaler Arsch.“ „Du kennst sie? Hast du auch mit ihnen gesprochen?“, will Lui wissen. „Ja, mit dem Blonden kurz. Warte, sein Name war… ich glaube Enrico.“ „Na das ist doch schon mal ein Anfang. Sonst noch was?“ „Robin hat mir erzählt, er wäre 16 Jahre alt. Mehr weiß ich nicht.“ Lui notiert die Information in der Akte. Krampfhaft überlegt Jan, ob ihm noch mehr zu den Beiden einfällt. „Der mit den schwarzen Haaren ist total aggressiv.“ Er beugt sich zu Lui hinab, um ihm zuflüstern zu können: „Die Beiden scheinen ein Paar zu sein.“ „Na großartig! Sag mir nicht, wir müssen jetzt auch noch in dieser Schmutzszene ermitteln?“, fragt Lui. „Das wird auf jeden Fall schwierig. Die Regel, alles bleibt in der Villa, von der ich dir erzählt habe, nimmt diese Robin verflucht ernst. Ich habe Gerüchte gehört, dass schon Leute weggekommen sind, die zu viel geplaudert haben“, sagt Jan leise. „Noch ein Grund mehr, uns dieser Sache anzunehmen, oder?“ „Du weißt schon, dass sie uns auch auffliegen lassen kann, oder? Auf dieser Party haben uns ein Dutzend Menschen zusammen gesehen.“ Lui zuckt gleichgültig mit den Schultern. Er erhebt sich und nimmt sich seine Jacke vom Stuhl. „Wie hast du so schön gesagt? Wir haben nur verdeckt ermittelt.“ Jan beißt sich nervös auf die Unterlippe. In diesem Milieu zu ermitteln gefällt ihm gar nicht. Er steckt da viel zu tief drin. So ziemlich alle Gäste von Robin kennen ihn persönlich, manche mehr, als Jan im Nachhinein lieb ist. Unwillkürlich zwingen sich ihm die Bilder seiner Zeit in der Anstalt ins Gedächtnis. Die Elektroschocks auf der Liege, an die er angebunden war, die Therapien mit Schmerzreizen, während ihm Bilder von nackten Männern gezeigt wurden. Das alles will er nicht noch mal erleben müssen. „Lui, tu uns beiden einen Gefallen und sei bei dem Thema vorsichtig. Wir haben mehr zu verlieren, als du dir vorstellen kannst.“ „Jan, fünf Männer mussten in dieser Halle ihr Leben lassen. Grund genug ein paar Fragen zu stellen, findest du nicht?“ „Übertreib deinen Gerechtigkeitssinn nur nicht so, wie sonst immer. Mit denen ist nicht zu spaßen!“, warnt Jan. „Jetzt mach dir mal nicht ins Hemd. Die sind die Verbrecher, nicht wir!“ Jan sieht zur Seite weg, kleinlaut sagt er: „Nun, wie man's nimmt.“ Lui packt die beiden Zeichnungen in die Akte und nimmt diese dann an sich. Er zieht sich seine Jacke über und geht. Auf halbem Wege zum Ausgang, dreht er sich nach Jan um. „Kommst du?“, fragt er. Jan zögert einen Moment. Es ist sicher keine gute Idee, die Sache Lui allein zu überlassen. Er muss sicherstellen, dass Lui es nicht mit seinen Fragen übertreibt. Zähneknirschend folgt er ihm. Eine kurze Autofahrt später stehen sie vor der Villa Robins. Lui schließt den Wagen ab und kommt zu Jan herumgelaufen. „Ich halte das für keine gute Idee!“, sagt er noch einmal. „Du willst mal ein guter Polizist werden und kneifst schon bei einer einfachen Vernehmung?“ „Sagt der, der nicht mal eine Stunde auf 'ner Party aushält“, entgegnet Jan und folgt Lui den Weg bis zur Villa. Sein Kollege läutet und sieht am Gebäude hinauf. Ein Fenster im ersten Stock steht offen, die Gardinen wehen im Wind. Ein sanfter Walzer dringt von dort zu ihnen hinab. Sie sehen sich ratsuchend an, als auch schon die Tür geöffnet wird. Eine Frau, in einer weißen Schürze fragt: „Sie wünschen?“ „Ist die Hausherrin zu sprechen?“, fragt Lui. Die Dienstmagd betrachtet sie und ihre Uniformen einen Moment lang prüfend, dann sagt sie: „Ich werde sie holen, einen Moment bitte!“ Sie schließt die Tür, ihre Schritte verlieren sich im Inneren der Villa. Wenig später verstummt die Musik. Aus dem offenen Fenster ist zu hören: „Mam, zwei Polizeibeamte wünschen sie zu sprechen.“ Unruhe entsteht. „Ist gut, ich komme runter und ihr beiden räumt den Salon wieder ein“, sagt die Hausherrin und entfernt sich, wenig später sind ihre Schritte im Flur zu hören. Sie ist es, die nun die Tür öffnet und Jan und Lui anspricht: „Was kann ich für … Jan? Das ist ja eine Überraschung.“ Jan nimmt Lui die Akte aus der Hand. Wenn sie hier mit heiler Haut davonkommen wollen, ist es besser, er übernimmt die Befragung. Lui betrachtet ihn überrascht, doch er lässt ihn gewähren. „Hey Robin, es wird nicht lange dauern, aber kannst du uns vielleicht ein paar Fragen zu zwei deiner Gäste beantworten?“ Robins freundliche Miene wird finster. „Was für Gäste und was für Fragen?“, will sie ernst wissen. „Keine Sorge, es hat nichts mit der Party oder deren Inhalt zu tun. Dürfen wir vielleicht reinkommen?“ Robin beäugt sie misstrauisch, schiebt aber die Tür weit auf und bittet sie, mit einer ausfallenden Handbewegung, einzutreten. „Bitte, folgt mir!“ Sie geht voraus und führt sie einige Zimmer weiter in den Salon im Erdgeschoss. Im Sessel lässt sie sich nieder und bietet den beiden Beamten das Sofa an. „Setzt euch zu mir.“ Jan nimmt den Sessel Robin direkt gegenüber, während Lui sich auf dem Sofa niederlässt. „Wir sind auf der Suche nach zwei Zeugen, die eventuell etwas von einem Mord an den Docks mitbekommen haben könnten. Ein Zeuge hat uns geschildert, dass sie sich kurz vorher dort aufgehalten haben sollen. Mein Kollege hat zwei Phantombilder angefertigt.“ Jan sucht die Zeichnungen aus der Akte und legt sie Robin vor. „Weißt du noch, der junge Kerl, über den wir uns unterhalten haben und sein Kumpel? Ich glaube die Beschreibung passt auf sie. Meinst du, du kannst ein Treffen mit ihnen organisieren?“ Robin nimmt die Bilder in die Hand und betrachtet sie prüfend. Sie runzelt die Stirn. „So viel Ähnlichkeit sehe ich da nicht. Sicher, dass du den Blonden nicht einfach nur wieder sehen willst, weil er dir gestern einen Korb gegeben hat?“, fragt sie herausfordernd. Lui sieht ihn ebenfalls fragend an. Ein stummer Vorwurf liegt in seinem Blick. Jan beschließt, nichts dazu zu sagen und stattdessen die Befragung fortzusetzen: „Ich finde schon, dass eine gewisse Ähnlichkeit besteht. Auf jeden Fall würden wir gern mit den Beiden sprechen.“ Robin sieht in den Flur. Schritte sind auf der nahen Treppe zu hören. „Ihr habt Glück, meine Herren, die Beiden sind noch immer meine Gäste.“ Tatsächlich kommen in diesem Moment der Blonde und sein Freund die Treppe herunter. Ihre Blicke treffen sich. Der Schwarzhaarige sieht Jan sofort wieder grimmig an. „Enrico, Antonio, kommt mal zu uns. Die Sache scheint euch zu betreffen.“ „Uns?“, fragt Antonio. Gemeinsam mit Enrico kommt er in den Salon. Der Blick des Blonden fällt auf die Bilder in Robins Händen. Lui rutscht auf dem Sofa ein Stück, um Platz zu machen. Sie setzen sich zu ihnen. „Und, wo können wir helfen?“, fragt Enrico. Aufmerksam betrachtet er Jan. Die eisblauen Augen nehmen ihn einmal mehr gefangen. Jan vergisst fast, weswegen er hier ist. Nur mit aller Mühe kommt er gegen das seltsame Gefühl in seinem Magen an, das immer intensiver wird, je länger er den Blonden betrachtet. Er braucht einen Moment, bevor er sich fangen und wieder sprechen kann: „Einer unserer Zeugen will euch gestern vor einer Schießerei nahe den Docks gesehen haben.“ Robin betrachtet ihre Gäste mahnend und wartet ebenso gespannt auf eine Antwort. Antonio holt Luft um etwas zu erwidern, doch Enrico kommt ihm zuvor. Mit Blick auf die Bilder fragt er: „Nach der Beschreibung dieses Zeugen sind die Zeichnungen angefertigt worden, oder?“ Lui nickt zustimmend. „Wir waren nicht an den Docks“, sagt Enrico emotionslos und reicht die Zeichnungen an Jan. „Unser Zeuge ist aber ganz sicher“, entgegnet Jan. „Ach ja?“, sagt Enrico, „Habt ihr euch Tonis Gesicht mal genau angesehen? Er hat an der linken Augenbraue eine ziemlich markante Narbe, die ist echt nicht zu übersehen. Eure Zeichnung hat das nicht. Seltsam das sich ein Zeuge nicht an so was erinnert und meine Nase ist auch nicht so krumm, wie die auf der Zeichnung.“ „Wann sollen die Beiden denn an den Docks gesehen worden sein?“, mischt sich Robin in das Gespräch. „Abends, gegen Neun“, sagt Lui. „Das kann nicht sein! Um diese Uhrzeit hat Enrico mir bei den Vorbereitungen für die Party geholfen.“ Enrico betrachtet sie einen Moment stillschweigend. Sie tauschen einen seltsamen Blick aus, dann fährt Enrico fort: „Richtig! Habe ich!“ „Also entweder euer Zeuge ist nicht besonders zuverlässig oder euer Zeichner eine Niete. Wir können euch auf jeden Fall nicht weiterhelfen“, sagt Antonio und verschränkt die Arme. „Nun, dann bedanken wir uns für eure Zeit“ Lui erhebt sich. „Bitte, entschuldigen Sie die Störung.“ Er packt die Unterlagen zusammen und betrachtet Jan auffordernd. Ist das sein Ernst? Er will schon gehen? Die Drei lügen doch ganz offensichtlich, ist ihm das entgangen? Als Jan nicht sofort aufsteht, deutet Lui mit einem Kopfschwenk zur Tür. Sein Blick bleibt auffordernd. „Na gut!“, gibt Jan nach und erhebt sich. Noch einmal betrachtet er Antonio finster, dann kann er nicht anders, als einen letzten Blick auf den Blonden zu werfen. Irgendetwas findet Jan nach wie vor anziehend an ihm. Obwohl er sich ziemlich sicher ist, dass er etwas mit der Sache zu tun hat, hat er sich nicht einen Moment verunsichern lassen. Das Argument mit der Narbe ist ziemlich schlüssig gewesen. Selbst jetzt zeigt er keine Anzeichen von Nervosität. „Jan!“ Lui drängt abermals zum Gehen. Nur mühsam kann sich Jan dazu durchringen, ihm zu folgen. Robin begleitet sie zur Tür und lässt sie aus dem Haus. Wortlos geht Lui zum Auto und steigt ein. Jan folgt ihm und setzt sich zu ihm. „Du nimmst ihnen das doch nicht etwa ab?“, fragt er und zieht die Tür zu. Lui lehnt sich im Sitz zurück, sein Blick verliert sich in der Ferne. „Ist das eigentlich dein verdammter Ernst Jan?“, fragt er aufgebracht, „Wir sind hier im Dienst und du denkst dir einen Vorwand aus, nur um deinen neuen Lover von gestern wiederzusehen?“ „Hey, Moment mal! Erst mal ist der Kerl nicht mein neuer Lover und zweitens lügen die Drei doch wohl offensichtlich.“ Unbeirrt fährt Lui fort: „Ehrlich mal, ich bin kaum abgehauen, da hast du schon einen Neuen am Start?“ „Jetzt fahr mal wieder runter. Ich hatte nichts mit dem!“ „Ach, komm schon Jan! Ich habe doch gesehen, wie du ihn gerade angehimmelt hast. Der blonde Kerl gefällt dir. Echt mal. Du könntest wenigstens Beruf und Privates trennen. Der Weg hier her war ja mal voll umsonst.“ „Du glaubst denen doch nicht ernsthaft, dass sie nicht dort waren, oder?“ „Der Blonde hat Recht, die Narbe hätte unserem Zeugen auffallen müssen und diese Robin gibt ihm ein Alibi. Und selbst wenn sie lügen, ist unser Zeuge nicht glaubwürdig genug. Vor Gericht haben wir noch immer nichts in der Hand. Zum Kotzen!“ Lui dreht den Schlüssel im Zündschloss und lenkt den Wagen auf die Straße. Jan wendet seinen Blick ab. Auf dem Weg zurück zum Präsidium schweigt er. Diesen Enrico wieder zu sehen, war nicht der Grund. Er ist sich ganz sicher, dass die beiden Jungen etwas mit dem Fall zu tun haben. Lui meidet seinen Blick, stur schaut er auf die Straße. „Ich weiß gar nicht, warum du dich so aufregst!“, sagt Jan irgendwann. Lui sieht einen flüchtigen Moment zu ihm, wendet sich aber schnell wieder ab. „Du wolltest mich doch nur fürs Bett. Also jammere jetzt nicht rum, dass ich mich anderweitig umschaue. Dann gefällt mir eben der Blonde, na und! Ich will eben mehr als nur der Lustknabe sein. Schon klar, dass du das nicht verstehst.“ Lui sagt kein Wort mehr und auch Jan nimmt sich fest vor, nie wieder damit anzufangen. Die Sache mit Lui ist für ihn gestorben. Dieses dumme Eifersuchtsgetue kann er sich sparen. Was kann Jan denn dafür, dass Lui nicht mit sich und seiner Neigung klarkommt? Soll er doch sehen, wo er den nächsten Typen für eine schnelle Nummer herbekommt. ...~*~... Robin steht noch lange am Fenster und schaut dem Polizeiwagen nach. Die Arme verschränkt, trippelt sie unruhig mit dem Fuß auf dem Boden. Auch Toni starrt angespannt vor sich hin. Ich verstehe ihr Problem nicht. Die Polizisten sind doch ohne Beweise wieder abgehauen. Die können uns gar nichts. Die Bilder sahen uns nicht mal wirklich ähnlich. Robin dreht sich nach mir um, ihr vorwurfsvoller Blick trifft mich. „Hättet ihr nicht besser aufpassen können? Ich vergebe echt ungern falsche Alibis“, sagt sie. „Wir haben aufgepasst. In die Gegend kommt sonst keine Menschenseele. Keine Ahnung, wer uns da gesehen haben soll. Das kann nur irgend so ein Penner gewesen sein. Der bringt ihnen vor Gericht gar nichts“, sagt Toni. „So weit darf es nicht mal ansatzweise kommen. Ihr könnt froh sein, dass sie euch nicht bei Vater befragt haben. Seht zu, dass so was nie wieder vorkommt!“ „Ja, schon klar! Es ist nun mal nicht so einfach mit nem Anfänger an der Backe.“ Toni sieht mich mahnend an. „Ach, jetzt ist es meine Schuld, oder was?“, frage ich. „Wer ballert denn viel zu viel rum? Wäre ich allein gewesen, wäre ich rein und wieder raus in weniger als fünf Minuten. Mit dir waren wir fast ne viertel Stunde da drin.“ Ich rolle genervt mit den Augen und sammle einige der Pappuntersetzer auf dem Tisch ein, die von der Party übrig sind. Ich beginne sie zu einem Kartenhaus zusammen zu legen. „Ich weiß gar nicht, was ihr euch so aufregt. Diese Bilder waren verdammt ungenau und beweisen gar nichts. Wenn sie wirklich was gegen uns in der Hand hätten, hätten sie uns bereits verhaftet. Außerdem, wenn es hart auf hart kommt, haben wir die Beiden doch sowieso in der Hand. Die sind immerhin auf Robins Party gewesen. Ich habe sie knutschend in einem der Zimmer verschwinden sehen. Die haben definitiv was am Laufen miteinander. Wenn sie uns noch mal blöd kommen, erinnere ich sie einfach daran. Mal sehen, wie lange sie dann noch Polizisten bleiben.“ Robins Haltung entspannt sich, sie kommt zum Tisch zurück. „Na schön. Enrico hat ganz gut geschaltet. Auf dem Bild war tatsächlich keine Narbe zu sehen und die ist nun wirklich auffällig.“ Im Vorbeigehen fährt Robin Tonis Stirn und die Narbe über der Augenbraue ab. Er schiebt ihre Hand von sich. „Ich kenne Jan schon ziemlich lange und habe genug gegen ihn in der Hand, um ihn unschädlich zu machen, wenn nötig. Er war auch sicher nicht freiwillig hier.“ Ihr Blick richtet sich auffordernd auf Toni. „Trotzdem nimmst du das weiße Wölfchen in Zukunft besser an die Hand. So was will ich nicht noch mal erleben müssen.“ „Geht klar!“, entgegnen Toni und ich beinah zeitgleich und im selben, emotionslosen Tonfall. Ich setze ein letztes Untersetzerpaar auf die Spitze des Kartenhauses. „Fertig!“, rufe ich und betrachte stolz mein Werk. Robin und Toni schütteln mit dem Kopf, sie wenden sich von mir ab. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)