Kampf gegen das Schicksal von Faylen7 (Wunden der Vergangenheit) ================================================================================ Kapitel 10: ------------ Der morgendliche Nebel stand schützend, wie ein weißer Arm aus Frische in den Mischwäldern. Ein Reh sprang hastend in ein kratziges Brenneselgebüsch, vielleicht um sich vor der aufgehenden Morgensonne zu verstecken oder aber, weil ein rohes Kampfgeschrei hier die Ruhe zerstörte. Ein kleiner Fisch, der sich verspielt in dem klaren Wasser des Glücksteiches aalte, tauchte kurz an die Oberfläche und sank wieder hinab. Nur wenige Meter weiter schwang Link mit freiem Oberkörper wie wildgeworden sein Schwert, führte jegliche Attacken aus und spürte zunehmend eine erbärmliche Schwäche, die sich über seine Muskelfasern legte. Mit jedem Hieb, der einst so leicht und beherrscht über seine Hand ging, schreckte ein Schmerz ihn ab, weiterzumachen. Genervt, fast angewidert von sich selbst, holte er aus zu einer Wirbelattacke, wollte seine magische Kraft nutzen, aber nichts tat sich. Keine Kraft. Keine Stärke... Schwitzend, laut keuchend, brach Link auf die Knie, stützte sich mit seinen wackligen Armen auf dem Gras ab und spürte Schweißtropfen an seiner aufgeplatzten Stirn hinabwandern. Schweißperlen, die in dem dunklen Erdboden versanken. Er atmete heftig, bekam kaum Luft. Verzweifelt schlug er mit der Faust auf den Erboden ein und begann sich selbst schon für seine Armseligkeit zu hassen. „Verdammt!“, murmelte er mitleidig. „Was passiert nur mit mir?“ Noch nie in seinem Leben hatte sich der Held der Zeit so elend, so schwach gefühlt. Das war nicht seine Stärke, sein Mut, all das, was ihn einst so heldenhaft machte... Unbeholfen rieb er sich über die schmerzende Stirn und ließ das Schwert auf das sattgrüne Gras fallen. Sein Körper wollte einfach nicht mehr, spielte nicht mehr mit. Doch aus welchem Grund? War Link wirklich verflucht worden oder gab es noch mehr Gründe als diesen? Gründe, die in der Vergangenheit zu suchen waren? Nach Luft schnappend stand Link auf, lief zu seinem Rucksack, der vor der Eingangstür der alten Holzhütte stand und kramte den Papierstoß mit den blöden Wahlfächern, dem Pflichtunterricht und dem anderen Müll, der für ihn keinen Sinn ergab, hervor. Also gut, dachte er. Irgendwann müsste er diesen bescheuerten Plan ja mal zusammenstellen und außerdem wäre dies eine Möglichkeit sich von seinem verdammten Schwächegefühl abzulenken... Er nahm sich eine große Schiefertafel, ein Stückchen weiße Kreide und warf einen ermüdenden Blick auf die Pergamentstapel. Sorgsam las Link die ersten Tabellen durch und hätte die Zettel am liebsten auf der Stelle auseinandergerissen. Denn das Chaos auf dem Blatt war nicht nur unsäglich, sondern fies. Von Sprachunterricht, Völkerkunde, Kartenlesen, der gesamten Historie Hyrules, einschließlich der Kriege und Legenden, über Training in allem möglichen, wo Tauchen, Reiten, Schocktraining, Muskelaufbautraining und anderer Kram angegeben war, führten die Zettel die Augen des weniger erfreulichen Lesers zu Kenntnissen in der Wundheilung, Schwerttechnik und nicht zu vergessen das Bogenschießen und das Strategische Denken. Der blanke Horror, dachte Link. Wie, bei Nayrus blauem Haar, sollte er aus diesem Wirrwarr einen ordentlichen Plan zusammenstellen? Warum habe ich mich nicht eher um diesen Rotz gekümmert, schallte es durch Links Gehirngänge? Farore, was bin ich blöd... Nicht zu vergessen, dachte Link. Mit rot markiert war das wichtigste Fach- der Umgang mit dem Schwert. Aber was war das? Link blätterte ein wenig und fand eine weitere erstaunliche Eigenheit dieses Chaos’. Einige der Fächer wurden nur jeweils in einem der drei Abschnitte eines Jahres angeboten. Und einige der sinnlosen Fächer waren wohl nur zum Spaß da, weil es zwar Anwesenheitspflicht aber keine Prüfungen darin gab. Und was sollte das? Mit Entsetzen las Link die Verteilung der Fächer über die Woche. Fast jeden Tag hatten die armen Schüler fünf Stunden Schwerttraining am Stück? Welch ein Schlamassel. Link hob seinen frustrierten Schädel in die Höhe, hatte irgendwie das Gefühl in seiner Freiheit eingeschränkt zu werden, bei dem Gedanken, dass ein so bescheuerter Tagesablauf in dieser Schule sich von früh um sechs bis abends um acht oder sogar zehn hinziehen konnte. Vor allem, da er noch so viel aus zwei ganzen Jahren nachholen durfte. Und weiterhin verzweifelte Link, suchte nach Hinweisen, welche dieser gesamten Fächer er überhaupt nachholen musste. Zwei, drei Stunden zogen sich so dahin und Link hatte noch keinen Strich auf die Schiefertafel gesetzt. Müde von der langweiligen Fächerauswahl legte Link den Kopf auf seine Knie und dachte einmal mehr an Gestern, hatte Wunschvisionen, was wäre, wenn er ein wenig mehr Kontakt zu irgendjemanden hätte, was wäre, wenn er nicht immer, stets und ständig alleine alles zu bewältigen hätte. Seine Augen schlossen sich lethargisch. Sein Herz und sein Verstand... beides war zu müde, um zu denken, um zu kämpfen. Was wäre, wenn er irgendwo, vielleicht doch, auch wenn nicht so, wie er wollte, einen Platz hätte. Nur einen Platz irgendwo in der Welt, mit ein bisschen Verständnis aus einem warmherzigen Gesicht, mit ein bisschen Zuneigung. Nur ein bisschen, mehr verlangte er doch nicht. Warum waren die Göttinnen so grausam zu ihm... ausgerechnet zu ihm, wo er den Teufel auf Erden ins Grab gebracht hatte... Eine Familie... so schön klang das Wort und irgendwie unwirklich. Eine Familie, ein seltsames Wort, das Link einfach nicht über seine Lippen brachte. Es war dem Wort Liebe in seinen Augen fast gleich. Ebenso ein Wort, welches er nicht verstand, welches in seiner Welt irgendwie keinen Sinn ergab. Familie... Plötzlich hielt ihm jemand einen ausgestopften, zerflederten Kuckuck vor die Nase. Überrascht sah Link auf und schaute in die vorwitzigen, smaragdgrünen Augen seines geduldigen Zimmerkollegen, der seine hellbraunen Augenbrauen verwundert nach oben zog. „Nanu? Und ich dachte schon du bist eingeschlafen“, sagte Will mit seiner tiefen Stimme. „Vielleicht sollte ich dich jetzt immer mit Kuckuck anreden oder diesen billigen Vogel benutzen, dass du aufsiehst“, ergänzte er. Sofort räumte er den Kuckuck aus der Uhr Belles wieder weg. „Hallo“, entgegnete Link kühl und sprang auf seine Beine. Er wollte keine Gesellschaft, er wollte nachdenken. Aber wie beim Triforce konnte William ihn eigentlich finden? Abweisend lief Link zu dem Schwert, welches nutzlos im Gras lag. Genauso kam der junge, unerkannte Held sich vor. Nutzlos und ohne Bedeutung, weil niemand sehen würde, weil niemand verstand. Will blickte währenddessen zu der leeren Schiefertafel und dem Stückchen unbenutzter Kreide. Dann schielte er zu dem Papierstoß und wusste auch so, dass Link es nicht geschafft hatte aus dem Wirrwarr herauszufinden. Er räumte das Zeugs zusammen und setzte sich auf eine hölzerne Treppenstufe der klapprigen Holzhütte. „Wie konntest du mich hier eigentlich finden?“, meinte Link, setzte sich im Schneidersitz vor den Teich und begann sein Schwert mit einem ordentlichen Wetzstein zu schärfen. „Sir Newhead sagte mir, dass du hier bist. An diesem Glücksteich, so heißt der doch, oder?“ „Ja“, sagte Link kurz und hoffte, William würde endlich mit der Sprache herausrücken, was er wollte und dann wieder verschwinden. Denn der Held der Zeit konnte im Augenblick einfach keine Gesellschaft vertragen. Nicht nach dem Kampf gegen den Blutsmoblin, nicht nach der Erkenntnis, den seltsamen Anfällen oder dem merkwürdigen Fluch nicht entkommen zu können... Auch wenn Lilly, das kleine weise Mädchen behauptete, William würde der beste Freund des Helden Hyrules sein... „Aber woher weiß Sir Newhead, dass ich hier bin?“ „Da war so ein komisches Mädchen mit diesem Ritter in der Schule unterwegs und sie wusste es wohl allem Anschein nach.“ Überrascht drehte sich Link in Wills Richtung, sah aber bewusst an ihm vorbei. „Komisches Mädchen?“ William kratzte sich abtuend am Kopf und setzte hinzu. „Sie hat sich nach dir erkundigt und...“ Er verhaspelte sich und versuchte nicht zu stottern. „... und dann hat sie in deinen Sachen herumgeschnüffelt. Sorry, aber ich konnte das nicht verhindern. Die hat eine ziemlich große Klappe gehabt...“ Du Schwächling, dachte Link. Allerdings ahnte er sehr wohl um die Person, die sich nach seinem Befinden erkundigt hatte. Und sich gegen die Prinzessin Hyrules zu behaupten, war schon eine Lebensaufgabe... „Hatte sie honigblonde Haare? Blaue Augen? Und schien sehr wissend zu sein?“ Der junge Laundry blickte überrascht auf, hüpfte auf seine Beine und trat zu Link heran, der teilnahmslos auf den See starrte. „Ja! Kennst du sie gut?“ „Sie ist...“ Link überlegte nach dem richtigen Wort, wollte schon sagen, dass sie eine gute Freundin war, aber das erschien ihm ungerechtfertigt und dumm... „Sie ist eine Bekannte...“, meinte er dann und warf einen Stein in den Glücksteich. Will hinter ihm schien aber angesichts dieses Satzes schon zu jubeln. „Du meinst, sie ist nicht deine Freundin? Das ist toll.“ Und der Schüler mit der schwarzen Schultunika klatschte einmal mit der Faust in die Hände, hatte plötzlich so einen entschlossenen, zielsicheren Blick und ein aufgeregtes Leuchten in seinen stechenden Augen. „Dann wird sie meine Freundin!“, protzte er und stieß mit seinen Mundwinkeln beinahe an die Ohren. Irritiert drehte sich Link zu dem schmunzelnden, auf Wolke sieben schwebenden Jugendlichen um und konnte sich aus dessen Getue keinen Reim machen. Sicher, dachte Link. Er hörte die Leute immer erzählen, wenn sie sich verliebten und das Getuschel, welches daraus entstand schien bei den Hylianern irgendwie angesagt zu sein. Aber er selbst wusste damit einfach nichts anzufangen. Er war zu sehr danach bestrebt frei zu sein, war zu unwissend um den tiefen Sinn hinter der Liebe zu verstehen und dachte immer nur daran, wie komisch es aussah, wenn sich zwei Hylianer die Zungen gegenseitig in den Rachen steckten... „Deine Freundin?“, sagte Link nachdrücklich und hoffte, Will würde ihm irgendwie mitteilen, was es mit diesem Wort auf sich hatte. „Ja, genau. Aber...“ Und das Grinsen schwand sehr schnell aus Wills Gesicht. „Wie heißt die denn eigentlich?“ „Ihren Namen würdest du mir sowieso nicht glauben. Und nur damit du Bescheid weißt, sie ist nicht leicht zu beeindrucken.“ Nanu, war das etwa eine Form der Eifersucht, die Link plötzlich in die Venen stieg? Genauso wie zu dem Zeitpunkt, als Valiant ständig von Zelda redete und dem armen, unwissenden Helden erst später bewusst wurde, dass Valiant der Cousin der Prinzessin ist? Eifersucht... Quatsch, mahnte sich Link. Warum sollte er eifersüchtig sein? „Aber ich fand sie trotzdem cool. Und du sagtest, sie wäre nur eine Bekannte?“ Link nickte und blickte trübsinnig zu Boden. Er wünschte sich in letzter Zeit eben einfach keine näheren Beziehungen, keine Freundschaften und wurde dem Gespräch mit Will schon wieder zu müde. „Weil sie mir einiges über dich erzählt hat...“, setzte Will hinzu und pflanzte sich nebst Link auf die grüne Wiese. Ein kleiner Wind kam auf und brachte das Wasser in dem Glücksteich dazu, kleine Wellen zu schlagen. Es war wie, als würde sich die Göttinnenmutter Destinia in dem Spiel mit dem Wind bemerkbar machen. Denn nichtkörperlich war sie überall, im Wind, in den weißen Wolkenschleiern, hinter der aufgehenden Sonne und in jedem Element, welches lebte. Destinia, die Delegierte des Schicksals... „Diese Dame erzählt viel, wenn der Tag lang ist. Sei’ nicht zu leichtgläubig. Also, was willst du hier?“ Kurze Sätze hinterlegt mit Abweisung. Doch Will gab darauf keine Antwort. Er schwang sein Gesäß wieder auf die Beine und tauchte einige Fingerspitzen in das kühle Nass. „Mein Vater sagt immer, es ist kein Fehler, es zeigt keine Schwäche, jemanden um Hilfe zu bitten, jemandem zu vertrauen. Gerade die sind schwach und feige, die sich nicht trauen jemandem zu vertrauen.“ Wills aberwitzige Stimme hatte sich gewandelt. „Es ist einer der Ehrenkodexe in unserer Familie.“ Link schwieg dazu, und hatte das Gefühl die Stimme verloren zu haben. Warum sagte William ihm das? Hatte Zelda diesem Quacksalber etwa alles auf die Nase gebunden, ihm gesagt, wer der trübsinnige Hylianer war, ihm gesagt, was mit ihm nicht stimmte? Verärgert trat Link an den Schüler heran und sagte mit energischem Tonfall: „Sag’ schon, wie viel hat sie dir erzählt?“ Seine Augen beißend und stechend. „Wie meinst du das?“ „Das hübsche Mädchen in unserem Zimmer. Was hat sie dir über mich erzählt? Weißt du Bescheid?“, giftete Link. Aber ebenso besah er sich das erstaunte Gesicht Williams, der nicht wusste, warum der unerkannte Held plötzlich so eine schlechte Laune hatte. „Worüber Bescheid?“ Link wich zurück und blickte betreten zu Boden. „Über mich...“, sagte er. Doch William schüttelte den Kopf. „Sie hat nur gemeint, dass sie dich sehr gut kennt. Nichts anderes...“ Sich den Schlafsand aus den Augen wischend und über die schmerzende Stirn streichend, drehte sich Link um, nahm sein Schwert und lief zu der kleinen Hütte. William folgte ihm stur. Er hatte dieser Dame, nachdem sie verschwunden war, innerlich versprochen sich um Link zu kümmern, also würde er das jetzt auch tun. Und basta. Er war hartnäckig, mutig und kampfbereit. Na, wenn das kein Kampf war, diesen komischen Vogel Link näher kennen zu lernen... „Du hast den Plan noch nicht fertig, oder?“, sagte Will, als er zu der Schiefertafel blickte und feststellte, dass absolut gar nichts auf dieser vermerkt war. Link schüttelte mit dem Kopf und biss sofort wieder die Zähne zusammen angesichts der kleinen Gehirnerschütterung, verursacht durch den erbarmungslosen Kampf gegen den Blutsmoblin. Er amtete scharf durch die Zähne ein und stützte eine Hand an den Schädel. „Du solltest vielleicht mal in dem Krankenflügel vorbeischauen.“ „Ich brauch’ keine Hilfe“, sagte Link mürrisch und ließ sich auf einer Holzstufe nieder. Will nahm sich an ihm ein Beispiel, gesellte sich ebenso auf eine Treppenstufe und holte ein großes Stück Pergament aus seiner Tasche. „Schau’ mal. Das ist mein Plan. Da wir beide so ziemlich, nein, eigentlich genau dasselbe nachholen müssen, stimmt dieser exakt mit dem überein, was du absolvieren musst. Du kannst ihn gerne abschreiben.“ Baff und extrem verwundert sah Link auf. Will gab ihm einen dussligen Blick. „Nun guck’ nicht so vertrottelt. Ist das das erste Mal, dass dir jemand ein bisschen Arbeit abgenommen hat.“ Aber Link glotzte tatsächlich ungläubig drein, so als war Wills Handlung mehr als nur einer Auszeichnung wert. Und es war sicher eines der ersten Male, dass jemand ihm half... „Nun nimm’ diese Hilfe schon an. Du kannst das, wenn du zu stolz dafür bist, auch gerne auf andere Weise wieder gut machen.“ Link schüttelte mit dem Kopf und wollte diese Hilfe gerade verschmähen, als Will dazusetzte: „Lilly meinte, wenn du keine Hilfe von mir annimmst, würde sie mir erzählen, was dein größtes Geheimnis ist. Und glaub’ mir, mein Schwesterchen weiß mehr als uns allen lieb ist. Obwohl ich ihr trotzdem nicht alles abkaufe.“ „Mein größtes Geheimnis? Und wenn schon, die halbe Ritterschule weiß es und du wirst es sowieso bald erfahren.“ Aber war denn das Heldsein sein größtes Geheimnis? Gab es nicht eine andere Sache, die sich für den Klatsch und Tratsch noch mehr eigenen würde? „Toll, ich will’s aber nicht wissen. Mit den Geheimnissen ist das so ne Sache. Wenn ich mir vorstelle, jemand würde mein größtes Geheimnis einfach so herausposaunen, wäre ich bestimmt auch verbittert und genervt.“ Verdammt noch mal, dachte Link, redete William alles schön, oder war das seine aufrichtige Einstellung zu den Schattenseiten der Hylianer um ihn herum? „Ist das wahr? Ich meine...“, sagte Link umständlich. „... denkst du wirklich so, oder willst du mir bloß einen Bären aufbinden?“ William grinste tückisch. „Das war meine Erziehung.“, eiferte er. „Meine Mutter hat schon ein paar edle Ansichten zu allerlei Themen, musst du wissen.“ „Du kannst froh sein, eine solche Mutter zu haben...“, sagte Link und konnte im nächsten Moment nicht glauben, dass gerade er so etwas gesagt hatte. War das wirklich sein Mundwerk, das derartige Worte erschaffen hatte? Waren es seine Lippen, die sich öffneten um diesen Satz aus seiner Kehle gleiten zu lassen. „Jo, meine Mutter ist schon toll!“, lachte William. „Also, willst du diesen Plan nun haben? Ich könnte ihn dir auch erklären.“ Link zögerte zunächst, aber aus uneinleuchtenden Gründen waren die Zweifel mit jemanden zu reden wie weggewaschen. Vielleicht war es die Tatsache, dass William Laundry ein sehr helles und waches Gemüt hatte, oder aber, da er aus einer sehr edlen, rechtschaffenen Familie stammte. Link wusste es nicht. Aber aus irgendeinem Grund wuchs in ihm mehr und mehr das Gefühl, William ansatzweise, wenn auch mit vielen Einschränkungen, vertrauen zu können. Schwankend stand Link auf seinen müden Beinen und sagte: „Ich nehme an, das hat sich sowieso erledigt.“ „Wie meinst du...“ „Hast du meinen Test vergessen? Ich habe versagt... versagt...“ Als ob das Wort auf der Zunge zergehen müsste, wiederholte Link es. Versagt. Gerade er hatte versagt... Ein Held, der versagte, war in Links Augen kein Held mehr. Denn Helden waren geboren, um nicht zu versagen, sie waren geboren, um erbarmungslos zu kämpfen und niemals eine Niederlage hinzunehmen. Ein Held, der versagte, war nichts wert für ihn... „Ich habe den Test nicht bestanden.“ Link kniff gedemütigt die Augen zu, schämte sich so ungeheuerlich für sich selbst und diese irrsinnige Schwäche. Verdammt noch mal, das bin nicht ich, sagte er immer wieder in seinen Gedanken. Das bin ich einfach nicht... „Beim Triforce, Link.“, sagte Will aufgebracht. „Was erwartest du eigentlich von dir? Kein Hylianer hat sich jemals einem Blutsmoblin alleine gestellt. Kein Ritter der hylianischen Tafelrunde hat jemals einen Blutsmoblin so mutig ins Antlitz geschaut, ihm getrotzt wie du! Anstatt stolz auf dich zu sein, bist du verbittert und enttäuscht von dir selbst, weil du diesen fetten Dämon nicht in die Flucht geschlagen hast? Bei den Göttinnen, du dachtest doch nicht wirklich, dass Viktor mit einem so unfairen Test durchkommt?“ Aber Link maulte: „Du hast doch keine Ahnung.“ „Mag sein, dass ich die Umstände nicht kenne. Mag sein, dass ich nicht weiß, warum Viktor dich bis in die tiefste aller Höllen wünscht. Aber nicht einmal dieser untreue Ritter hätte dieses Ekel in dem Käfig bezwingen können. Du solltest froh sein, dass du noch lebst.“ Damit gab Will dem dussligen Held der Zeit einen Klaps an seinen Gehirnskasten. „Ich war vorhin bei Sir Newhead. Und der meinte, ich solle dir von ihm schöne Grüße bestellen. Er hofft, dass es deinem Schädel nicht allzu schlimm geht. Außerdem soll’ ich dir ausrichten, dass du auch ohne Test ein Anrecht hättest, hier zu lernen. Ich versteh’ zwar nicht wieso, aber so sagte er es.“ So langsam hatte Link das aberwitzige Gefühl, Will verstand vieles nicht, so wie das gripsmäßig hochangesiedelte Gefasel seiner kleinen Schwester. Ein wenig weitschweifig, ein wenig scheu, brachte Link ein „Also gut“ über die trockenen Lippen und wanderte mit seinen tiefblauen Augen den ersten Wochentag ab. „Montag früh haben wir Shiekahredewendungen. Ein traditionsreiches Fach, welches von einem alten Zwergprofessor unterrichtet wird. Die Sprache der Hylia und Dämonenkunde haben wir auch bei ihm. Aber diese zwei Fächer müssen wir nachholen. Um sieben fängt der Montag an.“ „Was so früh?“, murrte Link ungläubig. Er war schon ewig ein Langschläfer und hatte absolut keinen Nerv um diese frühe Stunde offen herumzuhampeln. „Sei’ doch froh, dass wir nicht schon um fünf rausmüssen. Ich hab’ gehört, Viktor lässt einige Jungs Frühsport machen, wenn diese in seinem Unterricht versagt haben.“ „Was unterrichtet der eigentlich?“, maulte Link und überflog den Montag. Kartenlesen und Schwertkunst und nach dem Mittagessen wieder Schwerttraining... sowie der Kurs der Höhen am späten Nachmittag. „Der Hurensohn Viktor?“ „Ja“, meinte Link ruhig und blies bei dem Anblick des vollgestopften Montags einen Luftstrom an seinen Haaransatz. „Die Schwertkunst und Verteidigung. Fast jeden Tag fünf Stunden.“ „Na da kann ich mich ja auf was gefasst machen“, murrte der junge Held und wanderte mit einer trübsinnigen Geste hinaus in das klare Wasser des Glücksteiches. Will sah auf, hatte etwas verständnisvolles in seinen grünen Augen und doch verriet ein böser Funken Neugier seinen Standpunkt. „Warum hasst er dich denn so?“ Link verkrampfte seine schwitzenden Hände und begann: „Weil..“ Aber er stoppte in den Worten und rieb sich über das feuchte Gesicht. Sollte er William erzählen, dass dieser Kerl annahm, Link hätte ein Mädchen entführt? „Kennst du Malon, das Farmmädchen?“ „Mensch, bist du ne hohle Nuss. Da will man mal was wissen und du fängst gleich mit dem nächsten Thema an.“ Wills Enttäuschung sprühte Funken. Da hatte er geglaubt, er hätte endlich einen Draht zu seinem oberkomischen, einsamen Mitbewohner und dann mogelte er sich um das Thema. Link ließ den Kopf schief hängen und rechtfertigte seine Worte vor sich selbst. Er hatte ja schließlich versucht, mit der Wahrheit anzufangen... „Ja, ich habe Malon schon mal gesehen, ist aber nicht mein Typ. Warum? Ist sie dein Typ?“ Mit geweiteten Augen drehte sich Link um und räusperte sich. „Nein, nicht Malon...“ „Und was willst du dann von ihr?“ „Nichts weiter... aber ich kenne sie.“ Will runzelte die Stirn und schüttelte banal den Schädel. Link war wohl einfach nur hoffnungslos verloren... Der Waise wagte wieder einen Blick auf den Stundenplan und besah sich nun wissbegierig den Dienstag. Wie schön, dachte er neben dem Umgang mit dem Schwert gab es an dem Tag ein wenig Bogenschießen, Armbrusttraining und überhaupt war der Tag vollgefüllt von den Stunden bei der Gerudokriegerin. „Der Dienstag is okay, da sind wir auch etwas früher entlassen. Dann der Mittwoch, wo wir die Vorlesung über die Historie und Kriege Hyrules bei Lord Aschwheel besuchen müssen.“, setzte William hinzu. Aschwheel, dachte Link. Lord Aschwheel, der alte Humpelnde aus der Doomrent- Festung. „Was weniger schön ist“, begann William, während seine grünen Augen auf dem Stückchen Papier versunken schienen. „... der Donnerstag, da haben wir von früh um sechs bis spät abends um zehn Unterricht.“ Link schüttelte abtuend mit den Schultern. „Ich gehe sowieso nicht überall hin...“, meinte er beiläufig und schien extrem gelangweilt. „Aber das kannst du nicht. Du kannst doch nicht den Unterricht schwänzen. Das geht doch nicht.“ „Natürlich geht das. Alles geht.“, sagte er, nahm sein Schwert wieder in die Hand und wollte gerade einen sauberen Schwertstreich ausführen, als ihm das lederne Heft mit einem Ruck aus der Hand fiel. Ein übler Schmerz zog sich seinen Schwertarm entlang, allein der Gedanke an seine einstige Kraft, die Macht des Helden der Zeit, tat weh... „Was’n los?“, meinte Will und hüpfte näher. Doch Link schwieg. Es war gerade so, als wollte ihm jemand verbieten zu kämpfen. War das vielleicht gerade die Absicht von den dunklen Mächten, die ihn folterten, die seine Seele in den Abgrund geschickt hatten, wo er jetzt fest stak. „Nichts“, nuschelte Link über die spröden Lippen und begann sich wieder selbst zu belügen. Achtlos ließ er die Klinge im Gras liegen, stolperte zu dem Häuschen und verschwand dahinter. Die alte Holztür stand immer noch einlandend offen und doch blieb der junge Laundry wenige Sekunden auf dem dichten, saftigen Gras stehen. Ein seltsames Gefühl umfing ihn. Es war wie als ob er auf der Spur eines großen Geheimnisses wäre. Als ob mit jeder weiteren Minute sich ein unaufhaltbares Ereignis der Wirklichkeit näherte... Ein Wesen gekleidet in grauem, langen, unauffälligen Mantel wandelte in der Zitadelle der Zeit, einem Ort der Ehrerbietung, einem Ort, wo die Zeit selbst ausgesperrt schien. Die Kälte schlüpfte heimlich durch viele, kleine Risse in dem Gestein. Dumpfe Schritte hallten hier, verursacht durch jene Gestalt, die suchend an das geheiligte Masterschwert herantrat. Noch immer zeugte die Handschrift des Rostes von ihrer Zerstörungsgewalt. Feine braunrote Spuren des Verderbs zogen sich vom Zeitenfels hinauf bis hin zu dem amethystfarbenen Schwertheft mit den goldenen Metalleinschlägen. Rost, der Schimmel der Zeit... Es war die Prinzessin, die erneut hier wandelte um den Zustand der mächtigsten Waffe Hyrules zu überprüfen. Doch wieder fand sie nur ein altes, unbenutzbares Schwert vor sich, welches sich nicht einmal von einem berufenen Träger aus dem Fels ziehen lassen würde. Mit genügend Abstand blieb sie vor der Klinge stehen, denn sie wusste und erkannte das, selbst wenn jenes geweihte Schwert verrostet schien, eine alte Seele in ihm lebte. Ein Schutzmechanismus, der verhinderte, dass irgendjemand, der nicht bestimmt war, die Waffe zu berühren, von ihrer Macht Gebrauch machen konnte. Ein Dämon, nicht mächtig des Herzens seiner selbst, würde sich an der Klinge die Finger verbrennen. Und ein unehrenhafter Hylianer oder ein Dummkopf würde am eigenen Leib die Gewalt und Wahrheit der Weisen zu spüren bekommen, die jenes Schwert einst vor vielen Hundert Jahren schmiedeten. Eine weitere Gestalt trat näher. Stiefelgeklapper in den geheiligten Räumen der Zitadelle. Ein junger Mann, sehr eitel, denn es entsprach seinem Stand, trat aus dem Schatten der Säulen hervor. Eine edle Rüstung mit ausgestopften Orden, einem goldenen Schulterlappen über der rechten Brusthälfte hängend und teurem königsroten Stoff, der an vielen Ecken unter der Silberrüstung hervorstach, wurde von dem wenigen Fackellicht enttarnt. Ohne sich umzudrehen, sprach Zelda ruhig und gelassen. „Was erwartest du hier zu finden, Valiant?“ Zielsicher trat der junge Königssohn näher an das sagenumwobene Schwert, welches stets von den Tapfersten der Tapferen, von den wahren Helden von Generation zu Generation geführt wurde. „Im Grunde...“ Und Valiants hellgraue Augen ruhten beinahe verlangend auf der tückischen Waffe, die nicht in falsche Hände fallen durfte. Nicht ungewöhnlich und doch bedenklich war Valiants Suchen und Erstaunen bei dem Anblick der geheiligten Waffe. Denn jeder Kämpfer in Hyrule, der schon einmal getötet hatte, konnte von dem Masterschwert geblendet werden. Sein beißender Blick. Ein Funkeln verborgen. Die Gier nach Besitz eines solchen Tötungsinstrumentes... „Im Grunde... nur ein Blick. Nur ein Schwingen. Nur ein Windstreif...“ Und er blieb wenige Meter vor der Waffe eines wahren Helden stehen. „Aber warum ist es verrostet?“, sagte er klar. Die Macht über seine Sinne wiedergewinnend, zog Valiant seine Fingerspitzen zurück, bedacht, das seelenbesitzende Schwert nicht aus den Augen zu lassen. Blaue Augen stachen aus der grauen Kapuze Zeldas hervor. „Du hegst Interesse an dem Schwert des Lichts, dem Schwert der Wahrheit, welches sich seinen Träger selbst wählt?“ Und sie wand sich zu ihrem Cousin, der noch ganz nah an der alten Waffe wachte. „Ist dies Tun nicht weniger als deine Pflicht?“ „Gewiss“, sagte der junge Edelmann, geneigt, wahre Absichten zu kaschieren. „Und doch frage ich mich, wie es sein mag, wie es sich anfühlt, jene Waffe zu tragen, sie zu schwingen. Das Masterschwert zu einem Diener der eigenen Stärke zu machen.“ „Du unterschätzt das Schwert, wie jene, die ihm zum Opfer gefallen sind. Jene, deren Blut sich nicht mehr der stählernen Klinge entreißen lässt. Hüte deine falsche Begierde, Valiant.“ Verärgert drehte sich jener um und fuhr energischer fort. „Wer sagt uns, dass jenes Schwert nur für den wahren Helden geschmiedet wurde?“, sagte er eindringlich, sodass seine Stimme in den unterirdischen Hallen umherschallte. „Ist es nicht Wahnwitz, diese Macht hier enden zu lassen. Ist das Rosten nicht ein Hinweis, dass Link nicht mehr würdig ist, es zu tragen?“ Zeldas sonst so warmherzige Augen zogen sich enger. Eindringlich argumentierte sie: „Sind das deine Schlüsse? Woher kommt dein Recht die Wahrheit zu hintergehen? Sagt dir dein geblendeter Verstand, dass Link nicht mehr würdig ist, das Schwert zu führen?“ Valiant blickte betreten zu Boden. „Nein... verzeih’ es ist wohl der Begehr dieses Schwertes, welches mich meine Schlussfolgerungen ziehen ließ.“ Ebenso wie andere wurde der junge Königssohn Opfer der Gier, das Schwert der Schwerter in Händen zu halten. „Soso... war es auch dieser dreckige Begehr, welcher dich den jungen Helden der Zeit ohne Hilfe gegen einen Blutsmoblin kämpfen ließ. In seinem Zustand!“ Herausfordernd wand sich die junge Thronfolgerin zu ihrem Cousin. Eine magische Windböe umflatterte den grauen Mantel und ließ den Staub hier wüten. Valiant blickte schief auf und ein wenig Reue stand neben seiner eitlen Mimik. „Verzeih’ mir dafür, Cousinchen...“ Zeldas Schultern sanken von der angespannten Pose hinab und ihre Angriffslust sank allmählich zurück in den Nebel der Macht in ihrem Innersten. „Was waren deine unhaltbaren Gründe? Neugier? Oder etwa doch die Lust das Masterschwert zu deinem Eigen zu machen?“, sagte sie zynisch. „Ich wollte wissen, wozu Link fähig ist“, sagte er mit ernstem Ton und blickte wieder forschend zu der geheiligten Klinge, wo sich der Rost von Sekunde zu Sekunde gleich einer Schlange wand, gleich einer tötenden Schlinge, die um einen Hals zugezogen wurde. Wie ein Lebendiges sich selbst strickendes Kostüm kleidete der Rost die Klinge, die niemals vergessen werden sollte. „Dann hast du wohl nun erfahren, wozu er im Moment nicht fähig ist...“, sagte Zelda und drehte sich gen Ausgang. „Und die Frage scheint, ob er jemals wieder zu dem fähig ist, was in seiner Verantwortung gegenüber dem Schicksal liegt.“ Als die Prinzessin Hyrules mit übler Laune bereits wieder im Sonnenschein wandelte und sich in aller Ruhe unerkannt über den Marktplatz bewegte, erwachte in Valiant erneut das zügellose Bedürfnis nur einmal von der Macht des Schwertes zu kosten, nur einmal das wunderbare Masterschwert zu berühren, das Schwertheft zu streicheln. Ganz langsam, neugierig, wie die verspielten Hände eines Kindes bewegten sich seine Fingerspitzen an das feine Schwertheft heran, wollten erfahren und fühlen. Valiants graue Augen wuchsen. Feine rote Blutäderchen des Glaskörpers darin zerplatzten, hinterließen rote Striemen in den Augen Valiants. Es war ein Spiel mit dem Feuer. Und doch schien der junge Adlige nicht dagegen ankämpfen zu können. Ein Spiel mit der Macht, wobei doch immer nur jene eine Macht selbst gewinnen konnte, welche das Spiel steuerte. Das mächtige Masterschwert spiegelte sich verräterisch und ohne für gewöhnliche Augen sichtbare Roststriemen in den geweiteten Pupillen des Hylianers. Seine rauen Fingerspitzen nahten sich der geheiligten Waffe eines wahren Helden... Nur kurz war die Berührung von Haut auf magischem Leder. Nur ein kurzer Effekt, nicht erfahrbar für die Sinne eines sterblichen Wesens wie Valiant es war. Und der gesamte dunkle, stille Raum färbte sich plötzlich und tosend hell. Ein gleißender, schrecklicher Atem der Macht stach gefahrbrünstig hervor. Die Luft brannte vor Energie und ein ohrenbetäubendes Grölen schickte alle empfindlichen Hylianerohren im Umkreis von hundert Metern in den Wahnsinn. Der junge Adlige platzte schreiend an die Wand, verlor für kurze Augenblicke die Beherrschung und das Verständnis über seinen Körper. Jede Körperzelle saugte nach Energie, jede Körperzelle hatte erfahren, wie dumm der Wunsch nach Macht, der Durst nach dem geheiligten Masterschwert, sein konnte... Als sich die Szenerie leerte und das gigantische, stahlweiße Licht sich wie eine Woge aus Nebel langsam über den Boden bewegte, sich wieder in dem Schwert sammelte, rappelte sich Valiant auf, hetzte wie ein flüchtendes Stück Vieh aus den uralten Räumen, furchtvoll und ehrerbietig, diesen Ort nie wieder aufzusuchen... In dem Moment betrat der unwissende Laundry das dunkle, behangene Holzhäuschen. Stickige Luft schlug ihm entgegen, als er das kleine, unaufgeräumte Wohnzimmer mit smaragdgrünen Augen durchstöberte. Link stand gebeugt vor dem kleinen Kamin, ihm den Rücken zugewandt und stützte sich heftig atmend am Kaminsims ab. Sein Körper fühlte sich an, als wollte er zerbersten, aber weniger aus Schmerz, sondern aus einer gigantischen Energie heraus, die sich in jeder Faser seines Körpers voranbahnte. Wie ein energiegeladenes Floß auf einer hohen See. Links Augen waren erglommen, belegt mit silbrigem Schimmer, während sein Puls in die Höhe schoss. „Ist was passiert?“, meinte William. Aber Link würde seinen Mitbewohner jetzt nicht vollkommen verstehen, denn seine Ohrmuscheln schienen dem Einfluss starker Energie ausgeliefert zu sein. Der Heroe richtete sich abrupt aufrecht, gleichzeitig rauschte ein Strom kribbelndes Feuer seinen linken Arm hinauf. „Ja...“, seufzte Link. Sein Blick schwankte hinaus aus einem beschlagenen, staubigen Fenster. Er rieb sich nachdenklich sein Kinn und ließ den aufgeladenen Schwertarm bedacht an seiner Seite hinabbaumeln, aus einer Vorsichtsmaßnahme heraus. „Und was?“ Will verzog sein Gesicht. „Wenn ich das mal wüsste...“ Ein Pochen zerrte sich seinen Schwertarm nach oben, in Begleitung von Druck und dem gleichzeitigen Gefühl von Schwerelosigkeit. Es schien ein Zustand des Auffressens zu sein, wonach einst verwendete Magie nun zurückforderte, was der Nutzer ihr schuldig war. Wärme und Kälte, die Ströme aus denen sich das Gute und Böse schöpfte, arbeiteten nun in jeder Faser, in jedem Knochensplitter seines Armes. Unbegreiflich, und doch eher sich selbst neutralisierend war die Erfahrung des Momentes. Schwerttanz... so hatte Link das Gefühl damals genannt. Denn er, der Held der Zeit, der doch mit dem Masterschwert und der heiligen Okarina in den Wellen der Zeit segeln konnte, hatte manchmal und nach Kämpfen häufiger jene sekundenlange Empfindung, die das Masterschwert aussendete. Schwerttanz, da Link zwischen den Zeiten tanzte und das Masterschwert diesen Tanz immer begleitet hatte... Link kratzte sich am halbzertrümmerten Schädel und blickte dann beinahe grinsend in Wills irritiertes Gesicht. „Aber egal...“ Und damit tat Link jene Empfindung des Schwerttanzes ab, denn sie konnte nicht sein und warf einen weiteren Blick auf den zermürbenden Plan. „Wie sieht denn der Freitag aus?“ „Schrecklich...“, entgegnete Will und blickte sich in der muffigen Hütte ein wenig genauer um. Er öffnete einen klapprigen Schrank, durchwühlte eine rabenschwarze Truhe mit harten Eisenbeschlägen und begann damit den Gerümpel hier und da, Teller, Lederbeutel, Dosen, heruntergebrannte Kerzen, einen zerbrochenen Spiegel und einige verstaubte Bücher in den Schrank ganz rechts, unter der Treppe hineinzustecken. „Sprache der Hylia, Unterricht bei Newhead, Schwerttraining und Magieunterricht stehen da an.“ „Magieunterricht? Wozu das denn?“ Und der junge Held half dem scherzhaften William die kleine Bude auf Vordermann zu bringen. Er stopfte die gelöcherte Tischdecke in den Schrank, der nun bald aus den Nähten platzte. „Hast du denn kein Interesse am Magieunterricht? Ist zwar bloß eine Stunde am Freitag, aber vielleicht hat ja einer von uns ungeahnte magische Fertigkeiten. Ist ja hier in Hyrule nichts allzu außergewöhnliches.“ Link nahm sich seufzend einen Staublappen und alsdann putzten und schrubbten die beiden Jugendlichen das versteckte Häuschen am Glücksteich, bis es blitzblank glänzte. Sie räumten den kaputten Hausrat heraus, stellten die restlichen, noch brauchbaren Stücke in eine schöne Ordnung, wedelten mit Staubbesen und hängten verschönernd ein paar graue, zottelige Tuchlappen als Vorhänge vor die milchgläsernen Fenster. „Fehlen nur noch ein paar Leute, ein wenig hylianischer Schnaps und ein ordentlicher Schuss gute Laune“, sagte Will erfreut. „Und dann steht einer ordentlichen Sause nichts im Weg.“ Was? Das konnte Will doch nicht ernst meinen. Link hatte gehofft, er könnte hier seine Ruhe haben. Er brauchte im Moment keine Stimmungskanonen... „Nur der Dachboden fehlt noch.“ Und Will schnipste eifrig mit den Fingern. Gerade wollte er die einsturzgefährdeten Treppen hinauf, als Link ihn zurückhielt. „Nimm es mir nicht übel, aber kann diese Hütte nicht unser Geheimnis bleiben?“ „Warum?“ Und Wills Augenbauen nahmen beinahe die ganze Stirn ein, aus Ungläubigkeit. „Weil ich hier gerne ab und an meine Ruhe haben möchte“, sagte Link ehrlich und drehte sich weg. Will zuckte mit den Schultern, war aber einsichtig. „Na gut, wenn du möchtest.“ Und beinahe wäre dem jungen Helden ein Danke über die Lippen gefahren. Augenblicklich gab sich das erste Mal ein verräterisches Kratzen in dem kleinen Keller unter der Falltür preis. Dann etwas wildere Geräusche. Vor Aufregung machte William einen Luftsprung und stolperte unglücklich auf das jugendliche Gesäß. „Beim Triforce? Was war das denn?“ Laundrys Blick heftete sich furchtvoll auf das nahe, unheimliche Geräusch. Derweil griff Link sorgsam nach dem Dolch an seinem braunen Ledergürtel. Planvoll lief er in Richtung der gefährlichen Falltür. „Du hast doch nicht ernsthaft vor, die Tür aufzumachen“, platzte es aus Wills trockenem Mund hervor. „Oh doch!“, schmunzelte Link beinahe. „Mach’ das nicht! Und wenn dort unten was gefährliches ist?“, sagte Will entgeistert. „Dann kannst du immer noch weglaufen, du Angsthase.“ Abrupt stand der grünäugige Jugendliche auf den Beinen. „Ich und weglaufen? Meine Ahnen sind auch nie weggelaufen. Ich würde mich schämen, wenn ich weglaufen würde.“ Link rollte die Augen und meinte frech: „Dann wirst du wohl gleich einen Grund haben, vor Scham ganz tief im Boden zu versinken.“ Herausfordernd klopfte Link mit einer Hand auf das alte Holz der Falltür, bedacht, was immer in dem Keller lauerte aus der Deckung zu locken. „Du Spinner!“, brüllte Will energisch. „Hör’ gefälligst auf, das Ungetüm noch anzustacheln.“ Aber Link drehte sich nur dümmlich um und schielte mit den tiefblauen Augen in das zu Tode geängstigte Gesicht seines ach so tapferen Zimmergenossen. Nur unter Aufwendung allen Mutes stapfte Will zu Link heran. Aber unbeeindruckt wanderten Links Hände an den verrosteten Riegel der Falltür. „Beim Triforce, du kannst doch nicht... wenn da unten ein Dämon ist...“ Das Zittern in Wills tiefer Stimme war nicht zu überhören. „Wenn du damit anfangen würdest, die Luft anzuhalten, könnte ich mich um das sogenannte Ungetüm kümmern. Also spiel’ hier nicht den Feigling, Will.“ Und mit einem lauten Schlag zerrte Link die Türe auf, wobei die Holzbekleidung teilweise abbröckelte. Aufgeregt kroch Will auf allen vieren in eine Ecke, krallte sich eine Vase und harrte voller Empörung den grausamen Dingen, die da kommen mögen. Vorsichtig lugten Links dunkelblaue Augen in die Tiefe. Ein wenig zerstreut und doch sicher, beständig war sein Blick. Als ob er die wahre Stärke in seinem Inneren allmählich erinnern wollte... Genau in dem Atemzug platzte etwas Großes, Zähnefletschendes, Schleimabsonderndes aus dem Keller hervor. Wills tosender Schrei ging zwischen dem plötzlichen, aufgeregtem Kläffen eines Haustieres unter. Link begann zu lachen, als sich ein großes, weißschwarz geflecktes Tier auf ihn stürzte und mit einer riesigen, schlabberigen Zunge begrüßte. Als der junge Laundry seinen Wolfshund erkannte, atmete er erleichtert aus und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Bei den Göttern, was hatten sie beide doch für ein Schwein... Er humpelte näher und begann das kräftige Tier zu betätscheln. Er schüttelte mit dem Kopf und sagte zu Link gewandt: „Hast du etwa gewusst, dass Wulf in dem Keller ist?“ „Was meinst du, Wulf, habe ich das gewusst?“ Das Tier jaulte und schien mit dem Kopf zu wippen. „Ein paar schöne Kasper seid ihr beide. Haltet mich bloß nicht noch mal zum Narren. Eine Minute länger und ich hätte mir vor Angst in die Hose gemacht.“ Es war eines der wenigen Male, dass sich Links ansehnliches Heldengesicht zu einem kleinen Grinsen verzog. Will erstaunte nicht schlecht, beließ es aber dabei, den merkwürdigen Spund darauf anzusprechen. Link gähnte plötzlich und fühlte mal wieder einen kleinen Schwächeanfall. Er streckte sich und marschierte mit Wulf, der schwanzwedelnd hinter ihm herhüpfte, zu der Treppe. Will folgte stur. Denn es gab noch viele Dinge, die er über Link wissen wollte. Die Tatsache, dass Link die Prinzessin Hyrules kannte, war nur eines der Dinge, die Wills Wissbegierigkeit unterlagen. Sie brachten die Unordnung auf dem Dachboden in ein anständiges Maß zurück und putzten das Fenster. Der Abend brach an, als sich Link kränkelnd auf die Bettkante niederließ und den stechenden Kopf in die rauen Hände stützte. „Wir können zufrieden sein. Die Hütte ist so gut wie neu!“, meinte William begeistert und schob einen Nachttischschrank mit fehlender Schublade an das Bett. Der erschöpfte Held sah nur auf und hatte schon wieder etwas Tieftrübsinniges in seinen Augen. „Darf’ ich dir eine Frage stellen?“, sagte Will leise und hüpfte schwungvoll auf das knarrende Bett. Wulf bellte laut los und leckte erneut über das traurige Gesicht des Helden der Zeit. „Ja, worum geht’s?“ Verwundert blickte Link zu dem nachdenklichen Gesicht Wills. „Du bist Waise, habe ich recht?“ Doch damit hatte Link nicht gerechnet. Noch nie hatte ihm jemand eine so eindeutige Frage gestellt. Nicht Zelda, denn sie wusste es bei einem Blick in seine Augen. Nicht einer der Bekannten in Termina, denn es waren nur Bekannte. Nicht einer der Kokiri, denn sie wussten nicht, was Eltern überhaupt waren... Aber Link antwortete nicht, denn er brachte jetzt wieder keinen Ton hervor. „Bei Nayrus allmächtiger Liebe. Das ist ja bestimmt nicht deine Schuld. Was ist denn mit deinen Eltern passiert?“ „Ich weiß nicht genau...“, nuschelte er vor sich hin und fühlte eine immense Wut und Anspannung in sich keimen. „Sie sind in dem Krieg vor fünfzehn Jahren umgekommen. Ich weiß eigentlich nichts über sie.“ Und damit stand Link auf und lief hinüber zu dem kleinen Fenster, welches mehr einem Guckloch entsprach und schielte in den untergehenden Feuerball am hylianischen Abendhimmel. „Aber du weißt, dass dein Vater Ritter war, nicht? Oder war deine Mutter die Schwester eines Ritters?“ „Ja, das könnte beides sein.“ „Und wo bist du aufgewachsen, ich meine, du musst ja irgendwo gelebt haben.“ Inzwischen konnte Will mit seinen Fragen nicht mehr aufhören und wurde ersichtlich grob. Wulf sprang von der Matratze und hastete vergnügt zu Link hinüber, suchte Streicheleinheiten und wohlgesonnene Ablenkung. Link blickte leicht verärgert drein. „Sicherlich habe ich gelebt, sonst würde ich ja jetzt nicht hier stehen.“, maulte er. Er ließ sich auf den Holzboden sinken und setzte sich in Schneidersitzmanie neben das Fenster. „Entschuldige“, meinte Will widerrufend. „Kennst du den Namen deines Vaters?“ „Nein...“, flüsterte Link beinahe. „Das ist schade. Und wo bist du nun aufgewachsen?“ „In den Kokiriwäldern.“ Erschrocken fuhr William hoch. „Was? Deshalb wolltest du in diese Wälder aufbrechen, nachdem wir dich mit den Karren angefahren haben?“ Wills smaragdgrüne Augen drehten sich mit jedem weiteren Wort aus dem Gesicht. „Du bist tatsächlich in den alten Wäldern groß geworden. Das ist ja krass!“ „Behalte das bitte für dich“, sagte Link nachdrücklich. „Okay, kann ich machen. Und wo hast du so kämpfen gelernt? Etwa auch im Wald?“ „Nein... und nun hör’ auf mit deinen Fragen. Das reicht jetzt“, giftete Link und drehte sich abweisend gen Fenster. William zuckte mit den Schultern und seufzte. Das Bett hier war wirklich gemütlich. Warum eigentlich zurück in diese dämliche Schule gehen. Hier war es doch viel interessanter, vor allem, da er endlich einen Draht zu diesem komischen Typen Link gefunden hatte. Außerdem hatte auch William Laundry trotz seiner gutmütigen Seite, einen unwiderruflichen Hintergedanken. Wenn Link schon so unglaublich elegant, anmutig und stolz kämpfen konnte. Dann könnte er sich doch ab und an... ein paar Scheiben davon abschneiden oder diesen Link irgendwann darum bitten, mit ihm zu trainieren. „Übrigens, wir haben auch Samstag Unterricht und Sonntag früh auch zwei Stunden.“ „Willst du mich verarschen, oder was?“, sagte Link glaubenslos. „Nein, das ist mein Todernst.“ „Aber Sonntag, das geht doch nicht! Da gehe ich eben einfach nicht hin“, sagte er abschließend. Wie konnte jemand nur auf den Dreh kommen ihm seinen heißgeliebten Sonntag zu nehmen? Schließlich wollte er ja auch mal mit Epona Ausreiten, neue Orte in Hyrule entdecken, und da konnte er nicht jeden Tag in dieser blöden, nutzlosen Schule bleiben. Links Blick schweifte gedankenvoll zu dem Glücksteich und er sah zwei weitere Gestalten an dem See stehen. „Nanu?“, meinte er verwundert. „Da draußen stehen zwei Mädchen am Teich.“ „Was? Wie?“ Will hüpfte auf die Füße, rückte seine Frisur zurecht und eilte neugierig zu Link hinüber. Nicht mal schlecht, dachte der junge Laundry, als er sich die beiden jungen Damen betrachtete. Die eine hatte wildes, schwarzes Haar bis zur Hüfte. Eine Schönheit ohne gleichen. Was Will nicht wusste... Link kannte das schwarzhaarige, temperamentvolle Mädchen bereits, hatte wohl keine Chance die bernsteinfarbenen Augen jemals wieder zu vergessen, welche so herzensbrecherisch verhexen konnten. Die andere war weniger toll, ein wenig kräftig, obwohl füllig und fleischig es wohl eher trafen. Sicherlich wollte William nicht voreilig über die Dame urteilen, aber sie schien sich ab und an zu viele goronische Steinzuckerkekse, kalorienreiche Zoralakritze, Wundererbsenragout mit Zimtwaffeln oder die guten hylianischen gebratenen Sahneteufel in den Mund zu stecken. „Wow, guck’ dir mal die an mit der großen Oberweite. Die scheint für ihr Alter ziemlich reif zu sein. Und dann der Hintern, wie der von einem Brauereisgaul“, muckte Will und kicherte belustigt. Link aber schien sehr unbeeindruckt von diesem Kommentar. „Hast du nichts anderes zu erzählen, du abnormer Kerl?“ Aber Link wusste wohl nicht, dass Jungs in seinem Alter schon ein allmähliches Interesse am anderen Geschlecht entwickelten. Die Frage war, warum Links Instinkt diesbezüglich, seine unbewussten Triebe und die unverbesserliche Natur eines Mannes, irgendwie nicht richtig oder aber verkehrt arbeiteten. War es die fehlende Erziehung? „Sag’ bloß, das interessiert dich nicht?“, fragte Will verdutzt. Link runzelte verwirrt die Stirn. „Was genau meinst du denn?“ Naiver geht’s wahrscheinlich nicht mehr... Will räusperte sich und begann um die Nasenspitze himbeerrot anzulaufen. Er schluckte die Spucke in seinem Hals umständlich herunter und setzte plötzlich zu einem jauchzenden Schrei an. Sein Blick heftete sich fassungslos nach draußen zu den beiden Mädchen, die sicherlich von der Mädchenschule stammten. „Was machen die denn da?“, stotterte er. Denn die Damen nahmen wohl an, unter sich alleine zu sein. Das andere, eher dickliche Mädchen begleitet mit einem dunklen Latzkleid zog plötzlich ihre braunen Sandalen aus und fummelte an ihrem Kleid herum. Wills Augen wurden immer größer, sein Mund stand sperrangelweit offen und Wasser sammelte sich um seine Mundwinkel. Beinahe erstarrt sah er zu, was da draußen vor sich ging. Bei der Göttinnenmutter Destinia, diese Mädchen hatten doch nicht etwa vor in dem Teich schwimmen zu gehen... und das... nackt? Das an manchen Ecken gestopfte Latzkleid landete auf dem Boden und die dickliche Gestalt stand nur noch in einem cremefarbenen Höschen und einem zerflederten Korsett da, welches an einer Stelle aufgerissen schien. Das Fett schien nur so an ihren prallgefüllten Hüften herauszutreten. Die Dame kicherte und setzte sich belustigt an den Teich, streifte sich langsam die restlichen Stofffetzen vom Körper. Wills Kopf glühte als ob man ihn in einem Backofen gesteckt hätte und sein hellbraunes schulterlanges Haar stand in alle vier Himmelsrichtungen. Ihm war so heiß, dass er keine andere Möglichkeit sah, als vom Fenster wegzuspringen und wie bescheuert auf und ab zu laufen. Derweil wanderte Links Blick, zugegeben ein wenig neugierig zu Ariana, der stolzen Tochter eines Schmieds. Sie fuhr mit ihren Händen an den Seiten ihrer roten Miederbluse entlang und knöpfte jene langsam auf. Sicherheitshalber wanderte sie mit ihren durchdringenden Augen hin und her, bedacht jeden Spion ausfindig zu machen, blickte zu den dickstämmigen Bäumen, zu den vielen Sträuchern, und auch zu dem kleinen Guckloch. Ihre Augen quollen auf, als sie einen mit der Nasenspitze an der Fensterscheibe klebenden Link entdeckte, der auch noch so unverschämt war mit einer Hand, und zu allen Übel plötzlich unschuldig grinsend, zu winken. Sie brüllte etwas, was der gute Link glücklicherweise nicht verstanden hatte, knöpfte augenblicklich ihre Bluse zu und zeigte ihm einen drohenden Finger. Höflich wand er sich vom Fenster und sah Will nervös in dem Zimmer Kniebeugen, Handstände und Sprintübungen machen. „Äh, sind sie weg?“, stotterte er. „Nein, aber die eine hat mich gesehen, als ich gewunken habe.“, sagte Link, als ob das eine Selbstverständlichkeit war. Bei den Kokiris war es gang und gebe, dass die Kinder in dem See ohne Scham voreinander schwimmen gingen. Aber Link hatte wohl nicht bedacht, dass diese zwei attraktiven Wesen außerhalb schon lange keine Kinder mehr waren. „Die haben... du hast... was?“ Schockiert wie er war, wollte William diese Sache nicht begreifen. Plötzlich wurde mit lautem Getöse die Holztür in das Häuschen aufgeschlagen und Arianas merkwürdige Stimme schallte außer Rasche durch die Hütte. Einem Erdbeben gleich fielen Vasen, Geschirr und Bilder von den Wänden. „Link!“, brüllte sie. „Du mieser Spanner. Wo hast du dich verkrochen?“ Ein simples: „Oh oh...“, entkam seiner Kehle. „Was musst du auch winken, du Idiot!“, bemerkte Will entrüstet und hielt Ausschau nach einem Versteck hier zwischen Spinnweben und Motten. Gerade wollte sich Will in dem alten Kleiderschrank verstecken, als mit hörbarem, verärgerten Fußstapfen so laut, dass sich im wahrsten Sinn des Wortes die Balkon bogen, eine miesgelaunte Ariana Blacksmith auf den Dachboden stolzierte. Ihr Kopf rauchte vor Wut, als sie einen wehrlosen Link und nur wenige Meter weiter einen noch wehrloseren William Laundry vorfand. Sie hatte einen stabilen Ast in der Hand, presste vor Zorn kochend ihre schönen, roten Lippen aneinander und schlug mit dem Ast gleich einer Peitsche in ihre andere Handfläche. „Was hast du zu deiner Verteidigung zu sagen, du kleiner Lustmolch?“ Link wich dümmlich zurück und verstand keineswegs Arianas überschäumenden Wutanfall. „Link!“, schimpfte sie cholerisch. Das pechschwarze, aufgewühlte Haar schien magisch aufgeladen zu sein. Doch der junge Held wedelte umständlich mit den Händen und meinte nur gehässig: „Aber was habe ich denn falsch gemacht?“ Arianas hübscher Kopf drehte sich zu dem anderen Mädchen, welches gerade die erste Treppenstufe genommen hatte und mit roten Ohren schamhaft zu Boden blickte. „Deine hohle Rübe verdient eine ordentliche Belehrung. Was wollen wir mit diesem Spund machen, Olindara?“ Ariana meinte das schüchterne, rundliche Mädchen, welches ihre Kleider wieder angezogen, auf der ersten Treppenstufe, verharrte. Schüchtern entkam es dem trockenen Mund des anderen Mädchens: „Weiß nicht...“ Sie stotterte und fühlte sich, als ob sie gleich im Boden versinken würde. Bei Din, ein Junge hatte sie nackte gesehen, während sie am Teich saß. Ein Junge! „Aber ich weiß es!“, fauchte Ariana und trat näher, immer noch beachtete sie Wills banges Gesicht nicht und stach dem jungen Helden Link vor Aufregung und Hitze mit dem Ast in ihrer Hand beinahe die Augen aus. „Ich erwarte, dass du dich auf der Stelle bei Olindara entschuldigst!“, sagte sie und drohte ihm mit einem gewaltigen Hieb des Astes. Link schmollte. Wozu sollte er sich entschuldigen? Er hatte doch gar nichts Unrechtes verbrochen. „Ihr seid doch selbst dran schuld, wenn ihr beide euch hier auszieht!“, giftete er. Doch was zu viel war, war eindeutig zu viel. Ariana holte gewaltig aus und der Ast sauste gnadenlos auf Link herab. Jedoch traf sie ihn nicht. Flink und sportlich wie er eben war, hüpfte er mit einem Salto nach hinten. Er wollte gerade anfangen sich zu rechtfertigen, als ihm aber eine weitere Sache einfiel: „Außerdem...“ und sein Blick ging zu einem schamroten William Laundry, der immer noch versuchte sich in dem Schrank zu verstecken. „... William hat genauso geguckt. Und er hat gesagt, das andere Mädchen hätte eine gewaltige Oberweite.“ Ein herzzerreißender Schrei kam von unten herauf und dicke Tränen kullerten Olindara über die Wangen. Verletzt und gekränkt schrie sie auf, wischte sich die Wasserbäche von den Wangen und hastete weinend aus der Hütte heraus. „Vielen Dank auch, du unsensibler Idiot!“, brüllte Ariana. „Bist du so bescheuert, oder kapierst du das nicht?“ Aufgeregt breitete sie ihre Arme auseinander. „Es ist das schlimmste für ein Mädchen, wenn ein Junge unbefugt die Grenze zu ihrer Intimsphäre betritt und du hackst einfach so auf ihren Gefühlen herum. Hast du keinen Funken Mitgefühl?“ Link schaute stumm werdend zu Boden. Er kapierte das nicht. Woher sollte er das auch wissen? Er hatte absolut keine Ahnung von Mädchen, auch wenn sie immer hinter ihm her waren, und noch weniger wusste er etwas über deren Geheimnisse. „Und du, William Laundry? Warum hast du Link nicht mitgeteilt, dass man so was nicht macht?“ „Also... ich hab’...“ Er war zu verlegen und zu gefangen in dem Anblick des Mädchens von vorhin, dass er ganz vergessen hatte, Link darüber in Kenntnis zu setzen, dass man so etwas nicht machte. Ariana schüttelte eingeschnappt mit dem Kopf. „Hat es sich für euch beide wenigstens gelohnt?“, zischte sie. William kratzte sich am Kopf und murmelte dümmlich: „Ja... doch... irgendwie schon.“ „Du bist das letzte, Idiot! Du bist genauso hirnlos wie Link!“, fauchte sie und schmetterte den Ast wuchtig auf den schutzlosen William. Der Holstab landete krachend an Wills Kopf, der daraufhin wie ein Brett zu Boden ging. Mit einem lauten Schlag kam der bewusstlose Körper der jungen Laundry auf dem Boden auf. „Äh? Will?“, sagte Link laut und entrüstet. „Keine Sorge, du Dussel, er hat nur eine Beule!“ Ariana trat einen weiteren Schritt an Link heran und sagte aufmüpfig. „Du bist ganz schön frech!“ Aber Link schwieg dazu und blickte in die wachen Augen das Wolfshundes, der bisher geschlafen hatte und nun gefährlich mit seinen gelben Augen leuchtete. Er richtete sich auf, schüttelte sein zotteliges langes Fell und hüpfte schnuppernd in Arianas Richtung. Als er näher trat und auffallend mit seiner nassen Nase schnüffelte, wich Ariana Sicherheit suchend zurück, versteckte sich hinter Links Statur und krallte sich mit beiden Händen an seinen linken Arm fest. Link verleierte die Augen genervt, kniete nieder und wollte dem Wolfshund die Wangen kraulen. Wulf jedoch war im Moment für Streicheleinheiten nicht zu haben. Misstrauisch schlich er um Ariana herum, die sich nicht zu rühren wusste. Als Wulf zu knurren anfing, wurde es ihr zu viel und sie hetzte schnellen Schrittes zur schmalen Treppe, während Link den Wolfshund zurückhielt. Ariana trotze, Link die Zunge herausstreckend und marschierte wütend von dannen. Als sie aus der Hütte heraustrat, kamen leise und mit ernstem Ton unterlegte Worte über ihre Lippen. „Was bist du doch ahnungslos, Link...“ Wenige Sekunden später wachte William aus dem kleinen Trauma auf, und rieb sich fluchend über den mit Beulen gesegneten Schädel. „Vielen Dank auch. Was musst du mich unbedingt verpetzen?“, sagte Will und blickte ziemlich dümmlich drein. Ein Hinweis, dass er die Sache nicht so ernst sah, wie andere. „Ich habe nur die Wahrheit gesagt“, schmunzelte Link und reichte seinem Zimmerbewohner eine helfende Hand. Sofort schlug Will ein und blickte belustigt aus dem dreieckigen Fenster. „Diese Dame war aber ziemlich temperamentvoll...“ „Wie eine Gerudo, oder?“ Will nickte und griff sich an den trommelnden Schädel. „Und was meinst du dazu?“, sagte er gut gelaunt, selbst wenn er eine kleine Gehirnerschütterung davon tragen könnte. „Hat es sich gelohnt, dass wir geguckt haben?“, lachte er. „Ich befürchte schon, oder“, sagte Link verräterisch und hatte das erste Mal seit langem ein echtes Grinsen auf dem Gesicht, welches William nicht bemerkte. Ein richtiges, herzhaftes Grinsen. Es war so entspannend und frohstimmend für den jungen Helden der Zeit. Auch Will feixte: „Ja, ich denke, es hat sich durchaus gelohnt, obwohl ich gerne Ariana mal ohne Wäsche gesehen hätte.“ Verhohlen guckte Link den jungen Laundry an, als er diesen Gedanken äußerste. Das ging nun doch noch ein bisschen zu weit, oder? „Die hat eine schöne Figur, musst du doch zugeben, oder?“ Link nickte schief und fuhr sich verlegen durch die blonden Haarsträhnen. „Aber woher kennt die dich denn?“ „Och... ich habe ihre Koffer getragen, als wir auf dem Weg zur Schule waren. Ich habe sie nur zufällig getroffen.“ „So langsam ist es seltsam, wie viele Damenbekanntschaften du hast.“, meinte William abschließend. Aber auf diese doch sehr bissige, scheinbare rhetorische Frage war keine Antwort nötig. „Da war zum Beispiel das engelsgleiche Mädchen gestern Abend, Malon, dann Ariana und...“ Verwundert drehte sich Link zu Will, der anscheinend nicht mit der Sprache herausrücken wollte. „Und?“ William dachte insgeheim an den erstaunlichen Brief von Prinzessin Zelda, den er ansatzweise gelesen hatte. Und allem Anschein nach hatte Link eine Verbindung zu der begnadeten Prinzessin der Hylianer. „Vergiss’ es wieder“, beendete William die Diskussion. Es gab sicherlich noch günstigere Momente, Link mit diesem Thema zu löchern. Der junge Laundry hatte heute wahrlich genug über Link in Erfahrung gebracht... „Du hör’ mal“, meinte William ernst, als sie nach einer Weile einem moosigen Pfad folgten und sich das sattgrüne Moos bis über die Wurzeln der Bäume legte und an den Rinden hinaufwanderte. „Ja?“ „Wir sollten uns trotzdem bei Ariana und der dicken Olindara entschuldigen…“ „Sicher...“, sagte Link und trat vorsichtig neben einen Laubfrosch, der gurgelnd auf dem Weg saß. Auch wenn er nicht wirklich wusste wieso und warum, so dachte er... dass er es wohl auch nicht so berauschend finden würde, wenn Ariana oder Olindara ihn nackt gesehen hätten. „Aber mal was anderes... Meinst du, es ist die richtige Lösung Wulf bei der Hütte zu lassen?“ Und Link schweifte mit seinen tiefblauen Augen zurück zum Glücksteich, der schon wieder einige Minuten Laufen entfernt war. „Ja, Link. Glaub’ mir, der kommt besser alleine klar als mancher Hylianer...“ „Wenn du das sagst.“ Die Dunkelheit legte ihren trüben Abendmantel über das alte Hyrule, als die beiden Jugendlichen zufrieden und sich auf den ersten Unterrichtstag freuend in der alten Ritterschule eintrafen. Aber die Dunkelheit hatte ihre bösen Augen überall haftend diese Nacht. Und viele finstere Augen würden zu der dreizehnten Stunde, dann wenn nach alten Ritualen die Kräfte des Bösen und des Guten im Gleichgewicht waren, sich von der Nacht durch ihren Verderb und ein tückisches Glühen preisgeben. Denn es war Tagesundnachtgleiche in jener Welt. Ein besonderer Tag, ein gefährlicher Ausdruck von Macht, besonders zur dreizehnten Stunde, die Hexen als das lüsterne, verschwenderisch und mörderische Werkzeug von alten Handlungen am Rande des gewöhnlichen Zeitverlaufs benutzten... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)