Bend, not Broken von Cookie-Hunter ================================================================================ Kapitel 46: Ende einer langen Pause ----------------------------------- Gut gelaunt stand Die vor ihrem Proberaum. Dir en Greys Proberaum. In den letzten Wochen waren diese Treffs wieder häufiger geworden und das war etwas, was ihn sehr freute. Ein wenig überrascht schaute er auf, als er von drinnen Gitarrenklänge vernehmen konnte. Er öffnete die Tür und schmunzelte. Hätte er sich auch denken können, dass niemand anderes als Kaoru der Verursacher dieser Klänge sein konnte. War jener doch wieder vor ihm da. „Hallo Kaoru“, begrüßte er den Freund und schloss die Tür hinter sich, ehe er die Tasche abstellte und sich seiner Jacke entledigte. Kurz begrüßte der Ältere ihn ebenfalls, bevor er sich wieder seiner Gitarre und seinem Spiel widmete. „Das klingt nicht, wie eine Übungsmelodie“, warf Die ein und kam näher. Abwartend und die Arme verschränkt, stellte er sich zu dem Älteren und schaute neugierig auf die Zettel, die auf dem Notenständer vor dem anderen ausgebreitet waren. „Ist es auch nicht“, bestätigte Kaoru und nahm den Bleistift zur Hand, der mit auf dem Ständer gelegen hatte, um etwas auf die Notenblätter zu schreiben. „Das ist eine Melodie, die mir seit ein paar Tagen schon durch den Kopf geistert. Ich dachte, ich bringe sie mal mit und bastel noch ein bisschen an ihr herum. Soll ich sie dir mal vorspielen?“ „Sehr gerne.“ Von Kaoru kam ein Nicken, bevor er seine Finger wieder an die Gitarre legte, sich die Noten noch einmal ansah, um dann mit dem Spielen zu beginnen. Immer wieder ging sein Blick von den Noten auf seine Finger und zurück, während er versuchte es so flüssig wie möglich zu spielen. Aufmerksam lauschte Die der Melodie, welche noch leicht unbeholfen war, aber das war bei einer neuen auch nichts Ungewöhnliches. Mit jedem Durchgang würden die Griffe sicherer werden und die Komposition ihren Kinderschuhen entwachsen. „Spiel bitte noch einmal“, bat er den Älteren, nachdem der geendet hatte. Kaoru, neugierig auf die finale Meinung, tat ihm den Gefallen und spielte seine Melodie noch einmal. Nun war es schon ein wenig flüssiger. Dennoch kontrollierte er natürlich immer wieder seine Notizen, um auch ja keinen Fehler zu machen. „Und?“ Fragend schaute er hoch und zu dem Freund. „Was meinst du?“ „Was hältst du davon an dieser Stelle einen halben Ton tiefer zu gehen?“ Die deutete auf eine Note auf dem Papier. „Einen halben Ton tiefer“, wiederholte Kaoru murmelnd, probierte es jedoch. Langsam begann er mit dem Kopf zu nicken, während er nachdachte. Noch einmal spielte er diesen speziellen Teil und sein Nicken wurde stärker. „Gefällt mir.“ Kaoru griff zum Stift. „Danke für den Tipp“, meinte er begeister und radierte die alte Note weg, um die neue hin zu schreiben. „Kein Ding. Ich spiele mich eben warm und dann üben wir die Melodie gemeinsam? Ich würde gerne hören, wie sich das im Duett anhört.“ Schon machte er sich auf den Weg, um eine seiner Gitarren zu holen, rieb sich unterdessen die Hände, wackelte mit den Fingern, um für erste Wärme und damit auch Beweglichkeit zu sorgen. Gerade, als er den Hals seiner Akustik-Gitarre ergriffen hatte, öffnete sich die Tür zum Proberaum erneut. Sowohl Kaoru, als auch Die sahen auf und zum Eingang, wo sie ihr Dreiergespann entdeckten. „Hallo zusammen“, grinste Die sie an und nachdem der Gruß erwidert worden war, nahm er endlich seine Gitarre an sich. „Ihr seid schon fleißig?“ Von Natur aus neugierig ging Toshiya rüber, um sich anzusehen , was Kaoru da übte. „Nur eine kleine Melodie, die ich ein bisschen austesten und ausarbeiten wollte.“ „Ein neuer Song?“ Shinya hielt inne, die Hände an seinen schmalen Schal gelegt, um ihn zu entfernen. „Noch lange nicht“, wehrte Kaoru lachend ab. „Bis jetzt sind es nur ein paar Töne.“ „Ein neuer Song wäre gut.“ Shinya legte seinen Schal ab und begann damit sich warm zu machen. „Ich hätte nichts dagegen, wenn wir neue Projekte angehen. Wäre doch gut, wenn wir etwas liefern könnten, um ein Comeback von unserer Pause zu verkünden.“ „Comeback?“, erstaunt trat der jüngere Gitarrist näher, die Gitarre bereits umgehängt. „Klar.“ Verständnislos schaute Shinya von einem Gitarristen zum anderen. „Wenn man als Band aus einer längeren Pause zurück kehrt, ist es doch eine Form von Comeback. Nicht wahr?“ Fragend schaute er zu seinen Liebsten. Erst zu Toshiya, der neben ihm stand, dann zu Kyo, welcher sich ein wenig Abseits gegen einen der Sessel gelehnt aufhielt. Von beiden bekam er, wie erhofft, ein zustimmendes Nicken. „Na also.“ Gut gelaunt machte er mit seinen Übungen weiter. „Außerdem“, schnitt er Kaoru das Wort ab, ehe jener auch nur eine Silbe seines offensichtlichen Einwandes - für den er gerade Luft geholt hatte - hervor bringen konnte, „was könnte eine bessere Motivation und Übung sein, als einen neuen Song einzustudieren? Nichts. Genau.“ Mehrfach blinzelnd beobachtete Kaoru verwundert, wie Shinya sich noch ein wenig streckte und dehnte, bevor er um sein Schlagzeug herum ging und wie üblich die Schrauben kontrollierte. „Seit wann hat er die Idee mit dem Comeback?“ Die Augenbrauen leicht zusammengezogen schaute der Band-Leader von Kyo zu Toshiya. „Was spricht denn gegen dieses Ziel? Immerhin hat er Recht.“ Ein wenig herausfordernd schaute der Sänger zu dem Älteren und verschränkte die Arme vor der Brust. „Außerdem hat er in den letzten Wochen doch enorme Fortschritte gemacht.“ „Außerdem kann 'er' euch hören“, warf Shinya ein. „Und 'er' ist bereit etwas Neues zu schaffen.“ Hörbar seufzte Kaoru auf. „Ich will ja auch etwas Neues schaffen, aber...“ „Nein, kein 'Aber' Kaoru.“ Der sonst so stille Mann wurde etwas energischer. „Ich weiß, dass ich derjenige war, der darauf beharrt hat, erst einmal alle vergessenen Songs aufzuarbeiten. Dass ich den Anspruch gestellt habe, dass ich diese erst wieder perfekt beherrschen will, ehe wir uns neuen Dingen widmen. Ich habe nur meine Meinung geändert. Ich bin so weit. Mein Körper ist so weit. Die viele Übung in den letzten Wochen war ein gutes Training für meine Muskeln und meine Koordination.“ Stur schaute er Kaoru an. „Ich bin so weit“, wiederholte er mit Nachdruck. Und um das zu beweisen ging er um sein Set herum, zog sich die Handschuhe an. In der Zwischenzeit hatte Die das ganze mit einem merkwürdigen Gefühl in seinem Bauch verfolgt. Irgendwas wollte ihm sein Bauchgefühl sagen, er wusste nur nicht, was. Es wurde nur noch schlimmer, als er sah, wie Toshiya auf Kyo zuging und sie sich ein Schmunzeln zu warfen. Selbst als sie sich küssten und der Bassist sich neben seinen Schatz an den Sessel lehnte, waren beide höchst amüsiert wegen irgendwas. „Okay, raus mit der Sprache. Was für ein Spiel spielt ihr?“ Eindringlich sah er von Einem zum anderen, schlussendlich hinüber zu Shinya, der bereits einige Abfolgen auf seinem Schlagzeug übte, um richtig warm zu werden. Eine Antwort blieben ihm jedoch alle Drei schuldig. Bis das Übungsspiel von Shinya sich in eine Passage änderte, die sie bei ihrem letzten Treffen geübt und bei der der Jüngere doch immer wieder Probleme gehabt hatte. Mit ordentlich Konzentration, dafür jedoch fehlerfrei, spielte er auch noch ein ganzes Stück über die ehemalige Problemstelle hinaus. Nur um abrupt inne zu halten und die beiden Gitarristen anzulächeln. „Das ist schon mal kein Problem mehr.“ Anstatt die beiden Gitarristen zu Wort kommen zu lassen, setzte er zum nächsten Takt an und ging dazu über etwas zu spielen, an dem sie lange vor seinem Unfall gearbeitet und auch bereits eine Bassspur festgelegt hatten. Zuletzt hatten sie vor der schicksalshaften Tour daran gesessen und kleine Änderungen vorgenommen. „Wann hast du das denn geübt?“ Jetzt war Die doch etwas baff. „Geübt habe ich es gestern Abend. Nachdem wir die Rückkehr meiner Erinnerungen gefeiert haben.“ Über sein Schlagzeug hinweg schmunzelte er die beiden Freunde an. „Nachdem deine -?“ Kaoru erhob sich, war aber sprachlos. Um sicher zu gehen, dass er richtig gehört hatte, wechselte sein Blick zu Kyo und Toshiya hinüber, welche einfach nur nickten. Lediglich das glückliche Funkeln, gemischt mit dem breiten Grinsen war ein eindeutiges Zeichen dafür, dass sie innerlich tobten und jubelten. Mit der Gitarre auf dem Rücken stürmte Die den Bruchteil einer Sekunde später an ihm vorbei und direkt hinter das Schlagzeug. Shinya stand unterdessen auf und musste lachen, als er fest in den Arm genommen wurde. „Und wie ist das passiert? Ich meine, - Hast du dir den Kopf nochmal angeschlagen?“ Besorgt tastete er den Kopf des Freundes ab, fand aber keine Beule oder dergleichen, brachte den Jüngeren damit zum Lachen. „Es ist einfach geschehen. Ich hatte gestern Kopfschmerzen, weshalb ich mich hingelegt habe. Als ich wieder aufgewacht bin, war alles wieder da.“ „Einfach so?“ So wirklich konnte Die es noch nicht glauben. Es klang zu schön, um wahr zu sein. Shinya nickte sanft lächelnd. „Die Ärzte“, mischte sich Toshiya in das Gespräch mit ein, „hatten ja gesagt, dass die Amnesie Stück für Stück, aber auch mit einem Schlag verschwinden kann. Natürlich hatten Kyo und er sich unglaublich gefreut. Beinahe wären sie geplatzt vor Glück, nachdem sie es begriffen hatten. Sie wären aber auch selbstverständlich die kleinen Schritte mit Shinya gegangen. Sie waren ja auf einem guten Weg gewesen, der Jüngere hatte sich immer mehr auf diese Beziehung eingelassen und sich immer wohler gefühlt. Gemeinsam hätten sie ihn wieder all die süßen ersten Male erleben lassen, was das Körperliche in ihrer Beziehung anging. Die süße Zierde, welche durch die eigene Neugier immer wieder aufs Neue herausgefordert worden war, hatte schon ihren Reiz gehabt. Aber eben auch der Mann, der genau wusste, was er tat und wollte. So oder so zählte für sie noch immer - auch nach all diesen Wochen und Monaten - nur eine einzige Tatsache: Ihr Liebster lebte. Er hatte diesen grausigen Unfall überlebt. Warme Finger legten sich auf Toshiyas und umschlossen sie auch leicht. Kyos, wessen auch sonst. Sofort wurde sein eigenes Lächeln noch etwas wärmer und er drehte seine Hand um, um seine Finger mit denen von Kyo zu verschränken. Kaoru schaute unterdessen immer noch ein bisschen so aus, als hätten sie ihm das Achte Weltwunder präsentiert. „Glaub es ruhig“, sprach Kyo sanft. Er konnte dem Freund sehr deutlich ansehen, wie es in ihm aussah. „Tu ich. Aber nicht, dass ihr bis heute wartet, um uns davon zu erzählen!“ Man hörte deutlich, dass der Ältere in erster Linie beleidigt und nicht wütend war. Zurecht, wie er fand, schließlich war die Nachricht höchst wichtig. Auch für sie als Freunde. „Kaoru“, fing Toshiya beschwichtigend an und legte den Kopf leicht schief, während er verliebt lächelte. „Wir wollten das erst einmal unter uns feiern.“ Mit dem Essen, was er noch gekocht hatte, gefolgt von dem ungezügelten und intensiven Austausch körperlicher Zuneigung. Nichts, wozu die beiden Freunde hätten eingeladen werden müssen. „Meine Familie weiß es auch erst seit heute Morgen“, erklärte Shinya und versuchte sich noch immer aus Dies Umarmung zu befreien. „Jetzt ist genug“, wandte er sich schließlich an den Freund und schob ihn sanft, aber bestimmt von sich. „Schließlich bin ich ja nicht von den Toten auferstanden.“ Schief grinste Die und kratzte sich an der Wange. „Ach, eigentlich schon ein bisschen.“ Sanft brummend meldete Kaoru sich wieder zu Wort, beide Arme auf seinem Instrument abgestützt: „Ich freue mich für euch. Für dich.“ Bei dem letzten Teil schaute er Shinya direkt an und schenkte ihm ein kleines Lächeln. „Ich mich auch. Jetzt fühle ich mich wieder mehr, wie ich selbst.“ Zufrieden mit dem Verlauf des Gespräches klatschte Kaoru in die Hände. „Dann lasst und etwas Neues schaffen.“ „Bin dabei.“ Shinya strotzte nur so vor Tatendrang. Die kam hinter dem Schlagzeug hervor und nahm seine Gitarre wieder richtig zur Hand. „Spiel uns doch vor, was du schon hast. Dann können wir Ideen einwerfen.“ Einverstanden nickte Kaoru und setzte sich etwas aufrechter hin, um sich besser auf die aufgeschriebenen Noten konzentrieren zu können. Erneut erklang die Gitarre und alle anderen lauschten gebannt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)