Kampf gegen das Schicksal von Faylen7 (Wunden der Vergangenheit) ================================================================================ Kapitel 30: ------------ Kapitel 30: Verfälschte Realität Die nächsten Tage vergingen ruhig, bedachte man die Ereignisse, die seit Links Rückkehr in das Land Hyrule, geschehen waren. Links verletzte Hand verheilte langsam und er brachte die vielen verschiedenen Unterrichtsstunden interessiert und augenscheinlich auf dem Wege der Besserung hinter sich. Durch Zeldas Heilmittel und vielleicht auch durch die Ablenkung an der Ritterschule, oder durch Wills Gesellschaft schien es ihm tatsächlich so gut zugehen, dass er die nächsten Wochen sicherlich wieder gesünder und auch sportlicher werden könnte. Inzwischen hatte er einen guten Stand bei den Ritterschülern und er konnte nicht abstreiten, dass er es genoss, dass ihn andere respektierten. Das hatte ihm seine Auseinandersetzung mit Viktor eingebracht. Und jener Lehrer hatte bis dahin nicht ein beleidigendes Wort mehr gegen Link über seine Lippen gebracht. Was Mondrik Heagen anging, so hatte auch jener Schüler bisher dicht gehalten und Link hoffte, dass er weiterhin schwieg… Der Heroe hatte mit Nicholas, dem Lehrer vom Praxisunterricht über die merkwürdige Wand in der Ritterschule diskutiert, worauf sie beide beratschlagten sich abends zu treffen und diese Wand noch einmal zu untersuchen. Es war Zeit für Link den Ereignissen der letzten Monate auf die Spur zu kommen. Das schloss auch Nachforschungen bezüglich der dreizehn Schlüssel und bezüglich Malons Verschwinden ein und dass er in den nächsten Tagen einmal zu der alten, gut bewirtschafteten Lon-Lon-Farm reiste. Er wusste nur noch nicht so recht, wie er dahin kommen sollte und ob es nicht ratsamer wäre, dass ihn jemand begleitete. Fest stand für den einstigen Heroen lediglich, dass er aus der Irrfahrt der letzten Wochen aufwachen wollte und das konnte er nur, wenn er es schaffte seine rätselhafte Amnesie zu verstehen. Ob vielleicht tatsächlich Schergen Ganondorfs oder vielleicht sogar diese Geschundenen, die ihn angegriffen hatten, hinter seiner Amnesie steckten? Aber warum, wenn er gefangen genommen wurde, wenn er eine Folter oder sonst etwas hinter sich hatte, warum hatte man ihn dann nicht getötet? Das ergab alles so wenig Sinn für den Jungen, dem gerade seine Stärke und sein Stolz geraubt wurden, die Dinge, die seinen Mut und sein Selbstvertrauen immer gestärkt hatten. Mit Arn Fearlessts Klinge auf dem Rücken, die er bereits von einem Schmied hatte behandeln lassen, wartete er vor Newheads Büro, der zusammen mit ihm die seltsame Wand noch einmal untersuchen wollte. Seine Arme verschränkt und seufzend versuchte der einstige Heroe die Ereignisse der letzten Tage einmal zu überfliegen und vielleicht auch eine Antwort auf diese marternde Ungewissheit zu finden, die ihn gerade quälte. In seinen tiefblauen Seelenspiegeln liefen die Geschehnisse der letzten Wochen ab. Der Angriff auf die Lon-Lon-Farm und diese seltsame Truhe, in welcher etwas sicherlich Gefährliches ruhte. Die Begegnung mit vielen liebenswerten Hylianern wie Will, Nicholas oder Ariana. Die Angriffe der Geschundenen der Macht und dann diese merkwürdigen Gegenstände mit diesem eigensinnigen Metall. Und was war nur mit seiner verdammten Krankheit? Link wühlte in seiner Hosentasche herum, fand die ,Tränen der Nayru‘ und nahm einmal mehr sicherheitshalber eine Perle, die beruhigend seine Kehle hinab tröpfelte. Vielleicht war es nicht gut, dass er es so oft verwendete, aber hatte er denn eine andere Wahl? Gerade da kam Nicholas, scheinbar durcheinander und irgendwie durchgeschwitzt aus seinem Büro hinausgestürmt. Er hatte mal wieder Besuch gehabt, dachte Link. Weiblichen Besuch. Auch wenn der junge Heroe nicht wusste, was der einstige Schwindler und diese Dame in seinem Büro so anstellten, und er wollte es auch gar nicht wissen, so fragte er sich immer häufiger, ob das vielleicht völlig in Ordnung war. „Ähm, Link, du bist ja schon hier?“, murmelte Nicholas albern und zog sich seinen Gürtel zurecht. „Ja, schon eine ganze Weile“, meinte Link gelangweilt und deutete auf die einfache Taschenuhr, die aus Nicholas‘ dunkler Hosentasche hinaus baumelte. „Du hast gemeint, wir wollten uns um viertel nach acht treffen und es ist schon eine halbe Stunde drüber.“ „Nun ja“, lachte der Lehrer und kratzte sich an seinem Dreitagebart. „Ich war noch beschäftigt.“ Gerade da trat aus seinem Büro eine Dame mit grauem Mantel heraus. Sie zog die Kapuze soweit, dass man ihr nicht einmal ins Gesicht blicken konnte. „Jaja… beschäftigt“, murrte Link und wusste nicht, worüber er sich mehr ärgern sollte. Darüber, dass Nicholas die Dreistigkeit besaß ihn eine halbe Stunde warten zu lassen, oder dass er nicht wusste, was diese Dame und Newhead in diesem Büro angestellt hatten. Die elegante Frau begrüßte Link kurz und hastete dann geschwind den Gang entlang, vielleicht weil sie nicht auffallen wollte. „Wie auch immer“, winkte der Lehrer mit einem verstohlenen Grinsen ab. Er musterte Link intensiv und rieb sich seine trockenen Nasenflügel. „Wollen wir dann los, Kleiner?“ Der Angesprochene schüttelte enttäuscht den Schädel. „Ich habe die ganze Zeit auf dich gewartet und du stellst mir dann noch eine so selbstverständliche Frage“, murrte er und trat vorwärts. „Nun ja, Link, ich sehe ein, dass du deshalb etwas schlechte Laune hast“, entgegnete Schwindler. „Aber du musst wissen, dass das weibliche Geschlecht oftmals Priorität hat.“ Und wieder grinste er. Link schüttelte abermals den Schädel, konnte dem Ganzen aber eigentlich zustimmen. Wenn es um Prinzessin Zelda ging, hatte sie auch immer Priorität vor jeglichen anderen Dingen bei ihm gehabt. Er erinnerte sich noch daran, als es hieß, dass er zurück in die Zitadelle der Zeit gehen sollte, weil dort jemand Bedeutendes auf ihn wartete. Er hatte so gehofft, dass es Zelda war, dass er von der Gespensterwüste bis in die Hauptstadt Hyrules ohne Rast und ohne warme Mahlzeit gehetzt war. „Weißt du, Damen haben nun mal etwas ganz besonderes an sich, das wirst du ja wohl auch gemerkt haben“, lachte Nicholas und lief hinter dem einstigen Heroen durch die teilweise unbeleuchteten Gänge. Etwas beschämt blickte Link zu Boden und wusste nicht, worauf sein Lehrer da anspielte. „Was meinst du, Link?“, bohrte Newhead nach. „Ich weiß nicht so genau“, murmelte er. Das war eine Antwort, die er bei solch peinlichen, unpassenden Fragen gerne gab. Aber auch da grinste Nicholas. Er konnte Link mittlerweile einschätzen, wunderte sich zwar ein wenig, dass er sich diese Unschuld und Naivität trotz des herben Zeitkriegs erhalten konnte, aber wollte den Jungen damit nicht zu sehr einschüchtern oder nervös machen. „Du wirst das schon noch herausfinden, schließlich können wir Männer nicht ohne unsere bessere Hälfte.“ „Ich will das aber gar nicht so genau wissen“, meinte Link und trat etwas trotzig vorwärts. Es ging ihm inzwischen etwas auf die Nerven, dass Nicholas immer wieder mit diesem Thema anfing. Er provozierte ihn andauernd wegen Zelda. Und Link ahnte, dass er sicherlich gleich wieder über Prinzessin Zelda reden wollte. „Du wirst dich aber zwangsläufig mit diesem Thema beschäftigen, immerhin gibt es eine ganz besondere Lady in deinem Leben. Und was ich von der Versammlung im Königsschloss mitbekommen habe, ist die Prinzessin sehr besorgt um dich.“ Und das traf den Pfeil ins Schwarze. Links Gedankengänge bestätigten sich auf eine Weise, die ihm gar nicht gefiel. „Nicholas“, sprach Link und wand sich in seine Richtung. Sein Gesichtsausdruck, ein wenig trübsinnig und leicht schmerzverzerrt, sagte dem Lehrer, dass ihn etwas belastete. Der Fünfzehnjährige blieb stehen und senkte dann das Haupt. „Bitte rede nicht dauernd von Prinzessin Zelda… das…“ Verdutzt beäugte Nicholas die Mimik in Links Gesicht. Es war wie, als schien es ihn zu quälen an Zelda zu denken. Link brach in seinen Worten ab und konnte es Newhead nicht erklären. Wie sollte er ihm klar machen, dass er das Gefühl hatte, Zelda wand sich von ihm ab? Doch da legte Nicholas ihm eine Hand auf die Schulter und wollte ihn ermutigen. „Es scheint, als gibt es etwas, das ich nicht weiß, hm?“ Link sah beunruhigt auf. „Und es geht mich auch nichts an“, setzte der Erwachsene hinzu. „Was immer es ist, es wird sich sicherlich bald aufklären.“ Der Ansatz eines Grinsens huschte dem Heroen über das Gesicht, vielleicht weil Nicholas verstanden hatte. „Obwohl ich immer noch der Meinung bin, dass die Prinzessin des Schicksals und der Held der Zeit zusammengehören.“ Ein gehässiges Grinsen kam aus Schwindlers Gesichtszügen zum Vorschein und noch ehe Link die Gelegenheit hatte seiner Empörung Luft zu machen, huschte Nicholas an ihm vorbei und lachte. Wenige Minuten später standen Link und sein Lehrer vor der merkwürdigen Wand nahe der Latrinen der Jungen, wo der Heroe etwas Verdächtiges entdeckt hatte. „Also du meintest, mit dieser unauffälligen Wand stimmt vielleicht etwas nicht, was?“, sprach der braunhaarige Nicholas und legte seine Hände auf das gealterte, teilweise abgetragene rostfarbene Gestein. Er klopfte mit einer Faust dagegen und legte ein spitzes Ohr an die Wand. Aber er konnte damit nichts Merkwürdiges feststellen. „Bist du dir sicher, dass es diese Wand war?“ „Aber ja“, meinte der einstige Heroe. „Ich habe mehr merkwürdige Wände in den Tempeln zum Einstürzen gebracht als du vermutest.“ Dem konnte Nicholas nicht widersprechen, also untersuchte er die Wand weiterhin mit Präzisionsarbeit. Derweil kramte Link das porzellanweiße Kaleidoskop seiner Prinzessin aus seiner Tasche. Und wieder war er mit den Gedanken bei ihr. Aber dieses merkwürdige Item, das von der Form her wie ein etwas dickeres Fernrohr aussah, musste irgendeine Bewandtnis haben und wenn Link sich erinnerte, so hatte er bei einem Blick durch dieses Objekt tatsächlich eine andere Realität wahrnehmen können als das der Fall war. Er versuchte es wieder, blickte durch die Linse und sah, wie sich die vielen Steinchen in dem Kaleidoskop anordneten und gerade an jener Stelle, wo vor Link und Nicholas die Wand war, befand sich kein Hindernis mehr, stattdessen ein Zugang zu einem weiteren Bereich der Ritterschule. „Nicholas“, riss Link den Angesprochenen aus seinen Gedanken. „Du solltest hier hindurchschauen, dass du mir glaubst.“ Der Lehrer im Praxisunterricht sah hindurch und staunte nicht schlecht, dass dieses kleine Fernrohr tatsächlich etwas anderes wiederspiegelte als hylianische Augen erblicken konnten. „Verrückt, wie ist das möglich?“ „Ich hab‘ keine Ahnung“, murmelte Link, nahm das Kaleidoskop wieder an sich und blickte ein weiteres Mal hindurch. Jetzt fragte er sich nur noch, wie das Kaleidoskop ihm helfen sollte, die Wand zum Verschwinden zu bringen. „Lass‘ mich nochmal“, sagte Nicholas, nahm den Gegenstand an sich, blickte hindurch und begann diesmal ganz vorsichtig, während er hindurch blickte, an dem Rädchen zu drehen. Und es war dann, dass sich in dem Kaleidoskop die vielen, teilweise bunten Steinchen bewegten, sich einmal mehr anordneten, sich wieder bewegten, so wie Nicholas an dem Rädchen drehte. Und dann als die Steinchen in dem magischen Objekt stillstanden, konnten Nicholas undefinierbare Augen plötzlich eine Wand entdecken, aber nur wenn er durch das Spielzeug durchschaute. Etwas ungläubig blickte er durch das Item, fand das etwas schräg, aber wohl nicht so schräg wie die Miene Links, die er gleich beäugen würde. Als er das Objekt von seinem linken Auge entfernte und zu Link blickte, sah dieser entsetzt drein, als hätte ihm die Realität einen Streich gespielt. Und vielleicht hatte sie das auch. Denn als Nicholas‘ teilweise grüne Augen zu der vermeintlichen Wand wanderten, war diese schlichtweg und wie aus dem Nichts, verschwunden. Der Lehrer zwinkerte und tat dann nichts anderes als zu schmunzeln. „So viel zu den eigentümlichen Geschenken deiner Prinzessin, was?“ Link konnte darüber nicht mehr lachen. Zelda und ihr sechster Sinn. Es war wie, als wäre die Wand vor ihm geschmolzen und als hätte sich die geschmolzene klare, schillernde Flüssigkeit der anderen Umgebung angepasst. Er nahm das Kaleidoskop an sich, wusste er ja jetzt in etwa wie es funktionierte und wusste auch, an welchem Ort dieses Item zu einem weiteren Einsatz kommen würde. Er würde einfach nur daran drehen müssen, während er hindurch blickte, und dann würde sich die scheinbare Realität für einen Betrachter wandeln. Etwas angespannt, aber kampfbereit traten die beiden Hylianer in den verborgenen Zugang hinein. Nicht ein Lichtstrahl der Fackeln oder Öllampen von den Gängen traute sich in die Finsternis vor ihnen. Aber Link traute sich. Er spürte, dass dieser Weg ein erster war, um aus der Bergundtalfahrt der letzten Monate aufzuwachen. Und dafür nahm er alles auf sich… Nicholas bewunderte nur die Tapferkeit Links und blickte nachdenklich zu dem blonden Hinterkopf seines Schützlings. Er konnte immer noch nicht so recht glauben, dass der Held der Zeit so jung war, und vielleicht war es noch etwas anderes an Link, das ihn skeptisch machte. Diesen überdrehten Mut und auch die anderen Charakterzüge an Link waren ihm vertraut. Nur konnte er sich daraus nicht so recht einen Reim machen, es sorgte nur dafür, dass ihm Link unglaublich sympathisch war und dass er alles tun würde, um ihn zu schützen. Er lief noch einmal kurz zurück, schnappte sich eine rauchige Fackel von den kahlen Wänden und hetzte hinter dem Jüngling her. Als sie die Finsternis mit dem wärmenden Fackellicht verscheuchten, wurde ihnen auf eine erschreckende Weise bewusst, an welch teuflischem Ort sie sich hier befanden. Es war ein sehr großer, runder Raum und mehrere Treppenstufen führten weiter in die Tiefe. Einige Säulen stützten die Wände. Aber das erschreckende waren mehrere Skelette auf dem Boden und einige jener Überreste wirkten alles andere als alt. In der Mitte jenes Raumes war ein Altar aufgebaut und das Blut, welches dort klebte, hing auch noch nicht lange. Über den Boden führten blutige Fußabdrücke bis zum Eingang in diese Gruft. „Was ist das hier?“, nuschelte Nicholas durch seine gelben Zähne. „Ich weiß es nicht“, sprach Link klar, und zog ohne Vorwarnung sein neues Schwert. Er wirbelte herum, wusste nicht, was es war, aber irgendetwas hatte ihn gerade ziemlich nervös gemacht. „Ist alles in Ordnung, Link?“, meinte Schwindler aufgeregt. „Ja, doch, ich hatte nur gerade ein ungutes Gefühl…“ Und die Befangenheit, die der Heroe gerade spürte, verging nicht. Er blickte angestrengt durch die Dunkelheit, fühlte seinen Herzschlag hetzender werden. „Deine unguten Gefühle haben sich oft bestätigt, vielleicht sollten wir wieder gehen.“ „Ja, das ist vielleicht besser.“ Und Link seufzte. Er überflog in seinen Gedanken kurz die letzten Ereignisse, die mit dem Mord des Hausmeisters begonnen hatten. Aber ja… die blutigen Fußspuren. Das Blut am Altar… „Zumindest könnte es sein, dass Hopfdingen bereits hier angegriffen wurde. Das würde das Blut erklären. Vielleicht hat er hier irgendetwas gesehen“, schlussfolgerte der Heroe und spürte, dass ihm in dem Augenblick auch noch der Schweiß auf die Stirn trat. „Mmh, oder das Blut stammt von einem anderen Opfer…“, sprach Nicholas ehrfürchtig. Er wollte sich das, was in dieser Gruft geschehen war, nicht zu genau vorstellen, und sich nicht ausmalen, wer an dieser Schule sein Unwesen trieb. Bemüht leise zu sein stapften die beiden wieder in Richtung Ausgang, als sich Links sechster Sinn wieder regte. Erneut zog er sein Schwert, war etwas unsicher und blinzelte mit seinen tiefblauen Augen durch die Finsternis. Aber es blieb ruhig, zu ruhig. Und diese Ruhe fühlte sich in Links Körper an wie tausend Nadelstiche. Er schluckte gezwungen, spürte etwas stechen in seiner linken Brusthälfte und hoffte, dass dieses Gefühl wieder verging. War dies nur die Aufregung, dachte er, oder war dies schon wieder seine komische Krankheit? „Lass‘ uns schnell verschwinden“, murmelte Newhead und nahm seine Beine unter die Arme, dicht gefolgt von einem beunruhigten Link, der über diesen seltsamen Raum sicherlich noch länger nachdenken würde. Als sie wieder vor dem Zugang standen, drehte Link an dem Kaleidoskop und es war wie, als wuchs der Zugang mit der restlichen Umgebung zusammen. Zuerst bildete sich dort wo vorher die Wand war, eine Schicht aus durchsichtigem Gelee oder Wackelpudding und dann zimmerte eine verborgene Magie ein perfektes unauffälliges Bild einer Wand. „Was machen wir jetzt deswegen?“, meinte Link und kratzte sich am Kinn, dann rieb er sich über seine warme Stirn. ,Auch das noch‘, dachte er. Bekam er jetzt wieder Fieber? „Lass‘ uns das erst mal im Auge behalten“, sagte Nicholas. „Und vielleicht ist es gut, wenn wir das für uns behalten. Wenn wir Viktor davon berichten, würde er diese Sache ohnehin unter den Tisch kehren.“ Dem konnte Link nur zustimmen. „Und da Viktor der Direktor ist, müssten wir ihm zuerst Bericht erstatten.“ „Und das möchte keiner von uns beiden“, entgegnete Link mit einem erschöpften Blick. „Außerdem würde es die Schüler beunruhigen, oder einige der Jungs kämen auf den Dreh, sich die Sache persönlich anzuschauen.“ „Genau“, nickte der Lehrer. Dann kramte er jedoch in seiner Hosentasche herum und hielt dem verwunderten Link ein weißes Ritterschülerabzeichen unter die Nase. „Was ist damit?“ „Das ist der erste Rang, den sich Ritterschüler verdienen können, und da du mir hiermit zur Hand gegangen bist und sehr engagiert bist, wird es Zeit, dass du diesen erhältst.“ Links Gesicht erhellte sich ein wenig, aber nicht so sehr, dass es Nicholas bestätigte. Er sah nur eine Form der Blässe in Links Gesicht und wie er müde dreinblickte. Freute er sich denn gar nicht darüber? „Du gibst mir den ersten Rang, ehrlich?“, fragte er, bemüht sich von seinem Schwächeanfall nichts anmerken zu lassen. „Jap, sag‘ einfach, du hast mir geholfen ein paar Wobbler für Übungszwecke einzufangen.“ „Bist du dir sicher?“ „Oder du sagst, der war dafür, dass du Viktor beinah geschlagen hättest.“ „Das ist aber nicht gerade fair den anderen gegenüber“, sprach der Heroe leise und lehnte sich an die Wand. ,Na prima‘, dachte er. Jetzt wurde auch sein Gesichtsfeld wieder verschwommener. „Es war auch niemals fair, dass du ohne jede Belohnung genug Kämpfe auf dich genommen hast. Und es wäre nicht fair dich ohne Belohnung gehen zu lassen, wo du so gewissenhaft bist und grausame Dinge aufklären willst“, protestierte Schwindler und musterte seinen Schüler wieder. Link hatte keine Lust mit ihm zu diskutieren, fühlte sich gerade ohnehin nicht stark genug für eine solche Diskussion und nahm mit einem Danke den Rang an. Nicholas nickte. Und als Link vorwärts trat, und der Lehrer den edlen Blondschopf außer Reichweite stapfen sah, machte er sich etwas Sorgen um ihn. Noch vorhin schien alles in Ordnung zu sein, aber dann, von einer Sekunde auf die andere, wirkte der Junge erschöpft und abgekämpft. Nicholas schloss seine undefinierbaren, ernsten Augen. Er hoffte inständig, dass der einstige Held der Zeit zu seiner Stärke zurückfand und dann hätte er Ränge an der Ritterschule überhaupt nicht mehr nötig… Hechelnd und mit hängenden Schultern öffnete Link die Tür zu seinem und Wills Zimmer. Er spürte einen Schmerz in seinem linken Arm allein durch die Anstrengung den Türgriff nach unten zu drücken. Ein Türöffnen hatte sich für ihn bisher noch nie so schwer angefühlt. Er ließ die Tür wieder ins Schloss fallen und stellte fest, dass er glücklicherweise alleine war. Er wollte nicht, dass Will einen weiteren seiner Anfälle miterlebte. Mit einem leeren Ausdruck in seinem fiebrig schimmernden, schweißbenetzten Gesicht stand der einstige Heroe da, lehnte sich dann sofort an die Tür hinter sich und schloss seine Augen. Er versuchte ruhig zu atmen, nicht panisch zu werden und überlegte, eine dritte silbrige Perle von Zeldas Heilmittel- er hatte auf dem Weg zu seinem Zimmer bereits zwei konsumiert- zu sich zu nehmen. Andererseits, so entschied er mit einem erzwungenen, bitteren Grinsen, hatten die beiden vorigen Male seinen gesundheitlichen Zustand auch nicht wesentlich verändert. Brauchte er mittlerweile mehr davon? Oder verlor das Heilmittel langsam seine Wirkung? Er seufzte gequält, verfiel dann in ein leichtes Wimmern. Konnte das nicht endlich aufhören? Diese Krankheit kostete seine ganze Kraft. Er spürte neben brennenden Augen, rasenden Herzschlägen auch diese unangenehmen Gefühle der Schmach wieder zunehmen. Wie sollte er jemals wieder er selbst sein, wenn diese unerklärlichen Attacken wieder schlimmer wurden? Er presste die noch nicht verheilte Linke auf seine Brust, spürte den wohl teuersten Muskel in seinem Körper unregelmäßig stolpern. Er drückte dagegen und hoffte bloß, es würde sich wieder normalisieren. Aber stattdessen verschlimmerte sich dieses Gefühl und er konnte nicht mehr gleichmäßig atmen. Es war wie, als nahm ihm jemand die Luft, als drückte ihm jemand die Kehle zu. Er öffnete den Kragen seines weißen Hemdes mit klappernden Händen und atmete langsam und gezwungen. Als zog sich seine Lunge zusammen und ließ keinen Sauerstoff mehr hindurch, röchelte Link nach Luft und ein gequälter, morbider Laut entkam seinen Stimmbändern. Er blinzelte ein wenig und wunderte sich wie unscharf seine Umgebung mittlerweile war. Er konnte nicht einmal den Tisch, der beinah vor ihm stand, deutlich wahrnehmen. Ein weiteres erzwungenes Grinsen huschte über seine ansehnlichen Gesichtszüge. ,Das war es wohl‘, dachte er. ,So fühlte sich Schwäche und Gebrochen sein an. Sollte das alles gewesen sein? War das alles, was ihn noch ausmachte? Ein schwächlicher, jämmerlicher Kauz!‘ Die letzten Tage waren doch so hoffnungsvoll gewesen und so gut verlaufen. Er hatte nicht so oft daran gedacht, dass ein nächster Zusammenbruch geschehen würde. Er hatte versucht es von sich wegzuschieben. Und was war nun? Hatte er wahrlich gedacht, seine merkwürdige Krankheit war ausgestanden? Er seufzte, spürte das Brennen in seinen Gliedern zunehmen und schwankte vorsichtig einen Schritt vorwärts. Der Schweiß perlte sich über seiner Stirn und lief hinab über seine Nasenspitze, bis er zu Boden tropfte. Selbst den Boden konnte er nicht wahrnehmen, es fühlte sich an, als stand er in Pudding. Sein Mund war halbgeöffnet um sich vielleicht noch zu artikulieren, sich selbst etwas zu sagen, vielleicht um sich anzuspornen. Beinah hätte er gesagt: ,Reiß dich zusammen.‘. Beinah hätte er nach jemandem gerufen, der ihm helfen könnte. Und beinah hätte er ,Zelda‘ gesagt… Aber bevor nur eine Silbe aus seinem Mund entweichen konnte, sackte er auf seine schmerzenden Knie, hatte das Gefühl nicht mal mehr gehen zu können und brach gelähmt zusammen. Er hustete ein wenig, blinzelte und in seinen tiefblauen Augen war das Unverständnis für seine Situation und ein tiefer Schmerz am Aufflackern, bis sich seine Seelenspiegel schlossen und seine Atmung immer schwerer wurde… Zelda sagte einst, schwache Menschen wären dies auch in ihren Träumen und in den Vorstellungen, die sie über Hyrule besaßen. Nur starke Wesen bestanden die Prüfungen dort, wo niemand sonst hinfinden konnte. Sie hatte Recht, jedes Wort von ihr, gesprochenen von ihrer reinen, angenehmen Stimme. Sie hatte Recht, so wie in vielen Momenten vorher. Und sie verstand es immer ihm die vielen Zweifel zu nehmen, die sein Titel Held der Zeit verlangte. Sie hatte so viel für ihn getan, er hatte so viel von alledem genossen, hatte sich immer auf seine Prinzessin verlassen. Sie lebte und erstarkte an ihrem eigenen göttlichen Wissen und vielleicht spürte sie genauso wie er selbst, dass seine Zeit in diesem Hyrule endete. Nein, er hatte keine Angst vor dem Tod. Und er fürchtete sich nicht vor dem Leiden, das sein Ende mit sich brachte. Es gehörte dazu, ebenso wie andere Dinge des Seins. Und vielleicht war es, dass erst der Tod ihm die Ruhe schenken und jenen inneren Frieden ermöglichen konnte, welchen er so ersehnte. Es war auch in seinen Träumen, dass er mehr und mehr realisierte, wie unwichtig dieses Zeitalter Hyrules und mehr noch… wie unwichtig dieses Land im Lauf der Welten sein würde. Und wie vergänglich und klein sein eigenes Leben… Es war dort in den Träumen, dass er Schlachten sah, verbitterte Menschen, die mit erkauften Wünschen und falschen Sehnsüchten ihren Feinden die Köpfe abhackten. Er sah monströse Geschöpfe mit stählernen Rüstungen in den Winden gleitend und gefräßige Kreaturen sich aus dem Erdboden windend. Kämpfe vor seinen eigenen, tiefblauen, erschöpften Augen, während er unbewaffnet und kraftlos auf einem weitentfernten Hügel stand. Kämpfe mit Blut und Seelen bezahlt. Kämpfe einzig um ein Wort, leer und verräterisch, das man Frieden nannte… Er hörte entsetzte Schreie, ein Klang von weitem, der ihn nicht mehr berührte. Der Wind, kühl und trocken, wirbelte auffordernd durch sein blondes Haar, aber er blieb ohnmächtig und lethargisch an seinem Punkt. Seine Aufgabe war es nur mehr zuzusehen, selbst wenn Blut und Schuld an seinen Händen klebten. Feuer wütete auf den einst blühenden Wiesen Hyrules und die grausamsten und erbarmungslosesten Monster mit dicken Panzerungen und teuflischen Augen stürmten in seine Richtung. Doch niemand sah ihn. Auf wilden Pferden und riesigen, nackten Wölfen donnerten die schwer bewaffneten Monster über die Welt, stapften grob über den vibrierenden Erdboden, hinterließen ihre Fußspuren im kalten Matsch, während der Himmel weinte… Die Zeit der Helden würde enden. Ein Gedanke, erschütternd aber unverwüstlich, erreichte den Heroen in seiner Erschöpfung und Leere. Eines Tages zogen noch dunklere Wolken über Hyrule und kein Held wäre zur Stelle um diesen Tag zu verhindern. Die Welt wandelte sich in ihrer eigenen Vergänglichkeit und Leere und die Zeit der Helden war vorüber. Und irgendwo auf den zerstörten Ebenen, wo die Dämonen Blutbäder anrichteten, flüsterte es grausam und tödlich… ,Heroe, leide, wenn sich die Zeiten teilen… Leide, wenn sich die Welt vor den nähernden Stürmen verbeugt und es dein reines, sanftes Herz ist, das den Schmerz bekämpfen muss… Heroe, es ist Zeit, einen nebligen, düsteren Pfad zu bestreiten und alles, was war hinter dir zu lassen… Leide, wenn das Ende kommt und du nicht mehr kämpfen musst… Leide und lächle…‘ Gerade in diesem Augenblick, wo Links schwere Gedanken ihn folterten, schreckte die schwarzhaarige Ariana Blacksmith aus ihrem Schlaf. Ihre bernsteinfarbenen Augen funkelten durch das dunkle Zimmer, wo noch Kohlen in dem Kamin glühten und ein wenig Wärme in jene Finsternis schickte. Etwas unruhig drehte sie sich auf ihre andere Seite und sah auch ihre Zimmerkollegin Olindara Heagen sich knarrend in ihrem Bett bewegen. Sie waren beide früh schlafen gegangen, weil sie sich noch etwas schwach auf den Beinen fühlte und die rundliche Olindara sich ohnehin lieber in ihrem Zimmer verkroch. Ariana wusste nicht genau, was sie geweckt hatte. Sie beschlich lediglich ein ungutes Gefühl, als ob etwas schlimmes geschehen war oder dabei war zu geschehen. Sie schloss ihre kräftigen, leuchtenden Augen wieder und konnte sich aus ihrer momentanen Unruhe keinen Reim machen. Nach über fünf Minuten Schlaf, schreckte sie wieder zusammen und hatte das Gefühl, irgendetwas stimmte nicht und diesmal war das Gefühl noch stärker. Sie kniff die Augen zusammen, fluchte leise und richtete sich auf. Als die Decke von ihrem Oberkörper, der nur in ein weißes Leinennachthemd gehüllt war, rutschte, und sie die Kälte in dem Gemach spürte, schien eine weitere Attacke der Unruhe ihren Körper aufzuschrecken. Als ob sie vom Blitz getroffen wurde und dieser ihren ganzen Körper in auffordernde Schwingungen versetzte, hüpfte sie schließlich aus dem Bett, schlüpfte in ihre pelzigen, wärmenden Pantoffel, zog sich eine graue Kutte über, schnappte sich eine Öllampe und hetzt geplagt von einer heimlichen Sorge aus dem Raum. Sie war eigentlich nicht der Typ, der sich ständig wegen irgendwelcher Belange zu viele Sorgen machte. Sie war nun mal die Tochter eines Schmieds und das hieß oftmals einfach die Dinge anzupacken, auch wenn ihr dabei eine ordentliche Portion Gehirnschmalz hilfreich war. Sie war eher der Praktiker, zumindest schätzte sie sich selbst so ein. Dass sie, wo sie nicht einmal ein Moblinangriff niederhauen konnte, nun so durcheinander und besorgt war, passte eigentlich nicht zu ihr. Und so tapste sie kopfschüttelnd einen hellgeschmückten Gang in der Mädchenschule entlang, huschte wie ein Geist still und heimlich mit ihrer Lichtquelle vorwärts und machte sich auf den Weg in die Ritterschule. Sicherlich, es war bereits spät abends, dachte sie. Und der gleißende Mond stand weit am leicht bewölkten Himmel. Aber sie musste aus irgendeinem Grund nach Link schauen. Vielleicht, weil sie ihn mochte, oder auch, weil sie ihn seit Tagen nicht gesehen hatte. Sie zog ihre Kutte weiter zu, als eine eisige Brise des nahenden Winters über den Schulinnenhof zog. Sie sah noch einige Jungs, die mit Übungsschwertern trainierten, die sie etwas verwundert musterten, aber dann wieder ignorierten. ,Was interessierte die auch, ob ich so ein dämliches Nachkleid trage‘, dachte sie. ,Die sollten es sich wagen, mich anzusprechen.‘ Sie überquerte den Innenhof, sah einige Personen mit dunklen Kutten, die sie schnell wieder vernachlässigte; und sah gerade Will zusammen mit dem eitlen Artus McDawn und dem Schürzenjäger Robin Sorman durch den Haupteingang der Schule schlüpfen. Sie eilte schleunigst vorwärts um ihn noch zu erwischen. „Will“, rief sie mehrmals, worauf sich dieser verwundert umblickte. „Nanu, Ariana“, entgegnete er und musterte sie mit einem überraschten Grinsen. Er hatte noch nie ein Mädchen gesehen, dass sich traute in aller Öffentlichkeit in einem Nachthemd spazieren zu gehen. Das war ja mal eine Leistung, dachten die drei Jungspunde. Sie war etwas aus der Puste, als sie die Ritterschüler erreichte. „Ist Link gar nicht bei euch?“ Die drei Jugendlichen schüttelten allesamt den Kopf. „Er sagte, dass er etwas zu erledigen hätte“, sprach Will klar. „Warum fragst du?“ Ihm entging scheinbar nicht, dass sie äußerst aufgeregt war. „Können wir bitte nach ihm sehen?“ „Warum?“, meinte Will verdutzt. „Darum“, entgegnete sie. Aber der hochgewachsene, neugierige Laundry war mit dieser Aussage nicht wirklich zufrieden. Und auch die anderen beiden Jungs schienen sehr erpicht darauf zu sein, was ein Mädchen in einem Nachthemd in der Späte der Nacht von einem der Ritterschüler wollte. Natürlich hatten Robin und Artus bereits andere Vermutungen und grinsten schelmisch. Man konnte es ihnen nicht übel nehmen. Es war ja auch etwas verdächtig einen Jungen zu besuchen mit nichts als einem Nachthemd an. „Ich weiß nicht, wo Link ist. Wir könnten ihn suchen gehen, wenn du mir sagst, was du von ihm willst“, sprach Will und ließ nicht locker. „Ja, genau“, lachte Robin mit roten Wangenbäckchen. „Uns kannst du ruhig sagen, warum du so sehr darauf bestehst zu erfahren, wo dein lieber Link ist.“ Ariana war nicht auf den Kopf gefallen und sie wusste sehr wohl nach was ihr Auftritt aussehen mochte. Sie antwortete nicht und schenkte Robin Sorman einen bitteren Blick, der ihn automatisch zurückschrecken ließ. „Was mischst du dich eigentlich ein, du Casanova?“ Und damit schwieg er. Will kam sich derweil immer unbeholfener vor, weil er keine Ahnung hatte, was eigentlich das Problem war. „Nun sag‘ schon“, versuchte er zu schlichten. „Es kann ja nicht so schlimm sein, dass du mir sagst, warum du gerade jetzt Link sehen willst.“ Angriffslustig glühten Arianas Augen beinah auf. „Bei Nayru, William Laundry, ich habe keine Lust und keine Zeit dir das zu erklären.“ Und damit grabschte sie den mittlerweile unsicheren William an seinem Arm und grub ihre Fingernägel so tief in seine Haut, dass er aufkreischte. „Das tut weh.“ „Ja, das soll es auch! Es reicht mir jetzt mit deinem überheblichen, besserwisserischen Getue. Bring‘ mich in dein und Links Zimmer!“ Er fluchte und kreischte, ließ sich aber dann überzeugen und lief mit einem etwas flehenden Gesichtsausdruck gemeinsam mit der Schmiedtochter vorwärts. Artus und Robin schauten nur verdattert drein. Sie hatten noch nie ein Mädchen erlebt, dass es sich wagte, ihren Kopf mit derartigen Mitteln durchzusetzen. Als sie beide in das Zimmer traten, bestätigte sich Arianas Unruhe und auch Will war froh, dass er sich von der eifrigen, sturen Ariana so schnell überzeugen hatte lassen. Link lag ohnmächtig, mit schweren Atemzügen und Fieber auf dem Boden und rührte sich nicht mehr. Ariana stiegen beinah die Tränen in die Augen, als sie ihn entdeckte. Während Will etwas hilflos an der Tür stand, eilte das schwarzhaarige Mädchen zu dem unerkannten Heroen, ließ sich einfach fallen und zog Link in ihre Arme. „Link“, sprach sie leise, sie streichelte über sein Gesicht, rüttelte ihn dann sanft und versuchte ihn irgendwie aufzuwecken, als sie aber sehr schnell einsah, dass er sich nicht wecken ließ. Sie hielt eine Hand auf seine nasse, glühende Stirn und verstand sofort, was mit ihm los war. Will war zu schockiert um etwas zu tun und staunte nur, dass die merkwürdige Schülerin von Madame Morganiells Akademie ganz genau wusste, was sie tun musste. Sie durchwühlte seine Gürteltasche nach den ,Tränen der Nayru‘ und fand das Heilmittel ziemlich schnell. Sie legte Links Kopf in ihren Schoss, öffnete seinen Mund mit ihren Fingerspitzen und ließ eine silbrig glitzernde Perle von dem Gefäß in seinen Mund wandern. Aber es passierte nichts. Das Fieber klang nicht ab und Link rührte sich weiterhin nicht. Den Tränen nahe blickte sie zu Will, der nicht wusste, was zu tun war und wie gelähmt noch nicht einmal in den Raum eingetreten war. „Link…“, murmelte sie leise und streichelte noch einmal über sein Gesicht. „Bitte… bitte wach‘ auf… hey…“ Und es war wie, als verwandelte sich die immer so gefasste und stolze Ariana ein bisschen vor Wills Antlitz. Er trat endlich in das kühle Zimmer ein, kniete ebenfalls nieder und sah die Tränen in Arianas Gesicht. Von ihren bernsteinfarbenen Augen fielen mehrere kristallene Tränen. Will konnte nicht verstehen, warum sie weinte und was überhaupt in sie gefahren war. Erst machte sie dieses Theater, dass sie so schnell wie möglich nach Link sehen mussten und nun weinte sie sich die Augen aus, nur weil er Fieber hatte und bewusstlos war. ,Jeder war mal krank‘, dachte der Laundry. Sie schluchzte, umarmte den Bewusstlosen dann und murmelte irgendetwas, das Will nicht verstand. Sie wippte den Fünfzehnjährigen in ihren Armen auf und ab, weinte immer noch und schien völlig über zu reagieren. „Ariana“, sprach Will dann und war sich bewusst, dass er jetzt die Rolle desjenigen, der klar dachte, übernehmen musste. Er legte eine Hand auf ihre Schulter, bis sie mit ihrem roten, verweinten Gesicht aufblickte und sprach ernüchternd: „Hey, Link wird schon wieder. Wir sollten ihn zunächst mal in sein Bett legen.“ Sie blickte ihm konfus entgegen, wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und nickte. Ariana löste den Riemen seines Schwertes und Will zog ihm die Stiefel von den Füßen. Gemeinsam schleiften sie den ohnmächtigen Heroen in sein Bett. Ariana setzte sich kummervoll an die Bettkante. „Meinst du, ich sollte einem Lehrer Bescheid geben?“, meinte Will dann und hoffte Ariana hatte sich wieder einigermaßen gefangen. „Ich weiß nicht“, sprach sie leise, nahm seine linke Hand in ihre und zog den Handschuh vorsichtig herunter. Die Wunde an seiner linken Hand sah ziemlich übel aus. Noch etwas, was dem schönen Mädchen gerade überhaupt nicht gefiel. Sie sah aus den Augenwinkeln zu Will und achtete darauf, dass jener das Fragment des Mutes nicht entdeckte. Sie zog ihm den Handschuh wieder darüber. „Woher hat er die Wunde an seiner linken Hand?“, fragte sie. „Hast du das nicht gehört? Er wurde angegriffen bei der Testung unseres Mutes…“, erklärte Will. „Verstehe“, entgegnete sie. Auch bei dieser Wunde schienen die Tränen der Nayru nicht zu helfen. „Wenn das Heilmittel nicht wirkt…“, begann sie und versuchte sich zu fangen. Vielleicht waren die letzten Tage doch zu viel für sie, dass sie jetzt so überreagiert hatte. Obwohl sie dachte, es wäre soweit alles okay. Hatte sie sich nicht vorhin noch damit gebrüstet, dass sie nicht einmal ein Moblinangriff aus den Latschen hauen konnte und dann hatte ihr Links Anblick einen so heftigen Stich versetzt, dass sie dachte, es wäre alles aus. Sie atmete tief ein, drückte Links Hand gegen ihr Gesicht und sprach gefasster: „Das das Mittel nicht mehr wirkt, ist merkwürdig. Normalerweise sollten die ,Tränen der Nayru‘ nicht abhängig machen oder die Wirkung verlieren. Dann braucht Link eben etwas anderes. Einer der Lehrkräfte und selbst Eliza McDawn, unsere Krankenschwester, können ihm im Augenblick auch nicht helfen.“ „Und was können wir dann noch tun?“, sagte Will deutlich besorgt. Ariana deckte den kränkelnden Link mit einer Decke zu, rieb sich ihre Stirn, schaute dann von Will zu Links Schrank und hatte eine weitere Idee. Hastig riss sie die Schranktür auf, durchwühlte den Kram, den Link angesammelt hatte und entdeckte eine leere Flasche, die ein wenig glitzerte. Sie öffnete den Verschluss, steckte ihre zierlichen Finger hinein, die dann ebenfalls glitzerten. „Was ist damit?“, murmelte Will. „Das sieht irgendwie schön und wärmend aus.“ „Das ist Feenstaub“, erklärte sie. „Link hatte früher oftmals Hilfe durch Feen, wenn er Wunden aus den Kämpfen…“ Sie versuchte sich nicht zu verplappern. „… wenn er Wunden hatte“, schloss sie ab. Sie blickte auf, aber sah das Misstrauen in Wills spitzfindigen, neugierigen, grünen Augen auflodern. „Irgendjemand muss bei Link bleiben. Ich mache mich auf den Weg zu einer Feenquelle“, sprach sie entschieden. Sie redete, als wäre dies eine Selbstverständlichkeit. Und das um diese Uhrzeit, hatte sie den Verstand verloren? Dachte sie tatsächlich, dass es nicht auffiel, wenn sich ein Mädchen aus der Schule nachts irgendwo herumschlich? Und dachte sie tatsächlich, sie würde allein in der Dunkelheit irgendwo auf eine Feenquelle stoßen? Will fiel auf die Bemerkung beinah aus den Wolken. „Zu einer Feenquelle? Ist das dein Ernst?“, platzte es aus ihm heraus. „Ja, das ist es“, sprach sie stur. Sie schloss ihre Augen, neigte ihr Haupt seitwärts und legte eine Hand auf ihr Herz. „Ariana“, versuchte er zu argumentieren. „Ich bin sicherlich nicht die Person, die dir diese aberwitzige Unternehmung verbieten sollte, aber hör‘ dir doch mal zu, was du da sagst! Wie willst du nachts so eine Quelle finden? Und was ist, wenn du angegriffen wirst? Was, wenn man dich von der Schule schmeißt, wenn das rauskommt!“ Sie grinste halbherzig. „Das sind nun wahrlich meine geringsten Probleme“, sprach sie gewieft. „Aber du kannst nicht einfach alleine…“ Sie unterbrach ihn scharf. „Will!“ Er stolperte angesichts ihres harten Tonfalls einige Schritte rückwärts. „Link braucht jetzt eine Fee, die ihn auf die Beine bringt. Und ich bin die einzige, die das für ihn erledigen kann“, erklärte sie. „Ich kann nicht tatenlos zusehen, wie er sich quält…“, setzte sie leiser hinzu. „Aber wenn man bemerkt, dass du verschwunden bist, dann fliegst du von der Schule!“ Will kam wieder mit den gleichen Argumenten, sodass in Ariana langsam das Fass überquellte. „Jetzt sag‘ mir, verdammt nochmal, nicht, was ich zu tun habe, William Laundry. Ich bin kein kleines, hilfebedürftiges Prinzeschen, auf das man aufpassen muss. Du hast absolut überhaupt keine Ahnung! Ich werde mir ein Pferd schnappen, eine Feenquelle suchen und finden, die Feen um Hilfe bitten und dann wieder hierher reiten, ob es dir nun passt, oder nicht!“ Sie brüllte inzwischen, sodass es vielleicht auch die Leute außerhalb des Ganges hören konnten. Wills grüne Augen drückten nur einen Bruchteil der Fassungslosigkeit aus, die er spürte. War das eigentlich noch normal, fragte er sich. Da steckte doch bestimmt mehr dahinter. Es musste einen Grund geben, dass Ariana sich in diese hysterische Xanthippe verwandelte, wenn es um Link ging. Sie pustete die Luft aus ihren Lungen durch die Nase aus, wie ein Stier, der gleich auf einen Feind losgehen wollte. Sie warf Will einen gehässigen, einschüchternden Blick entgegen. Sie schlüpfte in eine beige Hose, die sie in Links Schrank fand. Dann nahm sie sich auch noch einen Gürtel aus seinem Schrank, zog damit die etwas zu große Hose fest und band Links neues Schwert an ihre Hüfte. Sie nahm sich einen Dolch aus Links Schrank, zerschnitt damit das überlange Nachthemd und schnallte diesen an ihrem rechten Bein fest. Will wurde immer nervöser, als er zusah, wie sich Ariana an Links Sachen bediente und sich aus einem scheinbar unschuldigen Mädchen in eine Kriegerin verwandelte. Was, zum Teufel, bildete sie sich eigentlich auf sich selbst ein? Sie verband ihre Haare zu einem Zopf, versteckte diese unter der Kutte und zog diese fester zu. Und zu guter Letzt zog sie sich auch noch Links Stiefel über die Füße, sodass sie beinah so aussah wie ein Junge. Himmel, dachte Will, hoffentlich machte Link kein Theater, wenn er aufwachte und sah, dass seine Kleidung verschwunden war. Dann tapste Ariana mit der leeren Flasche in der Hand zu der Zimmertür, als Will sie noch einmal aufhielt. „Warum ist dir Link eigentlich so wichtig?“, meinte der Laundry und blickte ebenfalls in das kreidebleiche Gesicht seines Freundes. Und es war dann, dass Ariana endlich wieder ruhiger wurde. „Wenn ich ehrlich bin, ich habe absolut keine Ahnung. Ich weiß in letzter Zeit manchmal nicht, was mit mir los ist… Bitte bleib‘ bei Link“, bat sie und trat dann tapfer aus dem Raum. Wills grüne, scharfe Augen blickten etwas erleichtert durch die trübe Glasscheibe, als er Ariana auf einem der Pferde durch das Tor reiten sah. Er wünschte ihr Glück und drehte seinen Schädel zu dem ruhenden Link, der irgendwie noch schlechter aussah als vorhin. Auch er setzte sich kurz an die Bettkante und murmelte: „Du hast echt Glück mit deinen Freunden, ich wette, das weißt du gar nicht…“ Wie Recht Will in diesem Moment hatte, wusste er aber auch nicht… Ariana ritt derweil geschwind durch die eisigkalte Nacht. Ab und an schlugen ihr beißende Regentropfen ins Gesicht, aber es blieb zum Glück bei einem kurzen Schauer. Sie wusste, wohin sie reiten musste, zumal sie sich in der Provinz Lanayru sehr gut auskannte. Sie war immerhin hier geboren worden, sagte sie sich. Sie erinnerte sich kurz daran, was der Stallbursche für ein Gesicht gemacht hatte, als sie sagte, sie habe die Erlaubnis von einem der Lehrer sich ein Pferd zu nehmen und eine kurze Besorgung zu machen. Sie hatte ihm einen selbstgeschriebenen Zettel unter die Nase gehalten und die Schrift des Direktors so gut es ging gefälscht. Sie hatte schließlich mehr als einmal in wichtigen Dokumenten an der Mädchenschule herumgeschnüffelt und damit auch Viktors Unterschrift gesehen. Die waren doch alle selbst daran schuld, dass sie einer Ariana Blacksmith nicht besser auf die Finger schauten. Und der unerfahrene, gutgläubige Stallbursche hatte ihr ohne zu fragen diesen Schimmel zur Verfügung gestellt. Es war ein braves und schönes Tier, das ohne Zicken ihren Befehlen folgte und sie hatte das arme Tier inzwischen schon viel zu sehr gefordert. Sie stoppte das prächtige Ross kurz, blickte durch die Stille der Nacht, die nur vom Rauschen des Windes getrübt wurde und orientierte sich. Sie erhob sich auf einem der grünen Hügel und war in der Nähe einer alten Ruine, die einst einer vergessenen Ritterfamilie gehörte. Von jener Feste allerdings waren nur noch wenige Steine übrig. Sie war vor einigen Tagen mit Link und Will schon einmal hier. Das kühle Mondlicht hüllte die Landstriche in märchenhafte Gebilde. Und von hier aus konnte man die schattigen Ebenen der gigantischen Steppe Hyrules beobachten, die wie Wellen in der Weite untergingen. Nicht weit entfernt war Lyriellen, eine kleine Stadt, in der die Schüler bei so mancher Gelegenheit einige Besorgungen machen konnten. Von hier aus sah sie die Lichter der vielen Häuser. Ein Schein, der sie beruhigte. Sie striegelte die Mähne des prachtvollen Pferdes und flüsterte alte hylianische Formeln, die Geschöpfe jeder Rasse gnädig stimmen konnten und bedankte sich bei dem Wesen. Es wieherte gesund und erfreut, was auch der eigenwilligen Ariana ein Lächeln auf das Gesicht zauberte. „Wir haben es bald geschafft, ich danke dir“, sprach sie leise. Sie ritt weiter, ohne den Hauch von Erschöpfung durch die eisige Nacht und erreichte nach einer halben Stunde eine Schlucht, die zwischen zwei steilen Felsen hindurchführte. Ehrfürchtig reckte die tapfere Reiterin ihren mutigen Kopf in die Höhe und sah nur einen schmalen Spalt, der überhaupt noch Licht in diese Gefilde schickte. Sie hüpfte von dem treuen Pferd, nahm die Zügel und führte das Getier vorsichtig durch die enge Gasse zwischen den Felsen. Sie hatte einmal mehr ihre Öllampe in der anderen Hand und leuchtete umher, bedacht eine anbrechende Nervosität und Angst nicht siegen zu lassen. Das spärliche Licht der Lampe warf nur einen kleinen Kreis Helligkeit umher, sodass das Mädchen einen möglichen Feind oder wilde Tiere nicht sofort entdecken würde. Als der Hengst heftig zu wiehern begann und unruhig wurde, ahnte Ariana, dass sich in der Schlucht sicherlich irgendwelche Raubtiere aufhielten. Sie streichelte dem Hengst über den schmalen, langen Kopf und meinte leise: „Das geht schon… wir sind vielleicht nicht allein, aber das wird schon…“ Sie versuchte sich selbst Mut zu machen und tapste mit etwas schlotternden Knien vorwärts. Sie erinnerte sich, welches Ziel sie hatte, wie wichtig es ihr war, Link zu helfen. Und dieser Gedanke machte ihr Mut, auch wenn sie tief in ihrem Inneren überhaupt nicht wusste, warum sie das alles tat… Auch das Pferd wurde wieder ruhiger, was die Schülerin ebenfalls entspannte. Zielstrebig marschierte Ariana in der Dunkelheit vorwärts, bis sie die Schlucht passiert hatte. Und es war dann, dass sie sich auf einer moosigen Lichtung wiederfand und jene Schneise von dem Mond auf eine märchenhafte, sanfte Weise erhellt wurde. Das Laub alter Bäume raschelte sanft und summte ein andächtiges Lied, als der moosige Untergrund von plätschernden Wasser teilweise überflutet wurde. Ein magisches Treiben, das Arianas Augen zum Funkeln brachte. Ihre Stiefel wurden von dem reinen Quellwasser ganz vorsichtig umspült, Wasser, das glitzerte und funkelte, weil Feen es reinigten… Das Mädchen lächelte und kniete nieder, störte sich nicht an dem reinen Gut, das ihre Beine nass werden ließ. Es war warm und reinigend, floss über ihre Haut, sänftigte auch ihre Seele und wusch schlechte Gefühle und Gedanken hinweg. „Edles Herz, das du unsere Hilfe ersuchst…“, flüsterte es, sodass Ariana aufsprang und den Ursprung des angenehmen, verzaubernden Flüstern suchte. Es war eine hohe Stimme, die barmherzig und verführend sang. „Nenne uns deinen Wunsch und wir werden ihn dir erfüllen. Du bist nicht aus niederen Wünschen zu uns gelangt. Was ist dein Begehr?“ Die bernsteinfarbenen Augen in Arianas blassem Gesicht blickten suchend umher, bis sich aus dem raschelnden Blätterdach der Bäume ein Geschöpf von unglaublicher Schönheit und Stärke preisgab. Ein Zauber lag auf den Bäumen, die vor dem unsterblichen Wesen, das diesen Ort hütete, zurückwichen und ihre knorrigen Gestalten veränderten. Es war eine alte Fee mit silbernem Haar und einer schmalen Gestalt. Sie schmückte ihren Körper mit weißen Blütenblättern und schillerte mit goldenen Augen zu dem Mädchen, das ihre Hilfe suchte. Und Ariana verbeugte sich wieder, gehorsam und untertänig. Sie war vielleicht ein Wildfang, aber sie wusste um die Macht unsterblicher Wesen und sie würde sich gegenüber einem solchen Wunderwerk der Natur nicht wie ein Raufbold benehmen. „Ich ersuche Hilfe für meinen Freund… eine ungewisse, bösartige Krankheit quält ihn seit Wochen“, erklärte sie leise und schloss ihre Augen. Und es war dann, dass die menschengroße Fee näher trat und mit ihrer schmalen kühlen Hand das spitze Kinn Arianas berührte, sodass die Schmiedtochter aufsah. „Es ist der Held der Zeit, der Hilfe benötigt, nicht wahr?“, murmelte die Fee anmutig und streichelte mit den Fingerspitzen ihrer anderen Hand über Arianas Gesicht. Das Mädchen war über die Aussage der Fee nicht einmal überrascht, so sahen Unsterbliche doch viel öfter gerade das, was Hylianeraugen nicht ertrugen. „Da ist ein schönes Wesen in dir, unglaublich stark und rechtschaffen“, sprach die Fee lispelnd. „Du sollst unsere Hilfe erhalten“, entgegnete sie. „Aber zuerst erkläre dich.“ Und damit schwebte die Unsterbliche einige Meter zurück und deutete Ariana an sich zu erheben. „Ich danke Euch“, sprach das Mädchen und erhob sich mit einem tiefen Atemzug. „Der Held der Zeit leidet seit einiger Zeit an einer unerklärlichen Krankheit… man schenkte ihm die ,Tränen der Nayru‘, die ihm helfen sollten gesund zu werden. Nur scheint die Wirkung nachgelassen zu haben, da es keinen Effekt mehr hatte. Er ist jetzt bewusstlos, findet kaum zu sich…“ Ihre bernsteinfarbenen Seelenspiegel schlossen sich. „Das ist leicht zu erklären…“, entgegnete die Fee, nahm mit ihren schmalen langen Fingern eine sonderbare Gebetshaltung ein. „Weil es keine Krankheit ist, zumindest keine wirkliche, unter der er leidet… Das, was den Heroen befiel und seine Kräfte raubt, ist ein Fluch. Nur deshalb können ihm die ,Tränen der Nayru‘ nicht auf Dauer helfen. Denn jenes mächtige Heilmittel, gewonnen aus den Giftzähnen der Shiekahtiger, verliert niemals seine Wirkung.“ „Ein Fluch?“, sprach das Mädchen laut. „Link leidet tatsächlich unter einem Fluch?“ Angestachelt durch neuen Ehrgeiz und Tatendrang fragte sie weiter. „Wie kann er den Fluch brechen? Oder wie kann ich den Fluch brechen?“ Doch darauf senkte die Fee ihr Haupt. Ihr gläsernes, unglaublich zerbrechlich wirkendes Gesicht wurde grämlich. „Der Fluch kann nicht gebrochen werden, edles Herz.“ „Was soll das heißen?“, rief die Fünfzehnjährige erschrocken. „Das ist es, was du lernen musst zu ertragen, mächtige Seele. Nicht alles kann geheilt oder verändert werden. Viele Dinge in Hyrule unterliegen einem noch größeren Gesetz als du es erahnen kannst. Der Held, derjenige mit der unzerstörbaren Seele, hat ebenfalls einen wunden Punkt, den du nicht sehen wolltest.“ Scheu wich das Mädchen zurück und ihre kühle und vernunftgesteuerte Maskerade fiel. „Du hast ein mildtätiges Wesen, nein, magisches Wesen, aber auch die Götter Hyrules, haben ihren blinden Fleck. Lerne zu verstehen und zu ertragen, dass es an der Zeit ist, auch einmal zu verlieren.“ Und von Arianas Augen tropften nun zum zweiten Mal in dieser Nacht Tränen. Sie konnte kaum verstehen, was die Fee ihr sagte, konnte es nicht an sich heranlassen, und doch war da ein Teil in ihr, der dies alles verstand… „Bewahre deine Hoffnung“, murmelte die Fee weiterhin, schwebte noch einmal zu dem Mädchen hinüber und umarmte sie, beinah mütterlich, aber tröstend. Sie flüsterte mit ihrer weichen Stimme: „Ich kann seinen Fluch nicht heilen, aber durchaus bewirken, dass er auf die Beine kommt.“ Und aus dem Schatten der Bäume flog eine winzige Fee, etwas dicklich und mit hochrotem Kopf und rostrotem Haar. „Ich werde dir Saytiria, meine treue Dienerin zur Seite stellen. Sie wird die Tränen der Nayru durch einen Tropfen ihres Blutes ergänzen… aber auch es wird den Fluch nicht besiegen, den Heroen nicht heilen… Sehr bald wirst du das alles verstehen können…“ „Danke“, sagte Ariana noch einmal und öffnete ihre Hand für die Fee Saytiria, die dann dort Platz nahm. Sie verhielt sich stumm, blickte die Hylianerin mit verwunderten Augen an. Und es war dann, dass Ariana etwas eilig durch das Wasser trat, und auf ihr Ross aufstieg. Sie wollte keine Zeit mehr verlieren und mit der Fee zu der Ritterschule zurückkehren. Aber bevor sie den Ort verließ, hörte sie die Fee noch einmal sprechen. „Und, Ariana“, sagte sie. „Es gibt noch etwas anderes, das den Heroen auf die Beine bringt. Das kannst nur du ihm geben…“ Sie lächelte schwach, verstand und ritt eilig davon… Als Ariana mit der glitzernden Fee auf ihrer Schulter in das unbeleuchtete Zimmer von William und Link eintrat, war der schlanke, hochgewachsene Laundry an der Bettkante bei Link eingeschlafen. Sie weckte ihn auffordernd, worauf seine smaragdgrünen Augen zunächst zu Arianas erschöpften Gesicht und dann zu der Fee mit dem rostroten Lockenkopf wanderten. Er fiel hintenüber und begaffte das kleine Wesen entsetzt. Aber auch dadurch sprach die kleine Fee kein einziges Wort. Wortlos wühlte die Schwarzhaarige nach dem Heilmittel in Links Taschen und als sie es fand, hielt sie es der kleinen Fee hin. Jene lächelte sanft, aber sprach wieder kein einziges Wort. Sie hielt ihre zierlichen Arme über die Öffnung des gläsernen Fläschchens und schnitt mit einem winzigen Dolch, der aussah wie eine kleine Nadel, in ihre reine Haut. Ein großer Tropfen rostfarbenes, golden- fleckiges Blut tropfte in die Ampulle. Und als es sich mit den Tränen der Nayru vermischte, färbte sich die Flüssigkeit weder rostfarben, noch silbern, sondern wurde schwarz wie Pech. Die Fee nickte, klatschte in ihre Hände und verschwand mit einem Knall und feinem Feenstaub, der zurückblieb. Will war noch nicht einmal richtig wach, und war noch zu müde um seine sonst so neugierigen Fragen zu stellen und sah dümmlich drein, als Ariana das kleine Gefäß ein weiteres Mal an Links Lippen setzte. Die Wirkung setzte sofort ein. Die Blässe in Links Gesicht verschwand, seine Atmung wurde regelmäßig und er seufzte. Seine angespannten Gesichtsmuskeln lösten sich und er bewegte seinen Kopf ein wenig. „Den Göttinnen sei Dank“, murmelte Ariana, fühlte Links Stirn und stellte beruhigt fest, dass auch das Fieber verschwand. Erst jetzt spürte sie, wie auch über ihre Schultern eine gewaltige Müdigkeit fiel. Sie blickte auf Wills merkwürdige Kuckucksuhr und schüttelte entnervt den Schädel, da es schon beinah Morgens war. „Ist jetzt alles okay?“, sprach Will und drehte seinen Schädel zu der erschöpften Ariana. Sie neigte ihr Haupt, schloss die Augen und log: „Ja… es ist alles wieder in Ordnung… alles…“ Aber nichts war okay. Wenn sie den Worten der Fee glauben sollte, dann würde Link vielleicht wirklich niemals wieder der Held sein, der er einst war… „Du solltest etwas schlafen, Ariana“, meinte Will dann und tapste zu seinem Bett. „Du kannst es dir gerne auf dem Kanapee gemütlich machen. Ich hab‘ nichts dagegen und reden können wir ja morgen.“ Er stieg in sein Bett, murmelte noch ein Gutenacht über seine blassen Lippen und war eingeschlafen. Ariana aber blieb nachdenklich an der Bettkante sitzen, träumte und verlor sich in stillen Zufluchten… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)