Blut_Linie von DieLadi ================================================================================ Kapitel 11: Verzweifelt hoffen ------------------------------ Einige Stunden später flogen zwei Fledermäuse durch den Junihimmel. Die eine von ihnen hatte ein seidig schwarzes Fell und flog geschickt und schnell. Das Fell der anderen war grau und ein wenig struppig. Sie hatte offensichtlich weit weniger Geschick zu fliegen, was daran lag, dass es sich bei ihr um Steve handelte. Und der hatte eben noch so seine Schwierigkeiten mit seinem erst wenige Stunden andauernden Leben als Vampir. Das Fliegen muss eben gelernt sein, und ihm fehlte die Übung. Daher musste auch Daniel, die schwarzfellige Fledermaus, immer wieder langsamer fliegen oder gar innehalten, damit er Steve nicht zurückließ. Der frisch gebackene Vampir fühlte sich seltsam. Er spürte eine Kälte in sich, die ihm tief in den Knochen saß. Gleichzeitig jedoch schienen seine Muskeln und auch das Blut in den Adern fieberhaft zu glühen. Daniel hatte ihm erklärt, dass das normal sei. Das wären Folgen der Umwandlung, die seinen Körper im Moment einfach fordern würden. Und die Tatsache, dass er so kurz nach der Verwandlung schon eine so weite Strecke fliegen musste, machte das ganze nicht einfacher. Steve jedoch hatte keine Sekunde gezögert. Immerhin ging es um Larissa. Sie würden länger brauchen, als Daniel, wenn er allein flog. Sie würden also vermutlich nicht vor den Morgenstunden des nächsten Tages im Schlosse ankommen. Und dann würde er Larissa wiedersehen. Jedenfalls hoffte er das. Daniel hatte vor ihrem Abflug noch einmal mit dem König telefoniert. Die Lage war ernst. Larissa war bewusstlos. Er würde es schaffen. Er müsste es schaffen, denn nur dann bestand eine Chance, Larissa zu retten und ihr ungeborenes Kind. Sein Kind? Er wusste es nicht, und Larissa, hatte der König gesagt, war bewusstlos. Sie konnte also nichts dazu sagen. Zumal sie ja offensichtlich nicht einmal gewusst hatte, dass sie schwanger war. Steve machte sich große Sorgen. Was, wenn sie zu spät kämen? Was, wenn das alles nicht nützte, und er sie nicht retten konnte, da er nun auch ein Vampir war? Es war nicht anders gegangen, als ihn zu verwandeln, er wäre sonst zu krank gewesen und hätte die Reise nie überstanden. Aber was, wenn ausgerechnet das jetzt einer Rettung im Wege stehen würde? Nun, es nützte nichts, sich vorher den Kopf zu zerbrechen. Und so gab er sich Mühe, so gut und schnell, wie es ihm möglich war, zu fliegen, damit sie so früh es irgend ging im Schloss ankommen würden. * * * Marti in Berlin saß traurig auf seinem Bett. Neben ihm lag Belinda. Er kraulte der Hündin versonnen den Kopf. Belinda schleckte seine Hand. Sie vermisste ihr Frauchen Larissa, aber ebenso ihr neues Herrchen Steve, den sie ins Herz geschlossen hatte und der nun auch fort war. Daniel war noch nicht lange weg, und Marti vermisste ihn jetzt schon. Monatelang hatten sie sich nicht gesehen, heute morgen war Daniel einfach so hier aufgetaucht, um nach wenigen Stunden schon wieder fort zu sein. Und wirklich Zeit füreinander hatten sie auch nicht gehabt. Ach verdammt, warum hatte er sich auch ausgerechnet in der Thronfolger der Vampire verlieben müssen? Warum hätte es nicht ein netter Junge von nebenan sein können? Aber da konnte man nichts machen. Er liebte Daniel und daran führte kein Weg vorbei. Noch immer gab es keine Hoffnung. Daniel war Thronfolger, das heißt, er würde eines Tages König der Vampire sein. Es gab also für ihn keine Möglichkeit, unter den Menschen zu leben oder gar selber einer zu werden, wie sein Bruder Jakob. Marti dagegen könnte nicht unter den Vampiren leben, das wäre zu gefährlich. Und die Alternative, sich in einen Vampir zu verwandeln? Larissa war durch einen Angriff verwandelt worden, Steve hatte sich freiwillig darauf eingelassen, um Larissa zu retten, und in der Hoffnung, diesen Zustand durch das Ritual für sie beide bald beenden zu können - aber er? Es würde heißen, dass man Blut trinken müsste ... Nein. Das kam nicht in Frage. Es half nichts. Er musste warten, hoffen und ... leiden. Verdammt noch mal. Wenn es nur irgendeine Möglichkeit gäbe, dass Vampire überleben könnten, ohne Menschenblut zu trinken. Aber da gab es noch keine Fortschritte. Daniels Vater ließ mit allen Anstrengungen danach forschen; Frodo und Flo durchforsteten das Internet und auch er selber war in jeder freien Minute damit beschäftigt. Er seufzte und drückte sein Kissen an sich, während ein paar Tränen über seine Wangen rollten. Wenn Daniel bei ihm war, dann war Marti die Gelassenheit in Person. Ruhig, liebevoll, entspannt. Er wollte es Daniel einfach nicht noch schwerer machen, denn er wusste, wie sehr der unter der inneren Zerrissenheit zwischen persönlichen Sehnsüchten einerseits und Pflichterfüllung andererseits litt. Er wollte stark sein und ihm Halt und Stütze sein. Doch jetzt, wo er alleine war, da ließ er seinen Gefühlen freien Lauf. * * * Im Forschungslabor im den Katakomben des Schlosses waren Professor Denkenstein und sein Assistent nun schon seit Stunden in höchster Aufregung. Sie hatten die Entdeckung des Assistenten, LuCiel aus der alten, wenngleich fortschrittlich gesinnten Familie Darko immer und immer wieder geprüft. Hatten etliche Proben unter das Mikroskop geschoben, unter verschiedensten Temperatur- und Umgebungsbedingungen. Das Blut eines Vampirs, eines Freiwilligen, der seit zwei Neumonden kein Blut mehr getrunken hatte und jene Substanz. Und immer war das Ergebnis gleich: Das Blut, das alle Anzeichen der Zersetzung zeigte, wie es zu erwarten war, wurde nach Zusetzung der Substanz in seinen ursprünglichen Zustand zurück verwandelt: frisch, gesund, ohne jeglichen Zerfall, ohne Anzeichen von Krankheit, alle Bestandteile so, als wäre der Besitzer des Blutes in seiner frischesten Jugend. Der Professor und LuCiel sahen sich an. „Oh Mann“, sagte der jüngere. „Ich … ich glaube, wir haben die Lösung, oder?“ „Wir müssen es noch in der Praxis testen“, sagte Denkenstein, der mühsam versuchte, eine Aufregung in den Griff zu bekommen. „Wir ... brauchen ...“ er zögerte. Dem Assistenten war klar worum es ging. „Wir brauchen ein paar Freiwillige“, sagte er. Der Professor nickte. „Und zwar schnell, denn in zwei Tagen ist der nächste Neumond.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)