Kampf gegen das Schicksal von Faylen7 (Wunden der Vergangenheit) ================================================================================ Kapitel 36: Das Blut der Helden… -------------------------------- In Hyrule war die Finsternis wie eine erstickende Decke niedergegangen und es war nun die wucherische Zeit, da diejenigen Geschöpfe herrschten, die das Licht fürchteten. Gewaltvoll ritten, gerade da, als sich ein sattfarbener Mond am Himmel zeigte, die Dämonen der dunklen Epochen über die entweihte Steppe und zischten. Sie waren zwei weniger kampfbereiten Reitern auf der Spur, Reiter, die sie nahe der Ritterschule, ihrem eigentlichen Bestimmungsort, angetroffen hatten. Und für Moblins galt nur ein Gesetz, wenn sie Hylianer in der Steppe erspähten. Es galt nur das eine abschreckende Gesetz: Töte, was du finden kannst und lass‘ niemals Mitleid vor Blutdurst walten. Töte, und lass‘ nichts am Leben. Die hungrigen, riesigen Wölfe und fetten Wildschweine, auf denen die Moblins ritten, brüllten und fauchten missgestimmt. Sie hatten lange Zeit keine Körper mehr mit ihren Raubtierzähnen auseinanderreißen können, schienen ausgelaugt und unbefriedigt, teilweise bereit ihre Reiter abzuwerfen und zu zerfleischen. Sie knurrten, wühlten mit ihren messerscharfen Krallen Würmer aus dem Boden. Nahe des finsteren Waldes, in welchen Link und Will panisch hineingeritten waren, blieb die Meute dann stehen und einige Moblins stiegen von ihren gefährlichen Reittieren. Ihre rotglühenden Augen funkelten bedrohlich in Richtung der unschuldigen Wälder. Auch jene Mitglieder der Blutschatten zischten, und ihre scharfen gezackten Klingen klirrten. Ein weiteres Mal erklang das riesige Horn eines Dämons, zielgerichtet verbreitete der Klang Panik in dem kleinen Waldverschlag und dutzende Vögel flogen aufkreischend davon. Link und Will ritten derweil noch immer mit der Angst im Nacken weiter in die Tiefe des Waldes hinein. Sie bemühten sich leise zu sein, nicht zu viele Sträucher zu zerstören und verräterische Spuren zu unterlassen. Sie waren vorhin nur knapp einem gezielten Angriff entkommen. Das Glück schien auf ihrer Seite, denn auch der Pfeilregen hatte weder die Reiter noch eines der Pferde erwischt. Link lenkte die Pferde vorsichtig auf einem sicheren Pfad weiter, blickte mit seinen tiefblauen Augen auskundschaftend durch die Schwärze der Nacht und versuchte seine von den Gefahren geschulten Sinne zu nutzen um nicht größere Tiere aufzuscheuchen. Wachsam warf er immer wieder einen Blick zu seinem Freund, hatte sein neues Schwert kampfbereit in der Hand und seit ihrer waghalsigen Flucht kein Wort verloren. Sein einziges Ziel war sie beide aus dieser Hölle herauszubringen und vielleicht auch die Ritter an der Schule zu warnen. Er spürte nahezu, dass diese Biester auf der Steppe nicht ohne Grund in Richtung Norden ritten. Sie hatten gewiss ein Ziel und welches Ziel lag näher als die traditionsreiche Schule? Will wimmerte in dem Moment, hatte kaum noch Kontrolle über seinen Körper und versuchte nicht zu zittern, sich zu übergeben oder vor lauter Angst vom Pferd zu stürzen. Halt suchend blickte er zu Link, hatte die verrückte Hoffnung, dass Link in der Lage war, sie beide aus dieser Gefahr herauszubringen, auch wenn jener seit Tagen kränkelte. Worauf sollte Will im Augenblick sonst noch vertrauen? Darauf, dass sein Pferd schneller war als eines dieser gefräßigen, halbzerfleischten Bestien, die mit dem Willen des Bösen angetrieben wurden? Angstgelähmt zurückblickend, angestachelt selbst durch die kleinsten Geräusche des Waldes und unglaublich nervös, krallte sich der Laundry an den ledernen, schweißbenetzten Zügeln des Pferdes fest und hoffte, er würde aus diesem Alptraum aufwachen. Kurz überlegte Link, ob es ratsam wäre, sich hier irgendwo zu verstecken, aber der unbenutzte Waldverschlag war nicht besonders groß. Die Moblins würden schlussendlich vielleicht soweit gehen, den Wald niederzubrennen, wenn sie ihre Beute nicht fanden. Und Moblins gaben niemals auf, bevor sie Hylianer foltern und ermorden konnten. Der vergessene Heroe lenkte das Pferd um Hundertachtzig Grad und versuchte den Zustand Wills in der Finsternis einigermaßen wahrzunehmen. „Bist du soweit okay, Will?“, flüsterte Link, klopfte der Stute Lady auf den Hals und beobachtete seine Umgebung so genau wie möglich. Will jedoch antwortete nicht und schluchzte nur. Er hatte die Hosen voll vor Angst, wollte nur noch zurück in die Ritterschule und sich in seinem Zimmer einsperren. „Will…“, meinte Link. „Du kannst dich weiterhin von deiner Angst lähmen lassen und dir damit auf der Stelle dein eigenes Grab schaufeln, oder du versuchst dich zusammenzureißen!“, sprach Link etwas lauter, so laut, wie er es sich in der gefährlichen Umgebung zutraute. „Ja, ich bin okay…“, brachte der Laundry abgehackt hervor. „Was sind das für Bestien da draußen?“, setzte er quengelnd hinzu. „Wie kann es denn sein, dass eine Horde von denen durch Hyrule reitet und keiner merkt etwas…“, winselte er. „Ich will hier nur noch weg.“ Er wurde immer fahriger, kurz davor irgendeine dumme Handlung zu tun. Gerade da trabte Link näher und packte die Zügel des Hengstes Stormynight, sodass Will nicht in der Lage war überreagierend wegzureiten. „Ich sagte, reiß‘ dich zusammen!“, sprach er befehlend. Und der eisige Klang in Links Stimme schien noch erbarmungsloser als die Kreaturen, die ihnen an den Kragen wollten. Will schluckte nur, zitterte und wollte am liebsten heulen. „Beim Segen der Götter, was sollen wir denn tun, Link?“, winselte der Laundry. „Wir können doch nicht darauf warten, dass sie uns finden? Und wir können nicht hoffen, dass uns jemand hilft. Was sollen wir denn machen?“ Link umfasste sein Schwert energischer, blickte durch die Finsternis in Richtung der Angreifer und überlegte verbissen, was zu tun war. „Was sollen wir denn nur machen?“, bibberte der Laundry erneut. Plötzlich zuckte Will zusammen und vergaß, was er noch sagen wollte. Monströs und dröhnend erklang ein weiteres Mal das dumpfe Horn der Dämonen, sendete ein Zeichen zum Angriff. Nicht klardenkend, drückte der Laundry mit seinen Unterschenkeln gegen den Körper des starken Hengstes und das Tier wieherte verräterisch. Link handelte schnell, strich dem Pferd beruhigend über den Kopf und sprach schlichtende Worte. Und als die Dämonen näher kamen, ihre rotglühenden Augen durch die Nacht stachen, sie den unschuldigen Wald schändeten und mit rupfenden Geräuschen Sträucher und junges Leben zwischen dem Laub niedermetzelten, hatte Link seinen Plan… „Will, kennst du den restlichen Weg zur Schule?“, fragte Link energisch und wusste, ihnen blieb nicht mehr viel Zeit, ehe die Dämonen sie inmitten der Sträucher und laubwerfenden Bäume entdeckten. „Wie meinst du…?“, sprach er, er wollte nicht begreifen, was Link im Sinn hatte, obwohl er es ahnte. „Uns bleibt keine andere Wahl als uns zu trennen. Du musst zur Schule reiten und die Ritter warnen“, sprach Link klar, zeigte nicht einen Hauch von Angst oder Zweifel. „Ich werde versuchen diese Bestien abzulenken.“ Will schüttelte lediglich den Kopf und entgegnete mit einem unsicheren: „Aber das…“ Erstens traute er es sich kaum zu alleine in der Nacht bis zur Schule zu reiten, wenn er von solch widerlichen Pack verfolgt werden könnte. Und zweitens wollte er nicht ohne seinen besten Freund und Zimmerkollegen zurück reiten. „Will!“, murrte Link dann. „Uns bleibt keine Zeit um darüber zu diskutieren. Du reitest gefälligst zur Schule und warnst die Ritter. Ich bin mir sicher, dass die Dämonen zur Schule reiten wollten.“ „Aber…“, brachte der unerfahrene Kämpfer hervor und konnte kaum verstehen, was Link von ihm verlangte. Ein weiteres Mal erklang das aufscheuchende Horn und erschütterte dröhnend den Boden. Die Welt unter Links und Wills Füßen vibrierte. Selbst die Seele Hyrules schien sich angesichts der Horde von blutrünstigen Dämonen zu fürchten und litt, litt schrecklich und verkümmert. Kurz nachdem das Horn erklungen war, stapften die Moblins in gleichmäßigen, aufhetzenden Schritten über den Boden, erzeugten einen Rhythmus, der den Schweiß aus den Poren der Verfolgten trieb. Und neben dem Trommeln auf den schlammigen Erdboden, brüllten die Moblins und Blutschatten wahnsinnig: „Schlitzt sie auf!!!“ Und ein weiteres Mal schrillte eine tiefe Stimme umher: „Findet sie und schlitzt sie auf!“ „Bitte, Will…“, meinte Link dann leiser, versuchte seinen mittlerweile besten Freund durch die verhängnisvolle Schwärze anzulächeln und stimmte weitere trübsinnige, aber entschlossene Worte an. „Du musst das jetzt tun. Das ist deine einzige Chance zu entkommen. Ich kümmere mich um die Dämonen…“ Link versuchte die Situation zu retten, und vielleicht auch sich selbst daran zu erinnern, wozu er in der Lage war. Wenn die graue Hexe recht hatte, und er selbst mit seinen schwachen Händen, dem kränkelnden Körper, der legendäre Held sein konnte, dann blieb ihm ohnehin keine andere Wahl. Er musste kämpfen, selbst mit dem Blut an seinen Händen. Kämpfen für seine Ideale und gerade in dem Augenblick für einen treuen Freund, den er heimlich immer sehr wertgeschätzt hatte. „Link, du bist krank! Du kannst sie nicht besiegen!“, protestierte der Laundry verzweifelt. Inzwischen war es völlig egal, ob die Moblins seinen Schrei hören würden. Sie waren ohnehin auf ihrer Fährte. „Dann bin ich halt krank!“, kreischte Link. „Denkst du, die Moblins sind deswegen gnädiger? Die hacken uns ohne Mitleid die Köpfe ab, und stecken unser Fleisch in die nächstbesten Kochtöpfe! Ich muss kämpfen, so versteh‘ doch, Will…“ Link brach in den Worten ab, spürte das Nagen und verräterische Ticktack der Zeit, hörte die Dunklen näher stapfen. „Will, du warst noch nie mit Dämonen konfrontiert und kennst diese Berge nicht. Du weißt nicht, wie man diese Biester ablenkt!“ „Aber du wohl?“, unterbrach er ihn verstört. „Ich diskutiere jetzt nicht mehr“, meinte Link dann scharf. „Du wirst fliehen, oder ich zwinge dich dazu!“ Link war am Ende seiner Geduld. Wenn Will sich nicht überzeugen ließ, würde er ihn mit anderen Mitteln überzeugen müssen. „Sag‘ Newhead und den anderen, ich locke die Biester in den Sumpf der Umbras und dann zum vergessenen Tempel der Destinia. Wenn ich diese Biester nicht ablenke, erreichen jene die Ritterschule und es gibt dort genügend Hylianer, die sich nicht verteidigen können. Ich kann so versuchen einige in die Falle zu locken.“ Er hatte nichts zu verlieren, er hatte nun die Gelegenheit zu beweisen, welche Seele in ihm schlummerte. Und noch ehe Will weiter zögern und ihn mit Fragen verunsichern konnte, schlug Link dem schwarzen Hengst ein weiteres Mal an das breite Hinterteil und der Hengst schnellte wiehernd und aufgeregt weiter. Will blickte fassungslos zurück, brüllte den Namen seines Freundes, als sich das Mondlicht zeigte. Mit einem geruhsamen Ausdruck saß Link anmutig und kampfbereit auf der Stute Lady. Sein Gesicht war teilweise von schwarzen Schatten der Nacht erfüllt und doch konnte der Laundry ein mutiges Lächeln entstehen sehen. Es würde vielleicht das erste und letzte wirkliche Lächeln sein, das Will von seinem Freund sehen konnte. Der Laundry kreischte verzweifelt, während der starke Hengst sich nicht stoppen ließ und durch das Unterholz bretterte. Er fühlte eine überwältigende Machtlosigkeit in sein Herz kriechen. Denn er ließ seinen besten Freund zurück, floh wie ein mieser Feigling und der Schmerz in seiner Brust war mit nichts vorherigem vergleichbar. Gedemütigt und uneins mit sich selbst ritt Will weiter, blickte noch einmal zurück, fühlte sich gebrandmarkt, weil er seinem besten Freund einem düsteren Schicksal anvertraute. Und als er den Wald weiter östlich und ungesehen von dem Heer des Bösen hinter sich ließ, weinte der Laundry seit langer Zeit bittere Tränen… Mit einem neuen Ziel brachte Link die junge Stute, seine einzige Begleitung in die bevorstehende Schlacht, in Bewegung. Rauschend und aufmerksam schritten sie vorwärts. Der Wind summte um Links spitze Ohren und die Stimmen der Dämonen näherten sich. Immer schneller bretterte Lady durch das Unterholz und es war dann, dass Link sein neues Schwert summend in die Höhe streckte. Er setzte an zu einem gellenden Schrei, und es war dann, dass die zu Fuß gehenden Moblins aufhorchten. Dutzende rotleuchtende Augen, wie rubinfarbene Stecknadelköpfe in den Wäldern, blickten in Links Richtung. Sie zischten, riefen nach Tod und Vergeltung, trommelten mit ihren pelzigen Füßen über den Boden und rannten in Links Richtung. Immer näher und näher kam der Abschaum Hyrules, bereit zu morden und bereit zu sterben. Link beschleunigte sein Tempo soweit er konnte, ließ sein strahlendes Schwert nach unten krachen, hörte sein Herz und das pulsierende Fragment des Mutes um die Wette pochen und metzelte sich durch den Wald. Als er die ersten Moblins erreichte, brüllten jene boshaft, kreischten mit ihren schiefen Stimmen und es war dann, dass der vernichtende Ruf des riesigen Hornes ein weiteres Mal aus der Ferne dröhnte. Link kreischte, hetzte an den Moblins vorbei und zerteilte mit seinem Schwert einige, hackte Köpfe ab wie einst und versuchte standzuhalten. Röchelnd fuhr die Klinge durch die Leiber der ungenügend geschützten Kreaturen, zerriss pelzige, dreckige Haut und zertrennte schwache Knochen. Sein Schwertarm schmerzte elend. Nach so langer Zeit mit seinem kränklichen Körper Geschöpfe des Bösen in die Hölle zu schicken, war grausam und unheimlich ermüdend. Es kostete alle Kraft, die Link in den letzten Tagen angesammelt hatte. Hastend rauschte der junge Kämpfer weiter durch den Wald und genau in Richtung der Blutschatten und größeren Moblins, die am Rande des Waldes standen. Er würde sich durch diese Biester durchkämpfen mit dem bisschen Mut und der verbliebenen Stärke, die er noch hatte. Nur, wenn er ihre Aufmerksamkeit auf sich lenken konnte, würde Will am anderen Ende des Waldes die Chance haben zu entkommen. Das Pferd schnellte wie verrückt vorwärts. Der Reiter hatte Mühe den Ästen und vielen Zweigen auf seinem Weg immer auszuweichen, spürte einige Schnittwunden in seinem Gesicht brennen, spürte die verwundeten Moblins hinter ihm um ihr Leben betteln und hörte die erzürnten Rufe der Dämonen vor ihm. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn, versuchte das heftige Adrenalin in seinem Körper zu ignorieren und lachte wie ein Wahnsinniger in seiner Stunde des Schicksals. Todesmutig ritt der einsame Streiter mit gezücktem Schwert aus dem Waldverschlag heraus, bremste sein junges, wildes Reittier nur wenige Meter vor den verbliebenen vierzig Kreaturen des Bösen, als auch der Wind stillstand. In einer Sekunde der Ehrfurcht, hämisch glotzend, belächelten die Geschöpfe den jungen Kämpfer, bis einer der Reiter mit einem rötlichschillernden Umhang seine Hand hob. In der Schwärze der Nacht konnte Link kaum erkennen, wer der Befehlshaber der Dunklen war, und es interessierte ihn im Augenblick auch nicht. Aber jener Teufel musste von Statur und Größe den anderen weit überlegen sein. Link hielt seine schimmernde Klinge erhaben in die Höhe, riss an Ladys Halfter, bis sich das Pferd aufbäumte und auf die Hinterläufe stellte. Link machte sich bereit für das, was bevorstand. Und wenn er hierbei draufgehen sollte, dann mit Stolz und Ehre. Er leckte sich über seine trockenen Lippen, grinste barbarisch und wusste, wie lächerlich seine Herausforderung gegenüber den Dunklen wirken musste. Aber er hatte einen einzigen Trumpf in der Hand und er spürte, dass dieser seinen Zweck erfüllen würde. „Ihr wollt das Blut der Helden?“, rief er, hob seine blitzende Klinge in die Höhe. „Dann kommt! Ich bin hier!“ Er brüllte den letzten Funken Achtung vor seinem eigenen Leben aus der Kehle. Er ließ sich auf das Gemetzel ein, ließ sich für die barbarischen Sehnsüchte der Dämonen missbrauchen. „Ich bin hier! Ich bin am Leben!“, kreischte er. Und innerhalb von Sekunden riss er die Stute nach rechts, galoppierte weniger Meter, sodass er auf einer kleinen Erhöhung stand. Die Dämonen waren zu entsetzt darüber, wie sich jemand ihren Klingen und Klauen so freiwillig zum Fraß vorwerfen konnte. Spöttisch blickten sie dem Ritterschüler nach, amüsierten sich, ließen ihre verrotteten Stimmbänder vibrieren. Und als jene Geschöpfe der Nacht Links Aufforderung nachgingen, ihre entstellten Reittiere über das Steppengras hetzten, reckte der junge Held seine linke Hand in die Höhe. Blendend und gleißend zeigte sich das Fragment des Mutes als Botschaft und letzter Funken Verstand, den der jugendliche Reiter entbehrte. Und das Triforcefragment des Mutes glühte strahlend hell und erinnernd. Am blutroten, schwarzen Firmament riss die heilige Macht den Himmel auf, sodass sich das fahle, kühle Mondlicht auf Hyrules Steppe spiegelte. Die Macht des Mutes sendete ein Zeichen. Und dieses Zeichen war eine Warnung an all jene, die ihre Herzen mit grusligem Begehr gefüllt hatten. Das goldene Strahlen glitt in die ungewisse Zukunft und auch in die nebulöse Vergangenheit… Zu dem Zeitpunkt ritt Will mit den schlimmsten Gedanken und einem erledigten Körper in Richtung der stolzen Ritterschule. Er konnte immer noch nicht glauben, was gerade passiert war, obwohl sein Körper mit den Folgen der heftigen Angst von vor wenigen Minuten zu kämpfen hatte. Will fühlte sich erbärmlich, fürchtete sich vor jedem Schatten auf der Steppe und fror unsäglich. Er hatte wie ein kleines Kind gewinselt und geheult, sich angestellt wie ein Häufchen Elend und zu guter Letzt hingenommen, dass sich sein bester Freund dafür opferte, nur dass er flüchten konnte. Nur dass ihm nichts passierte! Und was hatte er getan? Er hatte nicht die Spur einer Gegenwehr gezeigt, war weggelaufen wie ein dummes Stück Vieh! Will trieb den Hengst Stormynight noch schneller über den Weg und konnte ganz weit am Horizont die spitzen Dächer der Ritterschule und der Benimmschule von Madame Morganiell entdecken. Ein erstes erleichtertes Aufseufzen entkam seinen blassen Lippen. Ein Schwaden eisiger Luft bildete sich vor seinem Mund, als er atmete, und erst jetzt nahm er die eisige Kälte auf der Steppe war. Er musste so schnell wie möglich Newhead verständigen und klarstellen, dass Link in massiver Gefahr war. Ganz kurz kam der Gedanke auf, dass Link vielleicht schon lange von den rostigen Klingen aufgespießt worden war, aber Will verdrängte den Gedanken so schnell er aufkam… Er schnaufte tief durch und ließ auch den Hengst von Artus McDawn kurz zur Ruhe kommen. Vom pechschwarzen Himmel tanzten erneut dicke Schneeflocken, rieselten auf den Wollumhang des Ritterschülers und benetzten auch das hellbraune, zerzauste Haar. Flüchtig blickte Will über seine Schulter, sah mit seinen smaragdgrünen Augen einmal mehr Schatten über die Steppe kriechen, die ihn beunruhigten. Er war sich nicht sicher, ob er mittlerweile überall gefräßige Feinde sah, oder ob südlich tatsächlich einige Widersacher lauerten. Als er das Gefühl hatte, die Schatten im Süden bewegten sich, stolperte sein Herz mit einer erneuten Angstwelle. Heftig riss er an den Zügeln des Pferdes, entließ einen aufhetzenden Laut aus seiner belegten, trockenen Kehle und ritt zügig weiter. Ab und an warf er einen Blick zurück, während der kalte Herbstwind um seine Hylianerohren peitschte. Er trieb Stormynight über eine kleine Brücke, an vereinzelten Bäumen vorbei, durch einen kleinen Bach, wo das eiskalte Wasser hektisch aufgewirbelt wurde und blickte erneut in Richtung Süden. Doch diesmal war er überzeugt, dass er sich die Schatten in der Ferne nicht einbildete. Da waren fünf Kreaturen, die näher hasteten. Zuerst konnte Will nicht deutlich erkennen, ob es Menschen oder Dämonen waren. Er hoffte auf ersteres, war sich jedoch nicht sicher, was er tun sollte. Wie hoch war wohl die Wahrscheinlichkeit, dass hinter ihm in dieser späten Nachtstunde Ritter unterwegs waren, wo eine Horde von Bestien vor wenigen Minuten über die Steppe gebraust war? ,Vernichtend gering‘, schallte Links ernste Stimme durch seine Gedanken und es war dann, dass Will mit der Erinnerung an seinen Freund wieder mehr Mut fasste. Er brüllte ein heftiges „Heyja!“, gab Stormynight das Signal in seinem schnellsten Galopp weiter zu hetzen und blickte hoffend zu der alten Schule, die nur noch wenige Minuten entfernt lag… Link Strategie, sein verrückter Plan die Brut des Bösen hinter sich herzulocken, ging währenddessen auf. Rund vierzig Biester des Bösen waren hinter ihm her, donnerten kreischend über die Steppe und schienen den anderen Hylianer überhaupt nicht mehr im Gedächtnis zu haben. Denn sie wussten, wer vor ihnen war. Sie wussten, welch‘ edle Beute sie sich nicht entgehen lassen konnten. Das leuchtende Triforcefragment hatte seinen Zweck erfüllt. Mit einem makaberen Grinsen, sich fragend ob er noch bei Verstand war, ritt Link geradewegs nach Osten, wo eine riesige, aber alte und weniger stabile Brücke über die Verlorene Schlucht führte. Er hörte das Lärmen der Monster hinter ihm, war nicht einmal mehr in der Lage Angst zu empfinden und kam sich vor wie in einem Theaterstück. Es war lächerlich, was er hier tat. Todesmutig und dumm… „Schlitz ihn auf!“, riefen die Moblins verächtlich. Ihre rostigen Rüstungen klapperten. Ihre Schwerter klirrten und ihre Herzen bluteten. Es war nicht das erste Mal, dass sie Ritter oder Helden verfolgten. Sie würden den einen Helden, der oft genug mit ihnen Katz und Maus gespielt hatte, nicht entkommen lassen. Niemals wieder… Und gerade dann blickte Link kurz zurück, hatte noch genügend Abstand zwischen den Monstern, aber wurde das Gefühl nicht los, dass es nichts brachte. In dem Moment spannten einige niedere Wesen ihre Bögen und dickstämmige Pfeile zuckten an Link vorbei. Geschickt lenkte er die Stute über die nächtliche Steppe, wich den mörderischen Geschossen aus und steuerte mit grimmiger Entschlossenheit auf die Brücke über die Verlorene Schlucht zu. Er wusste, warum. Sein Wissen über Hyrules Landschaft und hylianische Bauten machte sich in dem Augenblick bezahlt. Denn diese Brücke war bereits vor Jahrhunderten errichtet worden, hatte viele lockere Steine und war an manchen Stellen nur mit Seilen grob verbunden. Link wusste, dass diese Überführung nicht zu viel Gewicht aushalten konnte. Aber vielleicht wusste das Heer des Bösen dies nicht… Hektisch atmend schnellte der einsame Streiter des Guten näher, blickte zurück und noch immer klebten die Kreaturen der Nacht an ihm wie Pech. Vor ihm lag im Licht des Mondes, die Augen folternd eine riesige Schlucht, die sich aufgetan habe, als eine Welle der Zerstörung aus der Erde geschossen war. Viele Hylianer waren durch dunkle Kräfte, so erzählten die Dorfältesten, in den Abgrund gezogen worden. Die Schlucht war, vor allem nachts, völlig unauffällig. Keine Umzäunung war angebracht und nirgendwo waren Sträucher oder Bäume. Links Mundwinkel zogen sich in die Breite, als er die Brücke erreichte und in einem vorsichtigerem Tempo über die weniger einladende Schlucht trabte. Er passierte die Brücke ohne Probleme, ließ der Stute Lady eine kurze Verschnaufpause und überprüfte mit seinen scharfen, tiefblauen Augen seine Situation. An der Schlucht geifernd und widerlich lachend standen sie aufgereiht mit ihren schweren Rüstungen, zerflederten Leibern und entstellten Fratzen. Dutzende Kreaturen des Bösen, die wie Ratten in die Fallen gingen. Nicht eine Sekunde überlegten die Dämonen, sondern ritten weiter, mit einem Affenzahn an Geschwindigkeit sausten sie über das wacklige Gestein der Brücke, wüteten und rissen mit ihrer Mordlust die Geister der in die Schlucht Gefallenen aus ihrem ewigen Schlaf. Ohne lange zu überlegen gab auch Link seinem Ross die Sporen, konnte gerade noch sehen, dass einige Biester über die Brücke marschiert waren, als ein ohrenbetäubendes, furchtbares Knallen über die Steppe fegte. Und mit dem reißenden Geräusch der zerberstenden Brücke gingen weitere zänkische Stimmen unter. Einige Biester waren verendet. Aber die Mehrzahl hatte die Brücke passiert. Der Held seufzte, spürte, wie seine Kräfte schwanden, während am Horizont einmal mehr der gutmütige Mond leuchtete. Aber noch war die erbarmungslose Hetzjagd über die Steppe nicht vorbei… und noch war sein Wille nicht gebrochen. Sein Schwert fest umfasst führte ihn sein Weg weiter, dorthin, wo der Kampf tobte… Inzwischen näherten sich die schattenhaften Gestalten dem einsamen Ritterschüler William Laundry immer mehr. Und je näher die hetzenden Schatten kamen, umso klarer wurden deren Umrisse. Erschrocken wirbelte der junge Kerl auf Stormynight herum, fühlte sein verängstigtes Herz auf eine fieberhafte Weise pochen, die ihm völlig fremd war, und erkannte, dass seine Verfolger keinesfalls Ritter sein konnten. Denn in der Dunkelheit der Nacht konnte er erkennen, dass jene Wesen nicht auf Pferden ritten. Es waren dickleibige Biester und gerade da konnte er ein furchteinflößendes Glimmen, rot und warnend, von mehreren Augen wahrnehmen. Und das teuflische Glühen verriet sich. Nur böse Seelen hatten ihr Augenlicht für die Flammen der Hölle geopfert… Sein Ziel wieder im Blick hetzte Will weiter. Seine ganze Hoffnung konzentrierte sich auf die Ritterschule, die nur noch wenige Meter entfernt lag. Er kniff seine Augen zusammen, umfasste energisch die ledernen Zügel des Pferdes, und es war das erste Mal seit dem Angriff, dass Wills rechte Hand zu dem Griff seines Schwertes wanderte. ,Verflucht nochmal!‘, schimpfte er in Gedanken. ,Bin ich wirklich so ein Feigling!‘ Und während auch das Pferd langsamer wurde, eine marternde Erschöpfung das stolze Tier heimsuchte, wusste Will, dass er sich bis in alle Ewigkeiten schämen würde, wenn er als geachteter Ritterschüler nicht in der Lage war zu kämpfen. Ein Gedanke an seinen Freund und Zimmerkollegen kam auf und erinnerte ihn daran, wie grausam die Welt wäre ohne den Mut der Helden Hyrules. Und nicht nur die Helden sollten alles opfern, was sie besaßen. Es sollten andere ihnen gleich tun. Niemand sollte vor Herausforderungen und Bedrohungen weglaufen! Und er war schließlich Ritterschüler. Er hatte seit vielen Wochen Schwert- und Ausdauertraining, hatte am Muskelaufbau und Praxisunterricht teilgenommen. Sollte er dann nicht in der Lage sein zu kämpfen? Als er seine smaragdgrünen Augen wieder öffnete, drangen die feindlichen, brüllenden Laute der fünf Moblins an seine spitzen Ohren. Und es war auch dann, dass er sein Kurzschwert zog und wusste, er würde vor dieser Gefahr nicht weglaufen können. Abrupt riss er an Stormynights Halfter, biss die Zähne zusammen, verkrampfte sich immer mehr, und wand sich mit einem verzweifelten Schrei in Richtung der Angreifer… Zu dem Zeitpunkt saß der Lehrer Nicholas Newhead Pfeife rauchend und sich mit einem Soldaten, der den nächtlichen Wachposten besetzte, unterhaltend auf der stolzen Mauer der alten Schule. Nicht viele Soldaten waren an der Schule stationiert. Wozu auch, es waren friedliche Zeiten und keiner ahnte, dass irgendwo verhüllend teuflische Gestalten grausame Pläne schmiedeten. Genüsslich sog Nicholas an seiner Pfeife, fühlte sich selig und himmlisch betört durch das Suchtmittel, auch wenn er wusste, welch schädliches Werk der Stoff in seinen Lungen tat. Nur zufällig schaute der junge Soldat durch sein Fernrohr und konnte in der Nacht sechs Gestalten sehen. Seinem geschulten Auge entging nicht, dass die Gestalten bis auf eine kleinere aussahen wie Moblins des zweiten Grades. Moblins mit grüner, dünner Haut und einzelnen pelzigen Stellen. Moblins, die sehr flink und teuflisch sein konnten, und die in der Lage waren Waffen zu benutzen. „Sir Newhead, seht Ihr dies auch?“, meinte der junge Soldat, reichte dem Ritter das Fernrohr und stemmte sich nachdenklich auf seine Lanze. Verwundert blickte der einstige Schwindler durch die Linse und traute seinen Augen genauso wenig wie dem benebelnden Suchtmittel in seinen Lungen. „Bei Dins Feuer, das ist einer der Ritterschüler und fünf Moblins auf Wildschweinen!“, brüllte er. Mit einem Satz hüpfte er von der Mauer, rannte zur riesigen Alarmglocke und schwang diese mit ächzendem Dröhnen mehrmals hin und her. Innerhalb weniger Minuten rannten wenige gut trainierte, ältere Schüler und einzelne Ritter des Lehrerpersonals mit ihren Waffen in den Innenhof und nur wenige erklärende Worte waren gefallen, als jene auf kräftigen, ausgeruhten Pferden durch das Burgtor preschten. Die schrille Alarmglocke erklang noch immer, riss auch die letzten Schüler aus den Betten und sorgte für Tumult sogar in der Mädchenschule. Auch Nicholas machte sich in Eile kampfbereit. Er zog sich ein Kettenhemd über, bedeckte diesen mit einer leichten dunkelgrauen Leinentunika, grabschte aus seinem Büro eine Tasche mit Verbandszeug, roten Elixieren und eines mit starkem Schlafmittel, schnappte sich eines der Pferde und ritt zielstrebig auf das freie Feld. Will hetzte auf Stormynight gerade mit einem gezückten Schwert vorwärts. Das eisige Mondlicht und die riesigen Wolkenfetzen am Himmel bildeten dunkle Wogen auf den weitläufigen Feldern der Steppe und es schien beinahe als trieb der leuchtende Himmelskörper die regenverhangenen Fetzen des Horizonts vorwärts. Und wie sich dunkle Abdrücke der Wolken auf der Steppe bewegten, so bewegten sich auch die Gegner, ritten kämpfend aufeinander zu, erfüllt von Mordtrieb und Idealen. Zähneknirschend donnerte Will näher, ritt geradewegs in die Arme der Moblins. Stormynight johlte gespenstisch auf. Ein Wieher, als hackte man dem stolzen Hengst alle Beine ab. Aber sein Reiter ließ ihm keine Wahl. Stürmisch donnerte der Hengst näher, sauste scharf und knapp an den Moblins vorbei und etwas unsicher ließ Will seine Klinge an der Flanke einer der gefräßigen, entstellten Bestien vorbeirauschen. Er erwischte das dämonische Wildschwein bitter. Ein furchteinflößender Schrei, morbide klingend, röchelnd und garstig, entkam der Bestie, die sich krümmte, ihr Tempo nicht abmildern konnte und sich donnernd überschlug und das erbärmlich zischende Moblininsekt knackend unter sich vergrub. Ungläubig, seine grünen Augen weit aufgerissen, schaute der junge Laundry zu den sterbenden Kreaturen, konnte kaum glauben, was er gerade eben getan hatte und schien wie gelähmt. Er hatte nicht einfach nur gekämpft. Er hatte mit seiner Attacke einer Moblinkreatur und seinem Reittier den Tod gebracht… Das Schwert in seiner Hand fiel klirrend zu Boden, als er seine Tat begriff. Er hatte gemordet, das, was ein Ritter lernen musste zu tun. Seine Hände waren nun in Blut getränkt. Und diese Erfahrung, dieses furchtbare, dämonische Gefühl brannte tief, kratzte an seinem Gewissen und seiner unschuldigen Seele. Unsicher sah er auf, kam sich vor, als träumte er, als die vier anderen Moblins schimpfend näher hasteten. Sie riefen ekelhafte Schimpfwörter, schwuren den Vernichter ihres Moblinsbruders zu töten, mit Blut und Schleim. Im letzten Moment kam Will zur Besinnung, preschte mit Stormynight weiter, hörte im Hintergrund andere Stimmen, hörte vertraute Hylianer rufen. Verdutzt und voller Hoffnung reckte der Laundry seinen Schädel nach hinten, als die Moblins von ihm abließen und zänkisch ihre Richtung änderten und auf der bedrückenden Steppenlandschaft geradewegs in ihr Verderben hetzten. In etwa zwanzig Reiter des Guten donnerten auf starken Pferden näher. Sie brüllten hylianische Kampflaute in die gefahrvolle Nacht, riefen nach Tod und Sünde, bereit die Erzfeinde der Hylianer ohne mit der Wimper zu zucken, niederzumetzeln. Fünf Reiter spannten Pfeile, die schrill und mörderisch durch die Luft zuckten. Die zum Tode geweihten Kreatur stießen klägliche Schmerzlaute aus, als die Pfeile sich in dunkles, fettiges Fleisch bohrten und dämonische Herzen spalteten. Zwei Reittiere verendeten durch den Pfeilregen. Die anderen Reiter griffen mit ihren Schwertern an, nahmen Wunden in Kauf, nahmen Narben an der Seele in Kauf, aber errangen mit wilden Schwertstreichen den Sieg. Von weitem wirkte der Angriff beinah unwirklich. Zu sehen wie das Gute und Böse sich gegenseitig tötete, zu sehen, wie das Leben in Hyrule dem einzigen Zweck des Kampfes diente, brachte nur denen Genugtuung und Wunder, die ein Hyrule, wie es im Augenblick war, nicht dulden konnten… Schlachten waren dazu da, beendet zu werden. Kriege waren dazu da, gewonnen zu werden. Aber keiner wusste um die weitreichenden, wahnsinnigen Konsequenzen, welche diese mörderische Energie verursachte. Niemand sah… Als Will endlich tief ausatmete, wusste, dass der Kampf vorbei war, zog er sich sachte von dem treuen Hengst und hatte das Gefühl, seine Beine wollten nicht mehr mitspielen. Nun, da die Gefahr gebannt war, zappelten seine Glieder vor Nervosität. Er trat ein paar Schritte und hob sein blutdurchtränktes Schwert vom Boden auf. Seine Gesichtsmuskeln zuckten angsterfüllt bei dem Gedanken, dass jene Klinge seinen weiteren Lebensweg darstellen sollte. Das schwarze Blut des Höllenschweins lief stinkend und beinah dampfend an seinem Kurzschwert hinab. Wills Augen glühten vor Angst, als er sah, wie ältere Ritterschüler teilweise grinsend, beinah genauso krank und bestialisch wirkend wie die Dämonen, von ihren Pferden sprangen. Auch Sir Viktor, Newhead und die stolze Gerudo Kramanzia, sowie drei weitere ältere Ritter und fünf junge Soldaten waren hier und überblickten die Lage. Newhead war der erste, der bei Will war. „Bist du verletzt?“, sprach er. Will schüttelte nur den Kopf, beobachtete die älteren Ritterschüler, die das letzte böse Leben der Moblins mit grausamen Schwertstößen richteten. Wehrlos lagen die Dämonen auf dem Boden, zogen sich mit abgehackten Gliedmaßen über die entweihte Steppe, zischten flehend, aber kein dunkles Hylianisch von ihren Lippen würde ihre Vernichter gnädig stimmen. Will kniff seine Augen zusammen, als die Ritterschüler ihre Schwerter in die Leiber der wenigen Kreaturen stießen und auch das sterbende Winseln endete. „Will, ist alles in Ordnung?“, fragte Nicholas besorgt. Es schien als spürte er, dass der Angriff der wenigen Moblins nicht das Hauptproblem war. Will kam nicht einmal dazu zu antworten, als Sir Viktor in seiner schimmernden Rüstung näher trat. Er sprach dröhnend und abfällig: „Gratulation, Laundry. Ich hätte nicht gedacht, dass du das hinkriegst.“ Verunsichert sah er auf, wand sich ohne ein Wort zu Sir Viktor zu Nicholas. Er wollte alles erklären und auch mitteilen, dass Link in massiver Gefahr war, aber sein Mund bewegte sich schneller als seine Stimmbänder. Ein undeutliches Brabbeln entkam seinen Lippen. Dann sackte er endlich auf seine Knie, spürte seine Kräfte schwinden und eine unangenehme Taubheit um seine Glieder. „Das war noch nicht alles“, murmelte Will, atmete tief durch und zog sich wieder auf die Beine. „Sir Newhead“, setzte er geschwind hinzu. Noch immer zitterte seine Stimme vor Aufregung. „Bitte, Ihr müsst Link retten!“ Nicholas blickte ihn irritiert an. Er legte eine beruhigende Hand auf Wills rechte Schulter. „Jetzt ganz langsam. Was ist mit Link?“ „Wir sind gemeinsam von der Hauptstadt hierher geritten, als wir auf fünfzig Kreaturen des Bösen gestoßen sind. Link hat versucht die Bestien auf seine Fährte zu lenken… Ich weiß nicht, was weiter passiert ist.“ Will verschluckte sich halb und stotterte wieder. „Bitte, Link ist diesen Kreaturen schutzlos ausgeliefert. Wie soll er denn in seinem gesundheitlichen Zustand kämpfen?“ Newhead schien die Sachlage sofort zu verstehen. Seine sonst so fröhliche Miene verfinsterte sich. Energisch packte er Will schließlich an beiden Schultern. „Wo ist Link hin geritten?!“ Sein Ton war scharf und befehlend. „Er sagte etwas von Sümpfen und dem Tempel der Destinia. Er wollte nicht, dass die Kreaturen zur Schule reiten und hat das alles auf sich genommen für diejenigen, die nicht kämpfen können“, schluchzte Will. „Ihr müsst ihm doch helfen!“ Verzweifelt blickte Will in die Runde der scheinbar desinteressierten älteren Schüler und Lehrer. Aber keiner antwortete ihm. „Bitte, tut doch etwas!“, rief der Laundry, aber sah nur die Abwehr und unbeteiligten, eisernen Gesichter der Schüler. „Er wollte uns alle doch nur beschützen!“ Gerade da sprang Nicholas auf sein prächtiges Pferd und bestimmte für diejenigen, die nur auf Ansage warteten. Entschlossen Link nicht im Stich zu lassen, sprach er entschiedene Worte: „Ich reite zu den Sümpfen und zum Tempel. Wer zu feige ist, sich seinen Rittertitel unehrenhaft erschleichen will, und nicht in der Lage ist, aufopfernden Hylianern zu helfen, soll zurück zur Schule reiten und sein feiges Gesicht dort vergraben!“ Er wischte sich über seine Stirn und hielt dann sein Schwert nach oben. „Zukünftige Ritter Hyrules, wollt ihr kämpfen oder euch schämen!“ Und seine Worte zeigten Wirkung. Fast alle älteren Ritterschüler, die drei jungen Soldaten, Kramanzia und selbst die drei Ritter nickten einander zu. Bloß Sir Viktor blieb hämisch grinsend stehen. „Seid Ihr alle bescheuert? Wegen einem einzelnen Schüler macht Ihr so ein Theater?!“, argumentierte er. „Hyrule kann nicht Rücksicht nehmen auf einzelne Schicksale!“ „Dass Ihr den jungen Link am liebsten unter der Erde wissen wollt, ist ja kein Geheimnis, nicht wahr, Viktor?“, spottete Nicholas. „Das beweisen Eure kranken Worte. Ihr seid doch nur beleidigt, dass Link es geschafft hat euch vor allen Leuten vorzuführen und Euren lächerlichen Kampfstil zu entlarven!“ Daraufhin lachten einige Schüler abfallend. Verdrießlich senkte Sir Viktor sein Haupt, stapfte zu seinem Pferd. „Wie auch immer… die Schule muss bewacht werden und der Rat der Ritter sollte verständigt werden. Ich reite zurück“, murrte er und war mit einer Hand voll Ritterschüler in Windeseile auf dem Pfad in Richtung Schule. „Will, du reitest ebenfalls zur Schule“, ordnete Nicholas an. „Aber…“ Bevor Will argumentieren konnte, unterbrach ihn der Lehrer. „Du hast heute genug getan. Link würde nicht wollen, dass du verletzt wirst.“ Es gefiel dem Laundry nicht, aber Nicholas hatte wohl oder übel recht. Wie sollte er in seinem abgekämpften Zustand noch nützlich für die Ritter sein? Seine grünen Augen leuchteten hoffend, als die zwanzig Reiter in der tiefen Nacht verschwanden. ,Konnte dieser Wahnsinn nicht endlich ein Ende haben‘, dachte er. Was war dies für eine Welt, für ein Land, dass eine bestialische Brut wie Dämonen geschaffen hatte? Was war dies für ein Hyrule, indem edle Seelen, verführt zu Mordgier und Rache, geschändet wurden? Will sackte ein weiteres Mal auf seine Knie, bemüht die Ereignisse von gerade eben endlich zu begreifen, als vom Himmel beruhigend und sanft Schneeflocken fielen… Zügig ritt Link geradewegs auf die alten Sümpfe der Umbras zu. Der Wind peitschte heftig und eisige Schneekristalle schlitzten in seinem käseweißen Gesicht. Er hatte diesen Ort schon einige Male passiert, aber teilweise weniger freiwillig und auch nicht, weil es sich lohnte. Die größten, nebligen und stinkenden Sümpfe Hyrules, nicht weit entfernt vom gigantischen Hylia-See, waren ein Ort, wo so manches Naturgesetz verrücktspielte. Es gab Bereiche, die kaum überwindbar waren, magnetisch und zermürbend, und es gab inmitten der Sümpfe Stellen, wo vergangene Generationen tief nach verborgenen und seltenen Brennstoffen gegraben hatten. Nur hatte jede Gier nach Schätzen und Reichtum ihre schrecklichen Konsequenzen… Link wusste um die kaum sichtbare Gefahr in den Sümpfen und auch wie lebensmüde es war, sich in diese Gefilde zu wagen. Aber er kannte den Weg und wusste, es war seine einzige Hoffnung einigermaßen heil aus dieser Situation herauszukommen. Vorsorglich riss er einen Stofffetzen seiner nasskalten, grünen Tunika ab und band sich diesen als Schutz vor den Mund. Der Pfad war in der Düsternis kaum zu erkennen und ein falscher Schritt könnte dazu führen, dass sowohl die Stute als auch ihr Reiter in modrigem und klebendem Moor in fremde Abgründe gezogen werden könnten. Aufmerksam blickte Link um sich und beobachtete die dichten Nebelschwaden, die auch den Moblins die Sicht zu ihm erschweren würden. Hier und da sah er Gräser aus dem Boden sprießen. Ab und an waren hier Überreste eines Zaunes, der als Orientierung durch die Sümpfe angebracht wurde. Aber jemand, der den Weg nicht kannte, wäre den Tücken des Sumpfes gefährlich und ohne Anhalt ausgeliefert. Kein Hinweisschild. Keine Sicht. Und überall lauerte die Gefahr. Plötzlich knackte es inmitten der Nebel, es raschelte. Und die neuen Geräusche vermischten sich mit den schimpfenden Moblins und Blutschatten hinter dem einzelnen Kämpfer. Lady grölte. Ihre Hufe sanken ab und an in tiefen Matsch und Moor. Link zügelte die wiehernde und aufgeregte Stute Lady, beruhigte sie mit sanftem Summen und nuschelte hylianische Worte in ihre Ohren. Er hoffte sehnlichst, dass er es schaffte Newheads Stute ohne Harm aus dieses Verfolgungsjagd herauszubringen… Der einsame Reiter warf furchtsame Blicke zurück, konnte die rubinroten Augen der Dämonen in den Nebeln erkennen und versuchte ruhig zu bleiben, sich nicht aus der Reserve locken zu lassen und eilte aufmerksam weiter. Erneut knackte es in den Mooren, es raschelte und wenn man genau hinblickte, die Augen inmitten der Nebel an einen Punkt haftete, konnte man die grausamen Bestien, die die Sümpfe bevölkerten vielleicht wahrnehmen. Inmitten der weißen Nebelfratzen, gespenstisch und verschlingend, spielten kleine Widerlinge mit den Elementen. Inmitten der Nebelschwaden waren schwarze, wie Seide leuchtende Punkte, die jegliches Licht und Leben anknabberten und viel zu gerne nisteten sie in allem, was atmete und sich bewegte. Nicht ohne Grund wurde jener schreckliche, nach Verwesung muffelnde Ort, die Sümpfe der Umbras genannt… Als Link hinter sich grausame Schreie seiner Verfolger hören konnte, versuchte er weiterhin standhaft zu bleiben. „Schlitzt ihn auf!“, dröhnte es hinter ihm. „Lasst den Helden nicht entkommen!“ Und die Hufe und Klauen der Kreaturen hinter ihm donnerten weiterhin heftig über den Boden, ließen die Erde vibrieren. Sie würden eher sterben als den Helden entkommen zu lassen. Link kniff die Augen zusammen, betäubte seine aufkommende Angst vor den Bestien in den Mooren mit einem Gedanken an das einzige, was ihm immer Kraft gegeben hatte in jeder ausweglosen Situation. Es gab nur ein Wesen in Hyrule, dass er ein letztes Mal sehen wollte, wenn seine Zeit gekommen war. ,Es war wie damals‘, dachte er, ,wie damals in der alternativen Zukunft‘. Er war geflohen, hatte gekämpft, gebetet und doch immer an das schönste und reinste Licht in Hyrule gedacht. Er murmelte den Namen der Prinzessin Hyrules, immer und immer wieder. Und es war dann, dass die brüllenden Stimmen der Dunklen hinter ihm nicht mehr nach der Vernichtung des einen Helden schrien, sondern ihre schrillen Laute sich in beängstigende Todesschreie wandelten. Panisch blickte Link zurück und konnte einige seiner Verfolger in den Nebeln von ihren Reittieren stürzen sehen. Sie gifteten grässlich, rissen an ihrer Rüstung, zappelten mit Beinen und Armen und versuchten die tückische Gefahr in den Sümpfen abzuwehren, aber es war zu spät. Die Gefahr in den Sümpfen, tief hervorgeholt aus der düsteren Erde, untot, und sich verzehrend nach Licht, auch genannt Umbrakäfer, krabbelten in die Münder, Nasen und Wunden der Bestien. Einmal befallen von jenen gottlosen Viechern, konnte nichts mehr helfen. Sie nährten sich an allem, was lebte, ob rein oder dämonischen Ursprungs. Lebens- und Lichtenergie war ihr einziger Begehr und dafür folterten sie grausam. Dutzende Wesen der Lichtwelt waren an Umbrakäfern bereits verendet… Als sich die Nebel langsam zurückzogen, lagen einige der Moblins und Blutschatten regungslos am Boden. Schwarzglänzende Käfer mit gelblichen Mustern krabbelten aus ihren vernichteten Körpern und fraßen sich hinein in den schlammigen Boden. Die Umbras waren befriedigt und die Gefahr gebannt. Aber noch hatte Link mit in etwa zwanzig Verfolgern zu kämpfen. Der Anführer der Kreaturen blickte verächtlich in seine Richtung. Er war es, der ein gigantischer Horn am Rücken trug und den anderen Dämonen weit überlegen war. Seine dunkelrote Kapuze fiel zurück und gab das Bild eines jungen Mannes mit blondem Haar und einem gefolterten Gesicht preis. „Dafür zahlst du, Held! Glaubst du, du kannst uns entkommen?“, rief er dröhnend. „Lächerlich!“ Sein rechter Arm krachte vorwärts, gab den verbliebenen Bestien das Signal immer weiter zu kämpfen für Blut und Ehre. Und das Heer des Bösen sammelte barbarische Kräfte, ließ sich von der Vernichtung ihrer Gleichgesinnten nicht beeindrucken und marschierte in Links Richtung. Der vergessene Heroe schnaufte aufgeregt, spornte Lady ein weiteres Mal an in ihrem schnellsten Tempo weiter zu hetzen. ,Nur noch ein wenig‘, sprach er in Gedanken. ,Nur noch ein wenig…‘ Das schöne, starke Pferd stellte sich aufbrausend auf die Hinterläufe, wieherte angsterfüllt und schnellte von dannen. Aber die junge Stute war mittlerweile erschöpft, genauso wie ihr Reiter. Zähneknirschend versuchte sich Link zusammenzureißen, dem Gefühl seines müden Körpers nicht nachzugeben und blickte immer wieder zurück zu seinen Verfolgern. Sie näherten sich immer mehr. Der Abstand zu ihm und Lady wurde immer kleiner und es war da, dass Link spürte, wie dumm dieser ganze Versuch die Kreaturen irrezuführen eigentlich war. Moblins fühlten keine Erschöpfung. Die dämonischen Reittiere spürten keine Schmerzen. Und Moblins nahmen Gefühle kaum wahr. Link hatte sicherlich einen guten Plan, die Finsteren mittels den Gefahren von Hyrules Landschaft in die ewigen Jagdgründe zu befördern, aber er würde nicht ewig durch die Nacht reiten können, nicht mit einer erschöpften Stute und nicht mit seinem beanspruchten Körper. Was war es wert diesen Kampf weiterzuführen? Egal, wie viele dieser Kreaturen Link in die finstersten Abgründe schickte, sie kamen doch nur wieder. Mörderisch. Tosend. Und zehnmal so stark und grausam wie vorher. Wofür kämpfte er noch, wo er wusste, kein Kampf würde der letzte sein? Die Hetzjagd ging weiter, immer weiter, erbarmungslos und das einzige Ziel, das Link noch hatte, war ein alter Tempel, den er schon einmal betreten hatte. Seine letzte Verteidigungsmöglichkeit. Seine letzte Zuflucht… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)