Mein zweites Leben von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: So weit weg wie möglich ---------------------------------- Der Wecker klingelte, wie immer in den gesamten sechs Jahren meiner Ehe, um halb sechs Uhr. Müde streckte ich mich. Entsetzt musste ich feststellen, dass meine Wange immer noch von seiner Ohrfeige brannte. Mein Handgelenk tat auch immer noch weh. Ich war mir jetzt schon sicher, dass ich im Badezimmer einen Schreck bekommen würde. Die Bewegung auf der anderen Seite des Bettes ließ mich schnell den Wecker ausschalten. Mein Mann sollte jetzt nur nicht wach werden. Ich suchte mir frische Wäsche aus dem Kleiderschrank raus danach verschwand schnell ins Badezimmer. Der Blick auf mein Handgelenk ließ mich zusammenzucken. Sein Handabdruck war deutlich in einem violetten Ton zu sehen. Vorsichtig bewegte ich meine Hand in alle Richtungen. Erleichtert atmete ich aus. Anscheint war nichts verstaucht, oder gebrochen. Ich zog mir mein Nachtkleid über den Kopf, als ich es zu Boden fallen ließ sah ich einen riesengroßen blauen Fleck an der Innenseite meiner Oberschenkel. Verdammt, wann war er so brutal geworden? Schnell schlüpfte ich unter die Dusche. Das warme Wasser tat meinen geschundenen Körper gut. Langsam lies ich mich an den Fliesen runter gleiten. Meine Arme schlang ich beschützend um meine Beine. Meinen Kopf legte ich auf meine Knie. Das Wasser prasselte auf mich nieder, was ich gar nicht wahr nahm. Leise fing ich an zu weinen. Mein Schluchzen wurde immer lauter. Nur noch heute Vormittag Mimi. Heute Abend hast du ihn verlassen. Mit dieser Erkenntnis erhob ich mich. Trotzdem konnte ich ein Schrei der Verzweiflung nicht unterdrücken. Meine Faust schloss mit den Fliesen Bekanntschaft. Wer gewonnen hat, brauch ich wohl nicht zu schreiben. Das komische war, dass ich überhaupt keinen Schmerz verspürte. Okay Mimi, genug mit dem Selbstmitleid. Du musst schnellst möglich das Frühstück vorbereiten. In Windeseile trocknete ich mich ab, zog mich an und putze mir die Zähne. Die Zahnbürste stelle ich wieder in den Zahnputzbecher. Dabei sah ich mich flüchtig im Spiegel an. Scheiße, dass konnte jetzt nicht wahr sein. Diesen Bluterguss konnte ich noch nicht einmal überschminken. Dieser ging von meiner Augenbraue bis zum Kinn. Das Auge war leicht geschwollen. Tief durchatmen, es ist nur noch dieser eine Vormittag. Der Frühstückstisch war rechtzeitig gedeckt. Als mein verhasster Ehemann das Esszimmer betrat. Ich stellte gerade seine Kaffeetasse auf den Tisch, als ich spürte wie er sich hinter mich stellte. Seine Hände wanderten unsanft zu meiner Brust und seinen harten Ständer rieb er an meinem Hintern. Bitte nicht jetzt. Sonst kotz ich ihm in seinen heiß geliebten Kaffee. Das Klingeln seines Handys ließ ihn in seiner Berührung innehalten. Verstimmt nahm er das Telefonat an. Seine Stimme wurde immer lauter und ungehaltener. Irgendwann schrie er seinen Gesprächspartner an und legte wütend auf. „Ich muss in die Firma.“ Erleichtert atmete ich nach dieser Information auf. Das hieß, dass er mich in Ruhe lassen würde. „Wir werden heute Abend da weiter machen, wo wir jetzt unterbrochen wurden. Danach wirst du nicht mehr geradeaus laufen können.“ Grinste er mich schmierig an. Wo war seine Kaffeetasse? Ich war kurz davor meine vorherige Idee in die Tat umzusetzen. Noriaki ging in den Flur, dort stellte er sich vor den Spiegel flink band er sich seine weinrote Krawatte. Hatte ihm schon mal jemand gesagt, dass ihm diese Farbe überhaupt nicht stand? Egal, er musste damit herumlaufen. Ungeduldig wartete ich darauf, dass Noriaki die Wohnung verließ. Endlich fiel die Tür ins Schloss. Ich lauschte – nichts. Kein Geräusch, außer das Ticken der Wanduhr. Ich war endlich alleine. Erleichtert atmete ich aus. Ohne Vorwarnung liefen mir die Tränen heiß über meine Wangen. Mit dem heutigen Morgen wurde mir mehr als bewusst, dass er seine Drohung wahr machen würde. Schließlich war er schon zweimal kurz davor gewesen. In der Küche machte ich mir, wie immer, einen Tee. Neben bei räumte ich das Geschirr in die Spülmaschine. Kurz hielt ich inne. Verdammt noch mal, ich wollte meinen Ehemann verlassen daher sollte ich so schnell wie möglich meine sieben Sachen zusammensuchen und dann verschwinden. Je weiter weg ich war desto besser war es für mich. Was machte ich? Tee? Aufräumen? Scheiß drauf, sollte er doch den Mist wegräumen. Im Schlafzimmer holte ich mir eine kleine Reisetasche und stopfte wahllos Unterwäsche, ein paar Oberteile, Hosen und Röcke rein. Im Bad schnappte ich mir meinen Kulturbeutel. Dieser fand den Weg in meine Reisetasche. Ich blickte mich noch einmal in meinem zu Hause um. Gedankenversunken streifte ich mir meinen Ehering ab und legte diesen auf seinem Nachtschränkchen. Mit dieser Geste fühlte ich mich endlich wieder frei. Kurz schaute ich auf die Uhr. Jetzt musste ich mich beeilen, damit ich noch einen guten Vorsprung hatte, bevor er nach Hause kam. Gerade wollte ich mir meine Jacke überziehen, als ich hörte, wie ein Schlüssel in das Türschloss gesteckt wurde. Mir wurde schlecht. Ich saß auf gepackten Taschen in unserem Flur und war dabei mir meine Schuhe anzuziehen. Er würde sofort die Situation erkennen. Scheiße, was mache ich jetzt? So schnell es ging schnappte ich mir meine Reisetasche und wollte sie in die kleine Abstellkammer werfen. Mit einem Ruck wurde ich herumgerissen. Seine wutverzerrte Stimme drang in meine Ohren. Verstehen tat ich ihn aber nicht. Ich spürte nur noch einen harten Schlag ins Gesicht und taumelte gegen die Wand. Mein Kopf donnerte hart an die Flurwand. Kurz wurde mir schwarz vor Augen. Der Geschmack von Blei breitete sich in meinem Mund aus. Dieser Geschmack lies mich wieder in das Hier und Jetzt kommen. Als er mir seine Lippen hart auf meine drückte und mich mit seiner Zunge zwang den Mund zu öffnen schmeckte ich den Alkohol, den er getrunken hatte. Ich musste würgen. Wieso bin ich nicht einfach bewusstlos geblieben? Kurz ließ er von mir ab, nur um mich im nächsten Moment auf den Boden zu drücken und mich mit seinem Gewicht bewegungsunfähig zu machen. Die Panik er griff mich. Wollte ich das? Wollte ich einen brutalen Ehemann, der keinen Respekt vor mir hatte? Den es ein Spaß machte mich zu erniedrigen? Der mir meine Würde nahm? Der mir meine letzte Hoffnung nahm, dass es etwas Besseres als das für mich gab? Nein, das wollte ich nicht. Ich wollte etwas anderes und das würde er mir nicht nehmen. Ich wollte ein neues Leben. So zu sagen mein zweites Leben. Ich wollte meine Träume verwirklichen. Ich wollte meine Freunde zurück. Ich wollte meine Familie zurück. Ich wollte glücklich sein. Ich wollte endlich die Mimi sein, die ich immer sein wollte. Damit dies wahr werden konnte musste ich kämpfen, sonst hätte er gewonnen. Und diese Genugtuung wollte ich ihm nicht gönnen. Mir wurde mit einem Schlag bewusst, dass er mir alles genommen hatte, alles, bis auf meine Hoffnung. Und diese würde er nicht bekommen. Ich zwang mich tief durchzuatmen und zur Ruhe zu kommen. Die Wohnungstür war gut drei Meter entfernt. Ich wäre sofort im Hausflur, dort konnte mir vielleicht ein Nachbar helfen. Als er mir die Hand auf den Mund drückte sah ich meine Chance gekommen. Ich holte noch einmal tief Luft, sammelte all meinen Mut zusammen und biss ihm in die Hand. Reflexartig zog ich mein Knie an und traf seine Kronjuwelen. Mit einem lauten Schmerzensschrei rollte er sich von mir runter, dabei nahm er die Embryohaltung ein. Die schönsten Flüche hörte ich aus seinem Mund. Es hörte sich wie Musik in meinen Ohren an. Ein wenig bedauerte ich, dass ich seinem Schmerzgesang nicht weiter zu hören konnte. Daher rappelte ich mich blitzschnell auf. Die Schmerzverzerrte Stimme, die langsam durch Wut abgelöst wurde nahm ich nur durch einen Schleier wahr. Diese jagte mir eine Heidenangst ein. Weg! Ich musste so schnell wie möglich weg! Fort von dieser Wohnung, diesem Mann, meinem verhassten Leben. Ich riss die Wohnungstür auf und stolperte in den Hausflur. Ich rannte so schnell mich meine Beine tragen konnten. Nach einiger Zeit hörte ich, wie er mir wütend in den Hausflur folgte. Verdammt, was sollte ich jetzt machen? Den Aufzug sollte ich meiden, das Treppenhaus … Genau, durch den Kellergang konnte ich nach draußen. Dieser führte in unseren Hinterhof und dort war ein kleiner Weg, der durch Rosenbüsche verdeckt wurde, der zum Supermarkt führte. Diesen Weg konnte man nur auf der Seite vom Supermarkt sehen. Ich hoffte inständig, dass Noriaki nichts von diesem Schleichweg wusste. Sonst … Nur nicht daran denken. Ich lief so schnell, als ob der Leibhaftige hinter mir her war. Langsam merkte ich, wie mein Kopf anfing zu schmerzen und ich begann Doppelbilder zu sehen. Ignorier den Hilfeschrei deines Körpers renn so schnell wie möglich weg von hier, mahnte mich mein Hirn. Ich war bei den Rosenbüschen angekommen, als mir schwarz vor Augen wurde. Bitte nicht jetzt, es sind doch nur noch ein paar Schritte bis zum Supermarkt. Dort werde ich sicher Hilfe finden. Nur noch ein paar Schritte. Komm schon Mimi, du schaffst es. Doch alles flehen half nichts. Von weitem hörte ich die Stimme meines Ehemannes. Ich bemerkte, wie jemand laut aufschrie und auf mich zu lief. Ich wurde in zwei starke Arme gezogen und mir wurde sanft über mein lädiertes Gesicht gestrichen. Etwas Warmes wurde auf meinen Körper gelegt. Ich sah, dass er etwas sagte, verstand dies aber nicht. Das Letzte was ich war nahm waren schokobraune Augen. Die mich schmerzerfüllt aber auch liebevoll ansahen. Dann wurde alles Schwarz um mich herum. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)