Bend, not Broken von Cookie-Hunter ================================================================================ Kapitel 33: Unser Anfang ------------------------ „Wie ist es danach eigentlich weiter gegangen?“ Fragend sah der Jüngste zwischen seinen beiden Partnern hin und her. Vor ein paar Minuten waren sie endlich zu ihm gekommen, hatten sich mit ihm über die Rückkehr dieser Erinnerung gefreut. Jetzt aber beharrte er darauf zu erfahren, was danach passiert war. „Wo hörte deine Erinnerung auf?“, erkundigte sich Toshiya und überlegte selbst noch mal, wie das damals ablief. Nachdenkend kniff der Jüngste die Augen zusammen. „Ich... stolpere rückwärts und werfe einen Stuhl um. Und ihr schaut zu mir.“ „Ah, gut. Viel mehr hast du dann auch gar nicht mehr mitbekommen können, denn...“ Gefühlte Ewigkeiten starrten sich die drei Männer an, ehe Shinya die Flucht ergriff. „Shinya!“, riefen die anderen Beiden und stürmten auf den Ausgang zu, blieben aber nach nur zwei Schritten stehen. Es hatte keinen Zweck. So schnell würden sie ihn nicht einholen können. „Scheiße!“, brüllte Kyo auf und wandte sich ab, ging rüber zu seinem Mikrofon, an welchem er sich fest klammerte. Schlimm genug, dass sie gesehen worden waren, aber dann auch noch ausgerechnet von ihm. Ihm, der niemals etwas hätte erfahren dürfen. „Kyo?“, erklang es besorgt hinter ihm. „Lass mich.“ Das ging nicht. Nicht, wenn die Stimme des Sängers so einen traurigen Unterton hatte. Nicht, wenn der Mann, den er liebte, gerade so schrecklich aufgewühlt war. Sanft legte er seine Hände auf die bebenden Schultern. „Ich hab das nicht gewusst. Wirklich. Ich dachte, alle wären gegangen.“ Hatte er wirklich. Niemals wäre er auf die Idee gekommen, seinem Kyo so etwas anzutun. Und obwohl er froh war, dass seine Hände nicht abgeschüttelt wurden, wollte er ihn doch am Liebsten ganz in den Arm nehmen und trösten. „Warum... Warum hast du mich eigentlich gerade geküsst?“ So ganz leuchtete es ihm nämlich nicht ein. Es war schön. Dieses Gefühl von seinen Lippen auf den eigenen. Eine Wiederholung stand gerade ganz oben auf seinem Wunschzettel. Er wollte nur wissen, was den Älteren dazu bewegt hatte. „Bitte“, flehte er leise und lehnte seine Stirn an den Hinterkopf des Kleineren. „Sag es mir.“ Warum sprach er denn nicht mit ihm? Langsam drehte der kleinere Körper sich um. Traurige Augen, aus denen Tränen liefen, sahen ihn an. „Tooru“, hauchte Toshiya und schickte sich an, die feuchten Spuren auf den Wangen weg zu wischen. Stattdessen aber wurde seine Hand weggeschlagen und der Sänger eilte hinaus. Weinte noch immer stumm seine Tränen. „In dem Moment hab ich es wirklich bereut, dass ich ihm meine Liebe gebeichtet habe“, erzählte der Bassist und schaute wehmütig zu Kyo, welcher ihm sanft eine Hand auf die Wange legte. „Schon gut, mein Schatz.“ Nachdenklich und mitfühlend betrachtete der Patient seine beiden Liebsten. Das klang alles nach einem reichlich unglücklichen Start für ihre Beziehung. So gut es ging rutschte er näher an sie heran, legte seine Hände auf ihre. Jetzt hatten sie sich ja. „Was passierte dann?“ „Dann...“, seufzte Kyo. „Ich war Toshiya eine Antwort schuldig. Mehr als drei Wochen lang.“ „Drei Wochen, in denen wir drei kein Wort miteinander wechselten oder uns trauten anzuschauen.“ „Kaoru ist mehrfach explodiert, weil keiner ihm sagen wollte, was vorgefallen war. Wir es aber auch irgendwie nicht schafften uns zusammen zu reißen.“ „Oh. Hört sich nicht sehr angenehm an.“ Der Sänger schüttelte den Kopf, lachte ein wenig. „Das war es wirklich nicht.“ „Und nach diesen drei Wochen?“ „Bekam ich, während der Probe, eine SMS von Kyo.“ „Ich schulde dir eine Antwort. Nach der Probe. Du weißt schon wo“, zitierte der Sänger seine Nachricht von damals. „Daraufhin tauschten wir den ersten Blick seit langem aus und ich nickte ihm zu, als Zeichen, dass ich verstanden hatte.“ Da standen sie nun an dem gleichen Ort, wie vor drei Wochen. Kyo an seinem Mikrofonständer, Toshiya ein paar Schritte von ihm entfernt, wo er nervös darauf wartete, dass der Ältere den Anfang machte. Erwartungsvoll starrte er dessen Rücken an. „Ich hatte noch nie was mit einem Mann“, eröffnete Kyo das Gespräch. „Und ich habe noch nie etwas für einen übrig gehabt.“ Autsch. Das stach jetzt schon ins Herz. Aber Moment! Wie kam es dann, dass Kyo ihren Drummer so verliebt ansah? „Du hast gesagt, dass du mich beobachtet hast.“ Ein gehauchtes 'Ja' kam von dem Jüngeren. Irgendwie traute er seiner Stimme gerade nicht wirklich. „Hast bemerkt, wie ich... Und du hast ja recht. Ich liebe ihn.“ Fest klammerten sich die Finger des Sängers um das Metall vor sich. Vielleicht sollte er singen? Dabei fühlte er sich sicherer. „Aber-“ „Aber?“ Was für ein Aber? Unbewusst trat er einen Schritt näher. Was kam jetzt? „Weil du immer weg gesehen hast, wenn mein Blick zu dir ging, ist dir nie aufgefallen, wie oft ich dich...“ Langsam drehte Kyo sich um, presste die Lippen aufeinander. Einerseits wollten die Worte nur so aus ihm heraus sprudeln. Andererseits wusste er nicht, wie. „Ich bin ein schrecklicher Mensch!“ „Was redest du denn da?“ Ein wenig geschockt überwand der Bassist den letzten Abstand zwischen ihnen, nahm das Gesicht des Mannes, den er liebte, in seine Hände. „Du bist kein schrecklicher Mensch. Glaub mir. In meinen Augen bist du eines der vollkommensten Wesen, die ich kenne. Würde ich dich sonst lieben?“ Wieder füllten sich diese schönen, braunen Augen mit Tränen. Nur Sekunden später jedoch wurde er an den Kleineren heran gezogen und er kam erneut in den Genuss dieser wundervollen Lippen. Nur... So wunderbar dieses Gefühl war. So viele Schmetterlinge, wie es auch frei setzte. Es verwirrte ihn nur noch mehr. Schweren Herzens brachte er etwas Abstand zwischen sich und den Älteren. „Kyo. Bitte. Sag mir, warum du mich küsst.“ Fest umklammerte er die kräftigen Oberarme des Anderen, sah ihn eindringlich an. Ohne seine Antwort würde er ihn nicht gehen lassen. „Warum behauptest du, dass du ein schlechter Mensch bist?“ „Weil“, zögerlich erwiderte er den Blick, „ich zwei Menschen liebe.“ „Wie?“ „Shinya ist nicht der einzige, den ich immer wieder beobachtet habe. Ständig sind mein Blick und vor allem mein Herz zwischen euch hin und her gerissen. Und ich musste mir schon vor einer ganzen Weile eingestehen, dass ich euch beide in meinem Leben brauche. Weil ich euch beide liebe.“ Halbherzig versuchte er sich aus dem Griff des Größeren zu befreien, dem er nicht mehr in die Augen schauen konnte. „Darum bin ich ein schlechter Mensch. Weil mein Herz sich nicht für einen entscheiden kann.“ „Du... liebst mich also auch?“ Der andere Körper verharrte. Stumm und mit gesenktem Kopf, nickte Kyo. Nicht für lange, verwickelte ihn der Jüngere doch in einen neuen, sehr stürmischen Kuss. Dessen Arme schlangen sich um ihn und pressten ihn an den größeren Japaner. Für eine Sekunde wehrte er sich noch, dann gab er nach. So sehr hatte er sich schon seit einer ganzen Weile nach Liebe gesehnt. Jetzt wurde sie ihm gegeben. Und wenn gerade auch nur sein halbes Herz vor Glück schrie, so war es doch mehr, als er sich je hätte träumen können. Ein Räuspern riss sie auseinander. „Oh verdammt!“, entfuhr es Shinya keuchend. „Jetzt seid ihr wieder erwischt worden.“ Ängstlich sah er von einem zum Anderen. „Wer war es?“ Kurz sahen sich die beiden Älteren an, schmunzelten, ehe sie sich wieder ihm zu wandten. Synchron sagten sie: „Du.“ Verlegen und reichlich rot auf den Wangen trat Shinya näher an die beiden Freunde heran. „Entschuldigt. Ich weiß, es gehört sich nicht zu lauschen, aber... Ich hab vorhin gesehen, wie ihr euch angesehen und irgendwas ausgemacht habt. Da... Da war ich neugierig. Vor allem, weil ihr beim letzten Mal...“ Seufzend fuhr er sich mit einer Hand über sein Gesicht. Er war kein Wortakrobat. Gerade jetzt nicht, wo sich so vieles in ihm überschlug. Immer wieder öffnete er den Mund, wollte etwas zu den beiden Männern sagen, bei denen er nun stand. Nur waren Silben und ganze Wörter gerade irgendwie ausverkauft. Tief sah er in Kyos Augen, die so ein tiefgründiges Braun hatten und so viel ausdrücken konnten. Er wandte den Kopf, wiederholte das Spiel bei Toshiya. „Vor ein paar Wochen“, endlich fand er seine Sprache wieder, „hattest du zu Kyo gesagt, dass du ihn verstehen kannst. Dass auch dir bei meinem Anblick die Knie weich werden.“ Verlegen brach der Bassist den Blickkontakt ab. „Was heißt das? Warum werden sie weich?“ „Ist es denn nicht offensichtlich?“ Zuerst richtete Toshiya seine Aufmerksamkeit auf den Kleinsten in der Runde. „Weil ich ein genauso schlechter Mensch bin, wie du.“ Ein langsamer Wimpernschlag und sein Blick ruhte auf Shinya. „Weil auch ich mein Herz auf zwei Menschen aufteile.“ Das in der Brust des Jüngsten explodierte gleich vor lauter Gefühlen. Es flatterte, sprang, jauchzte. Und war frei von der geifernden Eifersucht, die er während des Gespräches damals und dem Wortwechsel eben gespürt hatte. „Darum“, setzte Toshiya an, „bist du auch nur eines der vollkommensten Wesen. Das andere ist“, sanft Lächelnd sah er den hochroten Shinya an, „er.“ „I-Ich? Aber...“, stammelte er verlegen, kam allerdings nicht mehr dazu doch noch einen ganzen Satz zu sprechen, denn sein Mund wurde auf die wundervollste Art und Weise versiegelt, die die Menschen kannten. Gebannt starrte er den Anderen an, als sie sich wieder voneinander lösten. Sein Gesicht fühlte sich so unfassbar heiß an. „Du kannst ihn doch nicht einfach so küssen“, murrte Kyo, der eigentlich nur neidisch darauf war, dass er noch keine Chance dazu hatte. „Habe ich bei dir doch auch“, entgegnete er frech grinsend. Besorgt gingen ihre Blicke zu dem Jüngsten, der wirr vor sich hin stammelte. „Kann es denn sein? Kann es wirklich so einfach sein?“ Sacht berührte Kyo ihn am Arm, woraufhin der Schlagzeuger zusammen zuckte. „Alles in Ordnung?“ „K-Könntet ihr beide euch vielleicht noch einmal... küssen?“, fragte er schüchtern und schluckte. Hoffentlich würde es ihm dabei helfen eine Antwort auf die Fragen in seinem Kopf zu finden. Kurz sahen die Zwei ihn fragend an, wandten sich dann schüchtern und etwas verlegen einander zu. Auf Kommando war so eine Aktion immer etwas peinlich. Zaghaft näherten sie sich einander. Ihre Lider schlossen sich mit jedem Millimeter mehr, bis sich ihre Lippen endlich berührten. Gebannt sah der Jüngste ihnen zu. Er war wieder ein wenig neidisch. Seine eigenen Lippen kribbelten, wollten ebenfalls Zuwendung. Und sein Herz schrie jauchzend auf vor Glück. Eine ganze Weile hatte er schon viel Zeit mit nachdenken verbracht. Hatte gerade in den letzten Wochen kaum ein Auge zu bekommen in der Nacht. Weil er nach einer Lösung für sein Problem gesucht hatte. Auch, wenn die beiden Anderen es offensichtlich nicht bemerkt hatten, so war auch er seit einigen Monaten immer wieder damit beschäftigt gewesen sie auf eine Art und Weise zu beobachten, die alles andere als freundschaftlich war. Ihn hatten die gleichen Fragen gequält, wie seine beiden Freunde. Er wollte sich entscheiden. Wirklich. Für einen von ihnen. Tränen der Freude begannen über seine Wangen zu laufen. Er musste sich gar nicht entscheiden. Das Schicksal hatte es ihm durch eine glückliche Fügung abgenommen. „Was hast du?“, besorgt sah Kyo ihn an und man konnte beinahe den Schmerz fühlen, der in diesem Blick mit schwang. Die Antwort des Drummers bestand jedoch nicht aus Worten. Stattdessen beugte er sich vor und küsste erst den Sänger und dann den Bassisten. Schließlich hauchte er lächelnd: „Ich bin auch ein schlechter Mensch.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)