Mein zweites Leben von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 2: Bekannte aus der Vergangenheit ----------------------------------------- Seine Augen sahen mich eiskalt an. Das Grinsen konnte schmieriger nicht sein. Seine Hände lagen auf meinem Körper und wanderten grob und fordernd über diesen. Ich konnte mich weder bewegen, da er meinen Körper mit seinem bewegungsunfähig gemacht hatte, noch konnte ich vernünftig atmen. Schreien konnte ich auch nicht. Seine eiskalte Hand lag auf meinen Mund. Gierig schob er seine freie Hand zwischen meine Beine. Jetzt würde er sich das nehmen, was ihm seiner Meinung nach jederzeit zustand. Mit dieser Aktion würde er mich auch noch meine Hoffnung und meinen Lebenswillen nehmen. Mir war so verdammt kalt. Dann geschah es, weg war mein mir verhasster Ehemann. Alles änderte sich. Ich spürte eine Wärme und fühlte mich beschützt und geborgen. Eine Hand strich mir sanft über meine Wange. Schokobraune Augen blickten mich liebevoll an. Trotzdem konnte man den Schmerz in seinen Augen sehen, den er durchlitt. Was zum Kuckuck ging hier vor sich? Träumte ich? Ich hörte, mir unbekannte, Stimmen wobei die eine Stimme ziemlich nah war. Diese war so angenehm, klang voller Wärme. Die Stimme berührte mein Inneres. Diese beruhigte mich enorm und gab mir die Kraft meine Augen zu öffnen. Ich war mir nicht sicher. War ich jetzt aus einem Alptraum erwacht? Oder Spielte mein Hirn mir einen Streich? Wurde mein Alptraum durch einen wunderschönen Traum abgelöst? Ich musste mal mit Morpheus ein ernstes Wörtchen reden. Wie kann er mir so einen Streich spielen? War das jetzt ein Wunschgedanke, oder die Realität? Sah ich wirklich in diese schokobrauen Augen, des fremden Mannes? Wieso hielt er meine Hände fest? Was hatte er vor? Panik ergriff mich. Ich lag in einem fremden Bett. Das Zimmer hatte ich noch nie gesehen. Dem Geruch nach könnte es ein Krankenhauszimmer sein. Krankenhaus? Das ist ein öffentlicher Ort. Hier wird mein Ehemann mich doch zuerst suchen. Ich musste weg hier. Schnell wollte ich aus dem Bett springen, als mir spei übel wurde. Der junge Mann drückte mich sanft, aber bestimmt in das weiche Kissen zurück. Von dem kleinen Schränkchen neben meinem Bett nahm er sich eine Nierenschale und reichte mir diese. Dankend nahm ich das Gefäß an und würgte. Zum Glück blieb es nur dabei. Jetzt wusste ich wenigstens, dass dies kein Traum war. „Ich muss dringend weg“, flüsterte ich panisch. Dabei stellte ich die Nierenschale wieder auf dem Nachtschrank ab und wollte aufstehen. „Du gehst nirgendwo hin.“ Bestimmend drückte er mich wieder in die weichen Kissen. „Ich muss.“ „Bleibst du endlich liegen? Mit deinem Gesundheitszustand ist nicht zu spaßen“, kam es verärgert von ihm. „Im Krankenhaus wird er mich zuerst suchen.“ „Du musst keine Angst haben. Hier wird dir niemand etwas antun.“ „Du hast keine Ahnung“, motzte ich den jungen Mann an. „Die habe ich wohl mehr, als mir lieb ist“, kam es traurig über seine Lippen. Dabei legte er mir sanft die Bettdecke über meinen Oberkörper. „Du bist ein Kollege von ihm-“ „Nein, das bin ich nicht. Jetzt beruhige dich.“ Zärtlich zog er mich in seine Arme und strich mir beruhigend über den Rücken. Während mir die Tränen haltlos über meine Wangen liefen und sein schwarzes Jackett durchnässten. Bei dem was mir passiert ist, müsste ich Panik habe. Ihn von mich stoßen. Das tat ich aber nicht. So verrückt es klingt, ich vertraute einem mir völlig fremden Mann. Nicht nur das, ich fühlte mich beschützt, geborgen und nach langer Zeit hatte ich das Gefühl, dass mein Leben endlich wieder in die Bahnen gelenkt werden konnte, wie ich es mir vor so langer Zeit einmal erträumt hatte. Stopp! Was passierte hier gerade? Wieso redeten wir uns vertraulich an? Soweit ich mich erinnern kann, habe ich diesen Mann noch nie gesehen. „Wer bist du dann?“ „Auf jeden Fall kein Kollege deines Mannes. Für diesen Abschaum würde ich nie arbeiten.“ Gerade wollte ich ihn etwas fragen, als sich ein zweiter Mann im Zimmer bemerkbar machte. „Mein Name ist Kido.“ Er machte eine kurze Pause, als wartete er auf eine Reaktion von mir. Verwundert sah ich den zweiten Mann im Raum an. Irgendwie kam er mir bekannt vor. Ich kam nicht auf die Lösung. Mir brummte mein Schädel, daher hatte mein logisches Denken teilweise seinen Dienst eingestellt. Warum zum Geier musste ausgerechnet ich mit zwei Männern alleine in einem Raum sein? Warum verspürte ich auch bei diesem Mann keine Angst? Ich bin eindeutig verrückt, plemm plemm, durchgeknallt, bescheuert, meschugge. Ich sollte in meiner Situation keinen Mann an mich heranlassen. Was tat ich? Der eine Mann sitzt praktisch auf meiner Bettkante und beruhigte mich wie ein kleines Kind. Und er war mir ein völlig fremder Mensch. Trotzdem fühlte ich mich sicher. Der Andere schaut mich an, als wenn er auf die Erleuchtung seiner Ahnen wartete. Bei näher Betrachtung sah es so aus, als ob er auf die Erleuchtung meinerseits wartete. Hatte ich es schon erwähnt? Mein Schädel brummt. Es kam mir so vor, als wenn mindestens vier Presslufthammer eine Polka vom Nordpol bis zum Südpol tanzten. Und jeder einzelne Knochen in meinem Körper versuchte sich wie ein Puzzle zusammen zu setzten, nur leider wussten diese nicht wo sie hingehörten und dementsprechend tat mir mein gesamter Körper weh. Ich war nicht in der Lage, bestimmte Informationen zu verarbeiten. Geschweige denn aufzunehmen. Die Stimme des zweiten Mannes drang an mein Ohr: „Ich bin dein behandelnder Arzt. Du hast …“ Klasse! Ganz großes Kino! In meinem Kopf ratterte es. Wieso musste es ausgerechnet ein männlicher Arzt sein? Wurde ich nicht schon genug durch meinen Ehemann erniedrigt, musste mir jetzt auch noch ein Mann vor Augen halten wie Noriaki mit mir umgesprungen ist? Ich würde mich besser fühlen, wenn ich mich endlich mal übergeben konnte. Doch leider blieb mir diese Erleichterung verwehrt. Vielleicht auch besser so, so konnte es nicht noch peinlicher für mir werden. Halt! Genug Selbstmitleid. Mir ist etwas aufgefallen: Wieso duzte er mich? Kido? Arzt? Stöhnend legte ich meinen Kopf in das weiche Kissen. Der Arzt sah wohl, wie verwirrt ich ihn aussah. „Wir kennen uns Mimi. Wir sind für einige Zeit auf die gleiche Schule gegangen. Bevor ich mein Studium angefangen hatte“, erklärte er. Moment! Das konnte jetzt nicht sein, oder doch? Ist er der große Bücherwurm? Der Junge, der ständig mit einem Buch vor der Nase rumlief? Fragen schadet nicht, zur Not behaupte ich, dass diese Annahme mit meinen Kopfschmerzen zusammenhing. Vorsichtig fragte ich: „Joey?“ Kurz nickte er mir zu, trotzdem ließ Joey mir keine Zeit irgendwelche Fragen zu stellen. „Dein Mann hat dich ziemlich übel zugerichtet, Mimi. Du hast eine Gehirnerschütterung, diverse Hämatome im Gesicht, Handgelenk, Oberkörper, den Oberschenkeln und am Rücken. Dein Handgelenk ist verstaucht. Zwei deiner Rippen sind geprellt. Außerdem hast du eine Platzwunde an der rechten Augenbraue und deine Unterlippe ist ebenfalls aufgeplatzt.“ Ich merkte, wie der Mann neben mir sich versteifte. Seine Hand ballte er zu einer Faust. Er sah den Arzt ernst an. „Hat er sie-“ „Die medizinischen Befunde deuten nicht darauf ihn.“ Abwechselnd sah ich die Männer an. Ich fand nicht den Mut einen von Beiden in die Augen zu sehen, als ich antwortete: „Wollte er, er hat es aber nicht geschafft.“ „Wenigstens eine gute Nachricht. Ich weiß nicht, wie ich ihm das hätte erklären sollen“, warf der Mann mit den schokobraunen Augen ein. Irrte ich mich, oder wirkte er erleichtert? Vor allem, wem sollte er was erklären? So langsam fragte ich mich, was hier gespielt wurde. Ich sah wieder den Mann an, der neben mein Bett saß. „Wer sind Sie und was machen Sie hier?“ „Ich habe den Auftrag Informationen über deinen Ehemann herauszufinden, damit er für lange Zeit hinter Gitter kommt. Außerdem habe ich heute den Auftrag erhalten, dich vor deinem Ehemann in Sicherheit zu bringen. Ich war gerade auf den Weg zu dir, als du mir in die Arme gelaufen bist.“ Erstaunt blickte ich ihn an. „Ach und du glaubst wirklich, dass ich dir einfach die Tür aufgemacht hätte? Dich in die Wohnung gelassen hätte und dir einen Kaffee angeboten hätte?“ Er musste kurz auflachen. „Nein, damit habe ich nicht gerechnet. Ich glaube aber, wenn ich dir gesagt hätte, für wen ich arbeite und er mich geschickt hat hättest du mich sofort in die Wohnung gelassen.“ „Himmel noch mal, dann sag endlich wer du bist und für wen du arbeitest. Warum machst du so ein Geheimnis daraus?“ „Er wollte dich in Sicherheit wissen, bevor das Verfahren gegen deinen Mann beginnt. Ich arbeite für die Anwaltskanzlei Tachikawa und Partner.“ Ich merkte, wie mir die restliche Farbe aus meinem Gesicht wich. Er arbeitete für die Kanzlei, die meinem Vater gehörte. Die Welt hörte sich auf zu drehen, nur um im nächsten Moment das doppelte an Geschwindigkeit zuzunehmen. „Du arbeitest für meinen Vater?“ Er nickte. „Nicht nur das. Irgendwie bin ich ein wenig enttäuscht, dass du mich nicht erkannt hast, Prinzessin. Wir sind zusammen mit Sora, Matt und Joey auf die gleiche Schule gegangen.“ Ich spürte einen Stich in meinem Herzen. Sora war meine beste Freundin. Ihr konnte ich alles anvertrauen. Die schönsten Shoppingtouren machen und über die Männerwelt lästern. Sie wollte immer in der Modewelt Fuß fassen. Wie es ihr heute erging? Yamato, oder besser gesagt Matt, gehörte damals auch zu meinem Freundeskreis. Immerhin war er der Freund von Sora. Was er jetzt wohl machte? Ob er wirklich seinen Traum verwirklichen konnte und in der Musikbranche arbeitete? Dann gab es noch unseren Chaoten in der Runde. Seine Haare standen immer in alle Himmelsrichtungen ab. Die Uhrzeit hatte er nie gelernt richtig zu lesen. Er hatte immer ein lautes Mundwerk und der Fußball war irgendwie eine Symbiose mit seinem Fußgelenk eingegangen. Wie war sein Name? Ich grübelte und grübelte, mir wollte dieser nicht einfallen. Nach meiner Schulzeit hatte ich zu allen den Kontakt verloren. Ich wusste praktisch nichts mehr über meine damaligen Freunde. Ich wusste nicht einmal mehr wie sie aussahen. Frustriert atmete ich laut aus. Dabei massierte ich meine Schläfen. Wie hatte er mich genannt? Prinzessin? Dabei fiel mir wieder der Name von dem Chaoten ein. „Tai, Mimi sollte sich schonen. Höre auf sie zu überfordern. Sag einfach wie du heißt“, mischte ich Joey ein. Er nickte dem Arzt zu. Tai? Oh nein! Das darf nicht wahr sein. „Mein Name ist Taichi Yagami.“ Oh doch. Wieso muss er mir ausgerechnet am absoluten Tiefpunkt in meinem Leben über den Weg laufen? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)