Irrenanstalt von abgemeldet (WGs sind die Hölle!) ================================================================================ Kapitel 3: Irgendwie zu viel ---------------------------- Der Freitag danach Die Woche ging unter in einem vernebelten Meer aus drögen Vorlesungen und Abenden in der Universitätsbibliothek. Meine Tage waren gut gefüllt, sodass ich kaum zur Ruhe kam und dementsprechend nicht über meine derzeitige Lage grübeln konnte. Nachts hingegen, wenn mich keine eintönige Stimme fast in den Schlaf lullte oder mein Kopf über dicken Wälzern hing, kam mir wieder in den Kopf, warum ich mich ständig so müde und erschlagen fühlte – Sasuke. Seit einer Woche hatten wir kein Wort mehr miteinander geredet, nicht einmal ein Wort der Begrüßung, wenn wir uns in der Wohnung über den Weg liefen – was zugegebenermaßen sehr selten der Fall war, da ich jene tunlichst zu umgehen versuchte. Die Situation war grässlich für mich und mein überbeanspruchter Kopf gab sich die größte Mühe, alle möglichen, scheußlichen Zukunftsbilder zu malen, kaum hatte ich meine Augen zum schlafen geschlossen. Auf meinen Schultern schien ein massives Gewicht zu lasten, als ich Freitagmittag die Wohnung betrat. Es war Wochenende und so sehr ich jedwede Art der Ablenkung genoss, die Bibliothek war an diesen drei Tagen kaum zu ertragen, so voll war sie. Ich war erst ein einziges Mal am Wochenende dort gewesen und wäre selbst mit Musik auf den Ohren beinahe durchgedreht bei all dem Trubel. Seitdem vermied ich es, am Wochenende dorthin zu gehen, selbst wenn das für mich bedeutete, dass ich zu Hause sein musste. Inos Vorlesungen gingen selbst Freitags bis in den späten Nachmittag hinein und Hinata arbeitete jeden Freitag Nachmittag ehrenamtlich bei einem Tierheim in der Nähe der Universität und fiel somit auch weg. Tenten hatte freitags immer Training und Temari würde gewiss bei Shikamaru stecken und damit waren wir auch schon am Ende meiner Möglichkeiten zur Flucht. Mit gehörig angestautem Frust pfefferte ich meine Tasche auf den Küchentisch und öffnete den Kühlschrank, weniger aus Hunger, als aus Langeweile. Für eine durchschnittliche WG war er eigentlich immer gut gefüllt, was uns alle selber verwirrte, aber irgendwie schafften wir es, diesen Standard aufrecht zu erhalten. Ich schnappte mir einen Smoothie und verkrümelte mich in mein Zimmer, denn in absehbarer Zeit würden auch die Jungs zurück kommen und sicherlich lautstark in der Küche über die heutige, abendliche Aktivität plaudern. Narutos Begeisterung fürs Wochenende war noch weit größer, als bei „normalen“ Menschen und so war es eigentlich immer er, der uns bzw. Sasuke ein Ohr darüber ab kaute, was heute Abend alles in der Stadt lief. Manchmal waren es Hauspartys, in der Regel gingen wir allerdings nur in unseren Lieblingsclub. Bei dem Gedanken ans Feiern gehen wurde mir jedoch übel und ich hoffte, dass Naruto mich heute einfach verschonen würde. Selbst er musste die seltsame Atmosphäre in unseren vier Wänden bereits bemerkt haben, vielleicht hatte er sogar mit Sasuke darüber gesprochen. Letzteres bezweifelte ich zwar, da der Schwarzhaarige von sich aus nie etwas erzählte, aber die Möglichkeit bestand. Kaum hatte ich die Tür hinter mir ins Schloss fallen lassen, öffnete sich auch schon die Tür der Wohnung. “Was ein Timing, Sakura“, beglückwünschte ich mich innerlich, nur um prompt festzustellen, dass ich meine Tasche in der Küche vergessen hatte. So zu tun, als wäre ich nicht hier, war also keine Option mehr. Ich spürte, wie meine Füße kalt wurden, doch die Minuten verstrichen in unangenehmer Stille. Seufzend ließ ich die Jalousien meiner beiden Fenster so leise wie möglich herunter. Ich wollte kein Licht, wollte eigentlich nicht einmal wissen, welcher Tag es war. Alles, was ich wollte, war mein Bett, ein gewaltiger Becher Eis und ein paar leicht verdauliche Sendungen, die mich berieselten, bis ich in einen weiteren, wenig erholsamen Schlaf über driftete. Eine Decke, unter der ich mich mit all meinen Sorgen und ernüchternden Gedanken verschanzen konnte vor der Außenwelt und der Realität. „Sakura?“, hörte ich es kurz darauf an der Tür. Es war Narutos Stimme und sie war seltsam leise. Selbst wenn er die Tasche bemerkt haben sollte, so konnte ich immer noch so tun, als würde ich schlafen. Vielleicht ließ er mir zumindest dieses eine Mal meinen Seelenfrieden. „Ich weiß, dass du da bist, können wir reden?“, drängte er und unterstrich seine Bitte mit einem sanften Klopfen an der Tür. Ich zog demonstrativ die Decke über den Kopf und schloss die Augen zu einem stummen Gebet. Die Götter jedoch, sollte es sie geben, hatten sich scheinbar von mir abgewandt, denn die Tür zu meinem Zimmer öffnete sich. „Sag mal, was ist eigentlich hier los?“, fragte Naruto und kurz darauf zog er mir die Decke vom Kopf. Ich war, milde ausgedrückt, wütend. Was erlaubte er sich da eigentlich? „Sag mal, was ist eigentlich mit dir los?“, giftete ich ihn an und richtete mich halb auf, „Was fällt dir eigentlich ein, einfach in mein Zimmer zu kommen? Hab ich dich herein gebeten?“ Der Blonde sah mich erschrocken an und hob entschuldigend die Hände. „Hey, hey, alles gut, entspann dich.“ Es war sicher nicht böse gemeint, aber unwissentlich machte er es nur noch schlimmer. „Sag mir nicht was ich zu tun und zu lassen haben!“, schrie ich ihn an und erhob mich zur vollen Größe. Leider war ich selbst im Stehen einen halben Kopf kleiner als er und sah somit vermutlich eher weniger bedrohlich aus und dennoch wich er einen Schritt zurück. „Was ist hier los?“ Meine Wut fiel in sich zusammen und für einen Augenblick war ich verwundert, dass ich nicht mit zusammen brach. Meine Beine wurden schwach und ich wandte den Blick ab von Naruto und ihm. Sasuke war in der offenen Tür aufgetaucht und starrte uns beide mit zusammen gezogenen Augenbrauen an. Es war das erste Mal seit einer Woche, dass ich seine Stimme hörte. „Raus. Alle beide. Sofort.“ Ich schluckte hörbar und zwang mich weiterhin, keinen von beiden anzuschauen, da ich spürte, wie mir heiße Tränen in die Augen traten. Stattdessen starrte ich auf die Wand über meinem Bett, als hätte ich ein ganz besonders interessantes Detail in der Raufasertapete entdeckt, welchem ich nun meine ganze Aufmerksamkeit schenkte. „Sakura-“ „Raus!“, schrie ich aus vollster Lunge und war dankbar dafür, dass mir immerhin die Stimme nicht versagte. Ich sah nicht, wie sie verschwanden, aber das Geräusch der einrastenden Tür wenig später verriet es mir und beinahe augenblicklich sank ich auf meinem Bett zusammen. Die Tränen quollen mir mittlerweile in Strömen aus den Augen und ich hatte größte Mühe, nicht laut zu schniefen. Ich fühlte mich derart hundeelend, dass mir sogar die Lust auf Serien und Junkfood vergangen war. Ich wollte einfach nur schlafen und an nichts denken. Erneut zog ich mir die Decke über den Kopf und weinte mich ungehemmt in den Schlaf. Einige Stunden später Das Licht, welches durch die schmalen Streifen der Jalousie drang, war dämmrig, als ich meine geschwollenen, verweinten Augen öffnete. Ich konnte meinen eigenen Mundgeruch schmecken und den pochenden Schmerz in meinem Kopf – vermutlich durch das Weinen entstanden – nur allzu gut spüren. Für einen Moment fragte ich mich, wie lange ich wohl geschlafen hatte, doch ein Blick auf mein Handy verriet mir, dass es der späte Nachmittag des gleichen, bescheidenen Tages war. Das Display war überschwemmt mit Nachrichten und als ich es entsperrte, sah ich, dass der größte Teil davon von Ino und von Naruto waren. “Sakura, ich weiß nicht, was aktuell mit dir los ist und wieso du so gut wie nie in der Wohnung bist, aber wir müssen reden, bitte, ich mache mir Sorgen“ und “Tut mir übrigens Leid, dass ich einfach in dein Zimmer bin, echt jetzt!“ waren von Naruto. Bei Letzterer verzogen sich meine Lippen zu einem traurigen Lächeln. Ich hätte Naruto vorhin nicht so anfahren dürfen, dass war mir durchaus bewusst, aber in den vergangenen Tagen war mir die Kontrolle über meine Emotionen mehr und mehr entgleist. Trotzdem nahm ich mir vor, mich noch bei ihm zu entschuldigen. Inos Nachrichten hingegen waren weitaus länger. Sie wollte mich unbedingt sehen, Naruto hatte ihr scheinbar gesteckt, was heute vorgefallen war und mit mir reden – wer hätte es gedacht? Auch sie machte sich immer noch Sorgen um mich und wollte mich, zusammen mit der restlichen Clique, aufmuntern, so gut es ging. Einerseits wollte ich mein Bett nicht verlassen, andererseits schrie jede Faser meines Körpers nach Ablenkung. Ich war eigentlich nicht der Mensch, sich unter seiner Decke zu verkriechen und zu weinen, dementsprechend ärgerte ich mich über mein aktuelles Verhalten. Seufzend rieb ich mir die empfindlichen Augen und gähnte herzhaft. Ich antwortete ihr, dass ich mich fertig machte und dann zu ihrer WG aufbrechen würde und das tat ich auch. Da ich nicht wie ein komplettes Wrack aussehen wollte, zog ich mir frische Kleidung an und schminkte mich gerade so stark, dass man das Rot um meine Augen nicht mehr sehen konnte. An der Tür hielt ich kurz inne und lauschte. Es war albern, natürlich und selbst wenn sie da sein sollten, musste ich irgendwie raus kommen, aber meine Güte! Wart ihr noch nie verliebt und habt euch selbst in jener Hinsicht so stark selbst sabotiert, dass ihr am liebsten im Boden verschwinden würdet? Seid ehrlich! Alles grübeln half nichts, ich musste da durch, buchstäblich, also öffnete ich die Tür zögerlich und schielte durch den dünnen Spalt, ob die Luft denn rein war. Scheinbar waren die Jungs aber nicht da oder auf ihren Zimmern, sodass ich mich beeilte, meine Tasche aus der Küche zu holen und mir ein paar bequemer Schuhe anzuziehen, ehe ich aus der Wohnungstür huschte. Eine Stunde später „Hallo Ladies“, grüßte ich das Dreiergespann bestehend aus Ino, Hinata und Tenten. Letztere sah vom Training noch ein wenig mitgenommen und erschöpft aus, aber das Lächeln auf ihren Lippen war strahlend. „Hallo Totgeglaubte“, antwortete sie keck und zwinkerte mir zu. Ich grinste sie schief an und umarmte die drei nacheinander. Die Mädchen zu sehen war immer wieder wie ein Licht am Ende des Tunnels, wenngleich es momentan lediglich temporär war. „Sehr witzig“, entgegnete ich und knuffte sie freundschaftlich in die Hüfte. Wir liefen ins Wohnzimmer und verteilten uns wie bereits am Montag auf den umliegenden Sitzmöglichkeiten. Ich kam nicht umhin, festzustellen, wie ordentlich die Wohnung doch stets war, auch wenn ich fest davon überzeugt war, dass dies ausschließlich Hinata geschuldet war. „Also, was ist los?“, fing Ino ohne jede Umschweife an, „Naruto hat uns geschrieben, dass du vorhin etwas, nun ja, dramatisch warst, wie er es so schön ausgedrückt hat.“ Bei der Beschreibung meines Verhaltens wurde ich fast erneut wütend, da es jedoch nichts brachte, nun auch noch meine Freundinnen ungerechterweise anzufahren, schluckte ich den Spruch, der mir bereits auf der Zunge lag, herunter. „Er ist einfach in mein Zimmer gekommen. Er macht das immer und irgendwann reicht es mir halt auch einmal“, erklärte ich und versuchte mein Bestes, nicht schnippisch zu klingen. „Schon klar, Süße, aber ich glaube, das hat mit etwas ganz anderem zu tun...“, gab die Blondine mit besorgtem Gesichtsausdruck zurück. Ich verzog mein Gesicht zu einer ironisch-überraschten Grimasse und legte den Kopf schief. „Wirklich? Wie bist du nur darauf gekommen?“, witzelte ich. Ino schien die ganze Situation allerdings nicht wirklich witzig zu finden, denn sie funkelte mich wütend an. „Mal ehrlich, Sakura, langsam reicht es! Dass du dem werten Uchiha aus dem Weg gehen willst, okay! Ich bin damit nicht einverstanden, aber das ist deine Sache! Aber mit uns kannst du doch reden. Du gehst uns allen mehr oder weniger aus dem Weg und machst nichts mehr außer lernen oder Vorlesungen“, schimpfte sie. „Ich weiß, ich weiß, ich mach das doch auch nicht mit Absicht. Ich hab einfach momentan keine Lust auf gar nichts... Ich weiß selber, wie dumm das ist, aber irgendwie kann ich auch nichts daran ändern“, seufzte ich achselzuckend. „Wieso machst du es nicht einfach so, wie du gesagt hast? So tun, als wäre nichts passiert? Ich meine, du musst mit Sasuke ja nicht über den Abend reden, nicht einmal darüber, dass er einfach mir nichts, dir nichts verschwunden war am nächsten Morgen, aber einfach mit ihm... reden? Ganz normal, als wäre wirklich nichts passiert. Einfach da weiter machen, wo ihr vorher aufgehört habt?“, schlug Tenten vor und Ino nickte beipflichtend. „Genau!“, fiel sie mit ein, „Es wird dir auch nicht besser gehen, wenn du ihn weiterhin ignorierst oder versuchst, aus dem Weg zu gehen. Damit tust du dir ultimativ nur selber weh.“ Wie die beiden es sagten, war es schmerzhaft einfach, ja, auch ich hatte bereits mit diesem Gedanken gespielt, schließlich war dies ja mein ursprünglicher Plan gewesen, aber jedes Mal, wenn ich ihm über den Weg lief, war meine Zunge wie gelähmt und ich fühlte einen stechenden Schmerz in meiner Brust. Ich wollte ja wieder mit Sasuke ganz normal befreundet sein, wirklich, aber die Bilder jener Nacht hatten sich auf meine Netzhäute gebrannt, seine Berührungen auf meine Haut und der Geschmack seiner Lippen in meinen Kopf und es war mir dummerweise unmöglich, so zu tun, als wäre das alles nicht passiert. Als würde sein Verhalten diesbezüglich mir nicht das Herz zerreißen. „Ich weiß, ihr habt Recht“, antwortete ich schließlich halbherzig, „Ich werde es versuchen, okay? Versprochen!“ Das war keine Lüge, versuchen wollte ich es auf jeden Fall, wenngleich ich bezweifelte, dass ich all meine Gefühle einfach so hinter Schloss und Riegel setzen und bei Null anfangen konnte. Ich versuchte ein schiefes Grinsen und es war Hinata, die mir den Arm um die Schulter schlang. „Wir haben uns deshalb auch etwas be-besonderes ausgedacht“, sagte sie und lief knallrot an. Normal passierte ihr das nur, wenn die anderen Mädels sie mit dem Thema „Naruto“ aufzogen oder eben dieser urplötzlich vor ihren Augen stand. „Mein Cousin Neji ist, wie du weißt, ein paar Semester weiter und naja... seine Kollegen geben eine kleine Hausparty, zu der er uns eingeladen hat. Kein Sasuke, kein Naruto und ich würde auch mitgehen“, schloss sie und lächelte schüchtern. „Du gehst mit?“, hakte ich entgeistert nach, all meine Sorgen wie weggeblasen. Dass Hinata mal auf eine Feier mitgehen würde, haute mich derart von den Socken, dass ich gar nicht anders konnte, als bis über beide Ohren zu strahlen. „Selbstverständlich lass' ich mir das doch nicht entgehen!“, jubelte ich begeistert und drückte das schüchterne Mädchen voller Vorfreude. Ich kannte Neji nicht richtig und seine Kommilitonen schon gar nicht und das, obwohl Tenten bei ihnen wohnte, aber Hinatas Cousin war kein schlechter Mensch, auch wenn er manchmal etwas zu besitzergreifend ihr gegenüber war. Und wenn weder Sasuke, noch Naruto eingeladen waren, konnten wir zwei uns dort unbesorgt vergnügen. Dass ich dort auch ein wenig Ablenkung von dem elenden, zermürbenden Thema finden würde, war obendrein ein netter Bonus. „Das schreit nach einem Mädelsabend“, stieg Ino hocherfreut mit ein. Mich so ungezwungen und fröhlich zu sehen erfüllte sie mit ehrlicher Freude. „Temari muss natürlich auch mit! Und wehe sie hängt die ganze Zeit bei Shikamaru herum...“ Stimmt, Shikamaru, Temaris Freund, würde gewiss auch dort sein. Aufgrund seiner extremen Intelligenz hatte er einige Semester übersprungen und besuchte nun einige wenige Vorlesungen zusammen mit Neji. „Und Hinata putzen wir richtig heraus“, lachte ich. Die Angesprochene wirkte nicht wirklich glücklich damit, schlichtweg weil sie nicht wusste, was ich mit „heraus putzen“ genau meinte. „Ohje“, murmelte sie, worüber Ino und ich lachen mussten. Ino zögerte keine Sekunde und angelte sich sofort ihr Smartphone, um Temari von unseren Plänen zu unterrichten. „Mit was müssen wir eigentlich rechnen, wenn wir in eure Sportler-WG gehen?“, fragte ich an Tenten gewandt und das verschmitzte Grinsen, welches prompt ihre Lippen nach oben zog, schien schon Antwort genug zu sein. Sie, Neji und Mitbewohner Nummer 3, dessen Namen ich mir nicht merken konnte, studierten alle etwas, was mit Sport zu tun hatte und dementsprechend... schweißtreibend stellte ich mir ihre privaten Gemächer vor. Ob es dort genauso scheußlich roch, wie damals in den Turnhallen der Hochschule? „Lässt sich aushalten“, antwortete sie keck und zwinkerte vielsagend. „Ohje“, entwich es diesmal mir. Ich sah, wie Ino ihre Augen rollte. Sie war noch immer auf ihr Handy fokussiert, doch sie verfolgte unser Gespräch weiterhin. „Am besten, du verschwindest erst einmal nachhause, duscht und... lüftest oder putzt oder was auch immer“, schlug sie vor, während sie mit ihren hübsch gefeilten Nägeln auf dem Display tippte. „Sehr freundlich, wirklich“, murrte die Brünette nicht ganz ernstgemeint, das schiefe Grinsen verriet sie, „Aber hast ja Recht. Die beiden Jungs sind sicher schon in Vorbereitungen vertieft, vielleicht sollte ich ihnen mal helfen. Aber wehe ihr schickt mir keine Bilder von Hinata!“, fügte sie mit ernstem Gesichtsausdruck hinzu und erhob sich. „Selbstverständlich. Sollen wir später noch etwas mitbringen?“, erkundigte ich mich und für einen Augenblick wirkte Tenten ganz gedankenversunken. „Naja, wir haben schon etwas Bier besorgt, aber wir haben jedem, der eingeladen ist, gesagt, dass er oder sie noch selber etwas mitbringen soll. Damit es für alle reicht, weißt du. Soweit ich weiß kommen immerhin knapp 30 Leute... Ansonsten nur euch und gute Laune, würde ich sagen“, schloss sie und strahlte bis über beide Ohren. Ich nickte zustimmend und reckte den Daumen nach oben. „Alles klar, dann bis später, Stinker.“ Ich streckte ihr die Zunge heraus und sie antwortete mit derselben Geste, ehe sie auch die anderen beiden Mädchen verabschiedete – auf Umarmungen verzichteten wir allesamt, immerhin kam die Brünette vom Training – und die Wohnung verließ. „Was machen wir eigentlich mit mir?“, fragte ich mehr Ino als Hinata, „So kann ich kaum gehen und nachhause möchte ich vorher eigentlich nicht.“ Die Blondine hob den Blick und runzelte die Stirn. „Ihr leiht euch einfach beide etwas von mir, so einfach. Wäre nicht das erste Mal und wird sicher auch nicht das Letzte sein“, antwortete sie achselzuckend und damit war die Frage für sie vom Tisch, denn sie wandte ihre Aufmerksamkeit wieder ihrem Handy zu. Dass ich etwas in ihrem Kleiderschrank finden würde bezweifelte ich nicht, doch Inos und Hinatas Kleidungsstil war so konträr wie süße Pfannkuchen und Curry. Das dunkelhaarige Mädchen schien das Selbe zu denken, denn ihr Gesicht strotzte nicht gerade vor Überzeugung. „Aber bitte kein Bauchfrei“, piepste sie und Ino verschluckte sich fast an ihrem eigenen Speichel. „Keine Sorge, das hatte ich nicht vor. Neji würde mich köpfen!“, lachte sie lauthals und bei der Vorstellung von Nejis Reaktion auf den Anblick seiner kleinen Cousine in bauchfreiem Outfit musste auch ich das Lachen anfangen. „Wir werden schon was finden. Temari hat gerade geschrieben, dass sie auf dem Nachhauseweg ist. Ich hätte gesagt, wir öffnen uns ein Fläschchen Wein und warten auf sie, ehe wir mit Hinatas Remake anfangen?“, schlug sie vor und schaute zwischen uns hin und her. „Klingt gut“, gab ich zurück und Hinata nickte ebenfalls, immerhin würde Temari sie gewiss vor allzu abstrusen Klamotten bewahren. Also verkrümelten wir uns in die Küche und öffneten eine bereits halb leere Flasche Wein. Es dauerte nicht lange, bis die andere Blondine unserer Clique die Tür zur Wohnung öffnete – wir hatten nicht einmal die Hälfte unserer Gläser geschafft. „Die Hölle gefriert und es regnet Feuer!“, begrüßte sie uns freudestrahlend. Offenkundig zielte sie auf die Tatsache ab, das Hinata mit uns feiern gehen wollte, denn sie grinste die Hyuuga an, als hätte diese ihr soeben erzählt, dass Weihnachten schon heute war. „Scheint so“, antwortete sie schulterzuckend und lächelte schüchtern. Manchmal wunderte ich mich, wie Hinata es mit vier derart aufbrausenden Charakteren wie uns aushielt. „Du brauchst also ein... Umstyling, hab ich das richtig verstanden?“, sprach Temari während sie sich ebenfalls ein Weinglas aus dem Schrank holte und sich zu uns gesellte. „Ino und Sakura haben von he-heraus putzen gesprochen, ja.“ Die Art und Weise, wie sie das Gesprochene betonte machte klar, dass sie noch immer nicht so ganz von diesem Plan überzeugt war, doch angesichts meiner heiteren Stimmung schien sie ihre Zweifel herunter zu schlucken. „Na dann nimmst du aber lieber etwas aus meinem Schrank. Sei mir nicht böse, Süße, du kleidest dich schlicht und sehr adrett, aber für eine Feier ist das nichts“, begann Temari, während sie sich etwas Wein einschenkte, „Und Inos Klamotten, nennen wir sie mal so, lasse ich nicht an dich heran!“, schloss sie mit einem schelmischen Grinsen. „Was soll das denn heißen?“, empörte sich Ino und hob die Augenbrauen. „Dass deine Sachen an Mädchen deiner Statur gut aussehen und an uns Normalsterblichen... fehl am Platz“, erläuterte sie schulterzuckend. Ino wirkte noch immer etwas verstimmt, aber sie beließ es dabei. Es stimmte aber, Ino war von uns allen am „besten“ gebaut, ginge man vom gängigen Schönheitsideal aus. Sie war blond, groß und schlank und besaß scheinbar kein Gramm Körperfett zu viel. Selbstverständlich war das kein gottgegebenes Geschenk – sie ging dreimal die Woche ins Fitnesszentrum und ernährte sich beinahe ausschließlich von Gemüse und Obst. Wenn ich mir eine Hose von ihr borgte musste ich mir diese immer auf einem Bett anziehen, mit angehaltener Luft. Sie passte, irgendwie, aber so gut wie an der Blondine sah sie niemals aus. „D-dankeschön, Temari.“ Hinata lächelte die zwinkernden Blondine dankbar an. Einige Stunden später Den Rest des Nachmittags hatten wir mit einem gemütlichen Plausch über unser jeweiliges Studium verbracht und erste Ideen für Hinatas Outfit gesammelt. Am Ende hatten wir uns auf einen schlichten schwarzen Rock und eine nicht übertrieben förmliche Bluse entschieden. Dazu trug sie eine schwarze Feinstrumpfhose und schwarze, gemütliche Halbschuhe. Sie sah immer noch sehr unschuldig aus, auf der Party würde sie jedoch nicht negativ auffallen. Hinata war mit dem Ergebnis mehr als zufrieden und hatte derart theatralisch geseufzt, dass der Rest von uns in schallendes Gelächter ausgebrochen war. „Damit kann ich wirklich leben“, hatte sie gesagt und sich vor dem Standspiegel in Temaris Zimmer gedreht und gewendet, um sich von allen Seiten zu betrachten. Ich hatte mir vorgestellt, wie Naruto reagieren würde, würde er das schüchterne Mädchen derart „freizügig“ sehen. Bestimmt würde es ihn von den Socken hauen. Er begriff zwar nicht, wie Hinata für ihn empfand, doch das änderte nichts daran, dass sie gut miteinander befreundet waren. Meine eigene Kleiderwahl war schließlich auf eine schwarze Röhrenjeans mit hoher Taille und einem gekürzten Pulli in gebraucht wirkendem Grau gefallen. Am Saum war er durch zwei Schnürungen enger geknotet worden, sodass er mir fast wie eine zweite Haut anlag und meine vielleicht nicht ganz perfekte, aber dennoch schlanke Figur betonte. Auch ich war mehr als zufrieden und freute mich zunehmend auf unseren gemeinsamen Mädelsabend, ganz ohne Sasuke und Naruto. Ganz ohne Drama. „Ich würde sagen, wir sind startklar!“, verkündete Ino und klatschte aufgeregt in die Hände. Im Verlaufe des Abends war sie immer hibbeliger und aufgekratzter geworden und es war mehr als offensichtlich, dass sie sich von allen am Meisten freute, Hinata endlich einmal mit auf eine Party mitzunehmen. „Schätze schon“, antwortete ich, während ich meine Tasche durchwühlte und mental alle überlebenswichtigen Gegenstände durchging und ob diese eingepackt waren. Schlüssel? Check. Geldbeutel? Check. Handy? Check. Täschchen mit Hygieneartikeln und Schminke? Check. Ersatzunterwäsche, falls ich außerhalb übernachte? - Ach, ich mach doch nur Spaß, natürlich werde ich das nicht tun. „Ich hab auch alles eingepackt. Nimmt jede von uns einen Wohnungsschlüssel mit oder gehen wir zusammen nachhause?“, fragte Hinata an die beiden Blondinen gerichtet. „Also ich werde bei Shikamaru übernachten“, gab sie zurück und somit richteten die beiden ihr Augenmerk auf die letzte Bewohnerin der WG – Ino. „Ich nehme sicherheitshalber auch einen mit“, kam es nach kurzer Überlegung von ihr und sie wuselte zurück in ihr Zimmer, um ihren eigenen Schlüssel einzupacken. Hinata würde höchstwahrscheinlich als Erste die Party verlassen und es war unwahrscheinlich, dass die Yamanaka zu diesem Zeitpunkt ebenfalls schon gehen wollte. „Na dann los!“ Ich machte eine übertrieben enthusiastische Handbewegung und bedeutete den Mädels, den Weg voran aus der Wohnung zu leiten. Es war bereits später Abend und die Luft war angenehm kühl. Die Sportler-WG war nur knapp 20 Minuten zu Fuß entfernt und so entschieden wir uns gegen ein Taxi. Stattdessen machten wir einen kleinen Umweg zu einem Combini, um für jeden noch etwas alkoholisches mitzunehmen – nur Hinata packte sich ein Wasser ein, womit sie vermutlich das Leben von uns dreien noch retten würde. „Sag mal, Temari“, begann ich, als wir in die Straße der WG einbogen, „Kennst du eigentlich Leute, die heute da sein werden? Ich meine Shikamaru, Tenten und Neji, klar, aber sonst?“ „Ne, ich kenne nur die Bewohner der WG, also Lee noch. Ansonsten kommen vielleicht noch meine beiden Brüder, aber sonst habe ich keinen blassen Schimmer“, gestand sie. Stimmt, Lee, so hieß der dritte im Bunde der Sportfanatiker. Soweit ich wusste, hatte ich ihn einmal gesehen, aber ich konnte mich nicht genau erinnern. „Deine Brüder sind in der Stadt?“, hakte ich nach, auf einmal neugierig. Temaris Brüder, Gaara und Kankuro waren älter und lebten etwas weiter weg. Soweit ich wusste, war Kankuro bereits am Arbeiten und Gaara belegte den Masterstudiengang in BWL. „Ja, entschuldigt, hatte ganz vergessen, euch das zu sagen. Kankuro hat gerade Urlaub und Gaara hat schon Semesterferien, also sind die beiden aktuell bei unseren Eltern untergekommen“, erklärte sie. „Wir haben die beiden schon lange nicht mehr gesehen, wäre cool, wenn sie heute auch da wären“, klinkte Ino sich mit ein und Hinata und ich nickten zustimmend. Die beiden waren drei Jahre älter als wir und ziemlich cool. Das letzte Mal, als sie in der Stadt waren, hatten wir den ein oder anderen Abend miteinander verbracht und vor allem Kankuro war ziemlich unterhaltsam. „Hab ich ihnen auch gesagt, aber sie waren sich nicht sicher, ob sie Zeit haben. Gibt noch andere Leute, die die beiden unbedingt sehen wollen, wisst ihr.“ Temari verzog ihr Gesicht zu einer ironischen Grimasse. Wenig später waren wir auch schon da und mit 30 Leuten hatte Tenten eiskalt übertrieben. Nun, vielleicht auch nicht, vielleicht war das die ursprünglich geplante Teilnehmerzahl gewesen, doch die Wohnung der drei Sportler war randvoll mit definitiv mehr als 30 Studenten. Gott sei Dank war die Wohnung sehr groß und großzügig geschnitten, sodass man immerhin nicht in die Verlegenheit kam, mit den anderen zu kuscheln. Laute Musik, die wir bereits im Treppenhaus hatten hören können, dröhnte durch eine Anlage aus Nejis Zimmer und wir würden gute Mühe haben, sie zu übertönen. Die drei lebten mitten im Studentenviertel, also mussten wir zumindest keine Polizei wegen Lärmbelästigung befürchten. Wir vier hielten Ausschau nach der letzten in unserem Bunde und Gastgeberin des Abends – Tenten. Sie hatte nicht gelogen, als sie gesagt hatte, dass die Jungs bereits am Aufräumen waren, denn entgegen unserer Erwartungen war es bis auf einige herum stehende Plastikbecher und leere Bierflaschen ordentlich. Wir fanden sie schlussendlich in ihrem eigenen Zimmer, wie sie sich mit einem Jungen mit schwarzen Bobschnitt unterhielt. Er kam mir auf Anhieb bekannt vor und nachdem sie uns alle zur Begrüßung umarmt hatte, wurde mir auch klar, wieso. „Das ist Lee“, schrie sie über die Musik hinweg und deutete dabei auf den Jungen. Er hatte unfassbar voluminöses Haar und dicke Augenbrauen und selbst seine Wimpern waren dichter als bei den meisten Mädchen. „Sakura!“, schrie ich zurück und Ino und Hinata taten es mir gleich – Temari kannte ihn ja bereits, dadurch dass sie durch ihren Freund Shikamaru öfter mit Neji und ihm zu tun hatte. „Freut mich“, grinste er breit und betrachtete mich eingehend. „Ihr seht ziemlich nüchtern aus, Ladies, lasst uns das mal ändern!“, warf Tenten lautstark ein und führte uns in die Küche der Wohnung. Die verschiedensten Gruppen standen auch dort beisammen und eine jener Gruppen erhielt einen gewaltigen Rüffel von Tenten, da sie in der Wohnung, statt auf dem Balkon rauchten. Beschämt trollten sie sich, so schnell sie es in der vollgepackten Wohnung schafften, auf den Balkon. „Also, was wollt ihr? Die Leute haben komplett übertrieben, wir haben so viel Alkohol, dass wir morgen glatt weiter machen könnten!“, erklärte sie uns lachend und führte uns zu einem Tresen, auf dem nicht nur Bier, sondern auch Schnaps und Wein in den verschiedensten Variationen bereit standen. „Für mich nur ein Bier bitte“, gab Hinata etwas zu leise zurück, sodass sie sich mit rot anlaufenden Wangen wiederholen musste. Temari, Ino und ich mischten uns jeweils einen leichten Drink in einen der unzähligen Plastikbecher und geschlossen marschierten wir zurück in Tentens Zimmer zu Lee. In allen Räumen war es in ihrem scheinbar noch am angenehmsten. Wir unterhielten uns ein wenig und es dauerte nicht lange, bis Hinatas Cousin Neji sich uns anschloss. Er grüßte uns höflich und drückte Hinata fest an seinen gut trainierten Oberkörper. Die beiden fingen sofort an, über etwas zu reden, was der Rest von uns nicht verstehen konnte und ich freute mich wirklich darüber, wie fröhlich das sonst so schüchterne Mädchen gerade wirkte. „Sakura, nicht?“, sprach Lee mich an und umschloss mein Handgelenk mit seiner starken Hand, um mich sanft von dem Rest der Truppe wegzuführen. „Wir haben uns schon lange nicht mehr gesehen.“ Er grinste schief und wirkte fast eine Spur zu begeistert von allem. Ich nippte zögerlich an meinem Getränk, um mir ein wenig Zeit zu verschaffen, da ich schon immer schlecht darin gewesen war, mit eigentlich fremden Leuten eine Konversation zu beginnen. Smalltalk lag mir einfach nicht. „Ich weiß gar nicht mehr, wie lange“, gestand ich nach kurzer Zeit und runzelte die Stirn. Es stimmte, so sehr ich meinen Kopf zerbrach, ich konnte mich nicht erinnern, wann und vor allem zu welchem Anlass wir uns das letzte Mal gesehen hatten. „Ach, ist ja auch egal. Es ist schön, dass du da bist“, lachte er, „Ich hab' leider vergessen was du studierst“, fügte er hinzu und lächelte entschuldigend, während er sich mit der freien Hand durch die Haare fuhr. Für einen Augenblick erinnerte er mich extrem stark an Naruto, was mir zugegebenermaßen etwas von meiner Nervosität nahm. „Medizin, erstes Semester“, antwortete ich ihm lächelnd, „Und du hattest irgendwas mit Sport, genauso wie Tenten, nicht wahr?“ „Jap, genau, Sportmanagement.“ Er prostete mir mit seinem eigenen Becher zu und ich nahm die Aufforderung an. Lee war ein wirklich netter, junger Mann und ich verbrachte den halben Abend damit, mich mit ihm zu unterhalten. Es war sehr angenehm, so einfach mit einem Jungen reden zu können. Mit Naruto und Sasuke hatte ich diese Einfachheit aktuell ja nicht. Anfangs unterhielten wir uns ausschließlich über sein Studium, da Medizin meiner Meinung nach kein sehr interessantes Thema für Außenstehende war. Lee hingegen hatte ganz erstaunliche Dinge zu erzählen und scheinbar auch jeden seltsamen Dozenten für sich beansprucht. Mit zunehmender Alkoholisierung wurden die Geschichten immer abstruser und mein Lachen immer lauter. Ab und zu schlossen sich die Mädchen ebenfalls an und erzählten uns etwas, was sie gerade brühwarm erzählt bekommen hatten und es war alles in allem eine wirklich schöne Feier. Als sich die Uhr langsam Mitternacht näherte verließen die ersten Grüppchen die Wohnung, um in eine Diskothek weiter zu ziehen und auch bei uns kam die Frage auf. „Wenn's sein muss, wieso nicht?“, kicherte ich, der Alkohol hatte in mir bereits jedwede Angst vor eventuell unangenehmen Aufeinandertreffen mit einem gewissen Jungen ertränkt. „Also ich würde dann nach Hause gehen“, warf Hinata ein. „Dann begleite ich dich!“, sagte Neji und zog prompt eine ziemlich verwirrt dreinblickende Cousine hinter sich her. „Also...“, fing Tenten an und konnte ein Lachen nur schwer unterdrücken, „Er hätte uns ja schon noch von ihr verabschieden lassen können, oder nicht?“ Der Rest von uns war nicht weniger überrascht von Hinatas schnellem Abgang. „Naja“, begann sie erneut, „Ich schmeiß dann mal die Leute raus bzw. frage sie, ob sie sich uns anschließen wollen. Die meisten sind ja eh schon weg!“ Und damit stand sie von unserer Sitzgruppe auf und verschwand aus ihrem Zimmer. Die Musik war mittlerweile deutlich leiser, sodass wir uns nicht mehr anschreien mussten, um uns zu verständigen. Eine knappe halbe Stunde später bummelten wir zusammen mit den verbliebenen Partygästen Richtung Disko und Lee und ich marschierten mit etwas Abstand zum Rest hinterher. Es war mittlerweile wirklich frisch geworden und Gentleman, wie er war, bot er mir direkt seine Kapuzenjacke an. „Danke“, murmelte ich und den Rest des Weges verbrachten wir schweigend. Auf welche Disko wir zusteuerten erkannte ich erst, als wir durch den angehörigen Park liefen, durch welchen ich nur eine Woche zuvor vor Sasuke geflüchtet war. Mir wurde etwas mulmig, aber ich wollte jetzt auch keinen abrupten Rückzieher mehr machen, immerhin hatte ich genug Leute, an die ich mich wenden konnte, sollten Naruto und Sasuke auch anwesend sein. „Alles okay bei dir, Sakura? Du wirkst irgendwie bedrückt auf einmal“, unterbrach er die Stille und riss mich beinahe brutal aus meiner Gedankenwelt. „Ja“, seufzte ich und versuchte, ein strahlendes Lächeln auf meine Lippen zu bringen, doch selbst ich spürte, dass es wacklig war, „ich war nur gerade woanders.“ „Wenn du irgendetwas brauchst, sag Bescheid“, bot er an. „Danke, lieb von dir“, bedankte ich mich und stupste ihn freundschaftlich an. Die Musik vom Club her wurde immer lauter und auch meine Nervosität wuchs mit jedem Schritt, doch ich schluckte den Klos in meinem Hals herunter und zwang mich dazu, wieder in besserer Stimmung zu sein. Mich jetzt wegen Sasuke verrückt zu machen brachte mir schließlich auch nichts. Der Club war voll bis oben hin und es dauerte nicht lang, bis wir einige, von der Party bekannte, Gesichter sahen. Von Sasuke und Naruto? Keine Spur. Meine Anspannung viel sekündlich ab und als wir den Tresen erreichten, um uns Getränke zu bestellen, war der Uchiha bereits aus meinem Kopf verschwunden. „Das geht auf mich“, rief Lee laut, als ich Anstalten machte, meinen Drink zu bezahlen und zwinkerte mir zu. „Danke“, lachte ich und knuffte ihn freundschaftlich, „Die nächste Runde geht dann auf mich!“ Er nickte und zog mich auf die Tanzfläche. Ich rief dem Rest unserer Truppe etwas entschuldigendes zu und ließ mich kichernd mitreißen. Das Drama meines Lebens hatte erst vor einer Woche wirklich begonnen und dennoch fühlte ich mich, als hätte ich schon lange nicht mehr so viel Spaß gehabt. Wir tanzten ausgelassen dicht aneinander gedrängt, da die Tanzfläche wie immer jeglichen Platz entbehrte. Wie ich dabei aussah interessierte mich nicht. Ich lachte und quietschte über Lees absurde Posen und versuchte mein Bestes, ihn nachzuahmen, doch dabei scheiterte ich kläglich, was wiederum ihn zum Lachen brachte. Ich war kurz davor, in Tränen auszubrechen, als ich unsanft von der Tanzfläche gezerrt wurde. Für einen Moment perplex versuchte mein alkoholisierter Verstand, mit den Geschehnissen hinterher zu kommen. „Was?“, entwich es mir eher unterbewusst, als ich blinzelte und mich zu der Person umdrehte, die mich unsanft am Arm gepackt hielt. „Was?“ Es war Sasuke und so wütend hatte ich ihn schon lange nicht mehr gesehen. Er ließ mir überhaupt keine Zeit, angemessen zu reagieren – nicht, dass ich wusste, was angemessen wäre -, denn er zog mich grob am Arm Richtung Ausgang. Ich war immer noch zu überwältigt von der Situation, dass ich gar nicht wütend würde, wie es normal der Fall wäre, wenn man mich derart behandelte. „Was ist denn los?“, rief Lee uns hinterher. Er hatte Mühe, uns an den vielen Menschen vorbei zu folgen. Ich wollte ihm antworten, dass ich das auch gerne wüsste, aber aus irgendeinem Grund bekam ich mal wieder nicht die Zähne auseinander. Die kalte Nachtluft traf mich wie ein Faustschlag, sodass ich zischend einatmete und prompt das Frösteln begann. „Möchtest du meine Jacke, Sakura?“, bot Lee mir ohne Umschweife an, doch er hielt in seiner Bewegung inne, als er Sasukes Blick bemerkte. Seine Augen hätten selbst Eis zu Eis erstarren lassen. „Was willst du?“, presste ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und vermied es tunlichst, ihn direkt anzuschauen. „Von dir wissen, was zur Hölle du hier treibst“, schoss er zurück. „Ich hab getanzt?“ „Das hab ich gesehen. Aber was machst du mit diesem Typen hier?“, hakte er unnachgiebig nach. So langsam wurde ich doch wütend. Was bildete er sich überhaupt ein, solch eine Szene aufzuführen nachdem er mich eine Woche nicht einmal mit dem Hinterteil angeschaut hatte? „Dieser Typ hat einen Namen. Er heißt Lee“, informierte ich ihn schnippisch und verzog die leicht zitternden Arme vor der Brust. Lee war offenkundig eingeschüchtert oder perplex, denn er stand einfach nur da, den Mund leicht geöffnet. „Sehr reizend“, spottete er und musterte meine abendliche Begleitung abschätzig, was mich nur noch mehr anstachelte. „Was willst du hier?“, fragte ich ihn erneut, nur dieses Mal in einem gereizten Ton, der deutlich machte, dass ich keine Gegenfrage als Antwort tolerierte. „Du ignorierst mich eine Woche lang, als wäre ich Luft und jetzt kreuzt du hier mit irgendeinem Typen auf und schmeißt dich ihm regelrecht an den Hals. Geht's noch bei dir?“, knurrte er missgelaunt und angelte sich eine Zigarette aus seiner Hosentasche, um seinen Händen eine Beschäftigung zu geben, die nicht in einem Handgemenge enden würde. Mir fiel alles aus dem Gesicht, einerseits, weil er sich erdreistete, so einen Unfug von sich zu geben, andererseits, weil er Lee immer noch wie einen Menschen zweiter Klasse behandelte und das war einfach nicht fair. „Entschuldige mal“, mischte Lee sich nun ein und wirkte ebenfalls etwas verstimmt angesichts der Wortwahl des Uchihas, „Sakura ist eine freie Frau und kann sich abgeben, mit wem sie will! Wenn sie lieber mit mir ihren Abend verbringt, als mit dir, ist das nicht meine Schuld, also lass deinen Ärger gefälligst an wem anders aus!“ „Sakura will überhaupt nichts von dir, das weißt du hoffentlich“, höhnte Sasuke mit einer Arroganz in der Stimme, die mir die Galle hochtrieb. Zum ersten Mal, seit wir uns kannten, hatte ich das Bedürfnis, ihm eine Ohrfeige zu verpassen. So kannte ich den sonst so stoischen jungen Mann nicht und ich würde lügen, würde ich sagen, dass es mir gefiel. „Woher willst du das denn wissen? So, wie du dich hier verhältst, glaube ich eher, dass du nicht weißt, dass sie nichts von dir möchte. Du benimmst dich lächerlich“, ereiferte Lee sich und richtete sich nun zur vollen Größe auf. Er war etwas kleiner, als Sasuke, aber definitiv besser trainiert. Wenn die beiden sich hier und jetzt an die Gurgel gehen würden, wüsste ich nicht, wer gewinnen würde. „Woher ich das wissen will?“, lachte Sasuke. Es war ein freudloses, triumphales Lachen und mir wurden die Füße kalt. „Weil wir heute vor genau einer Woche, zur exakt gleichen Zeit miteinander im Bett waren. Tut mir Leid, aber mehr als ein Zeitvertreib bist du nicht, also verschwinde.“ „Sasuke! Was zur Hölle bildest du dir eigentlich ein!“, schrie ich ihn nun an, Tränen in den Augen. Ich konnte nicht glauben, dass er damit auch noch hausieren ging. Was war heute nur mit ihm los? Erst sprach er keine Silbe mit mir und nun fuhr er Lee völlig grundlos an und erzählte ihm zu allem Überfluss auch noch von unserer Nacht. In der nächsten Sekunde wurde die Stille, in welcher wir uns wiederfanden, von einem schallenden Geräusch unterbrochen – ich hatte ihm tatsächlich eine Ohrfeige verpasst. Meine Hand zitterte fast so sehr, wie meine Gesichtszüge, welche ich verzweifelt zusammenzuhalten versuchte. Für einen Moment wirkte Sasuke ehrlich überrascht, denn er starrte mich mit geweiteten Augen an, wenngleich sie deshalb nicht mehr Emotionen in sich trugen, als sonst. „Ich glaube, du spinnst! Du verschwindest am nächsten Morgen einfach, redest eine Woche nicht mit mir, schaust mich nicht einmal an und jetzt kommst du hierher und benimmst dich wie das größte Arschloch!“, fuhr ich schreiend fort. Unwirsch wischte ich mir die Tränen aus den Augenwinkeln. Ich wollte definitiv nicht vor ihm weinen. „Sakura beruhige dich, alles gut.“ Es war Lee, der als Erstes seine Stimme wieder fand. Behutsam legte er mir die Hände auf die Schulter, doch noch immer starrte ich Sasuke an, wie er sich eher unbewusst mit der freien Hand über die rötlich gefärbte Wange fuhr. „Nein, nichts ist gut!“, beharrte ich stur, „Ich hab so die Nase voll von dir, weißt du das?!“ Anklagend deutete ich mit dem Finger auf den Uchiha, welcher die Stirn runzelte und mit den richtigen Worten zu ringen schien. Und obwohl ich mir vor exakt einer Woche erst geschworen hatte, es nicht mehr zu tun, legte ich den nächsten dramatischen Abgang hin. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)