Que faire si? Oder: Was wäre, wenn ...? von abgemeldet ================================================================================ Prolog: Die Entscheidung ------------------------ Frankreich, Paris 2010 Ein blonder junger Mann sah seinen Gegner in die Augen. Dann fing er an zu grinsen. Er spielte den Basketball zwischen den Beinen hindurch und drehte sich im Kreis. Danach startete er einen Sprint, sprang an der Zwei-Punkte-Linie ab und warf den Ball Richtung Korb. Zufrieden stellte er fest, dass er diesen getroffen hatte. „Jean, du lernst es nie. Ich kann dich immer mit dem gleichen Trick ausspielen“, rief der Blonde seinem Freund amüsiert zu. Ein braunhaariger junger Mann sah ihm in die Augen. „Du kannst leicht reden, Takeru. Der Basketball und du seid unzertrennlich. Mich würde es nicht wundern, wenn du irgendwann in der NBA spielen würdest“, lachte Jean auf. Sein Gesprächspartner sah ihn in die Augen. „Das werde ich mit Sicherheit nicht machen. Basketball ist und bleibt ein Hobby von mir. Mehr nicht. Ich wurde an der CELSA angenommen“, informierte Takeru gelassen seinen Freund. Jeans Augen weiteten sich. „Du willst Journalistik an der CESLA studieren?“ Der Blonde legte seine Stirn in Falten. „Warum bist du so überrascht? Meine Mutter ist auch Journalistin. Außerdem habe ich immer deine Aufsätze korrigiert. Dadurch hast du bessere Noten bekommen.“ „Das weiß ich. So war das nicht gemeint. Ich staune, dass du an einer der besten Journalistenschulen aufgenommen wurdest. Die Aufnahmekriterien sind sehr hoch und anspruchsvoll.“ „Was du nicht sagst. Das ist mir gar nicht aufgefallen“, kam es ironisch vom Blonden. „Hast du deine Entscheidung mit Chloé besprochen?“ „Nein, habe ich noch nicht. So wie es jetzt aussieht, wird sie nach Marseille ziehen und dort studieren. Das weißt du, als ihr Bruder, am besten.“ Traurig schauten die blauen Augen Takerus in die Braunen von Jean. Dieser kannte Takeru und Chloé nur als Traumpaar. Die Beiden waren seit fünf Jahren ein Paar. In Anbetracht der Sache, dass sie neunzehn Jahre alt waren, eine sehr lange Zeit. Es macht ihn stutzig, dass sein bester Freund in Paris studieren wollte und seine Freundin in das knapp achthundert Kilometer entfernte Marseille gehen ließ. „Habt ihr eine Krise?“ Überrascht blickte der Braunhaarige seinen Gesprächspartner an. „Noch nicht. Wenn ich ihr sage, dass ich mich für ein Studium in Paris und gegen eines in Marseille entschieden habe schon.“ „Wieso gehst du nicht mit Chloé?“, fragte Jean nach. „Die CELSA hat den besseren Ruf. Es ist hart einen ehrlichen Job in der Branche zu finden. Deswegen möchte ich an der besseren Uni studieren.“ „Ich kann dich verstehen. Bei Chloé bin ich mir nicht sicher. Es kommen schwere Zeiten auf euch zu. Ist dir das klar?“ „Ich bin nicht blöd, Jean“, grummelte Takeru vor sich her. „Ich … Chloé … Sie geht nach Marseille um an einer Uni Medizin zu studieren, die berühmt dafür ist, sehr gute Mediziner auszubilden. Im Grunde macht sie es genauso wie ich. Warum sollte sie meine Entscheidung nicht verstehen?“ „Weil sie Chloé ist und gerne etwas in den falschen Hals bekommt. Ich kenne meine Schwester. Sie wird nicht erfreut sein.“ Jean hatte sich vor seinem Freund aufgebaut und die Arme vor der Brust verschränkt. Diese Pose sah sehr komisch aus, da der Blonde einen Kopf größer als sein Gesprächspartner war. „Denkst du, ich springe vor Freude im Dreieck?“, fragte er nachdenklich. --- „Hast du schon mit Chloé gesprochen?“, fragte Natsuko ihren Sohn. Takeru sah ihr traurig in die Augen. „Nein, sie bereitet sich auf den Umzug vor. Wir sehen uns kaum noch.“ „Takeru, das ist keine Entschuldigung. Chloé hat ein Recht zu erfahren, dass du nicht mit ihr nach Marseille gehst. Du hast dich für Paris entschieden. Du kannst nicht vor deiner eigenen Entscheidung davon laufen.“ „Das habe ich auch nicht vor. Mir machen nur die Konsequenzen Angst.“ „Was meinst du? Seid ihr nicht mehr glücklich zusammen?“ „Wir sind seit fünf Jahren ein Paar, Maman. Ich kenne es nicht anders.“ „Das hört sich nach Routine an, Schatz. Man kann nicht immer den Weg mit dem geringsten Widerstand gehen. Du musst auch lernen, mit Problemen umzugehen und dich ihnen stellen.“ „So wie du? Hast du dich deinen Problemen gestellt, oder bist du weggelaufen?“, kam es sarkastisch vom blonden jungen Mann. „Takeru, dieses Thema hatten wir schon so oft“, seufzte sie auf. „Du kannst meine damalige Situation mit deinem Vater nicht mit deiner Beziehung vergleichen.“ „Das mache ich nicht. Chloé und ich reden über unsere Probleme. Im Gegensatz zur dir und Vater. Ich hatte bis jetzt keine Zeit, mit Chloé über meine Entscheidung zu sprechen. Das ist ein Unterschied. Daher kannst du mir nicht vorwerfen, dass ich vor dem Gespräch mit ihr davonlaufe“, erklang die harte Stimme ihres Sohnes. „Wenn das so ist: Warum redest du nicht mit ihr?“ Nachdenklich blickten die blauen Augen Takerus seine Mutter an. „Vielleicht habe ich Angst. Marseille und Paris liegen an verschiedenen Enden von Frankreich. Mit dem Auto braucht man, für eine Tour ohne Pause, mindestens siebeneinhalb Stunden. Der TGV hält ungünstig, da die Haltestelle am anderen Ende von Marseille liegt, als Chloés Studentenwohnheim. Fliegen können wir uns nicht leisten. Das Studium wird viel Zeit von uns abverlangen. Ich weiß nicht, ob wir das über vier Jahre schaffen werden“, erklärte ihr Sohn traurig. Nachdenklich schaute Natusko ihren Sohn an. „Schatz, ich glaube ihr solltet über mehr reden, als nur Marseille. Ich habe nur eine Frage an dich.“ „Die wäre?“ Seine Mutter kam auf ihn zu und legte eine Hand an seine Wange und sah ihrem Sohn in die Augen. „Wieso hast du Zweifel?“ Er löste sich von ihr und ging an das Fenster. Gedankenverloren beobachtete er den Straßenverkehr. Schließlich drehte er sich wieder um und sah seine Mutter an: „Ich habe keine -“ „Takeru, sei ehrlich dir gegenüber“, kam es auffordernd ihr. „Das bin ich. Ich liebe Chloé. Die Entfernung ist ein Fakt, den wir nicht ausblenden können. Ich weiß nicht, wie sie darauf reagieren wird“, kam es leise über seine Lippen. „Dann rede endlich mit ihr, bevor es zu spät ist.“ „Das habe ich auch vor, Maman.“ Nachdenklich lag der Blonde auf seinem Bett. Seine Gedanken fuhren mal wieder Achterbahn. Er war sich sicher, dass er seine Freundin liebte. Ihm war auch klar, dass er mit ihr sprechen musste. ‚Was wären, wenn ich doch … Nein, das wäre für meine berufliche Zukunft ein Fehler. Was wäre, wenn ich sie bitten würde … Nein, das kann ich nicht von Chloé verlangen. Sie hat es verdient und ein Recht auf der besseren Uni zu studieren. Was wäre, wenn … Verdammt, das bringt so nichts.‘ So hatte er einen Entschluss gefasst. Takeru griff nach seinem Handy und rief sie an. Nachdem er das Gespräch beendet hatte informierte er seine Mutter, dass er sich mit seiner Freundin in den Tuilerien treffen wollte. --- Takeru ging auf eine schlanke junge Frau mit langen braunen Haaren zu. Die braunen Augen sahen ihn verliebt an. Zärtlich schloss er seine Arme um ihre Körpermitte und gab ihr einen Kuss. „Hallo meine Schönheit“, hauchte er ihr ins Ohr. „Hallo hübscher Mann. Was verschafft mir die Ehre, dich zu sehen?“, kam es keck von Chloé. „Hey, das ist gemein von dir. Du hattest wenig Zeit für mich, nicht umgekehrt.“ „Takeru, das war ein Scherz“, lenkte Chloé ein, als sie in seine vorwurfsvoll blickenden Augen sah. „In Anbetracht der Tatsache, dass wir uns fast eine Woche nicht gesehen haben, war das ein schlechter Scherz. Ich habe dich vermisst.“ Chloé stellte sich auf ihre Zehenspitzen, legte ihre Arme um seinen Nacken und gab Takeru einen Kuss, den er nur zu gerne erwiderte. Langsam löste sie sich von ihm. „Ich dich auch. Sehe es als einen Test an, wie unsere Beziehung in Zukunft laufen wird“, kam es leise von ihr. „Wie meinst du das?“ Erstaunt über ihre Worte sah er sie an. Ein schlechtes Gewissen machte sich in ihm breit. „Takeru, tue mir bitte einen Gefallen und verkaufe mich nicht für blöd.“ Ihre Stimme hatte sich eine Nuance erhöht und somit verstand er, dass sie sauer war. „Wann wolltest du mir sagen, dass du in Paris bleibst?“ Bei ihrem vorwurfsvollen Blick zuckte Takeru zusammen. Ertappt blickte er in ihre traurigen Augen. „Woher weißt du das?“ Wütend sah Chloé in sein Gesicht. „Habe ich eben nicht gesagt, dass du mich nicht für bescheuert halten sollst?“ Sein Geduldsfaden wurde immer dünner. Trotzdem versuchte Takeru die Nerven zu bewahren. Er kannte seine Freundin. Sie war impulsiv, temperamentvoll und aufbrausend „Nein, du sagtest ‚blöd‘ und das mache ich nicht. Tut mir leid, dass wollte-“ Er versuchte, die Wogen zu glätten. „Takeru, du schaffst es mich auf die Palme zu bringen“, rief sie vorwurfsvoll. „Entschuldigung, das war nicht meine Absicht“, kam es beschwichtigend von ihm. „Wer hat dir gesagt, dass ich hier bleiben möchte? Dein Bruder etwa?“ Seine Stimme klang ungeduldig. Verlegen zupfte sie an ihrer Bluse herum. „Echt jetzt? Jean? Er würde mit mir nie über Dinge reden, die unsere Beziehung betreffen. Das weißt du. Denkst du, ich bin unterbelichtet? Wir kennen uns seit sechs Jahren. Ich glaube, dass ich dich gut genug kenne. Ich bin selber darauf gekommen, dass du an der CELSA studieren möchtest“, pfefferte Chloé ihm wütend entgegen. „Schön, dass du mich so gut kennst“, kam es laut von ihrem Gesprächspartner, „Wie hast du erfahren, dass ich an der CELSA aufgenommen wurde? Ich habe noch nicht einmal meiner Mutter von der Aufnahmeprüfung erzählt.“ Aufgebracht blickten die blauen Augen auf seine Freundin. Diese blickte verlegen zur Seite. Takeru würde ausrasten, wenn sie ihm erzählen würde, wie sie von dem Schreiben der CELSA erfahren hatte. Immerhin mochte er es nicht, wenn man in seinen Sachen rumwühlte. „Als ich das letzte Mal bei dir war, lag das Schreiben auf deinem Schreibtisch. Da war mir klar, dass du in Paris bleibst.“ Leise war ihre Stimme zu hören. Fassungslos sah ihr Freund sie an. Jetzt würde es nicht mehr lange dauern und er würde ihr die Leviten lesen. Chloé bereitete sich schon auf einen Wutanfall ihres Freundes vor. Doch dieser reagierte völlig anders. „Chloé … ich … Ich wollte …“ Der Blonde fuhr sich mit der Hand durch seine Haare. Er sah kurz zur Seite, bevor er ihr Gesicht in seine Hände nahm. Eindringlich sah er ihr in die Augen. „Chloé, ich liebe dich. Daran wird sich nichts ändern. Es tut mir Leid, dass ich nicht gleich mit dir darüber gesprochen habe.“ Er gab ihr einen sanften Kuss. „Wie soll es mit uns weiter gehen?“, fragte sie ängstlich nach. „Ich hätte einen Vorschlag.“ Ohne auf seine Worte einzugehen fuhr sie fort: „Ich bin nicht bereit …“, zögerlich machte sie eine Pause. Sein Herz setzte einen Schlag aus. Wollte sie sich wirklich von ihm trennen? Takeru schloss seine Augen bevor er sprach: „Chloé, muss das-“ „… dich … uns …“ Sie holte tief Luft bevor sie weiter sprach: „Wir -“ Der junge Mann wurde ungeduldig. „Man, Chloé, sag es endlich. Spanne mich nicht auf die Folter.“ Kurz schloss sie ihre Augen, öffnete sie wieder und blickte ihn entschlossen an. „Ich hatte genug Zeit, mir zu überlegen, wie es mit uns weiter gehen soll. Ich bin nicht bereit, dich aufzugeben. Marseille liegt nicht am Ende der Welt. Wir haben die Wochenenden und die Semesterferien. Ich würde mir das nie verzeihen, wenn wir es nicht versucht hätten. Ich würde mich immer fragen: Was wäre wenn? Wie siehst du das?“ Überglücklich schloss Takeru seine Freundin in seine Arme und senkte seinen Kopf. Sie kam ihm auf halben Weg entgegen bis sich ihre Lippen trafen. „Ich sehe es wie du“, flüsterte er, nachdem er den Kuss gelöst hatte. „Das heißt wir werden eine Fernbeziehung führen, oder?“ Sie sah ihn fragend in die blauen Augen. „Ich würde sagen, dass es eine Wochenendbeziehung ist. Das hört sich besser an“, kam es erleichtert von dem jungen Mann. Seine Zweifel die er hatte, verbannte er mit dieser Entscheidung tief in seinen Herzen. Kapitel 1: Das Vorstellungsgespräch ----------------------------------- Frankreich, Paris 2014 Nervös lief Takeru in seinem Zimmer auf und ab. Er knöpfte sein Hemd zu, wozu der Blonde bedeutend länger brauchte, als sonst. Leise fluchte er vor sich her, als er sich an seiner Krawatte zu schaffen machte. „Bekommst du Kilometergeld?“, lachte Jean auf. „Du hast leicht reden. Es geht um meine Zukunft.“ Er zupfte an seiner Krawatte herum. „Dummes Ding. Der Knoten sieht aus, als wäre ein Huhn darüber gelaufen. Matt würde mich auslachen. Ich kann diese Halswürger immer noch nicht binden. So kann ich doch nicht zum Vorstellungstermin.“ „Takeru, setzte dich erst einmal hin, atme tief durch und schalte einen Gang runter. Du bist einer der Besten in deinem Jahrgang. Mit deiner Bachelorarbeit hast du alles was bisher da gewesen war, in den Schatten gestellt.“ Der Blonde ließ von seiner Krawatte ab und setzte sich auf sein Bett. Er blickte seinen Freund mit einem schelmischen Grinsen an. Der Braunhaarige hatte sich der Krawatte seines Freundes zugewandt. „Jean, als ich die Themen gesehen habe, war mir klar, dass ich mich für den asiatischen Bereich entscheide. Ich wäre dämlich gewesen, wenn ich meine japanischen Wurzeln nicht ausgenutzt hätte. Schließlich wohnt meine halbe Familie in Tokio und ich habe lange dort gewohnt.“ „Du hast lange in Tokio gewohnt? Takeru, du bist vierundzwanzig Jahre alt. Seit deinem achten Lebensjahr wohnst du mit deiner Mutter in Paris“, amüsierte sich Jean. „Du musst mir nicht mein Leben erklären. Dieses kenne ich selber am besten“, lachte der Blonde. „Ich hatte verschiedene Sichtweisen, wie die Japaner ihr Land sehen, in meiner Arbeit. Einmal die Sichtweises eines Kindes - also meine Sicht. Die Sicht eines Teenagers und jungen Erwachsenen – die Sicht meines Bruders. Schließlich die Sicht eines Erwachsenen – die meines Vaters. Zum Schluss hatte ich ein Gesamtblick -“ „Ich habe deine Arbeit auch gelesen. Ich sage es gerne noch einmal, diese war der Hammer. So fertig.“ Jean schob die gebundene Krawatte ein wenig höher. „Jetzt sitzt sie perfekt.“ „Danke dir. Ich bin immer noch nervös. Das ist eine super Chance für mich, für diesen Verlag zu arbeiten.“ „Wird schon schief gehen.“ „Hoffe ich doch.“ „Wie geht es Chloé? Ich habe schon lange nichts von ihr gehört.“ „Ihre Nerven liegen blank. Sie hat immer noch keine Nachricht, ob sie die Praktikantenstelle im Saint Joseph Krankenhaus bekommen hat.“ Jean lachte auf: „Meine Schwester und warten? Das passt nicht zusammen.“ Ernst sah er seinen besten Freund in die Augen. „Ich hätte nicht gedacht, dass ihr nach deinem Studium immer noch ein Paar seid.“ „Ehrlich gesagt: Ich auch nicht. Wir haben momentan keine leichte Zeit.“ Traurig blickte Takeru zu seinem Nachttisch. Dort stand ein Foto von Chloé. Sie saß auf dem Rand des Apollo Brunnens, ihren Kopf hatte sie leicht geneigt und sie blickte gedankenverloren über eine große Wiese in Richtung Versailles. Ihre Haare hatte sie offen gelassen und diese lagen in leichten Wellen über ihre Schulter. „Bist du immer noch sauer, weil sie mit Alain eine Lerngemeinschaft gebildet hat?“, seufzte Jean auf. „Klar, bin ich sauer“, kam es aufgebracht über die Lippen des Blonden. „Takeru, das ist drei Monate her. Meinst du nicht, dass du ihr langsam vergeben solltest?“ „Der Vogel hat ein Auge auf Chloé geworfen und sie bekommt es nicht mit. Deswegen fällt es mir schwer, ihr zu vergeben. Chloé ist zu leichtgläubig.“ „Chloé und leichtgläubig? Das glaubst du doch selber nicht, Takeru.“ Mit diesen Worten versuchte Jean seine Schwester in Schutz zu nehmen. „In der Hinsicht ist sie naiv. Sie verschließt die Augen vor der Realität“, grummelte Takeru vor sich her. „Wenn wir schon bei ihren Augen sind: Chloé hat halt nur Augen für dich. Ich an deiner Stelle würde das als Kompliment auffassen, dass sie seine Avancen nicht wahrnimmt“, erwiderte sein Freund. „Vielleicht hast du Recht“, seufzte Takeru auf. „Es ist ein blödes Gefühl, zu wissen, dass jemand meiner Freundin schöne Augen macht und ich sie selten sehe.“ „Du bist eifersüchtig“, stellte Jean fest. „Das wärst du an meiner Stelle auch“, fauchte Takeru seinen Freund an. „Sie liebt dich. Warum sollte sie eure Beziehung aufs Spiel setzen?“ „Glaube mir, das habe ich mich auch gefragt“, seufzte der Blonde auf. „Warum suchst du dir nicht einen Job in Marseille?“ „Jean, als ob es so einfach ist, in meiner Branche eine gute Stelle zu finden“, rief Takeru aufgebracht und stand vom Bett auf. „Denkst du, das habe ich nicht versucht? Ich habe gestern eine Absage bekommen“, fuhr er nachdenklich fort. „Trotzdem möchte ich die neun Jahre mit Chloé nicht einfach so wegwerfen.“ Takeru sah auf seine Uhr. „Jean, ich möchte dich nicht rauswerfen, aber ich muss los.“ Takeru ging auf seine Zimmertür zu. „Ich habe dich verstanden.“ Jean erhob sich ebenfalls und gemeinsam gingen sie zur Wohnungstür. Als die beiden Männer an der Metrohaltestelle angekommen waren, wünschte der Braunhaarige seinem Freund viel Glück bei dem Gespräch. Takeru bedankte sich höflich und machte sich auf den Weg zu seinen Vorstellungstermin. --- Sichtlich aufgeregt betrat Takeru das Verlagsgebäude. Er informierte sich, in welcher Etage Herr Fontaine, bei dem er sein Vorstellungstermin hatte, saß. Er bedankte sich bei der freundlichen Rezeptionistin für die Information und ging zum Fahrstuhl. Der Blonde holte noch einmal tief Luft, als er das gesuchte Büro gefunden hatte und klopfte an. Takeru saß vor einen älteren Mann mit Brille. Dieser blickte ihn neugierig mit seinen grauen Augen an. Das Gespräch verlief in einer angenehmen Atmosphäre und so entspannte sich der Blonde immer weiter. „Eine Frage habe ich noch an sie, Herr Takaishi“, erklang die geschäftliche Stimme von Herrn Fontaine. Neugierig sah der Blonde seinen Gesprächspartner an. Bevor er etwas sagen konnte sprach der ältere Herr weiter: „Wie ich ihrem Lebenslauf entnehmen kann, haben Sie als Kind in Tokio gelebt. Sprechen Sie fließend Japanisch?“ Verwundert blickte Takeru den Älteren an. „Ja, mein Vater und mein Bruder leben in Tokio. Daher bin ich mit dieser Sprache sehr vertraut.“ „Das ist gut. Können sie auch die japanischen Schriftzeichen lesen und schreiben?“, fragte er weiter nach. Diese Frage konnte Takeru auch positiv beantworten. Dem Blonden kam dies zwar komisch vor. Was hatten bitte seine Japanisch Kenntnisse mit dem Job bei einer französischen Zeitung zu tun? „Sehr schön“, kam es erfreut von Herr Fontaine. Als der Ältere die fragenden Augen des Jüngeren sah setzte er zu einer Erklärung an: „Unser Verlag arbeitet seit einem Jahr mit der Ishida Group in Tokio zusammen. Wir wollen unsere geschäftlichen Interessen vertiefen.“ Takeru sah den Mann vor sich sprachlos an. Ishida? Der Name kam ihm sehr bekannt vor. Er holte tief Luft. „Ist das ein Witz?“ Kaum hatten seine Worte seine Lippen verlassen, biss er sich auf diese. Verdammt! Das wollte er doch gar nicht sagen. „Herr Takaishi, ich mache keine Scherze, wenn es um die Arbeit geht.“ „Entschuldigen Sie bitte, Herr Fontaine. Ich war nur über den Namen Ishida erstaunt. Sprechen Sie von Ishida Hiroaki?“ „Sie sind ja bestens informiert. Ja, der eine Inhaber dieser Group heißt so. Kennen Sie diesen Mann?“ Takeru lachte ironisch auf. „Kennen ist gut. Er ist ein knallharter Geschäftsmann, wenn er eine Entscheidung getroffen hat, weicht er selten davon ab.“ „Wie ich sehe, kennen sie sich nicht nur in den französischen Medien aus. Sie haben Herrn Ishida bestens beschrieben. Man könnte denken, dass Sie ihn persönlich kennen.“ Takeru runzelte seine Stirn. „Hat Herr Ishida ein Mitspracherecht, wer diese Stelle bekommt?“ „Ja, das hat er. Schließlich muss er die meiste Zeit mit dieser Person zusammen arbeiten. Für unser geschäftliches Interesse wäre es von Vorteil, wenn unser Mitarbeit der japanischen Sprache und den Schriftzeichen vertraut wäre. Alles Weitere würde ich Ihnen erklären, wenn Herr Ishida sich entschieden hätte.“ Na Klasse, wenn Hiroaki meinen Namen liest, kann er eins und eins zusammenzählen. Nachdenklich lehnte der jüngere Mann sich gegen die Stuhllehen. Wollte Takeru sich das wirklich antun? Er seufzte auf und setzte sich wieder aufrecht auf den Stuhl. „Ich sollte mit offenen Karten spielen, Herr Fontaine. Mit dieser Information, die ich Ihnen jetzt geben werde möchte ich mir keinen Vorteil verschaffen. Zumal ich mich auf eine ganz andere Stelle beworben habe.“ „Herr Takaishi, Sie machen es spannend.“ Takeru holte tief Luft bevor er sprach: „Ishida Hiroaki ist mein Vater. Ich habe ihn nicht in meinen Lebenslauf erwähnt, da sein Wohnort in Japan ist.“ Jetzt war es an der Zeit, dass Herr Fontaine einen erstaunten Blick auf den jungen Mann vor sich warf. „Danke für Ihre Ehrlichkeit. Ich werde Sie morgen Nachmittag über den weiteren Verlauf informieren.“ Er erhob sich, sichtlich verwirrt, von seinem Stuhl und reichte dem Jüngeren seine Hand. „Danke für das freundliche Gespräch, Herr Fontaine.“ Takeru reichte den älteren Herren die Hand und verabschiedete sich. --- Sichtlich geschockt verließ Takeru das Verlagsgebäude. Langsam ging er auf die Metrostation zu. Er entschied sich im letzten Moment gegen die stickige und immer überfüllte Metro, und ging gedankenverloren durch die Pariser Straßen. Ihm gingen tausend Dinge durch den Kopf. Warum musste ausgerechnet sein Vater das letzte Wort bei seinem beruflichen Werdegang haben? Der Mann, der seine Mutter verlassen und ihn von seinem Bruder getrennt hatte? Der Mann, den er nur sah, wenn er Urlaub in Tokio machte. Der Mann, deren Stimme er nur einmal im Monat bei ihrem gemeinsamen Telefonat hörte? ‚Was wäre, wenn ich diese Stelle bekommen sollte? Was wäre, wenn ich mit meinem Vater zusammen arbeiten müsste? Das ist doch alles Mist. So langsam denke ich, dass mir mein Glück nicht gegönnt wird. Erst muss ich Chloé nach Marseille gehen lassen. Dann macht ein Lackaffe ihr schöne Augen. Jetzt das: Da bewirbt man sich bei einem französischen Verlag und die labbern was von Japan. Mach dich nicht verrückt Takeru, warte erst einmal ab.‘ Er blickte sich um. Erstaunt stellte er fest, dass er sich an der Treppe befand, die zum Trocadéro Platz führte. Eigentlich musste er in die entgegengesetzte Richtung nach Hause, aber irgendwie hatte es ihn unbewusst an den Platz verschlagen an den sich Chloé und er das erste Mal geküsst hatten. Ein Lächeln machte sich in seinem Gesicht breit, als er an diese Erinnerung dachte. Langsam ging er die Stufen empor und beobachtete fasziniert, wie der Eiffelturm immer größer wurde und die Grünfläche des Marsfeldes immer mehr an Größe gewann. Die Symmetrie, die Paris ausmachte, war hier gut erkennbar. Takeru folgte dieser Symmetrie bis sein Blick an der Militärakademie hängen blieb. Er schloss die Augen, während er ein paar Mal tief ein und aus atmete. Er hoffte, dass er mit der Atemübung zur Ruhe kommen würde. Dies war nicht der Fall. Takeru seufzte laut auf und machte sich auf den Heimweg. --- Takeru schloss die Wohnungstür Gedanken versunken auf. Er war zwar schon fast Mitte Zwanzig. In Anbetracht der Tatsache, dass Wohnungen in Paris schwer zu finden, geschweige denn bezahlbar waren, zog er es vor noch bei seiner Mutter zu wohnen. Weder Takeru noch seine Mutter hatten ein Problem damit. Natsuko war froh, dass ihr wenigstens ein Sohn geblieben war. Sie war dankbar, ein inniges Verhältnis zu ihrem Jüngsten zu haben. „Hallo mein Schatz. Wie war dein Vorstellungsgespräch?“, begrüßte sie ihren Sohn. Natsuko bekam keine Antwort. „Hallo? Ist jemand zu Hause?“ Die blonde Frau wedelte mit ihren Händen vor dem Gesicht ihres Sohnes. Wieder folgte keine Reaktion. „Takeru Takaishi!“, rief sie aufgebracht. Der Angesprochene zuckte zusammen. „Maman, musst du mich so erschrecken?“ „Takeru, du stehst seit geschlagenen fünf Minuten im Flur. Du hast es noch nicht einmal geschafft, die Tür zu schließen. Ich habe dich schon paarmal angesprochen, aber nichts ist geschehen. Was ist passiert?“, fragte sie besorgt nach. „Was passiert ist? Der größte Witz aller Zeiten ist passiert“, rief er aufgebracht. Leiser sprach er seufzend weiter: „Du wirst es mir nicht glauben, wenn ich es dir erzähle.“ „Ich habe Abendbrot gemacht. Lass uns beim Essen darüber reden“, schlug seine Mutter vor. Ihr Sohn nickte. „Jetzt kann ich verstehen, warum du so durch den Wind bist.“ Nachdenklich schaute sie ihren Sohn an. „Was hat die Ishida Group mit dem Pariser Verlag zu tun?“, fragte Natsuko erstaunt nach. „Keine Ahnung. Herr Fontaine hat gesagt, dass der Verlag seit einem Jahr mit dieser Group zusammen arbeitet. Sie wollen ihre geschäftlichen Interessen vertiefen und suchen jetzt jemanden, der als Verbindungsmann arbeitet.“ Natsuko legte eine Hand auf die seine und sah in die Augen ihres Sohnes. „Takeru, egal was du machst, überlege es dir ganz genau. Eine Entscheidung, egal wie klein sie sein mag, hat immer Konsequenzen.“ Takeru stand auf und stellte das Geschirr in den Geschirrspüler. Danach wandte er sich seiner Mutter wieder zu. „Das ist mir bewusst. Ich werde abwarten was morgen passiert. Sei mir bitte nicht böse, aber ich brauche Zeit zum Nachdenken.“ Mit diesen Worten schloss er den Geschirrspüler und schaltete das Gerät ein. Takeru ging auf seine Mutter zu und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. „Gute Nacht, Maman.“ „Gute Nacht, Schatz.“ Natsuko seufzte auf und blickte ihren Sohn nachdenklich hinterher, als dieser in seinem Zimmer verschwand. Kapitel 2: Paris oder Tokio --------------------------- Takeru sah nachdenklich aus dem Küchenfenster und wartete geduldig auf seinen Filterkaffee. Die Nacht war alles andere als erholsam gewesen. Seine Gedanken hatten sich unaufhörlich im Kreis gedreht. Er seufzte, griff nach seiner fertigen Kaffeetasse und trank ein paar Schlucke. Er wollte die Croissants auf den Tisch stellen, als sein Handy klingelte. Erfreut nahm er das Mobiltelefon in seine Hand. Es war erst halb neun am Morgen. Dies konnte nur bedeuten, dass Chloé ihn anrief. Er sah auf das Display und stutze. Die Nummer seiner Freundin war es nicht. Nachdenklich nahm er das Gespräch an. Natsuko betrat die Küche und blickte sich verwundert um. Der Frühstückstisch war zur Hälfte gedeckt. Eine Kaffeetasse stand halb ausgetrunken auf dem Tisch. Von ihrem Sohn fehlte jedoch jede Spur. Das Sakko von diesem hing ordentlich über dem Stuhl, woraus sie schließen konnte, dass er noch zu Hause war. Sie blickte sich kurz um und hörte die Stimme ihres Sohnes: „Ich werde um zehn Uhr in Ihrem Büro sein. Vielen Dank für das Gespräch, Herr Fontaine. Auf Wiederhören.“ „Guten Morgen Maman“, begrüßte Takeru seine Mutter. Laut seufzend ließ er sich auf den Küchenstuhl fallen. Er warf seinen Kopf in den Nacken und fuhr sich mit den Händen über sein Gesicht. Dieser Tag konnte kein guter werden. 'Was habe ich nur in meinen Leben falsch gemacht, dass ich so bestraft werde?' Besorgt sah seine Mutter ihn an. „Guten Morgen Takeru. Du siehst aus, als hättest du die Nacht zum Tag gemacht.“ „Sehr witzig. Ich habe kaum geschlafen“, stöhnte der junge Mann auf. „Um zehn Uhr habe ich einen Termin mit Herrn Fontaine. Eigentlich wollte er sich erst heute Nachmittag bei mir melden. Durch die Zeitverschiebung zwischen Paris und Tokio ist es anderes gekommen. Der Chef der Ishida Group wollte es so.“ Der Sarkasmus war deutlich in seiner Stimme zu hören. „Takeru, du redest von deinem Vater“, mischte sich Natsuko mit einem Seufzer ein. „Privat ist er das. Beruflich gesehen ist er mein möglicher Chef. Ausgerechnet der Mann, wegen dem wir Matt und Tokio verlassen haben, entscheidet über meine berufliche Zukunft. Erkennst du die Ironie?“ „Schatz, du wirst dich für das Richtige entscheiden. Dass die Ehe von deinem Vater und mir gescheitert ist, hat nichts mit deiner Zukunft zu tun. Ich bin mir sicher, dass dein Vater genauso denkt.“ Takeru sah auf seine Uhr. „Ich würde mich gerne mit dir weiter unterhalten, aber ich muss los.“ Der junge Mann erhob sich und zog sich sein Sakko über. Er überprüfte, ob er seine Unterlagen, das Schlüsselbund, sein Handy, sowie seine Geldbörse eingepackt hatte. „Wir sehen uns heute Abend. Ich wünsche dir einen schönen Tag, Maman.“ „Den wünsche ich dir auch.“ --- „Guten Tag, Herr Fontaine“, begrüßte Takeru den älteren Mann, als er sein Büro betrat. „Guten Tag, Herr Takaishi. Setzen Sie sich bitte.“ Der Verlagschef deutete auf einen Stuhl. Takeru setzte sich und wartete geduldig auf das, was kommen sollte. „Ich entschuldige mich, dass ich mich so kurzfristig bei Ihnen gemeldet habe“, eröffnete der ältere Herr das Gespräch. Sein Gesprächspartner wollte etwas erwidern, kam aber nicht dazu, da der Ältere weitersprach: „Zur meiner Entschuldigung muss ich sagen, dass ich heute Morgen ein Telefongespräch mit Herrn Ishida hatte. Durch die Zeitverschiebung haben wir uns entschieden, heute noch das Gespräch mit Ihnen zu suchen, Herr Takaishi.“ Eine kurze Pause entstand. „Was meinen Sie mit wir, Herr Fontaine?“ Der Blonde schaute nachdenklich seinen Gesprächspartner an. ‚Ach, da war ja was.‘ „Herr Ishida wollte sich ein persönliches Bild … In Anbetracht dessen, dass Sie sein Sohn sind …“ Überfordert mit der Familiensituation der Takaishis zu seinem Geschäftspartner brach Herr Fontaine den Satz ab. Er überlegte kurz bevor er weitersprach: „Er will sich mit Ihnen geschäftlich unterhalten. Das Gespräch soll auf Japanisch geführt werden. Dies hatten wir das auch schon vor Ihrer Bewerbung vereinbart.“ Der Blonde zog eine Augenbraue hoch. „Darf ich Sie etwas fragen, Herr Fontaine?“ „Sicher. Worum handelt es sich?“ „Ich habe mich auf eine ganz andere Stelle beworben. In dieser Stellenbeschreibung stand nichts davon, dass Sie einen Verbindungsmann mit Kenntnissen in der japanischen Sprache suchen.“ „Das ist richtig. Unser Verlag wollte diese Stelle intern vergeben. Leider hat unser Mitarbeiter, der bis vor kurzem mit der Ishida Group zusammengearbeitet hat, nicht mehr die Ansprüche von Herrn Ishida erfüllt. Er wünscht sich jemanden der japanisch sprechen kann, damit die Kommunikation zwischen ihm und unseren Mitarbeiter einfacher ist.“ „Typisch. Es muss immer der Weg gegangen werden, bei dem er den geringsten Aufwand hat. Man könnte sich auch auf Französisch unterhalten. Ach! Ich vergaß: Bei der Sprachen hapert es ein wenig“, murmelte Takeru, unverständlich für seinen Gesprächspartner, vor sich her. „Als ich Ihren Lebenslauf gelesen habe, fand ich Sie auf der Stelle, auf die Sie sich beworben haben, fehlbesetzt. Wie ich schon am Telefon gesagt habe, werden wir um halb elf eine Konferenzschaltung mit dem Vertreter der Ishida Group haben.“ „Ich verstehe.“ Takeru fühlte sich wie jemand, der zum Schafott geführt wurde. 'Wieso zum Teufel muss das alles passieren? Ich hätte zuhause in meinem Bett bleiben sollen. Dann wäre der ganze Tag erträglicher geworden. Vielleicht habe ich ja noch Glück und es gibt gleich noch einen Stromausfall.' „Herr Takaishi, könnten Sie mir bitte sagen, wie spät es jetzt in Japan ist?“ Unsicher sah der Ältere den Jüngeren an. Takeru sah auf seine Uhr. „Es ist fast achtzehnuhrdreißig.“ „Danke sehr“, kam es verlegen. Der Blonde zog seine Stirn kraus. 'Kennt er sich mit den japanischen Sitten aus? Nachfragen schadet nichts. Schließlich geht es um meine berufliche Zukunft. Ich weiß, wie viel Wert mein Vater auf Etikette legte.' „Herr Fontaine, darf ich Sie fragen, ob Sie sich mit den Gepflogenheiten einer japanischen Begrüßung und dem Verlauf eines geschäftlichen Gesprächs auskennen?“, fragte der Jüngere nach. „Nicht wirklich. Das hat sonst immer Herr de Ville gemacht“, erwiderte entschuldigend der ältere Mann. Takeru schlug sich in Geiste die Hand vor die Stirn. So konnte das nichts werden. „Traditionsgemäß verbeugt man sich im Stehen, während die Hände so auf den Oberschenkeln gelegt werden, so dass sie mit dem Oberkörper eine Linie bilden“, informierte Takeru seinen Gesprächspartner. „Die richtige Anrede ist Ishida-san.“ „Nochmals: Danke sehr“, verunsichert lächelte Herr Fontaine Takeru an. Der Blonde blickte wieder auf seine Uhr. „Sie sollten die Konferenzschaltung freigeben.“ „Wir haben noch zehn Minuten-“ „Japanische Sitte“, kam es trocken von dem Blonden. ‚Bei allen Heiligen! Wie hat er es ein Jahr lang geschafft mit meinem Vater zusammen zu arbeiten? Er kann anscheinend nicht mal die Grundlagen japanischer Höflichkeit.‘ „Ähm … Okay.“ Beide erhoben sich von ihren Stühlen, bevor der Ältere die Verbindung nach Tokio herstellte. Nachdem Vater und Sohn ihren ersten Schreck überwunden hatten, begann das Gespräch. Herr Fontaine war direkt nach der Begrüßung aus dem Gespräch ausgeschieden, da er der japanischen Sprache, in diesem schnellen Tempo, nicht mächtig war. Das Gespräch wurde zum Erstaunen des Jüngeren entspannt und angenehm. Es war natürlich auf den geschäftlichen Teil gerichtet. Allmählich neigte sich die Unterhaltung dem Ende. „Du wirst sicherlich Verständnis haben, dass ich jetzt noch keine Entscheidung treffen kann, Hiroaki?“ Takeru seinen Vater mit einem fragenden Blick an. Beide hatten sich im Verlaufe des Gesprächs darauf geeinigt, dass sie sich mit Vornamen ansprachen. So wollten sie der außergewöhnlichen Situation entkommen, sich mit ihren Familiennamen anzusprechen. Für Takeru war es trotzdem ungewohnt seinen Vater mit Vornamen anzusprechen. Trotz der Scheidung seiner Eltern und den damit einhergehenden Umzug nach Paris nannte Takeru Hiroaki immer Vater. „Sicher, das habe ich, Takeru.“ Milde lächelte er seinen Sohn an. Dieser erwiderte das Lächeln. „Ich würde dich in zwei Tagen um zehn Uhr anrufen. Reicht dir die Zeit aus?“ Nachdenklich sah Hiroaki seinen Sohn an. „Danke sehr. Das ist ein guter Zeitraum. Ich gehe davon aus, das du zehn Uhr Mitteleuropäischer Zeit meinst.“ „Natürlich – ich würde es nicht wagen, dich morgens um zwei Uhr anzurufen.“ Ein weiteres Lächeln zierte das Gesicht von Hiroaki. „Das ist sehr höflich von dir. Ich habe noch eine Frage …“ Takeru machte eine Pause. „Du musst mir die Frage stellen, damit du eine Antwort bekommen kannst“, munterte er seinen Sohn auf. „Sie ist privat“, kam es verlegen vom Blonden. „Dann wird es wohl die gleiche sein, die ich dir auch stellen wollte: Kannst du bitte deine Mutter und Chloé von mir grüßen?“ „Danke sehr. Ich werde es den beiden ausrichten. Bitte grüßest du im Gegenzug Matt, Sora und den kleinen Haru ganz lieb von mir.“ „Das werde ich machen.“ „Es war schön dich wieder zu sehen, Takeru.“ Dem Jüngeren huschte ein Lächeln über das Gesicht. „Ich kann dasselbe nur zurückgeben.“ Hiroaki erhob sich von seinem Stuhl. Sein Sohn erhob sich auch. Beide verbeugten sich der Form halber. Ohne ein Wort zu sagen verließ Takeru das Büro von Herrn Fontaine, damit dieser sich von seinem Geschäftspartner verabschieden konnte. Dass der ganze Tag vollkommen anders gelaufen war, als Takeru sich vorgestellt hatte, war eine Sache. Das Gespräch mit seinem Vater oder vielleicht zukünftigen Vorgesetzten war viel entspannter verlaufen, als der Blonde es sich vorgestellt hatte. Sicher, er hatte nicht die beste Beziehung zu seinem Vater. Trotzdem waren die Beiden professionell genug gewesen, ihr Privatleben auszublenden. Bis auf die Tatsache, dass sie sich mit Vornamen ansprachen und der Bitte, Grüße auszurichten. Die andere Sache war, dass er die Chance hatte, für ein halbes Jahr wieder bei seinem Vater, Yamato Sora und deren gemeinsamen Sohn Haru zu sein. Das würde wiederum bedeuten, dass er Chloé sechs Monate alleine in Marseille lassen musste. Das konnte er sich nicht vorstellen. Was wäre, wenn er auf sein Herz hörte? Was wäre, wenn er auf seinen Verstand hörte? Von sich selbst und der ganzen Welt genervt seufzte der Blonde auf. Takeru zog sein Handy aus der Tasche und wählte er die Nummer von Chloé. Nachdenklich legte sich seine Stirn in Falten, als er sie nicht erreichen konnte. Kurz zuckte er mit den Schultern und beschloss seine Freundin spontan zu besuchen. Schließlich musste er sie in seine Entscheidung mit einbeziehen. Es war jetzt dreizehn Uhr. Er könnte mit dem Auto in knapp acht Stunden bei ihr sein. Kurzerhand rief er seine Mutter an und gab ihr Bescheid, dass er Chloé besuchen wollte. --- Als Takeru das Studentenwohnheim, nach einer nicht endenden Autofahrt, gegen dreiundzwanzig Uhr betrat, beschlich ihn ein komisches Gefühl. Er spürte, dass irgendetwas Gewaltiges auf ihn wartete. Vielleicht hätte er doch in Paris bleiben sollen? Das wäre die richtige Entscheidung gewesen, oder doch nicht? Jetzt gab es kein Zurück mehr. Er musste schmunzeln, als er ein Pärchen hörte, welches sich sehr amüsierte. Dieses Schmunzeln verschwand aus seinem Gesicht, als er mitbekam, dass die lustvollen Geräusche aus Chloés Zimmer kamen. Langsam runzelte er die Stirn. Wollte er sich das wirklich antun? Immerhin war es eindeutig, was in ihrem Zimmer vor sich ging. Vielleicht irrte er sich auch. Wenn dies der Fall sein sollte, würde er sich lächerlich machen. Der Blonde beschloss erst einmal die Ruhe zu bewahren. Ausrasten konnte er immer noch. Sein Herz klopfte so stark gegen seine Brust, dass er dachte, dass es gleich heraus springen würde. Takeru nahm all seinen Mut zusammen und klopfte an. Nichts geschah und seine Hoffnung schwand. Es gab keine Hoffnung mehr, als er die Tür zur ihrem Zimmer vorsichtig mit seinem Schlüssel, den er von ihr bekommen hatte, öffnete. Sie zerbrach wie eine Seifenblase, als er realisierte, was er sah. Neun Jahre seines Lebens waren mit einem Schlag ausradiert. Fassungslos schaute er auf das Schauspiel, welches sich ihm bot. Seine Freundin – nein! Seine ehemalige Freundin - vergnügte sich mit jemand anderen. Dieser jemand war Alain von Chloés Lerngruppe. Takeru war in diese Schmierenkomödie reingeraten – unfreiwillig versteht sich. Was soll ich machen? Gehen? Mich der Situation stellen? Eigentlich kann ich es gleich klären. Egal wie peinlich es für alle Anwesenden werden wird.. „Ist das eure Anatomie Lerngruppe? Von der Theorie gleich in die Praxis. Schon praktisch, oder?“, polterte Takeru los. Die Wut, die sich in ihn aufgestaut hatte, musste raus. Erschrocken fuhren Chloé und Alain auseinander. Mit weit aufgerissen Augen sah Chloé Takeru an. „Takeru-“ Schnell stand sie auf und bedeckte ihre Blöße mit der Decke, die auf den Boden lag. „Meinst du nicht, dass diese Aktion sinnlos ist? Ich kenne dich ohne Kleidung, genau wie der Lackaffe da“, schrie er sie an. Er schenkte seinen Kontrahenten einen vernichtenden Blick. Alain versuchte sich so klein wie möglich zu machen. „Takeru, bitte-“ „Oh, ich kann mich geehrt schätzen, dass du meinen Namen noch kennst“, giftete er sie an. „Wie lange geht das schon?“ Tränen sammelten sich in ihren Augen, als sie ihn unsicher ansah. „Also schon länger?“ Entgeistert schaute der Blonde die Braunhaarige an. „Wunderbar. Weißt du was? Hier hast du deinen Schlüssel.“ Takeru schmiss den Schlüssel, den er von seinem Schlüsselbund gelöst hatte, vor ihre Füße. „Meine Sachen kannst du deinem Bruder geben, so wie ich ihm deine Geben werde. Werde einfach glücklich mit …“, mit einem weiteren verachtenden Blick schaute er auf Alain, „… deiner Lerngruppe.“ Seine Augen waren fast schwarz vor Wut, als er auf das Bett zuging, ausholte und Alain seine Faust auf seiner Wange spürte. „So - jetzt geht es mir besser.“ Takeru drehte sich noch einmal zu Chloé um. „Danke, du hast mir gerade eine sehr schwere Entscheidung abgenommen. Auf Nimmerwiedersehen.“ --- Einen Monat nach der unschönen Trennung von Takeru und Chloé stand Natsuko auf dem Pariser Flughafen. Verzweifelt versuchte sie die Tränen zu stoppen, die ihr über ihre Wangen liefen. Takeru nahm seine Mutter in die Arme und wischte ihr die Nässe aus ihrem Gesicht. „Ich hab dich lieb, Maman.“ Der junge Mann drückte seiner Mutter noch einen Kuss auf die Stirn, bevor er zur Sicherheitskontrolle ging. Er drehte sich noch einmal zu ihr um und schenkte ihr sein typisches Lächeln. Schließlich verschwand er in sein neues Leben. Es war alles anders gekommen, als Takeru es sich vorgestellt hatte. Chloé hatte ihm das Herz gebrochen. Was wäre, wenn er sich seinen Gefühlen stellen würde? Was wäre, wenn er sein Herz verschließen und keine Gefühle zulassen würde? Was wäre, wenn das Leben einen ganz anderen Plan mit ihm vorhatte, als er sich es vorstellte? Kapitel 3: Bruder und Schwester ------------------------------- Die vierundzwanzigjährige junge Frau zog sich ihre Schuhe an. Sie schloss die Tür zu ihrer Wohnung, die sie kurz nach ihrer erfolgreich abgeschlossenen Ausbildung zur Fotografin bezogen hatte. Die Wohnung war nicht groß, reichte für die Zwecke der Braunhaarigen vollkommen aus. Vor einem halben Jahr hatte sie sich von ihrem Freund getrennt. Sie war glücklich mit ihm gewesen. Sie hatte gemerkt, dass das Tüpfelchen auf dem ‚i‘ gefehlt hatte und zog sie einen Schlussstrich unter die zweijährige Beziehung. Die Braunhaarige zog ihren Schlüssel aus dem Türschloss und steckte diesen in ihre Sporthose. Die junge Frau wollte sich mit ihrem Bruder zur gemeinsamen Joggingrunde im Park von Odaiba treffen. Dies machten die Yagami Geschwister regelmäßig. Hikari, sowie ihr großer Bruder Taichi, waren beide sehr sportlich. Sie tanzte über viele Jahre in ihrer Schul-AG und war auch Cheerleaderin gewesen. Ihr Bruder hatte als Kapitän die Fußballmannschaft ihrer Schule angeführt. So wurde er damals regelmäßig von seiner kleinen Schwester bei seinen Fußballspielen angefeuert. „Hey Tai“, begrüßte die Braunhaarige einen jungen Mann, der wie gewohnt an der gleichen Bank auf seine Schwester wartete. Die Haare des jungen Mannes standen in alle Himmelsrichtung ab. Er hatte es aufgegeben Ordnung in das Chaos zu bringen. Der Angesprochene drehte sich in die entsprechende Richtung aus der er die Stimme Hikaris vernahm. Ein Lächeln schlich sich in sein Gesicht, als er seine Schwester sah. Diese strahlte ihn mit ihren braunen Augen an. Taichi schloss sie in eine innige Umarmung und gab ihr einen Kuss auf die Wange. „Hallo Schwesterchen. Wollen wir loslegen?“ „Gerne doch. Laufen wir unsere übliche Runde?“ Ihr Bruder nickte. Sie liefen in einem gleichmäßigen Tempo los. Taichi könnte, wenn er wollte, Hikari sehr leicht abhängen, was er niemals tat. Er genoß die Zeit mit seiner Schwester. Nach gut einer halben Stunde machten die Geschwister eine Pause. Hikari holte an einen kleinen Stand einen Kaffee für Taichi und einen Tee für sich. Sie nahm die Getränke in die Hand und wollte zu ihrem Bruder gehen, als sie einen unsanften Stoß in ihren Rücken spürte. Hikari kippte sich den Tee über ihren Oberkörper. Sie kam dadurch ins Stolpern und ruderte wie wild mit ihren Armen umher. Sie schloss ihre Augen und bereitete sich auf den unsanften Aufprall auf den Boden vor. ‚Mist, das wird ein blauer Fleck. Typisch Yagami. Verflucht, ist der Tee heiß. Autsch.‘ Der Kaffeebecher flog im hohen Bogen durch die Luft. Die braune Flüssigkeit verließ den Becher und würde sich gleichmäßig in der nahen Umgebung verteilen. Durch die Schwerkraft trat das Trinkgefäß wieder den Weg nach unten an und fiel auf den Kiesboden des Parks. Schnell schüttelte die junge Frau ihre Hände. „Ah!… Heiß! … Heiß!“ Während dieser Aktion stand sie wieder auf und fluchte weiter: „Du verdammter Trottel! Kannst du nicht aufpassen? Ist das so schwer …?“ Sie stockte, als sie die Bescherung sah: Der Kaffee war nicht auf dem Boden gelandet, sondern hatte seine Spuren auf einem grauen Anzug eines Unbekannten hinterlassen. Die Braunhaarige hob ihren Kopf, bis sie in die wütenden Augen des Anzugsträgers blickte. Hikari lief rot an. „Entschuldigen Sie bitte. Sie waren natürlich nicht gemeint. Es … tu-“, kam es kleinlaut von der jungen Frau. „Verdammt nochmal!“, fluchte der junge Mann auf. „Das hoffe ich doch sehr. Sie lassen sich anrempeln, verteilen Ihren Kaffee auf meinen Anzug und ich soll der Trottel sein?“, fragte er aufgebracht nach. Hikari fühlte sich im ersten Moment vor dem Kopf gestoßen. Dann holte sie tief Luft und fing an los zu poltern: „Jetzt bin ich der Trottel? Ich habe hinten keine Augen. Sie etwa? Sagen Sie mal: Was denken Sie eigentlich, wer Sie sind?“ Die junge Frau hatte ihre Hände in die Hüften gestemmt und ihren Kopf zur Seite gelegt. „Das werde ich Ihnen nicht unter die Nase reiben. Ich habe einen wichtigen Termin und schaffe es nicht mehr mich umzuziehen. Wie sieht das aus?“, konterte der Fremde. „Ziehen Sie Ihr Sakko aus. Das kann nicht so schwer sein. Vielleicht sollten Sie noch jemand fragen, der Ihnen die Krawatte bindet. Der Knoten sieht grauenvoll aus. An welcher Schule waren Sie?“ Ihre Stimme hatte einen schnippischen Unterton. „Keine Schule die Sie kennen. Jetzt entschuldigen Sie mich“, sprach ihr Gesprächspartner sarkastisch. Aufgebracht drehte sich der Mann in die andere Richtung und ging. „Eingebildeter Fatzke“, rief sie ihm hinter her. So benahm sich die Braunhaarige Fremden gegenüber nicht oft. Sie war eine ruhige, fast schon schüchterne, junge Frau. Sie brauchte ihre Zeit, um sich an eine neue Situation zu gewöhnen. Durch ihren Beruf als Fotografin lernte sie Selbstbewusstsein, wodurch sie schneller ihre Ideen umzusetzen konnte. Dies war auch bitter nötig gewesen, wenn sie die Prominenten vor der Linse hatte. Allerdings hatte Hikari ihre Arbeitsstelle vor kurzem verloren, da ihr Arbeitsvertrag ausgelaufen war. „Kari, wieso brauchst du so lange?“ Taichi kam besorgt auf seine Schwester zu. Schließlich musste er lachen. „Was ist mit dir passiert? Hast du verlernt, wie man Tee trinkt?“ Das rosafarbene Laufshirt seiner Schwester war mit einem großen Teefleck versehen. „Tai, werde du nicht auch noch frech! Was würdest du sagen, wenn dein Kaffee auf den Anzug eines eingebildeten Vollpfostens gelandet wäre?“, kam es genervt von der Jüngerin. Taichi sah seine Schwester fragend an. Dass sie fremde Leute beleidigte, kannte er nicht von ihr. „Was ist los mit dir?“ Hikari atmete aus. „Ich erzähle es dir.“ Ihr großer Bruder seufzte auf, als sie ihre Erzählung beendet hatte. „Du bist ein kleiner Tollpatsch, Kari.“ „Sagt der Richtige“, konterte Hikari. „Wer hat Mimi vor kurzem den Rotwein über ihr Brautkleid gekippt, nachdem er gestolpert war?“ Die Beiden sahen sich in die Augen und fingen an zu lachen. „Oh, die Schimpftriade habe ich heute noch in den Ohren. Von Arsch mit Ohren bis Zottelfresse war alles dabei. Ich hatte Glück, dass die Feier fast zu Ende war. Das Missgeschick wird Mimi mir wohl für den Rest meines Lebens unter die Nase reiben.“ Tai sah verliebt auf seinen Ringfinger, der seit drei Wochen einen Ehering zierte. Er blinzelte und sah zu seiner Gesprächspartnerin. „Kari, wann hast du eigentlich deinen Vorstellungstermin?“ „Ich habe noch Zeit. Der Termin beginnt um sechzehn Uhr. Trotzdem werde ich mich jetzt auf den Weg machen. Heute Abend rufe ich dich an und berichte dir, wie es gelaufen ist.“ Hikari trat auf ihren Bruder zu, stellte sich auf die Zehnspitzen und gab ihn einen Kuss auf die Wange. --- Hikari war aus dem Badezimmer gekommen. Sie hatte sich ein leichtes Makeup aufgelegt und ein wenig Wimperntusche aufgetragen, dazu trug sie noch einen zart rosafarbenen Lipgloss. Die schulterlagen Haare hatte sie zu einem Franzosenzopf geflochten. Sie überlegte, welches Outfit sie für das Vorstellungsgespräch tragen sollte. Die Braunhaarige wusste, dass bei dem Verlag eine Kleiderordnung bestand. Demnach hatte sie die Wahl einen Hosenanzug oder ein Kostüm zu tragen. Sie entschied sich für ein anthrazitfarbenes Kostüm und einer weißen Bluse. Sie zog sich ihre Sachen an und schnappte sich ihre Fotomappe, sowie ihre Handtasche. Nervös machte sich die Braunhaarige auf den Weg zu ihrem Vorstellungstermin. Kapitel 4: Sie schon wieder --------------------------- Hikari hatte sich am Empfang gemeldet und wurde in die sechste Etage geschickt. Ein Name von den beiden Männern, die mit ihr das Vorstellungsgespräch führen sollten, kam ihr bekannt vor. Sie konnte diesen auf Grund ihrer Nervosität nicht einordnen. Die junge Frau ging auf den Fahrstuhl zu und drückte auf den Kopf. Kurz schaute sie in ihre Handtasche und überprüfte, ob sie einen Stift und ihr Notizbuch dabei hatte. Die Tür des Fahrstuhls öffnete sich und ein junger Mann stürmte heraus. Hikari konnte gerade noch rechtzeitig zur Seite springen, um nicht umgerannt zu werden. „Entschuldigen Sie bitte“, kam es schnell über seine Lippen. Sie blickte den jungen Mann in die Augen und stöhnte genervt auf. „Sie schon wieder! Haben Sie keine Augen im Kopf?“, blaffte die Braunhaarige ihn an. Der junge Mann sah sie verwirrt an. Seine Augen blitzen kurz auf. „Ich habe wenigstens keinen Kaffee in der Hand“, giftete er zurück und eilte davon. „Sind Sie immer so freundlich?“, fragte sie ironisch nach. Eine Antwort bekam sie nicht. Hikari suchte den Raum des Vorstellungstermins auf. Sie hörte, wie eine Tür sich zu einem anderen Büro schloss. Sie atmete tief durch und nervös klopfte sie an der Tür an. „Herein!“, hörte sie eine Männerstimme. Die Braunhaarige trat ein und verbeugte sich höflich vor dem schwarzhaarigen älteren Mann. „Guten Tag.“ Hikari wartete geduldig, dass sie angesprochen wurde. „Guten Tag. Ich heiße Yamamoto Taro. Ich bin einer der Besitzer des Verlages. Sie sind Yagami Hikari?“, fragte er freundlich nach. Die Braunhaarige nickte zur Bestätigung. „Danke, dass Sie mir dieses Gespräch ermöglichen, Herr Yamamoto.“ „Keine Ursache. Unser Chefredakteur kommt gleich. Setzen Sie sich bitte.“ Er deutete auf einen der drei Stühle, die um einen kleinen runden Tisch standen. Sie legte ihre Fotomappe offen auf den Tisch. Die Tür wurde nach einem leisen Klopfen geöffnet. Ein junger blonder Mann betrat das Büro. Er trug eine graue Anzughose und ein weißes Hemd, dazu eine hellblaue Krawatte. Sein Sakko fehlte - was in der japanischen geschäftlichen Gesellschaft ein richtiger Stilbruch war. Hikari wusste, dass sie verloren hatte, bevor das Gespräch angefangen hatte. Die Braunhaarige musste schlucken. ‚Heute ist nicht mein Tag.‘ Sie versuchte sich so klein wie möglich zu machen. Diese Aktion war bei einen Vorstellungsgespräch sinnlos, da sie hierbei im Mittelpunkt stand. Hikari seufzte auf. Sie straffte ihre Schultern und ergab sich ihrem Schicksal. „Hallo Takaishi“, begrüßte Yamamoto den Blonden. „Hallo Yamamoto“, erklang die freundliche Stimme des Angesprochenen. „Darf ich Ihnen Yagami Hikari vorstellen? Sie hat sich auf die Stelle der Fotografin beworben.“ Der Blonde drehte sich zu Hikari und stöhnte auf. Die japanische Höflichkeit war über Bord geworfen und sein europäisches Temperament kam durch. „Das darf doch nicht wahr sein! Sie schon wieder! Verfolgen Sie mich?“ Die Braunhaarig holte tief Luft. ‚Eingebildeter Fatzke!‘ Wenn ihr Gegenüber keine Manieren hatte, konnte sie ihre gute Erziehung ebenfalls hinter sich lassen. „Nein, aber vielleicht machen Sie das ja bei mir“, kam es unüberlegt über ihre Lippen. ‚Verdammt, das ist kein privates Gespräch.‘ Aufgebracht kam die Retourkutsche von ihrem Gesprächspartner: „Junge Dame, mit dieser Einstellung können Sie gleich wieder gehen.“ „Was ist in Sie gefahren, Takaishi?“ Skeptisch schaute Yamamoto den sonst ausgeglichenen, gutgelaunten und aufgeschlossenen Chefredakteur an. „Frau Yagami und ich hatten heute Morgen eine unschöne und laute Diskussion im Park.“ „Sie wünschen sich doch Mitarbeiter, die Ihre Meinung sagen und vertreten.“ Nachdenklich schaute der Ältere den Jüngeren an. „Ihre Meinung sagen und vertreten ist die eine Sache. Menschen zu beleidigen eine andere.“ Hikari war die ganze Situation mehr als unangenehm. Sie sank immer weiter in ihren Stuhl. „Kommen Sie, Takaishi. Sie werden doch mit anderen Sachen fertig“, seufzte Yamamoto auf. Der Blonde grummelte etwas Unverständliches vor sich her. Er setzte sich rechts neben Hikari an den Tisch. Sein Blick fiel auf das erste Foto. Erstaunt weiteten sich seine Augen. Nach kurzer Zeit lenkte der Chefredakteur das Gespräch auf das erste Foto. „Frau Yagami, darf ich Sie fragen, wie dieses Foto entstanden ist?“ Hikari sah in die blauen Augen ihres Gesprächspartners. Diese erinnerten sie an jemanden. „Sicher dürfen Sie das. Ich war die Fotografin auf der Hochzeit von Yagami Taichi und seiner Frau Mimi. Das ist das Gruppenfoto welches nach der westlichen Zeremonie entstanden ist. Ich hatte mit -“ „Nur zu meinem Verständnis: Wir reden von dem Diplomaten Yagami Taichi?“ Diese Frage war für Takeru nebensächlich. Er schaute nur auf seinen Bruder und dessen Freundin. Somit entging ihm, dass die junge Frau vor ihm, den gleichen Nachnamen trug wie der besagte Diplomat. „Ja, es handelt sich um den Diplomaten Yagami.“ Hikari legte ihre Stirn in Falten. ‚Was war das bitte schön? Sie hatte die Fotos auf der Hochzeit ihres Bruders gemacht. Dies war eine Selbstverständlichkeit für Hikari gewesen. Taichi und Mimi hatten es ihr erlaubt, dieses Foto für ihre berufliche Fotomappe zu verwenden, da sich Hikari geweigert hatte, von den Beiden Geld anzunehmen. Takeru gingen andere Gedanken durch seinen Kopf. ‚Was hat mein Bruder mit einem Diplomaten zu tun? Die beiden scheinen sich sehr gut zu kennen. Matt steht neben der Braut und Sora neben dem Bräutigam. Also müssen die beiden die Trauzeugen gewesen sein?‘ Durch seine Trennung vor zwei Monaten von Chloé, den Umzug von Paris nach Tokio und seiner neuen Arbeit war Takeru mehr mit sich selbst beschäftigt gewesen als ihm lieb war. Er hatte es, sehr zu seinem Leidwesen, noch nicht geschafft sich mit Yamato und seiner Familie zu treffen. Das diese junge Frau vor ihm saß und ein Foto, das wirklich perfekt in der Ausführung war, präsentierte, auf dem sein Bruder und dessen Freundin waren irritierte ihn sehr. ‚Wieso eigentlich? Sie ist Fotografin. Sie muss sehr gut in ihrem Beruf sein, sonst würde ein Diplomat sie nicht engagieren. Trotzdem sperrte sich etwas in ihm ihr diesen Job zu geben. Sichtlich verwirrt verabschiedeten sich Hikari von den beiden Männern. Die junge Frau war durch den Wind, dass sie fast die Verbeugung zur Verabschiedung vergessen hätte. ‚Wieso bin ich eigentlich so durcheinander? „Was meinen Sie, Takaishi? Frau Yagami scheint sehr talentiert zu sein.“ Fragend blickte Yamamoto den Blonden an. „Das mag sein. Sie wird es trotzdem nicht schaffen, diesen Job zu bekommen“, kam es entschlossen von Takeru. „Wir haben keinen große Auswahl, da wir zeitlichen Druck haben. Das ist Ihnen bewusst?“ „Ja, das ist mir bewusst. Frau Yagami hat ein zu freches Mundwerk. Wie sieht das unseren Partnern gegenüber aus?“ „Takaishi, Sie verstehen mich nicht. Die Entscheidung war schon gefallen, bevor das Gespräch begonnen hatte“, kam es erklärend von Yamamoto. „Wer sagt das? Mir wurde gesagt, dass ich die Entscheidung treffe, wer diese Stelle bekommt.“ Takeru zog seine Stirn in Falten. „Ihre Entscheidung steht unter der Entscheidung der Inhaber“, erwiderte Yamamoto vorsichtig. Fassungslos sah der Blonde seinen Vorgesetzen an. „Dieses Gespräch war nur der Form halber?“ „So kann man es sagen.“ Der Blonde fuhr sich aufgebracht durch seine Haare. „Klasse Yamamoto. Das heißt, ich muss mich seiner Entscheidung beugen?“ Wut stieg in Takeru auf. „Frau Yagami wird am fünfzehnten dieses Monats bei uns anfangen.“ ‚Das ist zu viel. So wird er nicht mit mir umgehen. Geräuschvoll knallte Takeru die Tür zu dem Büro seines Vorgesetzten zu. Er machte sich auf den Weg zu dem zweiten Inhaber des Verlages. Immer noch aufgebracht klopfte er an der Tür an. Als Takeru herein gebeten wurde, polterte er gleich los: „Was fällt dir ein, mich so vorzuführen?“ Hiroaki lächelte seinen Sohn an. „Hallo Takeru. Yamamoto hat mich schon vorgewarnt, dass du auf den Weg zu mir bist.“ „Wieso soll ich ein Vorstellunggespräch führen, wenn du dich schon längst entschieden hast?“, fragte er aufgebracht. „Ich werde meine Entscheidung nicht mit dir diskutieren. Ich dachte eigentlich, dass du von dem Können von Hika…“, er machte eine kurze Pause, „Frau Yagami überzeugt bist, wenn du ihre Fotos siehst.“ Der Jüngere stutzte einen Moment. ‚Wollte er den Vornamen dieser Frau aussprechen?‘ „Um ihr Können geht es doch gar nicht. Frau Yagami hat Talent. Dies will ich nicht bestreiten. Was mich stört, ist ihre Art und Weise, wie sie mit Menschen umgeht. Sie beleidigt Menschen ohne sie zu kennen. Meinst du, das kommt gut bei unseren Auftraggebern an?“, klärte er seinen Standpunkt auf. „Du hast anscheinend eine andere Frau kennengelernt als ich. Sie bekommt diese Stelle. Damit ist Ende der Diskussion.“ Fassungslosigkeit spiegelte sich in dem Gesicht des Blonden. „Das glaube ich jetzt nicht. Du kennst sie persönlich?“ Nachdenklich schaute er seinen Vater an. Dieser nickte mit einem Lächeln. Takeru stütze seine Hände auf dem Schreibtisch seines Vaters ab und sah ihm in die Augen. „Kann es sein, dass du jemanden ein Gefallen tust, indem du ihr diesen Job gibst?“ Wieder zierte ein Lächeln das Gesicht des Älteren, als er den Blick erwiderte. „Ja, das mache ich. Dieser Jemand würde dir in den Hintern treten, wenn du die Entscheidung nicht akzeptieren würdest. Bevor du mich fragst, ich werde dir nicht sagen wer es ist. Außerdem ist sie sehr gut in ihrem Job. Darf ich dir einen Rat geben?“ „Du machst es doch sowieso“, kam es ironisch von Takeru. Er stieß sich von dem Schreibtisch ab und machte einen Schritt zurück. Dabei hielt er den Blickkontakt zu seinem Gesprächspartner aufrecht, während er abwehrend seine Arme vor seiner Brust verschränkte. „Manchmal muss man jemanden eine zweite Chance geben. Bevor du mich falsch verstehst: Ich meine damit nicht, dass du Chloé eine geben sollst.“ Die blauen Augen von Takeru verdunkelten sich schlagartig. Seine Stimme hatte einen kühlen Ton angenommen, als er sprach: „Diese Frau wird nie im Leben eine zweite Chance bekommen. Eher laufen rosa Einhörner gleichzeitig durch Tokio und Paris. Sie hat mich von vorne bis hinten - entschuldige bitte den Ausdruck - verarscht“, knurrte der Blonde auf. Hiroaki lachte auf. Danach wurde er wieder ernst. „Jetzt bin ich mir sicher, dass du verstanden hast, wen ich meine. Entschuldige mich bitte Takeru. Ich muss weiter arbeiten.“ „Manchmal könnte ich dich zum Mond schießen, Ishida.“ Der Jüngere beugte sich mit diesen Worten der Entscheidung, die der Ältere getroffen hatte. Trotzdem konnte Takeru sich folgende Worte nicht verkneifen: „Solltest du noch einmal vorhaben mich vorzuführen, lernst du eine andere Seite von mir kennen.“ „Du hast das gleiche Temperament wie deine Mutter“, lachte sein Vater auf. Die Antwort, die er bekam, war das Geräusch einer Tür die sehr laut in das Schloss fiel. Nachdem Hiroaki von der Trennung seines Sohnes und Chloé erfahren hatte, hatte er ihm die Stelle des Chefredakteurs angeboten. Takerus Vorgänger war in den Ruhestand gegangen. Hiroaki war klar, dass er ein großes Risiko einging. Immerhin war sein Sohn sehr jung und hatte wenig Berufserfahrung. Deswegen sollte Yamamoto den Jüngeren unterstützen und beraten. Takeru hatte nicht lange überlegt und Paris den Rücken gekehrt. Er war sich seiner wenigen Berufspraxis und der Tatsache, dass er den Job nur bekommen hatte, da er der Sohn von Hiroaki Ishida war, bewusst. Er war Yamamoto und seinem Vater dankbar für diese Chance. Mit dem heutigen Tag fragte sich Takeru, ob es die richtige Entscheidung gewesen war. Er hatte es geahnt, dass die Zusammenarbeit mit seinem Vater sehr speziell werden würde. Europäisches Temperament trifft auf knallharten japanischen Geschäftssinn. Kann das gut gehen? Kapitel 5: Die Erkenntnis ------------------------- Laut seufzend ließ sich Takeru auf seinen Bürostuhl fallen. Das Gespräch mit seinem Vater war nicht so gelaufen, wie er sich das vorgestellt hatte, denn Hiroaki kannte die neue Fotografin persönlich. ‚Klasse – hoffentlich machte sie sich das nicht zum Vorteil. Bei ihrem großen Mundwerk wäre ihr das zu zutrauen. In welchem Verhältnis stehen Hiroaki und Frau Yagami? Wer ist dieser Jemand, den Vater einen Gefallen tut?‘ Der Blonde entsperrte seinen Computer. Sein Blick fiel auf die Bewerbungsunterlagen von Hikari. Diese hatte er sich noch einmal angeschaut, bevor er zum Vorstellungstermin mit ihr gegangen war. Irgendwie blieb Takeru an dem Blick der jungen Frau hängen. Diese braunen Augen strahlten ihn voller Lebensfreude an. Die braunen schulterlangen Haare trug sie offen. Eine kleine Spange fixierte eine Haarsträhne, damit ihr diese nicht in das Gesicht fallen konnte. Verwirrt blinzelte Takeru. Wieso sah er Hikari jetzt mit anderen Augen? War er wirklich voreingenommen gewesen, da er nur die Frau aus dem Park gesehen hatte? Die Frau, die ihren Kaffee auf seinen neuen Anzug gekippt hatte? Jene Frau, die ihn einen ‚eingebildeten Fatzke‘ genannt hatte? Oder gab es einen anderen Grund? Kurz schloss der Blonde seine Augen. Als er wieder auf das Bewerbungsfoto blickte, sah er, warum er der jungen Japanerin keine Chance geben wollte, beziehungsweise nicht konnte. Schwer schluckte er einen harten Kloß runter. „Das darf doch nicht wahr sein!“, fluchte er laut. Takeru zerknüllte wütend ein Blatt Papier und warf es gegen die Wand. Er stand so abrupt auf, dass sein Bürostuhl gegen die Wand donnerte. Sein Blick fiel auf den Beratungstisch, auf dem eine große Mappe lag. Auf dieser klebte ein kleiner Zettel: ‚Schauen Sie sich die Bilder an. Dann wissen Sie, warum wir uns für Frau Yagami entschieden haben. Yamamoto.‘ Takeru schlug Hikaris Fotomappe auf. Das Foto der Yagami-Hochzeit überging er dabei, schließlich hatte er es schon gesehen. Als der Blonde umblätterte blickte er in die blauen Augen seines Bruders. Yamato war dort mit seiner Band zu sehen. Er wirkte sehr entspannt. Er hatte ein offenes Lächeln auf den Lippen und die Augen strahlten Zufriedenheit aus. Es war nicht sein typisches Pokerface, sondern ein aufrichtiges Lächeln, welches sonst von seinem Bruder gar nicht auf beruflichen Fotos zu sehen gab. Dies war ein offizielles Foto – es handelt sich um das Cover des neuen Albums - welches vor kurzem auf dem Musikmarkt erschienen war. Kurz zuckte Takeru mit den Schultern und blätterte um. Es folgten viele Bilder von anderen japanischen Persönlichkeiten. Takeru musste zugeben, dass eines besser war als das andere. Das nächste Bild ließ ihm den Atem anhalten. Natürlich erkannte er die Umgebung sofort. Der Eingang war zwar mit japanischen Zeichen verziert und das Gebäude, welches an einen Schrein erinnerte, stand in einem japanischen Garten. Die beiden Skulpturen - die ihn an eine Löwen und Dachen gleichzeitig erinnerten - waren auf dem Bild zu sehen. Würdevoll stellten diese ihre Vorderpfoten auf runden Steinen ab. Das Foto war in seiner Ausführung wieder perfekt. Es hatte etwas Geheimnisvolles an sich und der Blonde kam nicht darauf, was es war. Trotzdem wusste Takeru sofort, dass dies ‚Étoile Pagode‘ – ein japanisches Kino in Paris - war. Er war sehr oft dort gewesen. Vor allem, wenn er Japan vermisst hatte. So fühlte er sich seinen japanischen Familienangehörigen näher. Schwach lächelte Takeru, als er sich an seinen letzten Besuch dort erinnerte. Er war mit seiner Mutter dort gewesen. Sie hatten sich im Garten ihren Tee schmecken lassen und verbrachten einen schönen Nachmittag. Zwei Tage später hatte Takeru Paris verlassen. Takeru schaute sich erneut das Foto von seinem Bruder und dessen Band an. ‚Dieses Lächeln und der offene Blick. Was wäre, wenn mein Bruder diese junge Frau persönlich kannte? Was wäre, wenn mein Bruder unseren Vater um diesen Gefallen gebeten hatte? Dann hätte ich wirklich ein riesiges Problem. Ein Bruder, der auf mich sauer ist, darauf kann ich gut verzichten.‘ Er schüttelte bei seinen Gedankengängen seinen Kopf. Schließlich schlug Takeru nochmal das letzte Foto auf. Der junge Mann kam zu einem Ergebnis. Sicher, dieses würde nichts an der Entscheidung ändern, die Hiroaki getroffen hatte, aber er musste mit ihr zusammenarbeiten. --- Mit hängenden Schultern verließ Hikari das Verlagsgebäude. Sie war sich sicher, dass sie diesen Job nicht bekommen würde. Dazu war der heutige Tag eine Katastrophe gewesen. Wieso musste sie ausgerechnet dem Mann den Kaffee über seinen Anzug kippen, der mit ihr das Vorstellungsgespräch führen sollte? Wieso konnte sie ihren Mund nicht halten? ‚Was für ein schlechtes Karma.‘ Hikari seufzte auf. Sie musste weiter nach einen neuen Job suchen. Ihr Handy riss sie aus ihren Gedanken. Verwundert blickte sie auf die unbekannte Nummer und nahm das Gespräch an. Als das Gespräch beendet war, drehte sich Hikari um und ging wieder in das Verlagsgebäude. Leise klopfte sie an die Tür und trat ein, als sie die Erlaubnis dazu bekam. „Sie wollten noch einmal mit mir sprechen?“ Schüchtern eröffnete sie das Gespräch. „Was ist mit Ihnen los? Kein frecher Spruch auf den Lippen?“, erwiderte Takeru und grinste sie dabei an. Verwirrt blinzelte Hikari ihn an. „Es tut mir leid, wie alles gelaufen ist“, kam es ruhig über ihre Lippen und sah sie ihm in die blauen Augen. „Normalerweise bin ich nicht so aufbrausend.“ „Ich war auch nicht gerade freundlich“, entschuldigte sich der Blonde. „Kann es sein, dass Sie vergesslich sind?“ „Eigentlich nur, wenn ich verwirrt bin.“ „Habe ich Sie etwa durcheinander gebracht?“ „Bilden Sie …“ Hikari brach den Satz ab. Der Blonde lächelte, als er sah, wie sich seine Gesprächspartnerin auf Unterlippe biss. „Wie kommen Sie darauf?“, fragte sie stattdessen verwundert nach. „Sie haben Ihre Fotomappe bei uns vergessen.“ Takeru deutete auf seinen Beratungstisch. „Ich glaube, dass diese bei Ihrem beruflichen Werdegang sehr nützlich ist.“ „Danke sehr. Mir ist noch gar nicht aufgefallen, dass ich sie liegen gelassen habe.“ Hikari ging auf den Tisch zu und wollte ihre Mappe an sich nehmen. Als sie spürte, wie sich der junge Mann hinter sie stellte, versteifte sie sich kurz. Über ihre Schulter hinweg sprach er sie auf ein bestimmtes Foto an. „Könnten Sie bitte das letzte Foto aufschlagen? Ich habe dazu eine Frage.“ Die Braunhaarige tat, was er verlangte. Sie liebte dieses Foto. Es entstand in ihrem Urlaub, den sie zusammen mit ihrem damaligen Freund, Taichi, Mimi, Yamato, Sora und deren Sohn Haru in Paris gemacht hatte. Wobei Yamato und seine Familie eher für sich alleine war. Sie wollten die Angehörigen des Sängers besuchen. „Wie haben Sie es geschafft, dass ‚Étoile Pagode‘ so mysteriös wirkt? “ Erstaunt drehte sich Hikari um und sah in die blauen Augen Takerus. Er trat schnell einen Schritt zurück, als er ihre Bewegung spürte, da sich sonst ihre Oberkörper berührt hätten. „Es war fast Sonnenuntergang, als ich dieses Foto erstellt hatte. Woher wissen Sie, wo dieses Foto entstanden ist? Die Meisten denken es wurde irgendwo in Japan aufgenommen.“ Der Blonde lachte kurz auf. „Ich kenne Paris sehr gut“, antwortete er schnell. Sein Blick blieb an den erstaunten braunen Augen hängen. Takeru nickte und schluckte einen Kloß im Hals herunter. „So magisch habe ich ‚Étoile Pagode‘ noch nie gesehen“, kam es bewundernd über seine Lippen. Hikari drehte sich wieder, um ihre Fotomappe an sich zu nehmen. „Ich danke Ihnen. Es gibt wenige Orte auf der Welt, die mich so in den Bann ziehen, wie Paris. Es gibt so viele Motive, die man dort fotografieren kann. Außerdem ist der Ausblick über Paris, egal von wo, atemberaubend und viele Fotos wert.“ Takeru entging nicht wie die junge Frau von seiner Heimatstadt schwärmte. „Danke sehr, dass Sie sich die Zeit genommen und sich meine Fotos angeschaut haben.“ Ein schüchternes Lächeln zierte ihr Gesicht. Erschrocken zuckte Takeru, der aus seinen Gedanken gerissen wurde, zusammen. Schnell sammelte er sich. „Gerne doch. Darf ich Ihnen unsere Entscheidung schon mitteilen, oder soll ich Sie morgen anrufen?“ Eigentlich wollte Takeru Hikari erst morgen mitteilen, dass sie die Jobzusage hatte. Irgendwie kam er von seinem Vorhaben ab, als er die strahlenden Augen und das schüchterne Lächeln der jungen Frau sah. Der Ausdruck in ihren Augen verfinsterte sich schlagartig. „Sie können mir morgen mitteilen, dass ich den Ansprüchen des Verlages nicht entspreche. So habe ich noch die Hoffnung vernünftig schlafen zu können“, fuhr Hikari den jungen Mann schroff an. Sein kurzes Lachen erhellte den Raum. „Da ist die kleine Kratzbürste, die ich im Park kennengelernt habe.“ „Ich bin keine Kratzbürste. Ich bin Realistin“, konterte die Braunhaarige. „Darf ich fragen, in welcher Realität Sie sich befinden?“, fragte Takeru schelmisch nach. „In der Realität, in der Sie sich auch befinden. Schließlich sind wir in ein und demselben Raum“, schoss es aus ihr heraus. Warum musste er jetzt so dämlich Grinsen? Machte er sich über sie Lustig? „Das schon. Ich wollte eigentlich etwas anderes sagen. Wenn Sie die Entscheidung nicht hören möchten, kann ich diese auch schriftlich mitteilen.“ Das Grinsen des Blonden wurde größer. Es war amtlich: Er machte sich lustig über sie. „Ich könnte etwas erwidern, aber ich lasse es bleiben“, kam es beleidigt von seiner Gesprächspartnerin. „Ach ja? Was wäre das?“, provozierte Takeru sie weiter. „Eigentlich ist es auch egal.“ Hikari holte Luft bevor sie weitersprach: „So wie der Tag gelaufen ist, wären Sie dämlich, mir diesen Job zu geben. Ich gebe zu, dass ich heute Morgen nicht freundlich war. Sie hatten mich auf dem falschen Fuß erwischt. Dafür entschuldige ich mich nochmals. Es entspricht aber der Tatsache, dass Sie voreingenommen sind und keine Krawatten binden können.“ Hikari hatte ihren Kopf zur Seite geneigt und sah Takeru entschlossen in die Augen. Wieder erklang sein Lachen. „Sie haben Recht. Unser Kennenlernen ist unglücklich gelaufen. Dass ich keine Krawatten binden kann ist auch wahr. Wollen wir noch einmal von vorne beginnen?“ Verwundert sah Hikari den jungen Mann an. „Wie meinen Sie das?“ „Wir werden bald zusammenarbeiten. Wie würde es aussehen, wenn wir uns ständig angiften?“ „Wir werden was?“ Der Braunhaarige stand der Mund offen, als sie die Worte des Blonden verstanden hatte. „Sie haben den Job“, klärte Takeru die junge Frau auf. „Veralbern kann ich mich alleine.“ Beleidigt schaute Hikari in seine Augen. „Wer sagt, dass ich Sie veralbere?“ Der Blonde hielt ihrem Blick stand. „Ähm …“ Takeru überging ihre Sprachlosigkeit. „Versprechen Sie mir nur, dass Sie die Beziehungen zur Chefetage nicht ausnutzen werden.“ „Ich habe … Sie veralbern mich nicht … Woher wissen Sie das?“ Ungläubig sah Hikari ihren Gesprächspartner an. Takeru überlegte kurz was er sagen sollte. „Ich hatte ein Gespräch mit beiden Inhabern.“ „Ich habe mich nicht bei diesem Verlag beworben, weil ich Herrn Ishida persönlich kenne, sondern weil ich bei dem besten Verlag in Tokio arbeiten wollte“, kam es schnell über ihre Lippen. Der Blonde nickte leicht. Sie schien nichts von einem Gefallen, ihr den Job zugeben, zu wissen. „Das werde ich mal als Versprechen ansehen. Da wir von Null anfangen, fangen wir bei der Vorstellung an: Ich heiße -“ Durch das Klingeln seines Telefons wurden die Beiden in ihrem Gespräch unterbrochen. Takeru sah auf das Display. „Entschuldigen Sie bitte. Das ist ein sehr wichtiges Gespräch. Kann ich sie Morgen anrufen?“ „Sicher, kein Problem. Auf Wiedersehen.“ „Danke für Ihr Verständnis. Auf Wiedersehen.“ Kapitel 6: Das darf doch nicht wahr sein ---------------------------------------- Hikari war zu aufgewühlt, als dass sie sich freuen konnte. Gedankenverloren ging sie durch die Straßen von Tokio. Ihre Gedanken überschlugen sich. Was war alles an einem einzigen Tag passiert? Sie war sich ganz sicher, dass sie diesen jungen blonden Mann nicht kannte. Trotzdem kamen ihr die Augen und das Lachen vertraut vor. Sie konnte sich keinen Reim auf die gesamte Situation machen. Ihr gingen andere Gedanken durch den Kopf: ‚Was meinte er damit, dass ich die Beziehungen zur Chefetage nicht ausnutzen soll? Was denkt dieser Blödmann eigentlich von mir? Ach, das ist doch alles zum verrückt werden.‘ Genervt stöhnte Hikari auf. Das konnte lustig werden. Die junge Frau blickte sich kurz um. Sie war im Park von Odaiba gelandet. Nachdenklich beobachtete die Braunhaarige ihre Umgebung. Unbewusst griff sie in ihre Kameratasche und holte ihre Spiegelreflexkamera raus. Vielleicht fand sie ein paar Motive, die sie fotografieren konnte. Ihr Blick blieb an ihrer Freundin hängen, die gerade von einer Bank aufsprang und auf jemanden zu rannte. Ihre Beobachtung wurde durch ihr klingelndes Handy unterbrochen. „Hey Tai! ... Nein, ich habe euch nicht vergessen. ... Ich bin gleich bei euch. Bis dann.“ --- Froh darüber, dass der Arbeitstag sein Ende gefunden hatte, schloss Takeru sein Büro ab und machte sich auf den Weg nach Hause. Seine Wohnung hatte er mit Hilfe seines Vaters gefunden. Leider waren die Spuren des Umzuges immer noch nicht beseitigt. In der Essecke fehlten noch der Esstisch und die Stühle. Zurzeit diente zur Nahrungsaufnahme der Tresen, der die Küche von den Wohnzimmern abtrennte. Im Schlafzimmer standen ein paar Kartons, die noch ausgepackt werden mussten. Dafür hatte er heute keine Nerven. Dieser Tag brachte ihn vollkommen durcheinander. Takeru wollte sich entspannen und zur Ruhe kommen. Er suchte sich seine Sportklamotten raus und machte sich für eine Joggingrunde fertig. Er hoffte, dass er seinen Frust, der sich im Laufe des Tages aufgebaut hatte, durch das Laufen abbauen konnte. Im Park angekommen lief er seine Runde. Zufällig blickte Takeru zu der Bank, auf der eine junge Frau saß. Ein aufrichtiges Lächeln zierte sein Gesicht, als er sie erkannte. Schnell lief er in ihre Richtung und rief ihren Namen. Die rothaarige Frau sah auf. Sie drehte sich in die Richtung, aus der ihr Namen gerufen wurde. Sie erkannte den jungen Mann, fing an zu lächeln und lief ihm entgegen. Beide umarmten sich herzlich. Sie gaben sich einen kleinen Begrüßungskuss auf die Wange. „Hallo TK. Schön dich endlich zu Gesicht zu bekommen. Wie lange wohnst du jetzt schon in Tokio?“ „Hey Sora! Ich freue mich auch, dich wiederzusehen“, grinste er sie an. „Ähm … zwei Monate“, kam es verlegen von dem Jüngeren. „Entschuldige, dass ich noch keine Zeit für euch hatte. Vater und Yamamoto haben mich voll eingespannt. Mit dem Einrichten in der neuen Wohnung bin ich noch nicht fertig“, stöhnte er auf. Sora musste lachen. „Schon gut. Matt und ich haben mit nichts anderen gerechnet. Wie geht es dir?“ „Gut, danke der Nachfrage.“ Der Blonde sah kurz zu Seite. „Hör auf damit, TK. Du solltest -“ „Sora, lass es“, zischte er die Frau seines Bruders an. Sie seufzte resigniert auf. „Wir wollen morgen Grillen. Du bist herzlich eingeladen. Unsere Freunde könnest du auch kennenlernen. Was meinst du? Haru würde sich freuen, seinen Onkel mal wieder zu sehen. Von Matt müssen wir nicht reden.“ Sora sah ihn mit großen Augen an. Takeru seufzte auf. „Na gut.“ „Sehr schön. Wir freuen uns, TK. Es tut mir Leid. Ich habe keine Zeit mehr. Haru wartet darauf aus dem Kindergarten abgeholt zu werden. Ich schreibe dir, wann es morgen losgeht.“ „Danke dir, bis Morgen Sora.“ Takeru blickte ihr kurz nach. Er setzte seine Joggingrunde fort. Die Wut auf seinen Vater und Yamamoto war noch nicht verraucht. Die Sache mit Hikari machte ihn fertig. Er merkte, dass er ihr Unrecht getan hatte. Die Fotos, die er gesehen hatte, waren eine Augenweide. Er konnte sich nicht mit den Gedanken anfreunden, dass sie bald zusammenarbeiten mussten. Der einzige Lichtblick an diesem Tag war die Begegnung mit Sora. Er freute sich darauf, morgen Yamato und seine Familie wiederzusehen. Takeru merkte, wie er ein wenig zu Ruhe kam. --- Yamato räumte den Grill auf die großzügige Dachterrasse. „Du bist dir sicher, dass TK heute kommen wird?“, rief er fragend seiner Frau in die Wohnstube zu. „Klar, bin ich mir sicher. Wieso sollte TK sagen, dass er kommt, wenn er keine Lust hat?“, kam es sicher von Sora. „Er hat sich seit der Trennung von Chloé zurückgezogen. Selbst unsere Mutter konnte nicht zu ihm durchdringen. TK ist ein Workaholic geworden.“ Sora ging auf Yamato zu und schlang ihre Arme um seine Hüften. „TK hat es nicht leicht. Neun Jahre seines Lebens liegen in Scherben. Lass ihn Zeit, sein Leben neu zu ordnen.“ „Damit er sein Leben neu ordnen kann, ist dir nichts Besseres eingefallen, als ihn in die Höhle der Löwen zu schicken“, lachte der Blonde sie an. Entgeistert schaute die Rothaarige ihn an. „Wieso Höhle der Löwen? Was denkst du über unsere Freunde?“ „Lass mich mal überlegen: Wir haben mit Tai einen absoluten Trottel in der Runde, der jedes Fettnäpfchen mit nimmt. Izzy wird wahrscheinlich nur mit seinen Laptop beschäftigt sein. Joe ... Wer weiß, ob er kommt, oder zu einem Notfall gerufen wird? Mimi wird sich über Tai aufregen. Kari wird sich nicht von Haru trennen können. Ach so, Tai wird uns alles wegfressen und zeigen, dass er keine Tischmanieren hat. TK wird nahe an einem Nervenzusammenbruch sein. Im Geiste wird er sein Flugticket nach Paris buchen.“ „Aha! Warum sollte TK das machen?“ „Weil er merkt, mit was für ein Chaotenhaufen wir befreundet sind“, kam es trocken vom Blonden. Sora lachte auf. „Du hast ja eine hohe Meinung von unseren Freunden. Was mache ich?“ „Du besorgst mir Ohrstöpsel, Baldriantropfen und eine Kopfschmerztablette“, zog Yamato sie auf. „Wozu brauchst du Baldriantropfen? Du bist die Ruhe in Person.“ „Damit ich dir diese geben kann.“ Soras helles Lachen erhellte den Raum. „Danke, dass du an meine Nerven denkst. Das hört sich nach einem gemütlichen Nachmittag an.“ Sie zog ihn zärtlich am Hemdkragen zu sich und gab ihn einem Kuss. „Stimmt. Ein verrückter Nachmittag mit seinen liebsten Freunden.“ Yamato ging zur Wohnungstür, als es an dieser klingelte. „Endlich bekomme ich dich mal zu Gesicht“, begrüßte der Besitzer der Wohnung seinen Gast. Entschuldigend schaute Takeru seinen Bruder in die Augen. „Pardon! Ich weiß, ich hatte noch keine Zeit für euch. Habe bitte Nachsicht mit mir. Mein Tag hat zu wenige Stunden.“ „Ach, schon gut. Ich weiß, wie es ist wenig Zeit für die Familie zu haben. Jetzt komme erst einmal rein.“ Yamato trat einen Schritt zur Seite, damit Takeru eintreten konnte. „Merci beaucoup.“ Das genervte Aufstöhnen von seinen Bruder ließ Takeru fragend aufblicken. „Was ist los, Matt?“ „Was los ist? Du bist in Japan, TK. Tue mir und vor allem dir selber einen Gefallen und spreche Japanisch. Das hat den Vorteil, dass dich deine Mitmenschen verstehen. Verstanden?“ „Na toll! Jetzt fängt der Nächste an, meine Kompetenz in Frage zu stellen. Wenn ich euch nerve, kann ich auch wieder gehen“, motzte der Jüngere rum. Yamato zog fragend eine Augenbraue hoch. Der Ältere sah dem Jüngeren in die Augen. Der Gesichtsausdruck passte Yamato gar nicht. Er griff nach dem rechten Oberarm seines Bruders und zog ihn auf die Dachterrasse. Sora wollte den jüngeren Blonden begrüßen. „Hallo TK.“ „Jetzt nicht Sora“, fuhr Yamato seine Frau an. Sora sah den Brüdern nachdenklich hinterher. Yamato schloss die Tür. „So, TK, was ist los?“ „Nichts, mir geht es -“, blockte der Jüngere ab. „Höre auf dich selbst zu belügen. Also? Ich höre.“ „Was willst du hören, Matt?“ „Wie wäre es mit der Wahrheit?“ „Die Wahrheit? Ehrlich?“, rief Takeru aufgebracht. „Klar! Du bist mein Bruder. So wie du dich zurzeit verhältst kenne ich dich nicht.“ „Wir sind in unterschiedlichen Ländern aufgewachsen. Das könnte damit zusammenhängen“, konterte Takeru. „Das weiß ich. Trotzdem kenne ich dich sehr gut. Es tut mir leid das zu sagen: Du tickst zurzeit nicht richtig. Darüber reden soll helfen.“ „Du nervst. Weißt du das?“ „Ich nerve solange, bis du mit mir redest. Alles in sich reinfressen ist doch keine Lösung.“ „Bei den Heiligen: Kommt dein großer Bruder-Beschützerinstinkt durch?“ „Das kann sein. Also noch mal: Was ist los?“ Takeru blickte in die Augen seines Bruders. Plötzlich sprudelte es aus ihm heraus: „Ich bin wütend, genervt, verletzt und angepisst von der ganzen Welt. Ich bewerbe mich bei einem französischen Verlag in Frankreich und was passiert? Unser Vater entscheidet über meine berufliche Zukunft. Ich wollte nicht alleine entscheiden, ob ich für ein halbes Jahr nach Tokio ziehe. Ich wollte mit meiner ach so tollen Verflossenen reden und mit ihr zusammen eine Lösung finden. Durch diese Entscheidung sind neun Jahre meines Lebens den Bach runter gegangen. Diese wurden mit einer ach so tollen Liveshow ausradiert. Der ganze Scheiß lief bereits mindestens ein halbes Jahr - falls sie ihren Bruder, der mein bester Freund ist, die Wahrheit gesagt hat. Ich komme mir seitdem wie der letzte Volldepp vor. Jetzt ist der Urknall passiert: Vater und sein Geschäftspartner setzen mir die neue Kollegin vor die Nase. Ich sollte die Entscheidung treffen, wer den Job bekommt. Vater kennt die Fotografin und ich musste mich seiner Entscheidung beugen. Gut, ich habe nicht viel Berufserfahrung ... Wenn ich so ein Vollpfosten bin, dann hätte er mir die Stelle des Chefredakteurs nicht anbieten sollen.“ Eine kurze Pause entstand, bevor Takeru leise weitersprach: „Ich habe Paris verlassen, um sie zu vergessen. Wie soll mir das gelingen? Zum Schluss hackst du auch auf mir rum. Ständig frage ich mich, was ich falsch gemacht habe. Das ist einfach zu viel. Ich frage mich, ob es richtig war nach Tokio zu ziehen.“ Verzweifelt sah Takeru seinen Bruder in die Augen. Nachdenklich hatte Yamato den Gefühlsausbruch des Jüngeren über sich ergehen lassen. „Geht es dir besser, nachdem du es rausgelassen hast?“ „Besser? Es soll mir besser gehen?“ Der pure Sarkasmus war aus Takerus Stimme zu hören. „TK -“ „Lass mich in Ruhe. In Ordnung?“, zischte er seinen Bruder an. Takeru riss die Tür von der Dachterrasse auf und blickte für ihn in fremde Gesichter. Nur eine Person, neben Sora, kam ihm bekannt vor. Sie hatte heute Mittag ihren Arbeitsvertag in seinem Büro unterschrieben. Fassungslos schaute Takeru in die ebenso überraschten braunen Augen von Hikari. „Das darf nicht wahr sein! Sie haben mir gerade noch gefehlt!“, rief Takeru aufgebracht. Er schlüpfte schnell in seine Schuhe und schnappte sich die Jacke. Die Wohnungstür wurde mit einem lauten Knall von außen geschlossen. Kapitel 7: Zufall oder Schicksal? --------------------------------- Hikari stand wie angewurzelt da. Sie schaute in die Richtung, in der ihr Kollege verschwunden war. ‚Was war das schonwieder?‘ Sie wollte einen schönen Nachmittag mit ihren Freunden verbringen und traf auf ihn. Fragend sah sie Yamato an. Er sah genauso verwirrt aus, wie sie sich fühlte. Hikari fiel nur eine Lösung ein: Die Braunhaarige lief in den Flur. Sie zog sich ihre Schuhe an und folgte ihrem Vorgesetzten. Hikari rannte zum Fahrstuhl. Vielleicht konnte sie ihn einholen. ‚Was fällt diesem ungehobelten Volldepp ein, mich so anzugehen? Was habe ich ihm getan? Der spinnt doch total. Ha, Glück gehabt.‘ Ungeduldig stand Takeru vor dem Fahrstuhl und wartete. „Takaishi, warten Sie“, rief sie über den Hausflur. Genervt drehte er sich um. „Klasse! Hätte ich gewusst, dass Sie mir folgen hätte ich die Treppe genommen“, knurrte der Blonde. Hikari hatte ihre Hände in die Hüften gestemmt und ihren Kopf zur Seite geneigt. „Das hätte Ihnen wahrscheinlich nicht viel gebracht. Wie Sie wissen Jogge ich“, grinste sie ihn an. „Wer sagt, dass ich nicht dasselbe mache?“, neckte er sie. „Okay, Sie sind eine Sportskanone.“ Beide betraten den Fahrstuhl. Momentmal: ‚Was habe ich gerade gesagt? Was hatte sie geantwortet?‘ Das wurde Takeru etwas zu privat. „Schluss damit. Woher kennen Sie Yamato?“, fragte er barsch nach. Hikari zuckte bei seiner harten Stimme zusammen. ‚Was geht es ihn an woher ich Matt kenne?‘ Der Fahrstuhl hielt an und gemeinsam gingen sie zum Ausgang. „Ich wüsste nicht, was Sie das angeht“, kam es patzig von seinem Gegenüber. „Jetzt geht das wieder los“, stöhnte Takeru auf. Hikari verdrehte genervt ihre Augen. „Was meinen Sie?“ „Ihr Rumgezicke.“ ‚Das kann nicht sein Ernst sein! Er motzt mich an und ich bin die Zicke?‘ „Vielleicht hängt mein sogenanntes Rumgezicke mit Ihrer Unfreundlichkeit zusammen. Haben Sie das mal in Betracht gezogen?“ Hikaris Augen funkelten ihn wütend an. Takeru senkte schuldbewusst seinen Blick. Er fand den Mut ihr in die Augen zu sehen. „Entschuldigen Sie bitte. Heute haben Sie mich auf dem falschen Fuß erwischt.“ Ein leichtes Lächeln, das seine Augen nicht erreichte, zierte sein Gesicht. Die Braunhaarige musste schlucken. Als sie in die traurigen blauen Augen ihres Gesprächspartners schaute. Ihre Wut verrauchte. „Mein Bruder und Matt sind die besten Freunde. Die Beiden kennen sich fast ihr ganzes Leben. Dadurch haben Matt und ich uns auch angefreundet.“ Takeru sortierte seine Gedanken. Schwach erinnerte er sich an einige Gespräche mit seinem Bruder. Yamato hatte von einer jungen Frau gesprochen, die ihm sehr wichtig war. Er versuchte sich an den Namen zu erinnern - Nichts. Das Einzige, an was er sich erinnern konnte war: Das Yamato diese Frau immer ‚Kleine‘ genannt hatte und sie die Schwester eines Freundes war. Das Puzzle setzte sich in Takerus Gedanken zusammen. ‚Na herzlichen Glückwunsch! Das kann nur weiteren Ärger bedeuten. Warum wird alles so kompliziert? Weshalb bin ich nicht in Paris geblieben? Wieso habe ich auf Matt gehört und das Angebot unseres Vaters angenommen? Warum kann sich nicht ein Loch im Boden auftun und ich könnte darin verschwinden? Dann habe ich meine Ruhe.‘ Oder: Er könnte sich der Realität stellen. Takeru straffte seine Schultern. Der Blonde sah Hikari verwundert an. „Das glaube ich jetzt nicht! Sie sind die ‚Kleine‘ von der Matt immer spricht?“ Verwirrt schaute Hikari ihren Gesprächspartner an. „Wer sind Sie eigentlich?“ Verlegen kratzte sich Takeru am Hinterkopf. „Mein Name ist Takeru Takaishi. Ich bin der -“ „… Bruder von Matt“, vollendete Hikari verblüfft seinen Satz. Der Blonde nickte leicht. Sie schlug sich die Hand vor die Stirn. „Warum ist mir das nicht gleich aufgefallen? Die Augen, das Lachen, die Stimme. Ich habe die ganze Zeit überlegt, an wenn Sie mich erinnern. Auf Matt bin ich nicht gekommen. Er sagte mir, dass Sie in Paris leben.“ Takeru nickte. „Das stimmte bis vor zwei Monaten auch.“ „Daher haben sie auch ‚Étoile Pagode‘ auf dem Foto erkannt.“ „Genau. Es ist wunderbar dort. Der Garten lädt zu langen Spaziergängen ein. Man kommt immer zur Ruhe. Ihr Foto hat all das ausgedrückt, was ich gefühlt habe, wenn ich dort war.“ Mittlerweile waren sie im Park angekommen. Auf einem kleinen Steg blieb die junge Frau stehen. Nachdenklich schaute Hikari ihn von der Seite an. „Was haben Sie gegen mich? Ist wirklich unsere erste Begegnung der Grund dafür, dass Sie mich nicht ausstehen können?“ ‚Das wird immer hirnverbrannter. Soll ich ihr wirklich das Gleiche sagen, was ich Matt vor ein paar Minuten erzählt habe? Nein, das würde zu weit gehen. Mein Privatleben geht sie nichts an.‘ „Sie haben meine Frage noch nicht beantwortet.“ Versuchte er sich um eine Antwort zu drücken. Takeru sah in ihre überraschten braunen Augen. Der junge Mann konnte, sich malwieder, nicht von ihrem Blick lösen. Er sah wie sie schluckte, bevor sie antwortete: „So nennt Matt mich manchmal. Er weiß, dass ich das nicht mag. Sie an der Reihe.“ „Womit?“ Ein erneuter Versuch von sich abzulenken - dieser scheiterte kläglich. „Was haben Sie gegen mich? Mehr als entschuldigen kann ich mich nicht. Wie Sie sicherlich noch in Erinnerung haben, habe ich dies schon mehr als einmal gemacht. Sie kennen mich nicht, lehnen mich aber ab. Meinen Sie nicht, dass ich ein Recht habe den Grund zu kennen?“ Ihre Stimme klang leise, traurig und verzweifelt. Fieberhaft dachte Takeru nach. Sie hatte Recht. Was sollte er erzählen? Dass es eine Schutzreaktion war? Dass er sein Herz schützen und vergessen wollte? Dass sie seine Ablehnung spürte, weil eine andere sein Herz gebrochen hatte? Der Grund warum er jedes Mal explodieren könnte, wenn Hikari in seiner Nähe war, war für ihn simpel, für sie nicht zu verstehen. Ungerecht gegenüber der jungen Japanerin war es allemal. Hikari war Chloé zum Verwechseln ähnlich. Vor seinem geistigen Auge erschien immer wieder die Schmierenkomödie von Chloé und Alain. Die Krönung war, dass die Beiden seit dieser folgenschweren Nacht offiziell ein Paar waren. Chloé hatte ihn einfach gegen diesen Lackaffen ausgetauscht. Das Alles konnte und wollte Takeru Hikari nicht sagen. „Ich mag es nicht, wenn man mich vorführt, oder meine Fähigkeiten unberechtigt in Frage stellt. Ich wurde vor zwei Entscheidungen gestellt, die ich so hinnehmen musste. Ich habe mir in beiden Momenten ein andres Ergebnis gewünscht hätte. Mit der ersten Entscheidung hatte ich tief in meinem Inneren schon gerechnet. Es war eine Frage der Zeit gewesen. Die Andere kam sehr überraschend. Sie scheinen eine sehr gute Fotografin zu sein. Ihre Fotos sind einmalig. Diese erzählen eine Geschichte. Geben Sie mir Zeit, dass ich in Tokio ankommen kann. Mehr werde ich dazu nicht sagen.“ Der Blonde war mit seiner Antwort zufrieden. Die fragenden Augen von Hikari ignorierte er. Sie merkte das Nachfragen keinen Sinn hatte. Beide blickten gedankenverloren in die Ferne. Plötzlich holte Hikari ihre Spiegelreflexkamera raus. „Los kommen Sie. Hier gibt es bestimmt etwas, was sich lohnt fotografiert zu werden.“ Sie griff nach Takerus Hand und zog ihn mit sich. „Was soll das werden, wenn das fertig ist?“, fragte der Blonde überrascht nach. „Einer muss Sie ja aus ihrem Selbstmitleid reißen.“, kam es keck von ihr. Hikari lachte ihn an. „Sie sagen was ich fotografieren soll. Ich lasse eine Geschichte entstehen. Los geht’s.“ ‚Verdammt! Sie hat mich erwischt. Sie hat ein echtes Feingefühl für ihre Mitmenschen.‘ --- Ihre Freunde sahen Hikari nach, wie sie in den Flur lief. Taichi wollte seiner Schwester hinterher laufen. Weit kam er nicht, als die Stimme von Yamato erklang: „Ich wollte euch heute meinen Bruder vorstellen. Wie ihr seht, hat er vor euch Reißaus genommen. Dabei hat keiner ein Wort gesagt. Klasse Leistung Leute.“ Izzy sah erstaunt von seinem Laptop auf: „Hast du etwas gesagt Matt?“ „Na, wieder in der Realität angekommen?“, fragte Mimi lachend nach. „Hä?“ Der Rothaarige sah irritiert in die Gesichter seiner Freunde. Er deutete auf den Bildschirm: „Ich muss das erledigen. Das ist sehr wichtig.“ „Wir haben kein Wort gesagt, Matt. Du bist selber Schuld das dein Bruder einen Abgang gemacht hat. Immerhin hast du mit ihm gesprochen“, witzelte Taichi. Der Blick von Yamato ließ ihn das Grinsen einstellen. „Du weißt nichts über Takeru. Du hast kein Recht dich über ihn lustig zu machen“, knurrte der Blonde auf. „Kannst du uns vielleicht sagen, was Kari dazu veranlasst hat Hals über Kopf zu verschwinden?“ Nachdenklich sah Joe Taichi an. Der Braunhaarige kratzte sich am Hinterkopf. „Um ehrlich zu sein: Nein! Seit dem Vorfall im Park ist meine Schwester etwas durch den Wind.“ Sichtlich interessiert schaute Sora ihren besten Freund an. „Was ist passiert?“ Taichi erzählte seinen Freunden von Hikaris Begegnung mit dem Unbekannten im Park, dem Vorstellungsgespräch, bis ihn zu der Tatsache dass ihr neuer Vorgesetzter der Mann aus dem Park war. So langsam verstand Yamato das Problem. Der Blonde stöhnte auf. Seine flache Hand schloss mit seiner Stirn Bekanntschaft. „Wie konnte ich so dämlich sein?“ „Was ist mit dir los? Hast du schon einen gepichelt?“, neckte Taichi ihn. „Halt bloß deine Klappe, Tai“, fuhr ihn der Älter an. „Man hast du eine ‚gute‘ Laune“, stichelte der Braunhaarige weiter. „Schnauze, Tai. Ich sitze bis zum Hals in der Scheiße.“ Mimi mischte sich in die Unterhaltung ein: „Kannst du bitte erklären wovon du sprichst?“ Yamato erzählte seine Sicht der Geschichte: Als Hikaris Arbeitsvertag nicht verlängert wurde, wollte er ihr einen Gefallen tun, indem er seinen Vater darum bat ihr einen Job zu geben - falls diese sich bei der ‚Ishida Group‘ bewerben sollte. Seinem Bruder hatte er ins Gewissen geredet, dass eine feste Stelle in Tokio besser wäre, als der Zeitarbeitsvertag in Paris. Die Kurzform musste reichen. Yamato hatte kein Recht Takerus Leben kundzutun. Woher sollte Yamato wissen, dass Takeru die Stelle der Fotografin besetzen sollte? Er war schuld, dass Hiroaki entschied, dass Hikari die Fotografenstelle bekam. Er war schuld, dass Takeru und Hikari zusammenarbeiten mussten. Das Hikari Takerus schlechte Laune abbekam ging auch auf das Konto des Sänger. „Darf ich den Schlamassel zusammenfassen?“ Fragend schaute Sora in die blauen Augen ihres Mannes. Yamato nickte. „Kari hat TK beleidigt.“ „Wer ist TK?“, kam es fragend aus der Runde. „Wie kann man nur so bescheuert sein? Du bist wirklich ein Diplomat, oder bist du ein unterbelichteter Trottel?“ Mehr als gereizt blickte Yamato seinen besten Freund an. „Sitz eine Schraube bei dir locker, Ishida? Das war eine Frage, mit der Bitte auf Antwort“, keifte der besagte Diplomat los. „Jetzt haltet mal die Klappe und hört Sora zu!“, pfefferte Mimi den Streithähnen entgegen. „Danke Mimi“, seufzte die Rothaarige auf. Sie fing noch einmal von vorne an. „Kari hat TK beleidigt. Info an Alle: Takeru wird fast immer ‚TK‘ gerufen.“ Soras Blick ruhte auf Taichi. Dieser schaute beleidigt zur Seite, während er die Arme vor seiner Brust verschränkte. Seine beste Freundin lächelte, bevor sie weiter sprach: „TK ist Karis Vorgesetzter. Die Beiden können sich nicht leiden und spielen Katz und Maus?“ „Klasse Ishida! Das hast du toll hinbekommen. Ganz großes Kino. Du weißt wie sensibel Kari ist“, giftete Taichi seinen besten Freund an. „Boah Yagami! Noch so ein Ding und ich verpasse dir eine. Du weißt gar nicht, was Takeru durchgemacht hat“, fauchte Yamato. An Sora gerichtet sprach er: „Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen.“ Mimi sah Sora an. Beide lächelten. Bevor sie gleichzeitig sagten: „Das wird interessant.“ Kapitel 8: Das Eis bricht ------------------------- „Wo sind wir?“ Überrascht sah Takeru die junge Frau vor sich an. „Wir sind im ‚Shiba Park‘. Dieser ist einer der ältesten Parks in Minato. In der Mitte des Parks befindet sich eine ehemalige Tempelanlage. Hier kann man den Gedenkstein des Kartografen Inō Tadataka sehen. Dieser hat die erste vollständige Landkarte von Japan erstellt“, informierte Hikari ihren Gesprächspartner. Takeru versuchte, sie zu necken. „Wissen Sie auch, wann er gelebt hat?“ „Klar, weiß ich das! Inō lebte von 1745 bis 1818. Er wurde in Kozeki als Sanjirō geboren. Später wurde er von der Familie Inō adoptiert und nannte sich Tadataka.“ „Das denken Sie sich gerade aus!“, kam es ungläubig vom Blonden. „Sie glauben mir nicht? Schauen Sie im Internet nach.“ „Du bist dir deiner Sache sehr sicher.“ Nachdenklich zog er sein Handy aus der Tasche. Kurz las er sich die aufgerufen Informationen durch. Verwundert schaute Takeru seine Gesprächspartnerin an. „Woher wissen Sie das alles?“ „Ich bin in Tokio aufgewachsen. Außerdem habe ich in der Schule aufgepasst“, kam die Antwort mit einem Grinsen im Gesicht. „Können Sie sich entscheiden, ob Sie mich siezen oder duzen? Ich bekomme Kopfschmerzen bei dem hin und her.“ „Ich habe Sie nicht geduzt -“ „Doch.“ „Nein.“ „Natürlich.“ „Sicher nicht.“ „Ich bin doch nicht blöd.“ „Das habe ich nicht gesagt.“ Hikari stöhnte auf. „Das kann doch nicht so schwer sein. Sie oder Du?“ „Ich habe Sie nicht geduzt.“ „Klar haben Sie das. Sie sagten: ‚Du bist dir deiner Sache sehr sicher.‘“ „Habe ich das?“ Sie verdrehte die Augen. „Männer! Ja, ja und nochmals ja. Sonst würde ich es nicht sagen.“ „Okay. Dann bleiben wir dabei. Ich bin Takeru.“ Er reichte ihr seine Hand. „Ähm … Bitte was?“ „Frauen! Da hat man eine Entscheidung getroffen und du kannst nichts dazu sagen.“ „Klar kann ich das: Mein Name ist Hikari.“ Lächelnd griff sie nach seiner Hand. „War das so schwer, Hikari?“ Er blickte in die braunen Augen seiner Gesprächspartnerin. Sie erwiderte seinen Blick. „Das sagt der Richtige, Takeru.“ Hikari und Takeru fingen gleichzeitig an zu lachen. Beiden wurde klar, dass dies der erste zaghafte Schritt war, um das Eis zu brechen. Sie waren dabei, einen normalen Umgang miteinander aufzubauen. Hikari zeigte einen Weg entlang. „Du hast die Wahl. Entweder gehen wir in diese Richtung, dann wird es sportlich. Oder wir gehen Richtung Westen. Wir können dort ein Stück Paris finden. Die Entscheidung liegt bei dir.“ Takeru blickte erst in die eine und dann in die andere Richtung. „Paris!“ Hikari schmunzelte. „Warum wundert mich das nicht? Du kannst nicht aus deiner Haut.“ „Nein, kann ich nicht. Paris ist meine Heimat. Ich habe die meiste Zeit meines Lebens dort gewohnt.“ Er ging Richtung Westen. Der junge Mann blieb stehen, als er merkte, dass Hikari ihn nicht folgte. Takeru drehte sich um. Nachdenklich schaute er sie an. „Du sagtest doch Richtung Westen. Hier geht es lang. Oder sind in Japan die Himmelsrichtungen anders angeordnet als in Frankreich? Beim Straßenverkehr stimmt es ja. Hier herrscht Linksverkehr.“ Hikari lachte: „Nein, die Himmelsrichtungen sind gleich.“ Eine kurze Pause entstand in dem sich die Beiden wieder einmal in die Augen schauten. Die Braunhaarige unterbrach die Stille: „Du vermisst Paris. Würdest du wieder zurückgehen, wenn du die Chance dazu hättest?“ Takeru dachte nach. „Manchmal ziehe ich es in Erwägung, wieder nach Paris zu gehen. In solchen Momenten denke ich mir, dass es einfach Heimweh ist und ich mich erst richtig in Tokio einleben muss.“ Hikari hatte zu Takeru aufgeschlossen. „Das kann ich verstehen. Tokio ist eine wunderschöne Stadt.“ Gemeinsam gingen sie Richtung Westen. „Das weiß ich. Ich habe hier oft Urlaub gemacht. Ich muss mich erst an die Mentalität gewöhnen. Mit meinem europäischen Temperament ecke ich oft an.“ „Das ist mir noch gar nicht aufgefallen“, kam es ironisch von Hikari. Takerus Blick war undurchschaubar. Schnell wechselte er das Thema: „Ich würde mir gerne den Tokyo Tower anschauen. Der soll größer als der Eiffelturm sein, gleichzeitig aber leichter. Vielleicht hat die waschechte Japanerin vor mir dazu auch ein paar lehrreiche Informationen für mich.“ Herausfordernd schaute Hikari zu ihrem Gesprächspartner auf. „Die kann ich dir gerne zum Tokyo Tower geben. Einen Vergleich zum Eiffelturm kann ich nicht herstellen. Ich habe mich mit dem Original nicht auseinander gesetzt. Ich weiß nur, dass dieser für eine Weltausstellung erbaut wurde und irgendetwas mit der französischen Revolution zu tun hat.“ Wieder musterte Takeru Hikari anerkennend. „Richtig. Die Weltausstellung war im Jahr 1889. Hundert Jahre nach Beginn der französischen Revolution. Die Weltausstellung und der Eiffelturm wurden am gleichen Tag eröffnet. Als der Turm erbaut wurde, waren die Pariser nicht gerade glücklich über dieses monströse Eisenunikum. Sie fanden den Turm nutzlos und hässlich. Heute lieben die Franzosen den Eiffelturm. Dieser ist ein Wahrzeichen geworden. Ursprünglich sollte der Turm zwanzig Jahre nach der Entstehung wieder abgerissen werden. Wir wissen beide, dass dies nicht der Fall ist.“ „Wieso sollte der Eiffelturm abgerissen werden?“ „Dieser war für die Pariser ein Bauwerk ohne Nutzen. Um die Jahrhundertwende hatte Gustav Eiffel – der Erbauer – erste Funkversuche unternommen. Die drahtlose Telegrafie tat ihr Übriges dazu. Ich glaube um 1920 wurden vom Eiffelturm die ersten Radiosendungen ausgestrahlt. Später kamen erste Fernsehversuche dazu. Der Eiffelturm ist die wichtigste Sendeanlange im Großraum Paris. Was weniger bekannt ist: Der Eiffelturm, sowie der Großteil von Paris, sollten 1944 eigentlich zerstört werden. Choltitz - Stadtkommandant von Groß-Paris - hatte sich geweigert, den Befehl auszuführen. Was ihn dazu bewogen hat ist sein Geheimnis geblieben. Gut für die Nachwelt ist es allemal. Sonst würde es Paris, so wie wir es heute kennen, nicht geben.“ Hikari kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. „Woher weißt du das alles?“ Takeru lächelte sie an. „Ich habe sechszehn Jahre in Paris gelebt. Es ist ein wenig Allgemeinwissen und Neugier gepaart mit meinem Journalismus Studium. Die französische Geschichte ist sehr interessant. Von dem Haus der Bourbonen über die Jakobiner und dem Hause Bonaparte bis hin zu de Gaulles war alles vertreten. Monarchie, die Schreckensherrschaft der Jakobiner, die Kaiserreiche und verschiedene Republiken. Die Republik hat sich als Staatsform durchgesetzt. Das ist die absolute Kurzfassung. Sagen dir die Worte‚Liberté, Égalité, Fraternité‘ etwas?“ Ohne groß darüber nachzudenken antwortete Hikari: „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. War das nicht das Motto der französischen Revolution?“ „Nicht nur. Dieser Wahlspruch gilt bis heute. Mittlerweile hat Frankreich seine fünfte Republik.“ „Das hört sich an, als wenn du ein Streber warst“, stellte sie mit einen Grinsen fest und sah ihn an. „Vielleicht, vielleicht auch nicht. Du sprichst Französisch?“ „So wie du grinst warst du einer.“ Verlegen schaute Hikari zur Seite. „Ein wenig. Matt hat mir während meiner Schulzeit viel geholfen.“ „Das geht sicher über Grundkenntnisse in der Sprache hinaus.“ „Keine Ahnung. Ich kann es einigermaßen sprechen. Wir sind da.“ Während sie sprach, deutete sie auf einen Turm. „Das ist der japanische Eiffelturm. Der Architekt von dem Tokyo Tower war Tachū Naitō. Er hat viele Fernsehtürme in Japan gebaut, unter anderem auch die in Nagoya und Sapporo. Außerdem gilt er als Vorreiter der erdbebensicheren Bauweise in Japan. Der Tokyo Tower ist 333 Meter hoch und wurde in den Fünfzigern gebaut. Falls ich es richtig in Erinnerung habe, dient dieser dreiundzwanzig Fernseh- und Radiosender als Sendestation. Er ist in vielen Filmen zu sehen. Unter anderem in ‚Godzilla‘ und im James Bond Film ‚Man lebt nur zweimal.‘“ „Wow! Du kennst James Bond Filme?“ Bewundert sah Takeru Hikari an. Zumal er sich diese Filme gerne anschaute. „Hör mal: Ich habe einen älteren Bruder. Matt gehört zu meinen besten Freunden. Reicht das als Erklärung?“ „Ich glaube schon“, kam es lachend vom Blonden. Er schaute zum Tokyo Tower. „Durch die ganzen Gebäude geht der Turm richtig unter. Man kann diesen gar nicht richtig wahrnehmen. Obwohl die Farbe schon sehr auffällig ist“, stellte Takeru fest. „Die Farbe soll Flugzeuge rechtzeitig warnen. Mit dem Rest hast du Recht. Der Eiffelturm ist omnipräsent. Der Tokyo Tower wird von den Wolkenkratzern ein wenig verschluckt. Trotzdem haben beide Türme den gleichen Zweck. Diese werden von den Medien genutzt, von den Menschen geliebt und bieten einen gigantischen Ausblick über die Städte. Bei klarem Wetter kannst du den Fuji sehen.“ Hikari sah verträumt in die Richtung des Berges. Das leise Lachen von Takeru holte sie wieder in die Realität zurück. „Was ist?“ „Ich frage mich gerade, wer von uns beiden der Streber ist.“ „Ich lebe seit vierundzwanzig Jahren in Tokio. Das ist ein wenig Allgemeinwissen, gepaart mit Neugier.“ „Klasse! Du schlägst mich mit meinen eigenen Waffen.“ „Ich hatte gute Lehrer“, konterte Hikari. Takeru stöhnte auf: „Sag mir bitte nicht, dass du von Matt sprichst.“ „Matt ist in der Hinsicht gut. Mein Bruder ist in der Sache auch nicht von schlechten Eltern. Ich würde sagen, dass ich von beiden viel gelernt habe.“ „Das ist keine schöne Vorstellung. Du wirst mich wohl öfter mit meinen eigenen Waffen schlagen. Schließlich habe ich auch von Matt gelernt.“ „Das werden wir sehen. Es kann auch andersherum sein. Immerhin bist du Matts Bruder.“ Takeru lachte auf. Nachdenklich schaute Hikari auf ihre Spiegelreflexkamera. Sie hatte die Augenbrauen leicht zusammen gezogen und biss sich leicht auf ihre Unterlippe. „Dieser blöde Schatten“, meckerte sie rum. Die Braunhaarige hatte nicht mitbekommen, dass sich Takeru hinter sie gestellt hatte und das Foto mit anschaute. „Das ist ein wunderschönes Foto. Von was für ein Schatten sprichst du?“ Hikari zuckte erschrocken zusammen, als er sie über ihre Schulter hinweg ansprach. „Bist du wahnsinnig? Kannst du dich nicht bemerkbar machen? Ich war in Gedanken versunken.“ „Das ist mir gar nicht aufgefallen“, amüsierte sich der Blonde. „Entschuldigung, ich wollte dich nicht erschrecken. Was für ein Schatten meinst du?“ „Hier …“, die Braunhaarige deutete auf das Foto. „… siehst du den Fleck?“ „Um ehrlich zu sein: Nein.“ Sie stöhnte genervt auf. „Du bist kein Fotograf. Da ist ein Schatten, oder besser gesagt: Da war Dreck auf der Linse. Das ruiniert das ganze Bild.“ „Wo?“ „Da! Bist du Blind?“ „Ich weiß, dass ich sehr gut sehen kann. Einen Schatten sehe ich trotzdem nicht. Kann es nicht der Lichteinfall sein?“ „Lichteinfall? Echt jetzt? Willst du mich auf den Arm nehmen?“ „Nein, das will ich nicht. Immerhin bist du die Expertin auf dem Gebiet. Ich erkenne den Fehler nicht, den du beanstandest. Erkläre mir den Unterschied zwischen Journalistik und Journalismus.“ Verständnislos sah Hikari in die blauen Augen von Takeru. „Da gibt es einen Unterschied?“ Ein Lächeln schlich sich in Takerus Gesicht. „Ja, sicher. So wie du einen Schatten auf diesen Bild siehst. Gibt es einen Unterschied zwischen diesen beiden Dingen. Journalistik ist die Wissenschaft, diese umfasst die Facetten des Journalismus.“ „Ich bin genauso schlau wie vorher“, kam es nachdenklich von Hikari. „Mir ergeht es mit deinem Foto auch so.“ Beide sahen sich in die Augen und mussten lachen. Kapitel 9: Zwei Seiten einer Medaille ------------------------------------- Hikari war unsicher, wie sie sich Takeru gegenüber verhalten sollte. Nachdem beide festgestellt hatten das Yamato zu Hikaris engsten Freunden gehörte und Takerus Bruder war hatten die Zwei entschieden die Höflichkeitsfloskeln zu übergehen. Im Privatleben hatte sie auch keine Probleme damit, den Blonden mit ‚Du‘ anzusprechen. Jetzt war es eine andere Situation. Hikari stand vor seiner Bürotür. Takeru war ihr Vorgesetzter. Diesen konnte sie nicht einfach duzen. Innerlich verfluchte sie sich Takeru darauf aufmerksam gemacht zu haben, dass er sie unbewusst geduzt hatte. „Guten Morgen Hikari. Die Tür wird nicht von alleine aufgehen. Du musst schon anklopfen, damit du hereingebeten wirst.“ Erschrocken drehte sich die Braunhaarige in die Richtung, aus der sie eine Stimme vernahm. „Obwohl, auch dann wirst du keine Antwort bekommen. Er ist nicht in seinem Büro. Yamamoto wollte ihn sprechen“, sprach Hiroaki weiter. „Guten Morgen Herr Ishida. Danke für die Information. Ich komme später wieder.“ Sie drehte sich in die andere Richtung und wollte in ihr Büro gehen. Welches nur drei Türen entfernt von Takerus war. „Hikari, warte.“ Die Angesprochene wendete sich wieder ihrem Gesprächspartner zu. Fragend sah sie Hiroaki an. „Kann ich noch etwas für Sie tun?“ Der Ältere schmunzelte und sah in die braunen Augen Hikaris. „Ja, es gibt wirklich eine Sache: Lass endlich das ‚Sie‘ weg.“ Verlegen schaute die Braunhaarige auf den Boden. „Das kann ich nicht. Sie sind der Verlagsinhaber und -“ „Ich kenne dich seit dem du ein kleines Mädchen warst. Du warst so oft bei Yamato und mir zu Besuch. Ich habe gesehen, wie aus dem Mädchen ein Teenager und schließlich eine junge Frau geworden ist.“ „Genau aus dem Grund kann ich es einfach nicht. Ich schaffe es nicht privat das ‚Sie‘ wegzulassen. Wie soll mir das im Berufsleben gelingen? Außerdem habe ich Jemanden ein Versprechen gegeben, an das ich mich halten werde.“ Hiroaki lächelte. „So kenne ich dich. Falls du deine Meinung noch ändern solltest, ich werde dir sicher keine Steine in den Weg legen.“ Nach diesen Worten ging der Verlagsinhaber seinen Weg. Takeru hatte die Situation nachdenklich beobachtet. Diese Seite kannte er von seinem Vater nicht. An das gemeinsame Familienleben mit seinem Bruder und seinen Eltern konnte er sich nur wage erinnern. Was präsent geblieben war, war die Tatsache, dass er seine Eltern öfters streiten gehört hatte. Yamato wollte ihn immer beruhigen und beschützen, alles böse von seinem kleinen Bruder fernhalten. Was nicht immer gelang. Schlussendlich hatte Hiroaki die Familie auseinandergerissen, als er den Brüdern sagte, sie sollten Abschied voneinander nehmen. Takeru konnte sich gut daran erinnern, wie er lachend in das Flugzeug nach Paris gestiegen war. Er hatte mit seinen acht Jahren die Tragweite nicht erkannt. Der kleine Junge dachte, dass seine Mutter und er Urlaub bei seinen Großeltern machen würden. Das dieser ‚Urlaub‘ sechzehn Jahre dauern würde, war ihm zu diesem Zeitpunkt nicht in den Sinn gekommen. Durch diese Ereignisse hatte er von seinen Vater das Bild eines Egoisten und Workaholic vor sich. Takeru hätte nicht vermutet, dass Hiroaki eine liebenswerte Art an sich haben könnte. Gerade wurde der Blonde eines besseren belehrt. Irgendwie schaffte es Hikari ihren Mitmenschen ein Licht mit auf den Weg zu geben. Das die guten Seiten eines Menschen zum Vorschein brachten. Er selber hatte gemerkt, wie gut ihm der Nachmittag mit der Braunhaarigen getan hatte. Ihr Lachen hatte sein Eisklumpen, das sein Herz war, wieder mit Wärme gefüllt. Ihre verrückte Idee mit den Fotos hatte ihn nach langer Zeit endlich mal wieder frei und aufrichtig Lachen lassen. Ihr ungläubiger Blick, als er sie nach dem Unterschied zwischen Journalistik und Journalismus gefragt hatte, lies ihn heute noch aufrichtig lächeln. Er hatte das Gefühl als würde er aus einem Tunnel gehen und endlich wieder leben. „Guten Morgen Hikari. Es tut mir leid, dass du warten musstest. Der Termin bei Yamamoto hat länger gedauert“, entschuldigte sich der Blonde. „Guten Morgen Herr -“ Takeru unterbrach die Braunhaarige mit einem Lächeln: „Heute wieder so förmlich? Hatten wir nicht beschlossen, dass wir uns duzen? Oder habe ich mich gestern mit einer anderen Frau über japanische und französische Geschichte unterhalten?“ „Das … Nein … Ich … Ich dachte, dass gilt nur für die Freizeit“, stotterte Hikari. „Das wäre mir zu kompliziert“, grinste Takeru sie an. Dabei schloss der junge Mann sein Büro auf. Er trat einen kleinen Schritt zur Seite und lies Hikari als Erste eintreten. Der Blonde schloss die Tür und deutete Hikari an sich an den Beratungstisch zu setzen. Er selber ging an seinen Schreibtisch und goss sich eine Tasse Kaffee aus der Thermoskanne ein. „Möchtest du auch einen Kaffee?“ „Nein danke. Ich trinke das Zeug nicht.“ Takeru sah sie überrascht an und lachte. „Du trinkst keinen Kaffee? Was für ein braunes Getränk ist auf meinem Sakko gelandet?“ „Ähm … Das war Kaffee… Das war nicht meiner. Ich hatte diesen für meinen Bruder geholt. Für mich war der Tee, den ich mir über meinen Oberkörper gekippt hatte“, kam es leise von seiner Gesprächspartnerin. Dabei blickte sie auf mehrere Zettel, die auf den Tisch lagen. „Darf ich mir das durch lesen?“ „Sicher, der erste Teil ist aber auf Französisch. Ich ahne, dass weder du noch dein Bruder etwas zum Trinken hattet.“ Neugierig beobachtete Takeru, wie Hikari sich die Zettel durch las. „Da hast du Recht …“, sie deutete auf das Dokument, „Möchtest du das so veröffentlichen?“ „Das kann ich nicht. Dafür brauche ich die Freigabe von meinem Vater und die habe ich noch nicht“, erklärte der Blonde. „Die wirst du auch nicht bekommen.“ „Wieso nicht?“ „Falls ich dein Schreibsystem durchschaut habe, hast du den Text erst auf Französisch geschrieben und dann ins japanische übersetzt.“ „Richtig. Wo ist das Problem?“ „Du hast es falsch übersetzt. So wie du das Kanji geschrieben hast, hat es eine ganz andere Bedeutung als du auf Französisch ausgedrückt hast“, erklärte die Braunhaarige ruhig. Ein leichter Rotschimmer zierte ihre Wangen. Der Chefredakteur musste lachen. „Ich wusste es. Du kannst besser Französisch verstehen, als du zugibst. Ich danke dir, für deine Ehrlichkeit. Mir ist der Fehler auch aufgefallen. Ich hatte noch keine Zeit diesen zu korrigieren.“ „Ich habe gesagt, dass ich es einigermaßen spreche.“ „Hikari, das was ich dort geschrieben habe ist für einen französischen Geschäftspartner. Das hat nichts mehr mit Grundkenntnissen zutun. Du hast anscheint alles verstanden, da dir der Fehler sofort aufgefallen ist. Wieso fällt es dir so schwer zuzugeben wie gut du in dieser Sprache bist?“ „Du hast mich noch nie französisch sprechen hören.“ „Naja, einigermaßen sagt schon etwas aus.“ Hikaris Gesichtsfarbe ähnelte einer überreifen Tomate. „Du musst mir versprechen nicht zu lachen. Mir ist die ganze Sache heute noch peinlich.“ Verunsichert schaute sie Takeru in die Augen. Dieser nickte zur Antwort. „Na gut. Ich hatte immer eine glatte Eins in der Schule. Was ich zum größten Teil Matt zu verdanken hatte. Mein Bruder, seine jetzige Frau, Matt, Sora, Haru und ich machten Urlaub in Paris. Ich bin in eine Patisserie gegangen, weil ich von diesem leckeren Eiweißgebäck gehört hatte. Ich hatte das Zeug schon einmal in Deutschland gegessen und fand diese Dinger total lecker.“ Eine Pause entstand und Hikari musste schlucken. Takeru trank einen Schluck von seinem Kaffee und hörte Hikari weiterhin zu. „Was soll ich sagen? Ich hatte anstatt ‚meringue‘ ‚baiser‘ gesagt. So wie ich die Frage gestellt hatte war nicht die harmlos Variante gemeint.“ Dem Blonden entglitten die Gesichtszüge, dabei musste er aufpassen, dass er den Kaffee nicht wieder ausspuckte. Diese Aktion hatte zu folge, dass er sich verschluckte. Nach einem Hustenanfall sah er sie entgeistert an. „Du hast den Verkäufer gefragt, ob er mit dir schläft?“ Hikaris Gesichtsfarbe hatte sich noch einmal eine Nuance verdunkelt, wenn dies überhaupt noch ging. „Ähm … Ich … Ich hatte mich versprochen. Ich … Ich meinte wirklich das Gebäck. Ich schwöre.“ „Wie bist du auf das Wort gekommen?“ „Ich muss zu meiner Entschuldigung sagen: In Deutschland heißt dieses Gebäck wirklich ‚Baiser‘.“ Ungläubig schaute Takeru seine Gesprächspartnerin an. „Echt? Ist mir gar nicht aufgefallen, als ich dort war. Lass mich raten: Seit diesem Versprecher meidest du es französisch zu sprechen.“ Verlegen schaute Hikari zur Seite. „Genau. Ich brauche diese Sprache in Japan nicht.“ Der junge Mann musste schmunzeln. „Hikari, was meinst du wie oft ich mich verspreche? Manchmal versteht mich mein eigener Bruder nicht. Andersherum ist es zeitweise auch so. Nur weil es einen Rückschlag gibt, muss man sich nicht in ein Schneckenhaus zurückziehen.“ Die Augen der Braunhaarigen blitzen kurz auf. „Wenn es so ist: Warum hast du dich nach deinem Rückschlag zurückgezogen? Oder bist du schon immer so ein arroganter und eingebildeter Mensch gewesen, denn ich im Park kennen gelernt habe?“ Ertappt blickte der Blonde aus dem Fenster. „Touché. Entschuldigung, aber die Erklärung würde doch etwas zu weit gehen.“ Seine Stimme hatte einen kühlen Ton angenommen. Takeru hatte seine Arme vor seiner Brust verschränkt. „Die gleiche Reaktion wie bei Matt, wenn er abblockt“, kommentierte Hikari ihre Beobachtung. „Warum wolltest du mich eigentlich sprechen?“ Dankbar, dass Hikari das Thema gewechselt hatte atmete Takeru erleichtert auf. „Ich möchte, dass du die Fotos für den japanischen Teil dieser Kampagne machst.“ Er deutete auf das Dokument, das auf den Beratungstisch lag. „Das sollte kein Problem darstellen. Ich habe schon einige Ideen im Kopf. Was ist mit den Bildern für den französischen Teil?“ „Die sollen aus Paris kommen.“ „In Ordnung. Ich mache mich mal an die Arbeit. Zu wann brauchst du die Fotos?“ „Bis Ende dieser Woche.“ „Alles klar. Takeru?“ „Ja?“ „Kann ich dir noch einen Rat geben?“ Neugierig sah er in ihre Augen. „Kommt darauf an, was für ein Rat es ist.“ „Du solltest dich bei Matt und Sora für deinen Abgang gestern entschuldigen. Matt tut zwar immer so taff, aber gerade sein kleiner Bruder kann ihn sehr mit seinen Worten und Taten verletzten. Er macht sich bis heute Vorwürfe. Matt denkt, dass er dich alleine gelassen hat.“ „Hikari -“ „Jetzt ein Tipp von mir: Was ich eben über Matt gesagt habe, hast du nie gehört.“ Die junge Frau lächelte und verließ das Büro. Kapitel 10: Paris lässt grüßen ------------------------------ Nachdenklich stand Takeru an seinem Bürofenster und beobachtete den Straßenverkehr. Er schüttelte ungläubig seinen Kopf. Von oben betrachtet sah das Treiben auf der Straße, für seine Verhältnisse, chaotisch aus. Die Autobahn war achtspurig. Irgendwie sah es aus, als wären diese übereinandergestapelt. Trotzdem gab es kilometerlange Staus. Der junge Mann blickte ungläubig auf das Dach eines Hochhauses. ‚Wird dort gerade eine Fahrstunde abgehalten? Fahrstunden auf einem Hochhaus. Wie verrückt ist das? Ich werde hier sicher kein Auto fahren. Bei der Straßenführung sieht man gar nicht durch.‘ Der Blonde drehte sich und ging auf seinen Beratungstisch zu. Er nahm sich das Schriftstück in die Hand, welches sich Hikari durchgelesen hatte. Takeru musste an ihre Worte denken. Sie hatte Recht, er musste sich bei Yamato und Sora entschuldigen. Im Grunde seines Herzens wusste er, dass sein Bruder es gut meinte und sich Sorgen um ihn machte. Takeru wurde immer mehr bewusst, dass er sich wie der letzter Volldepp aufführte, der sich im Selbstmitleid suhlte. Bei dieser Einsicht hatte ihm sein Bruder geholfen: ‚‘Du tickst zurzeit nicht richtig‘. Das waren harte Worte.‘ Eine gewisse braunhaarige Fotografin hatte ihm auch die Augen geöffnet. Ihre direkte Art hatte ihm gezeigt, was für ein Mensch er zurzeit verkörpert: ‚‘Arroganter, eingebildeter Fatzke.‘‘ Damit sollte ab heute Schluss sein. Das letzte Telefonat mit Jean, seinem besten Freund aus Paris, hatte sein Herz mit Freude erfüllt. Den jungen Männern war ihre Freundschaft wichtiger, als die Tatsache, dass die Beziehung zwischen Jeans Schwester und Takeru in die Brüche gegangen war. Sie hatten ein ausführliches Gespräch darüber geführt, somit war das Thema für die Männer abgeschlossen. Der junge Mann verstand, dass die Beziehung zu Chloé in dem Moment zum Scheitern verurteilt war, als Beide ihr Studium begonnen hatten. Diese Einsicht half Takeru mit Chloé abzuschließen. Ihm war bewusst, dass er nie ein freundschaftliches Verhältnis zu seiner Jugendliebe aufbauen konnte. Dazu hatte sie ihn zu tief verletzt. Gleichzeitig spürte Takeru das es richtig war sich von der Vergangenheit zu lösen. Komischerweise tat dieser Abschied nicht weh. Er hatte das erste Mal seit dem er in Tokio war das Gefühl zur Ruhe und wieder mit sich selbst ins Reine zu kommen. Takeru fühlte sich frei und angekommen. Er spürte wie sich Hoffnung in ihn ausbreitete. Die Hoffnung, auf ein glückliches Leben und das sich seine Wünsche erfüllen würden. Die Hoffnung, dass Tokio doch ein zu Hause für ihn werden könnte. Sicher, er vermisste seine Familie und seine Freunde aus Frankreich. Im gleichen Atemzug wusste Takeru, dass dieser Zwiespalt zwischen Frankreich und Japan immer in ihm bleiben würde. Er schaute auf seinen Schreibtisch, auf diesen standen zwei Fotos. Auf den einen waren seine Mutter und seine Großeltern zu sehen. Der junge Mann nahm das Foto in die Hand und strich leicht über den Rahmen. Ein leichtes Lächeln zierte sein Gesicht. Takeru stellte das Bild wieder an seinen Platz. Er blickte mit Stolz auf das andere Foto. Dort war er selbst mit einer jungen blonden Frau zu sehen. Er stand hinter ihr, seine Hände hatte er auf ihrer Taille gelegt. Er trug einen schwarzen Anzug und eine violette Karawatte. Sie ein schulterfreies Abendkleid in der gleichen Farbe wie seine Krawatte. Beide lächelten glücklich in die Kamera. ‚Sie ist wunderschön und weiß selbst nicht, was für eine Schönheit sie ist.‘ Sie wollte bald zu Besuch kommen. Takeru war sich nicht sicher, wie sein Vater auf die junge Frau reagieren würde. ‚Es ist, wie es ist. Vater kann an der Sache nichts ändern. Das Leben ist weitergegen. Ich wollte Matt noch anrufen.‘ Nach dem Telefonat mit seinem Bruder atmete Takeru erleichtert aus. Yamato war nicht sauer auf ihn. Eher hatte der Jüngere den Verdacht, dass sein Bruder ein schlechtes Gewissen hatte. Nachdenklich schüttelte Takeru seinen Kopf. Das blinkende E-Mail-Symbol erweckte seine Aufmerksamkeit. Neugierig öffnete er die Nachricht aus Paris. Fassungslos schaute er auf die Bilder, die der französische Geschäftspartner geschickt hatte. Takeru griff zum Telefon. Er brauchte unbedingt eine zweite Meinung. Kurz nachdem das Telefonat beendet war, klopfte es an der Tür des Blonden. Bevor er reagieren konnte, öffnete sich diese schon. „Takeru, was wolltest du mir zeigen?“, fragte Hiroaki nach. „Ich wollte deine Meinung zu diesen Bildern wissen.“ Der Jüngere deutete auf den Bildschirm. Neugierig blickte der Ältere sich die Fotos an. Entsetzen machte sich in sein Gesicht breit. „Das ist nicht Fontaines Ernst. Hat ein Hobbyfotograf die Aufnahmen gemacht? Die Fotos passen gar nicht zu den Anforderungen, die wir an ihn gestellt haben.“ „Das Gleiche habe ich auch gedacht. Was machen wir jetzt?“ „Ich bin für neue Aufnahmen. Den Mist kann man keinen zumuten“, rief Hiroaki aufgebracht. „Hast du die Zeitverschiebung bedacht? Wir haben Dienstagnachmittag. In Paris ist es nachts. Fontaine müsste bis spätestens Mittwochabend - also in zirka zwölf Stunden - die Bilder erstellen lassen und versenden, damit ich noch Zeit habe, die Aufnahmen zu prüfen und in das Layout einfügen kann“, kam der Einwand von Takeru. „Das werden alle zeitlich nicht schaffen. Was hältst du davon, wen wir die Fotos von Hobbyfotografen machen lassen?“ „Ich müsste die ganze Kampagne neu schreiben, dass schaffe ich nicht. Vergesse nicht, dass ich dieses Projekt neben meiner Hauptaufgabe leite. Yamamoto würde mich zu Recht einen Kopf kürzer machen, wenn ich meine Arbeit als Chefredakteur auf ihn abwälze. Er soll mich unterstützen und beraten, nicht meine Arbeit machen. Außerdem habe ich heute Morgen Hikari losgeschickt dass sie die Fotos für den japanischen Teil macht.“ „Wenigstens bekommen wir von ihr professionelle Fotos“, seufzte der Ältere. „Hikari“, murmelte Takeru vor sich her. „Wie kommst du jetzt auf Hikari?“ „Ich weiß, dass sie Urlaub in Paris gemacht hat. Du hättest das Bild von ‚Étoile Pagode‘ sehen sollen. Vielleicht würde sie uns helfen.“ „Meinen Segen hast du.“ Sein Vater lächelte ihn an. „Was meinst du?“, fragte der Jüngere nach. „Ach nichts.“ Eine kurze Pause entstand, bevor Hiroaki weitersprach: „Ich wundere mich nur, dass du deine Meinung so schnell geändert hast. Wenn es nach dir gegangen wäre hätte sie den Job nicht bekommen. Jetzt seid ihr beim ‚Du‘. In der kurzen Zeit. Wie ist das passiert?“ Hiroaki grinste seinen Sohn an. „Wir haben uns ausgesprochen. Den Rest der Geschichte müsstest du am besten kennen. Schließlich gehört sie zu Matts engsten Freundeskreis. Du hast ihm einen Gefallen getan indem du Hikari die Stelle der Fotografin gegeben hast.“ Sein Vater überging die Aussage. „Du hast einen Rat von mir angenommen? Wie kommt das?“ „Bilde dir nicht ein, dass das der Regelfall wird. Außerdem ist die Initiative von Hikari ausgegangen. Sie hat mich praktisch in die Enge getrieben.“ Der Ältere lachte auf. „Ja, in manchen Dingen kann Hikari sehr direkt sein.“ Takeru wollte vom Thema ablenken. „Was machen wir jetzt wegen den Pariser Fotos?“ „Du kannst Hikari fragen. Hat sie keine passenden Fotos wird der Pariser Teil ohne Bilder veröffentlich. Wann hast du das Gespräch mit Fontaine?“ „Morgen um achtzehnuhrdreißig unserer Zeit.“ „Ich werde dabei sein.“ „Traust du mir nicht zu, dass ich meinen Unmut kundtue?“ Verärgert schaute der Blonde seinen Vater an. „Takeru, du bist der Verbindungsmann zwischen den beiden Firmen. Da du beide Sprachen fließend sprichst. Du hast die Hauptverantwortung. Wenn ein Geschäftspartner so einen Mist abliefert, dann möchte ich ihn persönlich zur Schnecke machen.“ Der Jüngere zog seine Stirn in Falten. „Wie willst du das machen? Fontaine bekommt gerade so die Begrüßung und die Verabschiedung auf Japanisch auf die Reihe. Das habe ich bei meinem Vorstellungstermin bei ihm mitbekommen. Deine Französisch Kenntnisse sind nicht die besten und das ist nett ausgedrückt.“ „Ich habe von deiner Mutter gelernt.“ Entsetzt sah der Blonde seinen Vater an. „Bist du verrückt? Ihr hattet euch die schlimmsten Sachen an den Kopf geworfen. Die meisten waren nicht jugendfrei. Französisch fluchen heißt nicht, dass man die Sprache sprechen kann.“ Verständnislos sah Hiroaki seinen Sohn an. „Ich hatte mehr mitbekommen, als dir, Mutter und Matt lieb war. Natürlich hatte ich eure französischen Streitereien damals nicht verstanden. Nachdem diese Sprache meine zweite Muttersprache wurde, hatte ich einiges übersetzten können“, kam es erklärend vom Jüngeren. „Ich lasse es nicht zu, dass du mit Fontaine persönlich sprichst. Es handelt sich um einen geschäftlichen und nicht um einen persönlichen Disput. Das ist ein großer Unterschied.“ „Was fällt -“ Takeru sprach etwas lauter als gewöhnlich, trotzdem strahlte er eine gewisse Ruhe aus. „Ich war noch nicht fertig. Höre erst einmal zu, bevor du mich anschreist.“ Er lehnte sich gelassen mit seiner rechten Hüfte an seinen Schreibtisch und verschränkte die Arme vor seiner Brust. Takeru suchte den Blickkontakt zu seinem Vater. Der Älteren sah seinem Sohn sprachlos in die Augen. Er war es nicht gewohnt, dass sein jüngerer Sohn so mit ihm sprach. „Du wirst mit mir reden und ich werde es übersetzten“, fuhr Takeru fort. „Du predigst doch immer einen professionellen Umgang mit deinen Mitarbeitern und Geschäftspartnern. Halte dich selbst an deine Vorschriften, Hiroaki. Sonst bist du unglaubwürdig.“ „Du weichst nicht von deiner Meinung ab?“ „Nein! Ich habe dir von Anfang an gesagt, dass ich meine Meinung sagen und vertreten werde. Dazu stehe ich. Mir ist es grade egal, dass du mein Vater bist. Ich vertrete in der Sache die geschäftlichen Interessen der ‚Ishida Group‘ da ich, wie du eben schon gesagt hast, der Hauptverantwortliche bin. So wie du dich gerade verhältst schadest du deinem eigenen Verlag. Gehst du den Kompromiss ein?“ Hiroaki knirschte kurz mit den Zähnen. Er blickte Takeru in die Augen. „Himmel noch mal! Wieso habe ich grade das Gefühl das Yamato vor mir steht.“ „Kann damit zusammenhängen, dass er mein Bruder ist. Ich warte auf eine Antwort.“ „So schlecht ist dein Vorschlag nicht.“ „War das jetzt deine Zustimmung?“ „Ja! Ich bin stolz auf dich Takeru. Du bist ein selbstbewusster junger Mann geworden.“ „Danke für die Blumen.“ „Trotzdem solltest du dein europäisches Temperament in Griff bekommen“, kam es warnend vom Älteren. „Wieso sollte ich mich ändern? Ich bin in Paris aufgewachsen. Das hast du mitentschieden, als du Maman und mich verlassen hast. Du musst damit leben, wie Maman und mein Stiefvater mich erzogen haben“, kam es trocken von Takeru. Hiroaki merkte, dass es keinen Sinn hatte weiter über die Kindheit seines Sohnes zu sprechen. Im Grunde hatte Takeru Recht, mit dem was er gesagt hatte. „Entschuldige Hiroaki. Ich muss weiterarbeiten. Sonst hält mir Yamamoto eine Standpauke. Sei bitte morgen achtzehn Uhr in meinem Büro. Wir können dann absprechen, wie das Gespräch verlaufen soll.“ „Grüße Yamamoto von mir. Ich werde pünktlich sein.“ Kapitel 11: Große Brüder - Kleine Schwestern - Männerfreundschaften ------------------------------------------------------------------- Takeru blickte sich die Aufbauanleitung an. Das konnte nicht schwer aufzubauen sein. Er schaute zur Uhr, die über seinen Fernseher hing. Zeitlich müsste er es auch schaffen den Tisch und die sechs Stühle aufzubauen. Er sortierte die Möbelteile, so wie es in der Aufbauanleitung abgebildet war. Danach waren die Schrauben und anderen Kleinteile dran. Takeru setzte sich auf den Boden, dann las er sich die ersten Schritte durch. Schnell war der Korpus aufgebaut. Die ausziehbare Tischplatte stellte den Blonden vor eine Herausforderung. Takeru war grade mit dem Schraubenzieher abgerutscht, dabei ratschte er sich seinen linken Handrücken mit diesem auf, als es an der Wohnungstür klingelte. Schnell schnappte er sich ein Taschentuch, damit er dieses auf die Wunde drücken konnte. „Medré alors“, fluchte der Blonde laut vor sich her, als er die Wohnungstür öffnete. „Was für eine tolle Begrüßung, Brüderchen.“ Yamato konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. „Sorry Matt. Komm rein.“ Takeru trat einen Schritt zur Seite. Der Ältere trat ein und zog sich die Schuhe aus. „Wer hat dir den Krieg erklärt?“ Dabei deutete Yamato auf die linke Hand seines Bruders. Takeru lachte auf. „Mein Schraubenzieher.“ „Wie ich sehe hast du kapituliert.“ „Nein. Ich lasse mich nicht von einem Schraubenzieher und meinem Esstisch bezwingen.“ „Der Sieg ist deiner?“ „Richtig.“ „Du vergisst eine Tatsache.“ „Und die wäre?“ „Du hast den Krieg verloren.“ „Wieso?“ „Schau dir deine Hand an“, grinste Yamato. Takeru nahm das Taschentuch von seiner Hand. Skeptisch schaute er auf die lange, aber nicht tiefe Wunde. ‚Ein Pflaster sollte reichen.‘ „Gut, ich gebe die strategische Kriegsführung an dich ab. Ich bin kurz im Bad und suche ein Pflaster.“ „Alles klar. Wo ist die Aufbauanleitung?“ „Im Wohnzimmer auf dem Fußboden.“ Keine dreiviertel Stunde später stand der Esstisch und die Stühle aufgebaut an ihrem Platz. Takeru hatte schnell die Kartons wegeräumt. Yamato hatte, ohne auf die Meckerei seines Bruders zu achten, durchgesaugt. Jetzt saßen beide am Esstisch. Die Männer tranken ihren wohlverdienten Kaffee. Der Jüngere sah seinen Bruder schuldbewusst in die Augen, als er sich für seinen Wutausbruch und seinen Abgang entschuldigt hatte. Yamato winkte ab. „Ich habe es provoziert. Mach dir keinen Kopf.“ Takeru sah seinen Bruder in die Augen. Yamatos Gesicht zeigte keine Regung. Fast wäre der Jüngere auf das Pokerface reingefallen, als sein Bruder kurz blinzelte. „Du hast ein schlechtes Gewissen.“ „Wie kommst du darauf?“ Die Stimme des Älteren war emotionslos. „Du spielst dein ‚Ich bin unnahbar Spiel‘ mit mir.“ „Wieso sollte ich das machen?“ „Yagami Hikari.“ Yamato griff nach seiner Tasse. „Ich weiß nicht, worauf du hinaus möchtest?“ „Ich bin mir sehr sicher, nein! ich weiß sogar, dass dir der Name etwas sagt. Sie ist die Fotografin, die mir vor die Nase gesetzt wurde.“ Takeru nahm sich ebenfalls seine Kaffeetasse und trank einen Schluck. Unmerklich zuckte Yamato zusammen. Sein Bruder musste schmunzeln. „Weiß Hikari, dass du Vater darum gebeten hast ihr einen Job zugeben?“ „Nein! Er hat mir versprochen niemanden etwas zu sagen. Dieses Versprechen hat er wohl nicht gehalten.“ „Doch, das hat er.“ „Woher weißt du es dann?“ „Ich bin nicht auf den Kopf gefallen. Vater hat mir zwar gesagt, dass er jemanden einen Gefallen tut, aber nicht wen. Hikari ist mir gestern nachgelaufen und wir haben uns ausgesprochen. Dabei haben wir festgestellt, dass wir dich sehr gut kennen. Außerdem habe ich das Cover eures neuen Albums gesehen. Hikari hatte es in ihrer Bewerbungsmappe. Dein Blick hat mir gezeigt, dass du denjenigen kennst, der das Foto aufgenommen hatte.“ „Du hast eine gute Menschenkenntnis“ „Die brauche in meinem Job. Kann ich dich was fragen?“ „Was denn?“ „Ich weiß, dass Hikari sehr gut Französisch versteht und liest. Wie gut ist sie wirklich in der Sprache. Ich kann mir nicht vorstellen das es an diesen blöden Versprecher gelegen hat.“ „Woher weißt du das?“ „Sie hat sich eine Kampagne durchgelesen die ich auf Französisch geschrieben und ins japanische übersetzt habe. Ich habe ein Kanji falsch geschrieben. Ihr ist der Fehler sofort aufgefallen. Ich habe sie darauf angesprochen. Daraufhin hat sie mir die Geschichte erzählt.“ „Wow! Das hätte ich Kari nicht zugetraut.“ Eine kurze Pause entstand, bevor Yamato weitersprach: „Kari spricht fließend Französisch. Sie war, im Rahmen eines Schüleraustausches, für sechs Monate in Nizza. Sie stellt ihr Licht unter den Scheffel.“ „In Nizza? Das erklärt einiges. Wieso macht sie das?“ „Du bist ganz schön neugierig. Am besten du fragst sie selber. Ich habe sowieso schon zu viel erzählt.“ Yamato stand auf. Er blickte sich in der Wohnung um. Diese war in hellen Tönen und Möbeln gehalten. Es sah richtig gemütlich aus. Im Wohnzimmer hingen viele Fotos an der Wand. Schmerzhaft wurde der Ältere daran erinnert, dass er im Grunde keinen aktiven Anteil am Leben seines kleinen Bruders hatte. Yamato sah Fotos von Takerus Freunden, seiner Mutter und Großeltern. An einem Foto blieb sein Blick hängen, es zeigte seinen Bruder mit einer Blondine. Es war dasselbe Bild, welches Takeru in seinen Büro auf seinen Schreibtisch stehen hatte. Ihre blauen Augen zogen ihn sofort in ihren Bann. „Wow! Ich hätte nicht gedacht, dass Louisa eine solche Schönheit geworden ist. Ich habe sie vor zwei Jahren das letzte Mal gesehen. Zur der Zeit war sie sehr anstrengend.“ „Louisa treibt ihre Mitmenschen immer noch in den Wahnsinn. Sie steckt mitten in der Pubertät“, stöhnte Takeru auf. „Wie alt ist unsere Halbschwester jetzt? Vierzehn?“ „Sie ist vor zwei Monaten Fünfzehn geworden. Im neuen Schuljahr geht sie auf ein Internat, dass auf Fremdsprachen spezialisiert ist. Bei den Fachbereichen weiß sie noch nicht genau wo die Reise hin gehen soll. Ihren Sprachkenntnissen und Interessen nach würde ich auf Geschichte oder Biologie tippen“, erzählte Takeru stolz. „Welche Sprachen spricht sie eigentlich?“ „Neben ihrer Muttersprache spricht sie fließend Englisch. Des Weiteren hat sie Grundkenntnisse in Latein und Italienisch.“ Yamato schaute seinen Bruder mit großen Augen an. „Du nimmst mich auf den Arm.“ „Warum sollte ich das machen? Louisa war schon immer von Sprachen fasziniert. Ihr Traumberuf ist Fremdsprachenkorrespondentin. Sprachen sind für Louisa das, was für dich deine Musik ist.“ „Wie kommt sie auf Latein? Das ist eine tote Sprache.“ „Louisa würde dir einen Vortrag halten. Latein lebt in den romanischen Sprachen weiter, dazu gehören unteranderem Französisch und Italienisch. Es ist die Basissprache in Europa. Ein weiteres Hobby von ihr ist die Geschichte Europas. Latein hilft ihr diese schneller zu verstehen. Nicht umsonst brauchen Geschichtslehrer ein Latinum.“ „Hört sich logisch an. Was ist mit Japanisch?“ „Verstehen kann sie es, beim Sprechen hapert es gewaltig.“ „Willst du mir sagen, dass wir eine Intelligenzbestie als Halbschwester haben?“ „Du kannst dich bald selbst davon überzeugen, dass ich nicht übertrieben habe. Sie kommt in vier Wochen zu Besuch.“ „Was? Ich hoffe sie fliegt nicht alleine.“ „Bist du wahnsinnig? Das hätte ich nicht zugelassen. Jean begleitetet sie.“ „Wie bitte? Louisa hat einen Freund? Ist sie dafür nicht zu jung? Ist er nicht zu alt?“ „Wie alt warst du bei deiner ersten Beziehung?“, schmunzelte Takeru. Im gleichen Atemzug machte sich ein bitterer Nachgeschmack in ihm breit. Chloé war vierzehn, als sie ein Paar wurden. Yamato wurde blass. „TK! Dass macht die Sache nicht gerade besser.“ „Matt! Komm runter von deiner Palme. Louisa hat keinen festen Freund.“ „Woher willst du das wissen? Du bist seit Monaten in Japan.“ Der Jüngere lachte kurz auf. „Louisa und ich haben gestern geskypt. Ich habe sie direkt gefragt. Sie würde mich nicht anlügen. Sie weiß, dass ich sie sofort durchschaue, wenn sie es tut.“ „Was macht dich so sicher?“ „Sie hat mich einmal angelogen. Seitdem nicht wieder. Der Standpauke geht sie freiwillig aus dem Weg. Louisa meinte, ich war schlimmer als unsere Eltern. Du musst dir keine Gedanken machen. Jean ist mein bester Freund. Er wird auf sie aufpassen.“ „Das hat nichts zu sagen. Du warst mit seiner Schwester zusammen. Louisa ist unsere Halbschwester. Jean ist dein bester Freund, da gibt es gewisse Parallelen.“ Takeru schüttelte seinen Kopf. „Das kannst du doch gar nicht vergleichen. Ersten: Jean wurde erst mein bester Freund, als ich schon mit seiner Schwester zusammen war. Zweitens: Louisa ist neun Jahre jünger als Jean. Drittens: Jean hat eine Freundin, die er über alles liebt. Viertens: Ich habe ihm klar gemacht, dass zwei Brüder ihm das Leben zur Hölle machen, wenn er nicht auf unsere kleine Schwester aufpasst, oder er seine Finger nicht still halten kann.“ Yamato ließ das Gesagte sacken. Im Grunde war es die gleiche Konstellation wie bei den Yagami-Geschwistern und ihm. Ein genervtes Stöhnen ging durch den Raum. „Grund Gütiger! Das glaube ich jetzt nicht: Ich verstehe Tai jetzt erst richtig. Dass ich das noch erleben darf. Das wird ein gefundenes Fressen für ihn.“ „Hä? Muss ich das verstehen? Wer ist Tai?“ „Taichi ist mein bester Freund und Karis Bruder. Er hat einen übertriebenen Beschützerinstinkt, wenn es um die Kleine geht. Das hat ihr ehemaliger Freund am eigenen Leib erfahren.“ „Kann es sein, das dein Beschützerinstinkt unsere kleine Schwester schon erreicht hat. Obwohl sie noch in Paris ist? Louisa würde sich geehrt fühlen. Sie hält große Stücke auf dich.“ „Ähm … Ich … Na ja … Kommen Mutter und ihr Mann auch mit?“ „Nein! Beide können wegen der Arbeit Paris nicht verlassen. Maman wurde als Journalistin für den Wahlkampf eingesetzt. Matéo ist Reporter bei der ‚Tour de France‘.“ Der Blick des Älteren wurde unergründlich. „Tolle Eltern. Lassen ihre Tochter alleine um den halben Erdball fliegen.“ „Sie ist nicht alleine.“ „Okay, Louisa fliegt nicht alleine. Sie ist aber minderjährig und alleine in Tokio.“ „Das stimmt so nicht. Für die Zeit des Fluges ist Jean für sie verantwortlich. In Tokio bin ich ihr Vormund. Es ist alles geregelt Matt.“ „Das werden wir sehen, wenn es so weit ist. Warum kommt sie jetzt zu Besuch?“ „Sie hat Ferien. Außerdem vermisst sie ihren Bruder und wollte ihren anderen Bruder gerne wiedersehen. Ich weiß nur nicht was Vater von dem Besuch halten wird.“ „Bei dem was du gesagt hast wickelt Louisa ihn schnell um ihren Finger. Hey, das Mädel ist ein wandelndes Geschichtsbuch. Damit trifft sie bei Vater voll ins Schwarze.“ „Was ist mit der Verständigung? Vaters Französisch Kenntnisse reichen nicht aus. Wie schon gesagt, Louisa versteht nur japanisch.“ „Mache dir darüber keine Gedanken. Ich bin auch noch da.“ „Meinst du das reicht?“ „Klar, vielleicht spricht Louisa schneller unsere Sprache, als uns lieb ist.“ „Du könntest Recht haben.“ „TK?“ „Mh …?“ „Du sollest Kari sagen, dass Louisa kommt.“ „Warum sollte ich das tun?“ „Nur so.“ „Klasse Antwort.“ „Was hast du erwartet?“ „Auf jeden Fall nichts Kryptisches.“ „Ich glaube du weißt ganz genau, was ich meine. Selbst mir ist etwas aufgefallen, was dir mit Sicherheit nicht verborgen blieb.“ „Sag mal: Welche Sprache sprichst du grade? Ich verstehe nur Bahnhof“, kam es genervt vom Jüngeren. „Japanisch!“ Takeru schnaubte wütend auf: „Du kannst mich mal.“ Yamato lachte auf. „Sie sehen sich zwar ähnlich. Kari hat aber einen anderen Charakter. Sie ist im Gegensatz zu Chloé nicht aufbrausend.“ Takeru lachte. „Nicht aufbrausend? Bei den Sachen, die sie mir an den Kopf geknallt hat kann ich mir das nicht vorstellen.“ „Kari sagt nur das, was ihr Gegenüber verdient hat.“ Kapitel 12: Überraschende Begegnung ----------------------------------- Takeru musste schmunzeln als Hikari sein Büro betrat. Ihre Wangen waren leicht gerötet. Einige Haarsträhnen, die sich aus ihrem Fischerzopf gelöst hatten, fielen in ihr Gesicht. Die Kameratasche trug sie über der rechten Schulter. Dadurch war der Blazer ein wenig verrutscht. In der linken Hand trug sie eine Laptoptasche. Schnell ging er auf sie zu. „Hallo Hikari! Von wo kommst du? Du siehst total fertig aus.“ Takeru nahm ihr die Kameratasche und den Laptop aus den Händen. Vorsichtig legte er die Geräte auf seinen Beratungstisch ab. „Hey Takeru. Danke dir. Ich war bis neben in ganz Tokio für die Fotos deiner Kampagne unterwegs. Auf dem Rückweg von Shibuya nach Odaiba habe ich mir in der Bahn die Fotos angeschaut und auf meinen Laptop gezogen. Ich wollte sie dir gleich zeigen.“ Der Blonde nickte. Die Braunhaarige holte ihren Laptop heraus und startete diesen. Takeru ging an seinen Schreibtisch, nahm sich ein Glas und füllte es mit Wasser. Ungefragt stellte der junge Mann ihr das Glas hin. „Hier, trinke das aus. So wie du aussiehst kannst du das vertragen.“ „Dankeschön.“ Sie nahm ihm das Glas aus den Händen und trank ein Schluck. „Das tat gut.“ Hikari lächelte Takeru an. „Die Hitze macht mir ein bisschen zu schaffen. Kann ich meinen Blazer ausziehen?“ „Tue dir keinen Zwang an. Ich halte nicht viel von dieser geschäftlichen japanischen Sitte. Mein Sakko hängt über meinen Bürostuhl.“ „Ich hoffe diesmal ohne Kaffeespuren“, lachte die junge Frau auf. „Stell dir vor: Ich habe auch Sakkos ohne Kaffeeflecken.“ Hikari lachte und stand auf. Sie entledigte sich des störenden Stück Stoffs. Dieses hing sie ordentlich über ihren Stuhl. Takeru beobachtete sie aus dem Augenwinkel. Ihre weiße Bluse umspielte geschickt ihre Oberweite und saß perfekt auf ihren schmalen Hüften. Die Marlene Hose ließ ihren Hintern wunderbar zur Geltung kommen. Er schluckte einen Kloß runter, bevor er sich neben Hikari setzte. Beide musterten die Fotos aufmerksam. Nach einigem Hin und Her, verschiedenen Erklärungen und hitzigen Diskussionen stand die Auswahl der Bilder fest. Takeru war wieder einmal sprachlos, was Hikari mit nur einen einzigen Foto ausdrücken konnte. „Ich möchte dir die Bilder zeigen, die wir aus Paris bekommen haben.“ Er ging an seinen Computer. Sie folgte ihm. Der junge Mann hatte sich die entsprechende Datei aufgerufen, stand auf und bat ihr seinen Platz an. „Bevor du mir in Ohnmacht fällst solltest du dich lieber setzen.“ Nachdenklich schaute Hikari sich die Bilder an. Als sie fertig war dreht sie sich mit dem Stuhl in Takerus Richtung und sah ihm in die Augen. Dieser saß mit seiner rechten Gesäßhälfte auf dem Tisch dabei hatte er seine Hände auf seinem rechten Knie abgestützt, den linken Fuß hatte er auf den Boden abgestellt. Der junge Mann erwiderte ihren Blickkontakt. „Ehrlich gesagt: Ich hätte solch eine Qualität allerhöchstens im ersten Ausbildungsjahr abliefern dürfen. Die meisten Fotos sind mit viel zu viel Hektik gemacht worden. Einige Fotos sind über- beziehungsweise unterbelichtet. Würde es nach mir gehen, sollten die Fotos nicht veröffentlicht werden.“ Takeru lächelte sie an. „Zum gleichen Ergebnis sind Hiroaki und ich auch gekommen. „Das heißt, ihr steht ohne Fotos da?“ „So ist es nicht richtig. Wir haben keine für den Pariser Teil.“ „Ich nehme an, dass das ein Problem darstellt?“ „Kann man so sagen. Hikari, ich weiß es ist viel verlangt, hast du zufällig Fotos zu dem Thema in Paris gemacht?“ „Ich weiß nicht, wie du dir das vorstellst. Ich kenne mich nicht besonders gut in der französischen Geschichte aus, wie du sicher schon mitbekommen hast. Ich hatte einfach das fotografiert, was mir gefallen hat. Mit dem Auge einer Touristin. Als Fotografin wäre ich ganz anders an die Sache rangegangen.“ „Deine Bilder sind einzigartig. Außerdem scheinst du dich besser in der französischen Geschichte auszukennen, als dir bewusst ist.“ „Das was ich über den Eiffelturm weiß, hat mir ein damals dreizehnjähriges Mädchen erzählt. Louisa hatte mir noch den ‚Place de la Concorde‘ gezeigt. Dabei erzählte sie von der Revolution, Marie Antoinette, Louis- keine Ahnung der wievielte - und Guillotine. In dem anliegenden Garten hatte sie mir gesagt, dass hier die letzte königliche Familie festgehalten wurde. Wir hatten einen schönen und lustigen Nachmittag.“ Takeru wurde hellhörig. „Wie hieß das Mädchen?“ „Louisa. Ich kann mich noch gut an sie erinnern. Da sie so viel über die Historie Frankreichs wusste. Leider kann ich -“ „Hat sie dir auch ihren Nachnamen gesagt?“ „Den konnte ich mir gut merken, da dieser mich immer an meinen Versprecher erinnert. ‚Boulanger‘.“ Der Blonde musste grinsen. „Ich bin mir sicher, dass du die passenden Fotos hast.“ Verständnislos schaute Hikari in die blauen Augen. Diese strahlten und in seinem Blick sah sie Stolz, Anerkennung und etwas, dass sie nicht deuten konnte. Seine Gesichtszüge waren ganz weich. In diesem Moment geschah etwas in der Braunhaarigen, was sie selber nicht verstand. „Du sprichst in Rätseln.“ Er nahm ein Foto von seinem Schreibtisch und zeigte es ihr. „Kommt dir die Frau bekannt vor?“ Verwirrt blinzelte Hikari. „Ähm … Ich … weiß nicht. Kann sein. Das Ganze ist zwei Jahre her. Kannst du mir bitte erklären was du von mir willst?“ „Das ist Louisa Boulanger. Sie ist meine Schwester.“ Hikari blickte überrascht und verwirrt in Takerus Augen. „Schwester?“ Der junge Mann nickte. „Ja, Schwester.“ „Seit wann hat Matt eine Schwester?“ „Louisa ist unsere fünfzehnjährige Halbschwester. Meine Mutter hatte kurz nach unserem Umzug nach Paris ihren jetzigen Mann kennengelernt. Knapp ein Jahr später kam Louisa auf die Welt.“ „Schon komisch das ich mit euch Geschwistern schon etwas zu tun hatte ohne zu wissen, das ihr miteinander verwandt seid“, kam es nachdenklich von der jungen Frau. Takeru musste lachen. „Naja, bei unseren Nachnamen würde man auch nicht auf die Idee kommen, dass wir miteinander verwandt sind. Themawechsel: Was meinst du jetzt wegen den Fotos?“ „Wie kommst du darauf, dass ich die richtigen Bilder habe? Ich meine was hat deine Schwester damit zu tun?“ „Louisa ist fasziniert von der französischen Geschichte. Wenn ihr den Nachmittag miteinander verbracht habt, wird sie dir viel von Paris gezeigt haben. Im Übrigen: Der ‚Place de la Concorde‘ hat für die Franzosen einen wichtigen geschichtlichen Hintergrund. Dieser wurde auch ‚Place de la Révolution‘ genannt. Dort wurden sehr viele adlige und bürgerliche Menschen durch die Guillotine enthauptet. Unter anderem Marie Antoinette, Louis XVI, Robespierre und Danton. Der nahgelegene Park heißt ‚Jardin des Tuileries‘“. „Jetzt wo du das sagst, kommt mir das alles bekannt vor. Um auf die Fotos zurückzukommen. Ich werde mir sicher nicht an die tausend Bilder alleine anschauen. Du wirst mir helfen. Schließlich kennst du dich besser in Paris aus als ich. Hast du heute Abend Zeit?“ „Was soll das heißen?“ Nachdenklich schaute er in ihre strahlenden braunen Augen. „Das du die Ehre hast mir bei der Bilderauswahl zu helfen. Die Fotos sind bei mir zu Hause. Du hast Zeitdruck. Daher werden wir uns die Fotos heute Abend bei mir anschauen.“ „Hast du keine Angst, dass ich auf dumme Gedanken komme?“ Hikari stand auf und stellte sich vor Takeru. Sie blickte in seine Augen. „Nein. Warum sollte ich? Ich kann mich zur Wehr setzen. Außerdem habe ich zwei Mitbewohner. Sie können beide ganz schön die Krallen ausfahren.“ Mit einen unschuldigen Lächeln ging sie an ihm vorbei zum Beratungstisch. Takeru sah sie immer noch sprachlos an. „Was ist mit dir, Takeru? Wo sind deine frechen Sprüche?“ Dabei zog sie ihren Blazer wieder an und griff nach ihrer Kameratasche und den Laptop. „Wann soll ich bei dir sein?“, kam es irritiert vom Blonden. „Was hältst du von achtzehn Uhr?“ „Wo wohnst du?“ Hikari nannte ihm ihre Adresse. „Okay. Ich bringe was zum Essen mit.“ „Hört sich gut an. Bis später.“ --- „So ihr Zwei, ihr werdet euch heute benehmen. Verstanden? Takeru sieht zwar Matt ähnlich, aber er ist nicht Matt. Also kein Anfauchen, oder Kratzen. Immerhin ist Takeru mein Chef.“ Ein blaues Augenpaar sah Hikari verständnislos an. Die weiße Katze drehte sich um, lief beleidigt in die Wohnstube und suchte sich ein gemütliches Plätzchen auf der Couch. Der rot-weiße Kater sah Hikari neugierig mit seinen ebenfalls blauen Augen an. Er schlängelte sich zwischen den Beinen der Braunhaarigen durch und mauzte. Dabei stieß er mit seinen Kopf an die Wade seiner Besitzerin. Die junge Frau schmunzelte. „Na, Patamon hat Gatomon dich zum Betteln vorgeschickt?“ Der Kater sah Hikari an und mauzte. „Komm mit.“ In der Küche angekommen griff sie nach einer Dose mit den Katzenleckerlis. Dabei rief sie nach ihren zwei Katzen. Die Braunhaarige hatte das letzte Wort noch gar nicht ausgesprochen, da saßen ihre Stubentiger schon vor ihr und sahen sie ungeduldig an. „Verfressene Bande“, lachte Hikari auf. Sie gab ihren Katzen ihre ‚Beute‘. Sie ging an ein Regal und suchte systematisch die DVDs durch. Sie nahm die richtige DVD raus und legte diese auf den Wohnstubentisch. Danach ging die Braunhaarige in ihr Schlafzimmer und zog sich um. Ohne groß darüber nach zudenken griff sie nach ihrem derzeitigen Lieblingsteil. Ein lindgrünes luftiges Sommerkleid mit V-Ausschnitt, welches knapp über dem Knie endete. Ihre Haare hatte Hikari offen gelassen, nur die obligatorische Spange hielt eine Strähne aus dem Gesicht zurück. Sie hatte sich gerade ihr Lieblingsparfüm aufgetragen, als es an der Tür klingelte. Kapitel 13: Ein anderer Blickwinkel ----------------------------------- Hikari öffnete die Wohnungstür. Takeru stand grinsend davor. „Hallo Hikari. Dein persönlicher Lieferdienst ist da.“ Er hielt eine Tüte hoch. „Ich hoffe, du magst Sushi?“ Dabei musterte er sie aufmerksam. „Hey! Ja, Sushi gehört zu meinen Lieblingsessen“, grinste sie ihn an. Hikari nahm ihm die Tüte aus der Hand, dabei trat die junge Frau einen Schritt zur Seite, somit konnte er eintreten. Kaum hatte Takeru die Wohnung betreten kam eine weiße Katze auf ihn zu. Hikari beobachtete ihren Stubentiger genau. Zur Not musste sie eingreifen. Die Katze schnupperte an seinem Hosenbein. Der Blonde ging in die Knie und hielt dem Fellknäuel seine Hand hin. „Wer bist du?“ Die weiße Katze schnupperte an seiner Hand, danach ging sie in die Wohnstube. „Zum Glück ist das gut gegangen“, atmete Hikari hörbar aus. Nachdenklich sah Takeru sie an. „Gatomon mag keinen Besuch. Sie faucht alle an, manchmal kratzt sie auch. Matt kann davon ein Lied singen. Bekomme keinen Schreck, hier läuft noch ein Kater rum. Patamon hat sich bestimmt versteckt. Er ist sehr zurückhaltend.“ Takeru musste lachen. „Das sind deine Mitbewohner, die ihre Krallen ausfahren können?“ „Genau. Ich an deiner Stelle würde es nicht darauf anlegen, die Beiden zu verstimmen.“ Sie gingen in die Wohnstube. „Hast du gut hergefunden?“ „Ja das habe ich. Danke der Nachfrage.“ „Du kannst dich setzen oder dich in der Wohnstube umschauen. Ich hole noch Teller und Stäbchen. Was möchtest du trinken?“ „Hast du Orangensaft?“ „Klar.“ Mit diesem Wort war die Braunhaarige in ihrer Küche verschwunden. Takeru sah sich in der Wohnstube um. Hikari hatte, so wie er, viele Fotos an der Wand hängen und auf dem Sideboard stehen. Sein Blick blieb an einem Bild von Haru hängen. Er lag auf einem weißen Fell, der Hintergrund war himmelblau. Ein kleiner Teddy saß neben seinem Köpfchen. Die junge Frau stand in der Tür und beobachtete wie Takeru sich das Bild von Haru betrachtete. Dabei bemerkte sie was für einen austrainierten Körper er hatte. In seinem Businessoutfit kam das gar nicht so gut zum Vorschein. Heute hatte er eine Jeans und ein T-Shirt an. Diese betonten seine Muskeln enorm. Hikari musste schlucken. Kurz atmete sie tief ein, bevor sie sprach: „Erkennst du deinen Neffen nicht?“ Takeru zuckte zusammen. „Natürlich erkenne ich Haru. Wieso hast du ein Bild von ihm bei dir stehen?“ Sie reichte ihm das Glas Orangensaft, welches er dankend annahm. Hikari musste lächeln. „Das hat mehrere Gründe. Haru ist ein lieber Junge und der Sohn von Sora und Matt. Zwei meiner engsten Freunde. Ich hatte die Fotos für die Geburtskarte aufgenommen. Dies ist eines davon. Der wichtigste Grund für mich ist, dass ich eine seiner Patentanten bin.“ „Matt und Sora hätten keine bessere Wahl treffen können.“ Verlegen schaute sie zur Seite und nuschelte ein kaum hörbares: „Danke dir.“ Er merkte ihre Schüchternheit. „Lass uns essen und dann die Bilder durchschauen.“ „Wann warst du in Nizza?“, fragte Takeru während er sich ein Maki-Sushi nahm. Hikari schluckte ihr Essen runter. „Woher weißt du, dass ich in dort war?“ „Du hast ein Bild von der Altstadt von Nizza auf dem Sideboard stehen.“ Hikaris Gesicht zierte ein leichter Rotschimmer. „Ich hatte ein Jahr vor dem Abschluss an einem Schüleraustauschprogramm teilgenommen. Ich war für ein halbes Jahr dort.“ „Das erklärt einiges“, grinste der Blonde sie an. Die Braunhaarige stutzte. „So wie du grinst wusstest du das schon vorher.“ Takeru schaute verlegen auf seinen Teller. Hikari stöhnte kurz auf: „Das Matt seine Klappe nicht halten kann.“ „Er hat nur gesagt, dass du für ein halbes Jahr dort warst und fließend Französisch sprichst. Wobei ich schon geahnt habe, dass du diese Sprache nicht nur sehr gut verstehst und liest. Warum hast du ein Problem damit diese Sprache zu sprechen?“ „Ganz ehrlich? Ich glaube nicht, dass ich diese Sprache noch sprechen kann. Jedenfalls nicht so wie du. Du hast fast dein ganzes Leben in Frankreich gewohnt.“ „Was man einmal richtig gelernt hat, verlernt man nicht mehr. Das weißt du?“ „So wie Fahrrad fahren oder schwimmen?“ „So ähnlich“, grinste er sie an. Takeru überlegte kurz. Schließlich sprach er sie auf Französisch an: „Was ist passiert? Wovor hast du Angst?“ Hikari sah ihn mit großen Augen an. Sie knapperte unsicher auf ihrer Unterlippe herum. Dann nahm sie all ihren Mut zusammen, bevor sie in der gleichen Sprache antwortete: „Das ist sehr privat.“ „Magst du es mir trotzdem erzählen?“ Sie sah unschlüssig von Takeru zum Fenster und wieder zurück. Er sah, wie sich ein Schleier über ihre Augen legte. Sie schluckte und sprach mit leiser Stimme: „Mein letztes Gespräch in Nizza war kein angenehmes. Ich hatte einen Freund. Er hatte sich am Tag meiner Abreise von mir getrennt.“ „Das tut mir Leid, Hikari.“ Die junge Frau sah Takeru an und schmunzelte. „Muss es nicht. Ja, es hat wehgetan. Ich wusste aber von vornherein, dass eine Fernbeziehung nicht funktionieren kann. Ich hatte gehofft, dass wir uns freundschaftlich trennen und nicht im Streit.“ „Der Streit war dein letztes französisches Gespräch?“ „Nein. Das führe ich jetzt gerade“, kam es schelmisch von Hikari. Takeru musste lachen. „Stimmt und vor unserem Gespräch?“ „Das war vor zwei Jahren. Dabei ist mir der blöde Versprecher unterlaufen. Das war nachdem ich deine Schwester kennengelernt hatte. Seitdem meide ich es französisch zu sprechen.“ „Warum? Du sprichst ausgezeichnet Französisch.“ „Bist du dir sicher?“ Er nickte. „Sonst würde ich es nicht sagen.“ Es legte sich ein Rotschimmer auf ihre Wangen. Sie fing an den Tisch abzuräumen. Takeru half ihr und schnell war das Geschirr im Geschirrspüler verstaut. „Was ist mit dir? Warum lässt du keine Nähe zu?“, fragte sie in ihrer Muttersprach nach. Dabei hob sie den Kopf und sah direkt in die blauen Augen ihres Gesprächspartners. „Das ist eine lange Geschichte“, erwiderte er in derselben Sprache. „Lass uns in die Wohnstube gehen. Magst du erzählen, was passiert ist?“ Takeru nahm auf der Couch Platz und überlegte kurz. Schließlich fand er den Mut zu sprechen: „Absolute Kurzfassung: Ich war vierzehn, als ich mit Chloé zusammen kam. Nach fünf Jahren hatten wir beide unser Studium begonnen. Sie in Marseille. Ich in Paris. Wir entschlossen uns eine Fernbeziehung zu führen. Kurz bevor ich nach Tokio gezogen bin, hatte ich mich nach fast neun Jahren Beziehung von ihr getrennt.“ Der Blonde war über sich selbst überrascht, wie ruhig er über diese Thema sprechen konnte. „Warum?“ „Die Treue war ihr nicht wichtig. Das hatte mich sehr verletzt. Heute bin ich darüber hinweg. Soll sie mit ihrem Alain glücklich werden.“ „Das ist die richtige Einstellung“, grinste sie ihren Vorgesetzten an. Takeru zuckte kurz zusammen, als er eine Bewegung an seinem Bein bemerkte. Kurze Zeit später saß ein rot-weißer Kater auf seinem Schoß und rollte sich darauf ein. Gedankenverloren fing er an, das Tier hinter den Ohren zu kraulen. Schnell fing das Fellknäuel an zu schnurren. Hikari hatte die Szene mit offenem Mund beobachtet. „Patamon scheint dich zu mögen. Normalerweise zeigt er sich Fremden nicht, oder lässt sich von denen streicheln. Falls er dich stört sag mir Bescheid. Ich setzte ihn dann auf den Boden.“ „Nein. Er stört nicht.“ Sie schaltete den Fernseher und den DVD Player an. „Bei den privaten Fotos werde ich schnell umschalten.“ Takeru nickte. Hikari hatte in der rechten Hand einen Stift und in der linken Hand die Fernbedienung. „Ich kann dir nicht versprechen, dass du die Bilder findest, die du suchst“, kam es verlegen von ihr. „Du wirst die passenden Aufnahmen haben.“ Sie seufzte auf: „Am besten, du sagst welche Bilder deiner Meinung zum Thema passen. Ich schreibe mir die Bildnummer auf. Morgen schaue ich mir diese im Büro in aller Ruhe an und überarbeite die Aufnahmen gegeben Falls. Du müsstest die Fotos spätestens Donnerstagvormittag vorliegen haben. Reicht die Zeit aus?“ „Das reicht vollkommen. Der Text steht. Deine Bilder von heute habe ich schon in das Layout eingefügt.“ Hikari grinste ihn auf einmal an. „Was ist los?“ „Hey Chef, gilt das eigentlich als Arbeitszeit?“ Takerus Lachen erklang. Patamon war davon gar nicht begeistert und trat den Rückzug an. „Frau Yagami, so wie sie gekleidet sind, entspricht es nicht der Kleiderordnung des Verlages. Daher kann ich ihren Einsatz leider nicht als Arbeitszeit werten.“ „Sie sind gemein, Herr Takaishi. Sie wollten etwas von mir.“ Takeru entging die Doppeldeutigkeit nicht. „Sicher, dass ich etwas von dir will?“ Hikaris Gesicht nahm die Farbe einer überreifen Tomate an. „Ich spreche von den Fotos. Das ist dir klar?“ „Schade.“ „Lass uns die Aufnahmen anschauen.“ „Na gut. Ich werte das im Übrigen als Arbeitszeit.“ „Musst du nicht.“ „Mache ich aber. Du solltest dich in die Arbeitszeiterfassung einloggen, sonst ist es keine Arbeitszeit. Ich habe es schon getan.“ Hikari holte ihr Diensthandy raus und loggte sich ein. „Was sagt dein Vater dazu?“ „Was soll er sagen? Wir arbeiten doch.“ „Es sind private Fotos.“ Er verdrehte die Augen. „Die keine privaten Fotos sind, wenn sie veröffentlicht werden. Hiroaki ist froh, wenn wir überhaupt Bilder von Paris haben.“ „Warte! Kannst du das vorherige Foto nochmal aufrufen?“ „Klar. Was ist damit?“ „Ich kenne das Bild.“ „Das kann nicht sein. Es wurde nie veröffentlicht.“ Takeru sortierte seine Gedanken. „Doch, es kommt mir bekannt vor. Ich habe es schon öfters gesehen. Der Blick auf den ‚Place de la Concorde‘ wurde von den Tuilerin aus aufgenommen. Der ‚Obelisk von Luxor‘ ist mit auf dem Bild.“ Plötzlich fiel ihm wieder ein woher er das Foto kannte. „Ich wage einen Vorstoß: Diese Aufnahme ist nicht von dir. Du hast einen anderen Stil.“ Erstaunt sah Hikari zu Takeru rüber. „Stimmt. Das Foto hat -“ „Darf ich raten?“ Sie nickte. „Louisa hat das Foto aufgenommen." "Richtig", kam es erstaunt von seiner Gesprächspartnerin. "Woher -" "Genau dasselbe hängt nämlich in ihrem Zimmer. Ich wusste gar nicht, dass sie so gut fotografieren kann.“ „Ich hatte den geeigneten Platz gesucht, ihr gesagt, worauf sie achten muss, den Rest hat deine Schwester gemacht …“, Hikari deutete auf das Bild auf ihrem Fernseher, „… diese Aufnahme ist dabei herausgekommen. Ich hatte es ausgedruckt, damit Louisa sieht wie toll sie das Foto in Szene gesetzt hatte.“ „Das Bild ist wunderschön. Können wir das Foto mit in die Auswahl nehmen?“ „Nein. Ich habe diese Aufnahme nicht gemacht. Streng genommen ist Louisa die Eigentümerin dieses Bildes. Daher müsstest du sie fragen, ob sie dir erlaubt, es zu veröffentlichen.“ „Das sollte kein Problem sein. Schreibst du die Nummer bitte auf? Ich werde mit meiner Schwester sprechen.“ „Kann ich machen. Ich vertraue dir. Wenn du es nicht machst kann ich in Teufelsküche kommen. Das ist dir klar?“ Takeru schmunzelte. „Natürlich ist mir das bewusst. Ich würde auch riesen Ärger bekommen, da mein Name, neben deinem, unter der Kampagne steht. Ich bin nämlich der Hauptverantwortliche und dazu verpflichtet die Quellen zu prüfen.“ „Na dann kann nichts schief gehen. Außer, dass unsere Karrieren den Bach runtergehen würden“, lachte Hikari auf. „Darauf habe ich keine Lust“, kam es trocken von ihrem Gesprächspartner. „Ich auch nicht.“ Kapitel 14: Eine einfach verwirrende Erklärung ---------------------------------------------- Zweieinhalb Stunden später ließ sich Hikari erschöpft in die Kissen ihrer Couch fallen. „Ich werde nie wieder so viele Fotos von einem Urlaub machen, der nur eine Woche gedauert hat.“ Takeru lacht auf. „Das glaubst du selber nicht, oder? Bei unserem Nachmittag im Park hast mindestens hundert Fotos aufgenommen.“ „Gut geschätzt. Es waren hundertachtzig“, kam es verlegen von der Fotografin. „Wieso wolltest du eigentlich das Bild von Napoleons Krypta mit in der engeren Auswahl haben? Die Lichtverhältnisse sind nicht die besten gewesen. Außerdem sieht die Krypta aus, als wäre der werte König der Franzosen mit seinem Pferd bestattet.“ Takeru musste herzhaft lachen. Irritiert schaute sie ihn an. „Habe ich etwas Falsches gesagt?“ „Ja, das hast du. Napoleon war der Kaiser der Franzosen. Deshalb musste ich aber nicht lachen. Wie kommst du auf die Idee, dass er mit seinem Pferd bestattet wurde?“ „Du kennst seine Krypta?“ „Natürlich. Ich habe den Invaliden Dom nicht nur einmal besucht.“ „Dann weißt du wie groß und unförmig diese aussieht?“ „Ja, und diese steht praktisch unter der Kuppel des Doms.“ „War der Kaiser der Franzosen …“, sie grinste ihn herausfordernd an, „… so ein Riese?“ Er erwiderte ihr Grinsen. „Nein, auf den Bildern schaut Kaiser Bonaparte relativ klein aus. Außerdem wurde er auf der Insel Saint Helena beigesetzt. Seine Überführung nach Paris war viel später. Ganz sicher ohne Pferd. Ich glaube es sollte einfach nur geprotzt werden. Um auf deine Frage zurückzukommen: Es passt zur Geschichte Frankreichs. Genau wie du auf das Foto von dem Gedenkstein von Taniki bestanden hast.“ Verständnislos sah Hikari Takeru an. „Von wen?“ „Der Kartograph.“ Die Braunhaarige lachte. „Du meinst Tadataka.“ „Wenn du das sagst wird es wohl stimmen.“ Das Lachen der Beiden erhellte den Raum. „Ich werde morgen die Aufnahmen durchschauen und bearbeiten. Danach kannst du die endgültige Entscheidung treffen, welche Fotos du in deiner Kampagne haben möchtest. Denke daran, dass du Louisas Einverständnis noch brauchst. Du kannst ihr sagen, dass ich nichts an dem Bild ändern werde.“ „Hört sich gut an. Du brauchst keine Angst haben, ich werde das Gespräch mit Louisa nicht vergessen. Danke, für deine Hilfe.“ „Gerne. Ich bin aber nicht vollständig mit der Qualität der Bilder zufrieden.“ „Warum das denn? Du hast überhaupt keinen Grund unzufrieden zu sein.“ „Du weißt hoffentlich, dass ich als Fotografin ganz andere Aufnahmen abgeliefert hätte?“ „Sicher weiß ich das. Deine Bilder sind traumhaft. Sie passen perfekt in das Layout. Mache dir nicht so viele Gedanken.“ „Dankeschön“, kam es leise von seiner Gesprächspartnerin. Wieder einmal zierte ein leichter Rotschimmer ihr Gesicht. Takeru und Hikari waren sich einig, dass sie den Abend noch nicht ausklingen lassen wollten. Beide fühlten sich in der Nähe des anderen wohl und genossen diese. Schnell war der berufliche Teil beiseitegeschoben und sie unterhielten sich über private Dinge. Warum es so gekommen war konnten sich weder Takeru noch Hikari erklären. Lachend kam Hikari aus der Küche und hielt eine Karaffe mit Orangensaft in der einen Hand und zwei saubere Gläser in der anderen sie stellte die Gegenstände auf den Tisch. „Das ist wirklich so passiert?“, fragte sie lachend nach. Takeru sah sie grinsend an. „Ich schwöre. Die Puppe flog in hohen Bogen durch den Supermarkt. Es gab einen riesen Knall, die Dosenpyramide ist in sich zusammengefallen und hatten sich im gesamten Markt verteilt. Meiner Mutter war das ganze peinlich. Ihr Gesicht hatte einen sehr tiefen Rotton angenommen. Matéo - ihr Mann - war gelassen und hatte die Dosen wieder eingesammelt, während ich die Puppe gesucht hatte. Louisa hatte erst aufgehört zu weinen, als ich ihr ihre Puppe wiedergeben hatte.“ Hikari wischte sich eine Lachträne aus dem Gesicht. „Lass mich raten: Es war ihre Lieblingspuppe.“ Takeru lachte und nickte mit dem Kopf. Er nahm sich ein Glas und goss sich Saft ein. „Hast du eigentlich einen Freund?“ Hikari sah ihn mit großen Augen an. „Wieso interessiert dich das?“ „Nur so.“ „Klasse Antwort. Nein, ich habe keinen Freund. Nur einen Partner. Wie sieht es bei dir aus?“ „Ich bin Single. Wie meinst du das, dass du einen Partner hast?“ Die Braunhaarige lachte. „Du bist heute ganz schön neugierig. Das ich einen Partner habe hängt mit meinem Hobby zusammen.“ Verständnislos sah der Blonde seine Gesprächspartnerin an. Bevor er nachfragen konnte erzählte sie weiter: „Ich liebe den Tanz. Egal ob Ballett, Standard, Lateinamerikanisch oder Improvisation Tanz. Mein Partner, beziehungsweise mein Tanzpartner, und ich tanzen in der Regionalen Amateur Liga. Wir haben uns auf die lateinamerikanischen Tänze konzentriert.“ Takeru sah sie mit bewunderten Augen an. Dass sie sportlich war, konnte er sich schon nach ihrem ersten Aufeinandertreffen im Park denken. Als sie ihm heute die Tür geöffnet hatte, musste er erstmal einen Kloß runterschlucken, als er sie in ihrem luftigen Sommerkleid sah. Die trainierten Muskeln an Armen und Beinen waren ihm, trotz ihrer zierlichen Gestalt, sofort aufgefallen. Die weiblichen Rundungen waren auch nicht zu übersehen. „Was meinst du mit lateinamerikanischen Tänzen? Ich kenne mich auf dem Gebiet überhaupt nicht aus.“ „Die lateinamerikanischen Turniertänze setzten sich aus Samba, Rumba, Cha-Cha-Cha, Paso Doble und Jive zusammen. Sonst gibt es noch Salsa, Merengue, Mambo und argentinischen Tango.“ Takerus Augen weiteten sich. „Diese Tänze kannst du alle tanzen?“ Hikari lachte auf. „Nicht nur diese, auch die Standardtänze kann ich tanzen.“ „Und die wären?“ „Langsamer Walzer, Wiener Walzer, Tango, Quickstepp und Slowfox. Wobei sich Quickstepp und Slowfox aus dem Foxtrott weiterentwickelt haben.“ „Das tanzt du alles mit einem Partner?“ Seine Gesprächspartnerin lachte. „Richtig. Nur ein Tanzpartner.“ „Warum habt ihr euch auf die lateinamerikanischen Tänze spezialisiert?“ „Die Standardtänze habe eine feste Schrittfolge. Alles wirkt so steif, da man fast immer in einer geschlossen Tanzhaltung tanzt. Der Herr gibt die Richtung vor und die Dame folgt. Die lateinamerikanischen Tänze wirken lebendiger. Das tanzen macht vielmehr Spaß, da man in geschlossener und offener Tanzhaltung tanzen kann. Dadurch kann das Tanzpaar eine Geschichte erzählen, beziehungsweise tanzen. Das liegt meinem Tanzpartner und mir besser, als die konkreten Vorgaben im Standardbereich. Unsere Brüder meinten mal, dass wir auf der Tanzfläche andere Menschen sind. Keine Ahnung, wie die Beiden das meinten.“ „Jetzt hast du mich neugierig gemacht.“ Takeru schenkte ihr einen sehr intensiven Blick. Sie brach den Blickkontakt ab und schaute verlegen zur Seite. „Habe ich dich richtig verstanden? Du hast einen Partner mit dem du nicht liiert bist?“ „Richtig, weil er mein Tanzpartner ist. Mehr nicht.“ Hikari musste sich ein Lachen verkneifen. Takerus Blick sagte ihr, dass er das noch nicht verstanden hatte. Sie versuchte eine erneute Erklärung: „Nur weil ich einen festen Tanzpartner habe, heißt das noch lange nicht, dass ich eine Beziehung mit ihm führe. Wir sind nur ein Tanzpaar. Matt ist auch nicht mit jeder Duett Partnerin zusammen.“ „Okay, ich habe es verstanden. Tanzen ja, der Rest nein.“ Hikari lachte auf. „So kann man es auch sehen.“ Takeru musste schmunzeln. „Das nennt man Männerlogik.“ Skeptisch betrachtete sie ihren Gesprächspartner. „Männerlogik auf Neandertalerniveau. Das ist dir klar?“ „Ist doch egal. Hauptsache ich habe es verstanden.“ „Da hast du auch wieder Recht.“ Beide mussten Lachen. „Wolltest du professionelle Tänzerin werden?“ „Nein, ich wollte immer Fotografin oder Erzieherin werden. Tanzen war schon immer ein Hobby von mir. Ich habe einfach nur Spaß am Tanzen, das ist alles. Was für eine Sportart betreibst du?“ „Wie kommst du darauf, dass ich welchen betreibe?“ Sie verdrehte die Augen. „Ich dachte dieses Spiel ist vorbei.“ „Ich kann dir gerade nicht folgen.“ Genervt stöhnte die junge Frau auf. „Kannst du dich noch an das Gespräch vor dem Aufzug in Matts Wohnkomplex erinnern? Da habe ich schon festgestellt, dass du eine Sportskanone bist. Also: Was ist jetzt?“ Takeru musste kurz lachen. „An das Rumgezicke kann ich mich noch gut erinnern.“ „Werde nicht frech. Ich hatte nur rumgezickt, weil du so unfreundlich und arrogant warst. Außerdem, was ist so schlimm daran, mir zusagen, welchen Sport du ausübst.“ „Da hast du auch wieder Recht. Ich spiele Basketball. Jean, mein bester Freund aus Paris, hat mich schon in der NBA spielen gesehen. Ich hatte ihm die gleiche Antwort, wie du eben, geben. Basketball ist ein Hobby und wird es immer bleiben. Ich versuche dreimal die Woche in das Sportzentrum in der Nähe des Odaiba Parks zu gehen“, lächelte Takeru. „Ist ja lustig. Dort trainieren Ken und ich auch.“ „Zufälle gibt es“, kam es nachdenklich von ihrem Gesprächspartner. „Wer ist Ken?“ Hikari stöhnte kurz auf. „Was ist? Woher soll ich wissen, wer er ist?“ „Ötzi lässt grüßen.“ „Erst Ken, jetzt Ötzi. Kannst du so sprechen, dass ich dich verstehen kann?“, kam es verständnislos von ihm. „Ich dachte bei dem Wort ‚trainieren‘ in Zusammenhang mit dem Sportzentrum kommt der Geistesblitz.“ Takeru dachte kurz nach. „Was hat eine Eis Mumie mit dem Sportzentrum zu tun?“ „Ken ist mein Partner.“ „Ötzi heißt Ken?“ Der Blonde sah seine Gesprächspartnerin irritiert an. „Woher sollte ich wissen wie dieses Fossil heißt? Ich kenne den nur als Ötzi.“ „Streng genommen ist Ötzi kein Fossil. Wer ist Ken?“ „Mir egal, alles was älter als hundert Jahre ist, ist in meinen Augen ein Fossil.“ „Ken ist über hundert Jahre?“ „Was? Nein! Er ist vierundzwanzig Jahre alt und mein Partner.“ „Ich denke du hast keinen Partner.“ „Das darf nicht wahr sein!“, stöhnte Hikari verzweifelt auf. „Hast du zugehört was ich gesagt habe?“ „Willst du wirklich eine Zusammenfassung haben?“ „Ich glaube ich verzichte freiwillig. Noch einmal: Ken ist mein Tanzpartner.“ „Hättest du Tanzpartner gesagt, hätte ich es auch verstanden.“ „Ach, ich vergaß: Die Männerlogik - die kann eindeutig nicht mit der Frauenlogik mithalten.“ „Frauenlogik ist ein Buch mit sieben Siegeln. Manchmal denke ich, dass selbst ihr Frauen euch nicht versteht.“ „Das deine Männerlogik nicht funktioniert, hast du gerade eindrucksvoll bewiesen.“ „Hältst du mich für unterbelichtet?“ Verwirrt schaute Hikari ihren Gesprächspartner in die Augen. „Warum sollte ich das machen?“ Takeru kam nicht dazu zu antworten, da sie plötzlich laut lachen musste. „Irgendwie ist der heutige Abend zu hoch für mich und das ohne Alkohol. So verwirrt war ich schon lange nicht mehr. Darf ich fragen warum du lachst?“ Hikari versuchte sich zu beruhigen. Als sie sich wieder im Griff hatte antwortete sie: „Ich habe mir gerade vorgestellt wie ich mit dem Eisklotz tanze. Außer Schüttelfrost meinerseits wäre wohl nicht viel passiert.“ Danach fing sie wieder an zu lachen, diesmal stimmte Takeru auch mit ein. „Das nennt man dann Stehblues.“ Sie musste sich eine Lachträne aus dem Gesicht wischen. „Hör auf, ich bekomme sonst noch mehr Bauchschmerzen“, japste sie nach Luft. „Du hast angefangen. Schon vergessen?“ „Das glaube ich nicht. Hättest du gleich verstanden wer Ken ist, hätte ich gar nicht mit Ötzi angefangen.“ „Dazu hättest du dich verständlicher ausdrücken müssen.“ „Womit wir wieder bei der Männerlogik wären“, grinste Hikari. „Ich glaube wir drehen uns im Kreis.“ „Merke dir einfach: Ken ist mein Tanzpartner, auch wenn ich Partner sage, mehr nicht. Okay?“ „Jetzt schon.“ „Da fällt mir ein: Wir haben bald einen öffentlichen Tanzabend von der Tanzschule in der ich trainiere. Matt, Sora, mein Bruder Tai und seine Frau Mimi werden auch dort sein. Willst du auch kommen?“ Takeru dachte kurz nach. „Wann wäre das denn?“ „Diesen Samstag. Beginn ist um neunzehn Uhr.“ „Das passt. Soll ich dich abholen?“ „Gerne. Kannst du überhaupt tanzen?“ „Mit dir werde ich nicht mithalten können. Disco Fox, Walzer und Jive bekomme ich hin“, grinste er sie an. „Bei den Tanzabenden geht es darum, dass alle ihren Spaß haben.“ „Ich freue mich schon, dich tanzen zu sehen.“ „Erwarte nur nicht zu viel. Ken und ich sind auch nicht viel besser, als die anderen.“ „So wie ich dich kennen gelernt habe, spielst du deine Fähigkeiten mal wieder runter. Ich nehme mal an, dass machst du, weil du denkst deine Mitmenschen zu enttäuschen. Was du bei mir nicht so schnell schaffen wirst.“ Takeru schaute auf seine Uhr. „Ich sollte langsam nach Hause. Nicht das du morgen Ärger mit deinem Chef bekommst, weil du verschlafen hast.“ „Ich habe gehört, dass er ein ganz schöner Griesgram sein kann.“ Er lachte. „Da ich das gleiche gehört habe muss etwas Wahres an dem Gerücht sein.“ Beide gingen zur Wohnungstür. Takeru schlüpfte in seine Schuhe und zog sich seine Jacke über. Kurz überlegte er, wie er sich von Hikari verabschieden sollte. Schließlich reichte er ihr seine Hand zur Verabschiedung. Kapitel 15: Schlaflos --------------------- Takeru ging in Gedanken versunken die dunkeln Straßen Tokios entlang. Dieser Abend brachte ihn ein wenig durcheinander. Als Hikari die Tür öffnete verschlug es ihm die Sprache. Er kam nicht umher sie eingehend zu mustern. Das lindgrüne Kleid passte sich ihren Rundungen perfekten an. Es gab ihren langen Beinen genug Spielraum um diese sehr gut in Szene zu setzen. Ihre braunen Haare hatte sie offen gelassen. Eine kleine Spange hielt ihr eine lästige Haarsträhne aus dem Gesicht. Es war die gleiche Frisur, wie auf dem Bewerbungsfoto und doch sah sie ganz anderes aus. Ihre Augen dezent geschminkt und Rouge zierte ganz zart ihre Wangen. Ihre Lippen glänzten leicht von ihrem roséfarbenen Lipgloss. Als sie ohne Straßenschuhe vor ihm stand fiel ihm das erste Mal auf, wie zierlich Hikari war. Sie reichte ihm gerade so bis zur Schulter. Im Berufsalltag hatte sie immer Schuhe mit Absatz an, daher hatte er ihre Körpergröße falsch eingeschätzt. Seine Augen blieben wieder einmal an ihren bernsteinfarbenen Augen hängen. Als sie ihn anlächelte musst Takeru erst einmal hart schlucken und sich leise räuspern, weil er seiner eigenen Stimme nicht traute. Es dauerte einen Moment, bis er sich sicher war, nicht wie ein Teenager im Stimmenbruch zu klingen. Der Abend war für Takeru eine emotionale Achterbahnfahrt. Hikari hatte viele Bilder von seinen Lieblingsplätzen in Paris gemacht. Egal, ob es der Arc de Triomphe, der Blick über Paris vom Hügel Montmartres, Sacré-Cœur, die Tuilerien, das Panthéon oder der Eiffelturm waren, bei dem jungen Mann wurden viele Erinnerungen wach. Als er schließlich das Foto sah, welches seine Schwester aufgenommen hatte, musste er schmunzeln. Louisa und er hatten sich oft in den Tuilerien unterhalten. Die Beiden liebten diesen Garten. Dieser bot Ruhe, obwohl meistens sehr viele Menschen anwesend waren. Auf Grund seiner Anordnung fand man meistens ein Plätzchen, wo man sich ungestört unterhalten konnte. Was die Geschwister am meisten beeindruckte war die Tatsache, dass man der Symmetrie von Paris sehr gut folgen konnte. Das Foto von der Pont des Arts ließ kurz einen bitteren Beigeschmack in ihm aufkommen. Chloé und er hatten an dieser berühmten Brücke ein Schloss angebracht. Chloé fiel damals das Schloss aus der Hand, als sie dieses an ihren ausgewählten Platz anbringen wollten. Die Pariser sagen, dass dies ein schlechtes Zeichen für die Beziehung ist. Damals wollte Takeru es nicht glauben - Jahre später hatte er die Beziehung beendet. In dieser Erinnerung gefangen fragte der Blonde, ob Hikari einen Freund hat. Kaum hatte er diese Frage gestellt, bereute er diese schon. Ihre erstaunten Augen bohrten sich praktisch in seine. Er hatte Angst, mit seiner Frage zu weit gegangen zu sein. Umso mehr freute er sich, dass sie ihm eine Antwort gab. Er hatte seine Wohnung erreicht. Schnell zog er sich seine Schuhe und Jacke aus und stellte beziehungsweise hängte diese an den dafür vorgesehen Platz. Sein Weg ging direkt in die Küche um sich ein Glas Wasser zu holen. Danach ging er in die Wohnstube und schaltete sein Laptop ein. Ein leises Lachen erklang, als Takeru daran dachte, wie Hikari ihm von ihrem Tanzpartner erzählt hatte. ‚Gut, ein Tanzpartner ist nicht der Partner.‘ Trotzdem kam in dem jungen Mann die pure Galle hoch, wenn er daran dachte, dass ein anderer Mann sie berührte. Tanzen war keine Sportart in dem es wenig Körperkontakt gab. Bevor er weiter über sein Gefühlsleben philosophieren konnte erregte sein Laptop seine Aufmerksamkeit. Takeru grinste, als er auf das Symbol drückte. Schnell war eine Verbindung nach Paris aufgebaut. „Hey Jean, du altes Haus!“ „Hallo Takeru. Wieso altes Haus? Du bist der Ältere von uns beiden, schon vergessen?“ „Es sind nur zwei Monate, also spiel dich nicht als Jungspund auf. Wie geht es dir?“ „Trotzdem bist du der alte Sack von uns beiden“, grinste Jean in die Kamera. „Mir geht es blendend. Dir scheint es besser zu gehen. Jedenfalls sieht du besser aus, als ich dich in Erinnerung habe.“ „Ich habe mit der Vergangenheit abgeschlossen und bin dabei mich richtig in Tokio einzuleben“, kam die Antwort von Takeru. Jean verzog sein Gesicht. „Was hast du? Ist dir dein Hund auf den Fuß getreten?“ „Blödsinn. Ich frage mich nur, warum du immer einen Bogen um den Namen meiner Schwester machst. Seit eurer Trennung habe ich dich nicht einmal ihren Namen aussprechen hören.“ Takeru lächelte in die Kamera. „Das ist mir nie aufgefallen. Entschuldige. Ich habe mich endgültig von der gemeinsamen Vergangenheit von Chloé und mir gelöst. Ich habe erkannt, dass wir unsere gemeinsame Zukunft beide an die Wand gefahren haben, als wir angefangen hatten zu studieren. Wäre Chloé glücklich in unserer Beziehung gewesen, hätte sie nie etwas mit Alain angefangen. Ich wünsche ihr, dass sie glücklich ist.“ „Wow! Tokio scheint dir gut zu tun. Ich hätte nicht gedacht, dass du irgendwann mal nette Worte für Chloé übrig hast.“ „Geh nicht zu weit, Jean. Freunde werden Chloé und ich nicht mehr. Verstanden?“ „Ja klar. Der Zaunpfahl war groß genug, den du mir gerade verbal um die Ohren gehauen hast. „Schön, dass wir mit diesem Thema jetzt für immer abgeschlossen haben. Und: Ja, Tokio tut mir gut.“ „Steckt eine Frau dahinter“ „Was? Wie kommst du darauf?“ „Du nennst Chloé beim Namen. Du hast eine neues zu Hause in Tokio gefunden. Deine Augen strahlen. Du wirkst, fröhlicher -“ „Schon gut. Ich habe dich verstanden. Ich muss dich leider enttäuschen: Keine Frau. Ich habe nur eine Urlaubsbekanntschaft von Louisa gefunden.“ „Lebt er noch?“ „Wieso kommst du auf einen Mann, wenn ich Urlaubsbekanntschaft sage. Sage mir jetzt bitte nicht, dass meine Schwester verliebt ist.“ „Louisa ist fünfzehn Jahre, das sagt alles. Warte, wir reden von deiner Schwester …“, Jean grinste bevor er weitersprach: „…, es gibt einen Mann in ihrem Leben, der ihr sehr wichtig ist.“ „Verarscht du mich gerade?“ „Was meinst du?“, kam die freche Antwort von Jean. „Meine Laune geht gerade den Bach runter, also übertreibe es nicht“, warnte der blonde Mann. „Okay, ich habe dich verstanden. Louisa liebt nur ein paar Sachen: Sprachen, Geschichte und dich.“ „Wenn ich könnte, wie ich wollte würde ich dir jetzt eine reinhauen.“ „Wer ist jetzt die Urlaubsbekanntschaft von ihr?“ Takeru erzählte seinem besten Freund, was sich in den letzten Tagen ereignet hatte. Jean hörte aufmerksam zu, als der Blonde geendet hatte. Jean grinste bis über beide Ohren. „Die Welt ist ein Dorf. Du bist dir sicher, dass dieses Mädchen nicht hinter deiner guten Laune steckt?“ „Sie ist kein Mädchen, sondern eine junge attraktive Frau.“ „Okay, lassen wir das Thema. Kommen wir zu etwas anderem: Louisa und ich landen diesen Sonntag um 14:30 Uhr Ortszeit.“ „Alles klar. Matt und ich werden euch abholen. Matt freut sich schon sehr auf seine Schwester. Er möchte sie gerne gesund und munter in seine Arme schließen. Das gleiche gilt auch für mich. Ich soll dir noch liebe Grüße von meinem Bruder ausrichten. Du sollst deine Finger von Louisa lassen. Sonst wirst du deines Lebens nicht mehr froh.“ „Das gibt es nicht …“, stöhnte Jean auf. „… noch ein Bruder mit übertriebenem Beschützerinstinkt. Das hat mir gerade noch gefehlt. Richte deinem Bruder aus: Danke, für die lieben Worte. Ich bin in meiner Beziehung sehr glücklich und die Glückliche ist nicht eure Schwester.“ „Ich weiß dass Jean. Du solltest nur deutlich und vor allem langsamer sprechen als gewöhnlich. Sonst kann das für Verwirrung sorgen. Matt spricht zwar Französisch, kann uns beiden und Louisa wahrscheinlich nicht in dem Tempo in dem wir sprechen folgen. Daher ist bei dem Namen der Mädels Vorsicht geboten. Nicht das aus deiner Freundin Lisa meine Schwester Louisa wird. Dann kannst du dich warm anziehen und ich habe ein schönes Schauspiel, welches mir geboten wird.“ Takeru grinste diabolisch vor sich hin. „Seit wann bist du sadistisch veranlagt?“ „Das werde ich immer, wenn ich übermüdet bin.“ „Ich habe mal wieder die Zeitverschiebung nicht beachtet.“ Takeru nickt. „Wenn wir jetzt nicht bald das Gespräch beenden kann ich ohne zu schlafen gleich zur Arbeit gehen.“ „Oh pardon.“ „Schon gut. Wir sehen uns Sonntag. Grüße Louisa und Lisa von mir. Gute Nacht. Oder besser gesagt: Schönen Nachmittag.“ Mit diesen Worten schloss Takeru seinen Laptop und machte sich bettfertig. Er wälzte sich schon eine Stunde von der einen Seite auf die Andere. An Schlaf war nicht zu denken. An diesen Zustand hatte sein bester Freund Schuld. Jetzt spukten wieder ihre bernsteinfarbenen Augen in seinem Hirn rum. ‚Wieso musste er mich auch nach einem weiblichen Wesen in meinem Leben fragen? Wir hatten einen sehr schönen Abend. Mehr nicht. Himmel noch mal, wie soll man bei diesen Augen einschlafen?‘ Takeru schaute auf seinen Wecker. Genervt stöhnt er auf. In vier Stunden musste er aufstehen und hatte noch keine Sekunde geschlafen. Der junge Mann schob seine Beine über die Bettkante und stand auf. Er ging auf das Fenster zu und öffnete dieses. Vielleicht würde frische Luft beim Einschlafen helfen. Kurz musste er lächeln. Seine Mutter hatte ihm immer heiße Milch mit Honig gemacht, wenn er nicht einschlafen konnte. Auf dieses Hausmittel musste er diese Nacht verzichten. Er hatte keinen Honig im Haus. Es gab eine Zeit, da hatte ihm eine Zigarette geholfen abzuschalten. Diese Option fiel aus verschiedenen Gründen sofort flach. Er hatte genauso viele Zigaretten im Haus wie er Honig da hatte - nämlich gar keine. Louisa hatte er einen Vortrag gehalten, als er sie beim Rauchen erwischt hatte. Seine Argumentation fiel wie ein Kartenhaus in sich zusammen, als seine Schwester ihn darauf aufmerksam machte, dass er dasselbe Laster hatte. Takeru meinte damals er sei älter als sie und wüsste was er tat. Louisas Standpunkt war: Sie lässt sich das Rauchen nicht von einem Raucher verbieten. So hatten die Geschwister beschlossen gleichzeitig auf zuhören. Als Takeru nach Tokio zog hatten sie sich geschworen nicht wieder mit dem Rauchen anzufangen. Schäfchen zählen war ihm schon immer zu blöd. Er hatte das Gefühl dadurch wacher zu werden, da er sich konzentrierte, sich nicht zu verzählen. Ein Buch lesen - darauf hatte er keine Lust. Der junge Mann blickte aus dem Fenster. Tokio bei Nacht war schön. Es war nie richtig dunkel. Überall waren Leuchtreklamen angebracht, Straßenlaternen die den Weg Licht spendeten. Vereinzelt war in den Wohnungen Licht eingeschaltet. Takeru merkte eine gewisse Bettschwere. Das war ein guter Versuche es mit dem Einschlafen zu versuchen. Müde ging er wieder zu seinem Bett und kuschelte sich in die weichen Federn. Der Blick auf den Wecker verhieß nichts Gutes. Der Blonde drehte dem Höllending, welches sich Wecker schimpfte, den Rücken zu, schloss seine Augen und war kurze Zeit später im Land der Träume angekommen. Kapitel 16: Nachdenklich ------------------------ Nachdem sich Hikari von Takeru verabschiedet hatte ging sie in die Wohnstube. Sie setzte sich auf die Couch, nahm sich ihre Kuscheldecke, die immer auf der Lehne der Couch lag, und legte diese über ihre Beine. Kurze Zeit später war Gatomon auf ihrem Schoß und wollte gestreichelt werden. Verträumt schaute sie aus dem Fenster, dabei ließ sie den Abend Revue passieren. An diesen Abend hatte Hikari nichts mehr von dem ‚eingebildeten Fatzke‘ in Takeru gefunden, den er im Park verkörpert hatte. Seine ernste und starre Mimik war einem aufgeschlossenen und neugierigen Gesichtsausdruck gewichen. Die Arroganz hatte sich in ein freundliches und respektvolles Wesen verwandelt. Die Ignoranz ihr gegenüber war verschwunden. Das aufgesetzte Lächeln war zu einem aufrechten Lachen geworden. Seine Augen spiegelten seine neu gewonnene Lebensfreude wieder. Selbst seine Stimme hatte einen angenehmeren Klang. Hikari kam es fast so vor, als wenn sie zwei verschiedene Menschen kennengelernt hatte. Als Takeru vor ihr stand kam Hikari sich, mal wieder, winzig vor. Sie musste sich fast den Hals ausrenken, um ihn in seine Augen sehen zu können. Kurz fragte sie sich, warum sie sich Gedanken über seine Körpergröße machte. Immerhin waren Taichi, Yamato und Ken auch nicht gerade kleine Männer. Um beim Tanzen den Größenunterschied zwischen Ken und ihr zu kaschieren musste Hikari Tanzschuhe tragen die einem High Heel Konkurrenz machten. Der Gedanke über ihre Körpergröße wurde von einer anderen Erinnerung verdrängt. Ein Rotschimmer zierte ihr Gesicht, als sie an sein Lächeln dachte. Es bildeten sich immer kleine Grübchen an den Wangen. Seine Augen wurden durch kleinen Lachfältchen noch mehr betont. Schnell verbannte sie den Gedanken über sein Lächeln wieder aus ihrem Hirn. Ihr kam das Gespräch über Nizza wieder in den Sinn. Sie überlegte kurz, ob sie Yamato einen Kopf kürzer machen sollte oder nicht, da er sich - ohne ihr Wissen - mit seinem Bruder über sie unterhalten hatte. Sie kam letztendlich zu dem Schluss es bleiben zu lassen. Die Erklärung von Takeru hatte ihr gezeigt, dass er sie, als sie sich seine Kampagne durchgelesen hatte, sowieso durchschaut hatte. Yamato hatte nur das fehlende Puzzleteil ersetzt. Hikari seufzte kurz auf, als sie an die Zeit in Nizza dachte. Es war eine wunderschöne Zeit gewesen. Sie hatte viel gesehen, gelernt und sich in ihren Gastbruder verliebt. Die Beiden hatten anfangs eine schöne Zeit miteinander. Je dichter der Abschied kam, desto mehr Probleme tauchten auf. Es waren nicht nur die kulturellen Unterschiede. Sie wollte Klarheit über ihre gemeinsame Zukunft haben. Er wollte nur im Hier und Jetzt leben. Er wollte eindeutig einen Schritt weiter gehen. Dafür fühlte sie sich nicht bereit. Sie fühlte sich bedrängt und unverstanden. Diese Erfahrung wollte sie mit jemand erleben, der sie so liebte wie sie war. Jemanden der ihr die Zeit gab, die sie brauchte. Ihr Gastbruder gehörte eindeutig nicht dazu. Schließlich kam es zum großen Streit und zur Trennung. Diese Erfahrung hatte sie geprägt. Sie wollte ihr Herz und ihre Seele schützen, daher hatte sie im Unterbewusstsein beschlossen um die Französische Sprache eine Bogen zu machen. Als Yamato vor zwei Jahren auf die Idee kam seine Verwandten in Paris zu besuchen fragte er seine Freunde ob sie mit wollten. Das war das erste Mal- seit ihrem Besuch in Nizza – das sie wieder Französisch gesprochen hatte. Das dieses Gespräch ausgerechnet mit Takerus Schwester war ließ sie kurz auflachen. Das neu gewonnene Selbstvertrauen hatte sich nach ihrem dämlichen Versprecher wieder in Luft aufgelöst. Irgendwie kam es ihr vor, als wären Yamato, Takeru und Louisa ihr Schicksal. Die Geschwister hatten alle einen wichtigen Abschnitt in ihrem Leben begleitet. Yamato war schon ihr ganzes Leben als ein sehr guter Freund an ihrer Seite. Louisa hatte ihre Liebe zu Frankreich wieder geweckt. Takeru war ihr Vorgesetzter, benahm sich aber nicht so. In der kurzen Zeit, in der sie sich kannten, war er ein guter Freund geworden. Mit ihrem kurzen französischen Gespräch hatte er ihr ein kleines bisschen ihr Selbstwertgefühl gesteigert. Sie unbewusst ein wenig gestärkt, doch wieder diese Sprache, die sie im Grunde ihres Herzens liebte, wieder zu sprechen. Hikari sah neben dem Fernseher ein paar Zettel liegen. Sie stand auf und holte sich die Blätter. Gatomon war gar nicht glücklich darüber, dass ihr Frauchen sie von ihren Schoß geschubst hatte. Beleidigt verzog sie die weiße Katze. Belustigt schaute Hikari Gatomon hinterher. Sie setzte sich wieder auf die Couch. Die junge Frau faltete die Zettel auseinander. Sie blickte auf die Choreographie für den Eröffnungstanz des nächsten Tanzabends. Der Besitzer der Tanzschule hatte Hikari und Ken mal wieder darum gebeten diesen zu tanzen. Erschrocken riss sie ihre Augen auf. Was hatte sie mit ihrer unbedachten Frage angerichtet? Schnell nahm sie ihr Handy und suchte sich den gewünschten Kontakt heraus. >Hey Süße, bist du noch wach? Ich brauche dringend deinen Rat. Am besten sofort. Kari< Eine Minute … Zwei Minuten … Drei Minuten … Fünfzehn Minuten … „Verdammt Yolei, komm schon“, murmelte Hikari vor sich her. Nach weiteren fünfzehn Minuten beschloss sie missmutig ins Bett zu gehen. Hikari war kurz vor dem Einschlafen, als ihr Handy sich bemerkbar machte. Schlaftrunken las sie die Nachricht: >Bingo, bin wach. Was gibt es so wichtiges? Wehe du schläfst jetzt. Yolei< >Ich bin dank dir wieder wach. Ich habe Takeru zum Tanzabend eingeladen.< >Ist Ken das Problem?< >Nein. Eher Tai und Matt.< >Tai verstehe ich. Aber wieso Matt?< >Takeru ist sein Bruder.< >Und?< >Keine Ahnung.< >Kari, sage endlich wo dein Problem ist? Stehst du auf Takeru?< >Was? Nein.< >Ich wiederhole: Wo ist dein Problem?< >Er ist mein Chef.< >Das Argument zählt nicht mehr.< >Wieso nicht? Es ist nun mal so.< >Weil es ständig kommt und ich es nicht mehr hören kann, deswegen. ;)< >Was mache ich jetzt?< >Ganz einfach: Erst legst du eine flotte Sohle mit Ken aufs Parkett. Danach machst du dir einen schönen Abend mit Takeru und Ken gehört mir.< >Quatschkopf.< >Hab dich auch lieb.< >Danke Süße. Grüß Ken von mir und schlaf gut. Wir sehen uns Samstag.< >Bingo.< Hikari ging in die Küche um sich einen Tee zu kochen. Dabei fragte sich, ob es wirklich so einfach werden würde, wie Miyako geschrieben hatte. Insgeheim hatte sie sich schon eingestanden, dass Takeru ein gut aussehender Mann war. Die blauen Augen, seine blonden Haare, die Stimme und sein Lächeln berührten ihr Inneres. Der Wasserkocher riss sie mit seinen nervenden Ton aus ihren Gedanken. Schnell goss sie das Wasser in ihre Teetasse, nahm diese und ging zum Wohnstubenfenster. Ihr Blick richtete sich auf das nächtliche Tokio. Dabei versank sie wieder in ihre Gedankenwelt. Es gab, in ihren Augen, so viele Probleme die ihr Herz schwerer werden ließen. Was war mit ihrem Versprechen, welches sie Takeru gegeben hatte? ‚„Versprechen Sie mir nur, dass Sie die Beziehungen zur Chefetage nicht ausnutzen werden.“‘ Durch seine Position bei der ‚Ishida Group‘ gehörte Takeru zur Chefetage. Das Hiroaki sein Vater war – daran wollte sie gar nicht denken. Abgesehen davon war Takeru ihr Vorgesetzter. Was würden ihre Kollegen und sein Vater von ihr halten? Was würden ihre Freunde und ihr Bruder von ihr halten? ‚Tai wird eindeutig ein Problem.‘ Frustriert seufzte Hikari auf. Sie nippte an ihrem Tee. Angewidert verzog sie ihr Gesicht. Das Getränk war schon eiskalt. Hikari ging zurück zur Küche. Sie kippte den kalten Tee in den Ausguss und stellte die Tasse in den Geschirrspüler. Danach ging sie in ihr Bett. Der nächste Morgen kam für die junge Frau viel zu schnell. Schlaftrunken schaltete sie den Wecker aus. Kurz überlegte sie was an diesem Tag alles anstand. Danach schob sie ihre Beine über die Bettkante und stand auf. Sie machte sich tagfertig, als sie aus dem Bad kam stellte sie fest, dass sie keine Zeit mehr hatte ihr Frühstück zu essen. Genervt stöhnte Hikari auf. Sie schnappte sich ihre Sachen und machte sich auf den Weg zur Arbeit. --- Als Hikari das Verlagsgebäude betrat war ihr erster Weg in die Kantine. Ihr Magen hatte sie auf den ganzen Weg zur Arbeit laut stark daran erinnert, dass sie noch kein Frühstück gegessen hatte. Hikari bestellte sich einen Tee und ein abgepacktes Putensandwich. Sie wollte gerade in ihr Büro gehen, als sie eine starke Ausstrahlung war nahm. Sie spürte, wie sich ihre Nackenhärchen aufstellten. ‚Oh man, ich leide eindeutig an Schlafmangel. Das ist pure Einbildung, wenn ich mich umdrehe …blaue Augen. ‘ „Guten Morgen Hikari“, begrüßte Takeru sie freundlich. „Guten Morgen Takeru. Wie ich sehe bist du auch spät dran.“ Er setzte ein schiefes Lächeln auf. „Kann man so sagen.“ „Lass mich raten: Wenig Schlaf?“ „Ich weiß nicht wie du auf die Idee kommst.“ „Nur geraten.“ Er holte sich seinen Kaffee und gemeinsam machten sie sich auf den Weg zum Fahrstuhl. „Ich werde gleich die Fotos überarbeiten. Steht heute sonst noch etwas an?“ „Das Meeting um zehn Uhr in meinem Büro.“ „Okay. Denkst du bitte noch daran -“ „Ich habe Louisa schon geschrieben.“ „Was hat sie gesagt?“ „Keine Ahnung. Ich hoffe, sie schläft noch. In Paris ist es gerade Mitternacht.“ „Oh, an die Zeitverschiebung hatte ich nicht gedacht“, kam es nachdenklich von seiner Gesprächspartnerin. „Da bist du nicht die Einzige“, kam es trocken von Takeru. „Ich freue mich schon auf Samstag. Tanzt du da eigentlich auch mit deinem Tanzpartner?“ Hikari nickte. „Wir wurden gebeten den Eröffnungstanz zu tanzen. Ist das ein Problem für dich?“ „Ich glaube nicht. Welchen Tanz tanzt ihr?“ „Das verrate ich nicht. Nur so viel: Es ist ein spanischer/südfranzösischer Tanz mit Flamenco-Elementen.“ „Aha! Ich bin mir ganz sich das ich nicht weiß wovon du sprichst.“ „Das merkt man sofort. Du wirst es bald sehen“, neckte sie ihn. „Ich freue mich darauf.“ Gemeinsam hatten sie das Büro von Hikari erreicht. „Bis später“, kam es gleichzeitig von Beiden. Kurz darauf erklang das Lachen zweier Menschen. Kapitel 17: Hikaris Begleitung ------------------------------ Bei den Ishidas „Sora? Bist du fertig?“ Yamato stand ungeduldig im Flur der gemeinsamen Wohnung. „Nein, bist du so lieb und bringst Haru zu meiner Mutter?“ „Wollten wir ihn nicht gemeinsam zu deiner Mutter bringen?“ „Das schon, aber an Mimis Kleid ist gestern der Reißverschluss kaputt gegangen. Ich musste einen neuen einsetzen, damit sie das Kleid heute tragen kann.“ „Frauen“, kam es genervt vom Blonden, „… wieso zieht sie nicht einfach ein anderes Kleid an.“ „Männer! Du verstehst das nicht.“ „Kannst du laut sagen. Du trägst dein hellblaues Kleid? Nicht dass ich nachher die falsche Krawatte trage und du den ganzen Abend nicht mit mir sprichst.“ Sora musste lachen. „Ich werde mein hellblaues Kleid tragen, keine Angst.“ Yamato grinste sie an. Er ging auf seine Frau zu und zog sie in eine innige Umarmung. Schnell fanden sich die beiden in einem zärtlichen Kuss wieder. Der Blonde sah seiner Frau in die Augen. „Weißt du wer Karis Verabredung heute Abend ist? Tai nervt mich seit gestern damit.“ „Nein, das kann ich dir leider nicht sagen. Kari hat nichts in diese Richtung gesagt. Du wirst es bald wissen.“ „Das ist schon komisch. Sonst redet sie immer über alles mit dir und Mimi.“ „Fast alles. Jede Frau hat ihre Geheimnisse. Du wirst es bald wissen.“ „Hoffentlich geht mir Tai nicht den ganzen Abend auf den Kranz. Karis Begleitung tut mir jetzt schon leid.“ „Nicht nur dir.“ „Ich bringe Haru zu deiner Mutter. Danach hole ich dich ab.“ „Brauchst du nicht. Mimi und Tai wollten mich mitnehmen. Ich muss doch wegen ihrem Kleid zu den Beiden.“ „Dann treffen wir uns vor der Tanzschule?“ Sora nickte und gab Yamato einen Abschiedskuss. Liebevoll verabschiedete sie sich von ihrem Sohn und gab ihm einen kleinen Kuss. --- Bei den Yagamis „Taichi!“, rief Mimi aufgebracht. „Atme ein paarmal tief durch und setzte dich hin. Du machst mich ganz verrückt.“ „Ich habe ein Recht nervös zu sein.“ „Warum? Es ist ein normaler Tanzabend.“ „Normal wird dieser Abend sicher nicht. Kari kommt in Begleitung. Verstehst du jetzt warum ich nervös bin?“ „Nein, ich verstehe es immer noch nicht. Kari ist eine attraktive junge Frau. Seit sie sich von ihrem Freund getrennt hat, hatte sie keine Verabredung, von der wir wissen. Wer sagt, dass sie mit ihrer Begleitung liiert ist?“ „Was willst du damit sagen?“ „Das man auch als Freunde zu einem Tanzabend gehen kann.“ „Mimi, du verstehst mich nicht. Mich macht es nervös, dass ich nichts über ihre Begleitung weiß. Kari hat nicht mit dir oder Sora gesprochen. Das ist untypisch für sie.“ „Du wirst dich nicht in das Leben deiner Schwester einmischen.“ „Ich werde mich nicht einmischen, sondern dem Kerl auf den Zahn fühlen.“ „Was auf dasselbe hinausläuft. Zum letzten Mal: Lass Kari und ihre Begleitung in Ruhe. Du hast sonst ein großes Problem.“ Taichi sah seiner Frau in die Augen. Ihr Blick verhieß nichts Gutes. Auf einen Streit mit ihr konnte er verzichten. Meistens zog er den Kürzeren und musste auf der unbequemen Couch schlafen. „Verstanden Prinzessin.“ „Geht doch“, grinste Mimi ihn an. Das Läuten an der Wohnungstür ließ sie ihr Gespräch unterbrechen. Taichi ging zur dieser um den Gast herein zulassen. „Hallo Sora.“ „Hey Tai.“ Die beiden umarmten sich freundschaftlich. „Hat Kari -“ „Taichi Yagami! Was habe ich gerade zu dir gesagt?“ Mimis drohende Stimme hallte durch die Wohnung. „Tai, lasse es einfach. Wir werden es bald erfahren, wer Karis Begleitung ist“, kam es leicht genervt von Sora. „Fällst du mir auch in den Rücken?“ „Nein. Ich hoffe für dich, dass du den armen Kerl heil lässt. Sonst spricht deine Schwester bis an dein Lebensende kein Wort mehr mit dir. Willst du das?“ „Deine Frau wird den ganzen Abend kein Wort mit dir reden, wenn Sora mir nicht endlich bei meinem Kleid hilft. Ich habe sonst nämlich nichts anzuziehen. Oder soll ich dich in Unterwäsche begleiten?“, keifte Mimi aus dem Schlafzimmer. „Unterstehe dich Prinzessin. Dieser Anblick gehört nur mir.“ „Zurzeit gehört dieser Anblick mir.“ Sora lächelte ihren besten Freund frech an, bevor sie sich in das Schlafzimmer begab. „Hier ist dein Kleid, Mimi. Der neue Reißverschluss fällt gar nicht auf.“ „Danke dir. Du bist die Beste. Machen wir uns erst die Haare und dann unser Makeup?“ „Genau. Alte Traditionen sollte man nicht einfach so über den Haufen werfen.“ Sora hatte sich den Haaren ihrer Freundin zugewandt. „Leider fehlt Kari -“ „Mimi, sie fehlt nicht. Kari kommt später dazu.“ Sora hatte ein geheimnisvolles Lächeln auf den Lippen. Die Brünette musterte ihre beste Freundin. „Ich fasse es nicht! Du weißt, mit wem Kari heute Abend verabredet ist?“ „Nein, das weiß ich nicht. Ich habe nur eine Vermutung.“ „Sagst du mir an wen du denkst?“ Lächelnd flüsterte Sora einen Namen in Mimis Ohr. „Wenn das stimmt, freue ich mich auf die Gesichter der Männer.“ „Ich mich auch.“ Sora steckte die letzte Haarnadel fest. „Die Haare sind fertig, wie gefällst du dir?“ Mimi sah in den Spiegel. Die Rothaarige hatte ihr ihre Haare zu einem festen Dutt gebunden. Eine Spange in Form eines Schmetterlings war in der Mitte des Dutts angebracht. Kleine Strähnen, die ihr sanft in das Gesicht fielen, lockerten die strenge Frisur auf. Mimis Makeup war perfekt auf ihr halblanges rotes Kleid abgestimmt. Sora trug eine elegante Flechtfrisur. Ihr hellblaues Kleid reichte ihr bis zu den Knöcheln. „Mädels? Seid ihr fertig? Ich muss mich auch noch umziehen“, rief Taichi genervt in Richtung Schlafzimmer. Als sich die Tür öffnete musste er lächeln. Mimi hatte sich für das Kleid entschieden, welches sie auch zu ihrer gemeinsamen Verlobungsfeier getragen hatte. „Du siehst atemberaubend aus.“ Er ging auf seine Frau zu und gab ihr einen sanften Kuss. „Dir ist klar, dass ich dich nicht mehr fragen kann, ob du meine Frau wirst?“ „Ja, leider. Ich würde immer wieder ‚Ja‘ sagen.“ „Genau wie ich.“ „Gehe dich umziehen. Sonst haben wir ein Problem.“ „Tai, beeile dich. Sonst mault Matt den ganzen Abend, weil er so lange auf uns warten musste.“ „Sora, du kannst einen echt die Stimmung vermiesen.“ „Aufgabe erfüllt“, grinste die Rothaarige. --- Bei Takeru Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass er sich langsam fertig machen musste. Er merkte, wie sich eine gewisse Nervosität ausbreitete. Heute war Samstag und somit stand der Tanzabend an, auf welchen Hikari ihn spontan eingeladen hatte. Nachdem er geduscht hatte ging er in sein Schlafzimmer. Unschlüssig stand er vor seinem Kleiderschrank. ‚Ich hätte sie fragen sollen, ob es einen Dresscode gibt. Schwarze Hose, weißes Hemd und Jackett. Ist zwar der Klassiker, aber viel falsch machen kann man damit nicht. Ich kann meine Krawatte mitnehmen und schauen ob die Anderen so ein Ding tragen.‘ Schnell zog er in seine Sachen an, griff nach seinem Lieblingsparfüm und richtete seine Haare. Zum Abschluss suchte er sich sein Handy, Geldbörse und sein Schlüsselbund zusammen, schlüpfte in seine Schuhe und verließ seine Wohnung um Hikari abzuholen. --- Nervös stand er vor ihrer Wohnungstür und klingelte. Als Hikari die Tür öffnete nahm er einen leichten Duft von Lilien wahr. Erstaunt blickte Takeru auf Hikari. Für einen Tanzabend war sie sehr leger gekleidet. Sie hatte einen weißen dünnen Over Size Pullover und eine sehr enganliegende schwarze Jeans an. Dafür waren ihre schulterlangen Haare geglättet Die sie halb offen trug. Ihre Lippen waren in einem dunklen Rotton gehalten. Die Augen waren für Hikaris Verhältnisse sehr dunkel und auffällig geschminkt. Die langen schwarzen Ohrringe rahmten ihr Gesicht ein. Takeru schluckte hart, bevor er Hikari begrüßte. Ohne groß darüber nachzudenken zog er sie kurz in seine Arme. Flüchtig streiften seine Lippen ihre Wange. „Du bist wunderschön“, flüsterte er ihr ins Ohr. Als sie sich voneinander lösten sah die Braunhaarige schüchtern zu Boden. Trotzdem konnte Takeru einen leichten Rotschimmer in ihrem Gesicht erkennen. „Ich danke dir. Dabei hast du mich noch gar nicht in meinem Kleid gesehen.“ „Bin ich zu früh?“ „Nein, nein. So war das nicht gemeint. Ich meinte nur dass ich nicht dieses Outfit zum Tanzabend tragen werde. Ich ziehe mich immer in der Tanzschule um. Ich habe dort ein Umkleidespind. Kannst du das bitte mal halten?“ Hikari bückte sich nach einem kleinen Satinbeutel und gab diesen Takeru. Sie zog sich ihre Schuhe an und nahm ihre Jacke an sich. Danach griff sie nach ihrer Handtasche. „Jetzt können wir los.“ Sie lächelte ihn an. Unbewusst nahm Takeru Hikaris Hand. Da das Sportzentrum in der Nähe von Hikaris Wohnung war, hatten die Beiden beschlossen zu Fuß zu gehen. Sie waren so in ihr Gespräch vertieft, dass sie die kleine Gruppe vor der Tanzschule nicht wahrnahmen. Ungläubig sah Yamato auf das junge Paar, welches händchenhaltend auf sie zukam. „Das glaube ich nicht. Du bist Karis Begleitung?“ Die erstaunte Stimme des älteren Blonden ließ die Jüngeren aus ihr Gespräch hochschrecken. Taichis Blick verdunkelte sich schlagartig, als er zu seiner Schwester sah. Er drehte sich in die Richtung seines besten Freundes „Du kennst den Kerl?“, fragte er gereizt nach. „Ich habe es geahnt.“ Sora klatschte freudig in ihre Hände. „Ihr seid ein süßes Paar“, gab Mimi ihren Senf dazu. „Wir -“ „Ich bin an der Reihe. Nochmal: Du kennst den Typ?“ Ungeduldig tippte Hikaris Bruder mit seinem Fuß auf und ab. Hikari war das Stimmenwirrwarr zu viel. „Schluss jetzt! Man versteht sein eigenes Wort nicht mehr“, rief sie mit, für sie ungewöhnlich, sehr lauter Stimme. „Kein Wunder. Wir kommen nicht dazu etwas zu sagen“, flüsterte Takeru in ihr Ohr. Hikaris Lachen ließ die Freunde verstummen. Sie wandte sich an ihre Freunde. „Hallo erst einmal.“ Hikari umarmte alle und gab ihnen einen Begrüßungskuss. An ihren Bruder gewandt sagte sie schließlich: „Um deine Frage zu beantworten: Ich gehe stark davon aus, dass Matt seinen Bruder erkennt und Sora ihren Schwager.“ Hikari, Sora und Yamato konnten sich ein Lachen nicht verkneifen, als sie die ungläubigen Augen des Braunhaarigen sahen. „Du … das … wie …“ Taichi brach sein Gestammel ab. Er holte tief Luft. „Bruder? Ist er nicht dein Chef?“ „Darf ich -“, versuchte Takeru sich in das Gespräch ein zumischen. Als er sah, dass sein Bruder den Kopf schüttelte schluckte er den Rest des Satzes runter. „Takeru ist ein Freund“, versuchte seine Schwester eine Erklärung. „Freund?“, kreischte Taichi auf. „Ich wiederhole: Er ist dein Chef!“ „Du hörst nicht zu. Ich sagte ‚ein Freund‘, nicht mein Freund.“ Langsam wurde seine Schwester sauer. „Was nicht ist kann noch werden“, rief Yamato amüsiert dazwischen. „Ishida, du bist ein Trottel“, motzte Taichi rum. „Und du ein Vollpfosten, Yagami.“ „Bevor es Tote gibt, lasst uns lieber rein gehen. Mir wird langsam kalt“, lachte Mimi auf. Nachdem sich die Gemüter beruhigt hatten konnte sich Takeru Mimi und Taichi vorstellen. Danach gingen die Frauen Richtung Umkleide. Sora und Mimi halfen ihrer Freundin beim Anziehen ihres Kleides. Sie richteten die Haare und das Makeup der Jüngeren. „Wo habt ihr meine Schuhe hingestellt?“ „Unter der Sitzbank, damit wir nicht darüber stolpern“, rief Mimi über ihre Schulter in Richtung Hikari. „Das sind meine Trainingsschuhe.“ „Hier war kein anderes Paar.“ Hikari überlegte kurz, dann klatschte sie sich mit der Hand vor ihrer Stirn. „Takeru hat meine Schuhe. Ich hatte ihm den Beutel in die Hand gedrückt, als er mich abgeholt hat.“ „Ich werde sie holen.“ Schnell machte sich Sora auf den Weg zu den Männern. „Hey Sora, wo sind Mimi und Kari?“, fragte Yamato seine Frau und gab ihre einen Kuss. „In der Umkleide. Kari hat ihre Tanzschuhe nicht dabei.“ „Und was jetzt?“, fragte Takeru nach. „TK, gibst du mir bitte ihren Beutel mit den Tanzschuhen?“ Mit großen Augen sah der Blonde seine Schwägerin an. „Meinst du das Teil hier?“ Er hielt einen kleinen schwarzen Satinbeutel hoch. Sora grinste. „Genau der. Danke dir.“ Schnell machte sich die Rothaarige wieder auf den Weg zu ihren Freundinnen. Kurze Zeit später tauchte sie mit Mimi wieder auf. „Wo ist Kari?“ Nachdenklich schaute Taichi seine Frau an. „Sie hat etwas vergessen und kommt gleich nach.“ Hikari trat aus der Umkleide und ging auf die kleine Gruppe zu. Als Takeru sie erblickte musste er zweimal hinschauen. Kapitel 18: Eine andere Hikari ------------------------------ Hikari trug ein langärmliges schwarzes Kleid. Die Ärmel waren durchsichtig. Auf den Oberteil waren viele kleine Blumenapplikationen und teilweise konnte man ihre Haut durch den dünnen Stoff sehen. Der Ausschnitt war auch nicht zu verachten, da dieser fast bis zum Bauchansatz ging. Überall glitzerten kleine Strass-Steine. Der Rock war aus glänzendem Taft und reichte ihr bis zu den Knöcheln. Ihre Füße stecken in silbernen Tanzschuhen, die wie Sandaletten aussahen. Yamato begrüßte die Brauhaarige mit: „Du siehst wie immer bezaubernd aus, Kleine.“ Dabei zog er Hikari in seine Arme und gab ihren einen kleinen Kuss auf die Wange. Ein leises und schüchternes „Danke dir“, kam über ihre Lippen. Taichi zog sie aus Yamatos Umarmung. „Das reicht ihr zwei“, grinste er seinen besten Freund an. „Du hast dich mal wieder selbst übertroffen, Schwesterchen.“ Er schloss seine Schwester in seine Arme und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. „Kommst du Kari? Wir müssen uns noch aufwärmen.“ Ein schwarzhaariger junger Mann kam auf die kleine Gruppe zu. Hikari drehte sich in die Richtung, aus der die Stimme erklang. Ein Lächeln zierte ihr Gesicht, als sie erkannte, wer nach ihr gerufen hatte. Der junge Mann war ganz in schwarz gekleidet. Sein Outfit passte perfekt zu dem Kleid, welches die Braunhaarige trug. „Hallo Ken.“ Die Beiden umarmten sich und er gab ihr einen kleinen Kuss auf die Wange. „Wo ist Yolei?“ „Sie telefoniert mit dem Babysitter. Danach wollte sie reinkommen.“ „Ist alles in Ordnung?“ Ken nickte. „Ich möchte dir gerne jemanden vorstellen.“ Hikari deutete in Takerus Richtung. „Das ist Takeru. Er ist der Bruder von Matt.“ An ihre Begleitung gerichtet sprach sie: „Takeru, das ist Ken. Er ist mein Tanzpartner.“ Wobei sie das letzte Wort etwas betonte. Takeru sah sie grinsend an. „Ich habe verstanden.“ „Hey Ken. Ich habe schon einiges über dich gehört.“ Er reichte dem Schwarzhaarigen seine Hand. Ken griff nach dieser. „Hallo Takeru. Schön dich kennenzulernen. Ich hoffe, dass Kari mich nicht im schlechten Licht dargestellt hat.“ „Ich habe nur gutes gehört.“ „Da bin ich erleichtert. Ich möchte nicht unhöflich sein, aber wir müssen los Kari.“ „Bis später Leute“, kam es von der Braunhaarigen. Dabei blickte sie in die blauen Augen von Takeru. Ken und Hikari begaben sich Richtung Tanzfläche. Yamato sah seinen Bruder an, als dieser Hikari nachsah. „Wenn du nicht aufpasst fallen dir die Augen aus dem Kopf.“ Erschrocken zuckte Takeru zusammen. „Ich weiß nicht, was du meinst, Matt“, kam es vom jüngeren Blonden. „Dein Blick, als Ken hier aufgetaucht ist, hat alles gesagt. Du musst dir keine Gedanken machen. Die Beiden sind Tanzpartner. Lehne dich einfach zurück und genieße die Show, die die zwei jetzt abliefern.“ „Was meinst du damit?“ „Sei still und schaue den Beiden beim Tanzen zu, dann weißt du was ich meine.“ Er hörte wie die Besitzer der Tanzschule die Eröffnungsrede hielten. Diese wurde mit den folgenden Worten beendet: „Wir danken Ihnen für das zahlreiche Erscheinen und wünschen Ihnen allen einen wunderschönen Abend. Der Tanzabend wird heute von zwei wundervollen Tänzern eröffnet. Unser Tanzpaar Ichijouji Yagami wird demnächst an der Regionalen Amateure Meisterschaft in den Bereich Lateinamerikanischen Tänzen teilnehmen. Dafür wünschen wir den Beiden viel Glück. Lassen Sie sich jetzt in die Welt des Paso Doble entführen. Begrüßen Sie bitte unser Tanzpaar Ichijouji Ken und Yagami Hikari.“ Takeru blickt auf die Tanzfläche. Ken und Hikari kamen Hand in Hand auf die Tanzfläche. Dadurch, dass ihnen das Licht in den Rücken schien konnte man nur ihre Silhouetten erkennen. Was man erkennen konnte war eine stolze Haltung des Tanzpaares. Hikari zog ihre Hand fast schon arrogant aus seiner. Sie ging in die Hocke und hob die Enden ihres Rockes an, nur um diesen im Takt der Musik zu schwingen. Beide umtanzten sich und warfen sich stolze, feurige und erhabene Blicke zu. Es wirkte, als wenn sie sich ganz genau beobachten würden, da ihr Leben von dieser Beobachtung abhängen könnte. Ken tanzte einige Drehungen um Hikari herum, bevor er ihre Hüfte umfasste und sie mit einer schwungvollen Drehung in eine geschlossene Tanzhaltung zog. Es folgte eine weitere Drehung und Ken schob Hikari von sich, nur um sie im nächsten Moment wieder an sich zu ziehen. Seine Hände umfassten sanft ihr Gesicht. Hikari hatte ihre Hände sachte an seinen Unterkiefer gelegt. Er zog seine Hände weg, als wen er sich an ihr verbrannt hätte und schaffte mit einem Schritt nach hinten Abstand zu seiner Tanzpartnerin. Ken wirkte durch seine Körperhaltung wie ein Torero. Hikari tanzte stolz die Antwort auf seine Bewegung, als wäre sie das Tuch, welches der Torero beim Stierkampf schwang. Sie tanzte elegant und stolz um ihn herum und ging von ihm weg. Ken folgte ihr. Hikari schubste ihn erhaben von sich. Beide tanzten neben einander. Er bewegte sich maskulin, hart, stolz und arrogant. Sie gab ihm die feminine, weiche, elegante aber trotzdem stolze Antwort. Sie wirkte wie sein Schatten. Nach ihren Solis folgten einige schwungvolle Drehungen. Danach schritten sie in eine Promenade. Die Schritte waren hart und abgehakt. Trotzdem verlor der Tanz nicht an seiner Eleganz. Hikari und Ken verstanden sich nahezu blind auf der Tanzfläche. Sie zeigten die Liebe und Leidenschaft, die sie für diese Sportart hatten und übertrugen diese auf das Publikum. Ken führte Hikari und beide tanzten mit einer Leichtigkeit, dass man denken könnte, dass dies kein Leistungssport sei. Nach einigen kniffligen Schrittfolgen führte Ken Hikari in die Finale Position. Er kniete auf dem Boden und hatte ihren Rücken auf seinen Oberschenkel gestützt. Ihren Nacken hielt er vorsichtig in seiner Hand. Ruckartig half Ken Hikari beim Aufstehen. Beide atmeten schwer, als sie sich erst umarmten und sich dann bei ihrem Publikum bedankten. Takerus Sicht ‚Die Beiden werden an einer Meisterschaft teilnehmen? Hat sie nicht gesagt, dass sie nicht viel besser als wir anderen tanzt? Sie hat mal wieder ihr Können runtergespielt.‘ Takeru tat was Yamato ihn geraten hatte: Er schaute Ken und Hikari beim Tanzen zu. Kurze Zeit später fiel ihm auf, dass die Beiden eine Einheit waren. Sie passten perfekt zusammen. Nicht nur optisch, sondern auch auf der Tanzfläche. Den Zauber den das Tanzpaar mit nur einem Tanz verbreitete war einmalig. ‚Wow, dieser Blick. So ausdrucksstark. Ich bezweifle, dass Hika weiß, was für eine Ausstrahlung sie hat. Sie ist so selbstbewusst auf der Tanzfläche. Bei den Heiligen, hat sie lange und schöne Beine.‘ Gespannt blickte er auf die Tanzfläche. Ihm fiel sprichwörtlich die Kinnlade runter. Es wirkte, als wenn eine andere Frau diesen Tanz verkörperte. Dies war eine Seite von Hikari die er noch nicht kannte. Sie war stolz, selbstsicher, elegant und schien ihr Umfeld komplett ausgeblendet zu haben. Jeder ihrer Schritte saß perfekt. Jede Drehung war optimal ausgetanzt. Jeder Blick passte zu hundert Prozent zum Tanz. Jede Bewegung strahlte eine Grazie und Eleganz aus. Die Hikari, die er kannte wirkte auf ihn auf der einen Seite elegant und selbstbewusst, auf der anderen verunsichert, fast schon schüchtern. Takeru musste schlucken, als er bemerkte, wie sein Herz schneller schlug. Gespannt sah er zu, wie ihre nackten Beine zu sehen waren und wieder unter den langen Rock verschwanden. Wie gerne würde Takeru mit Ken tauschen. Der Schwarzhaarige hatte einen großen Vorteil gegenüber dem Blonden. Er durfte Hikari berühren, ihre Haut durch die dünne Stoffschicht am Rücken spüren. Ihren zarten Lilienduft einatmen. Ken durfte die Blicke von Hikari genießen, die sie ihm schenkte. Als Takeru ihr beim Tanzen zuschaute kam ein Gedanke: ‚Was wäre, wenn ich mein Herz öffne? Was wäre, wenn ich mich … Was wäre, wenn sie nicht das Gleiche …‘ Takeru zuckte zusammen. Das waren Gedanken, die ihn aus der Bahn warf. Ihm Angst einjagten. Wenn nur dieses eine Wort nicht wäre, welches in seinem Leben mit Füßen getreten und schamlos ausgenutzt worden war. Ihm fiel es schwer diesem Wort wieder Glauben zu schenken. Takeru wusste, dass das ein Grundstein einer jeden Beziehung war. Er fragte sich: ‚Wie um alles auf der Welt, kann ich ihr vertrauen?‘ Hikaris Sicht Als Hikari die Tanzfläche betrat suchte sie unbewusst nach einem blonden Haarschopf. Schnell hatte sie einen blonden Mann entdeckt. Traurig stellte sie fest, dass es sich um Yamato handelte. Die Haare waren ein wenig heller als die von Takeru und die Frisur stimmte auch nicht. Enttäuscht schnaubte Hikari auf. Als könnte Yamato ihre Gedanken lesen trat er ein Schritt zur Seite und deute Richtung Tanzfläche. Hikaris Herz machte einen kleinen Hüpfer, als sie den Gesprächspartner ihres langjährigen Freundes erkannte. Takerus blaue Augen hatten sie schon im Park fasziniert. Damals blickte er sie wütend und arrogant an. Trotzdem sah sie eine Traurigkeit in seinen Augen, die ihr Herz erweichen ließen. Seit ihrem gemeinsamen Abend, an den sie die Bilder für Takerus Kampagne ausgesucht hatten, sah er sie anders an. Die Augen von Takeru blickten voller Lebensfreude und bekamen ein Strahlen, wenn er sie anschaute. Ihr lief jedes Mal ein Schauer über den Rücken. Ken sprach sie leise an. „Kari, es geht los.“ Erschrocken zuckte Hikari zusammen. Sie blickte in die braunen Augen, dann fing sie an zu grinsen. „Lass die Spiele beginnen.“ „Ich bin dafür.“ Er reiche ihr seine Hand. Diese nahm sie mit einem Lächeln an. Hikari versuchte wie jedes Mal, wenn sie tanzte ihr Umfeld auszublenden. Sie konzentrierte sich auf die Musik und genoss es in Kens Armen zu tanzen. Das war bis heute Abend immer so. An diesem Abend war aber etwas anderes. Hikari fühlte sich zwar sicher und geborgen in Kens Armen, trotzdem spürte sie eine Leere in sich. Der Tanz, die Musik und ihr Tanzpartner reichten nicht aus, um glücklich und vollkommen zu sein. Sie blickte unbewusst in die Richtung, in der sie die blonden Brüder vermutete. Ihr Herz fing wie wild an zu klopfen, als sie die ungläubigen Augen Takerus sah. Eine Wärme breite sich in ihrem Körper aus und sie bekam eine Gänsehaut. Fast hätte sie Ken angeschrien, dass er sie in die Promenade führte und sie so Takeru nicht mehr in sein wunderschönes Gesicht blicken konnte. Als sie in der Finalen Position standen atmete Hikari schwer aus. Stolz und selbstbewusst verließ sie mit Ken unter tosenden Beifall die Tanzfläche. Beide gingen in die Richtung von Hikaris Freunden und deren Bruder. „Du hast heute anders getanzt als sonst. Deine Haltung hatte eine enorme Präsenz. Das habe ich noch nie so erlebt. Wolltest du jemanden beeindrucken?“, eröffnete Ken das Gespräch. „Ich weiß nicht, was du meinst“, kam es überrascht von Hikari. „Komm schon Kari. Er gefällt dir, nicht wahr?“ „Keine Ahnung wovon du sprichst“, grinste sie ihn an. „Du hast nur für ihn getanzt. Sei doch ehrlich“, zog er sie weiter auf. Hikari kam um eine Antwort herum. Mimi und Sora kamen mit einem breiten Grinsen auf die Beiden zu. Schnell zogen sie die Jüngere in eine Umarmung. „Ihr habt wundervoll getanzt“, lobt Mimi. „Danke, Mimi.“ Über der Schulter ihrer Freundin sah Hikari in ein Paar blauer Augen, die sie liebevoll ansahen. Ein angenehmes Kribbeln erfasste ihren Körper, als sie seinen intensiven Blick sah. Kapitel 19: Tanz in die Herzen ------------------------------ Hikari löste sich von Mimi und ging auf Takeru zu. Seine Augen blickten sie ungläubig, fasziniert und bewundert an. „Du hast mich aufs Glatteis geführt“, grinste er Hikari an. „Von wegen, du tanzt nicht besser als wir anderen. Du bist unglaublich auf der Tanzfläche.“ Hikari bekam bei dem Kompliment und seinem Blick einen rötlichen Schimmer um die Nase. „Danke dir.“ Schüchtern brach sie den Augenkontakt ab. Er griff nach ihrer Hand und zog sie ein Stück von ihren Freunden weg. Somit bekam er nicht mit, wie Ken von einer jungen Frau in die Arme genommen und geküsst wurde. „Ihr habt wie immer wundervoll getanzt“, lobte Miyako. „Danke schön. Ist bei den Kindern alles in Ordnung?“ Seine Frau nickte. „Jetzt lass uns endlich zusammen tanzen“, kam es ungeduldig von Miyako. Ken verbeugte sich leicht vor seiner Frau. „Darf ich bitten?“ Lächelnd nahm sie seine Hand an. Taichi musterte seine Schwester und deren Begleitung argwöhnisch. Der Braunhaarige wollte den Beiden folgen, als er die Stimme von Yamato vernahm: „Tai, du kannst TK vertrauen. Er ist mein Bruder.“ „Kari ist meine Schwester. Das kannst du nicht ver-“ „Doch, ich kann dich verstehen. Sehr gut sogar.“ „Dazu müsstest du eine Schwester haben.“ „Meine Halbschwester ist fünfzehn Jahre alt.“ „Du hast eine Schwester? Warum hast du nie etwas gesagt?“ „Du hast nie gefragt.“ „Woher hätte ich das ahnen können. Du bist mein bester Freund und kennst fast alle meine Geheimnisse -“ „Eben Tai, du sagst es: Fast alle deiner Geheimnisse.“ „Matt, Kari ist -“ „Ich kann dich sehr gut verstehen, dass du dir Sorgen um Kari machst. Die mache ich mir um meine Geschwister, insbesondere um meine Schwester, auch. Ich vertraue meinem Bruder. Wenn du TK nicht vertrauen kannst, dann wenigstens mir.“ „Ich muss sagen, wie Ötzi tanzt Ken sicher nicht“, neckte Takeru seine Gesprächspartnerin. Beide mussten laut lachen, als sie an ihr Gespräch dachten. ---Erinnerung--- ‚„Ist ja lustig. Dort trainieren Ken und ich auch.“ „Zufälle gibt es“, kam es nachdenklich von ihrem Gesprächspartner. „Wer ist Ken?“ Hikari stöhnte kurz auf. „Was? Woher soll ich wissen, wer er ist?“ „Ötzi lässt grüßen.“ „Erst Ken. Jetzt Ötzi. Kannst du so sprechen, dass ich dich verstehen kann?“, kam es verständnislos von dem Blonden. „Ich dachte bei dem Wort ‚trainieren‘ in Zusammenhang mit dem Sportzentrum kommt der Geistesblitz.“ Takeru dachte kurz nach. „Was hat eine Eis Mumie mit dem Sportzentrum zu tun?“ „Ken ist mein Partner.“ „Ötzi heißt Ken?“ Der Blonde sah seine Gesprächspartnerin irritiert an. „Hä? Woher sollte ich wissen wie dieses Fossil heißt? Ich kenne den nur unter Ötzi.“ „Streng genommen ist Ötzi kein Fossil. Wer ist Ken?“ „Mir egal. Alles was älter als hundert Jahre ist, ist in meinen Augen ein Fossil.“ „Ken ist über hundert Jahre?“ „Was? Nein! Er ist vierundzwanzig Jahre alt und mein Partner.“ „Ich denke du hast keinen Partner.“‘ ---Gegenwart--- Takeru zog Hikari in seine Arme. „Ist dir bewusst, dass wir beobachtet werden?“ Sie blickte in seine blauen Augen. „Klar, vor allem von dem Wachhund Nummer eins. Der von seiner Frau in Schach gehalten wird.“ „Wachhund?“ „Mein Bruder.“ „Ach so. Matt beobachtet uns auch. Er sieht genervt aus.“ „Das ist bestimmt das Werk von Tai. Er wird ihm sagen, dass er es nicht versteht, warum er einen übertriebenen Beschützerinstinkt seiner Schwester gegenüber hat. Schließlich hat Matt keine Schwester.“ „Hika, hast du mir zugehört? Louisa ist nicht nur meine Schwester, sondern auch die von Matt.“ „Wie hast du mich gerade genannt? Tai wusste genauso wenig wie ich, dass ihr eine Schwester habt. Daher wird er gerade aus allen Wolken fallen.“ „Hika, wieso? Schämt Matt sich für Louisa?“ „Hört sich gut an“, grinste die Braunhaarige verträumt vor sich hin. „Es hört sich gut an, dass mein Bruder sich für seine Schwester schämt?“ „Wie kommst du auf den Blödsinn?“ „Das hast du doch eben gesagt.“ „Keru, ich meinte, wie du mich angesprochen hast hört sich gut an. Matt redet nicht viel, schon gar nicht über sein Privatleben.“ „Keru?“ „Ähm … naja … Wir sollten uns verziehen.“ „Du gehst ganz schön ran, Hika.“ „Wie bitte?“ „Wohin wollen wir uns verziehen?“ Frech grinste er sie an. „Auf die Tanzfläche.“ „Fragst du immer so charmant nach, wenn du jemanden zum Tanzen aufforderst?“ „Eigentlich lasse ich mich immer zum Tanzen auffordern. Immerhin bin ich die Frau.“ „Das du die Frau bist ist nicht zu übersehen.“ Takeru blickte kurz auf ihren Ausschnitt, danach zwang er sich in ihr Gesicht zu schauen. „Warum forderst du mich zum Tanzen auf?“ „Um die Meute loszuwerden. Matt und Sora ziehen Tai am Arm. Die Luft für dich ist sehr dünn.“ „Beschützerinstinkt seiner Schwester gegenüber?“, fragte Takeru trocken nach. Hikari nickte kurz und griff nach seiner Hand. Takeru lauschte der Musik. „Was ist das für ein Tanz?“ „Ein Disco Fox. Kannst du den tanzen?“ „Klar. Sogar Jive und Walzer bekomme ich hin.“ „Perfekt. Fürs erste reicht der Disco Fox“, keck zwinkerte Hikari ihrem Tanzpartner zu. Beide begaben sich zu den Tanzenden. „Jetzt wollen sie auch noch miteinander tanzen? Was geht in dem Kopf -“ „Taichi Yagami!“ Der Angesprochene zuckte heftig zusammen, als er Mimis energische Stimme hörte. „Ich hatte dir vorhin etwas gesagt. Wenn du dich nicht sofort aus dem Leben deiner Schwester raushältst kannst du bei Sora und Matt schlafen. Irgendwann ist mal wieder Schluss. Kari ist erwachsen und kann auf sich aufpassen, auch wenn du es anders siehst. Am besten, du gehst an die frische Luft, wenn du wieder einen klaren Kopf hast kannst du wieder reinkommen.“ Wie ein begossener Pudel sah Taichi seine Frau an. Mimi stand mit verschränkten Armen vor ihm. Ihr rechter Fuß tippte ständig auf und ab. Sie sah so verführerisch aus, wenn sie vor Wut kochte. Die geröteten Wangen, ihre Augen glühten förmlich und ihre Stimme hatte sich um eine Nuance erhöht. Ihre Atemfrequenz war sehr hoch. Dieser Anblick ließen die Gedanken des Braunhaarigen nicht gerade jugendfrei werden. Schnell drehte er sich Richtung Tür, bevor er auf die Idee kam seine Gedanken in die Tat umzusetzen. Sora und Yamato sahen dem Diplomaten hinterher. Die Beiden mussten sich ein Lachen verkneifen. So viel Durchsetzungsvermögen Taichi in seinem Berufsleben hatte, so wenig hatte er seiner Frau etwas entgegenzusetzen, wenn sie sauer auf ihn war. „Wieso hast du geahnt, dass Takeru Karis Verabredung ist?“, fragte Mimi neugierig bei Sora nach, als ihr Mann den Saal verlassen hatte. „Ich hatte TK gefragt, ob er auf Haru aufpassen kann. Er meinte nur, dass er es gerne machen würde, aber verhindert sei. Er hätte eine Verabredung. Kari meinte, dass wir uns nicht zusammen fertig machen können, da sie von jemand abgeholt wird“, erklärte die Rothaarige. Unsicher sah Takeru Hikari in die Augen, als sie die Tanzfläche betraten. Unbewusst trat er ein paar Schritte nach hinten um den Abstand zu Hikari zu vergrößern. Diese hörte kurz auf den Takt grinste, drehte sich in einer eleganten Drehung zu ihm und griff nach seiner Hand. Die ersten Figuren waren von der Unsicherheit, des Blonden geprägt. „Warum bist du so aufgeregt?“, fragte sie. „Ich weiß, dass ich nicht mit deinem Tanztalent mithalten kann.“ „Genieße einfach die Musik und lasse dich treiben. Du führst wunderbar.“ „Du bist eine Tänzerin.“ „Ich bin Fotografin. Tanzen ist ein Hobby. So wie deines Basketball ist. Bist du deswegen Basketballer?“ „Du bist traumhaft.“ „Du bist ein Charmeur.“ Er musste lachen. Der Blonde entspannte sich immer mehr. Nach dem Gespräch fanden Takeru und Hikari schnell einen gemeinsamen Nenner. Sie bewegten sich im Takt der Musik. Ihre Schritte wurden immer anspruchsvoller und die Handwechsel immer kniffliger. Kurz bevor das Lied endete drehte Takeru sein Tanzpartnerin um die eigene Achse und zog sie in seine Arme. Er blickte in die bernsteinfarbenen Augen Hikaris. Beide verloren sich in den Blick des anderen. Sie brach das Schweigen zwischen ihnen. „Woher kannst du so gut tanzen?“ „Ich hatte Tanzunterricht kurz vor meinem Schulabschluss.“ „Das was du gezeigt hast, war mehr als nur ein Tanzkurs.“ „Ich habe nicht nur von einem Kurs gesprochen. Außerdem musste ich als Tanzpartner für Louisa herhalten, als sie ihren Tanzunterricht hatte.“ Ein neues Lied wurde gespielt. „Wenn das so ist, dann zeig mal was du noch so drauf hast. Das ist ein Jive.“ Zu Beginn tanzten sie den einfachen Grundschritt. Schon bald finden sie sich in den typischen Kicks und Drehungen des Tanzes wieder. Sie zeigten die Freude und Leichtigkeit die der Jive präsentierte. Einige kleine Schritt- und Handwechselfehler kaschierte Hikari gekonnt. Man sah den beiden einfach den Spaß an, den sie hatten. „Sind die Beiden nicht ein schönes Paar?“ Bewundert sah Mimi auf die Tanzfläche und beobachtete ihre Schwägerin und ihren derzeitigen Tanzpartner. „Da hast du Recht. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass die Beiden schon öfters miteinander getanzt haben“, kam es nachdenklich von Yamato. „Ich bin gespannt, was die Beiden jetzt machen“, sagte Sora, als erneut ein neues Lied erklang. Schwer atmend standen Hikari und Takeru sich gegen über. Die sanften Klarvierklänge des nächsten Liedes erklangen. Takeru sah ihr tief in die Augen. Sie erwiderten diesen mit der gleichen Intensivität wie er. Ihre Augen strahlten, die Wangen waren gerötet, der Mund war leicht geöffnet. Sein Herz setzte einen Schlag aus, als Hikari auf ihn zukam. Sie lächelte ihn leicht an, nahm zärtliche seine Hand und führte ihn in eine Drehung. Dabei brach sie nicht einmal den Blickkontakt zu ihrem Tanzpartner ab. Die Braunhaarige hob ihrer beider Arm tanzte unter diesen hindurch. Hikari lehnte mit ihrer Schulter am rechten Arm von Takeru. Bevor sie die nächsten Schritte tanzten flüsterte sie in sein Ohr: „Das ist ein langsamer Walzer.“ Sie lehnte ihren Kopf an seine Schulter und sah nach oben in seine Augen. Als sie spürte, dass er sich auf das Lied und ihren Tanz eingelassen hatte schloss sie so wie er, ihre Augen. Sie pendelten einen Schritt vor und zurück, bevor sie die Tanzhaltung öffneten. Grazil ging Hikari an Takeru vorbei. Er zog sie sanft zu sich zurück. Die Braunhaarig drehte sich mit den Rücken wieder in Takerus Arm. Ihre Gesichter waren sich so nahe, dass die den Atem des anderen spüren konnten. Nach einer Drehung waren sie in der geschlossene Tanzhaltung. Der Blonde war zuerst irritiert, das seine Tanzpartnerin die typischen Wiege- und Senkschritte des Walzers tanzte und die professionelle Tanzhaltung, der Standard Tänze, eingenommen hatte. Gewöhnte sich aber schnell an diese. Gleichmäßig und harmonisch tanzen sie rechts und links Drehung. Takeru merkte das Hikari ihm immer mehr die Führung überließ. Sie hatte sich vollkommen auf das Lied, ihn und ihren gemeinsamen Tanz eingelassen. Dies sah er, als er in einer Drehung in ihr Gesicht sah. Hikari hatte die Augen geschlossen und genoss den Moment. Nach der Drehung lösten sich die Beiden für einen Moment, um im nächsten aufeinander zuzugehen und zärtlich ihre Gesichter umfassten. So tanzten sie die nächsten Schritte und blickten sich tief in die Augen. Sie tanzten noch ein paar rechts und links Drehungen, bevor der Tanz endete. Hikari wollte Abstand zwischen sich und Takeru bringen und ging einige Schritte in die entgegengesetzte Richtung, als der Blonde stand. Er hielt sie an ihrer Hand fest und zog sie in einer Umarmung. Sie ließ es Widerstandslos zu und umarmte ihn. Beide schauten sich tief in die Augen und hielten sich fest in den Armen, bevor sie ihre Gesichter an die Halsbeuge des jeweils anderen legte. Takeru konnte nicht Anderes, als er ihren lieblichen Duft bewusst wahr nah. Dieser hatte ihm schon die ganze Zeit seine Sinne vernebelt. Er drückte ihr einen kleinen sanften Kuss in ihre Halsbeuge. Kapitel 20: Zauber der Nacht und andere Hindernisse --------------------------------------------------- Takeru spürte ein prickeln auf seinen Lippen. Seine Hände fühlten die weiche Haut ihres Rückens. Er dachte, dass seine Finger in Flammen standen. Ein angenehmes Kribbeln, welches sich in seinem gesamten Körper ausbreites und eine Gänsehaut verursachte, erfasste ihn. Sein Herz wollte sich einfach nicht beruhigen. Takeru hatte das Gefühl, dass es im gleichen unruhigen Takt wie ihres schlug. Hikari kam sich vor, als hätte sie auf Wolken getanzt. Dieses intensive Zusammenspiel und nahezu blinde Verständnis ihrer Körper und Seelen hatte sie bis dato noch nie erlebt. Ihre Beine fühlten sich wie Wackelpudding an. Ihr Körper konnte sich an jede Berührung von Takeru erinnern. Sie merkte immer noch seine Lippen an ihrer Halsbeuge. Vorsichtig löste sich das Tanzpaar voneinander. Unsicher sahen seine blauen Augen in ihre scheuen Bernsteinfarbenen. Ihre Augen funkelten ihn an. Ihr Blick war so sanft. Unbewusst drückte sie ihren Oberkörper dichter an seinen. Dies war der Moment, in dem Takeru nicht wiederstehen konnte. Sanft umschloss er ihr Gesicht mit seinen Händen und nährte sich ihrem Gesicht. Er sah, wie sie ihn zuerst überrascht ansah, als nächstes bemerkte er, wie sie langsam ihre Arme um seinen Nacken legte und die Augen schloss. Er tat es ihr gleich und spürte schon ihren warmen Atem auf seinen Lippen. „Was machen wir hier, Keru?“ Ihre sanfte Stimme erklang. Er legte seine Stirn an ihre. „Ich höre auf mein Herz. Was machst du, Hika?“ Hikari legte eine Hand an seine Wange. „Dasselbe.“ Sie merkte, wie er seinen Kopf von ihrer Stirn wegzog. Im nächsten Moment spürte sie seine warmen weichen Lippen auf ihren. Fast gleichzeitig öffneten sie ihre Münder, schüchtern trafen sich ihre Zungen zu einem zärtlichen Spiel. Beide erforschten vorsichtig die Mundhöhle des jeweils anderen. Takeru löste ihren Kuss. Sanft drückte er ihr einen Kuss kurz auf den Mund. „Damit hätte ich nicht gerechnet“, flüsterte er ihr ins Ohr. „Was meinst du?“ „Wie der Abend verläuft.“ „Ich auch nicht.“ „Ich bin übrigens froh, dass du dich erst hier umgezogen hast. Dein Kleid zeigt viel mehr, als es verdeckt.“ Ein Rotschimmer zierte Hikaris Gesicht. „Das ist nicht wahr. Es ist alles bedeckt“, empörte sich die Braunhaarige. „Alles? Deine Beine kann man bei jedem Schritt den du machst bis zur Hüfte sehen. Von deinem Ausschnitt ganz zu schweigen.“ Er grinste sie frech an. „Falls dir das Kleid nicht gefällt, kannst du dich gerne bei deiner Schwägerin beschweren. Sora entwirft meine Tanzkleider immer.“ „Das heißt, du trägst dieses Kleid nur zum Tanzabend?“ „Nein, ich hatte es auch auf einen Auftritt an.“ „Ich denke das Tanzen ist nur ein Hobby.“ „Was meinst du, wie man die Lizenz zum Start einer Meisterschaft bekommt?“ Takeru verdrehte die Augen, als die Einsicht kam. „In dem man sich einen Namen in der Tanz Welt außerhalb der Tanzschule macht.“ „Richtig Sherlock“, grinste sie ihn an. Takeru und Hikari waren so in ihrer eignen kleine Welt gefangen, dass sie nicht mitbekamen, wie sich ein junger Mann auf sie zu bewegte. „Kari, wir müssen uns unterhalten.“ Taichi umfasste den Oberarm seiner Schwester. Er zog sie ein Stück von Takeru weg. Ihr Bruder baute sich vor ihr auf und schaute in ihre wütenden Augen. „Taichi! Hast du sie noch alle? Was soll das?“, fauchte sie den Älteren an. „Bist du dir sicher, was du hier tust?“ „Tanzen! Das ist ein Tanzabend, schon vergessen?“ „Er ist dein Chef!“ „Takeru ist heute Abend in erster Linie meine Begleitung. Das heißt, dass ich mit ihm tanzen werde. Sonst hätte ich ihn nicht fragen brauchen ob er mich begleitet. Komme damit klar, dass ich nicht nur mit dir, Matt oder Ken tanze.“ „Kari, ihr habt euch ge- “ „Lass es Tai. Falls du diesen Abend überleben möchtest, solltest du dich schleunigst zusammenreißen. So wie ich es sehe ist Sora sauer auf dich. Matt sieht aus, als könnte er dir jeden Moment eine verpassen und er versucht, Takeru von uns fernzuhalten. Die Krönung ist Mimi, sie kocht vor Wut. Deine Schwester, das bin in übrigen ich, könnte dir gerade den Hals umdrehen.“ Nach diesen Worten drehte sie Taichi den Rücken zu. „Du wirst mich jetzt nicht stehen lassen, Hikari!“, zischte er sie an. Über ihre Schulter hinweg sah sie ihren Bruder in die Augen. „Doch Taichi, das werde ich. Ich bin eine erwachsene Frau die gut auf sich selber aufpassen kann. Ich habe dich lieb Tai. Du kannst mir vertrauen.“ Er ging erneut auf seine Schwester zu. „Ich hab dich auch lieb und vertraue dir. Ich möchte nur nicht, dass dir etwas passiert.“ „Mir wird nichts passieren. Er ist der Bruder deines besten Freundes.“ Hikari ließ ihren Bruder endgültig stehen und ging zu Takeru zurück. „Viel Glück, TK. Kari ist sauer auf ihren Bruder. Versuche die Situation mit Humor zu nehmen.“ Yamato grinste seinen Bruder an. „Komm Sora, wir sollten die beiden Turteltauben alleine lassen und tanzen.“ Er nahm die Hand von seiner Frau und führte sie Richtung Tanzfläche. „Brüder! Der hat sie doch nicht mehr alle! Was glaubt der eigentlich, wer er ist? So eine Hornochse, Vollpfosten, Arschgesicht, Depp“, blubberte Hikari vor sich her, als sie auf Takeru zu ging. „Jetzt fehlt nur noch eingebildeter Fatzke.“ „Was!“, keifte die Braunhaarige den Blonden an. Kaum hatte sie das Wort aus gesprochen wurde sie rot im Gesicht. „Entschuldige, du warst -“ „… nicht gemeint. Ich weiß. Das kommt mir sehr bekannt vor“, neckte Takeru sie an. Verunsichert und nachdenklich schaute Hikari in seine Augen. Diese blitzen vor Vergnügen auf. „Hast du den Park vergessen?“ „Nein! Dazu hätte ich Kaffee in der Hand haben und dich anrempeln müssen. Das habe ich beides nicht getan.“ „Das nicht. Du hast aber schöne Beleidigungen für deinen Bruder übrig. So wie für mich damals.“ „Wirst du mir das für den Rest meines Lebens vorhalten?“ „Wenn du so bezaubert vor dich hin meckerst … Das ist eine super Vorlage, die ich jederzeit nutzen werde.“ „Du bist schlimmer als Matt.“ „Wir sind Brüder.“ „Das merkt man“, grummelte sie vor sich her. „Ich kann deinen Bruder verstehen.“ „Spinnst du?“, schoss es aus ihr heraus. „Nein, jedenfalls glaube ich das.“ „Darf ich daran zweifeln?“ „Nach meiner Erklärung gerne.“ „Ich höre.“ „Dein Bruder macht sich Sorgen um dich. Schwestern sind etwas ganz besonderes. Sie wecken sofort den Beschützerinstinkt. Brüder wollen ihre Schwestern vor Alles und Jedem beschützen. Sie wirken immer zerbrechlich.“ „Da ist wieder deine Neandertaler Logik.“ „Wieso das denn?“ „Jede Frau kann eine Schwester sein, auch deine Freundin oder Frau.“ „Frauenlogik! Wie du weißt habe ich weder eine Freundin noch eine Frau. Dafür eine kleine Schwester. Männer beschützen nicht nur ihre Schwestern, sondern auch ihre Freundin oder Frau. Das liegt in der Natur des Mannes.“ „In der Natur der Frau liegt es darüber genervt zu sein. Wir Frauen sind doch nicht aus Glas.“ „Das nicht. Ich kann nur für mich reden. Für mich ist Louisa nicht nur meine Schwester, sondern auch eine Freundin und Vertraute. Sie ist neun Jahre jünger als ich. Bewusst habe ich die Schwangerschaft meiner Mutter miterlebt. Ich hatte gesehen wie aus dem unbeholfenen Baby ein lebenslustiges Kleinkind geworden war. Wie Louisa ihren ersten Zahn bekommen hat, ihre ersten Schritte und Worte habe ich miterlebt. Jetzt steht eine junge Frau vor mir und ich kann nicht glauben, dass es sich um meine kleine Schwester handelt. Zeitweise sehe das kleine Mädchen vor meinen Augen und nicht die junge Frau die Louisa heute ist. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es deinem Bruder genauso geht.“ „So habe ich das noch nie gesehen“, kam es leise über ihre Lippen. „Wie solltest du auch? Du bist eine junge attraktive Frau.“ Ein neues Lied drang in Hikaris Bewusstsein. „Das passt perfekt“, lächelte sie ihren Gesprächspartner an. „Das Lied heißt ‚Shut up‘. Danke auch“, maulte Takeru vor sich her. „Falsch mein Lieber. Das Lied heißt ‚Shut up and dance with me‘“ Sie reichte ihm ihre Hand. „Ich bin mir sicher, dass ich diesen Tanz nicht tanzen kann.“ „Dieser Tanz heißt Cha Cha Cha.“ „Sage ich doch: Ich kann keinen einzigen Schritt.“ „Ich kann dir den Grundschritt und ein paar einfache Figuren zeigen. Jetzt mach schon“, drängelte seine Tanzpartnerin. „Der Grundschritt ist ganz einfach. Der allererste Schritt ist einfach nur ein kurzes auftreten mit deinem rechten Fuß. Danach Schritt eins mit links, Schritt zwei mit rechts. Diese beiden Schritte sind kurze Schritte. Die nächsten Schritte sind schnell. Danach fängt die Schrittfolge von vorne an. Du kannst es dir so merken: Am Platz. Eins, zwei Cha Cha Cha. Bei der nächsten Folge lässt du das ‚Am Platz‘ weg.“ Fragend sah Takeru seine Gesprächspartnerin an. „Bitte was?“ Hikari lächelte. „Ich zeige dir deine Schritte. Danach tanzen wir zusammen.“ Hikari stellte sich mit dem Rücken gegenüber von Takeru. Sie hatte die Schrittfolge zweimal durch getanzt, als sie sich in einer grazilen Drehung zu ihm umdrehte und nach seinen Händen griff. Hikari lauschte der Musik. „Mit welchem Fuß muss ich anfangen?“ „Wenn du mir nicht auf die Füße treten willst mit rechts. Achtung: Los geht’s: Am Platz. Eins, zwei, Cha Cha Cha. Eins, zwei Cha Cha Cha.“ Takeru spürte, wie Hikari ihn mit ihren Händen in die richtige Richtung schob. Irgendwie sah es aus, als würden sie Autofahren. „Siehst du, es ist ganz einf- …“ Schmerzerfüllt presste Hikari ihre Zähne aufeinander. Sie ließ Takeru los und drehte sich in die entgegengesetzte Richtung. „Yagami, noch so ein Ding und du liegst unter der Erde!“, fauchte sie ihren Bruder an. „Du kannst nicht mit Absicht in andere Tanzpaare reintanzen.“ Die Augen von Hikari hatten sich verdunkelt und waren zu kleinen Schlitzen zusammengezogen. „Sorry Kari, das war wirklich keine Absicht.“ Taichi konnte sich ein leichtes Grinsen nicht verkneifen. „Glaubst du das, was du gerade gesagt hast? Ich nicht. Das was du eben veranstaltet hast hat wehgetan. Du Depp hast meine Niere getroffen“, keifte sie ihren Bruder an. „Was sagt Mimi eigentlich zu deiner Tanzpartnerin? Ich ahne, dass sie nicht erfreut sein wird, wenn du mit deiner Verflossen tanzt.“ Triumphierend sah sie in die braunen Augen ihres Bruders. „Ich werde es gleich herausfinden. Mimi kommt auf uns zu. Ihr Gesichtsausdruck hat sich von wütend auf fuchsteufelswild geändert. Du wirst dir bestimmt eine Bleibe für heute Nacht suchen müssen. Sei dir gewiss, bei mir wird es nicht sein.“ Hikari nahm Takerus Hand. „Lass uns schnell gehen. Wir sollten nicht in der Nähe von Mimi sein, wenn sie vor Wut explodiert.“ „Yagami du Idiot! Wie kommst du auf diese vollkommen bescheuerte Idee so eine Show abzuziehen?“, keifte Mimi ihren Mann schon von weitem entgegen. Das Grinsen verschwand aus Taichis Gesicht, als er die Stimme seiner Frau hörte. Schnell hob Taichi abwehrend seine Hände vor seinen Oberkörper. „Prinzessin -“ „Wage es nicht mich jetzt so anzusprechen.“ „Mimi -“ „Ich hatte dir einen Rat gegeben.“ „Es tut -“ „Was du gerade gemacht hast schlägt den Fass den Boden aus.“ „Darf ich etwas -“ „Du bist ein Idiot. Da gibt es nichts zu erklären. Erst versaust du deiner Schwester den Abend. Und jetzt tanzt du mit ihr? Willst du mich verarschen?“ „Mimi! Können wir das draußen klären?“ „Willst du deinem Bruder nicht helfen?“ Takeru sah nachdenklich auf seine Begleitung. „Bist du verrückt?“ „Jetzt bin ich vom eingebildeten Fatzke zu einem verrückten Spinner aufgestiegen? Du hast eine charmante Art und Weise.“ Skeptisch zog er eine Augenbraue hoch. Hikari verdrehte die Augen. „Das ist falsch angekommen. Wenn Mimi fuchsteufelswild ist solltest du ihr lieber aus dem Weg gehen. Tai hat sich die Suppe eingebrockt. Wir hatten ihn alle mehrfach gewarnt, er hat nicht gehört. Das was du jetzt siehst sind die Konsequenzen. Keine Sorge, in spätestens zwei Wochen ist alles wieder beim Alten.“ Kurze Zeit später ging ein Pärchen händchenhaltend durch das nächtliche Tokio. Gemeinsam ließen sie den Abend Revue passieren. Ihr Walzer ließ beide immer noch den Atem anhalten. Der Zauber der sich in diesen Tanz geschlichen hatte konnte auch Taichis Sticheleien nichts anhaben. Takeru musste nur in Hikaris Augen schauen und schon spürte er wie ein angenehmer Schauer über seinen Rücken lief. Das Kribbeln in seinen Körper verstärkte sich, wenn er ihren zierlichen Körper betrachtete. Gemeinsam waren sie an ihrem Wohnblock angekommen. Sie wich seinem Blick schüchtern aus. „Was hast du?“, fragte er leise nach. „Ich … Wie … Was …“, verlegen brach sie ab. „Ich rate mal: Du möchtest wissen, was heute passiert ist und wie es weiter geht.“ „Ähm … Ja.“ „Ich bin ehrlich: Ich weiß es nicht.“ „Verstehe.“ Traurig und enttäuscht wollte sie sich wegdrehen. Er ließ dies nicht zu und zog sie in seine Arme. „Wir sollten gemeinsam schauen wo uns dieser Weg hinführt. Was hältst du -“ Takeru konnte nicht weiter sprechen, da er ihre weichen, sanften und sinnlichen Lippen auf seinen spürte. Kapitel 21: Trottel bleibt Trottel ---------------------------------- Laut krachte die Tür ins Schloss. Kaum waren die beiden Frauen in der Wohnung flogen die Schuhe der Brünetten im hohen Bogen durch den Flur und Mimi fing an loszuwettern: „Wie kann der Idiot einfach mit dieser blöden Kuh tanzen?“ Wütend raufte sie sich die Haare. Sora zuckte heftig zusammen. Sie fragte sich, warum gerade sie sich einer wütenden Mimi freiwillig alleine aussetzte. Bei dem Ergebnis angekommen musste die Rothaarige lächeln. Sie konnte ihre beste Freundin nicht alleine lassen. Außerdem wusste jeder in ihrem Freundeskreis, dass Sora es immer schaffte Mimi auf ihre eigene Art zu beruhigen. „Trottel bleibt Trottel, Mimi und das weißt du. Das war sicher eine Kurzschlussreaktion von ihm, als er TK und Kari zusammen gesehen hat.“ „Deswegen muss er gleich mit Meiko tanzen?“ Mimi zog fragend eine Augenbraue nach oben. Dabei stampfte sie wütend mit ihrem rechten Fuß auf und verschränkte beleidigt die Arme vor ihrer Brust. Schmollend hatte sie ihre Unterlippe nach vorne geschoben. Sora musste sich ein Lachen verkneifen. Ihre Gesprächspartnerin sah wie ein bockiges kleines Mädchen aus. „Wir wissen beide, dass du nicht bei dieser Aktion mit gemacht hättest. Genauso wenig wie Yolei und ich. Meiko ist leicht zu beeinflussen und sagt nie ‚Nein‘, egal bei wem und das weiß Tai. Sie war das perfekte Opfer, für seinen dämlichen Plan gewesen.“ Mimi stöhnte genervt auf und hob ihre Hände in die Luft. Ihre Augen sahen verzweifelt zur Decke. „Ich fasse es nicht, mit was für einen Idioten ich verheiratet bin. Wie kann ‚Mann‘ nur so dämlich sein?“, rief sie theatralisch aus. „Wieso, musste ich den Idioten heirateten? Nenne mir nur einen Grund, der mich nicht wie die letzte Idioten dastehen lässt.“ Sie hatte ihren Blick auf Sora gerichtet. Diese seufzte auf. „Du liebst ihn, Mimi.“ Tief atmete die Brünette ein und wieder aus. „Und ich frage mich an solchen Abenden, welcher Dämon mich geritten hat mich in diesen Idioten zu verlieben.“ Die Rothaarige verdrehte die Augen. „Weil Tai der Richtige für dich ist. Du brauchst diesen Chaoten in deinem Leben. Ihr ergänzt euch perfekt. Tai braucht dich nur anschauen und er weiß, was mit dir los ist.“ „Das glaube ich nicht. Er hat zwei Jahre gebraucht, um zu erkennen, dass er mich liebt. Das ich in der Zeit versucht habe ihn mir zu angeln ist an ihm abgeprallt wie ein dämlicher Fußball an dem Pfosten des Tores.“ „Zu der Zeit wart ihr mehr mit streiten beschäftigt, als endlich Klartext zu reden.“ „Was sich liebt das neckt sich.“ „Glaube mir, dass haben alle zu der Zeit gedacht. Alle hatten es gerafft, nur ihr zwei nicht.“ „Tai hat es nicht geschnallt. Ich wusste damals schon, dass ich ihn liebe.“ „Warum bist du nicht in die Offensive gegangen?“ „Weil er mit Meiko zusammen war zu Beispiel.“ „Das war er glaube ich nur, weil er sich von dir ablenken wollte." Nachdenklich sah Mimi ihre Freundin an. „Ich habe fast vier Jahre auf einen Antrag gewartet.“ „Tai hatte unser Gespräch kurz vor meiner Hochzeit mitbekommen, dass du den ganzen Stress nicht durch machst.“ „Ich habe was gesagt?“ Kurz dachte Mimi nach, dann stöhnte sie auf: „Er meint aber nicht unser Gespräch über das Brautkleid, oder?“ Sora nickte. „Bei den Heiligen, das ist der Beweis, dass ich einen Idioten zum Ehemann habe. Ich meinte den Stress von Brautladen zu Brautladen zu laufen und nach dem passenden Kleid zu suchen, wenn du mein Kleid schneidern könntest.“ „Tai hat aber nur die Hälfte des Gespräches mitbekommen.“ Mimi stöhnte auf. „Reden sollte helfen, so ein Idiot.“ „Mimi …“, rief Sora aufgebracht, „… wenn ich noch einmal das Wort ‚Idiot‘ höre, raste ich aus. Ich kann es nicht mehr hören. „Trotzdem wusste der Depp nicht, was ich mir heute von ihm gewünscht habe. Sonst hätte er Kari und Takeru in Ruhe gelassen. Wie kann er seiner eigenen Schwester das Leben so schwer machen?“ „Tai liebt Kari. Dass er nicht die Möglichkeit hatte, mit ihrem Gastbruder zu reden nagt heute noch an ihm und das weißt du.“ Sora versuchte ihren besten Freund in Schutz zu nehmen. Mimi dachte kurz nach. „Du verschönst die Sache. Tai hätte so mit ihm ‚geredet‘, dass er im Krankenhaus gelandet wäre. Matt ist viel besonnener, Tai könnte sich eine Scheibe von ihm abschneiden.“ „Glaube mir, Matt lässt oft genug den großen Bruder raushängen, wenn er die Möglichkeit dazu hat.“ „Takeru nervt dass bestimmt genauso wie Kari.“ Sora lächelte, „Das glaube ich auch. Ich habe aber nicht von TK gesprochen, sondern von Louisa.“ „Wer ist Louisa?“ „Mimi, ich habe dir doch schon öfter von einem Mädchen erzählt, dass Matt und ich öfters in Paris besuchen.“ „Ja, du meintest, dass dieses Mädchen zur Familie gehört.“ „Richtig, dieses Mädchen heißt Louisa. Sie ist die Halbschwester von Matt und TK.“ „Ich dachte immer, dass ich das nach deinem Junggesellinnenabschied geträumt hatte. Ich gab dem Alkohol die Schuld bei so einem wirren Gedankengang. Dabei war es die Wahrheit?“ „Der liebe Alkohol“, grinste Sora und nickte. „Apropos Alkohol. Sektchen?“ „Gerne.“ „Meinst du, dass Tai Takeru heute Abend verschreckt hat?“ Mimi nahm einen Schluck von ihrem Sekt. Sora drehte ihr Sektglas in den Händen und lachte. „Nein, mit Sicherheit nicht. Ich glaube, dass TK Tai sogar verstehen kann.“ „Warum das?“ „Auch TK ist ein großer Bruder“, grinste Sora ihre beste Freundin an. „Nicht noch so einer von der Sorte“, lachte Mimi auf und Sora stimmte mit ein. Die Brünette schaute in der Rothaarigen in die Augen. „Was meinst du, kann aus Kari und Takeru ein Paar werden?“ „Ich glaube, die beiden sind auf den besten Weg dahin, wenn sie sich nicht selber im Weg stehen.“ „Wie meinst du das?“ „Kari denkt zu kompliziert, hoffentlich sieht sie in TK nicht ihren Vorgesetzten, sondern der Mann, der TK ist. Bei TK mache ich mir Sorgen, dass er sich selber Steine in den Weg legt.“ „Und wieder frage ich: Wie meinst du das?“ Sora überlegte kurz bevor sie sprach: „Kari sieht der Jugendliebe von TK sehr ähnlich.“ Erschrocken sah Mimi Sora an. „Liebt er sie noch?“ „Ich bin mir ziemlich sicher, dass dies nicht der Fall ist. Dazu ist zwischen TK und Chloé zu viel vorgefallen. Außerdem hätte Matt TK schon ordentlich die Meinung gesagt, wenn er das Gefühl gehabt hätte, das TK sich noch nicht von Chloé gelöst hätte. Kari ist wie eine Schwester für ihn.“ „Da hast du Recht. Ich hoffe Matt wäscht Tai ordentlich den Kopf. Ich könnte -“ „Überlass dass mit ruhigen Gewissen Matt. Er ist nicht gerade gut auf Tai zu sprechen.“ „Wie gerne würde ich Mäuschen spielen.“ „Du wolltest deinen Mann heute Abend nicht mehr sehen.“ „Das Gespräch hören würde mir schon reichen“, lachte Mimi auf. „Lass uns noch den Sekt austrinken und dann ins Bett gehen. Nicht, dass wir noch auf blöde Gedanken kommen.“ Beide tranken ihren Sekt aus und gingen dann schlafen. --- Bei Yamato und Taichi „Ich glaube es nicht, dass du mir heute Nacht Gesellschaft leistest“, rief Yamato aufgebracht, als er seine Wohnung aufschloss. Hastig ging er in seine Küche. Er öffnete den Kühlschrank und holte zwei Bierflaschen raus. „Darf ich in deinem Bett schl-“ „Rede weiter Yagami und du kannst unter der Brücke schlafen. Es gibt nur einen Menschen, mit dem ich mein Bett teile und das ist meine Frau. Sie ist leider nicht bei mir, weil du Rindvieh so eine schwachsinnige Show abliefern musstest. Du kannst froh sein, wenn du nicht in der Badewanne schlafen musst.“ Yamato drückte Taichi eine Flasche in die Hand. „Matt die beiden haben sich geküsst.“ Er nahm dem Älteren das Getränk aus der Hand. „Ich habe Augen im Kopf. TK und Kari sind erwachsene Menschen.“ „Er ist ihr Chef.“ Taichi fuchtelte mit der Flasche umher. Yamato kam auf ihn zu und riss die Flasche seinem besten Freund aus der Hand und stellte sie auf den Tisch. „TK ist mein Bruder du Trottel. Kari ist eine meiner engsten Freunde und deine Schwester. Du Hornochse bist mein bester Freund, obwohl ich mir in der Sache nicht mehr so sicher bin. Denkst du wirklich, ich hätte heute Abend so ruhig in der Ecke gestanden, wenn mein Bruder deine Schwester nur ausnutzen wollte?“ „Oh, soweit -“ „Hast du nicht gedacht? Um ehrlich zu sein bin ich mir nicht sicher, ob du überhaupt denken kannst.“ „Hey, das ist nicht fair“, protestierte Taichi. „War es Mimi gegenüber fair, dass du mit Meiko getanzt hast?“ „Sie hat doch auch mit dir und Ken getanzt.“ Yamato stöhnte genervt auf. „Wegen dir werde ich heute noch zum Alkoholiker.“ Demonstrativ griff er nach seiner Bierflasche und trank einen großzügigen Schluck. „Du bist ein dämlicher - nein, ich korrigiere mich – du bist der größte Trottel der gesamten Galaxie.“ „Hä?“ „Du willst mir jetzt nicht sagen, dass du den Unterschied nicht erkennst?“ Taichi dachte kurz nach. „Um ehrlich zu sein- “ Der Blonde sah den Braunhaarigen mit einem eiskalten Blick an. „Ich frage mich gerade ob du ein Hirn hast, oder ob dein Kopf nur auf deinen Schultern sitzt, damit es nicht reinregnet.“ „Der ging unter die Gürtellinie.“ „Der hat wirklich kein Hirn“, murmelte Yamato vor sich her. „War ich mit Mimi zusammen?“, sprach er Taichi wieder an. „Nicht das ich wüsste.“ „War ich nicht! Waren Ken und Mimi ein Paar?“ „Grund gütiger, natürlich nicht. Sonst wäre die Freundschaft zu Yolei den Bach runtergegangen.“ „Wir kommen der Sache näher. Warst du mit Meiko liiert?“ „Ähm … Das …“ „Ja oder nein“, zischte der Blonde. „Ja“, knurrte Taichi auf. „Aha! Ich fasse den Abend zusammen: Du mischt dich in das Leben deiner Schwester ein, obwohl wir alle dir geraten haben, dich zurück zuhalten. Du zettelst einen Streit mit deiner Schwester an. Du tanzt mit deiner Ex. Da wunderst du dich, dass deine Ehefrau an die Decke geht? Du wunderst dich wirklich, dass ich dich jetzt den restlichen Abend an der Backe habe?“ „So wie du das sagst, hört sich das grauenhaft an.“ „Es ist mehr als grauenhaft du Trottel. Du hast deiner Schwester, deiner Frau, meinem Bruder und mir den Abend versaut, bloß weil es nicht in den Spatzenhirn will, dass Kari erwachsen ist.“ „Ich bin gespannt, wie du reagierst, wenn deine Schwester in Tokio ist.“ Erklang die beleidigte Stimme von Taichi. Yamato zog seine Stirn in Falten. „Das ist etwas anderes. Louisa ist erst fünfzehn Jahre.“ „Pah, wir reden noch einmal, wenn es soweit ist.“ „Bis dahin lass uns unser Bier schmecken. Prost!“ „Prost!“ „Darf ich in deinem Bett schl-“ „Nein! Das einzige männliche Wesen, was in Soras und mein Bett darf ist unser Sohn du Trottel. Noch so ein Ding und du schläfst wirklich in der Badewanne.“ Eine kurze Pause entstand, in dem sich die jungen Männer in die Augen sahen. Yamato seufzte auf. „Du darfst auf der Couch schlafen.“ „Wie gnädig der Herr heute ist“, kam es ironisch von Taichi. „Ich kann dich auch auf den Balkon verfrachten“, kam es warnend von Yamato. Er ging in die Schlafstube und kam mit einem Kissen und einer Decke zurück. „Überleg dir etwas, wie du dich bei deiner Frau entschuldigen kannst. Ich will nämlich wieder meine Frau an meiner Seite haben und nicht dich.“ „Hab dich auch l-“ Taichi hatte noch gar nicht ausgesprochen, da landete ein Kissen in seinem Gesicht. „Hey“, entrüstete sich der Braunhaarige. „Schnauze!“ Der Blonde schmiss die Decke in Richtung Couch. Schließlich drehte er sich um und ging in sein Schlafzimmer. „Trottel bleibt Trottel“, murmelte Yamato vor sich her, bevor sich in sein Bett begab. Kapitel 22: Chaos der Gefühle ----------------------------- Ein störendes Geräusch weckte den jungen Mann. Desorientiert sah er sich um. Er sortierte seine Gedanken. Dieses Zimmer war nicht sein Schlafzimmer. Genau genommen war es gar kein Schlafzimmer. Es war noch nicht einmal seine Wohnung. Er spürte eine leichte angenehme Schwere auf seiner Brust. Ein leichter Lilienduft drang in seine Nase. Sein Blick ging ein Stück weiter nach unten. Da erkannte er einen braunen Haarschopf. Sie hatte ihr Gesicht ihm zugewandt. Ihre Augen waren noch geschlossen. Trotzdem lag ein leichtes Lächeln auf ihrem zarten Gesicht. Eine kleine warme Hand lag auf seiner Brust. Jetzt bemerkte er, wie er selbst einen Arm beschützend um die schlafende Schönheit gelegt hatte. Langsam und vorsichtig, drauf bedacht sie nicht zu wecken, angelte er nach seinem Handy. Dies lag auf dem kleinen Couchtisch vor ihm. Dummerweise verlor er sein Gleichgewicht und viel von der Couch. Fluchend nahm er sein Handy in die Hand. Er ging an das Wohnzimmerfenster. Dort nahm er das Gespräch an. Er hatte gerade die Unterhaltung mit seinem Bruder beendet als ihm der Duft von frisch gebrühten Kaffee in die Nase stieg. Der junge Mann drehte sich von dem Fenster weg nur im nächsten Moment in ihre wunderschönen bernsteinfarbenen Augen zu schauen. Sie sah so bezaubernd aus. Verschlafen blickte sie ihn an. Ihre Haare waren das reinste Chaos. Der Over Size Pullover hing ihr auf der einen Seite bis zum Ellenbogen runter und entblößte so ihre Schulter. Die enge Jeans war wie eine zweite Haut. Bei diesem Anblick beschleunigte sich sein Herzschlag. Ihm kam der letzte Abend wieder in den Sinn. Wie er sie abgeholt hatte. Wie es ihm die Sprache verschlagen hatte, als er sie in ihrem Kleid gesehen hatte. Wie es ihm sprichwörtlich aus den Socken gehauen hatte, als er sie das erste Mal tanzen gesehen hatte. Nicht mit ihm, trotzdem hatte sie ihn mit dem Paso Doble in ihren Bann gezogen. Verzaubert hatte sie ihn, als sie gemeinsam ihren Walzer tanzen. Der Kuss, der darauf folgte ließ ihn glauben, dass er im Himmel angekommen war. Noch nie hatte er eine solche Nähe und Intensivität zu einem Menschen gefühlt. Als er sie nach Hause begleitet hatte, hatten sie ein Gespräch vor ihrer Haustür angefangen welches man nicht in der Öffentlichkeit führen sollte. Vor allem nicht um diese späte Uhrzeit. Deswegen hatte Hikari ihm angeboten mit in ihre Wohnung zukommen. Dort unterhielten sie sich versuchten sich über ihre Gefühle im Klaren zu werden. Tausend Fragen gingen ihnen durch die Köpfe, zu den wenigsten hatten beide eine Antwort. Irgendwann waren sie auf ihrer Couch eingeschlafen. Nun stand sie vor ihm. Takeru wusste nicht, wie er sich ihr gegenüber verhalten sollte. Sein Blick blieb mal wieder an ihren Augen hängen. Schüchtern und unsicher suchte sie den Blickkontakt. Als sie seine blauen Augen sah blinzelte sie schnell und schaute auf den Fußboden. In dem Moment beschloss er auf seinem Instinkt zu hören. Hikari stellte die Tassen auf den Tresen. „Guten Morgen Hika.“ Mit schnellen Schritten war er bei ihr. Zärtlich nahm er ihr Gesicht in seine Hände und suchte ihren Blickkontakt. „Schau mich an, bitte.“ Erklang seine leise Stimme. Langsam hob Hikari ihre Augenlider. Mit all dem Mut den sie aufbringen konnte blickte sie in seine blauen Augen. Diese strahlten sie geradezu an. Beide hatten das Gefühl in die Seele des jeweils anderen zu blicken. Ihre Gesichter nährten sich langsam. Er spürte, wie sie sich auf die Zehenspitzen stellte und ihre Arme um seine Nacken legte. Sanft zog er sie in eine innige Umarmung und schloss seine Arme um ihre Taille. Dabei senkte er seinen Kopf. Mit Vorfreude schlossen beide ihre Augen gleichzeitig. Schüchtern und unsicher trafen ihre Lippen auf seine. Sein Herz setzte einen Schlag aus, nur um sich beim nächsten zu beschleunigen. Überrascht stellte er fest, dass sie ihre Schüchternheit abgelegt. hatte. Ihre Zunge berührte seine Unterlippe. Ohne darüber nachzudenken öffnete er seine Mund und hieß ihre Zunge willkommen. Nach ihrem sanften Kuss hört er ihre liebliche Stimme: „Guten Morgen Keru.“ Sie lächelte ihn an. Takeru löste sich von ihr. „Das nennt ich mal einen Guten Morgen Kuss.“ Verlegen schaute sie zur Seite. „Dein Kaffee steht auf dem Tresen.“ Sie selber nahm sich eine andere Tasse in die Hände und trank einen Schluck von ihrem Tee. „Ich hoffe, du konntest einigermaßen gut schlafen?“ Über den Rand ihrer Tasse schaute sie Takeru in die Augen. „Danke der Nachfrage. Ich habe so gut wie schon lange nicht mehr geschlafen.“ „Du willst mich veräppeln. Ich weiß wie unbequem die Couch ist.“ „Wenn schon. Ich hatte dich in meinen Armen.“ Seine Augen blickten sie liebevoll an. Hikaris Gesicht nahm einen leichten Rotton an. Als sie ein stupsen an ihrer Wade spürte musste sie schmunzeln. Hikari ging in die Hocke und streichelte die weiße Katze. „Guten Morgen Gatomon. Wo hast du deinen Freund gelassen?“ „Falls du den anderen Stubentiger meinst. Er schleicht um meine Beine.“ Takeru ging in die Hocke und streichelte den rot-weißen Kater. Überrascht sah sie ihren Stubentiger an. „Patamon mag dich sehr.“ Nachdem die Beiden die Getränke ausgetrunken und etwas gegessen hatten verabschiedete sich Takeru von Hikari. An der Wohnungstür gab er ihr einen Abschiedskuss und streichelte ihr zärtlich über ihre Wange. „Ich melde mich, wenn ich mit Louisa und Jean zu Hause bin. In Ordnung?“ Sie nickte ihm zu. „Pass gut auf dich auf und grüße Louisa von mir.“ Ein Lächeln schlich sich in sein Gesicht. „Das werde ich machen. Ich bin schon gespannt, wie sie auf dich regieren wird.“ Mit diesen Worten drehte er ihr den Rücken zu und ging. Eigentlich wollte Takeru Hikari bitten mit zum Flughafen zu kommen. Ihm wurde bewusst, dass dies nur mehr Fragen aufwirbeln würde, als sie Beide beantworten konnten. Immerhin fuhr Yamato ihn zum Flughafen. Auf die fragenden Blicke von seinem Bruder hatte er keine Lust. Jeans Sticheleien wollte er auch aus dem Weg gehen. Er konnte sich selber nicht erklären, was zwischen Hikari und ihm passierte. --- Abgehetzt betrat Takeru seine Wohnung. Seine Schuhe streifte er sich eilg im Flur ab, die Jacke lag auf dem Fußboden. Auf dem Weg zur Küche entledigte er sich schon seines Oberhemdes und schmiss es achtlos auf die Couch. Schnell schaltete er die Kaffeemaschine ein. Auf den Weg zum Badezimmer zog er sich hastig seine Hose aus, diese fiel auf den Boden vor seiner Schlafzimmertür. Schnell noch die Boxershorts aus und schon stand er unter der Dusche. Das warme Wasser tat seinen verspannten Muskeln gut. Nachdem er sich abgetrocknet hatte ging er in sein Schlafzimmer. Eilig nahm er sich eine dunkelblaue Jeans und ein Shirt aus dem Kleiderschrank und zog sich an. Seine Haare waren noch feucht, darum wollte Takeru zurück ins Bad gehen, als es an der Haustür klingelte. „Verdammt.“ Hastig ging er zur Sprechanlage und betätigte den Summer, damit sein Gast eintreten konnte. Der Blonde blickte sich in seiner Wohnung um. Diese sah für seine Verhältnisse wie ein Schlachtfeld aus. Er wollte grade seine achtlos in der Wohnung verteilten Klamotten einsammeln als es an der Wohnungstür klingelte. „Hey TK!“ Yamato begrüßte seinen Bruder. Der Ältere blickte über die Schulter seines Bruders. „Es sieht aus, als hättest du es ganz schön krachen lassen.“ Entsetzt schaute Takeru seinen Bruder in die Augen. „Hast du sie noch alle?“ „Hast du dich mal in deiner Wohnung umgeschaut? Es sieht aus, als wenn du Damenbesuch hattest und ihr nicht schnell genug eure Sachen loswerden konntet.“ „Dazu müsste Kleidung einer Frau auf dem Boden liegen. Siehst du etwa welche? Ich nicht. Ich bin gerade nach Hause gekommen und war noch unter der Dusche.“ Fragend zog Yamato eine Augenbraue hoch. „Ehrlich gesagt, möchte ich gar nicht wissen, was du getrieben hast. Bist du fertig? Wir müssen zum Flughafen.“ Takeru presste die Zähne zusammen. „Dein Kaffee steht in der Küche. Ich sammele meine Sachen ein, dann können wir los.“ „Wenigstens hast du noch an einen Kaffee gedacht.“ Mit diesen Worten verschwand Yamato in die Küche seines Bruders. --- Die Autofahrt verlief größtenteils schweigend. Yamato konzentrierte sich auf den Straßenverkehr. Takeru war in Gedanken versunken. Er versuchte das Chaos zu ordnen, welches sich über ihn zusammen braute. Je dichter sie dem Flughafen kamen, desto unruhiger wurde er. Er schob es auf die Vorfreude seine Schwester nach fast einem halben Jahr endlich wieder in die Arme zu schließen. Mit seinem besten Freund sprechen zu können. Vielleicht konnte er ihm einen Rat geben. „Wir sind da, TK.“ Sein Bruder rührte sich keinen Millimeter. „Hey Kleiner, wir sind am Flughafen.“ Nachdenklich musterte Yamato seinen Bruder. „Takeru!“ Erschrocken zuckte der Jüngere zusammen, als er die laute Stimme seines Bruders hörte. „Kommst du? Wir sind da.“ Yamato deutete auf das Gebäude. „Ja klar.“ „Wo bist du nur mit deinen Gedanken? Sag nichts, ich kann es mir denken.“ Überrascht sah Takeru seinen Bruder in die Augen. Bevor er sich um Kopf und Kragen redete stieg er schnell aus dem Auto aus. Er streckte seine verspannten Glieder und ging los. „TK, tue mir bitte einen Gefallen und passe auf sie auf.“ Sie hatten die Ankunftshalle erreicht. Die Brüder stellten sich in die Nähe von der Tür, durch die die ankommenden Gäste gehen mussten um in diese zu gelangen. „Ich habe keine Ahnung wovon du sprichst.“ „Ich habe Augen im Kopf. Vergesse nicht, dass ich gestern auch auf dem Tanzabend war.“ Die Brüder wurden von einer glockenhellen französisch sprechenden Stimme unterbrochen. Takeru drehte sich in die Richtung und blickte in die strahlenden blauen Augen seiner Schwester. Schnell ging er auf sie zu hob sie hoch und drehte sich mit ihr im Kreis. „Schön, dass du da bist. Ich hab dich vermisst Krümel.“ Er gab ihr einen Kuss auf die Wange. „Ich dich auch Großer.“ Yamato sah sich seine Geschwister an. Beide wirkten glücklich und so vertraut. Er verstand Taichi wieder ein Stück mehr, als er sich seine Schwester ansah. Louisa war eine attraktive junge Frau. Ihre kindliche Naivität und Unbeschwertheit hatte sie noch nicht ganz abgelegt. Sofort war der Wunsch da, sie zu schützen. „Lässt du mich bitte runter?“, erklang die Stimme von Louisa. „Klar.“ Kaum hatte Takeru seine Schwester aus seinen Armen entlassen, hatte diese sich schon Yamato zuwandte. „Oh Mann. Ich fasse es nicht. Endlich sehe ich dich mal wieder.“ Louisa hatte den Satz noch gar nicht zu Ende gesprochen, da hatte sie schon ihre Arme um den Hals ihres älteren Bruders gelegt. Dieser sah ein wenig hilflos zu Takeru. Er zuckte mit den Schultern. „So ist unser Krümel nun mal.“ Der jüngere Blonde drehte sich den jungen Mann zu. Mit einem Handschlag begrüßten sich die besten Freunde. „Danke altes Haus, dass du auf Louisa aufgepasst hast.“ Takeru drückte Jean kurz an sich. Beide grinsten sich an. „Nicht der Rede wert. Wir sollen dir liebe Grüße von deinen Eltern und Lisa ausrichten.“ „Danke dir.“ Ein seltsames Gefühl breitete sich in Takeru aus. Unbewusst blickte er sich in der Menschenmasse um. Kurz stockte sein Atem. Konnte das etwa sein? Kapitel 23: Herzlich willkommen in Tokio ---------------------------------------- Verwirrt schaute sich Takeru noch einmal in der Halle um, bevor Jean und Louisa ihn mit Fragen bombardierten. Schnell waren seine chaotischen Gedankengänge vergessen, als er sich auf das Gespräch mit den beiden konzentrierte. Yamato kam es vor, als würde er mitten in Paris stehen. So schnell und durcheinander hatte er die französische Sprache schon lange nicht mehr gehört. Es wunderte ihn, das jeder die Frage die an ihn gestellt wurde beantworten konnte um im nächsten Moment sich den anderen Gesprächspartner zu zuwenden. Lange hatte er Takeru nicht mehr so gelöst gesehen. Stolz hatte er einen Arm um Louisas Schulter gelegt und sie zärtlich an seinen Oberkörper geschoben. Diese Geste kam ihm sehr bekannt vor, wenn er an seinen besten Freund und dessen Schwester dachte. Langsam fing sein Kopf an zu pochen. Japanisches Stimmenwirrwarr gemischt mit französischen Gesprächen und englischen Wortfetzen war einfach zu viel für seine Nerven. Der Schlafmangel der letzten Nacht machte sich bemerkbar. Ihm taten immer noch seine Ohren weh, wenn er an das Rumgeheule von Taichi dachte. Yamato wusste nicht, wer mehr leiden musste: Taichi, weil er aus seiner Wohnung geflogen war. Mimi, die einen Trottel zum Ehemann hatte. Sora, die einer wütenden Mimi alleine ausgesetzt war. Hikari, weil sie Taichis Schwester war. Takeru, weil er Taichis Unmut auf sich gezogen hatte. Oder er selbst, weil er eine Nacht auf seine geliebte Frau verzichten musste. Dies musste der Sänger auf den Tourneen zu genüge machen. Er kam zu einem Ergebnis: Er musste so schnell wie möglich das Flughafengebäude verlassen. „TK! Ich gehe schon zum Auto. Kommt bitte so schnell wie möglich hinterher.“ „Wir kommen gleich mit. Ist alles in Ordnung?“ Yamato nickte. „Ich bekomme nur Kopfschmerzen. Daran bist du nicht unschuldig. Ich durfte mir die ganze Nacht von Tai anhören, dass du dich an seine Schwester rangemacht hast.“ „Wir haben getanzt, Matt. Was normal ist auf einem Tanzabend.“ „Erst habt ihr einen Walzer miteinander getanzt. Danach eure Zungen einen Samba.“ Louisa quietschte erfreut auf. Jean sah sie verständnislos an. Die Brüder hatten sich auf Japanisch unterhalten. Daher konnte er dem Gespräch nicht folgen. Takeru stöhnte genervt auf, als er den Freudenschrei seiner Schwester wahrnahm. „Was habt ihr zwei?“, fragte Yamato auf Französisch bei seinen Geschwistern nach. „Matt, ich hatte dir doch gesagt, dass Louisa japanisch versteht. Das war der Beweis.“ „Sorry! Daran habe ich nicht gedacht.“ „Takeru hat eine Frau geküsst“, erzählte sie Jean. Dieser sah erst erstaunt Louisa an und danach seinen besten Freund. „Du hast was?“ Kurz stöhnte Takeru auf. „Zu spät“, zischte er Yamato an. „In der Hinsicht bin ich dir keine Rechenschaft mehr schuldig, Jean. Ich bin nicht mehr mit Chloé zusammen“, fauchte der jüngere Blonde seinen besten Freund an. Jetzt war das eingetreten, was er eigentlich umgehen wollte. „Was denn? Ich würde mich für dich freuen, wenn du wieder jemanden findest, der zu dir passt.“ „Danke sehr, aber das ist … Lasst und endlich zum Auto gehen.“ Gemeinsam machten sich die Vier auf den Weg zum Parkplatz. Takeru und Jean schoben die Kofferwagen, während Yamato die Handgepäcktasche von Louisa trug. Die junge Frau ging zwischen ihren Brüdern. Sie schaute zwischen Yamato und Takeru hin und her. Die Ähnlichkeit zwischen den Beiden war nicht zu verkennen. Trotzdem gab es Unterschiede: Yamato war ein kleines Stück größer, als Takeru. Dafür hatte Takeru einen austrainierten Körper. Die Haare waren bei dem Älteren ein wenig heller. Die Charaktere waren in vielen Dingen gleich und doch wieder verschieden. Louisa richtete ihren Blick auf ihren ältesten Bruder. Yamato hatte einen verschlossen und ernsten Gesichtsausdruck. Es war schwer seine Gefühlswelt wahr zu nehmen. Als er Louisa anschaute verschwand sein Pokerface und er lächelte sie an. Er wirkte selbstbewusst, glücklich und irgendwie erleichtert. Der Ältere konnte es nicht offen zeigen, aber sie spürte, dass er sich aufrichtig freute sie wiederzusehen. Sie sah sich Takerus Profil an. Der ernste, verbitterte und wütende Gesichtsausdruck war einem freundlichen, offenen und lebenslustigen Blick gewichen. Seine Augen waren nicht mehr matt sondern strahlten. Diese erinnerten sie an kleine Diamanten. Diesen Ausdruck kannte Louisa nur, wenn Takeru früher Chloé angeschaut hatte. Selbst sein Gangbild hatte sich verändert. Er ging aufrechter, was ihn noch größer wirken ließ, als er ohnehin schon war. Die Blondine musste schmunzeln. „Du hast eine Freundin Großer?“ Kam Louisa fragend zu einem Ergebnis. ‚Ich habe ihren siebten Sinn vergessen. So wie die Sache jetzt läuft hätte Hika auch gleich mitkommen können. Wie komme ich jetzt aus der Sache wieder raus?‘ „Nein, habe ich nicht.“ ‚Gelogen ist es nicht. Wir wissen immerhin nicht, was das gestern Abend und heute Morgen war.‘ „Habt ihr eine Affäre?“, bohrte sie weiter nach. ‚ Wir haben uns geküsst. Mehr war nicht. Okay, wir sind zusammen auf der Couch eingeschlafen und haben gekuschelt. Fängt so eine Affäre an?‘ „Wie bitte?“, empörte Takeru sich. „Das hört sich nach einem Flirt ein“, gab Jean amüsiert von sich. ‚Jetzt fängt der auch noch an. Klasse! Danke Matt!‘ „Ihr nervt. Habt ihr keine anderen Sorgen, als mein Liebesleben?“ „Dazu müsstest du erst einmal eines haben, damit man sich Sorgen machen kann“, kam es trocken von Yamato. ‚Super, erst brockt er mir die Suppe ein und jetzt muss er seinen Senf auch noch dazugeben.‘ Mittlerweile hatten sie den Parkplatz erreicht und die Brüder verstauten das Gepäck im Kofferraum. „Ich bin froh, dass mir Sora den Rat gegeben hat mit der Familienkutsche zu fahren“, murmelte der Sänger vor sich her. „Ich wäre froh gewesen, wenn du deine Klappe gehalten hättest, Matt.“ „Ich habe mich entschuldigt. Mehr kann ich nicht machen. Mir fehlt mein Schlaf. So gesehen bist du selber schuld“, grinste Yamato seinen Bruder an. „Du bist wirklich mit keiner anderen zusammen gewesen, seitdem du in Tokio lebst?“ Jean hatte eine Augenbraue hochgezogen und musterte seinen besten Freund skeptisch. ‚Nicht schon wieder.‘ „Ich war mit mir selber beschäftigt.“ „Dann ist es etwas ernstes, wenn du die Kleine abgeknutscht hast.“ Takeru wollte gerade zum Gegenschlag ausholen, als Yamato Jean einen wütenden Blick zuwarf. „Ihr Bruder und ich sind die Einzigen, die Hikari ‚Kleine‘ nennen. Klar?“ Eingeschüchtert nickte Takerus Freund und sah dessen Bruder an. „Hikari? Etwa die Hikari?“ Erstaunt blickte Louisa in die Augen von Takeru. ‚Jackpot!‘ „Ähm …“ „Sag einfach was Sache ist, TK. Vielleicht geben die Beiden dann Ruhe.“ „Ich -“, versuchte es der jüngere Blonde erneut mit einer Erklärung. Verwundert sah Yamato auf seine Schwester. „Momentmal: Louisa, du kennst Hikari?“ „Ich weiß es nicht. Bei dem was Takeru erzählt hat glaube ich schon, dass ich sie kenne. Ich hatte vor Jahren in Paris eine Fotografin getroffen, die Hikari hieß und aus Japan kam. Wir hatten einen lustigen Nachmittag. Gemeinsam hatten wir viele Fotos von Paris aufgenommen. Takeru brauchte Fotos für seine Arbeit. Er fragte mich, ob er mein Foto, welches ich mit Hikaris Hilfe gemacht hatte, veröffentlichen konnte.“ „Wie hattet ihr euch unterhalten?“ Neugierig schaute Yamato Louisa an. „Sie sprach fließend Französisch.“ Der Älteste in der Runde zog seine Augenbraue nach oben und schaute seinen Bruder an. „Diese Unterhaltung sollten wir im Auto führen TK. Alle Einsteigen.“ Yamato startete den Motor. Sofort erklang Musik. Er fuhr langsam aus der Parklücke. Als sie nach kurzer Zeit auf die Autobahn fuhren schaute Yamato in den Rückspiegel. „Ich hoffe, dass ich das was ich gerade sehe falsch interpretiere. Sonst hat dein Freund ein echtes Problem.“ Er deute mit seinem Daumen nach hinten. Takeru drehte sich nach hinten und musste schmunzeln. Louisa hatte ihren Kopf an die Schulter von Jean gelehnt. Seine Wange war auf ihren Kopf gebettet. Ihre Hände waren übereinander gelegt. Er schaute seinen Bruder in die Augen. „Definitiv. Sie ist wie eine kleine Schwester für ihn. Die Beiden hatten einen langen Flug. Die Zeitverschiebung darfst du auch nicht vergessen.“ „Ich hoffe, du hast Recht.“ „Das habe ich.“ Nachdenklich schaute er seinen Bruder von der Seite an. „Was hast du?“ „Louisa kennt Kari?“ Der Angesprochene nickte. „Hikari und ich waren sehr überrascht, als wir das festgestellt hatten.“ „Was läuft zwischen Kari und dir?“ Kurz schauten die blauen Augen Yamatos seinen Bruder an, bevor er sich wieder auf den Straßenverkehr konzentrierte. „Wir wissen es nicht.“ Nachdenklich schaute Takeru aus dem Fenster. Diese Frage beschäftigte ihn schon den ganzen Tag. Er fand einfach keine Antwort. „Du küsst nicht ohne einen Grund eine Frau.“ „Ich weiß nur, dass wir gemeinsam versuchen eine Antwort zu finden.“ „Sei einfach ehrlich Kari und dir gegenüber.“ Der jünger Blonde nickte. „Falls es um Ken geht -“ „Er ist ihr Tanzpartner. Das hat sie mir schon mehrfach erklärt.“ „Wie geht es dir dabei?“ „Was meinst du?“ „Kari in den Armen von Ken zu sehen.“ Takeru verzog sein Gesicht kurz zu einer Grimasse. „Es ist schon komisch. Tanzen ist ein Sport mit viel Körperkontakt.“ „Hör mal gut zu TK: Ken ist Karis Tanzpartner, mehr nicht. Die beiden sind seit vierzehn Jahren ein Tanzpaar. Da war nie etwas zwischen den Beiden was über das Tanzen hinausging.“ „Was nicht ist kann noch werden.“ „Du kannst deine schlechten Erfahrungen, die du mit Chloé gemacht hast, nicht auf Kari übertragen. Das ist unfair ihr gegenüber. Ich kenne Kari ihr ganzes Leben. Sie ist wie eine kleine Schwester für mich. Eines kann ich dir mit Sicherheit sagen: Sie ist eine der ehrlichsten Menschen die ich kenne. Kari würde dir nicht sprichwörtlich das Messer von hinten in den Rücken rammen. Sie würde dir in die Augen sehen. Jetzt nochmal zu Ken: Er ist verheiratet hat zwei Kinder und liebt seine Frau.“ Erstaunt sah Takeru seinen Bruder an. „Die Frau, mit der er nach dem Eröffnungstanz getanzt hatte ist seine Ehefrau?“ „Richtig, sie heißt Miyako, wird aber fast immer Yolei gerufen. Außerdem ist sie die Mutter seiner Kinder.“ Takeru merkte, wie erleichtert er sich mit einmal fühlte. Diese Information warf ein ganz anderes Licht auf die ganzen Fragen, die er sich stellte. „Danke dir, Matt.“ „Gerne doch. Kari ist eine wundervolle Frau. Mach das Richtige, mit dem was ich dir gesagt habe.“ Takeru nickte seinem Bruder zu. „Du solltest die Schlafnasen hinter uns wecken. Wir sind gleich da.“ --- „Möchte jemand einen Kaffee oder etwas anderes zu trinken?“ Fragend sah Takeru seinen Besuch und seinen Bruder an. „Kaffee! Stark!“, kam es einsilbig von Yamato. „Ich würde auch gerne einen Kaffee trinken“, kam es von Jean. „Hast du ‚Grenadine‘ da?“ Takeru nickte und grinste seine Schwester an. „Manche Gewohnheiten legst du wohl nicht ab? Immer noch mit stillem Wasser?“ Louisa lächelte ihren Bruder an. „Richtig.“ Diesen Sirup hatte die Blondine schon als kleines Mädchen gerne getrunken. Am besten schmeckte ihr dieser mit stillem Mineralwasser. Zeitweise trank sie den Sirup auch mit Milch. Takeru stellte die fertigen Getränke auf den Tisch. Die Männer nahmen sich jeder eine Kaffeetasse. Während Louisa nach ihrem Glas mit dem Sirup griff. „Warte Krümel, ich habe etwas vergessen.“ Takeru ging in die Küche und kramte in einer Schublade. Er nahm den gesuchten Gegenstand in die Hand und reicht diesen seiner Schwester. „Bitte, der Strohhalm gehört dazu.“ „Danke dir.“ Genüsslich tank sie ihr Getränk mit dem Strohhalm. Kurze Zeit später verabschiedete sich Yamato. Er nahm seine Schwester in die Arme und drückte ihr einen kleinen Kuss auf die Stirn. „Grüße bitte Sora und Haru von mir.“ „Das werde ich machen. Danke dir. Ich freue mich, dass du da bist.“ „Ich habe dich auch lieb.“ Louisa drückte Yamato einen Kuss auf seine Wange. Louisa, Takeru und Jean saßen auf der Couch und unterhielten sich. „Sag mal Jean, was macht Chloé eigentlich?“ Verwundert schaute der Braunhaarige Takeru an. „Wieso interessiert dich das?“ „Eigentlich ist es mir egal, was sie macht. Ich hatte heute nur das Gefühl, dass ich sie am Flughafen gesehen habe.“ „Das kann nicht sein, Takeru. Sie war vor einer Woche bei mir. Sie hat mir erzählt, dass sie sich auf die Semesterprüfung vorbereiten muss.“ „Was sollte sie auch hier? Außerdem hätten wir sie auf dem Flughafen in Paris oder im Flieger sehen müssen“, kam es von Louisa. „Das muss nicht unbedingt stimmen“, sprach Jean nachdenklich. „Wie meinst du das?“ „Ach nichts. Wie gesagt, sie ist in Marseille.“ Leise fügte er hinzu: „So viel ich weiß.“ Für Takeru war das Thema abgeschlossen. Schnell lenkte er das Gespräch in eine andere Richtung. „Lasst uns von was anderem sprechen: Louisa, du schläfst in meinem Schlafzimmer. Jean, für dich habe ich ein Bett in meinem Arbeitszimmer fertig gemacht.“ „Wo schläfst du?“ Neugierig sah Louisa ihren Bruder an. „Hier auf der Couch.“ „Ich schlafe hier.“ „Nein! Louisa du schläfst in meinem Schlafzimmer.“ Takerus Handy klingelte. Er sah auf das Display und lächelte. „Ende der Diskussion, Louisa. Entschuldigt mich kurz, dass ist ein wichtiger Anruf.“ „Ist der Anruf von deiner Freundin?“ „Halt die Klappe, Jean.“ „Es ist deine Freundin“, stichelte er weiter. „Du bist ein Depp“, faucht Takeru ihn an und ging Richtung Schlafzimmer. „Ich bleibe bei meiner Meinung.“ „Glaub doch was du willst.“ „Das mache ich auch“, kam die freche Antwort. „Wie ich das vermisst habe“, lachte Takeru auf und schloss die Tür, damit er ungestört mit Hikari telefonieren konnte. Kapitel 24: Enoshima -------------------- Mimi fuhr gerade ihren Computer herunter. Sie seufzte auf. Den ganzen Tag über war es ihr gelungen, die Enttäuschung und die Wut, die sie immer noch verspürte wenn sie an Taichi dachte, nicht so nahe an sich herankommen zu lassen. Kaum hatte die Ernährungswissenschaftlerin ihren Arbeitsplatz verlassen fragte sie sich wieder, was ihren Göttergatten dazu getrieben hatte mit Meiko zu tanzen und warum er Hikari und Takeru den Abend versaut hatte. In Gedanken versunken ging sie an Sora vorbei, ohne diese wahrzunehmen. „Hey Mimi“, machte die Rothaarige auf sich aufmerksam. Erschrocken zuckte die Brünette zusammen. „Hallo Sora, Entschuldigung ich habe dich gar nicht gesehen“, kam es verlegen von ihr. Ihre beste Freundin lächelte sie an. „Das habe ich gemerkt. Ich wollte dich abholen und noch mit dir etwas besprechen.“ „Oh, in Ordnung. Was hast du auf dem Herzen?“ „Komm lass uns zum Auto gehen. Während der Fahrt können wir uns unterhalten.“ Als sie an dem Wagen von Sora ankamen schaute Mimi sie erstaunt an. „Matt lässt dich mit seinem Schlitten fahren? Er muss dich sehr lieben.“ Sora lachte. „Ihm blieb nichts anderes übrig. Takeru hat sich noch nicht daran gewöhnt, dass in Tokio Linksverkehr herrscht. Daher hat er Matt gebeten ihm zum Flughafen zufahren um mit ihm Louisa und Jean abzuholen. Sein Wagen wäre zu klein für vier Personen und das Gepäck. Das einzige was er zu mir gesagt hat, als er mir die Schlüssel für seinen Wagen gab war: ‚Schatz ich möchte ‚Babe‘ ohne Kratzer oder Dellen und dich ohne irgendeinen Gips an Armen oder Beinen zurück haben.“ Die Frauen lachten auf, schnallten sich an und Sora fuhr los. Normalerweise ließ Yamato nie einen anderen hinter das Lenkrad seines geliebten schwarzen Sportwagens. Taichi hatte sich des Öfteren eine Kopfnuss eingefangen, wenn er es gewagt hatte zu fragen. „Freut Matt sich auf seine Schwester?“ „Klar, die beiden haben ein Narren aneinander gefressen.“ „Nicht das wir jetzt noch einen durchgeknallten großen Bruder wie Tai haben“, grinste Mimi ihre Freundin an. Sie merkte einen kleinen Stich in ihrem Herzen. Der Streit mit ihrem Mann tat ihr in der Seele weh. Sie hasste es, ohne Taichi aufzuwachen, oder ohne einen Guten Morgen Kuss in den Tag zu starten. In Gedanken versunken merkte sie gar nicht, wohin Sora sie fuhr. „Ich glaube, dass dieser Kelch nicht an uns vorbei gehen wird. Ich habe Angst davor, dass sich Matt und Tai in der Hinsicht zusammenschließen. Falls das der Fall sein sollte haben weder Kari noch Louisa etwas zu lachen“, seufzte sie auf. Kurz sah sie zu ihrer besten Freundin hinüber. Diese schaute aus dem Fenster und hatte ihr Kinn leicht auf ihrer Handfläche gestützt. Sora lächelte jetzt war sie sich sicher, dass Taichis Versöhnungsversuch Früchte tragen würde. Die Rothaarige parkte das Auto und stellte den Motor ab. „Mimi, wir sind da. Du kannst aussteigen.“ Überrascht schaute die Brünette sie an. „Sora, was soll ich auf dem Bahnhof? Was wollen wir hier?“ „Du fährst mit dem nächsten Zug nach Enoshima.“ Verdutzt schaute Mimi Sora an. „Was soll ich auf Enoshima?“ „Dir die Insel anschauen? Deine Seele baumeln lassen, dich entspannen -“ „Sora! Stopp! Was soll ich alleine auf der Insel, die nicht größer als ein Schuhkarton ist?“ „Mit deinem Ehemann sprechen zum Beispiel?“ „Das kann ich auch zu Hause machen.“ „Falsch, meine Liebe. Du hast ihn ausquartiert. Tai haust bei Matt und mir. Er muss Matt ganz schön die Ohren vollgejault haben. Mein Handy hat fast seinen Dienst eingestellt, bei den ganzen Nachrichten dir er mir geschickt hat. Die letzte Nachricht war im Übrigen, dass Tai wohl kein Glück mit seiner dämlichen Aktion gehabt. TK meinte heute Morgen zu ihm, dass er gerade erst nach Hause gekommen war, als Matt ihn abgeholt hat.“ Mimi sah sie mit großen Augen an. „Das ist nicht dein Ernst? Kari und Takeru haben die Nacht miteinander verbracht? Takeru ist ein Kopf kürzer, wenn Tai das herausfindet.“ „Matt weiß nicht, was passiert ist. Er hat nicht weiter nachgefragt und sich seinen Teil gedacht. So wie du es eben auch gemacht hast. Du musst dich jetzt aber beeilen, dein Zug fährt gleich ab.“ „Ich soll Tai alleine bei euch lassen?“ Sora verdrehte ihre Augen. „Nein Mimi, dass sollst du natürlich nicht machen. Tai wartet am Zug auf dich.“ „Nein! Ich habe keine Klamotten dabei“, kam es trotzig von der Brünetten. Genervt hielt ihr die Rothaarige eine kleine Tasche entgegen. „Hier, deine Reisetasche. Ich habe sie für dich gepackt, nachdem Tai mir von seinem Plan erzählt hat. Jetzt verschwinde zu deinem Ehemann. Der bereut sein Verhalten aufrichtig. Sei nicht allzu streng mit ihm.“ „Darf ich ihn zappeln lassen?“ „Von mir aus. Verdient hat Tai es auf alle Fälle“, grinste Sora ihre beste Freundin an. „Sehe zu, dass du zum Zug kommst.“ Mimi umarmte ihre beste Freundin und gab ihr einen Kuss auf die Wange. „Danke Sora, du bist die beste Freundin, die ich mir vorstellen kann.“ „Danke und jetzt beeile dich.“ Die Frauen umarmten sich bei der Verabschiedung. Mimi war noch gar nicht ganz aus dem Blickfeld von Sora verschwunden, als diese ihr Handy aus der Tasche holte. „Hey Tai, Mimi ist auf den Weg zum Zug. Ich gebe dir einen Rat: Versaue es nicht, sonst ist die nächste Frau auf dich sauer. Viel Spaß euch.“ Kaum hatte sie aufgelegt wählte sie schon die nächste Nummer. „Hallo … Ja, das Auto ist noch ganz und ich bin unverletzt … Unsere Wohnung gehört wieder uns … Ich freue mich auch auf den Abend…. Ich liebe dich auch. Bevor du es noch einmal sagst: Ich fahre vorsichtig. Bis heute Abend.“ --- „Hey Tai“, begrüßte Mimi ihren Mann kühl. Sie drückte ihm ihre Tasche in die Hand. Er nahm ihr diese ab. „Hallo Mimi“, kam es leise über seine Lippen. Taichi wusste genau, dass er keine Anstalten machen brauchte um ihr einen Kuss zu geben. Es sei denn, er wollte unbedingt eine schallende Ohrfeige kassieren. „Was soll ich auf Enoshima?“ Ihr kalter Blick ließ ihn zusammen zucken. „Ich wollte mich bei dir für meine Dämlichkeit entschuldigen. Außerdem wollte ich dir den Urlaub schenken, von dem ich-“ „Seit mindestens einem Jahr sprichst. Ist ja toll, dass dir dafür die ‚größte‘ Insel ganz Japans einfällt.“ Mimi drehte sich beleidigt weg und stieg in den Zug ein. „Wir können uns so wenigstens nicht aus dem Weg gehen“, sprach Taichi mit leicht wütender Stimme und betrat ebenfalls den Zug. „Ich verspreche dir eins, wenn der Urlaub vorbei ist und du es nicht geschafft hast mich von einer ehrlichen Entschuldigung zu überzeugen wird es Enoshima nicht mehr geben, da die Insel untergegangen wäre wie Pompeii.“ „Soweit ich weiß gibt es keinen Vulkan auf Enoshima.“ „Falsch mein Lieber. Ich werde der Vulkan sein“, grinste sie ihn süffisant an. „Das wird schwieriger, als ich gedacht habe“, murmelte der Braunhaarige vor sich her. Die Zugfahrt verlief größtenteils schweigend. Taichi wollte keinen Ehestreit im Zug heraufbeschwören. So hing er seinen Gedanken nach. Er könnte sich selber ohrfeige, in den Hintern treten, sich in den selbigen beißen, wenn er daran dachte, wie er sich am Tanzabend verhalten hatte. Ihm war einfach eine Sicherung durchgebrannt, als er Hikari und Takeru zusammen sah. Es störte ihn, dass der Blonde der Vorgesetzte seiner Schwester war. Diese Konstellation konnte nur Ärger bedeuten. Hikari wäre wieder am Boden zerstört, wenn diese – was war das zwischen seiner Schwester und Takeru? Eine Affäre, ein Flirt, eine Beziehung? - was auch immer das war scheitern würde. Ihm kam es nicht in den Sinn, dass Yamato eingeschritten wäre, wenn Takeru nur mit Hikari spielen würde. Sein bester Freund hatte den letzten Abend dazu genutzt um Taichi ein wenig aus dem Leben seines Bruders zu erzählen. Das dieser bis jetzt nur eine Beziehung hatte, die über viele Jahre ging. Natürlich hatte er nicht gesagt, was der Grund für das Scheitern von Takerus Beziehung war. Taichi kam sich immer schäbiger vor, wenn er daran dachte, dass er nicht nur die Gefühle seiner Frau, sondern auch die von Hikari und in gewisser Weise auch die von Yamato verletzt hatte. Als er heute Morgen die Augen auf schlug und Mimi nicht bei ihm war, fühlte er eine Kälte in sich. Da kam ihm die Idee sich mit diesem Urlaub zu entschuldigen. So wie es jetzt lief, sah es ziemlich düster für ihn aus. Mimi ignorierte ihn gekonnt. Mimi atmete erleichtert auf, als sie den Bahnhof von Enoshima betrat. Jetzt hatte sie einen größeren Abstand zu Taichi, dies war ihr sehr willkommen. Natürlich hatte sie die traurigen Blicke ihres Mannes auf sich gespürt. Sie war sich auch bewusst, dass er seine Fehler eingesehen hatte und sich über sich selber ärgerte. Trotzdem konnte sie ihm nicht sofort um den Hals fallen und ihn leidenschaftlich küssen, auch wenn sie dies nur zu gerne tun würde. Mimi wollte ihn noch ein wenig zappeln lassen, bevor sie Taichi zeigte, dass sie schon längst nicht mehr wütend auf ihn war. Es herrschte immer noch eisernes Schweigen zwischen den Eheleuten, als die das Hotel betraten. Taichi meldete sie bei der Rezeption an und holte den Zimmerschlüssel. Danach nahm er das Gepäck von Mimi und sich und führte sie ihn ihr Zimmer. Kaum war die Tür geschlossen wagte Mimi einen Vorstoß: „Warum hat Sora mich von der Arbeit abgeholt und nicht du?“ Taichi zuckte zusammen, als er ihre leise Stimme hörte. Eigentlich hatte er damit gerechnet, dass sie ihn anschreien, ihm eine Ohrfeige verpassen, oder mit der Tür knallen würde. Das Mimi ihn mit dieser leisen Stimme ansprach zeigte ihm deutlich, dass sie immer noch verletzt war. Diese Erkenntnis versetzte ihm ein Stich im Herzen. Er schluckte hart, bevor er antwortete: „Ich habe den Urlaub vorbereitet. Es tut mir Leid, Mimi.“ „Meinst du jetzt den Urlaub, dein kindisches Verhalten auf dem Tanzabend, oder den Tanz mit deiner Ex? Was genau tut dir Leid?“ Mimis Augen fingen verräterisch an zu glitzern. Taichi ging auf sie zu und zog sie in seine Arme. Erleichtert atmete er aus, als er merkte, dass Mimi seine Nähe zuließ. „Alles, was du eben aufgezählt hast. Außer das ich auf die Idee mit dem gemeinsamen Urlaub gekommen bin. Ich war ein Vollidiot, das weiß ich.“ Beruhigend streichelte er ihr über den Rücken. „Ich würde den Abend gerne ungeschehen machen, das kann ich aber nicht.“ „Du bist der größte Idiot, den ich kenne. Ist dir das klar? Du wirst nie wieder mit Meiko tanzen. Verstanden?“ „Ob du es glaubst oder nicht, das habe ich schon selber gemerkt, Prinzessin. Und ich verspreche dir, dass ich nie wieder mit Meiko tanzen werde.“ „Kari und Takeru lässt du auch in Ruhe.“ Taichi knirschte mit den Zähnen. „Du Idiot! Kari ist erwachsen. Sie weiß, was sie tut. Falls sie Hilfe braucht wird sie sich an dich wenden.“ Die Stimme von ihr wurde wieder energischer. Er zog seinen Kopf ein. Im Grunde seines Herzens wusste er, dass Mimi Recht hatte. „Ich werde es versuchen. Okay?“ Sie zog eine Augenbraue nach oben. "Das reicht nicht." „Ich gebe mein Bestes.“ Mimi verschränkte die Arme vor ihrer Brust. "Immer noch kalt." „Okay, ich lasse Kari in Ruhe.“ Mimi fing an mit ihrem Fuß zu tippeln. "Etwas wärmer." „Du machst mich fertig, Mimi. Takeru werde ich auch in Ruhe lassen. Bist du jetzt zufrieden?“ Seine Frau lächelte ihn an. „Geht doch. Warum nicht gleich so?“ Erleichtert grinste Taichi. „Wenn wir uns beeilen, können wir noch den Sonnenuntergang am Strand miterleben. Ich habe gehört, dass dieser wunderschöne sein soll.“ „Worauf wartest du noch Tai? Das Schauspiel möchte ich auf keinen Fall verpassen.“ Sie zog ihn an der Hand aus dem Zimmer. Taichi und Mimi hatten sich ein gemütliches Plätzchen am Strand ausgesucht, um den Sonnenuntergang zu beobachten. Sie genossen den Anblick in vollen Zügen, als der rote Feuerball langsam am Horizont unterging. Die Silhouette des Fujis gab dem ganzen Szenario noch etwas Magisches mit auf den Weg. „Das ist wunderschön“, schwärmte Mimi und kuschelte sich weiter in die Umarmung von Taichi. Dieser saß hinter ihr und hatte sein Kinn auf ihre Schulter gelegt. Seine Beine hatte er rechts und links neben sie gestellt. „Ich habe noch eine Überraschung für dich.“ Erstaunt drehte Mimi ihren Kopf zur Seite und sah ihrem Mann in die Augen. „Noch eine Überraschung?“ „Mh, Morgen schauen wir uns den ‚Samuel-Cocking-Garten‘ an.“ „Du willst dir mit mir Blumen anschauen?“ „Ich weiß, dass du Pflanzen magst. Also, warum nicht?“ „Du machst dir nichts aus dem, wie sagst du immer? Ah, ich habe es: ‚Grünzeug. ‘ „Stimmt, aber ich liebe dich. Da kann ich mir auch Blumen anschauen. Außerdem gibt es da noch andere Sachen zu sehen.“ Mimi drehte sich zu ihm um. „Was hast du gerade gesagt?“ „Ich liebe dich, Prinzessen.“ „Ich liebe dich auch.“ Taichi zog Mimi enger an sich. Beide sahen sich in die Augen. In diesen erkannte er, dass sie ihm verziehen hatte. Sanft nahm er ihr Gesicht in seine Hände und gab ihr einen Kuss. Dieser wurde schnell leidenschaftlicher. Es gab nur den Wind, das Wasser und den Sand als Zeugen, was zwischen den Beiden am Strand von Enoshima passierte. Kapitel 25: Neues aus der Gerüchteküche --------------------------------------- Takeru wurde durch leise Geräusche, die aus seiner Küche kamen, geweckt. Verdutzt schaute er sich um. Als sein Hirn endlich wach war wurde ihm klar, dass er auf seiner Couch geschlafen hatte. Da er eine amerikanische Küche besaß brauchte er nur über die Lehne zu schauen um in die Küche blicken zu können. Was er sah ließ eine längst vergangene Zeit wieder in ihm aufkommen. Louisa stand in seiner Küche und bereitet das Frühstück zu. Sie hatte die Croissant auf ein Backblech gelegt um diese in den Backofen schieben zu können. Die Bewegungen seiner Schwester ließen ihn an seine Mutter denken. Im Allgemeinen sah Louisa ihrer Mutter sehr ähnlich. Als sie zum Esstisch gehen wollte um die Teller darauf zu verteilen blieb Takeru die Spucke weg. Zum ersten Mal wurde ihm vor Augen gehalten, das seine Schwester kein kleines Mädchen mehr war. Die langen blonden Haare, die ihr bis zu den Hüften gingen, hatte sie zu einen einfachen Zopf geflochten. So trug sie ihr Haar schon immer zum Schlafen. Ihre sehr knappe Schlafhose umschmeichelte ihr Hinterteil und ließen ihre langen Beine genug Spielraum um diese gebührend zu präsentieren. Das Schlaftop zeigte mehr, als es verdeckte. ‚Verdammt! Ist das wirklich meine Schwester? Wo ist ihr rosa Elfennachthemd? Hatte sie vor sechs Monaten auch schon so einen Körper? Muss sie mir so deutlich zeigen, dass sie eine Frau geworden ist?‘ Takeru stand von der Couch auf und ging auf Louisa zu. „Genau aus diesem Grund wollte ich im Wohnzimmer schlafen. Du musst Jean nicht so deutlich vor Augen halten, was sich unter deiner Kleidung verbirgt.“ Seine Schwester zuckte erschrocken zusammen, als sie seine Stimme hörte. „Das sagt mir mein Bruder, während er nur mit einer Boxershorts bekleidet vor mir steht“, grinste sie Takeru an. „Guten Morgen Großer.“ Er lächelte sie an. „Guten Morgen Krümel. Hast du mal in den Spiegel geschaut? Dein Outfit zeigt mehr, als es verdeckt. Ich möchte nicht, das Jean dich so sieht.“ Louisa verdrehte ihre Augen. „Er ist mit Lisa zusammen.“ „Du verpasst ihm einen Herzinfarkt, wenn er dich so sieht. Er ist auch nur ein Mann. Gehe jetzt in mein Schlafzimmer und ziehe dir etwas über.“ „Guten Morgen Leute.“ Jean stand, genauso gekleidet wie Takeru, in der Tür des Wohnzimmers und rieb sich verschlafen seine Augen. „Verschwinde sofort in dein Zimmer Jean und zieh dir etwas an“, fauchte Takeru ihn an. „Sagt der Mann, der auch nur in Boxershorts vor mir steht.“ „Das ist nicht witzig. Es gibt einen Unterschied zwischen uns: Ich bin ihr Bruder.“ Sein bester Freund verstand nicht, warum Takeru wütend war, bis sein Blick auf Louisa fiel. Der Braunhaarige sah die Blondine mit großen Augen an. „Wow … Louisa … du siehst-“ „Jean!“ Takerus Stimme hallte drohend durch die Wohnung. „Was denn? Du kennst meine Schwester nackt. Deine hat noch ihr Schlafzeug an.“ „Das ist etwas vollkommen anderes. Ich war mit Chloé fast neun Jahre zusammen. Oder willst du mir beichten, dass Louisa und du ein Paar seid?“ Hektisch drehte Jean von Louisa weg. „Was? Spinnst du? Ich liebe Lisa.“ Takeru sah ihm in die Augen und erkannte, dass er die Wahrheit sagte, was seine Freundin betraf. „Falls es dich beruhigt Takeru, ich habe nichts gesehen-“ „Halt deine Klappe und verschwinde.“ Jean ging schnellen Schrittes auf die Tür des Arbeitszimmers zu. Wütend schaute er auf seine Schwester „Genau das habe ich gemeint, Louisa.“ Er zeigte mit seiner Hand auf die Tür seines Arbeitszimmers, die sich gerade schloss. „Du bist nicht mehr das kleine Mädchen, dass früher im ‚Lillifee‘ Badeanzug vor ihm herum gesprungen ist. Du hast jetzt den Körper einer jungen Frau, somit reagiert die Männerwelt auf dich. Jetzt ziehe dir bitte etwas anderes an. Jean kann nicht den ganzen Tag in meinem Arbeitszimmer bleiben. Da verursacht er nur Chaos auf meinem Schreibtisch.“ „Entschuldigung, das wollte ich nicht.“ Die leise Stimme von Louisa war zu hören. Takeru ging auf sie zu und umarmte sie. „Schon gut. Wir müssen alle damit klar kommen, dass du erwachsen wirst. Wir können von Glück reden, dass Matt nicht ihr war. Erst hätte er Jean den Kopf abgerissen, mich hätte er geteert und gefedert und dich hätte er nach ‚Saint Michel‘ geschickt. Versprich mir ihm nichts zu sagen.“ „Nur wenn du dir auch etwas anziehst“, konterte seine Schwester. „Nur zu meinem Verständnis: Du würdest lieber der ‚Gemeinschaft von Jerusalem‘ beitreten, wenn ich mich weigere mich anzuziehen? Schlechter Deal, Schwesterchen.“ „Verdammt, ich verliere immer noch“, lachte Louisa auf. Takeru musste auch lachen: „Ein Versuch war es wert.“ „Stimmt. Irgendwann werde ich es schaffen.“ „Probieren geht über Studieren“, neckte er sie. „Du solltest mich nicht provozieren, Großer.“ „Das würde ich mir nicht trauen. Das Echo kann ich nur schwer vertragen.“ „Mh, gut zu wissen. Wer geht sich zuerst umziehen?“ „Du! Ich weiß nicht, wann Jean aus dem Zimmer kommt.“ „So wie du ihn angefahren hast kommt er wahrscheinlich erst am Tag des Rückfluges wieder heraus.“ Louisa lächelte ihn unschuldig an und ging auf sein Schafzimmer zu. Kurz drehte sie sich um und sah ihrem Bruder in die Augen. „Deckst du den Tisch bitte weiter ein? Danke dir, Großer.“ Takeru ging in seine Küche und bereitete das Frühstück weiter vor. Schnell machte er die Kaffeemaschine einsatzbereit und setzte das Wasser für Louisas Tee auf. Kurz schaute er zu den Croissants in dem Backofen, dabei stellte er fest, dass diese noch nicht ganz fertig waren. Froh darüber, dass der Kaffee endlich fertig war goss er sich das schwarze Gold in seine Tasse und trank einen Schluck. Takeru wollte gerade die Obstschale auf den Tisch stellen, als sein Handy klingelte. Da er schon am Klingelton erkannte, wer mit ihm sprechen wollte ging er schnell in das Wohnzimmer und wollte den Anruf entgegennehmen, als er feststellte, dass sein Mobiltelefon nicht an dem Ort lag, an dem er es vermutete. Fluchend versuchte er die Geräuschquelle ausfindig zu machen und wurde unter der Couch fündig. ‚Gefunden! Warum zum Kuckuck liegt mein Handy unter der Couch? Es muss mir beim Ausziehen aus der Hosentasche gefallen sein.‘ In dem Moment in dem er sein Telefon gefunden hatte verstummte es. ‚Tolles Timing. Daran müssen wir noch arbeiten.‘ Eilig wählte er ihre Nummer, ging in die Küche schnappte sich seine Kaffeetasse und verschwand auf dem Balkon, um in Ruhe mit Hikari sprechen zu können. Ein lauter Aufschrei aus der Küche ließ Takeru zusammen zucken. Hastig ging er zu seiner Küche. Louisa hatte das Backblech mit den verbrannten Croissants in der Hand. „Takeru, du bist ein Depp. Du solltest auf die Croissants aufpassen und das Frühstück weiter vorbereiten. Was hast du gemacht? Die Dinger sehen aus wie Holzkohle.“ „Ich habe tele-“, verwirrt schaute er auf sein Handy, als er das Lachen von Hikari vernahm. Er hielt sich sein Telefon wieder ans Ohr. „Schön, dass ich dich zum Lachen gebracht habe.“ „Ich lache nicht, ich bin hungrig und unser Frühstück hast du versaut, Brüderchen.“ „Ich habe doch nicht mit dir gesprochen, Louisa.“ „Mit wem sprichst du dann? Wir sind alleine in der Küche.“ „Ich spreche mit Hikari.“ Ihr Bruder deutete auf sein Handy. „Mh, telefonier ruhig weiter. Ich werde mal sehen, was wir jetzt essen können.“ Nachdenklich inspizierte Louisa den Vorratsschrank. „Nein, ich komme heute und morgen nicht in den Verlag. Ich wollte Louisa und Jean Odaiba zeigen, damit sie sich einigermaßen zu Recht finden… Danke für den Tipp… Wollen wir uns heute Abend treffen?... Okay, dann bis heute Nachmittag. Ich freue mich.“ Takeru verabschiedete sich von Hikari und legte auf. Er beobachtete das Treiben von Louisa. Sie stand in einer hellblauen Jeans und weißen Bluse am Herd und machte doch tatsächlich Crêpes. Ihre Haare hatte sie zu einem lockeren Dutt gebunden. Das Gesicht wurde von mittelgroßen silbernen Creolen eingerahmt. Einmal mehr an diesen Tag fragte Takeru sich, ob diese junge Frau in seiner Küche wirklich seine Schwester war. „Krümel, ich bin im Badezimmer.“ „Alles klar.“ Als die drei endlich ihr Frühstück genießen konnten. Stellte Takeru eine Regel auf: Keiner hatte mehr im Schlafzeug durch die Wohnung zu gehen. --- Erschöpft ließen sich Jean und Louisa auf die Couch in Takerus Wohnung fallen. Louisa massierte ihre Füße. „Man, so viel laufe noch nicht mal in Paris an einen Tag“, stöhnte die Blondine auf. „Alter, ich hätte nicht gedacht, dass man hier so viel sehen kann. Jetzt kann ich wenigsten sagen dass ich die Freiheitsstatue gesehen habe. Die Brücke ist aber auch der Hammer. Außerdem war der Ausblick über Odaiba in dieser Kugel mega.“ „Nur für die Orientierung: Die Brücke heißt „‘Rainbow Bridge‘ und das Gebäude mit der Kugel ist der ‚Fuji Sender‘ die ‚Ishida Group‘ hat dort ihren Hauptsitz.“ Takeru macht eine kurze Pause, bevor er weitersprach: „Ich habe noch eine Verabredung. Kann ich euch alleine lassen?“ „Ich gehe in mein Bett. Der Jetlag hat mich voll im Griff“, kam es erschöpft von Jean. „Kann ich unsere Eltern schon anrufen?“ Der Blonde blickte auf seine Uhr. „Zeitlich spricht nichts dagegen. Sie müssten beim Mittagessen sein. Ich bin weg. Bis später.“ --- Hikari ging nervös zu ihrer Wohnungstür, als es an dieser klingelte. Sie spürte ein Kribbeln in ihrem Bauch und ihr Herz fing wieder an unruhig zu schlagen. Noch einmal atmete sie tief durch und öffnete dir Tür. Takeru stand lächelnd davor und hielt ihr eine einzige rosafarbene Rose entgegen. „Hallo Hika.“ „Hey Keru. Dankeschön, die Rose ist wunderschön.“ Schüchtern nahm sie ihm die Blume ab und bat ihn herein. Kaum war die Wohnungstür geschlossen zog er sie in eine innige Umarmung. Seine Lippen streiften ihre Wange ganz zart. Er betrachtete ihr Gesicht. „Was ist passiert? Du siehst total fertig aus.“ „Ich bin gerade vom Tanztraining gekommen. Ken und ich haben heute an unserer Samba-Choreographie gefeilt. Bis zum Turnier ist es nicht mehr lange“, stöhnte Hikari auf. Sie ging in die Küche, stellte die Rose in eine Vase und diese auf ihren Tresen. Takeru folgte ihr. „Ich dachte das ist erst in einem dreiviertel Jahr.“ Seine Gesprächspartnerin ging in das Wohnzimmer und setzte sich auf die Couch. „Stimmt auch. Wir wollen aber mit neuen Choreographien an den Start gehen. Sonst sind wir für unsere Gegner leicht zu durchschauen. Eine gute Vorbereitung macht das Turnier einfacher. Was habt ihr heute so getrieben?“ Takeru setzte sich neben sie. Er erzählte, was er mit Jean und Louisa unternommen hatte. „Das hört sich an, als ob ihr Spaß hattet.“ Hikari zog sich ihre Socken aus und massierte ihren rechten Fuß. „Den hatten wir auch. Leg deine Füße auf meinen Schoß.“ Fragend sah sie ihn an. Takeru lächelte sie an nahm sich ihre Füße und legte diese selber auf seinen Schoß, dann fing er an ihren linken Fuß zu massieren. Genießerisch seufzte Hikari auf. „Das tut verdammt gut.“ „Freut mich. Wie lange habt ihr trainiert? Der Fuß ist total verspannt.“ „Nicht lange, zirka zwei Stunden. Bei einer Samba wird der Ballen enorm belastet.“ „Zwei Stunden? Ihr habt die ganze Zeit getanzt?“ „Nein, wir sind die Choreographie theoretisch durchgegangen und haben den ersten Teil geprobt.“ Eine kurze Pause entstand. „In meiner Mittagspause habe ich den neusten Firmenklatsch gehört. Möchtest du den hören?“ „Warum sollte mich die Gerüchteküche vom Verlag interessieren?“ „Weil du der Grund bist.“ Verständnislos sah Takeru sie an. „Ich? Warum das denn?“ „Du wurdest gestern und heute von Ito mit einer blonden Frau gesehen. Sie hat in der Firma rumerzählt, dass diese Frau deine Freundin ist, da du sonst nie in weiblicher Begleitung bist.“ Ihrem Gesprächspartner entglitten die Gesichtszüge. „Ito hat was? Ich habe keine Freundin. Wer soll das sein? Moment … ich soll …?“ „Mit wie vielen blonden Frauen warst du in der letzten Zeit unterwegs?“, fragte die Brauhaarige nach. „Nur mit Louisa.“ Beide sahen sich in die Augen und mussten anfangen zu lachen. „Klasse Leistung Keru. Dir wird eine Affäre mit deiner Schwester nachgesagt.“ „Das ist mir egal, solange du den Schwachsinn nicht glaubst.“ Hikari beugte sich zu Takeru rüber, dabei sah sie ihm in die Augen. „Warum sollte ich? Ich kenne die Wahrheit.“ Er nahm ihr Gesicht in seine Hände und gab ihr einen Kuss, den sie nur zu gern erwiderte. Kapitel 26: Das Ende vom Anfang? -------------------------------- Genervt betrat Takeru das Verlagsgebäude. Er fragte sich, was sein Vater heute von ihm wollte. Immerhin hatte er sich heute auch noch frei genommen, um mit Louisa und Jean Tokio unsicher machen zu können. Die ungläubigen Blicke, die er von seinen Kollegen erntete, waren ihm herzlich egal. Wenn man ihn mitten am Vormittag in sein Büro zitierte, obwohl er frei hatte, dann mussten sein Vater sowie seine Kollegen sich damit abfinden, dass er sich nicht an die Kleiderordnung hielt. Heute mussten seine Cargo Hose sowie ein Freizeithemd anstatt Anzug und Krawatte reichen. Seinen Kaffee, den er sich eigentlich im Café mit Jean und Louisa schmecken lassen wollte, hielt er nun in einem Pappbecher in der Hand. Der junge Mann wartete ungeduldig auf den Fahrstuhl, während er einen Schluck seines Getränks nahm. Den lästigen Deckel hatte er in seiner anderen Hand. Dieser störte ihn beim Trinken immer. Im Allgemeinen hasste er es so seinen geliebten Kaffee zu trinken. Das schwarze Gold gehörte für ihn in eine Tasse und nicht in einen Pappbecher. Die Fahrstuhltür öffnete sich. Ohne auf die Menschen zu achten, die diesen verließen, hechtete er rein. Dabei rempelte er jemanden an. Der Kaffee kippte über den Rand und landete auf seiner Hand. „Klasse, der Tag kann nicht besser laufen“, grummelte Takeru vor sich her. Bevor er sich entschuldigen konnte hörte er eine vertraute Stimme. „Diesmal bin ich nicht schuld.“ Hikari reichte ihm ein Taschentuch und wischte sich selbst die Kaffeespuren von ihrem Blazer. „Danke schön. Der Kaffee du und ich, dass ist eine gefährliche Kombination, die wir unbedingt vermeiden sollten. Das ist nicht gut für unsere Klamotten. Halte mal bitte denn Becher.“ Sie nahm ihm diesen ab. Er wischte sich den Kaffee von der Hand und drückte die entsprechende Taste. „Wenigstens sind deine Klamotten sauber geblieben. Was ich von meinem Blazer nicht behaupten kann.“ „Dann ziehe diesen aus. Das kann wohl nicht so schwer sein“, grinste er sie an. „Kommt mir irgendwie bekannt vor. Haben wir die Rollen getauscht?“ Der Fahrstuhl öffnete sich. Beide stiegen aus. Takeru fischte in seiner Hosentasche nach seinem Schlüsselbund und suchte den entsprechenden Schlüssel heraus. „Was machst du heute hier? Ich dachte, du hast frei und wolltest Louisa und Jean Tokio zeigen.“ Gemeinsam betraten sie Takerus Büro. „Wollte ich auch. Hiroaki hat mir einen Strich durch die Rechnung gemacht. Er meinte es sei sehr wichtig. Weißt du mehr, Hika?“ Hikaris Gesicht zeigte eine leichte Röte, als Takeru sie mit dem Kosenamen ansprach, den er ihr gegeben hatte. „Ich weiß es nicht. Vielleicht hat es etwas mit dem Pariser Verlag zutun. Ich habe nämlich auch einen Termin bei deinem Vater. Wir sollten das nicht tun.“ „Fontaine ist bestimmt nicht begeistert, dass wir deine Fotos genommen haben“, überlegte der junge Mann. Verunsichert sah er Hikari in ihre Augen, als ihr letzter Satz sein Bewusstsein erreicht hatte. „Was sollten wir nicht tun?“ „Takeru! Wir wissen beide nicht, was zwischen uns ist. Wir sind in deinem Büro. Ich muss heute arbeiten und du bist nun mal -“ Weiter kam sie nicht, da er ihr einen Finger auf den Mund gelegt hatte. „Wir wollten beide zusammen herausfinden, was zwischen uns ist. Schon vergessen?“ Beide verloren sich in den Blick des anderen. Sachte schüttelte sie ihren Kopf. Hikari nahm seine Hand in ihre und schob sie an ihre Wange. „Nein, das habe ich nicht. Trotzdem ist dies nicht der geeignete Ort dafür. Du bist mein Vorgesetzter-“ „Ich bin noch nicht in der Arbeitszeiterfassung eingeloggt. Das heißt zurzeit bin ich nicht im Dienst.“ Sanft lächelte er sie an und zog sie enger an sich heran. Hikari blickte ihn mit leuchtenden Augen an. Takeru sah auf ihre sinnlich geschwungen Lippen. Langsam senkte er seinen Kopf. Mit Freunde nahm er wahr, dass sie sich ihm entgegenstreckte. Kurz bevor sich ihre Lippen trafen schlossen beide ihre Augen. Ihr gemeinsamer Moment wurde durch das Klingeln seines Telefons unterbrochen. Genervt drehte sich Takeru zu seinem Schreibtisch. „Ich hätte heute eigentlich frei. Wieso weiß das keiner in dieser Firma“, meckerte er vor sich her. Schließlich nahm er den Hörer ab. „Takaishi!“ >Takaishi, hier ist eine junge Dame die nur Französisch sprechen kann. Sie sind der Einzige, der mir einfällt, der diese Sprache sprechen kann.< Währenddessen schrieb Hikari etwas auf einen Zettel. Takeru las diesen durch und nickte. Er griff schnell nach ihrer Hand und drückte ihr einen Kuss auf die Handfläche. Zärtlich streichelte sie ihm über seine Wange. Danach verließ sie sein Büro. „Können Sie bitte die Dame in mein Büro begleiten? Danke sehr.“ Nachdenklich stand er an seinem Bürofenster und blickte über die Straßen von Tokio. Vergeblich versuchte Takeru das miese Gefühl, welches sich nach diesem Gespräch mit dem Empfangsmitarbeiter in ihn ausbreitete zu verdrängen. ‚Eigentlich kann das nur Louisa sein. Wenn sie es ist, wo ist Jean? Warum habe ich so ein scheiß Gefühl, als wenn mir mein Leben um die Ohren fliegt? Takeru zog sein Handy aus der Hosentasche. Kein Anruf von Louisa oder Jean. Das Klopfen an der Bürotür unterbrach seine Gedanken. Schnell verstaute er sein Mobiltelefon in seiner Hosentasche. Nachdem er den Gast hereingebeten hatte blieb sein Herz einen Augenblick stehen, als er sie erkannte. Geistesgegenwärtig bedankte er sich bei seinem Kollegen und schloss seine Bürotür. Langsam drehte sich Takeru zu der jungen Frau um. Kurz musterte er sie. Lange braune Haare, braune Augen. Ihr Outfit war definitiv nicht für den Büroalltag tauglich. Ihr kurzer Rock zeigte viel zu viel Bein. Der Ausschnitt ihrer Bluse war zu offenherzig. Takeru schluckte einen harten Kloß herunter. Blinzelte, in der Hoffnung doch ein Trugbild vor sich zu haben. Als er seine Augen öffnete war sie immer noch da. „Hallo Takeru“, erklang ihre Stimme. ‚Jetzt höre ich auch noch ihre Stimme. Das ist nicht gut. Das ist gar nicht gut.‘ Die Gesichtsfarbe des Blonden konnte den weißen Wänden seines Büros Konkurrenz machen. ‚Bin ich in der Hölle gelandet?‘ „Takeru, ist alles mit dir in Ordnung?“ Der junge Mann sammelte sich. „Hallo Chloé. Wie bist du nach Tokio gekommen?“, fragte er immer noch verwirrt die junge Frau vor sich. „Mit dem Flugzeug.“ „Hör auf mit deinen Späßen. Ich meine es ernst. Was machst du hier, gerade jetzt wo Jean und Louisa hier sind? Wie hast du mich gefunden? Wussten die beiden, dass du auch nach Tokio fliegst?“ Verlegen blickte Chloé ihren ehemaligen Freund an. „Ich habe Jeans Notizen und Flugdaten gefunden. Er wusste nicht, dass ich auch nach Tokio fliege, genauso wenig wie Louisa. Freust du dich nicht mich wiederzusehen?“ Wütend blickte ihr Gesprächspartner sie an. „Du schnüffelst deinen Bruder hinterher? Was ist nur aus dir geworden? Du hast es früher selbst gehasst, wenn in deinen Sachen rumgewühlt wurde – heute machst du es selbst? Um zu deiner letzten Frage zu kommen: Nein, ich freue mich nicht dich zu sehen. Bei unser letzten Begegnung habe ich deutlich gesagt, dass ich dich nicht wiedersehen möchte.“ „Takeru, ich habe einen riesen Fehler gemacht.“ „Der Fehler, wie du das nennst, ging mindestens ein halbes Jahr. Du hast mich einfach ausgetauscht“, kam es kühl über seine Lippen. „Ich will dich zurück.“ Überrascht lachte der junge Mann auf. „Und dann? Wer sagt mir, dass du bei dem nächsten kleinen Problem nicht wieder Trost bei einem anderen suchst? Weißt du, wie du mich damit verletzt hast?“ „Takeru bitte. Ich weiß, dass ich Mist gebaut habe.“ „So kann man es sagen. Du hast unsere Beziehung jedes Mal mit Füßen getreten, als du zu diesen Deppen ins Bett gestiegen bist. Das war sicherlich mehr als einmal in den gesamten Monaten in denen du mich verarscht hast.“ „Hast du dich einmal gefragt, warum es dazu gekommen ist?“ „Du warst unglücklich in unserer Beziehung. Du hast dich allein gelassen und unverstanden gefühlt. Dir hat die Nähe gefehlt. Soll ich weiter machen?“ „Woher -“ „Diese Frage stellst du mir nicht im Ernst.“ „Doch.“ „Chloé das was ich eben aufgezählt habe, habe ich in den letzten Monaten unserer Beziehung gefühlt. Trotzdem bin ich nicht auf die Idee gekommen mit einer anderen zu schlafen. Ich wollte mit die reden und was habe ich vorgefunden? Meine Freundin, die sich gerade mit einem anderen vergnügt.“ „Wir sind nicht mehr zusammen.“ „Das ist mir bewusst, da ich unsere Beziehung beendet habe.“ „Das weiß ich“, kam es leise über ihre Lippen. „Ich meinte eigentlich Alain und ich sind kein-“ „Das ist mir herzlich egal. Meinetwegen kannst du mit Alain oder sonst wen zusammen sein, aber nicht mit mir. Du kannst eine neue Anatomie Lerngruppe gründen. Vielleicht ist der Richtige dabei. Entschuldige mich bitte. Ich habe einen Termin bei dem Verlagsinhaber.“ Chloé kam auf ihn zu. Takeru wich einige Schritte zurück, bis er an seine Schreibtischkante stieß. Seine blauen Augen beobachteten die junge Frau genau. Ihr Blick gefiel ihm gar nicht. „Chloé, das ist keine gute Idee.“ „Ich finde schon.“ Ihr Gesicht kam seinem gefährlich nahe. Takeru umfasste ihre Hüften. Er drehte seinen Kopf, damit er ihr folgende Worte ins Ohr sagen konnte: „Chloé, wir sind in meinem Büro. In Tokio geht es nicht so leger wie in Paris zu. Was meinst du, was für ein Ärger ich bekomme, wenn man uns knutschend hier vorfindet? Auf den Anschiss kann ich verzichten. Zumal ich so oder so einen bekommen werde, da ich mich nicht an die Kleiderordnung gehalten habe.“ „Nur ein kleiner Kuss. Danach weißt du für wen dein Herz schlägt. Ich liebe dich.“ Im nächsten Moment spürte Takeru ihre Lippen auf seinen. Kurze Zeit später bemerkte er, wie ihre Zunge über seine Lippen strich. Automatisch schloss er seine Augen und gab sich ihren Kuss hin. Der junge Mann drückte sie von sich weg, als ihm bewusst wurde, wen er gerade küsste. Chloé hatte Recht. Nach diesem Kuss wusste Takeru, für wen sein Herz schlug. Bei ihr fühlte er sich sicher, geborgen, angekommen und vollkommen. Sie war sein Hafen im unruhigen Gewässer. Sie brachte ihn um den Verstand. Sie spukte in seinen Gedanken. Sie wollte er glücklich machen. Sie brachte das Licht in sein Leben. Mit diesem Kuss begriff er, dass sie die Richtige für ihn war. Er hatte verstanden, was sein Herz ihm schon vor Tagen sagen wollte. Bei Chloé fühlte er nichts mehr. Kein Kribbeln im Bauch. Keine Gänsehaut, verursacht durch ihren warmen Atem. Er konnte sich nicht fallen lassen. Das Einzige, was Takeru gefühlt hatte war eine absolute Gleichgültigkeit Chloé gegenüber. Der junge Mann hatte ein schlechtes Gewissen, nicht Chloé sondern Hikari gegenüber. „Chloé ich liebe di- “ Das nächste was Takeru hörte war seine Bürotür, die laut ins Schloss fiel. Verwirrt blickte er zu seiner Bürotür. Dort stand sie. Sie schaute ihn mit leeren traurigen Augen an. Takeru wusste, wie sie sich fühlte. Ihm erging es damals auch nicht anderes, als er Chloé und Alain erwischt hatte. ‚Das darf nicht wahr sein. Jetzt bin ich definitiv in der Hölle.‘ Bevor er reagieren konnte, öffnete sie die Tür wieder und lief raus. Takeru konnte noch ein glitzern in ihren bernsteinfarbenen Augen sehen. „Danke Chloé. Du hast alles kaputt gemacht, bevor es überhaupt anfangen konnte.“ „Bleib ruhig. Die Kleine versteht bestimmt kein Französisch.“ „Spinnst du? Du bekommst gar nichts mehr mit. Selbst wenn sie die Sprache nicht sprechen könnte, was sie gesehen hat reicht vollkommen, um alles falsch zu verstehen.“ „Was meinst du mit falsch?“ „Der Kuss, du, alles ist falsch was dich betrifft. Es gibt kein uns mehr. Abgesehen davon: Hikari spricht fließend Französisch. Du verschwindest jetzt sofort aus meinem Leben. Verstanden.“ Takeru schob den ungebetenen Gast aus seinem Büro. Er griff nach ihrem Oberarm begleitete sie zum Fahrstuhl. Als die Tür sich öffnete schob er Chloé hinein, drückte den Knopf für das Erdgeschoss. Sein letztes Wort an seine Jugendliebe war ein schlichtes „Au revoir.“ Danach suchte er Hikari. Kapitel 27: Verletzte Gefühle ----------------------------- Hikari wollte, wie mit Takeru vereinbart, ihre Unterlagen holen. Danach wollten sie sich wieder in seinem Büro treffen. Sie stand vor seiner Tür und wollte gerade anklopfen, als seine Stimme erklang. Nachdenklich runzelte sie die Stirn, als sie Takeru französisch sprechen hörte. Seine Gesprächspartnerin sprach in derselben Sprache. Leise öffnete sie die Tür. Im ersten Moment dachte sie es sei Louisa. Bis sie verstand, was der junge Mann sagte: ‚„Chloé, wir sind in meinem Büro. In Tokio geht es nicht so leger wie in Paris zu. Was meinst du, was für ein Ärger ich bekomme, wenn man uns knutschend hier vorfindet? Auf den Anschiss kann ich verzichten. Zumal ich so oder so einen bekommen werde, da ich mich nicht an die Kleiderordnung gehalten habe.“ „Nur ein kleiner Kuss. Danach weißt du für wen dein Herz schlägt. Ich liebe dich.“ „Chloé ich liebe di- “‘ Hikari wollte einfach so schnell wie möglich weg von diesem Ort. Sie wollte weg von Takeru. Die junge Frau rannte so schnell sie konnte den Flur entlang. Ihre Augen brannten. Ihre Tränen liefen unaufhaltsam über ihre Wangen. Sie riss die Tür zum Treppenhaus auf und stürmte die Treppen runter. Vor ihrem geistigen Auge sah sie wie Takeru seine Hände auf Chloés Hüften legte und sie an sich zog. Ungläubig schaute die Braunhaarige auf das Schauspiel, welches sich ihr bot. Wie er die Frau mit großen Augen ansah, als sich ihr Gesicht seinem nährte. Hikari spürte wie sich ihr Herz schmerzhaft zusammen zog. Wie sich ihre Lippen trafen. Spätestens jetzt fühlte Hikari einen Stich im Herzen. Takerus letzter Satz riss ihr den Boden unter den Füßen weg. Der Schmerz, den sie fühlte war unerträglich. Das war der Moment in dem sich Hikari bewusst wurde, dass sie sich in ihn verliebt hatte. Anscheint war diese Liebe einseitig. Immerhin hatte er die kleinen Worte mit der großen Bedeutung Chloé geschenkt und nicht ihr. Hikari sah die Person nicht, die vor ihr stand und rannte voll in sie rein. „Ent…schuldi…gung“, schniefte sie. Schnell fuhr die junge Frau sich über ihre Augen, um die Tränen wegzuwischen. „Hikari! Was ist los mit dir?“, fragte eine besorgte Stimme. Behutsam schob er die junge Frau zur Seite. Er versuchte ihr in die Augen zu schauen. Die Braunhaarige hatte ihren Blick stur auf den Boden gerichtet, daher war dies nicht möglich. Der Mann griff in seine Hosentasche und holte ein Taschentuch hervor, welches er ihr reichte. „Es ist alles in Ordnung.“ Dankbar griff sie nach seinem Taschentuch. „Wieso weinst du, wenn alles in Ordnung ist?“ „Es geht schon wieder. Ich muss nur ein wenig an die frische Luft. Danach arbeite ich weiter.“ „Du solltest nach Hause gehen. Ehrlich gesagt siehst du aus, als wenn du einen Geist gesehen hast. Ist wirklich alles in Ordnung?“ „In gewisser Weise haben Sie recht“, murmelte sie vor sich her. „Das reicht. Du holst deine Sachen und gehst nach Hause.“ „Herr Ishida, das kann ich nicht machen.“ „Doch, das kannst du. Mit einer Fotografin die durch den Wind ist kann ich nichts anfangen.“ Er lächelte sie beruhigend an. „Du solltest ihm in den Hintern treten.“ „Ich verstehe nicht was Sie meinen.“ Hiroaki legte ihr eine Hand auf die Schulter. „Es kann nur ein Mann dahinterstecken, dass du so durcheinander bist. Gehe jetzt nach Hause und ruhe dich aus. Morgen sieht die Welt schon wieder anders aus.“ „Danke sehr.“ --- Takeru überlegte wo sich Hikari in diesem riesigen Gebäude aufhalten konnte. Mit knirschenden Zähnen stellte er seine Suche ein, als sein Diensthandy klingelte. Nach dem Gespräch macht er sich auf den Weg zu seinem Vater. Sein Herz zog sich schmerzhaft zusammen, als er daran dachte, wie Hikari sich im Moment fühlte. Der junge Mann atmete noch einmal tief durch, danach klopfte er an der Bürotür seines Vaters an. Skeptisch sah Hiroaki seinen Sohn an, als dieser eintrat. „Du wolltest mich sprechen?“ Takeru sah, wie sein Vater ihn musterte. „Ich hätte heute frei. Beschwere dich also nicht, wenn ich nicht in Anzug und Krawatte vor dir stehe.“ Die Stimme des Blonden klang gereizt. Trotzdem konnte man seine Niedergeschlagenheit hören. „Mir war schon klar, dass du heute nicht im Businessoutfit erscheinst. Ich wunder mich nur, dass Hikari nicht bei dir ist.“ Aufmerksam sah der Ältere den Jüngern an. Daher bemerkte Hiroaki wie Takeru bei ihrem Namen zusammen zuckte. „Wieso sollte sie bei mir sein?“ „Sie sollte eigentlich mit dir zusammen diesen Termin wahrnehmen.“ „Ich weiß nicht, wo sie ist.“ Traurig blickte Takeru aus dem Fenster. „Okay! Zuerst zum Grund warum du heute hier erscheinen solltest. Yamamoto hat mir heute Morgen mitgeteilt, dass er sich aus dem aktiven Geschäftsteil zurückziehen möchte. Er wird ab sofort stiller Teilhaber sein. Das heißt für dich, dass du, als Chefredakteur, auf seine Beratung verzichten musst. Falls es irgendwelche Schwierigkeiten geben sollte, musst du dich ab sofort an mich wenden.“ Ungläubig schauten die blauen Augen in das Gesicht seines Vaters. Wütend verschränkte er die Arme vor seiner Brust. „Deswegen zitierst du mich in dein Büro? Hätte das nicht Zeit bis morgen gehabt? Ich war mit Louisa und Jean verabredet. Außerdem wäre mir heute vieles erspart geblieben, wenn ich nicht hier hätte antanzen müssen.“ Hiroaki zog seine Stirn kraus. „Ich wollte mit Hikari und dir besprechen, welche Projekte in der nächsten Zeit anfallen. Da weder Hikari noch du heute ansprechbar seid, werde ich es bleiben lassen.“ „Was hat Hikari mit der ganzen Sache zu tun?“ „Was ist heute nur los?“ Genervt stöhnte der Ältere auf. „Erst steht Hikari neben sich und du jetzt auch. Ich fasse mal eure Arbeitsstellen zusammen: Du bist der Chefredakteur. Hikari ist die Cheffotografin. Du bist für die Texte verantwortlich. Sie für die Fotos. Ihr müsst noch enger zusammen arbeiten als bisher.“ Takeru zuckte bei jedem Wort, welches sein Vater sagte, zusammen. ‚Dieser Tag ist eine Ausgeburt der Hölle.‘ „Seit wann hat sie den Posten der Cheffotografin?“ „Seit heute. Dieses Gespräch wollte ich mit euch beiden führen. Hikari weiß es noch nicht.“ „Verstehe“, nuschelte Takeru vor sich her. „Du solltest nach Hause gehen. Deine Schwester und Jean warten bestimmt schon auf dich.“ „Bis morgen.“ Der Blonde ging auf die Tür zu. „Wir sehen uns morgen. Takeru?“ Der Angesprochene drehte sich wieder um. „Ja?“ „Ich glaube sie ist im Studio und tanzt sich die Seele aus dem Leib.“ Ein trauriges Lächeln zierte das Gesicht des jungen Mannes. „Danke dir.“ Hiroaki lächelte seinen Sohn an. Dieser hatte gerade nicht mitbekommen, dass er die Vermutung seines Vaters bestätigt hatte. „Ich weiß nicht, was zwischen euch vorgefallen ist. Sei ehrlich Hikari und dir gegenüber.“ „Das wollte ich sein.“ „Was ist passiert?“ „Ich habe einen riesen Fehler gemacht“, kam es traurig von Takeru. „Wie soll ich das verstehen?“ „Chloé hat dazwischen gefunkt.“ Verwirrt suchte Hiroaki den Blickkontakt zu seinem Sohn. „Ist sie nicht in Paris?“ „Nein, sie ist in Tokio.“ „Du solltest dringend mit Hikari sprechen.“ „Falls sie noch mit mir redet.“ Takeru ging wieder zur Tür, öffnete diese. „Bis Morgen, Vater.“ Aufmunternd lächelte Hiroaki ihn an. „Wir sehen uns morgen, mein Sohn.“ --- Nachdem Takeru Louisa und Jean erzählt hatte, was sich in seinem Büro ereignet hatte sahen die Beiden ihn betroffen an. „Liebst du Hikari?“, war die nachdenkliche Stimme seiner Schwester zu hören. Traurig sah ihr Bruder ihr in die Augen. „Das ist mir in dem Moment klar geworden, als Chloé und ich uns geküsst haben.“ „Du musst mit Hikari sprechen“, mischte sich Jean in das Gespräch der Geschwister ein. „Wo soll ich sie suchen?“ „Ruf sie an.“ „Witzbold! Das habe ich schon mehrfach getan. Hikari geht weder an ihr Diensthandy noch an ihr privates. Beide Telefone sind ausgeschalten. Bei ihrer Wohnung war ich auch schon – sie öffnet nicht die Tür.“ „Pack deine Sachen zusammen.“ Seine Schwester hatte sich vor Takeru aufgebaut und sah ihm in die Augen. „Wie bitte?“ „Hole deine Sportsachen. Hier wird es sicher ein Sportzentrum geben. Sport hat dir immer geholfen zur Ruhe zu kommen. Wir spielen eine Runde Basketball.“ „Louisa, du kannst nicht einmal richtig dribbeln.“ „Macht nichts. Wir wollen Spaß haben und nicht in der NBA spielen. Du kannst es mir beibringen.“ „Das habe ich vor Jahren aufgegeben“, zog Takeru die Blondine auf. „Hey, was soll das heißen?“ „Das du noch nicht einmal einen Basketball von einem Fußball unterscheiden kannst.“ „Ich kann dir den Ball – egal ob Basketball oder Fußball - an den Kopf werfen.“ „Selbst den würdest du nicht treffen.“ „Sei dir da mal nicht so sicher“, sie grinste ihn herausfordernd an. „Nicht schon wieder ihr Zwei. Holt eure Sachen und los geht’s.“ Genervt hatte Jean den beiden zugehört. Wenn er nicht sofort das Gespräch der Geschwister unterbrechen würde, würden sie noch morgen früh hier stehen und darüber debattieren, das Louisa kein Basketball spielen konnte. --- Gemeinsam waren die Drei beim Sportzentrum von Odaiba angekommen. Auf den Weg dorthin hatte Jean sich für das Verhalten seiner Schwester bei seinem besten Freund mehrfach entschuldigt. Takeru machte Jean klar, dass er keine Schuld daran hatte, das Chloé in Tokio aufgetaucht war. Traurig gab er zu, dass er Mist gebaut hatte. Takeru und Jean betraten das Spielfeld. Beide schauten Louisa fragend an. „Was ist Krümel. Du wolltest doch mitspielen.“ „Ich hab es mir anders überlegt. Ich bin der Schiedsrichter“, grinste die junge Frau die Männer an. „Du kennst die Regel gar nicht. Wann gibt es wie viele Punkte?“ „Wenn der Ball durch den Korb geflogen ist.“ Takeru lachte. „Wie viele Punkte kann es maximal mit einem Wurf geben?“ „Einen?“ Takeru und Jean sahen sie amüsiert an. „Fast, es sind drei Punkte“, informierte Jean Louisa. „Mir egal. Eure Punkte müsst ihr euch selber merken.“ Takeru fiel die Musik auf, welche leise an sein Ohr drang. Ihm wurde bewusst, dass die Tanzschule von Hikari hier ihren Sitz hatte. Er schaute auf seine Uhr. „Ihr könnt euch weiter unterhalten. Ich bin gleich wieder bei euch.“ Er ging in die Richtung, aus der die Musik kam. Den jungen Mann erfasste ein Gefühl der Geborgenheit. Er spürte ein leichtes Kribbeln in seinem Körper. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals. Nervös griff er nach der Türklinke der Tanzschule. Takeru blieb sein Herz fast stehen, als er den Titel des Liedes erkannte welches gerade gespielt wurde. ‚I hate you – I love you‘ Er blickte auf die Tanzfläche. Eine einzige Person tanzte in dem großen Saal. Hikaris Bewegungen waren von Trauer gezeichnet. Zeigten ihm deutlich, wie verletzt sie sich fühlte. Sie tanzte den Zwiespalt zwischen Hass und Liebe perfekt. Ihr zierlicher Körper war bis in den letzten Muskel angespannt. Trotzdem tanzte sie mit einer Eleganz und Leichtigkeit, die ihm den Atem raubten. Es sah aus, als würde sie über die Tanzfläche schweben. Sie war in ihrer eigenen Welt gefangen und bemerkte den Zuschauer nicht. Er bewunderte ihre Beweglichkeit. Wie gut sie ihren Körper spürte, wie sie jede einzelne Figur austanzen konnte. Takeru konnte ein Blick in ihr Gesicht erhaschen. Sie hatte die Augen geschlossen, gab sich der Musik und dem Tanz ganz hin. Er sah, wie sich einzelne Tränen den Weg über ihre Wangen bahnten. Unverhofft öffnete sie ihre Augen. Die wunderschönen bernsteinfarbenen Augen spiegelten den Verlust, den Schmerz, die Trauer, die Leere und die Wut wieder die sie gerade fühlte. Takeru schluckte einen harten Kloß runter als das Lied zu Ende war. Hikari lag auf den Boden. Ihre Beine hatte sie an ihren Oberkörper gezogen und umfasste diese mit ihren Händen. Das Geräusch, welches er hörte, jagte eine unangenehme Kälte durch seinen Körper. Das leise Schluchzen löste ihn aus seiner Starre. Er ging auf Hikari zu hob ihren Oberkörper an, zog sie an sich und legte beschützend seine Arme um sie. Ein ihr mit der Zeit sehr vertrauter Geruch stieg Hikari in die Nase. Sie versteifte sich einen Moment, als sie bemerkte, dass Takeru sie in seine Arme zog. Schnell gab sie den Widerstand auf, als sie spürte, wie ihr diese Geste Trost spendete. Ausgerechnet der Mann der sie verletzt hatte tröstete sie. Hikari nahm all ihren Mut zusammen und schaute in seine blauen Augen. „Lass mich bitte erklären, was in meinem Büro passiert ist.“ Kapitel 28: Missverständnisse ----------------------------- „Warum sollte ich dir eine Chance geben?“ Hikari löste sich aus seiner Umarmung. Sie stand auf und ging auf das Fenster zu. Dabei schlang sie schützend ihre Arme um ihre Körpermitte. Nachdenklich schaute die Braunhaarige auf den Park von Odaiba. „Es hört sich jetzt blöd an, aber es ist nicht das, was du denkst.“ Takeru folgte ihr. Er wollte sie in seine Arme nehmen und sie trösten. Ließ jedoch von seinem Vorhaben ab, als er ihre zerbrechlich wirkende Gestalt und den in Kontrast dazu stehenden wütenden Gesichtsausdruck in der Fensterscheibe sah. „Woher willst du wissen, was ich denke?", erklang ihre leise Stimme. „Ich gebe zu, die Situation war eindeutig. Trotzdem ist es falsch bei dir angekommen.“ „Ich habe mitbekommen, wie du sie an dich gezogen hast. Ich habe gehört, was ihr gesagt habt. Ich habe gesehen, wie deine Zunge in ihrem Hals gelandet ist“, zischte sie ihn an. Langsam drehte Hikari sich um. Takeru musste schlucken, als er ihre Tränen sah. „Darf ich bitte meine Sicht der Dinge wiedergeben?“, bat er verzweifelt. „Du hast dich entschieden. So einfach ist das. Es bedarf keine Erklärung mehr.“ „Du reimst dir irgendetwas zusammen aus dem was du gesehen und gehört hast. Ich an deiner Stelle hätte es auch falsch verstanden. Ich kann dich sehr gut verstehen und weiß, was in dir vorgeht. Da ich selber in einer ähnlichen Situation war.“ „Du hast gesagt, dass du sie liebst. Was gibt es da falsch zu verstehen?“ „Verdammt, höre doch erstmal zu, bevor du dich in deinen Gedankengang verrennst.“ „Gut, du hast deine Chance!“ „Was passiert ist tut mir wahnsinnig Leid. Ich wusste nicht, das Chloé auch in Tokio ist. Ich hatte ihr bei unserem letzten Treffen in Marseille gesagt, dass ich sie nicht mehr wieder sehen möchte. Ich habe seitdem ich in Tokio lebe keinen Kontakt mehr zu ihr gehabt - bis heute. Sie tauchte heute in meinem Büro auf. Sie hat mir erzählt, dass sie sich von ihren Freund getrennt hat.“ „Sie will dich zurück. Das hat sie wohl geschafft.“ „Ja und Nein. Mir ist etwas klar geworden. Du hast Recht, Hika. Ich habe mich entschieden.“ Langsam ging er auf sie zu und wollte nach ihrer Hand greifen. „Für sie. Ich habe es gesehen.“ „Das ist der springende Punkt. Ja, ich habe sie geküsst. Dies war ein riesen Fehler, den ich mehr als bereue. Ich habe gemerkt, dass es sich falsch angefühlt hat. Ich weiß jetzt, wem mein Herz und meine Seele gehört.“ „Wie schon gesagt: Du hast ihr gesagt, dass du sie liebst.“ „Nein, das habe ich nicht gesagt.“ „Willst du mich verarschen?“ „Das würde mir noch nicht einmal im Traum einfallen.“ „Warum machst du es dann? Falls du es vergessen hast: Ich kann Französisch verstehen. Was du gesagt hast war eindeutig.“ „Wie wäre es wenn du mir zu hören würdest“, rief er aufgebracht. „Das habe ich in deinem Büro schon getan. Das was ich gehört habe hat mir gereicht.“ Hikari hatte ihre Stimme angehoben und blickte ihn gereizt in die Augen. „Du bist so verbohrt“, kam es verbittert von ihm. „Du bist ein mieser Lügner“, schrie sie ihn an. Fassungslos schaute Takeru in ihre braunen Augen. „Das bin ich nicht.“ „Doch. Kannst du bitte gehen. Mein Training fängt gleich an.“ „Ich hole dich nachher ab. Dann können wir hoffentlich in Ruhe reden.“ „Brauchst du nicht. Ken wird mich nach Hause bringen.“ Mit diesen Worten ließ Hikari Takeru stehen. Sie ging an einen Tisch, auf dem eine Wasserflasche stand und mehrere Zettel lagen. Die Braunhaarige nahm die Flasche und trank einen großen Schluck von dem Wasser. Danach blickte sie auf eines der Blätter. Takeru schaute ihr mit offenem Mund hinterher. Nie im Leben hätte er damit gerechnet, dass Hikari so stur sein konnte. Dass sie ihn einfach stehen ließ. Ohne ihm die Chance zu geben, sich zu erklären. Er fühlte wie eine Kälte sein Körper erfasste, als sie sich von ihm entfernte. Die Geborgenheit die er in ihrer Nähe fühlte machte einem anderen Gefühl Platz. Dieses kroch schnell in sein Herz und verdrängte die Liebe, die er für diese Frau empfand. Wie bittere Galle nahm die Eifersucht Besitz von ihm. Wer wusste schon, ob sie die Wahrheit sagte, was Ken betraf. Ohne darüber nachzudenken, was er sagte schossen die Worte nur so aus ihm heraus. „Weißt du was? Glaub doch was du willst. Es ist eh nicht richtig. Viel Spaß mit deinem Tanzpartner.“ Das letzte was Hikari hörte war die Tür, die sehr laut ins Schloss fiel. Traurig sah sie Takeru hinterher. Sein letzter Satz brannte sich in ihre Seele. Als sie sich sicher war, das er den Raum verlassen hatte griff sie verzweifelt nach ihrer Plastikwasserflasche und schmiss sie gegen die Wand. --- „Schön, dass du uns wieder mit deiner Anwesenheit beehrst. Wo kommst du her?“ Begrüßte Louisa ihren Bruder. „Aus der Hölle“, fauchte Takeru wütend. „Hey Großer, ich bin nicht dein Punchingball. Wenn du schlechte Laune hast, lasse diese gefälligst nicht an mir aus.“ „Frauen! Ihr geht mir alle auf die Nerven.“ „Grundgütiger, was für eine Laus ist dir über die Leber gelaufen? Louisa kann wohl am allerwenigsten für deine Laune.“ „Sie nicht. Deine ach so tolle Schwester schon.“ „Kannst du uns bitte an deinen Gedankengängen teilhaben lassen?“ Schuldbewusst schaute Takeru die Beiden an. „Entschuldigt bitte. Ich dachte, dass ich mit Hikari reden kann. Sie trainiert hier in der Tanzschule. Ich habe versucht, ihr zu erklären was vorgefallen ist. Sie hat alles falsch verstanden“, grummelte der Blonde vor sich her. Wütend nahm er einen Basketball in die Hand und warf ihn Richtung Korb. „Was ist passiert?“ Takeru lachte freudlos auf. „Was passiert ist? Hikari hat mir nicht zugehört. Sie glaubt, was sie will.“ Louisa sah ihren Bruder in die Augen. „So wie du damals. Weißt du noch, wie verletzt du warst, als du aus Marseille zurückgekommen warst? Du hast alles in den falschen Hals bekommen, was wir gesagt haben.“ „Es gibt einen Unterschied: Chloé hatte mich betrogen und das über Monate“, giftete der blonde Mann. „Streng genommen hast du Hikari auch betrogen.“ „Setzt es bei dir aus Louisa? Du weißt, dass ich so etwas nie machen würde. Außerdem, wie kann ich jemanden betrügen, mit dem ich nicht zusammen bin?“ Seine Schwester ließ nicht von ihrer Sichtweise ab. „Du machst es dir ganz schön einfach mein Lieber. Du hast gesagt, dass du Hikari liebst trotzdem hast du eine andere geküsst.“ „Das wusste ich nicht, als ich Chloé geküsst habe.“ „Großer, seit wann bist du so dämlich?“ „Louisa, es reicht.“ „Nein, es reicht nicht. Takeru mal ehrlich: Seit dem du mich wegen diesem Foto angerufen hast, hast du dich verändert. Als Matt und du uns vom Flughafen abgeholt habt, hätte ich schwören können, dass du eine feste Freundin hast. Du bist wieder fröhlich. Deine Augen haben ihren alten Glanz zurück. Du hast Hikari auf dem Tanzabend geküsst. Das machst du nicht ohne Grund. Spätestens da hättest du in dich reinhören und ehrlich zu dir sein sollen. Jetzt bist du wieder auf dem besten Weg ein Ekelpaket zu werden.“ „Da muss ich deiner Schwester Recht geben. Du verhältst dich wie der letzte Arsch. Du machst einen Fehler und andere sind schuld.“ „Fängst du auch noch an? Was habe ich falsch gemacht?“ „Du bist ein Hornochse. Warum hast du Chloé geküsst? Hast du dich das schon mal gefragt?“ Genervt stöhnte Takeru auf. „Du hast Hikari noch nie gesehen.“ „Was ist das für eine Erklärung? Selbst wenn sie die Zwillingsschwester von Chloé wäre, warum hast du meine Schwester geküsst?“ „Du hast Hikari wirklich noch nie gesehen. Zu deiner Frage: Ich war überrumpelt. Diesen verdammten Kuss hatte ich sofort abgebrochen, als mir klar wurde, wen ich vor mir hatte.“ „Ich glaube, du solltest Hikari zur Ruhe kommen lassen und dann noch einmal mit ihr sprechen“, kam es entschieden von Louisa. Verwundert blickte Takeru seiner Schwester in die Augen. „Wer bist du und was hast du mit meiner Schwester gemacht?“ „Bist du total übergeschnappt?“ Louisas Gesicht zierte einen leichten Rotschimmer. „Nein. Ich frage mich, wie du in der kurzen Zeit, in der wir uns nicht gesehen haben, so erwachsen geworden bist.“ „Einer von uns beiden muss der Erwachsene sein.“ „Louisa“, kam es warnend vom Älteren. „Spaß beiseite. Lass Hikari erst einmal verdauen, was sie gesehen und gehört hat. Du hast dich leider total bescheiden ausgedrückt. Kein Wunder, dass sie alles falsch verstanden hat.“ Takeru grummelte etwas Unverständliches vor sich her. Schließlich schnappte er sich einen Basketball. Er schaute Jean auffordernd an. Der Blonde sprintete los, als sein Freund nickte. --- „Kari, was ist heute mit dir los? Das ist eine Schrittfolge, die wir schon hundert Mal getanzt haben. Nie hattest du ein Problem damit.“ Ken sah seine Tanzpartnerin besorgt an. „Es ist alles in Ordnung. Ich habe nur Kopfschmerzen.“ „Heißen deine Kopfschmerzen vielleicht Takeru?“ „Wie kommst du auf den Schwachsinn?“ „Er hat mich fast um gerannt, als ich in die Umkleide wollte. Vielleicht solltest du darüber reden, was dich bedrückt.“ Hikari dachte kurz nach. Sie schüttelte den Kopf. „Nein. Ich kann nicht unser Training für meine Probleme torpedieren. Lass uns weiter trainieren.“ Nachdenklich sah Ken sie an. „Wie du möchtest. Lass uns noch mal die Choreographie der Rumba durch tanzen.“ Die ersten sanften Töne hallten durch den Tanzsaal. Vor ihrem geistigen Auge sah die Braunhaarige ein blaues Augenpaar, dass sie liebevoll ansah. Sie wollte einfach vergessen und sich auf ihr Training konzentrieren. Traurig lächelte sie Ken an und schloss ihre Augen. Hikari vertraute auf ihren Tanzpartner. Egal wo er sie hinführte, sie folgte ihm ohne zu zögern. Egal welche Figuren er tanzte, sie gab ihm die Antwort. Sie tanzte den Schmerz, den sie empfunden hatte, als sie Takeru und Chloé in seinem Büro gesehen hatte. Als Ken seine Hände um ihre Hüfte legte um sie in die nächste Figur zu führen, spürte sie die Wut, die sie fühlte, als Takeru Chloé an sich gezogen hatte. In einer Drehung strömte die Enttäuschung auf sie ein, als sie fassungslos den Kuss zwischen den Beiden mit angesehen hatte. Dabei hielt sie unbewusst ihren Tanzpartner auf Abstand. Ken sah verwundert in ihr Gesicht. Langsam öffnete Hikari ihre Augen. Dort sah er den Schmerz, die Qualen, die Verletzlichkeit und die Leere die sie gerade fühlte. Er bemerkte, dass etwas ganz und gar nicht stimmte. Für die nächste Figur mussten beide Tänzer hoch konzentriert sein um sich nicht zu verletzen oder zu stürzen. „Können wir die Hebefigur versuchen?“, fragte er verunsichert nach. Hikari nickte, sie sammelte sich und rief sich selber zur Ordnung, da sie die Verunsicherung von ihrem Tanzpartner spürte. Abrupt brach Ken die Hebefigur ab. Nur mit Mühe schaffte er es Hikari auf dem Boden abzusetzen, ohne dass sie stürzten. Ken hielt sie schützend in den Armen, als er ein beben ihres Körpers wahrnahm. Kapitel 29: Wahre Freunde ------------------------- Hikari spürte wie Ken sie schützten in seinen Armen hielt. Dabei strich er ihr beruhigend über ihren Rücken. „Kari, beruhige dich. Danach wirst du mir erzählen was mit dir los ist. So durch den Wind kenne ich dich nicht.“ Er merkte wie sie ihren Kopf schüttelte, sich weiter verkrampfte und ihre feinen Finger stärker in seine Oberarme krallte. „Du weißt, dass ein Team zusammenhält. Wir können nur zusammen eine starke Performance auf das Parkett zaubern. Dieses können wir nur erreichen, wenn wir zusammenhalten, uns vertrauen und beide einen freien Kopf haben. Du warst eben so weit weg mit deinen Gedanken. Du hast zwar super getanzt, hast dich fallen lassen und hattest eine enorme Präsenz. Trotzdem hat diese Tanzweise etwas Gefährliches an sich.“ „Was meinst du mit gefährlich?“ „Normalerweise kenne ich dich in und auswendig, was deine Tanzbewegungen betrifft. So wie du heute getanzt hast kann ich dich nicht einschätzen. Ich kann nur reagieren, falls dir ein Fehler unterlaufen sollte und nicht agieren. Das könnte im schlimmsten Fall zu Verletzungen beiderseits führen. Was ist los? Du bist mehr als unglücklich und Takeru sah aus, als würde er den ganzen Planeten in Schutt und Asche legen.“ Hikari bemerkte, das Ken nicht locker lassen würde. Kurz holte sie Luft, dann begann sie zu erzählen. Traurig wischte sie sich die Tränen aus dem Gesicht, als sie mit dem Sprechen geendet hatte. „Kari, es kann das sein, was du vermutest. Es kann auch etwas anderes dahinter stecken. Du kannst die Wahrheit nur herausfinden wenn du mit Takeru sprichst.“ „Warum sollte ich das Gespräch mit ihm suchen?“ „Ich habe gesehen, wie er dich während des Tanzabends angesehen hat. Wie ihr miteinander getanzt habt hatte Bände gesprochen. Euren Kuss habe ich auch mitbekommen. Er bedeutet dir viel. Du bist zu Recht verletzt und fühlst dich hintergangen. Takeru scheint es nicht anders zu gehen.“ „Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich ihn hintergangen hätte.“ Trotzig hatte Hikari ihr Kinn nach vorne geschoben. Sie sah ihren Tanzpartner herausfordernd an. „Du kannst echt verbohrt sein.“ „Danke, das habe ich heute schon einmal gehört“, schnaubte die Braunhaarige wütend auf. Ken grinste, obwohl er wusste, dass seine Antwort zu einem Streit führen könnte. „Dann wird wohl etwas Wahres dran sein.“ „Da das Training beendet ist werde ich mich jetzt in die Umkleide begeben. Du mein Lieber solltest ganz schnell deinen Mund halten. Sonst handelst du dir eine Menge Ärger ein.“ Wütend nahm sich Hikari ihre leere Wasserflasche und stapfte Richtung Umkleide. --- Kurze Zeit später stand Hikari traurig vor dem Sportzentrum. Sie schloss die Augen und atmete die kühle Abendluft ein. Die junge Frau dachte an das Gespräch mit ihrem Tanzpartner. Ken hatte ihr die Augen geöffnet. Ja, sie fühlte sich verletzt und gedemütigt. Trotzdem musste sie Ken Recht geben. Sie hatte Takeru nicht die Möglichkeit gegeben sich zu erklären. Ihr wurde klar, dass auch sie ihn mit ihrem Verhalten verletzt hatte. Sie überlegte hin und her, dabei bemerkte sie nicht, wie ein junger Mann sich neben sie stellte. Er betrachtete Hikaris Profil. Durch die untergehende Sonne konnte er ihr Gesicht nur erahnen, aber ihr Profil und ihre Körpergestalt kamen ihn sehr vertraut vor. Wütend schüttelte er seinen Kopf und begann das Gespräch: „Chloé was willst du noch hier?“ Hikari zuckte zusammen als sie den Namen von Takerus ehemaliger Freundin hörte. Die Stimme kannte sie nicht, daher beschloss sie den jungen Mann zu ignorieren. Er stemmte seine Hände auf seine Hüften und sprach mit aufgebrachter Stimme weiter: „Findest du es nicht erbärmlich? Erst durchsucht du meine Sachen, nur um herauszufinden, wann Louisa und ich nach Tokio fliegen. Dann suchst du Takeru in seinem Büro auf und ziehst solch eine jämmerliche Show ab. Jetzt stehst du vor dem Sportzentrum und lauerst ihm auf? Hat er dir nicht eindeutig gesagt, dass er dich nicht mehr sehen möchte?“ Als Hikari bemerkte, dass der junge Mann mit ihr sprach wurde es ihr zu bunt. Sie zwang sich zu einem Lächeln als sie sich ihm zuwandte. Sie blickte in braune Augen. Da der junge Mann vor ihr die ganze Zeit auf Französisch gesprochen hatte atmete sie tief durch und antwortete in derselben Sprache: „Guten Abend.“ Hikari verbeugte sich vor dem Fremden. Sie sah ihm in die Augen. „Ich bin mir sicher, dass hier eine Verwechslung vorliegt. Ich kenne Sie nicht. Daher kann ich nicht in Ihren Sachen rumgewühlt haben. Das ich Takeru in seinem Büro aufsuche hat einen einfachen Grund: Er ist ein Kollege von mir, um genau zu sein ist er mein Vorgesetzter. Vielleicht sollte ich mich vorstellen“, kam es ruhig über ihre Lippen. „Mein Name ist Yagami Hikari.“ Sie verbeugte sich wieder kurz vor dem jungen Mann. Er sah sie mit großen Augen an. Verwundert blinzelte er und schüttelte ungläubig seinen Kopf. „Pardon … Ich … habe… Sie … verwechselt. Wie kann so etwas möglich sein?“ „Jean! Wir sollen schon mal vorgehen. Takeru wollte noch einmal in die Tanzschule“, erklang Louisas Stimme. Sie ging auf den Ausgang des Sportzentrums zu. „Sag ihm, dass er dort kein Glück haben wird“, rief er Louisa zu. „Wie kommst du darauf?“ „Weil ich grade einen Geist gesehen habe.“ „Bist du nicht zu alt um an Geister zu glauben? Oder hast du heimlich Sake getrunken?“, amüsierte sich die Jüngere. „Dachte ich auch“, kam es verwirrt von Jean, bevor er weiter sprach: „Nein ich habe kein Sake getrunken. Das Gesöff wurde ich noch nicht einmal im besoffenen Zustand trinken“, kam es angewidert von Jean. Seine Stimmlage ließ Louisa stutzen. „Was ist los mit dir?“ „Ich … Ich …“, stotterte er vor sich her. Louisa trat endlich ins Freie sie blickte den besten Freund ihres Bruders an. Trotz der Abenddämmerung konnte sie erkennen, dass Jean sehr blass war. „Ich mache mir langsam Sorgen um dich, Jean. Du hast wirklich keinen Alkohol getrunken?“ Jean schüttelte seinen Kopf und deutete in Hikaris Richtung. Diese hatte das Gespräch der Beiden aufmerksam verfolgt. Die Braunhaarige musste schmunzeln. Den lockeren Umgang der Franzosen untereinander liebte sie. Die Blondine drehte sich um. Augenblicklich sah sie in die bernsteinfarbenen Augen. Hikari betrachtete die Blondine vor sich. Zwei Jahre hatte sie Louisa nicht gesehen. Die Blondine hatte sich verändert. Der kindliche Körper war dem einer jungen Frau gewichen. Hikari glaubte, dass die Stimme auch ein wenig anders klang. Louisas Augen musterten sie eingehen. An diesen erkannte Hikari Louisa. Ihre Augen erinnerten sie stark an Yamato und Takeru. Kurze Zeit später kreischte Louisa los: „Oh mein Gott! Du bist wirklich meine Hikari.“ Kaum hatte sie ihre Worte ausgesprochen fiel die Jüngere der Braunhaarigen um den Hals. „Hallo Louisa, schön dich wiederzusehen“, kam es lächelnd von Hikari. Die Umarmung der Blondine erwiderte die Ältere herzlich. „Kann mir einer erklären, was hier gerade passiert ist?“ Die Stimme von Jean erklang nachdenklich. Louisa erklärte ihm in kurzen Sätzen, wie sie Hikari kennengelernt hatte. Ungläubig sah Jean sie an. „Dir ist nie die Ähnlichkeit zu Chloé aufgefallen?“ „Du bist ein unsensibler Holzklotz. Hat Takerus Verhalten auf dich abgefärbt? Wie du Rindvieh schon mitbekommen hast, versteht und spricht Hikari die französische Sprache. Das letzte was eine Frau hören will ist, dass sie so aussieht wie die ehemalige Freundin ihres Schwarms.“ „Louisa, was zwischen deinem Bruder-“, setzte Hikari zu einer Erklärung an. „Ich weiß, dass geht mich nichts an. Trotzdem solltest du ihm die Möglichkeit geben sich zu erklären. Danach kannst du ihn immer noch zum Mond schießen, wenn du es möchtest.“ Louisa sah ihre Gesprächspartnerin mit großen Augen an. Hikari seufzte auf, diesen Blick hatten wohl alle Geschwister drauf. Es war der Blick, den sie nichts entgegenzusetzen hatte. „Na gut, Takeru bekommt noch eine Chance. Bist du zufrieden Louisa?“ Die Jüngere nickte und nahm Hikari in die Arme. „Danke sehr. Ich verspreche dir, dass du es nicht bereuen wirst“, flüsterte sie der Älteren ins Ohr. --- Takeru machte sich auf den Weg zum Tanzsaal. Unterweges begegnete er einer jungen Frau mit einem Baby auf dem Arm und ein kleines Mädchen lief neben ihr her. „Papa tanzt bestimmt wieder den Chaoten-Tanz mit mir“, rief die Kleine erfreut. „Dieser Tanz passt auch perfekt zu dir“, lachte ihre Mutter auf. Mutter und Tochter traten auf die Tür der Tanzschule zu. „Sei bitte nicht so laut Suri. Ich weiß nicht, ob das Training von deinem Vater schon beendet ist.“ Bevor Takeru reagieren konnte riss die Frau die Tür zu Tanzschule auf. Dabei fiel ihr ihre Tasche, die sie über der rechten Schulter trug, mit einem lauten Knall auf den Boden. „Mama, das ist laut nicht leise“, beschwerte sich das Mädchen. Ken zuckte bei dem lauten Geräusch zusammen. Als er die piepsige Kinderstimme erkannte musste er schmunzeln. Er ließ die Blätter von der Rumba-Choreographie auf den Tisch sinken. „Ich rate mal: Du bist meine kleine Chaotin mit unseren Kindern.“ Dabei drehte er sich um und ging auf seine Familie zu. „Hey, ich bin keine Chaotin“, verteidigte sich Miyako. Dabei musste sie sich ein Lachen verkneifen, weil sie wusste, dass ihr Mann Recht hatte. Ken ging in die Hocke und umarmte Suri liebevoll. „Hallo mein Schatz“, begrüßte er seine Tochter und gab ihr einen Kuss. „Hallo“, kam es fröhlich von der Kleinen. „Papa, ich möchte den Chaoten-Tanz tanzen. Bitte!“ Ken lachte auf. Seine Tochter konnte nicht die Füße still halten, wenn sie ihn in der Tanzschule besuchte. Das war wohl nicht anders zu erwarten, da dieses kleine Wesen mit knapp zwei Jahren angefangen hatte zu ‚tanzen‘, heute war sie vier und hatte einfach nur Spaß an der Bewegung. Langsam fing sich ihr Taktgefühl an auszuprägen. „Ich mache dir die Musik an und heute versuchst du den Tanz alleine zu tanzen. Ich muss mich nämlich mit deiner Mami unterhalten.“ „Na gut, ich rufe wenn ich nicht weiter weiß.“ „Oder du tanzt das, was dir gerade in deinem hübschen Köpfchen herumschwirrt.“ „Oder ich spiele mit Masaru.“ „Das kannst du auch machen.“ Nachdem Ken seinen Sohn in die Arme genommen hatte und ihn zärtlich über seine Wange strich, beugte er sich seiner Frau entgegen und gab ihr einen Kuss. Sie erwiderte diesen. Schließlich nahm sie Ken das sechs Monate alte Baby aus dem Armen und legte ihn auf die Spieldecke, die sie vorher ausgebreitet hatte. Ken suchte in der Zwischenzeit in seiner Playlist das Lieblingslied seiner Tochter heraus und startete dieses. Sofort ließ Suri alles stehen und fing an zu tanzen, so wie ihr Papa es immer mit ihr tanzte. Ihre Eltern mussten sich ein Lachen verkneifen. „Ken, du siehst sehr nachdenklich aus. Was ist los?“, eröffnete Miyako das Gespräch. „Ich mache mir Sorgen um Kari.“ Danach erzählte er in kurzen Sätzen was sich beim Training ereignet hatte und welchen Rat er Hikari gegeben hatte. „Yolei, sie war mit ihren Gedanken ganz weit weg. So hat sie noch nie getanzt. Sie war so unkonzentriert, dass ich gerade so einen Sturz bei der Hebefigur verhindern konnte. Diese Figur kann Kari normalerweise im Schlaf. So kenne ich sie nicht.“ „Bingo!“, rief Miyako erfreut aus. „Bingo? Ich erzähle dir gerade, wie schlecht es unserer Freundin geht und du sagst ‚Bingo‘?“ Ken sah seine Frau verständnislos an. „Ja, Bingo. Ich hatte Recht mit meiner Vermutung“, kam es lächelnd von seiner Gesprächspartnerin. „Und die wäre?“ „Kari ist verliebt.“ „Wir glauben beide das Gleiche. Ich wünsche ihr, das sie mit Takeru glücklich wird.“ Die Aufrichtigkeit seiner Worte war in der Stimme von Ken herauszuhören. „Weißt du eigentlich wie sehr ich dich liebe?“ Nach dieser Frage zog Ken Miyako in seine Arme und gab ihr einen sanften Kuss. Takeru schloss die Tür zur Tanzschule. Er wollte eigentlich Hikari abholen, aber Miyako war wie ein kleiner Herbststurm an ihm verbeigerauscht. So dass sie mit ihrer Tochter zuerst die Tanzschule erreicht hatte. Unfreiwillig wurde er Zeuge von dem Gespräch des Ehepaares. Sein Bild welches er von Ken hatte, hatte sich nach dieser Begegnung vollkommen verändert. Die Art und Weise, wie Ken mit seiner Familie umging hatte Bände gesprochen. Er konnte praktisch die Liebe, die dieses Paar für einander empfand mit den Händen greifen. Takeru wurde bewusst, dass Ken in Hikari eine sehr gute Freundin sah, die gleichzeitigt seine Tanzpartnerin war. Sein Herz aber gehörte einer anderen. Erleichtert atmete er aus, bevor ihm bewusst wurde wie sein letzter Satz Hikari verletzt haben musste. Takeru seufzte auf und machte sich auf den Weg zu seiner Schwester und seinem besten Freund. Kapitel 30: Kopf aus – Herz an ------------------------------ Takeru verließ nachdenklich das Sportzentrum. Er wurde aus seinen Gedanken gerissen, als er den Aufschrei einer jungen Frau hörte. Diese Stimme würde er auch im Schlaf erkennen. Schnell rannte er in die Richtung, aus der er die Stimme seiner Schwester gehört hatte. Bei ihr angekommen schlich sich ein Lächeln in sein Gesicht. Sein bester Freund stand wie ein Denkmal dar und sein Gesicht konnte mit einem weißen Bettlaken konkurrieren. Louisa umarmte jemanden. Die Person, die seine Schwester umarmte konnte er nicht erkennen, da die Blondine vor dieser stand. Trotzdem wusste er sofort, dass es Hikari sein musste. Für diese Vermutung gab es mehrere Annahmen. Louisa kannte außer Yamato, Sora, Haru, seinen Vater, Hikari und ihm niemanden in Tokio. Jean musste die Ähnlichkeit zu Chloé aufgefallen sein, zumindest deutete seine Körpersprache darauf hin. Außerdem verriet ihm sein Körper, dass sie in der Nähe sein musste. Er spürte wieder dieses mittlerweile vertraute Kribbeln in seinem Bauch und er fühlte sich geborgen und zu Hause angekommen. Dieses Gefühl konnte nur eine Frau in ihm auslösen. Tief atmete er durch, bevor er sich bemerkbar machte. „Wie ich sehe, hast du Hikari gefunden, Louisa.“ Er nahm seine Schwester in die Arme und gab ihr einen Kuss auf die Wange. „Ja, das habe ich, Großer. Du solltest dich mal mit ihr unterhalten. Ich werde mich um die Salzsäule hier …“, sie deutete auf Jean, „… kümmern.“ Nachdenklich schaute Takeru Jean an. „Ich hätte ihn wohl vorwarnen sollen.“ „Ja, das wäre nett von dir gewesen. Das hätte ihm den Schock und mir die Peinlichkeit in deinem Büro erspart“, fauchte Hikari ihn an. Seine blauen Augen sahen sie überrascht an. Es wunderte ihn nicht, dass sie immer noch wütend auf ihn war. Vielmehr war er erstaunt, dass Hikari ohne groß darüber nachzudenken, französisch gesprochen hatte. „Hast du deine Stimme verloren, Takeru?“, setzte die Braunhaarige genervt hinterher. „Nein, das habe ich nicht. Ich überlege gerade in welcher Sprache ich dich ansprechen soll?“, kam es fragend von Hikaris Gesprächspartner. Sie sah ihn mit großen Augen an. „Was meinst du?“ „Soll ich französisch sprechen oder japanisch?“ Hikari sah ihn verwirrt an. „Wie bitte?“ „Du sprichst die ganze Zeit Französisch.“ „Ähm -“ „Großer, welche Sprache ist doch egal. Hauptsache ihr redet endlich.“ Louisa hatte sich ihrem Bruder zugewandt. „Mach endlich“, zischte die Blondine ihn an. Takeru nickte. „Ihr zwei geht nach Hause. Du hast ja einen Schlüssel für die Wohnung. Falls Jean bis dahin immer noch nicht ansprechbar ist gib ihm etwas von dem Sake, der im Küchenschrank steht. Du lässt aber die Finger davon.“ Louisa nahm die Hand von Jean und zog ihn einfach mit sich. „Ja Papa, bis später.“ Louisa zwinkerte Takeru zu. „Ich trinke das ekelhafte Zeug nicht“, protestierte Jean. „Halleluja, Jean ist wieder unter den Lebenden“, lachte Louisa auf. „Hast du das gesehen Louisa?“ „Wie du eine Salzsäule geworden bist?“ „Ich meine-“ „Lass uns gehen. Vielleicht hilft dir der Sake.“ „Nie im Leben werde ich das Gesöff trinken.“ „Anderes Land andere Sitten. Da musst du jetzt durch. Komm endlich.“ Louisa ging einige Schritte weiter. Jean blieb stehen. „Ich werde nicht-“ „Jean, mach schon“, rief ihm die Blondine zu. „Ja, ja. Trotzdem werde ich dieses- “ „Komm endlich, Jean.“ Sie tippelte mit ihrem rechten Fuß auf und ab. „Ich beeile mich, nicht das du noch ausrastest.“ „Kleine Warnung: Louisa ist kurz davor, mein Lieber“, mischte sich Takeru ein. Jean sprintete an Louisa vorbei. „Wo bleibst du Blondinchen?“ „Das reicht!“ Louisa lief zu Takeru zurück, riss ihm seinen Basketball aus den Händen und warf diesen in die Richtung in der Jean stand. Gebannt schaute Takeru den Ball hinterher. Er brach in lautes Gelächter aus, als der Basketball Jeans Kopf traf, auch Hikari konnte sich ein Lachen nicht verkneifen, als sie das verdutzte Gesicht des Braunhaarigen sah. „Klasse Wurf, Krümel. In dir schlummert doch eine Basketballerin.“ Die Geschwister klatschten sich ab. „Siehst du. Ihr solltet mich nicht unterschätzen. Bis später.“ Louisa gab Takeru einen Kuss auf die Wange. Danach ging sie mit Jean zum Ausgang des Parks. Beide waren weiterhin in einer hitzigen Diskussion gefangen. Unsicher blickten sich Hikari und Takeru an. Bis sie endlich die Stille durchbrach. „Ich glaube, wir sollten endlich ehrlich zueinander sein.“ Er nickte. „Lass uns ein bisschen im Park spazieren gehen. Was hältst du davon?“ „Gute Idee.“ Beide machten sich auf den Weg zu einem kleinen Steg. „Warum hattest du zum Anfang diese arrogante Haltung mir gegenüber?“ Traurig blickte Hikari ihn in seine Augen. „Hika, die erste Zeit in Tokio war nicht gerade einfach für mich. Als ich dich kennengelernt habe, war die Trennung von Chloé gerade zwei Monate her. Ich war überfordert mit dem Umzug von Paris nach Tokio und der neuen Arbeit. Ich hatte mein Studium gerade beendet. Meinen ersten Arbeitsvertrag habe ich für den Posten als Chefredakteur unterschrieben. Ich war meinem Vater und Yamamoto so dankbar der Hölle in Paris entfliehen zu können. Trotzdem hatte ich mich überfordert gefühlt. Ich hatte mich gerade einigermaßen eingearbeitet und war dabei Chloé zu vergessen, da bist du in mein Leben gestolpert. Zuerst wusste ich nicht warum ich dich so angegiftet habe, bis ich mir dein Bewerbungsfoto genauer angeschaut habe. Da ist mir zum ersten Mal die Ähnlichkeit zu Chloé aufgefallen. Deswegen hast wohl du meinen ganzen Frust abbekommen, der sich bei mir angestaut hatte. Es tut mir aufrichtig leid, wie ich dich behandelt habe. Du musst wissen, dass ich eigentlich die Stelle, des Fotografen besetzten sollte.“ „Ich schätze, wenn es nach dir gegangen wäre, hätte ich die Stelle nicht bekommen.“ Takeru holte tief Luft, bevor er antwortete. „Hika, wir wollten ehrlich sein… Ich möchte dich nicht noch mehr verletzten, als-“ „Du musst nicht weitersprechen.“ Hikari schloss ihre Augen. „Wen habe ich es zu verdanken, dass ich die Stelle bekommen habe?“ „Im Grunde Matt.“ „Matt?“ „Ja, er hatte ein Wort für dich bei unserem Vater eingelegt.“ „Das heißt, ich hätte nie den -“ Takeru nahm ihre Hände und schaute in ihre Augen. „Nein, so darfst du nicht denken. Du bist eine sehr talentierte Fotografin. Die Bilder in deiner Bewerbungsmappe hatten mich schon damals überzeugt. Ich bin meinen Vater so dankbar, dass er mich vor den größten Fehler meines Lebens bewahrt hat und darauf bestand, dich einzustellen.“ „Warum wolltest du nicht, dass ich den Job bekomme?“ Nervös brach er den Blickkontakt ab. „Ich wollte nicht mit einer Frau zusammenarbeiten, die mich daran erinnert, wie ich von meiner Ex verarscht wurde.“ Hikari musste schlucken. Traurig wandte sie ihr Gesicht ab. „Wer bin ich für dich?“ Takeru sah sie entgeistert an. „Denkst du ich habe ich geküsst, weil du Chloé ähnlich siehst?“ Fassungslos sah er wie sie nickte. „Hika, ich habe dich geküsst, weil du mir etwas bedeutest. Du hast mich aus meinem Selbstmitleid gerissen, als du auf die Idee mit den Fotos gekommen bist. Du hast mich aus einem Tunnel geführt und mir gezeigt, wie bunt die Welt ist. Du hast das Licht in mein Leben zurückgebracht. Du bist in der kurzen Zeit eine sehr gute Freundin geworden, wobei ich-“ „Wieso hast du Chloé geküsst und ihr gesagt, dass du sie liebst?“ „Damit sind wir beim springenden Punkt.“ Takeru holte noch einmal tief Luft. „Ich habe Chloé geküsst, was ich sofort bereut habe, als ich realisiert habe, wen ich geküsst habe.“ „Du hast ihr gesagt, dass du sie liebst.“ „Nein-“ „Ich habe doch gehört, was du gesagt hast“, behaarte Hikari auf ihren Standpunkt. Takeru verstand jetzt, wo das Problem lag. „Nenne mir mit bitte die französischen Formen der Verneinung.“ „Die Verneinung setzt sich meistens aus zwei oder drei Wörtern zusammen, wobei das Verb von der Verneinung umschlossen wird.“ „Richtig, das sind aber nicht die Formen.“ „Ne … pas - ne … jamais - ne … rien - ne … plus.“ Takeru lächelte, „Genau. Ich sagte: ‚Je ne t’aime plus.‘“ Ein kleines „Oh“, entwich ihren Lippen, als sie die Bedeutung verstanden hatte. Hikaris Gesicht färbte sich ziemlich dunkel. „Ich muss mich bei dir entschuldigen.“ „Nein, das musst du nicht. Eher muss ich mich bei dir entschuldigen, wie ich dich vor deinem Training angeschnauzt habe. Es tut mir leid.“ Takeru ging auf Hikari zu. „Schon gut.“ „Ein gutes hatte der verfluchte Kuss auch.“ Er nahm sie in seine Arme. „Das wäre?“ Hikari legte ihre Hände sachte um seine Taille. „Ich weiß jetzt, für wen mein Herz schlägt“, erzählte der Blonde weiter. Dabei zog er sie in eine feste Umarmung. Sie wolle sich aus seinen Armen winden, als sie sprach: „Was ist mit meinem Versprechen, das ich dir gegeben habe. Ich habe es schamlos ausgenutzt.“ Takeru ließ nicht zu, dass sie sich von ihm entfernte. „Wovon sprichst du?“ Die junge Frau gab es auf, sich seiner Körpernähe zu entziehen, dennoch ließ sie ihre Arme angespannt an ihrem Körper herunterhängen. „Ich habe dir versprochen die Beziehungen zur Chefetage nicht auszunutzen-“ „Das hast du nie getan.“ Takeru nahm ihre Hände in seine. „Nachdem, was du gerade-“ „Hika, Yamamoto und mein Vater haben mich vor einem riesengroßen Fehler bewahrt, das habe ich dir schon gesagt. Mein Vater sieht es im Übrigen genau wie ich. Du bist die beste Fotografin, die die ‚Ishida Group‘ hat.“ Er legte seine Finger an ihr Kinn und zwang sie zärtlich ihm ins Gesicht zu schauen. „Warum hast du mir den Satz mit dem Tanzpartner an den Kopf geworfen?“ „Es tut mir leid, das war nicht fair. Ich weiß, dass zwischen Ken und dir nie etwas war, was einer Beziehung nahe kommt. Ich war verletzt und eifersüchtig.“ „Vertraust du mir?“ „Wenn du mich lässt.“ Enldlich sprach Takeru das aus, was er fühlte. „Ich liebe dich, Hika.“ Sofort schloss er ihren Mund mit seinen. Eine angenehme Wärme durchzog seinen Körper. Er merkte, wie sich seine feinen Härchen am ganzen Körper aufstellten. Takeru fühlte sich im Himmel angekommen, als Hikari seinen Kuss mit solch einer Zärtlichkeit erwiderte und er ihre feinen Finger an seinen Nacken spürte. Langsam löste sie den Kuss. „Ich liebe dich auch, Keru“, flüsterte sie ihm ins Ohr. Liebevoll schob Takeru Hikari ein Stücken von sich, um in ihre Augen blicken zu können. „Du weißt, was das bedeutet?“ Sie sah ihn so liebevoll an, dass es ihm dem Atem raubte. „Nein, ich bin mir sicher, dass du mich gleich aufklären wirst“, neckte Hikari ihn. „Das du zu mir gehörst…“, er zog sie wieder in seine Arme, „…, wenn du es möchtest.“ „Was ist mit der Arbeit?“ „Beruflich werden wir uns mit Hikari und Takeru ansprechen. Privat bist du meine Hika, ganz einfach. Wir werden wie immer miteinander umgehen“, versuchte er ihre Bedenken zu zerstreuen. „Du bist und bleibst mein Chef“, kam es nachdenklich von ihr. „Dieser Zustand wird nicht ewig anhalten. Mir ist es egal, was die Kollegen sagen, oder mein Vater von der Sache hält. Hauptsache du bist an meiner Seite.“ Er merkte ihre Unsicherheit. „Hika, willst du mit mir zusammen sein? Denke da-“ „Ja“, schoss es aus der Braunhaarigen heraus. „Was hältst du davon, dass wir in der Firma keinem sagen, dass wir ein Paar sind, bis wir unsere Beziehung gefestigt haben?“ Man merkte Hikari an, dass ihre Ohren und ihr Gehirn gerade einen Kampf führten. Ihre Ohren behaarten darauf das Gesagte richtig verstanden zu haben, während ihr Hirn diese Informationen nicht verarbeiten konnte und seinen Dienst eingestellt hatte. „Paar?“ „Ja!“ „Beziehung?“ „Ja!“ „Wir beide?“ Sie zeigte mit ihrem Zeigefinger zwischen Takeru und sich hin und her. „Immer noch ‚Ja‘.“ „Du bist dir sicher?“ „Mehr als sicher, Hika. Bist du dabei?“ „Ja!“, war das einzige was über ihre Lippen kam, bevor sie ihren Freund zärtlich küsste. Hikari spürte seine warmen und weichen Lippen auf ihren. Es fühlte sich alles so richtig an. Das Kribbeln in ihrem Körper wollte nicht aufhören. Ihr Herz klopfte wie wild in ihrer Brust. Je länger der Kuss dauerte, desto sicherer wurde sie sich, dass sich ihr Herzschlag seinem anpasste. Sie war sich sicher, dass ihr Platz an seiner Seite war. Das letzte Teil eines Puzzles wurde mit diesem Kuss eingesetzt. Sie fühlte sich vollkommen. Als Hikari diese Erkenntnis überrollte, wollte sie sich noch dichter an Takeru kuscheln, als sein Handy die traute Zweisamkeit störte. Kapitel 31: Yamatos Ansage -------------------------- „Nicht schon wieder“, flüsterte Takeru in den Kuss hinein. „Uns wird anscheint nicht eine Minute zusammen gegönnt“, maulte er vor sich her, bevor er nach seinem Handy in der Hosentasche angelte. Erschrocken sah er auf den Namen, den das Display anzeigte. „Das ist nicht gut“, murmelte er. „Keru, was-“ „Louisa, was ist los?“, begrüßte er den Anrufer. Hikari sah ihren Freund besorgt an. Seine Mine wurde sehr ernst und er zog seine Augenbrauen zusammen. „Wie meinst du das?“, fragte er besorgt nach. Takeru fuhr sich mit seiner Hand über das Gesicht. Nachdenklich rieb er sich die Nasenwurzel. „Warte mal kurz Louisa. Ich rufe dich gleich zurück. Tut mir bitte einen gefallen und bewegt euch nicht vom Fleck. Bis gleich.“ Skeptisch schaute Hikari ihn an. „Was ist passiert?“ „Louisa und Jean haben sich auf den Weg zu meiner Wohnung verlaufen.“ „Wo wohnst du eigentlich?“ Er nannte ihr seine Adresse. „Die beiden müssen sich doch nur an den Fernsehsender orientieren. Die Kugel von dem Verlagsgebäude kann man fast in überall sehen. Dann können sie deinen Wohnkomplex nicht verfehlen.“ „Das habe ich ihnen auch gesagt. Louisa ist sich sicher, dass sie in die richtige Bahn eingestiegen sind. Die Umgebung, als sie ausgestiegen sind, kommt ihr aber nicht bekannt vor.“ „Rufst du bitte Louisa an und gibst mir dein Handy?“ „Was hast du vor?“ „Rausfinden wo die beiden stecken.“ Takeru wählte die Nummer seiner Schwester, sprach kurz mit ihr und gab Hikari sein Mobiltelefon. Die Braunhaarige lauschte den Worten von Louisa. „Weißt du noch wie die Haltestelle hieß, an der ihr ausgestiegen seid?“, fragte sie ruhig nach. „… Das macht nichts. Mit der englischen Bedeutung kann ich auch etwas anfangen. ... Das hört sich an, als wenn ihr später ausgestiegen seid, als ihr eigentlich müsstet. Ist irgendein Einkaufszentrum, oder etwas anderes prägnantes in der Nähe? … Großartig. Kannst du uns bitte ein Bild schicken? Danke dir. Wir melden uns gleich wieder.“ Takeru hörte dem Gespräch aufmerksam zu. ‘Wieso bin ich nicht auf die Idee gekommen?‘ Er öffnete das Bild, welches Louisa ihn geschickt hatte. „Wie ich mir gedacht habe. Die beiden sind bei der West Promenade.“ „Wie hast du das so schnell rausbekommen“, fragte Takeru bewundernd nach. „Louisa hat mir den Namen des Einkaufszentrums genannt. Jean hat darauf beharrt, dass ein Transformer vor dem Gebäude steht. Eigentlich ist es kein Transformer, sondern ein weißes Einhorn, ich bin mir sicher, dass Jean und ich das Gleiche meinen.“ Der Blonde stöhnte auf. „Das heißt, sie sind nur vier Querstraßen von meiner Wohnung entfernt, wenn sie so gehen wie ich, wenn ich zur Arbeit muss.“ „Ich könnte gemein sein und sagen, wenn sie durch das Einkaufszentrum hindurch gehen und den anderen Ausgang nutzen sehen sie den Fernsehsender. Somit wären es nur noch zwei Querstraßen bis zu deiner Wohnung. Bist du echt immer den Umweg durch den Park zum Verlag gegangen?“ Verwirrt schaute Takeru seine Freundin an. „Wie sollte ich sonst gehen?“ „Bist du auf die Idee gekommen durch das Einkaufszentrum zu gehen? Das würde dir fast die Hälfte der Gehzeit ersparen.“ „Ähm …“ Hikari grinste ihn herausfordernd an. „Neandertaler-Logik. Sagt dir dieses Wort etwas?“ „Frauenlogik! Ich denke nicht ständig an Shoppingtouren.“ „Du sollst nicht einkaufen, sondern nur durch gehen.“ „Und dann?“ „Auf der anderen Seite das Einkaufszentrum verlassen.“ „Was hätte ich davon?“ „Du bist ein Mann, der total kompliziert denkt. Die Zeit, die du vergeudest, da du durch den Park gehst könntest du zu Hause nutzen, um deinen Kaffee aus der Tasse zu trinken und nicht aus einen Pappbecher vom Kaffeestand im Park.“ „Das hört sich logisch an, entspricht aber nicht der Tatsache wie es wirklich ist. Ist es dir in den Sinn gekommen, dass es mir um die Bewegung an der frischen Luft geht und nicht um meinen Kaffee? Den nehme ich mir immer von zu Hause in einer Thermoskanne mit. Ich hasse es Kaffee aus einen Pappbecher zu trinken. Jetzt bin ich gespannt wo das Neandertaler-Logik ist. Du bist dran meine Liebe.“ Takeru grinste sie herausfordernd an. Beleidigt schaute Hikari in seine blauen Augen. „Na gut, du hast gewonnen. Es denkt aber nicht je Frau an Shoppingtouren.“ Er grinste sie an: „Ich schätze du denkst nur ans Tanzen und Shoppen.“ Schnell drehte er sich zur Seite, als er bemerkte, das Hikari ihm auf seine Brust schlagen wollte und lachte, „Wow, in dir steckt ja eine Wildkatze.“ „Die Wildkatze lässt dich gleich hier stehen. Du kannst deine Schwester und deinen besten Freund alleine von der West Promenade, die nicht gerade klein ist, abholen. Vielleicht läufst du noch einen Umweg und schaust dir das Riesenrad an.“ Jetzt lächelte Hikari ihren Freund überlegen an. Takeru sah sie unsicher an. „Ist schon gut. Jetzt hast du gewonnen.“ „Ich habe allerdings mehr im Kopf, als nur das Tanzen und Shoppen.“ „Das wäre?“ Hikaris Gesicht zierte eine leichte Röte, als sie antwortete: „Ich gehe gerne shoppen, dass gebe ich zu. Ich muss aber nicht ständig nach der neusten Mode gekleidet sein. Meine verwaschene Freizeithose und mein altes ausgeleiertes rosa T-Shirt trage ich ebenso gerne. Das Tanzen hat einen hohen Stellenwert in meinem Leben. Ich betreibe diese Sportart nun mal gerne. Trotzdem brauche ich manchmal Abstand von den ganzen Trainingseinheiten. Deshalb dreht sich nicht mein ganzes Leben um diese beiden Sachen. Meine Familie und Freunde sind mir sehr wichtig. Ohne diese Menschen wäre ich nicht der Mensch, der ich bin. Außerdem hat sich ein Mann in mein Herz geschlichen, der mir sehr oft in meinem Kopf rumschwirrt.“ Sie ging auf Takeru zu nahm sein Gesicht zärtlich in ihre Hände. „Daher würde ich sagen, dass du mir am meisten in meinem Kopf herumschwirrst.“ Kaum hatte sie diese Worte ausgesprochen zog sie ihn leicht zu sich nach unten und gab ihn einen liebevollen Kuss. Er wollte den Kuss gerade erwidern, als sein Handy erneut klingelte. Genervt gab er Hikari aus seiner Umarmung frei. „Das darf doch alles nicht wahr sein. Wenn das jetzt nicht wichtig ist raste ich aus.“ Erschrocken blickte Takeru auf das Display. „Oh, das ist wichtig.“ Hikari musste lachen. „Ich glaube Louisa und Jean sind ungeduldig geworden.“ Der junge Mann nickte. „Hey Krümel! … Nein, wir haben euch nicht vergessen. … Wir sind gleich da. … Bis später.“ „Darf ich dich was fragen, Keru?“ Dabei nahm sie seine Hand in ihre und gemeinsam gingen sie auf den Ausgang des Parks zu. „Was möchtest du wissen?“ „Wieso hast du Louisa und Jean nicht das Wahrzeichen von Odaiba gezeigt? Hättest du das gemacht, wüssten die Beiden, dass sie fast vor deiner Haustür stehen.“ „Sehr witzig ,Hika. Das wollte ich heute machen. Wie du weißt habe ich den Vormittag in der Redaktion verbracht. Mein Vater wollte ein wichtiges Gespräch mit mir führen.“ Takeru zog sie in eine innige Umarmung, als er merkte, wie sich ihr Körper anspannte. Er sah ihr in die Augen und konnte den Schmerz erkennen, den sie gerade empfand. „Ich habe ihr gesagt, dass sie aus Tokio und meinem Leben verschwinden soll.“ „Bist du dir sicher, dass sie es verstanden hat? In deinem Büro sah das nämlich nicht so aus.“ Schuldbewusst sah er seine Freundin an. „Ich weiß, dass ich Mist gebaut habe. Es tut mir leid, dass ich dich heute Morgen verletzt habe. Das wollte ich nicht. So etwas wird nie wieder vorkommen. Sie hat mich überrumpelt. Nachdem du weggelaufen bist habe ich ihr eine deutliche Ansage gemacht.“ „Und die wäre?“ „Das alles falsch ist, was mit ihr zu tun hat und es kein ‚uns‘ mehr gibt oder jemals wieder geben wird. Es gibt nur eine Frau in meinem Leben und das bist du. Hika, ich liebe nur dich.“ Takeru beobachtete ihr Gesicht. Erleichtert atmete er aus, als sich Hikaris Blick änderte. Ihre bernsteinfarbenen Augen fingen an zu strahlen. Dies war das Zeichen für ihn seinen Kopf langsam zu senken. Erfreut stellte er fest, dass sie ihm entgegen kam. Beide sahen sich tief in die Augen, als sie diese schlossen und sich ihre Lippen liebevoll trafen. Das sie dabei von jemanden beobachtet wurden bekam das frischgebackene Pärchen nicht mit. Fassungslos, traurig und mit Tränen in den Augen musste sie den Kuss mit ansehen. In dem Moment, in dem Takerus Lippen die der jungen Frau berührten wusste sie das sie verloren hatte. Chloé ließ ihren Tränen freien Lauf. Schmerzlich wurde ihr bewusst, dass sie selber schuld daran war, dass sie Takeru verloren hatte. Zur gleichen Zeit waren zwei junge Männer im Park von Odaiba unterwegs. Diese waren in eine hitzige Diskussion vertieft: „Wegen dir kommen wir zu spät zu unserer Verabredung mit unseren Frauen. Wieso musstest du Trottel noch eine Runde zocken, als ich dich abholen wollte.“ Yamato sah Taichi sichtlich genervt in die Augen. „Wärst du pünktlich gewesen hätte ich gar nicht angefangen zu zocken. Was kann ich dafür, dass ich gerade dabei war einen neuen Highscore aufzustellen“, rechtfertigte sich Taichi. „Ich habe dir eine Nachricht geschrieben, dass ich etwas später komme und du dich schon fertig machen solltest. Damit wir nicht zu spät kommen. Ich habe nämlich keine Lust auf das Gezeter unserer Frauen. Insbesondere auf die Schimpftri…“ Nachdenklich brach Yamato seinen Satz ab. Er blickte auf eine junge Frau die im Schein der Parklaterne stand und etwas beobachtete. „Ist das Kari?“ Der Blonde deutete auf die junge Frau. Taichi sah seinen besten Freund. „Was? Wo soll Kari sein?“ Er blickte in die Richtung, in die Yamato zeigte. Kurz musterte er die Frau. „Eine gewisse Ähnlichkeit ist da, aber das ist nicht Kari. Sie würde sich nicht so freizügig kleiden.“ Yamato sah sich die Frau noch einmal an. Sie kam ihm bekannt vor. Er folgte ihren Blick und sah ein junges Pärchen, welches sich gerade küsste. Die blonden Haare des Mannes kamen ihm bekannt vor. Die Körpergestalt der jungen Frau weckte seinen Beschützerinstinkt. Yamato blickte zu der Frau zurück, die das Pärchen beobachtete. „Heilige Scheiße, dass darf nicht wahr sein“, fluchte er laut auf. Schnell ging er auf die einsame Frau zu. „Sag mal Matt, wurdest du von einer Tarantel gestochen? Wir müssen in die andere Richtung. Ich möchte nicht wieder aus meiner Wohnung fliegen, weil wir hoffnungslos zu spät gekommen sind“, rief Taichi seinen besten Freund hinterher. „Was machst du in Tokio?“, fauchte Yamato die Frau schon von weitem an. Chloé zuckte erschrocken zusammen, als sie eine sehr unfreundliche Stimme auf Französisch hörte. Als sie erkannte, wer sich vor ihr wütend aufgebaut hatte senkte sie schuldbewusst ihren Blick. „Hallo Yamato“, grüßte sie ihn leise. „Lass deine Höflichkeitsfloskeln. Ich habe dich etwas gefragt?“ „Matt, kannst du mir erklären, was hier los ist?“ Nachdenklich blickte Taichi ihn an. „Später. Ich habe mit dieser Dame noch eine Rechnung offen“, erklang die gereizte Stimme seines besten Freundes. Der Braunhaarige zog seinen Kopf ein. Yamato jetzt weiter zu fragen, würde keinen Sinn machen. Die Aufmerksamkeit des Blonden war bei der Frau. „Chloé, ich erwarte eine Antwort.“ „Ich wollte mit Takeru reden.“ „Das wirst du schön bleiben lassen. Er baut sich gerade ein neues Leben auf. Du wirst ihn nicht in die Quere kommen. Ich habe keine Lust meinen Bruder wieder so deprimiert, verletzt, wütend und arrogant zu erleben, wie er nach eurer Trennung war.“ „Ich habe schon mit ihm gesprochen.“ „Du hast was? Spinnst du? Du lässt dich vor seinen Augen von einem anderen vögeln und erwartest von ihm, dass er dir verzeiht? Ich hoffe, Takeru hat dich in die Wüste geschickt.“ „Ja, das hat er. Jetzt muss ich mir mit ansehen, wie er eine andere küsst. Bist du jetzt zufrieden?“ „Oh ja und wie zufrieden ich bin. Sei froh, dass sich die beiden nur küssen. Deine Show war bei weitem schlimmer. Außerdem wart ihr zu der Zeit ein Paar, als du den Bockmist abgezogen hast. Jetzt seid ihr es nicht mehr. Takeru kann küssen wen er will und er kann Sex haben mit wem er will. Ich rate dir eins: Lass deine Finger von meinem Bruder. Louisa wirst du auch in Ruhe lassen, sonst lernst du mich richtig kennen. Du wirst dich von der Frau, die mein Bruder gerade geküsst hat, fern halten. Sie ist eine sehr gute Freundin von mir und seine Schwester. Mit ihm ist nicht gut Kirschen essen, wenn es um seine Schwester geht.“ Yamato deute mit den Daumen hinter sich auf Taichi. Da dieser kein Französisch sprechen konnte schaute er sich gelangweilt im Park um. Er sah schmunzelnd ein Pärchen hinterher, welches gerade händchenhaltend den Park verließ. Irgendwie kam ihm die Frau bekannt vor. Taichis Gesichtszüge entglitten, als er sie erkannte. „Kari“, flüsterte er leise. Nur sein Versprechen, das er Mimi auf Enoshima gegeben hatte, hinderte ihn daran den beiden zu folgen. Schnell konzentrierte er sich auf das Gespräch von Yamato und der, für ihn, Unbekannten. Da er immer noch kein Französisch verstehen konnte war der Kiesboden sehr interessant. Taichi fuhr mit seinem Fuß kleine Kreise in den Kies. Der Blonde sprach weiter: „Du kannst froh sein, dass du kein Mann bist. Mir ist gerade etwas eingefallen: Damit du meine Forderungen zu meiner vollsten Zufriedenheit erfüllen kannst wirst du jetzt deine Sachen holen. Ich werde dich zum Flughafen fahren. Dort wirst du in den nächsten Flieger nach Marseille sitzen. Verstanden?“ Ein letztes Mal blickte Chloé den Mann, den sie liebte, hinterher. Sah, dass er sein neues Glück gefunden hatte. Sie drehte ihm den Rücken zu. Widerstandslos folgte Chloé Yamato. Kapitel 32: Eckstein, Eckstein – jeder muss versteckt sein ---------------------------------------------------------- Nach einer gefühlten Ewigkeit des Suchens fragte Takeru besorgt nach: „Hika, bist du dir sicher, das Louisa und Jean hier sind?“ „Ja, das bin ich mir.“ Sie deutete auf ein großes Gebilde. „Das ist das ‚Gundam‘. Das hatte Louisa dir als Bild geschickt.“ „Wo sind die beiden jetzt? Ich habe ihr gesagt, dass sie dort bleiben sollen, wo sie waren, als sie uns das Bild geschickt haben“, kam es verzweifelt von Takeru. „Vielleicht sind Louisa und Jean ins Einkaufszentrum gegangen. Am besten du rufst einen von den beiden an.“ Der Blonde zog sein Handy aus der Hosentasche. Entsetzt schaute er auf das Display. „Klasse! Das hast du super hinbekommen Takaishi“; fluchte er laut vor sich her. „Was ist jetzt schon wieder?“ Hikari sah ihren Freund besorgt an. „Der Akku von meinem Handy ist leer.“ „So langsam reicht es mir“, meckerte die Braunhaarige vor sich her. „Du bist in allen Dingen so penibel und gut durchorganisiert, aber dein Handy vergisst du aufzuladen? Wo bist du nur mit deinen Gedanken, Keru?“, schimpfte sie vor sich her. Takeru sah sie erstaunt an. „Danke für die Standpauke. Was meine Gedanken angeht: Ich habe heute den ganzen Tag an dich gedacht.“ „Super! Das bringt uns jetzt auch nicht weiter.“ Sie kramte in ihrer Handtasche und holte ihr Handy heraus. „Was hast du vor?“ „Ich rufe erst bei Matt und dann bei Sora an. Die beiden können uns bei der Suche helfen. Hoffentlich hat wenigstens einer von beiden ein Handy, das funktioniert.“ Böse funkelte sie ihren Freund an. Takeru wurde ein wenig mulmig bei dem Gedanken, dass Yamato erfuhr, das Louisa verschwunden war. „Okay, du kannst dich von mir verabschieden. Matt wird Kleinholz aus mir machen, wenn er erfährt das unsere Schwester verschwunden ist.“ „Keine Angst, Keru. Das werden Sora und ich nicht zu lassen.“ Die beiden gingen auf das Einkaufszentrum zu und betraten es. Hikari wählte die Nummer von Yamato. „Dass ihr Brüder seid merkt man“, schimpfte sie vor sich her. „Darf ich fragen, wie du das meinst?“ „Es geht nur die Mailbox ran.“ „Das verschafft mir eine Galgenfrist“, kam es trocken von Takeru. Die junge Frau wollte gerade die Nummer der Rothaarigen wählen, als ihr Handy klingelte. „Das ist Sora“, informierte sie Takeru und nahm das Gespräch an. „Will sie mich veralbern? Warum legt sie einfach auf?“, meckerte sie als sie von ihrer Freundin weggedrückt wurde. „Kari, wir sind hier.“ Verwirrt drehte sich Hikari in die Richtung, aus der sie Mimis Stimme gehört hatte. Wie sollte es anders sein, saß sie in dem Café, in dem sich die Freundinnen immer trafen, wenn sie zu ihrer Shoppingtour aufbrachen oder eine Pause machten. Verwundert sah sie auf die blonde Frau, die bei Mimi saß. „Schau da, Keru ist das Louisa?“ Takeru blickte in die Richtung, in der seine Freundin deutete. Erleichtert atmete er aus. „Ja, dass ist sie und Jean sitzt neben ihr.“ „Woher kennt Mimi die Beiden?“ „Keine Ahnung. Das werden wir gleich erfahren.“ Takeru und Hikari gingen auf die kleine Gruppe zu. „Hallo Mimi.“ Hikari umarmte ihre Schwägerin. „Hey Kari. Sora kommt gleich. Sie versucht Matt anzurufen.“ "Ich wünsche ihr viel Glück dabei. Meinen Anruf hat er nicht angenommen. Kannst du mir sagen, warum Sora mich erst angerufen und dann weggedrückt hat?“ „Sie hat Takeru und dich gesehen, als ihr reingekommen seid. Sie meinte nur, ich soll bei den beiden hier…“, Mimi deutete auf Louisa und Jean, „… bleiben bist ihr da seid.“ Freundlich begrüßte Mimi Hikaris blonden Begleiter. Takeru ging auf seine Schwester und zu. „Hallo Krümel. Hey Jean.“ „Das ich das noch erleben darf. Mein Bruder beehrt uns mit seiner Anwesenheit“, begrüßte Louisa ihn sarkastisch. Dabei trank sie genüsslich von ihrem Erdbeershake. „Ist das echt dein Bruder? Ich habe schon vergessen, wie er aussieht. Ich habe hier nämlich schon Wurzeln geschlagen“, konterte Jean. „Hey, werdet nicht frech. Ich bin jetzt da. Nur das zählt. Wisst ihr eigentlich, dass ihr in der Nähe meiner Wohnung seid? Wärt ihr durch das Einkaufszentrum, dessen Namen ich euch gestern genannt habe, gegangen, dann wärt ihr beim Hauptsitz der ‚Ishida Group‘ gewesen.“ „Oh!“, kam es verlegen von Louisa. „Was meinst du mit ‚Oh‘ Louisa.“ „Wir sind so blöd Jean.“ „Warum sind wir blöd, wenn Takeru ewig braucht um uns zu finden?“ „Hast du ihm gestern zugehört?“ Überrascht schaute der Braunhaarige die Blondine an. „Bei den ganzen Eindrücken kann man mal etwas vergessen“, schnaubte Jean beleidigt aus. Louisa stöhnte auf. „Du bist ein Hornochse. Als wir gestern beim ‚Fuji Sender‘ waren hat Takeru gesagt, das der Verlag fünf Minuten zu Fuß von seiner Wohnung entfernt ist. Wir sollten uns an dem Gebäude orientieren. Dann sollten wir Richtung Osten gehen und in die zweite Querstraße einbiegen. Dort steht der Wohnkomplex, in dem Takeru wohnt. Da der Sender auf der anderen Seite des Einkaufszentrums ist sind wir zirka fünfzehn Minuten von der Wohnung entfernt.“ „Wenigstens hast du mir zugehört Louisa.“ Takeru lächelte seine Schwester an. „Ohne Hikas Hilfe wäre ich nicht so schnell bei euch gewesen. Sie hat herausgefunden, wo ihr seid.“ Louisa und Jean sahen sich in die Augen. „Habe ich ihn gerade richtig verstanden?“, fragte Jean bei Louisa nach. „Ich bin mir nicht sicher. Was hast du verstanden?“ „Er sagte: ‚Ohne Hikas Hilfe ‘und so etwas wie ‚schnell‘.“ „Eine Schnecke wäre schneller gewesen“, stichelte Louisa. „Recht hast du. Hast du auch ‚Hika‘ gehört?“ „Ich dachte schon ich hätte Halluzinationen.“ Louisa sah Takeru und Hikari an. „Wollt ihr zwei uns etwas sagen?“ Die Angesprochenen sahen sich an „Das musst du noch üben Ta…keru.“ „Hey, wir sind nicht in der Redaktion, Hika…ri“, rechtfertigte sich der Blonde. Sanft nahm er ihre Hand in seine und zog sie in einen innige Umarmung. „Wie ich sehe, schießt du ihn nicht zum Mond“, lächelte Louisa Hikari wissend an. Diese schüttelte sachte ihren Kopf. „Nein, das werde ich nicht machen.“ Die Ältere ging auf die Jüngere zu und umarmte diese. „Ohne dich und meinem Tanzpartner hätte ich nicht so schnell mit Takeru geredet. Danke dir.“ „Gerne geschehen.“ „Alter, soll das heißen, dass du vom Markt bist?“ Frech schaute Jean seinen besten Freund in die Augen. „Jap, das soll es heißen.“ Takeru ging auf seine Freundin zu zog sie in seine Arme und gab ihr einen sanften Kuss auf den Mund. Den sie nur zu gerne erwiderte. Für Jean und Louisa war es ein ungewohntes Bild, das Takeru eine andere Frau küsste. Bisher hatten sie ihn nur mit Chloé in so innigen Momenten gesehen. Sie freuten sich, dass der Blonde sein Glück gefunden hatte. Mimi, die kein Wort Französisch sprechen konnte, sah ungläubig auf das küssende Pärchen. Als Hikari und Takeru den Kuss lösten fragte sie amüsiert nach: „Hey ihr zwei Turteltauben. Ist es das was ich denke?“ „Ich weiß nicht, was du denkst, Mimi.“ „Dass du die Schwester von Tai bist merkt man“, kam es leicht genervt von der Brünetten. „Das wusstest du schon vorher“, grinste Hikari ihre Schwägerin an. „Habt ihr es endlich geschnallt? Darf man gratulieren?“ „Wir brauchten nicht so lange wie Tai und du.“ „Das ist auch kein Kunststück.“ Mimi zog Hikari in ihre Arme. „Herzlichen Glückwunsch.“ „Danke dir. Ich weiß nur nicht wie ich das Tai beibringen soll.“ „Er wird euch in Ruhe lassen.“ „Was mach dich so sicher?“ „Das hat er mir auf Enoshima versprochen.“ „Du bist die beste Schwägerin, die man sich vorstellen kann.“ Hikari umarmte Mimi herzlich. „Noch einmal: Danke.“ „Gerne doch.“ „Wieso seid ihr eigentlich hier?“ „Wir wollten uns mit Matt und Tai treffen-“ „Sind unsere Männer immer noch nicht da?“ Sora kam besorgt auf die kleine Truppe zu. Schnell begrüßte sie Takeru und Hikari. „Nein, Sora. Ich schätze wir wurden versetzt. Ich habe eine Befürchtung, wenn wir das zu verdanken haben.“ „Ich mache mir Sorgen. Es ist ungewöhnlich für Matt, dass die Mailbox anspringt.“ „Du brauchst dir keine Sorgen machen. Wie du weißt ist Matt mit Tai unterwegs. Mein Mann kann die Uhr bis heute nicht lesen“, versuchte Mimi ihre Freundin zu beruhigen. Die Wut über Taichi, dass dieser mal wieder unzuverlässig war, schluckte sie runter. Sie konnte später mit ihrem Ehemann abrechnen. „Sora, wie habt ihr eigentlich Louisa und Jean gefunden?“, fragte Takeru bei seiner Schwägerin nach. „Mimi und ich wollten uns hier mit Matt und Tai treffen. Als wir das Einkaufzentrum betreten wollten sah ich Louisa und Jean bei dem ‘Gundam‘ stehen. Louisa sollte dich anrufen und Bescheid geben, dass wir zusammen in das Café gehen. Du bist nicht an dein Handy gegangen. Deswegen wollte ich Kari anrufen, weil Louisa meinte, dass du mit ihr unterwegs bist. Ich habe sie weggedrückt, als ich gesehen habe, dass ihr hier seid. Weißt du was mit Matt los ist? Ich kann ihn nicht erreichen.“ Takeru wollte gerade antworten, als ein total abgehetzter Taichi an die Truppe herantrat. Böse funkelte er Takeru und Hikari an. Danach wandte er sich seiner Frau zu. „Hallo Prin-“ „Ich warte auf eine Erklärung du Idiot.“ „Tai, wo ist Matt?“ Als ihn auch noch Hikari und Takeru begrüßten wollten wurde es Taichi zu bunt. „Haltet mal eure Klappen. Ich versuche euch gerade zu erklären, was los ist.“ „Wir hören“, kam es von Mimi, die ihre Arme vor ihrer Brust verschränkt hatte. „Es tut mir leid, dass ich zu spät bin. Daran sind die beiden nicht ganz unschuldig“, der Braunhaarige deutete auf seine Schwester und ihren Freund. „Tai, dass ist erbärmlich. Was sollen wir mit deiner Verspätung zu tun haben?“, fragte Hikari gereizt nach. „Das will ich gerade erklären und dann wisst ihr auch, wo Matt steckt.“ „Jetzt spann uns nicht weiter auf die Folter. Wo ist Matt?“, fragte Sora wütend nach. „Auf dem Weg zum Flughafen.“ „Wie bitte? Was will er am Flughafen?“, kam es entsetzt von der Rothaarigen. „Das hat irgendetwas mit Takeru, Kari und der Schwester von Matt und Takeru zu tun.“ „Ich verstehe nur Bahnhof“, kam es gleichzeitig von Sora, Mimi Hikari und Takeru. „Matt und ich wollten durch den Park zu Haltestelle. Matt ist eine junge Frau aufgefallen, die Kari sehr ähnlich ist. Sie beobachtete ein Pärchen, welches sich gerade geküsst hatte.“ Dabei sah er wissend auf Hikari und Takeru. „Matt fluchte laut auf und lief auf diese Frau zu. Nach dem Streit mit ihr hat er mir gesagt, dass er sie zum Flughafen fahren wird. Ich sollte Mimi und Sora Bescheid geben.“ Takeru und Hikari sahen sich erschrocken an, da beide eine Vermutung hatten, wer diese Frau war. „Tai, hat Matt dir gesagt, wie die Frau heißt?“, fragt Sora ihren besten Freund, auch sie hatte einen Verdacht. „Chloé.“ „Das darf doch nicht wahr sein“, schimpfte Takeru vor sich her. „Hast du bemerkt, dass sie uns beobachtet hat?“, fragte Hikari leise nach. Der Blonde schüttelte seinen Kopf. „Kari, du willst mir bestimmt noch etwas sagen, oder?“ Taichi sah seine Schwester auffordernd an. „Was soll ich sagen? Du kennst die Antwort schon.“ Hikari lächelte ihren Bruder an. Dieser sah in ihrem Gesicht, dass sie glücklich war. Er seufzte auf. „Takeru, du wirst auf sie aufpassen. Trotzdem reden wir noch miteinander. Verstanden?“ Der Blonde nickte und reichte Taichi seine Hand. Dieser ergriff sie. „Das ihr es so einfach habt, habt ihr Mimi zu verdanken“, fauchte er seine Schwester an. „Ich weiß. Ich danke dir, dass du auf dem Tanzabend so ein Blindfisch gewesen bist.“ Hikari versteckte sich, nach dieser Aussage, schnell hinter Mimis Oberkörper. Da sie bemerkte wie ihr Bruder ihr empört auf die Schulter schlagen wollte. Mimi sah ihren Mann böse an. „Yagami du Idiot, wage es nicht. Am besten, du denkst noch nicht einmal daran.“ Taichi hielt in seiner Bewegung inne, als er die wütende Stimme seiner Frau hörte. „Kannst du mir bitte erklären, was hier los ist?“ Jean sah Louisa verständnislos an. Louisa erzählte ihm, soweit sie den Gesprächen folgen konnte, was sich ereignet hatte. „Das reicht, wenn ich wieder zu Hause bin werde ich mir Chloé vorknöpfen. So langsam denke ich, dass sie nicht richtig tickt“, fauchte Jean genervt. Kapitel 33: Ein Tag in der Hölle endet im Himmel ------------------------------------------------ Taichi bat Takeru um ein Gespräch unter vier Augen. Natürlich spürte und bemerkte er den wahrenden Blick seiner Frau und den besorgten Ausdruck in Hikaris Augen. Leicht lächelte er die beiden wichtigsten Frauen in seinem Leben an. Beide verstanden durch diese Geste, dass der Braunhaarige wirklich in friedlicher Absicht mit dem Blonden sprechen wollte. Taichi wollte sicher gehen, dass es Takeru wirklich um seine Schwester ging und er sie aufrichtig liebte. Die Worte von Yamato hallten immer noch in seinem Kopf, dass er wenigsten ihm vertrauen sollte, wenn Taichi es nicht bei Takeru konnte. Als die Beiden, in trauter Zweisamkeit, wieder auf den Tisch der anderen zu gingen atmeten Mimi und Hikari gleichzeitig erleichtert aus. Takeru sah den fragenden Blick von Hikari. Liebevoll nahm er ihre Hand in seine. „Später“, kam es leise über seine Lippen, bevor er diese leicht auf ihren Mund drückte. Soras Handy störte den innigen Moment. Hikari sah in die blauen Augen Takerus. Er verdrehte diese gespielt genervt und beide mussten lachen. „Was ist mit euch los?“, fragte Louisa nach. „Das wird ein Runing-Gag, dass irgendein Telefon klingelt, wenn wir uns küssen“, erklärte die Braunhaarige. Nach dieser Erklärung mussten auch Jean und Louisa lachen. Sora legte nach dem Gespräch ihr Handy auf den Tisch. Nachdenklich sah sie Takeru und Louisa an. „War das Matt?“, fragte Takeru nach. Die Rothaarige nickte. „Es geht ihm gut. Er hat Chloé bis zum Sicherheitscheck begleitet und gesehen, wie sie durch die Zollkontrolle gegangen ist. In zwei Stunden startet ihr Flieger nach Marseille. Matt ist auf den Rückweg“, erklärte sie den Geschwistern. „Hat er gesagt, warum er unsere Anrufe nicht angenommen hat?“, suchte Hikari das Gespräch mit ihrer Freundin. „Matt meinte, dass er in einem Funkloch gewesen ist.“ Kurze Zeit später verabschiedeten sich Sora und das Ehepaar Yagami. „Ich hoffe, dass ihr zwei jetzt endlich Zeit zum Reden habt.“ Louisa sah zwischen Takeru und Hikari hin und her. „Ob du es glaubst oder nicht Krümel, damit haben wir schon angefangen. Wir wurden unterbrochen, weil mein Schwesterchen und mein bester Freund sich verlaufen haben. Wie ist es eigentlich dazu gekommen, dass ihr zu spät aus der Bahn ausgestiegen seid?“ „Das… Wir… haben… Ähm…“ „Jean?“, kam es warnend von Takeru. „Wir haben uns gestritten“, erklärte Louisa schnell. Takeru sah nachdenklich von seiner Schwester zu seinen besten Freund. „Und über was?“ „Das willst du nicht wissen“, schoss es aus Jean heraus. Dabei sah er verunsichert auf Hikari. Hikari bemerkte den unsicheren Blick von Takerus Freund. Sie zog ihre eigenen Schlüsse: „So wie du mich anschaust, war ich der Grund.“ „Das ist Blödsinn, Hikari. Wir haben eigentlich wegen Chloé und ihrem Verhalten Takeru gegenüber gestritten. Das hatte nichts mit dir zu tun“, erklärte Louisa. „Warum schaut Jean mich an, als wäre ich eine Außerirdische?“ „Er kann es nicht verstehen, wie es sein kann, dass du seiner Schwester so ähnlich siehst. Immerhin seid ihr nicht miteinander verwandt“, setzte Takeru zu einer Erklärung an. „Das ist der eine Grund. Der zweite ist, dass er es nicht bemerkt hat, dass du nicht seine Schwester bist, als er dich angesprochen hatte“, erklärte Louisa weiter. „Deswegen hast du vor dem Sportzentrum so neben dir gestanden?“ Takeru sah Jean skeptisch an. „Ja. Ich meine sehe dir Hikari mal genau an.“ „Das mache ich jeden Tag, Jean. Jetzt weißt du wie ich mich gefühlt habe, als Kari in mein Leben getreten ist.“ Während dieser Aussage nahm Takeru die Hand von Hikari und gab ihr einen kleinen zarten Kuss auf die Handfläche. Jean sah die Braunhaarige an und lächelte. „Ich habe nichts gegen dich. Im Gegenteil, ich bin froh, dass Takeru endlich wieder jemanden gefunden hat, mit dem er glücklich ist.“ „So, da wir das geklärt hätten können wir los.“ Takeru hatte sich nach diesen Worten erhoben. Nachdem sie dich Rechnung beglichen hatten ging das Quartett zu der Wohnung des Blonden. Takeru und Hikari verabschiedeten sich von den Louisa und Jean. Danach gingen sie weiter zur Wohnung der jungen Frau. Kaum hatte das Pärchen die Wohnung der Braunhaarigen betreten kamen ihnen Gatomon und Patamon entgegen. Als hätten sich die Katzen abgesprochen ließen sich die weiße Katze von Hikari und der rot-weiße Kater von Takeru streicheln. Hikari ging in die Küche und holte eine Wasserflasche und zwei Gläser. Danach ging sie in das Wohnzimmer und stellte die Gegenstände auf den Couchtisch ab. Takeru hatte es sich schon auf der Couch gemütlich gemacht. Patamon hatte sich auf seinen Schoß eingerollt und genoss die Streicheleinheiten, die der Blonde ihm zukommen ließ. Hikari setzte sich neben ihn. Beide schauten sich in die Augen. Takeru eröffnete das Gespräch: „Verstehe meine Frage bitte nicht falsch, aber wie ist es dazu gekommen, dass du mir nach den Ereignissen von heute, doch noch die Chance einer Aussprache gegeben hast? Ich hatte das Gefühl, als wenn du nur noch beruflich mit mir sprechen wolltest.“ Hikari lächelte ihn an. „Dein Gefühl hat dich nicht getäuscht. Dein Vater meinte sogar, ich soll den Mann der mich verletzt hat in den Hintern treten, bevor er mich nach Hause geschickt hat. Nach unserem Streit habe ich mein Training vollkommen vermasselt. Ken hat mir ins Gewissen geredet. Er meinte, dass ich die Wahrheit nur herausfinden kann, wenn ich mit dir spreche. Nachdem mich Jean ziemlich unhöflich vor dem Sportzentrum angemeckert hat, ist mir bewusst geworden, dass du die Wahrheit gesagt hast. Louisa hat mich letztendlich dazu ermutigt mich sofort mit dir auszusprechen. Wieso hast du deine Meinung über Ken so schnell geändert?“ „Ich wollte dich abholen. Dabei ist Kens Frau mit seinen Kindern an mir vorbei gelaufen. Die Art und Weise, wie Ken mit seiner Familie umgegangen ist hat mir gezeigt, dass er in dir eine sehr gute Freundin sieht, die gleichzeitig seine Tanzpartnerin ist.“ „Wieso fällt es dir so schwer die Freundschaft von Ken und mir zu akzeptieren?“ Takeru drehte sich zu Hikari, sein rechtes Knie lag nun auf der Couch und den Fuß hatte unter seine linke Kniekehle gesteckt. Sein rechter Arm lag locke auf der Lehne. Patamon hatte sich beleidigt zurückgezogen, als der Blonde sich bewegt hatte. Er sah seiner Freundin in die Augen. „Wie du weißt, hatte Chloé es mit der Treue nicht ernst genommen. Daher bin ich ein gebrandmarktes Kind. Sie hatte damals eine Anatomie Lerngruppe gegründet, in der auch Alain war. Den Rest der Geschichte kennst du. Außerdem ist Tanzen ein Sport mit sehr viel Körperkontakt.“ Hikari erwiderte den Blick. „Du hast Angst, dass ich es genauso mache wie sie?“ Takeru nickte leicht. Gleichzeitig fiel ihm das Gespräch mit seinem Bruder wieder ein. „Hika, ich weiß, dass du ein sehr ehrlicher Mensch bist. Ich muss mich daran gewöhnen, dass ich dich in gewisser Weise mit Ken teilen muss. Ihr seid ein eindrucksvolles Tanzpaar. Die Leichtigkeit und die Emotionen dir ihr mit einem Tanz ausdrücken könnt sind enorm. Ich würde nie von dir verlangen das Tanzen aufzugeben.“ Ihr Gesicht zierte genau den Rotschimmer, den er so sehr liebte. „Danke dir. Ich kann dich verstehen, dass du erst Vertrauen fassen musst. Du musst mich nur auf der Tanzfläche mit ihm teilen. Mein Herz gehört nur dir alleine.“ Er nahm ihr Gesicht in seine Hände. „Danke für dein Verständnis. Dein letzter Satz reicht mir, um dir vollkommen zu vertrauen.“ Sanft drückte er seine Lippen auf ihre. „Vielleicht solltest du Ken und Yolei besser kennenlernen. Yolei ging es am Anfang genau wie dir, heute gehört sie zu meinen besten Freundinnen. Du solltest dich mal mit ihr unterhalten.“ Takeru nahm ihre Hand. „Das werde ich machen.“ Hikari drückte diese leicht. „Ken und ich haben eine unausgesprochene Regel, die unser Training betrifft.“ „Was ist das für eine Regel?“ „Unsere Partner und Kens Kinder dürfen, wenn sie uns nicht stören, jederzeit dabei sein.“ „Was wollt ihr damit bezwecken?“ „So können Yolei und du sehen, dass Ken und ich nichts zu verbergen haben. Ihr könntet nämlich auch mitten im Training reinkommen.“ „Wie seid ihr auf Idee gekommen?“ „Die Latein Tänze sind sehr Körperbetont und aufreizend. Uns ist bewusst, dass wir Körperstellen berühren, die normaler weise in einer platonischen Freundschaft tabu sind. Ken und ich wollen damit unseren Partnern ein Zeichen setzen, dass sie uns vertrauen können.“ Hikari streichelte Takeru bei der Aussage zärtlich über die Wange. Ihr Freund hatte genüsslich die Augen geschlossen. „Was wollte Tai mit dir besprechen.“ Mit diesen Worten durchbrach die Braunhaarige ihren innigen Moment. Takeru lachte auf. „Er wollte nur sicher gehen, dass seine Schwester in guten Händen ist. Außerdem meinte er, dass er uns keine Steine in den Weg legen würde. Gleichzeitig hat er betont, dass ich es bereuen werde, wenn ich dich verletzen sollte.“ „Das ist wieder typisch Tai“, schimpfte sie vor sich her. „Hika, bleib ruhig. Du kannst dir sicher sein, dass Matt und ich genauso ein Gespräch mit dem Freund von Louisa führen werden. Tai möchte nur, dass es dir gut geht das ist alles.“ Takeru sah auf seine Uhr. „Ich sollte langsam nach Hause gehen. Nicht das wir beide morgen zu spät zur Arbeit erscheinen.“ Mit einem bedauernden Gesichtsausdruck sah sie ihn an. „Mh, nicht das mein Chef mir morgen eine Standpauke hält.“ Er stand von der Couch auf und ging Richtung Flur. Sie folgte ihm. „Wer weiß, wie lange ich noch dein Chef bin, Hika.“ Takeru zog sich seine Schuhe an. Nachdenklich beobachtete Hikari ihn in seinem Tun. „Wie meinst du das?“ „Ich glaube, dass wird sich morgen aufklären.“ Der Blonde zog sie in seine Arme. Er schaute in ihr ängstlich blickendes Gesicht. „Du musst keine Angst haben. Es wird alles gut. Das verspreche ich dir.“ Takeru nahm ihr Gesicht in seine Hände und küsste sie zärtlich. „Ich liebe dich, Hika.“ „Ich dich auch, Keru.“ „Ich bin so froh, dass du an meiner Seite bist.“ „Das gleich kann ich nur zurückgeben. Wir sehen uns morgen. Schlaf gut und träume was Schönes.“ Leichtfüßig ging Takeru durch die Straßen er hätte nicht damit gerechnet, dass der Tag der für ihn in der Hölle begonnen hatte im Himmel seinen Abschluss fand. Kapitel 34: Ein wichtiger Tipp ------------------------------ Leise schloss Yamato die Tür zu seiner Wohnung auf. Er rechnete nicht mehr damit, dass Sora noch wach war. Immerhin war es mitten in der Nacht. Trotzdem war er froh, dass Chloé nicht mehr in Tokio war. Schnell streifte er seine Schuhe aus und hing seine Jacke an den dafür vorgesehenen Platz. Danach wollte er in die Küche um den kleinen Blumenstrauß in eine Vase zu stellen. Nachdem das erledigt war ging er ins Badezimmer um sich bettfertig zu machen. Vorsichtig öffnete er die Schlafzimmertür und bekam einen Schreck. Die kleine Nachtlampe auf Soras Bettseite war eingeschalten. Seine Frau saß im Bett und war in ein Buch vertieft. Als Sora merkte, dass sich die Tür öffnete blickte sie zu dieser und lächelte ihren Mann an. Sie legte das Buch auf den Nachtschrank. „Schön, dass du endlich zu Hause bist.“ „Was meinst du, wie froh ich bin. Ich hätte nie gedacht, dass sich ein Mensch so negativ verändern kann“, kam es erschöpft von Yamato. „Kannst du mir bitte erklären, was heute Nachmittag passiert ist? Tai kam total fertig ins Café und meinte du fährst zum Flughafen um Chloé in den Flieger nach Marseille zu setzten. Ich dachte, sie ist in Frankreich und mit ihrem –was weiß ich wie der Typ heißt – glücklich.“ Sora hob die Bettdecke an. Yamato schlüpfte unter die Decke und zog seine Frau in seine Arme, dann fing er an zu erzählen. Als er geendet hatte kam es nachdenklich von ihr: „Ehrlich gesagt, bin ich nie so richtig mit Chloé klar gekommen.“ „Das ist nichts Neues. So wie ihr euch angezickt habt, war ich froh, dass wir nicht ständig mit Chloé zu tun hatten. Du hast mich ein wenig an Mimi erinnert“, zog Yamato seine Frau auf. Diese zog ihre Augen zu kleinen Schlitzen. „Ich soll so zickig sein wie Mimi?“ Der Blonde stöhnte auf. „Sora, so war das nicht gemeint. Ich wollte damit nur deutlich machen, dass ich dich so, wie du mit Chloé umgegangen bist, nicht kenne.“ „Ach, ich weiß auch nicht. Die ersten Jahre habe ich mir eingeredet, dass es daran lag, dass wir uns selten gesehen hatten. Als die beiden anfingen zu studieren, hatte ich ein komisches Gefühl. Zu der Zeit hatte ich mich gefragt, warum TK kein Schlussstrich zieht. Zumal er zu der Zeit nicht glücklich wirkte.“ „Den Eindruck hatte ich auch. TK hat noch die Kurve gekriegt. Ich glaube mit Kari hat er die richtige Frau an seiner Seite. Mittlerweile wirken die Beiden wie Ying und Yang.“ Sora lachte. „Wenn man nicht sucht, findet man sein Glück. Im Übrigen freut Tai sich schon tierisch darauf dich in die Finger zu bekommen.“ Ihr Mann zog eine Augenbraue hoch. „Ich hoffe, es ist nicht das, was ich denke.“ „Was denkst du?“ „Oh nein. Bitte nicht“, kam es nüchtern von dem Blonden. „Oh doch“, grinste Sora. „Tai wird sich verhalten wie im Kindergarten.“ „Lass ihn doch sein Spaß. Die gute Laune wird ihn vergehen, wenn er Kari und TK zusammen sieht.“ Yamatos Gesicht zierte ein dickes Grinsen. „Was für eine kluge Frau ich habe.“ Er zog Sora in eine Umarmung und gab ihr einen zärtlichen Kuss. Nach ihrem Kuss, fragte Sora nach: „Bleibt es eigentlich dabei, was wir Samstag geplant haben?“ Yamato nickte. „Klar, an einen anderen Tag würde es keinen Sinn machen. Ich glaube, jetzt können wir TK, Louisa und Jean fragen, ob sie auch kommen.“ „Ich freue mich schon diebisch auf Tais Reaktion“, schmunzelte Sora vor sich her. --- Müde griff Takeru zu seinem Handy, als dieses klingelte. Wer erlaubte es sich am frühen Morgen anzurufen? Kurz blickte er auf das Display und stöhnte auf. Er hatte noch nicht einmal seinen Kaffee getrunken, geschweige den Weg unter die Dusche gefunden. Dementsprechend begrüßte er der den Störenfried. „Was willst du Matt? Es ist nicht einmal um sieben Uhr. Spinnst du?“ >Dir auch einen schönen guten Morgen. Musst du nicht langsam aufstehen?< „Ich hätte noch eine halbe Stunde. Dank dir werde ich jetzt aufstehen. Danke Brüderchen.“ Träge schob er die Bettdecke zur Seite und schwang seine Beine aus seinem Nachtlager. Danach ging er in die Küche. Schnell klemmte er sich das Mobiltelefon zwischen seine Schulter und seinem Ohr und bereitete die Kaffeemaschine vor. „Warum rufst du so früh an?“ >Ich wollte sicher gehen, dass du dein Handy aufgeladen hast.< „Matt, das ist wirklich blöd gelauf-“ >Die Hauptsache ist, das nichts passiert ist. Du solltest darauf achten, dass dein Handy aufgeladen ist. Louisa und Jean sind ohne uns aufgeschmissen.< „Hast du dich mit Kari abgesprochen? Sie hat mir gestern auch eine Moralpredigt gehalten.“ >Ich hatte nichts anderes von ihr erwartet.< Yamato musste grinsen, bevor er weiter sprach: >Womit wir bei einem Grund meines Anrufes sind. Ich hatte es dir schon einmal gesagt: Kari ist eine sehr gute Freundin von mir. Pass gut auf sie auf und mach sie glücklich. Sonst hast du ein Problem mit mir.< Der Kaffee war endlich fertig und Takeru nahm sich seine Tasse. Er musste sich zusammen reißen um nicht laut aufzustöhnen, als er den Worten von Yamato lauschte. Taichi hatte gestern fast die gleichen Worte genutzt, wie sein Bruder gerade. „Da musst du dir keine Sorgen machen.“ >Ich nehme dich beim Wort, TK.< „Das kannst du. Ich wollte mich bei dir bedanken, dass du Chloé in deiner charmanten Art und Weise zum Flughafen gefahren hast.“ Genüsslich trank Takeru den ersten Schluck seines Kaffees. >Mir ist einfach eine Sicherung durchgebrannt, als ich sie gesehen hat. Du hättest sehen müssen wie sie dich und Kari beobachtet hat. Echt widerlich.< Takeru verzog sein Gesicht, als er an Chloé dachte. Er stellte den Kaffee wieder auf den Tisch. „Danke, das will ich gar nicht wissen. Was hast du noch auf dem Herzen?“ >Ich möchte dir einen Tipp geben: Du solltest dir den Samstag freihalten. Wir planen eine kleine Feier für Kari.< Takeru stutzte. Woher sollte Yamato diese Information haben? Bis jetzt wussten nur sein Vater und er davon. Hikari sollte es heute erfahren? "Was für eine Feier plant ihr für sie?“ >Wir wollen einen sehr wichtigen Tag in Karis Leben nachfeiern.< „Woher weißt du was heute passieren wird?“ >Ich kenne sie ihr ganzes Leben. Den Tag werde ich mit Sicherheit nicht vergessen. Du solltest dir den heutigen Tag auch merken, wenn du länger mit ihr zusammen sein willst.< „Darf ich fragen, wovon du sprichst?“ >Ich will dich nicht ins offene Messer laufen lassen. Kari hat heute Geburtstag. Den wollen wir am Samstag mit ihr feiern. Darf ich fragen, was du gemeint hast?< „Geburtstag? Danke dir, dann habe ich noch Zeit ein Geschenk zu kaufen. Ich habe von der Arbeit gesprochen. Genaue Infos kann Kari dir heute Abend geben, wenn sie will.“ >Das habe ich mir gedacht, dass du das nicht weißt.< Eine kurze Pause entstand, als Yamato weiter sprach: >Da bin ich gespannt. Ich hoffe, es ist nichts ernstes?< „Ich glaube nicht. Falls alles nach Plan verläuft werden Kari und ich heute ein großes Hindernis, welches unsere Beziehung betrifft, aus dem Weg räumen. Mehr kann ich aber wirklich nicht sagen.“ >Du sprichst in Rätseln.< „Gedulde dich, bis Kari dir etwas sagt.“ >Mir wird wohl nichts anderes übrig bleiben. Wir wollten dich, Louisa und Jean auch zu ihrer Geburtstagsfeier einladen. Immerhin bist du ihr Freund und Louisa scheint ihr sehr wichtig zu sein.< „Ich werde mit den beiden sprechen. Danach sage ich dir bescheid. Wann und wo soll die Feier stattfinden?“ Yamato nannte Takeru die Eckdaten. „Matt, ich will dich nicht abwürgen, aber ich muss mich beeilen. Ich muss noch ein Geschenk für Kari kaufen, bevor ich zur Arbeit gehe.“ Nachdem das Telefonat mit Yamato beendet war ging Takeru mit schnellen Schritten ins Badezimmer. Als er mit der Morgentoilette fertig war fluchte er leise auf. Seine Klamotten waren noch in seinem Schlafzimmer. Leise öffnete er die Tür und schaute zu seinem Bett. Ein Lächeln schlich sich in sein Gesicht, als er seine Schwester schlafen sah. Rasch öffnete er seinen Kleiderschrank und holte sich die benötigte Kleidung heraus. Danach schlich er sich wieder aus dem Zimmer und schloss die Tür. Eilig ging er in das Badezimmer zurück und zog sich an. Takeru hatte seine Handys, Geldbörse und das Schlüsselbund zusammen gesucht. Er schrieb Louisa und Jean einen Zettel, damit diese sich keine Sorgen machen mussten. Danach verließ die Wohnung. Der Blonde überlegte, was er Hikari zum Geburtstag schenken könnte. Sein Blick streifte zufällig ein Schaufenster, als ihm ein kleiner Gegenstand auffiel. Jetzt wusste er, dass er das perfekte Geschenk gefunden hatte. Ohne groß zu überlegen betrat er das Geschäft und kaufte den kleinen Gegenstand. Takeru hoffte, dass es seiner Freundin gefallen würde. Als es an der Bürotür klopfte wusste Takeru sofort, wer davor stand. Das verriet ihm nicht sein Terminkalender sondern sein Körper. Er bekam ein schlechtes Gewissen. Ihm wurde bewusst, dass er sich den ganzen Morgen nicht bei ihr gemeldet hatte. Hoffentlich würde sie das nicht falsch verstehen. Takeru atmete noch einmal tief durch, bevor sich die Tür öffnete. Kapitel 35: Ein besonderes Geschenk ----------------------------------- Nervös stand Hikari vor der Bürotür. Kurz strich sie sich ihren knielangen Bleistiftrock glatt. Danach atmete sie tief durch bevor sie anklopfte. Schnell steckte sie sich eine Haarsträhne, die sich aus ihrem Bauernzopf gelöst hatte, hinter ihr Ohr. Die Braunhaarige fragte sich, was der Verlagsinhaber von ihr wollte. Ihr fiel wieder ein, dass Takerus Vater sie gestern sprechen wollte. Das hatte Hikari bei dem ganzen Trubel vollkommen vergessen. Kurz musste sie lächeln. Nie im Leben hätte sie damit gerechnet, dass der Tag von dem sie dachte alles verloren zu haben, das größte Geschenk auf Erden bekommen hatte. Sie betrat das Büro von Hiroaki Ishida, als sie die Erlaubnis bekommen hatte. Das Lächeln verschwand aus ihrem Gesicht, als Hikari neben Hiroaki auch Takeru in dem Raum erblickte. Freundlich erwiderte sie die Begrüßung von Hiroaki. Danach suchte sie den Blickkontakt zu Takeru. Er sah sie liebevoll an und lächelte ihr aufmunternd zu. „Guten Morgen Hikari“, begrüßte er sie. „Den wünsche ich dir auch, Takeru.“ Hiroaki deutete den Beiden an, sich an den Beratungstisch zu setzen. Hikari setzte sich rechts von der Stirnseite an den Tisch. Takeru wollte sich ihr gegenüber setzten. Dazu musste er an ihr vorbei gehen. Um ihr das Gefühl von Sicherheit zu geben streifte er mit Absicht ihre Schulter. Er ging um den Tisch und setzte sich Hikari gegenüber. „Wollt ihr etwas zum Trinken haben?“, erklang die Stimme von Hiroaki. „Ich würde einen Kaffee nehmen.“ „Danke, ein Früchtetee wäre nett.“ Der Verlagsinhaber nickte und ging zu seinem Schreibtisch. Er griff zum Telefon um seiner Sekretärin zu informieren, dabei stand er mit dem Rücken zu den Jüngeren. Takeru nutzte die Gunst der Stunde. Er nahm ihre Hand in seine. „Ich liebe dich“, flüsterte er. Der Blonde sah in ihren Augen, dass sie sich freute diese Worte zu hören. Gleichzeitig blickte sie ihren Freund wütend an. „Takeru, wir hatten eine Absprache. Halte dich bitte daran“, zischte Hikari ihn an und entzog ihm ihre Hand. „Das werde ich machen. Ich wollte dir zeigen, dass du keine Angst haben musst.“ Erleichtert atmete sie aus. „Danke dir.“ „Gerne.“ Takeru lächelte sie an. Hikoaki kam auf die Beiden zu und setzte sich auf den Stuhl an der Stirnseite. „Bevor ich zum eigentlichen Anliegen komme. Ich hoffe, euch geht es heute besser und ihr habt eure Probleme in den Griff bekommen.“ Die strenge Stimme von Hiroaki hatte das Gespräch eröffnet. Abwechselnd sah der Ältere Hikari und Takeru an. „Ich kann euch jetzt schon sagen, dass es mir egal ist ob ihr euch vertragt oder nicht. Ihr müsst zusammenarbeiten. Verstanden?“ Hikari und Takeru nickten. Das Klopfen an der Tür unterbrach das Gespräch. Die Sekretärin stellte die Getränke auf den Tisch und verließ wieder den Raum. „Takeru, wie ich dir gestern schon erzählt habe, ist Yamamoto nur noch stiller Teilinhaber. Das heißt für uns, das wir seine Aufgabenfelder auf uns aufteilen müssen.“ Hikari sah die Männer mit großen Augen an. „Yamamoto war unteranderem für die Fotografen zuständig. Wer übernimmt jetzt seine Aufgabe?“ Hikoaki lächelte. „Du bist scharfsinnig wie immer, Hikari. Du hast das größte Problem sofort erkannt“, lobte er die junge Frau. „Das ist ein Punkt den ich mit euch besprechen wollte. Außerdem wollte ich die nächsten Projekte mit euch durchgehen.“ Takeru nahm einen Schluck von seinem Kaffee, als er Hikari sagen hörte: „Verstehen Sie mich nicht falsch, Herr Ishida, aber warum muss ich an diesem Meeting teilnehmen? Ich habe meine Aufträge bis jetzt von Yamamoto oder Takeru entgegengenommen.“ „Richtig. Für die Erklärung muss ich ein wenig ausholen. Yamamoto steht uns nicht mehr zu Verfügung. Wir hatten uns die Aufgabenfelder aufgeteilt. Grob gesagt war er für den kreativen Teil und die Fotografen zuständig. Ursprünglich wollte er sich früher aus dem aktiven Geschäftsteil zurückziehen. Der Grund warum er es nicht tat war der, das Takeru hier als Chefredakteur angefangen hat. Yamamoto und ich fanden es besser, dass er nicht von seinem Vater eingearbeitet werden sollte.“ Hiroaki sah seinen Sohn an. „Yamamoto wollte sich aus dem aktiven Geschäftsteil zurückziehen, wenn er der Meinung ist, dass du deinen Berufsalltag ohne seine Hilfe meistern kannst. Er meinte auch, dass er nicht damit gerechnet hatte, dass das so schnell sein würde.“ Takeru wollte etwas sagen. „Das war als Kompliment gemeint. Immerhin ist deine Studienzeit noch nicht lange her.“ „Danke dir, Hiroaki. Das erklärt immer noch nicht, warum Hikari hier ist. Sie sitzt sprichwörtlich auf heißen Kohlen.“ Hiroaki nickte. „Kurz gesagt, wir suchen eine neue Cheffotografin. Yamamoto hat einen Vorschlag für seine Nachfolgerin gemacht, der sich mit meinen Vorstellungen sofort gedeckt hat.“ Mit großen Augen sah Hikari von Hiroaki zu Takeru. Sie hatte eine Vermutung, als sie die Hand von Takeru auf ihre spürte. Ihre Gesichtsfarbe wechselte zu leichenblass. Besorgt sah ihr Freund sie an. „Ist alles in Ordnung, Hikari?“ Mechanisch nickte sie mit dem Kopf. Schnell entzog sie Takeru ihre Hand und nahm ihre Teetasse in beide Hände. Nachdem sie einen Schluck getrunken hatte, wartete sie geduldig darauf, dass das Gespräch weitergeführt wurde. „An deinem Gesicht kann ich erkennen, dass du den Grund warum du an diesem Meeting teilnehmen solltest erkannt hast. Hikari. Ich wollte dir diesen Posten anbieten“, lächelte Hiroaki die junge Frau aufmunternd an. Ihr fielen wieder die Worte von Takeru ein, dass sie es im Grunde Yamato zu verdanken hatte, dass sie für die ‚Ishida Group‘ arbeiten konnte. „Hat Yamato wieder seine Finger im Spiel?“, fragte sie ohne darüber nachzudenken, was sie sagte. „Hikari, ich kenne dich fast dein ganzes Leben lang. Ich weiß, dass du eine sehr talentierte Fotografin bist und das weiß ich nicht seit gestern. Du bist bis jetzt die einzige Fotografin, die es geschafft hat Yamato ein aufrichtiges Lächeln auf einem Foto zu entlocken. Es mag sein, dass er mich darum gebeten hat, dir einen Job zu geben. Du müsstest wissen, dass ich mir nie in irgendeine Sache reinreden lasse, oder dass man mir vorschreibt, was ich tun oder lassen soll. Ehrlich gesagt, wollte ich dich schon immer als Fotografin einstellen. Ich war damals überrascht, als du deinen Arbeitsvertrag bei der Konkurrenz unterschrieben hattest. Du kannst dir also sicher sein, das Yamato nichts mit dieser Entscheidung zu tun hat. Takeru und du habt Yamamoto und mir – vor allem bei der französischen Kampagne – bewiesen, dass ihr zusammen arbeiten könnt.“ „Sie sind sich sicher, dass ich dieser Aufgabe gewachsen bin?“ „Sonst würde ich dir die Stelle als Cheffotografin nicht anbieten.“ „Darf ich deine Meinung hören?“ Hikari hatte sich an Takeru gewandt. „Ich bin der gleichen Meinung wie Hiroaki. Du bist die beste Fotografin, die die ‚Ishida Group‘ hat. Du sagst und vertrittst deine Meinung. Du bist selbstbewusst und hinterfragst deine eigene Arbeit kritisch. Gleichzeitig nimmst du Kritik und Hilfe an. Eigentlich bist du für diese Stelle geboren. Du musst keine Angst haben, ich bin an deiner Seite und werde dich unterstützen.“ Takeru benutzte mit Absicht die Worte, die er gestern zu ihr gesagt hatte. Er war sich sicher, dass die den Wink verstehen würde. Er wurde in seiner Annahme bestätigt, als er sah, wie sie ihre Schultern straffte und Hiroaki entschlossen in die Augen sah. „Gut, ich werde die Stelle der Cheffotografin annehmen.“ Man sah dem Verlagsinhaber die Erleichterung im Gesicht an. „Sehr gut. Damit können wir zu den nächsten Punkt übergehen.“ Kurz besprachen die Drei die nächsten Projekte. „An dieser Veranstaltung kann ich nicht teilnehmen. Ich werde euch einen Fotografen vorschlagen, aber selber die Fotos werde ich nicht machen können.“ „Mir wäre es lieber, wenn du die Fotos machen würdest. Das ist ein wichtiger Auftr-“ „Du kannst dich auf den Kopf stellen und wieder zurück. Ich habe zu diesem Termin keine Zeit. Außerdem habe ich Urlaub“, zischte Hikari Takeru an. „Kannst du deinen Url-“ „Wage es nicht weiter zu sprechen, Takeru. Die Antwort ist und bleibt nein.“ „Was kann schon so wichtig sein?“ Hikari schnaubte wütend auf. „Was so wichtig ist? Das fragst du mich jetzt nicht im Ernst, Takeru! Ich tanze mir nicht täglich die Füße wund nur um eine Woche vor Turnierbeginn das Handtuch zu werfen um nach Osaka zu fliegen. Das kannst du nicht von mir verlangen.“ „Das wird er auch nicht machen", beruhigte Hiroaki die junge Frau. Danach blickte der Ältere seinen Sohn in die Augen. "Takeru, ich habe Hikari das ‚Okay‘ für den Start an dem Tanzturnier gegeben, als sie ihren Arbeitsvertag bei uns unterschrieben hat.“ Takerus Hand schloss mit seiner Stirn Bekanntschaft. „Entschuldige, ich hatte deinen Start an der Meisterschaft vergessen. Ich dachte, es wäre später.“ Nachdenklich musterte Hikari ihren Freund. In seinen Augen sah sie dass er die Wahrheit sagte. „Ist schon Ordnung. Ich habe nur einmal erwähnt, dass das Turnier in einem dreiviertel Jahr beginnt. Auch ohne dem Turnier hätte ich die Fotos nur ungern gemacht.“ „Warum das?“, fragte Takeru nach. „Ich weiß das Taichi an diesen Verhandlungen teilnehmen wird. Wir wollen uns aus dem Weg gehen, was unsere Arbeit betrifft“, erklärte die Braunhaarige. „Ich werde Ito nach Osaka schicken.“ „Das ist keine gute Idee. Ito ist zwar eine gute Fotografin, aber sie tratscht für ihr Leben gerne. Das kommt bei den Verhandlungen nicht gut an. Wenn ich ihren Buschfunk glauben darf hast du eine Affäre mit Ken“, kam es nachdenklich von Hiroaki. Ohne es zu wissen, hatte der Verlagsinhaber den wunden Punkt bei seinem Sohn getroffen. „Wie bitte?“ Die Stimmen von Takeru und Hikari waren gleichzeitig zu hören. Der Blonde warf seiner Freundin einen nachdenklichen Blick zu. Hikari sah ihm selbstbewusst in die Augen, bevor sie sich an Hiroaki wandte. „Sie wissen, dass das nicht der Fall ist. Er ist mein Tanzpartner. Auß-“ „Hikari, beruhige dich. Ich hätte schon längst das Gespräch mit dir gesucht, wenn ich Ito glauben würde.“ Takeru musterte seine Freundin. Ihr Teint hatte einen ungesunden Rotton angenommen. Er sah, wie sie nach Luft schnappte. Dieser Anblick ließ ihn seine Unsicherheit über Bord werfen. Takeru hatte ihr versprochen ihr zu vertrauen. Er hielt sein Versprechen. „Woher hast du den Blödsinn?“ Mit dieser Aussage wollte er Hikari die Möglichkeit geben, sich zu sammeln. „Ich gehe zum Mittagessen in der Kantine. Da hört man so einiges. Hören heißt nicht, dass ich alles glaube. Ich weiß, wie diese Branche funktioniert“, grinste Hiroaki seinen Sohn an. „Was hast du noch gehört?“ „Du wurdest mit einer viel jüngeren Blondine öfters zusammen gesehen.“ „Das ist kein Gerücht, sondern die Wahrheit. Das wissen wir beide.“ „Wir schon. Ito aber nicht. Sie denkt Louisa ist deine Freundin.“ Takeru schnaubte auf. „Vielleicht sollte ich Itos Mann mal eine Nachricht zukommen lassen, dass seine Frau lieber mit mir flirtet als zu arbeiten. Was hältst du davon?“ Hikari hatte Takeru mit dem Fuß gegen das Schienbein gestoßen. Dieser verzog sein Gesicht schmerzhaft. „Das wirst du nicht machen“, fauchte sie ihn an. „Können wir jetzt noch einmal auf das Thema Osaka zu sprechen kommen?“ „Falls ich eine Empfehlung aussprechen darf, würde ich ganz einfach Sato schicken“, mischte sich der Verlagsinhaber wieder ein. „Zu deiner Frage Takeru: Ich stimme Hikari zu. Lasse es bleiben, es hat keinen Sinn. Sie ist hinter dir her, dass weiß jeder in der Redaktion. Deshalb wird sie sowieso bald merken, dass du in festen Händen bist.“ Erstaunt sahen sich die beiden jüngeren an. Bevor Takeru den Blickkontakt zu seinem Vater suchte. „Wie meinst du das?“ „Ich habe Augen im Kopf, Takeru. Gestern hast du mich wieder an den Mann erinnert, der du warst, als du nach Tokio gezogen warst. Heute strahlst du Selbstbewusstsein und Zufriedenheit aus. Dass du glücklich bist sehe ich dir an der Nasenspitze an. Deshalb glaube ich, dass nur eine Frau dahinter stecken kann. Ich akzeptiere das du mir nicht sagen möchtest, wer sie ist, auch wenn ich eine Vermutung habe.“ Kurz ließ der Verlagsinhaber das Gesagte sacken und beobachtete aus dem Augenwinkel Hikari und schmunzelte. Diese atmete tief aus und sah sich unsicher in seinem Büro um. „Wir haben alles besprochen. Ihr könnt wieder an eure Arbeit gehen. Hikari ich lasse dir deinen neuen Arbeitsvertrag zukommen. Unterschreibe diesen und gebe den Vertrag in der Personalabteilung wieder ab.“ Die Jüngeren erhoben sich. „Das werde ich machen. Danke für ihr Vertrauen in mich.“ Gemeinsam gingen Hikari und Takeru zu ihren Büros. „Ich muss mit dir sprechen, Takeru.“ Kapitel 36: Takerus Sonne ------------------------- Hikari schloss die Tür zu ihrem Büro. Sie ging an ihren Schreibtisch und ließ sich auf ihren Bürostuhl sinken. Immer noch fassungslos schaute sie Takeru an. Dieser hatte es sich auf dem Stuhl vor ihrem Schreibtisch bequem gemacht. „Kannst du mir bitte erklären, was gerade in dem Büro von deinem Vater passiert ist?“, erklang ihre nachdenkliche Stimme. Takeru musste grinsen. „Was genau meinst du? Meinst du deinen neuen Job, oder die Gerüchteküche?“ „Du wusstest es gestern schon, dass dein Vater mir die Stelle anbieten wird, richtig?“ „Ja, dass wusste ich. Das hat er mir offenbart, als er mich gestern in sein Büro zitiert hatte.“ Takeru stand auf und ging um den Schreibtisch herum. Er griff nach den Armlehnen von Hikaris Bürostuhl und drehte sie in seine Richtung. Danach ging er in die Hocke um ihr in die Augen sehen zu können. Er lächelte sie liebevoll an. „Weißt du was das für uns bedeutet?“ Hikari erwiderte seinen Blick sie hob ihre Hände und legte sie zärtlich an seine Wangen. „Das uns von deinem Vater ein Stein aus dem Weg geräumt wurde. Und es tut mir leid dir das zu sagen: Du bist nicht mehr mein Vorgesetzter.“ Takeru grinste sie an. „Herzlich Willkommen in der Chefetage der ‚Ishida-Group‘.“ Er richtete sich auf und zog sie aus dem Stuhl in seine Arme. Verliebt schaute er auf ihre leicht geöffneten Lippen. „Ich weiß, es ist gegen unsere Abmachung, heute ist eine Ausnahme.“ Zärtlich trafen seine Lippen auf ihre. Federleicht strich Hikari mit ihrer Zunge über seine Unterlippe und drang sanft in seine Mundhöhle ein. Beide gaben sich ihren Kuss ihn. Langsam löste er den Kuss. „Dankeschön, Takeru“, zwinkerte sie ihm zu. „Ist es nicht lustig, dass uns beiden jeweils eine Liebelei nachgesagt wird?“, eröffnete Takeru wieder das Gespräch. Hikari musste lachen. „Stimmt, nur nicht mit dem richtigen Partner. Danke, dass du die Schwachsinn mit Ken nicht glaubst.“ Erstaunt sah Takeru sie an. „Was? Ihr seid kein Tanzpaar mehr? Das heißt du kannst doch nach Osaka fliegen?“ „Du bist ein Spinner, Keru.“ Die Braunhaarige sah ihren Freund belustigt in die Augen. „Lieber ein Spinner, als ein eingebildeter Fatzke.“ „Die Zeiten sind lange vorbei.“ Eine kurze Pause entstand, bevor sie weitersprach: „Ich wäre Yamamoto dankbar gewesen, wenn er seinen Rücktritt nach meiner Einarbeitung gemacht hätte und nicht nach deiner. Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll.“ Gestresst schaute Hikari Takeru in seine Augen. „Bleib ganz ruhig. Wir erarbeiten eine Checkliste und die arbeiten wir gemeinsam ab. So wird dir der Einstieg leichter fallen.“ „Du willst mir helfen?“ „Ich habe dir gesagt, dass ich an deiner Seite sein werde. Du musst keine Angst haben. In gewisser Weise wirst du doch von Yamamoto eingearbeitet. Alles was ich über die Verlagsabläufe weiß, habe ich von ihm gelernt. Ich werde es an dich weitergeben. Wir haben zwei Wochen Zeit, dass reicht alle mal.“ „Was ist in zwei Wochen?“ „Das Sommerfest des Verlages. Hast du das vergessen?“ „Nein, aber wieso ausgerechnet da?“ „Auf dem Sommerfest wird der Rücktritt von Yamamoto offiziell. Das heißt für dich, dass du dort als Cheffotografin vorgestellt wirst.“ „Was? In so einem großen Rahmen?“ Takeru musste schmunzeln. „Du willst mir jetzt nicht sagen, dass du Angst vor einer großen Menschenmenge hast.“ „Nein, das nicht. Ich hasse es im Mittelpunkt zu stehen.“ „Wie bitte? Du tanzt vor hunderten von Zuschauern. Dadurch stehst du schon im Mittelpunkt.“ „Das ist etwas vollkommen anderes.“ „Warum?“ „Ich bin nicht alleine auf der Tanzfläche. Ich habe Ken, der mich unterstützt und dem ich vertraue.“ „Ich werde an deiner Seite sein und dich unterstützen, egal ob es privat oder beruflich ist. Gut, auf der Tanzfläche kann ich es nicht machen, aber dafür ist Ken da. Du hast mich gestern gefragt, ob ich dir vertraue. Heute frage ich dich: Vertraust du mir?“ Ohne groß darüber nachzudenken kam ihre Antwort: „Natürlich vertraue ich dir.“ Takeru lächelte. „Ich werde beim Sommerfest neben dir stehen und dich unterstützen. Für die Außenstehende werde ich der Chefredakteur sein. Für dich werde ich in erster Linie dein Keru sein.“ Hikari ging auf ihn zu. „Danke dir“, lächelte sie ihn an. Takeru erwiderte das Lächeln. Er griff in seine Jackettasche und holte ein kleines Kästchen hervor. „Ich habe etwas für dich. Gibst du mir bitte deine Hand, an der dein Armband ist.“ Neugierig sah Hikari ihn an. „Woher weißt du, dass ich ein Armband trage? Entweder wird es von der Bluse oder den Blazer verdeckt.“ „Mir ist es das erste Mal bei unserem Treffen, bei dem wir die Fotos über Paris ausgesucht haben, aufgefallen. Falls ich mich richtig erinnere trägst du ein Battle-Armband. Daran sind mehrere Anhänger unter anderem ein Eiffelturm, ein Ballettschuh, eine Katzenpfote, ein Kleeblatt, ein kleiner Dinosaurier, eine Krone, ein Notenschlüssel, ein Herz, ein Pferd und eine Sonne“, schloss Takeru seine Aufzählung. Hikari musterte ihn anerkennend. „Das stimmt. Bis auf die Sonne.“ „Falsch, ab heute hast du eine.“ Takeru öffnete das Kästchen. Sprachlos sah sie den Anhänger an. „Alles Liebe zum Geburtstag.“ Er zog sie liebevoll in seine Arme und gab ihr einen Kuss. Als sie diesen nicht erwiderte schaute er sie nachdenklich an. Hikari sah ihn verwundert in die Augen. „Woher weißt du, dass ich heute Geburtstag habe?“ „Kannst du dir das nicht denken?“ Sie überlegte kurz, dann musste sich lächeln. „Ich behaupte mal, dass du es von Sora oder Matt weißt.“ „Richtig, Matt hat mich heute Morgen angerufen.“ „Wieso eine Sonne?“ „Sonne bedeutet Licht. Du hast mir das Licht in mein Leben zurück gebracht. Für mich bist du daher mein Sonnenschein.“ Hikari hatte Tränen in den Augen. „Danke dir, Keru. Der Anhänger ist wunderschön. Kannst du den bitte neben den Eiffelturm anbringen?“ „Gerne. Ich muss mich aber bei dir – dafür, dass du in meinem Leben bist - bedanken, Hika.“ Zärtlich strich Takeru über ihr Handgelenk, als er seinen Anhänger an den auserwählten Platz anbrachte. „Was haben die anderen Anhänger für eine Bedeutung?“ „Das ist ganz einfach. Der Eiffelturm steht, für meine Liebe zu Frankreich. Der Ballettschuh für meine Leidenschaft zum Tanzen. Die Katzenpfote steht für Gatomon und Patamon. Das Kleeblatt sind Sora, Mimi, Yolei und ich. Der Dinosaurier symbolisiert Tai, er ist das Urgestein in meinem Leben. Die Krone ist eigentlich ein kleiner Pokal, der steht für den ersten Sieg von Ken und mir vor über dreizehn Jahren. Den Notenschlüssel habe ich von Matt zu meinem achtzehnten Geburtstag bekommen. Das Herz ist meine Familie. Das Pferd ist mein chinesisches Tierkreiszeichen. Die Sonne sind wir.“ Die Blicke der Beiden trafen sich. Ihre Gesichter kamen sich sehr nahe. Zart streiften ihre Lippen seine Wange. „Ich liebe dich. Trotzdem sollten wir weiterarbeiten“, flüsterte Hikari ihm ins Ohr. Danach befreite sie sich aus seiner Umarmung und ging an ihren Schreibtisch zurück. Sie nahm sich einen Zettel und schrieb etwas auf. Als die Braunhaarige fertig war, gab sie diesen Takeru. Dieser las sich das Geschriebene durch. „Wozu brauchst du mich?“ Verwirrt schaute Hikari den Blonden an. „Wie darf ich das verstehen?“ „Deine Checkliste ist perfekt. Du hast an alles gedacht.“ Ein Klopfen riss die Beiden aus ihrem Gespräch. „Herein“, rief Hikari freundlich. „Ito, was kann ich für Sie tun?“ „Das hat sich gerade erledigt. Ich wollte zu unserem Chefredakteur, da wir einen Termin haben. Das Büro war leer, daher wollte ich Sie fragen, ob Sie wissen, wo er ist.“ Takeru schaute auf seine Uhr. Erschrocken stellte er fest, dass seine Kollegin Recht hatte. Schnell erhob er sich von seinem Stuhl. „Denke bitte an unseren Termin um dreizehn Uhr, Hikari.“ Er schloss den unteren Kopf seines Jacketts und ging auf die Tür zu. Verwirrt schaute seine Gesprächspartnerin ihn an, bis sie seine Botschaft verstand. „Ich werde pünktlich sein.“ „Das hört sich gut an.“ Takeru drehte sich noch einmal kurz um und zwinkerte ihr zu. Danach schloss er die Tür. Kopfschüttelnd sah Hikari ihrem Freund hinterher. Kurz ging sie an das Fenster und schaute über Odaiba. Unbewusst spielte sie mit ihrem Armband. ‘Was passiert gerade in meinem Leben? Seit ich Takeru kennengelernt habe ist mein Leben eine Achterbahnfahrt. Erst keifen wir uns nur an. Wir wurden gezwungen miteinander zu arbeiten. Werden Freunde, verlieben uns und dann kam Chloé. Dieser Kuss zwischen den beiden tat so verdammt weh. Trotzdem hat mit diesem Kuss alles angefangen. Jetzt sind wir ein Paar. Er ist nicht mehr mein Chef. Ich glaube sein Vater hat uns durchschaut. Was werden die Kollegen sagen? Nicht nur, dass ich die neue Cheffotografin bin. Nein, um den ganzen die Krone aufzusetzen bin ich auch die Freundin vom Chefredakteur. Und der ist der Sohn vom Verlagsinhaber. Klasse, da können nur die wildesten Gerüchte entstehen. So ein Chaos kann auch nur ein Yagami verursachen. Mach dich nicht verrückt Kari. Die Hauptsache ist, dass Takeru bei mir ist.‘ Schwer atmete Hikari aus. Sie bemerkte, dass sie einen Anhänger ihres Armbandes festhielt. Als sie erkannte welchen sie in der Hand hatte zierte ein Lächeln ihr Gesicht. Jetzt wusste die Braunhaarige dass alles gut werden würde. Langsam ließ sie die Sonne los und ging an ihren Schreibtisch zurück um weiter zuarbeiten. Kapitel 37: Unsicherheit, Zweifel und ein Versprechen ----------------------------------------------------- Hikari sah sich in der Kantine um. Von Takeru fehlte jede Spur. Daher überlegte sie schon einmal, was sie zum Mittag essen wollte. Plötzlich beschleunigte sich ihr Herzschlag und eine angenehme Wärme zog sich durch ihren Körper. Im nächsten Moment fühlte sie eine warme Hand auf ihrer Schulter. Mit einem Lächeln im Gesicht drehte sie sich um und sah Takeru in seine blauen Augen. Dieser sah sie mit einem noch breiteren Grinsen an. „Hallo Hikari.“ „Hey Takeru.“ „Weißt du schon, was du essen möchtest?“ „Ja, ich werde mir die Udon Suppe bestellen. Was isst du?“ Takeru musste grinsen. „Gebratene Nudeln.“ Hikari lachte. „Du bedienst gerade das Klischee eines typischen Europäers.“ „Ich bin halber Franzose und habe ziemlich lange in Paris gelebt. Das müsste als Antwort reichen“, neckte er sie. „Stimmt, das ist eine tolle Entschuldigung.“ Hikari musste lachen. „Außerdem essen auch waschechte Japaner gerne gebratene Nudeln.“ „In der Hinsicht hast du auch Recht. Du scheinst eine super Mischung zwischen Japan und Frankreich zu sein.“ „Wenn du meinst. Ich muss dir ja nicht sagen, wie schön Paris ist, weil du es schon selbst herausgefunden hast.“ Nachdem beide ihre Bestellung entgegengenommen hatten suchten sie einen Tisch und setzen sich. Hikari wurde sie bei seiner Aussage nachdenklich: ‚Muss er sich vielleicht zwischen Paris und Tokio entscheiden? Was wäre, wenn er Tokio verlassen würde? In welcher Stadt wäre er glücklicher? Wie würde es mit uns weitergehen?‘ Sie versuchte ihre Unsicherheit, die in ihr aufkam, zu verdrängen. Trotzdem schaute die Braunhaarige ihren Freund verunsichert an. „Was hast du?“, fragte er nach, als er ihren Blick bemerkte. Aus ihren Gedanken gerissen zuckte Hikari zusammen. „Nichts, es ist alles in Ordnung.“ „Irgendwie glaube ich dir nicht. Sag schon, was dich bedrückt“, bohrte er weiter nach. „Ich habe ein kleines déjà vu“, kam es leise von seiner Freundin. Langsam hob sie ihren Kopf und schaute Takeru in die Augen. Dieser zuckte zusammen, als er den traurigen Blick sah. Zaghaft griff er nach ihrer Hand. „Du weißt, dass du mit mir über alles sprechen kannst“, munterte er sie auf. Hikari nahm all ihren Mut zusammen, als sie ihn fragte: „Ziehst du es in Erwägung wieder nach Paris zurück zu kehren?“ „Wie kommst du auf die Idee?“, fragte er erschrocken nach. „Du bist in Paris aufgewachsen. Deine halbe Familie und deine Freunde wohnen dort. Was ist, wenn dir das Leben hier nicht reicht, weil du alle vermisst? Ich war in einer ähnlichen Situation, als ich in Nizza war.“ Ihm fiel wieder ihr erstes französisches Gespräch ein. Damals wollte er ihr die Angst nehmen und munterte sie auf diese Sprache wieder zusprechen. Dabei erzählte sie ihm, dass ihre Beziehung zu ihrem Gastbruder nach einem Streit endete. Wie verletzt sie wegen dem Verhalten ihres damaligen Freundes war. Takeru beobachtete sich aufmerksam. In ihren Augen sah er ein leichtes Glitzern. Nervös knapperte sie an ihrer Unterlippe rum. „Ich kann mich erinnern, dass du mir schon einmal diese Frage gestellt hast. Damals habe ich gesagt, dass ich es in manchen Momenten in Betracht ziehe. Die Zeit ist lange vorbei. Als mein Vater damals erfahren hatte, dass ich mich bei dem Verlag von Fontaine beworben hatte, wollte er mich als Verbindungsmann zwischen den beiden Verlagen haben. Ich sollte ursprünglich für ein halbes Jahr nach Tokio ziehen und danach wieder in Paris, für den Verlag von Fontaine, arbeiten. Nach meiner Trennung von Chloé hatte mein Vater mir meine jetzige Stelle, mit einem unbefristeten Arbeitsvertag, angeboten. Er einigte sich mit Fontaine, dass ich weiterhin der Verbindungsmann bleibe, aber dass ich für die ‚Ishida-Group‘ arbeite. Nur in Ausnahmefällen muss ich geschäftlich nach Paris. Natürlich würde ich mich freuen, meine Mutter und meinen Stiefvater wiederzusehen und mit Sicherheit werde ich Louisa und Jean vermissen, wenn die beiden wieder in Paris sind. In Tokio habe ich mir ein neues Leben aufgebaut. Hier bin ich bei Matt, Sora, Haru, meinen Vater, aber vor allem habe ich dich hier. Ich bin zu Hause angekommen. Du hast auch Recht, ich würde gerne nach Paris, aber nur um mit dir dort Urlaub zu machen. Oder du sagst mir, dass du es dir vorstellen kannst dort zu leben.“ Er reichte ihr ein Taschentuch, damit sie sich die Tränen aus dem Gesicht wischen konnte. „Danke schön. Das heißt, dass du in Tokio leben möchtest?“ Vorsichtig, darauf bedacht ihr Makeup nicht vollständig zu ruinieren, tupfte Hikari sich die Tränen von den Wangen. Ihr Freund nickte. „Genau das soll es heißen.“ Erleichtert lächelte Hikari ihren Freund an. Dieser musste sich mehr als zusammen reißen nicht einfach aufzustehen und sie in seine Arme zu ziehen um ihr einen Kuss zu stehlen. Stattdessen drückte er ihre Hand und lächelte sie liebevoll an. „Was wollte Ito eigentlich von dir?“ Takeru sah in ihre Augen. „Bist du eifersüchtig?“ „Wieso sollte ich das sein? Du hast eine Affäre mit Louisa. Hast du das vergessen? Daher habe ich kein Recht eifersüchtig zu sein“, witzelte sie. „Ach ja, die arme Louisa. Ihr muss ich noch schonend beibringen, dass unsere Affäre vorbei ist“, schoss es aus Takeru heraus. „Ich hoffe, sie trägt es mit Fassung“, kam es ironisch von ihr. „Was wollte Ito jetzt von dir?“ „Sie wollte mit mir die Fotos ihres Auftrages besprechen.“ „Hoffentlich hast du nicht so dicht hinter ihr gestanden wie du es bei mir gemacht hast, als du mich gefragt hattest, wie das Foto von ‚Étoile Pagode‘ erstellt hatte. Ich hatte damals deinen Oberkörper an meinen Rücken gespürt“, erzählte sie missmutig. „Ich hatte das nur gemacht, weil ich so fasziniert von dem Bild war und immer noch bin.“ „Das würde ich jetzt auch sagen“, schnaubte sie auf. „Du bist doch eifersüchtig“, stellte er nüchtern fest. „Hast du schon einmal in den Spiegel geschaut?“ „Das mache ich jeden Morgen. Stell dir vor: der Typ im Spiegel macht mir alles nach.“ „Scherzkeks. Dann müsstest du auch wissen wie heiß du aussiehst. „Kann schon sein“, grinste er sie an. Hikari war gar nicht zum Lachen zu mute. „Nachdem was dein Vater erzählt hat steht sie auf dich.“ „Sie interessiert mich aber nicht. Nur so viel: Sollten Ito und ich irgendwann einmal die letzten Menschen auf der Erde sein, würde die Menschheit aussterben. Falls du es noch nicht mitbekommen hast, bin ich glücklich vergeben.“ Jetzt musste die Braunhaarige doch lachen. „Dass du glücklich bist, freut mich zu hören. Wäre echt schlimm, wenn du nach zwei Tagen ein Trauerkloß wärst.“ „Da hast du Recht. Was machst du heute Nachmittag noch?“ „Telefonate und Glückwünsche entgegen nehmen. Wenn ich das überlebt habe treffe ich mich mit Ken um achtzehn Uhr zum Training, dass dauert zwei Stunden. Den Abend würde ich gerne mit meinem Freund verbringen, wenn er Zeit hat.“ „Das wird sich einrichten lassen“, grinste er sie an. Hikari sah in die Augen ihres Freundes, als sie sein Blick deuten konnte grinste sie ihn an: „Ha, jetzt habe ich dich.“ Verständnislos erwiderte er den Blickkontakt. „Wovon sprichst du?“ „Du bist ebenfalls eifersüchtig.“ „Wie kommst du darauf?“ „Du hast deine Augen leicht zusammengezogen, als ich Ken erwähnt habe. Außerdem kenne ich den Blick von Matt, wenn irgendein Typ Sora auf die Pelle rückt.“ „Sag mir nicht, dass du die Mimik von meinen Bruder deuten kannst“, kam es erstaunt von ihm. „Es ist sehr schwierig, irgendeine Gefühlsregung in Matts Gesicht zu lesen. Das gebe ich zu, trotzdem habe ich es mit der Zeit gelernt. Ihr seid euch in vielerlei Hinsicht ähnlich.“ „Na toll, du vergleichst mich mit meinem Bruder?“, schmollte der Blonde vor sich her. "So ein Blödsinn. Mir sind nur ein paar Gemeinsamkeiten in eurem Verhalten aufgefallen. Das ist alles. Du kannst dir sicher sein, wenn du Tai besser kennengelernt hast, wirst du auch einige Wesenszüge von mir bei ihm finden. Dafür sind es unsere Geschwister." "Sicherlich hast du recht." Eine Sache bereite Hikari weiterhin Magenschmerzen, daher fragte sie nach: „Bist du eifersüchtig auf Ken?“ „Nein, ich vertraue dir. Wie ich schon mal gesagt habe, muss ich mich erst daran gewöhnen, dass ich dich mit Ken irgendwie teilen muss.“ „Das triff auf das Tanzen zu. Die Herzen von Ken und mir sind vergeben. Seines an Yolei und meins an dich.“ „Ich weiß. Leider kann ich nicht so gut tanzen wie ihr“, seufzte er auf. „Hättest du Lust, deine Tanzfähigkeiten weiter auszubauen?“ „Klar, aber wie? Wenn ich mich bei einer Tanzschule anmelde, würde mir eine Tanzpartnerin zugeteilt werden und das möchte ich nicht. Mit dir brauche ich dort gar nicht erscheinen.“ „Du musst nicht in eine Tanzschule. Du hast mich.“ „Wie meinst du das?“ „Ich kann dir die Tänze beibringen, wenn du es möchtest.“ „Das würdest du machen?“ „Warum nicht? Außerdem können wir so noch mehr Zeit miteinander verbringen.“ „Also, wenn es dir nichts-“ „Nein, macht es nicht. Sonst hätte ich es dir nicht angeboten.“ „Okay, dann ist es beschlossene Sache“, grinste sie ihn an. Takerus Mine hellte sich schlagartig auf. Seine Augen schauten sie verliebt. Hikari kämpfte mit ihren Gefühlen, am liebsten würde sie um den Tisch herum gehen, sich auf seinen Schoß setzten und ihn küssen. Sie merkte, wie ihre Hand ein Eigenleben entwickelte. Langsam hob sie diese und strich sanft über die Wange ihres Freundes. Dieser lehnte sich genießerisch gegen ihre Handfläche. So schnell der Zauber gekommen war, war dieser wieder verschwunden. Beide blickten sich noch einmal kurz in die Augen, bevor Hikari fragte: „Was machst du so?“ „Ich muss noch einen Stapel von Artikeln durchgehen. Später habe ich noch ein Meeting mit den Journalisten. Ich dachte schon, dass ich ein schlechtes Gewissen haben muss, weil ich heute so lange arbeiten muss.“ „Das konntest du vorher nicht wissen. Das Gleiche habe ich auch wegen dem Training gedacht.“ „Das musst du nicht haben. Ich habe spätestens heute Morgen im Büro meines Vaters erlebt, wie wichtig dir die Meisterschaft ist. Wir haben den Abend für uns.“ „Es tut mir leid, dass ich dich so angefahren habe“, kam es verlegen von der jungen Frau. „Zerbrich dir nicht den Kopf deswegen. Das wird nicht die letzte berufliche Diskussion zwischen uns gewesen sein.“ „Ich freue mich schon drauf, dir beruflich Feuer unter den Hintern zu machen“, lachte sie auf. „Das beruht auf Gegenseitigkeit.“ „Du musst mir versprechen, dass wir unsere beruflichen Dispute nicht auf unsere Beziehung übertragen und anders herum“, kam es leise über ihre Lippen. „Dieses Versprechen gebe ich dir gerne.“ Nachdem beide ihr Mittagessen verzehrt hatten machten sie sich wieder auf den Weg in ihre Büros. Kapitel 38: Louisa dreht auf ---------------------------- Takeru schloss seine Wohnung auf und ließ seinen Bruder als erstes Eintreten. Yamato ging an dem Jüngeren vorbei und streifte sich seine Schuhe ab. Die Brüder waren in ein Gespräch vertieft, als sie die Stimmen von Louisa und Jean aus dem Arbeitszimmer hörten: „Du musst doch nur deinen Finger zur Verfügung stellen. Drück da jetzt rauf. So schwer wird das nicht sein.“ „So?“ „Nein, weiter in die Mitte.“ „Ah, ja. Bleib so und zudrücken. Genauso.“ „Was ist, wenn der stecken bleibt?“ „Mein Gott, lang machen, draufdrücken, rausziehen. Das kann nicht so schwer sein.“ „Für wie blöd hältst du mich eigentlich?“ „Ganz ehrlich: Du stellst dich an wie der erste Mensch. Ich dachte du hast so was schon öfters gemacht.“ „Hab ich auch.“ Yamato sah Takeru fassungslos ins Gesicht. „Was geht da drinnen vor sich?“ „Woher soll ich das wissen? Wir sind zusammen hergekommen. An was denkst du?“ „Das möchtest du nicht wissen.“ „Was du dir denkst, kannst du gleich ausschließen.“ „TK! Seit wann bist du so naiv?“ „Ich bin nicht naiv. Ich vertraue meinem besten Freund. Seit wann bildest du dir deine Meinung, ohne die Situation hundert prozentig zu kennen?“ Bevor der Ältere antworten konnte, hörten sie wieder die Stimmen aus dem Arbeitszimmer: „Wo ist dein Problem, Isa?“ „Die richtige Frage ist nicht ‚Wo‘ mein Problem liegt, sondern ‚Wer‘ es verursacht.“ „Du meinst jetzt nicht mich, oder?“ „Doch! Ich habe dich darum gebeten, mir zu helfen, weil ich das endlich hinter mir haben möchte bevor Takeru nach Hause kommt. Er soll schließlich nichts mitbekommen. Du stellst dich an wie eine Flachpfeife. Ich brauche nur deinen Finger, den du da hinlegen und kräftig zudrücken musst, fertig. Ist das so schwer?“ „Du wolltest meine Hilfe, also höre auf mich an zu zicken.“ „Ich zicke nicht rum, du Depp.“ „Wenn du nicht rum zickst, was machst du dann? Liebeserklärungen, oder hast du deine Tage?“ Yamato sah seinen Bruder an. „Dein Freund ist wahnsinnig. Welcher Kerl fragt freiwillig eine Frau ob sie ihre Tage hat? Ich jedenfalls nicht.“ „So lebensmüde bin ich auch nicht“, kam es vom Jüngeren. „Wie gesagt Jean ist verrückt. Wer ist Isa?“ „Das ist Jeans Spitzname für unsere Schwester“, erklärte ihm Takeru. „Er hat einen Spitznamen für sie?“ „Was regst du dich auf. Hikari ist bei dir Kari oder Kleine. Das sind auch Kosenamen.“ „Mh", brummte der Älter vor sich her. Die Brüder wurden wieder unterbrochen, als Louisas Stimmer erklang: „Boah, das geht dich gar nichts an, du Arsch. Falls du das so aufgefasst haben solltest, dann war das eine Liebeserklärung von deiner geliebten Zicke Isa.“ „Ich wusste es!“ „Hä?“ „Du stehst auf mich“, zog Jean sie auf. Yamato holte tief Luft, bevor er aufgeregt nachfragte: „Ich glaube, ich habe mich verhört. Sag mir das-“, er wurde von der Stimme von seiner Schwester unterbrochen: „Du bist so ein Vollidiot! Eher friert die Hölle zu. Was soll ich mit dir alten Sack anfangen?“ „Du bringst da was durcheinander Prinzesschen. Ich bin das alte Haus, der alte Sack ist Takeru.“ „Manchmal bist du ein Butayaro, Jean.“ Der Sänger sah erstaunt zu Takeru. „Wow, das hätte ich nicht erwartet. Louisa hat es fehlerfrei ausgesprochen. Ich dachte, sie kann kein japanisch sprechen.“ Dieser musste sich ein Lachen verkneifen. „Sie kann japanisch verstehen. Beim Sprechen hat sie so ihre Probleme. Schimpfwörter waren immer die ersten Wörter, die sie in einer Fremdsprache gelernt hat.“ „Du wagst es mir Wörter an den Kopf zu werden, die ich nicht verstehen kann?“, empörte sich Jean „Ich kann noch weiter machen: Baka, Caca cazzo, Foramen Podicis-“, setzte sie nach. „Mir reicht es, Prinzesschen. Mach es alleine. Meinen Finger bekommst du nicht.“ „Du bist selber Schuld. Was fragst du auch nach meinen Zyklus.“ „Ich habe es verstanden. Entschuldigung. Trotzdem schaue ich nur zu, wie du es alleine machst.“ „Du willst zu sehen, wie ich mich abrackere?“ „Wer das eine will muss dass ändere mögen.“ „Du bist eine echte Mimose. Komm her und hilf mir, bitte. Ich bin auch wieder lieb, versprochen.“ Jean seufzte auf. „Na gut, aber nur weil du Nervensäge ‚bitte gesagt hast.“ Kurz darauf war ein Poltern aus dem Arbeitszimmer zu hören. „Ahhh! Was soll das werden, Jean?“, schrie die Blondine erschrocken auf. „Das reicht mir. Ich gehe da jetzt rein.“ Yamato hatte die Tür vom Arbeitszimmer geöffnet. „Wer weiß, was sich-“ Es verschlug ihm die Sprache bei beim Bild welches ihn geboten wurde. Alles was er von seiner Schwester sehen konnte waren ihre nackten Beine und Arme, da sie auf dem Fußboden lag und Jean auf ihr. Seine Hände stützte er neben ihrem Kopf ab. Fassungslos blickte er auf den besten Freund seines Bruders und seine Schwester. „Komm sofort runter von mir du Arsch!“, rief Louisa aufgebracht. Dieser Satz und Yamatos Sprachlosigkeit hatte Takeru auch veranlasst ein Blick in sein Arbeitszimmer zu werfen. Hörbar schnappte er nach Luft und drückte sich an seinem Bruder vorbei. „Lass deine Finger von ihr, Jean“, war die laute Stimme von des jüngeren Blonden zu hören. Dabei zog er seinen besten Freund am Arm und somit weg von seiner Schwester. Er stellte sich mit Absicht zwischen Yamato und Jean. Da sein Bruder Anstalten machte, auf seinen besten Freund loszugehen. „Matt, beruhige dich.“ „Ich soll mich beruhigen? Der Kerl hat auf unserer Schwester gelegen.“ „Sich erst prügeln und dann nachfragen ist aber keine Lösung. Außerdem haben beide ihre Klamotten an. Wir hören uns an was sie zu sagen haben, wenn es uns nicht gefällt können wir Jean immer noch zur Schnecke machen.“ „Wieso mich?“ „Lass mich mal überlegen: Du bist der Kerl. Du bist der Erwachsene. Louisa ist meine Schwester, sie ist fünfzehn Jahre alt. Außerdem brauche ich einen Sündenbock. Reicht das als Erklärung?“, fauchte Yamato Jean an. „Aber- “ „Jean, halte besser deine Klappe. Matt ist grade sehr schlecht auf dich zu sprechen“, gab Takeru seinen besten Freund einen Rat. Danach drehte er sich zu seinen Bruder: „Du solltest besser einen Gang runterschalten.“ „Wie kannst du so ruhig bleiben, TK?“ „Ich kenne beide sehr gut.“ Yamato grummelte etwas Unverständliches vor sich her. Takeru blickte Louisa über die Schulter von Jean an. Er sah ihr an, dass sie noch ein wenig neben sich stand. Sie zupfte an ihrer ärmellosen fliederfarbenen Bluse und richtete ihre schwarze Hotpants. Dabei fiel ihr eine Haarsträhne aus ihrem lockeren Pferdeschwanz. „Jean, du erklärst sofort, was hier los ist. Matt, du gehst mit Louisa in das Wohnzimmer. Jean und ich kommen nach, wenn wir alles geklärt haben.“ "Ich will-", setzte Yamato an und wurde von seinem Bruder unterbrochen: "Matt, ich weiß was ich mache." „Jean ist über die Teppichkante gestolpert. Dabei hat er das Gleichgewicht verloren und ist auf mir gefallen. Das ist alles, Großer.“ Sie sah Takeru in die Augen. Ihr jüngerer Bruder erwiderte den Blick. „Louisa, wir haben euer Gespräch mit angehört. Kurze Zeit später liegt Jean auf dir. Meinst du nicht, das die Erklärung erbärmlich ist?“, kam es wütend von Yamato. Sie warf ihre Hände in die Luft. „Herr Gott noch mal, dass kann darf nicht wahr sein. Noch ein Bruder mit dem Bedürfnis sich aufzuspielen“, stöhnte sie auf. „Jetzt werde nicht frech. Du sollest mich nicht noch mehr reizen, wenn du nicht noch mehr Ärger mit mir haben möchtest, Schwesterchen“, fuhr der Älteste in der Runde die Blondine an. „Matt, sie sagt die Wahrheit“, mischte sich Takeru ein. „Woher willst du das wissen?“ „Ich habe es dir schon einmal erzählt: Sie würde mich nicht anlügen.“ „Seiner Strafpredigt gehe ich freiwillig aus dem Weg. Matt, er ist Journalist, weißt du mit was für Wörter er um sich haut, wenn er wütend ist? Maman ist harmlos gegen Takeru und sie hat den gleichen Beruf.“ „Was? TK soll schlimmer meckern als unsere Mutter? Das glaube ich nicht. Ich kann mich noch genau an ihre Streitereien mit Vater erinnern.“ „Es ist aber die Wahrheit. Du kannst dir das so vorstellen: eine fuchsteufelswilde Maman mal zwei, dann hast du Takerus Reaktion, wenn er aus der Haut fährt.“ Yamato sah sie erstaunt an. „Sei mir nicht böse, aber das kann ich mir nicht vorstellen. Was hast du angestellt, dass TK so die Fassung verliert?“ „Ähm … ich … Er hat-“ „Falls ich auch was sagen darf“, mischte sich Takeru in das Gespräch seiner Geschwister ein. „Ersten: Ich bin anwesend, daher kann ich verstehen, was ihr erzählt. Zweitens: Louisa, deine Gleichung ist übertrieben. Drittens: Du kannst von Glück reden, dass ich dich erwischt hatte, bei Maman wärst du nicht so leicht davon gekommen. Jetzt geht bitte in das Wohnzimmer, damit Jean und ich uns unterhalten können.“ Louisa stöhnte genervt auf: „Deine Laune war schon mal besser, Großer.“ Yamato beobachtete seine Geschwister aufmerksam. Louisas und Takerus Verhalten erinnerte ihn in gewisser Weise an einige Gespräche der Yagami-Geschwister als Hikari in der Pubertät wahr. Der jüngere Blonde verschränkte abwehrend die Arme vor seiner Brust. Wütend musterte er seine Schwester. „Ich hatte hervorragende Laune, bis ich nach Hause gekommen bin. Zuerst haben Matt und ich euer Gespräch mitangehört, danach lag Jean auf dir und zum Schluss spielst du dich wie eine Diva auf. Du solltest aufhören, mich zu provozieren. Den Machtkampf kannst du nicht gewinnen, Louisa.“ Die Blondine zog ihren Kopf ein, wenn Takeru ihren Namen in dieser bestimmten Tonlage aussprach sollte sie ihm besser aus dem Weg gehen, wenn sie keinen Ärger haben wollte. Daher nahm Louisa die Hand von Yamato. „Komm ich erzähle dir im Wohnzimmer, was vorhin vorgefallen ist. Glaube mir, danach wirst selbst du lachen.“ Takeru schloss die Tür zu seinem Arbeitszimmer, als seine Geschwister dieses verlassen hatten. Immer noch wütend drehte er sich zu seinem besten Freund um. „Ich warte auf eine Erklärung, Jean. War das eine Art Retourkutsche von dir?“ „Was meinst du?“ „Wegen dem Kuss zwischen deiner Schwester und mir“, kam es leise über Takerus Lippen. „Quatsch. Du kannst dir sicher sein, dass ich ihr die Leviten lesen werde, wenn ich wieder zu Hause bin. Außerdem würde ich mich nie auf das Niveau von ihr herunter lassen. Du bist mein bester Freund und Louisa ist eine Schwester für mich.“ „Was ist passiert?“ „Wir wollten unser Geschenk für Hikari einpacken. Ich habe mich ziemlich dämlich angestellt, da ich immer meinen Finger weggezogen habe, als Louisa die Schleife binden wollte. Ich hatte keine Lust mehr ihr zu helfen, als sie mich beschimpft hatte. Du weißt, dass Louisa das sehr gut kann. Daher wollte ich ins Wohnzimmer gehen. Sie hat sich bei mir entschuldigt und ich hatte es mir anders überlegt. Den Rest kennst du schon, ich bin gestolpert und auf deiner Schwester gelandet.“ Jean deutete auf ein Paket, das auf dem Fußboden lag. Dies war schon fertig eingepackt, es fehlte nur noch die Schleife. Neben dem Geschenk sah Takeru eine offene Glückwunschkarte liegen. Sofort erkannte er die filigrane und saubere Handschrift seiner Schwester. „Was wollt ihr zwei Hikari schenken?“ „Das sollst du noch nicht wissen. So wie Louisa gerade drauf ist, möchte ich mir keine weiteren Ärger mit ihr einhandeln. Wir wollten dich bitten, Hikari das Geschenk zu geben, wenn du wieder bei ihr bist.“ „Das werde ich mit Sicherheit nicht machen. Ihr Zwei könnt es Hikari selber geben. Matt wollte euch gerade zu ihrer Geburtstagsfeier am Samstag einladen.“ Jean sah seinen besten Freund erstaunt an. „Ist das dein ernst? Immerhin kennen wir nur dich und Hikari.“ „Es ist mein ernst. Außerdem kenne ich auch nicht viel mehr Leute. Meinen Bruder und meine Schwägerin mal ausgeschlossen. Kari würde sich sicher freuen, wenn ihr beiden auch dort seid.“ Ein Geräusch ließ die beiden in ihrem Gespräch inne halten. Takeru musste lächeln, als er das aufrechte Lachen seines Bruders hörte. ‚Sie hat die Gabe jeden zum Lachen zu bringen.‘ „Lass uns zu in das Wohnzimmer gehen. Wir können dann besprechen, wie wir den Samstag gestallten werden.“ Kapitel 39: Wie Hikari zum Tanzen kam ------------------------------------- Unschlüssig stand Hikari vor ihrem Kleiderschrank. Was sollte sie heute nur anziehen? Eine Bluse, ein Shirt oder doch ein Kleid? Welche Hose oder welchen Rock sollte sie anziehen, oder doch ein Hosenrock? Sollte ihr Outfit kurz-, oder langärmlig sein? „Ah, das darf doch nicht wahr sein“, stöhnte sie verzweifelt auf. Sie merkte, dass sie so schnell keine Entscheidung treffen konnte. Daher beschloss die Braunhaarige erst einmal unter die Dusche zu gehen. Dort konnte sie in Ruhe nachdenken. Genießerisch seufzte Hikari auf, als das warme Wasser auf ihre Haut traf. Wieder einmal bemerkte sie, wie verspannt ihre Muskeln durch das Tanztraining waren. Kurz lockerte sie ihre Schultermuskulatur. Danach widmete sich die Braunhaarige ihren Haaren. ‘Apropos tanzen. Ich sollte aufpassen, dass mein Kleid oder mein Rock nicht zu kurz sind. Vielleicht mein blauer Rock … nein, der ist zu kurz. Oder der weiße Rock … Ich hab´s gar kein Rock. Das ist eine gute Idee. Für eine Hose ist es zu warm. Ah, ich habe nichts anzuziehen.‘ Der Geistesblitz kam ihr, als sie sich einseifte. Schnell spülte sie die Reste ihren Duschgels ab. Schnappte sich ein Handtuch, das sie um ihre Haare band. Notdürftig trocknete sie sich ab und flitzte nackt in ihr Schlafzimmer. Hikari suchte nach einem bestimmten Kleidungsstück, als sie es gefunden hatte lächelte sie. ‘Das ist perfekt.‘ Zufrieden mit ihrer Auswahl wählte sie die passende Unterwäsche und ihre Accessoires aus. Schnell zog sich die Braunhaarige ihre Unterwäsche an und ging in das Badezimmer zurück. Mit geübten Handgriffen legte sie sich ein dezentes Makeup auf. Danach föhnte sie ihre Haare. Nach reiflicher Überlegung, was sie mit ihren Haaren machten sollte, entschied Hikari sich dafür, diese offen zu lassen. Zufrieden ging sie in ihr Schlafzimmer und zog sich an. Als sie den Reißverschluss schließen wollte klingelte es an der Wohnungstür. Erschrocken blickte sie auf ihren Radiowecker und stellte entsetzt fest, das Takeru sie schon abholen wollte. ‘Wo ist nur die Zeit geblieben? Verflixt, dieser Reißverschluss geht nicht zu.‘ Das erneute Läuten riss sie aus ihren Gedanken. Hikari ging in den Flur, dabei hielt sie ihr Oberteil mit einer Hand fest. „Ich komm ja schon.“ Als sie die Tür öffnete blickte sie auf einen Strauß roter Rosen. Hikari hob langsam ihren Kopf und sah in die Augen ihres Freundes. Takeru lächelte sie liebevoll an. „Hallo Hika.“ Er wollte ihre einen Kuss geben, doch seine Freundin ging einen Schritt nach hinten. Verwundert schaute er sie an. „Hey Keru. Kannst du bitte erst reinkommen? Ich habe ein kleines Problem.“ Hikari zupfte an ihrem Oberteil herum, da ein Träger von der Schulter gerutscht war. Schnell war der Blonde in die Wohnung eingetreten und schloss die Tür. „Was ist los?“, fragte er besorgt nach. Hikari schob ihre Haare zur Seite und drehte ihm den Rücken zu. „Das ist mein Problem. Ich bekomme den Reißverschluss nicht zu. Kannst du das bitte machen?“ Takeru musste herzhaft lachen, als er den Blumenstrauß auf den Schuhschrank legte. „Das mache ich doch gerne.“ Er stellte sich hinter seine Freundin. Ein ihm längst vertrauter Lilienduft stieg ihm in die Nase. Sanft legte er seine Hände auf ihre Schultern langsam fuhr er mit seinen Fingerspitzen über ihre Schulterblätter und den Rücken bis hin zu ihren Hüften. Dabei stellte er fest, dass sie eine Gänsehaut von seinen Berührungen bekommen hatte, daher ließ er seine Hände an ihrem derzeitigen Platz. Der Blonde beugte sich leicht nach vorne und gab ihr einen kleinen Kuss in ihre Halsbeuge. Somit bemerkte er mit einem Lächeln, wie sich ihr Plus beschleunigte. „Du … solltest den Reißverschluss zu machen“, flüsterte sie in die Stille. „Ich weiß, Sonnenschein. Dein Anblick war nur zu verführerisch.“ Takeru hatte nach dem Ende des Reißverschlusses gegriffen und zog diesen langsam nach oben. „Zufrieden?“, fragte er leise nach. Hikari drehte sich zu ihm um, stellte sich auf die Zehenspitzen und legte ihre Arme in seinen Nacken. „Nein.“ „Nicht?“ Seine Freundin schüttelte den Kopf. „Warum nicht?“ „Ich habe noch keinen richtigen Kuss bekommen.“ „Moment, ich wollte dir einen ge-“ Weiter kam Takeru nicht, da er ihre sinnlichen Lippen auf seinen spürte. Zärtlich legte er seine Hände um ihre Hüften und zog sie enger an sich. Wieder einmal mehr hatten beide das Gefühl, dass sich der Herzschlag des jeweils anderen an den eigenen anpasste. Hikari löste ihren zärtlichen Kuss. Sie blickte in seine Augen und sah darin die Liebe, die er für sie empfand. Der Blonde löste sich widerwillig von ihr und nahm erneut den Rosenstrauß in seine Hand. Diesen reichte er seiner Freundin. „Ich hatte an deinem Geburtstag keine Gelegenheit, dir Blumen zu schenken, also mach ich es heute. Ich liebe dich.“ „Danke dir. Das sehe ich, mon coeur.“ Hikari deutete auf die roten Rosen. „Ich liebe dich auch. Du siehst übrigens unverschämt gut aus. Eine Jeans steht dir besser, als deine Anzughosen. Da kommt ein Hintern besser zu Geltung. “ Kaum hatte Hikari den Satz ausgesprochen spürte Takeru ihre Hände an dem besagten Körperteil. Der Blonde hätte vor Schreck fast den Strauß fallen lassen, aber so schnell Hikari ihre Hände an sein Hinterteil legte, waren diese wieder weg. Unschuldig schaute sie in seine blauen Augen, danach nahm sie ihm die Blumen ab. Grazil ging sie an ihm vorbei in die Küche. Dort stellte sie die Rosen in Vase und stellte sie auf den Tisch im Wohnzimmer. Ihr Freund folgte ihr. „Du bist eine kleine Hexe, Hika.“ Erstaunt drehte Hikari sich in seine Richtung. „Warum das denn?“ „Du nennst mich erst ‚mein Herz‘, machst mir eine Liebeserklärung, dann fasst du meine Hintern an und verschwindest zum Schluss in der Küche. Um den ganzen die Krone aufzusetzen siehst du heute noch bezaubernder aus, als sonst.“ Takerus Blick blieb an ihrem Ausschnitt hängen. Hikari sah an sich herab. Ihr rosafarbener Jumpsuit hatte breite Träger und einen kleinen Ausschnitt. Das Unterteil war in Plisseeoptik. Um ihre Hüfte trug sie einen kleinen schmalen silbernen Gürtel. Die Ohrringe waren in derselben Farbe wie ihr Gürtel und hingen in vielen verschieden langen Fäden herunter. Natürlich durfte ihr Armband nicht fehlen. Ihr Makeup hatte sie passend zum Outfit ausgesucht. Als Hikari sah, wo der Blick ihres Freundes hängen blieb musste sie lächeln. „Keru, lass das.“ „Ich darf mir doch meine Freundin anschauen.“ „Sicher darfst du das.“ Hikari nahm sein Gesicht in ihre Hände. „Da ist nicht mein Gesicht“, sie hob seinen Kopf etwas an und schaute in seine Augen, „sondern hier.“ Schnell gab sie ihm einen Kuss und löste sich von ihrem Freund. Dieser schmollte vor sich her: „Du bist doch eine Hexe.“ Die Braunhaarige lachte auf. „Wenn du meinst. Wo sind Louisa und Jean? Ich dachte, wir wollten gemeinsam zu Feier gehen.“ „Die Beiden sind bei Matt und Sora. Louisa konnte sich nicht von Haru trennen. Daher kommen die vier zusammen. Nachdem sie Haru zu ihrer Mutter gebracht haben.“ „Du lässt Jean, nachdem was vorgefallen ist, alleine mit Matt? Bist du wahnsinnig?“ Takeru musste lachen. „Nein, das bin ich nicht. Die beiden haben alles geklärt.“ „Das hoffe ich für deinen Freund.“ Der Blonde musterte sie jetzt doch ein wenig unsicher. „Wie meinst du das?“ Hikari fing an ihr Handy, ihre Geldbörse und Taschentücher zusammen zu suchen und in ihrer kleinen Handtasche zu verstauen. Dabei sprach sie mit ihrem Freund: „Matt ist der beste Freund meines Bruders. Tai ist sehr speziell, was mich angeht. Dein Bruder hat also einen sehr guten Lehrer, wenn es darum geht Männer von deiner Schwester fern zu halten. Ich spreche aus Erfahrung.“ Sie schloss ihre Handtasche. Mit schnellen Schritten ging die Braunhaarige in den Flur um sich ihre Schuhe anzuziehen. Genervt stöhnte Takeru auf und folgte ihr in den Flur. „Fängst du auch noch damit an? Er war dreizehn Jahre, als er sie kennengelernt hat, sie war vier Jahre alt. Louisa ist eine kleine Schwester für ihn. Wie alt warst du, als Matt dich kennengelernt hat?“ Schnell streifte er sich seine Schuhe über. Hikari überlegte. „Ehrlich gesagt, weiß ich es nicht. Ich kenne ein Leben ohne deinen Bruder nicht. Er war schon immer der beste Freund von Tai. Irgendwie ist Matt wie ein zweiter Bruder für mich.“ Sie schnappte sich ihre Jacke, danach griff sie nach dem schwarzen Satinbeutel. „Genau das meine ich. Ich wette mit dir, dass es Louisa mit Jean genauso geht.“ „Das ist ein gutes Argument. Nimmst du bitte wieder den Beutel mit meinen Tanzschuhen?“ Takeru nahm ihr den Gegenstand aus der Hand. „Wieso ziehst du deine Tanzschuhe nicht gleich an?“ Erstaunt über die Frage sah Hikari ihm in die Augen. „Spielst du mit einem Basketball Fußball?“ Beide betraten den Hausflur. Hikari schloss ihre Wohnung ab. Gemeinsam gingen sie zum Fahrstuhl. „Natürlich nicht. Ein Basketball ist schwerer als ein Fußball und ist anders aufgebaut. Was hat das eine mit dem anderen zu tun?“ „Tanzschuhe haben einen ganz anderen Aufbau als normale Schuhe. Die Sohlen meiner Tanzschuhe sind aus Rauleder. Dadurch kann man sie vor dem tanzen anrauen damit man nicht so schnell ausrutschen kann. Außerdem ist das Fußbett anders gearbeitet.“ Skeptisch blickte der Blonde in den Beutel mit ihren Schuhen. „Ich frage mich immer wieder, wie du auf den Höllendingern tanzen kannst. Wie hoch ist der Absatz?“ „Alles eine Übungssache. Bei den Schuhen sind es nur sechs Zentimeter.“ Sie deutete auf den Beutel in Takerus Händen. „Die Schuhe die ich bei öffentlichen Auftritten trage sind nochmal drei Zentimeter höher.“ Er führte sie zu seinem Auto. „Warum tust du dir das an?“ „Das hat mit dem Größenunterschied zwischen Ken und mir zu tun. Er ist, ohne Schuhe, fünfzehn Zentimeter größer als ich. Seine Schuhe haben einen fast vier Zentimeter hohen Absatz. Diese Höhe ist im Lateinbereich vorgeschrieben. Damit wir optisch besser harmonieren kaschiere ich meine geringe Körpergröße mit hohen Schuhen.“ Erstaunt kam es von Takeru: „Wie klein bist du geraten?“ Erbost sah sie ihm in die Augen. „Takaishi, du eingebildeter Fatzke! Es kann nicht jeder so ein Riese sein wie du.“ Ihr Gesprächspartner lachte. „Die kleine Kratzbürste ist wieder da. Wie groß bist du?“ „Ich bin keine Kratzbüste. Ich spreche nur ungern über meine 1.58 m. Ich schätze mal, du bist 1.80 m.“ Takeru entsperrte die Zentralverriegelung seines Autos. „Fast, drei Zentimeter mehr dann passt es. Warum sprichst und ungern über deine Körpergröße?“ Er half ihr beim Einsteigen, als er auf der Fahrerseite Platz genommen hatte sprach sie weiter: „Ich bin ein Zwerg. In meiner Kindheit wurde ich oft gehänselt deswegen. Damit ich mehr Selbstvertrauen entwickeln konnte kam meine Mutter auf die Idee mich in einen Karatekurs anzumelden. Der Schuss ging gewaltig nach hinten los, da ich mehr verletzt war, als dass ich am Training teilnehmen konnte. Mit sechs Jahren habe ich Yolei kennen gelernt, sie wurde schnell meine beste Freundin. Diese Freundschaft stärkte mein Selbstbewusstsein. Durch sie bin ich zum Tanz gekommen.“ Takeru sah sie kurz an, bevor er sich wieder auf den Straßenverkehr konzentrierte. „Wie ist Ken eigentlich dein Tanzpartner geworden?“ „Die erste Tanzpartnerin von Ken war Yolei. Sie musste nach einer Verletzung an der Schulter mit dem Tanzen, als Leistungssport, aufhören. Unser Tanzlehrer hatte bestimmt, dass ich seine neue Tanzpartnerin werde. Das war vor fast fünfzehn Jahren.“ „Ich dachte du wolltest keine Tänzerin werden.“ „Wollte ich auch nicht. Als Kinder und Jugendliche hatten wir viel getanzt. Das hatte sich geändert, als wir erwachsen geworden sind. Ken und ich hatten uns geeinigt, dass ein geregeltes Berufsleben Vorrang hat. Wir trainieren zurzeit nur für die Meisterschaft so intensiv. Danach werden wir sehen, wie es weiter geht.“ „Ihr müsst verdammt gut sein, wenn ihr nach der langen Zeit immer noch miteinander tanzt.“ Hikaris Gesicht zierte eine leichte Röte. „Wir haben einige Titel gewonnen.“ „Darf ich fragen wie viele?“ „Insgesamt waren es fünf Titel, sechs Vizetitel und drei dritte Plätze.“ Erstaunt sah er sie an. „Wow, das ihr sehr gut seid ist mir schon aufgefallen, aber das hätte ich nicht erwartet.“ „Danke.“ Der Blonde musste lächeln, als er ihre Schüchternheit wahrnahm. Geschickt steuerte Takeru seinen Wagen durch den Straßenverkehr von Tokio. Gut dreißig Minuten später waren sie an ihrem Ziel, den Proberaum von Yamatos Band, angekommen. Hier sollte die Geburtstagsfeier stattfinden. Er öffnete die Beifahrertür und half seiner Freundin beim Aussteigen, dabei küsste er sanft ihre Wange. Gemeinsam machten sie sich auf den Weg zur ihrer Geburtstagsfeier. Kapitel 40: Liebe liegt in der Luft ----------------------------------- Der Weg zur Geburtstagsfeier aus der Sicht von: Mimi und Taichi Mimi warf einen prüfenden Blick in ihre Handtasche. Erfreut stellte sie fest, das nichts fehlte „Tai, bist du fertig?“, rief sie ihrem Mann, der noch im Schlafzimmer war, zu. „Gleich, Prinzessin.“ „Was heißt hier ‚gleich‘? Wir kommen zu spät, wenn du nicht endlich aus dem Knick kommst.“ „Wer ist in mich reingelaufen und hat seinen Eistee auf mein weißes Hemd gekippt?“ „Was kann ich dafür, dass du dich an mich ran geschlichen und in die Seiten gepikst hast?“ „Ich kann auch nichts dafür, dass du so schreckhaft bist“, neckte Taichi seine Frau. Erbost blickte Mimi ihm in die Augen. „Ich fasse es nicht! Jetzt soll ich schuld sein?“ „Das war nicht so gemeint Mi-“ Die Brünette tippte mit ihrem rechten Fuß auf und ab. Die Arme hatte sich in ihre Seiten gestemmt wütend rief sie ihren Mann zu: „Du bist ein Idiot. Was brauchst du überhaupt so lange? Ein Oberhemd zu wechseln kann doch nicht so lange dauern?“ „Das sagt die Richtige. Du brauchst stunden um überhaupt eine Entscheidung zu treffen, was du anziehst.“ „Frauen haben auch eine größere Auswahl als Männer. Außerdem brauche ich nicht stunden um mich für ein Outfit zu entscheiden." Taichi ging in den Flur und zog sich seine Schuhe an. „Na gut, es sind bei gewissen Anlässen schon mal Tage.“ „Idiot, das stimmt gar nicht.“ „Wie du meinst. Ich sehe es anders“, grinste er seine Frau an. „Du bist der größte Idiot aller Zeiten“, keifte sie ihm entgegen. „Ich weiß, Prinzessin. Weißt du was das Tollste an der ganzen Sache ist?“ Die Brünette hatte eine Augenbraue hochgezogen und verschränkte die Arme vor ihrer Brust. „Du wirst mich sicher aufklären.“ Taichi sah seine Frau mit einem frechen Grinsen an. „Also, das ist so: Es gibt Bienchen und Bl-“ „Du Idiot, das Thema meinte ich nicht“, kreischte sie auf. Er ging auf Mimi zu und zog sie in seine Arme. „Schade, ich hätte dir gerne die Praxis gezeigt.“ Zärtlich küsste er sie an ihrer empfindlichen Stelle unterhalb ihres Ohres. Mimi schloss genießerisch ihre Augen. „Das … sollten wir … verschieben“, flüsterte sie ihm in sein Ohr. Danach schob sie ihn sanft ein Stück von sich. „Du möchtest doch nicht zu spät auf der Geburtstagsfeier deiner Schwester erscheinen.“ „Gib mir fünf Minuten, Prinzessin.“ „Auch dann sind wir viel zu spät.“ „Du bist gemein, weißt du das?“ Jetzt grinste Mimi ihren Mann fies an. „Du hast mit den Bienchen und Blümchen angefangen. Selber schuld. Ich erwarte noch eine Antwort von dir.“ „Äh?“ Genervt verdrehte die Brünette die Augen. „Warum es toll ist, dass du ein Idiot bist.“ „Ach so. Naja, ich bin dein Idiot. Jetzt komm. Ich möchte nicht zu spät zur Karis Feier kommen.“ „Auf geschoben ist nicht aufgehoben“, kam es versöhnlich von ihr. „Ich weiß. Heute Nacht bist du fällig meine Liebe.“ „Ich freue mich darauf.“ Erneut zog er sie in seine Arme und küsste sie. Nachdem Mimi den Kuss gelöst hatte musterte sie ihren Mann. „Tai?“ „Ja?“ „Denke an dein Versprechen.“ Der Braunhaarige stöhnte genervt auf: „Zwischen Takeru und mir ist alles geklärt. Ich finde die Konstellation, dass er ihr Boss ist, zwar immer noch bedenklich. Das weiß er auch. Solange Kari glücklich ist werde ich meine Füße still halten.“ Mimi nahm seine Hand in ihre. „Dann können wir jetzt los.“ --- Louisa und Yamato Yamato musste lächeln, als er seinen Sohn und seine Schwester beobachtete. Louisa hatte Haru auf ihren Arm und wollte ihn in seinen Kindersitz vom Auto setzten. Der kleine Junge sah die Blondine mit großen Augen an, als er sie fragte: „Tante Isa?“ „Ja?“ „Warum sprichst du anderes als Mama und Papa?“ Louisa überlegte, was sie sagen sollte. Haru konnte kein Französisch, oder eine andere Sprache die sie beherrschte, sprechen. Sie verstand Japanisch, aber das sprechen fiel ihr sehr schwer. Bisher hatten die Beiden es geschafft sich mit Mimik und Gestik zu unterhalten. Sie erinnerte sich daran, wie Takeru versucht hatte mit ihr Japanisch zu sprechen. Er meinte, dass sie gar nicht schlecht anstellen würde. Ihr ging durch den Kopf, dass sie in Tokio am besten Japanisch sprechen lernen konnte. Daher fand sie den Mut in der Muttersprache des Jungen zu antworten: „Ich wohne in einem anderen Land.“ Ein wenig hilflos sah sie zu Yamato. Dieser musterte sie anerkennend. „Das war sehr gut, Schwesterchen.“ Louisas Wangen zierten einen Rotton. „Dankeschön.“ „Warum?“, fragte Haru nach. Die junge Frau hatte sich über den Jungen gebeugt, um ihn anzuschnallen. „Wie bitte?“ Louisa sah verwirrt zu ihrem Neffen. „Warum?“, wiederholte der Junge seine Frage. „Kannst du mir bitte helfen? Ich weiß nicht, was er meint.“ Die Blondine hatte sich verzweifelt an ihren Bruder gewandt. „Haru fragt, warum du in Paris wohnst“, erklärte Yamato seiner Schwester. Diese überlegte, was sie in welche Betonung sagen musste, danach wagte sie einen Versuch Haru zu antworten. „Deine Mama und mein Papa wohnen in Pa-“ „Das stimmt nicht Tante Isa. Meine Mama ist bei mir und Papa.“ Louisa seufzte auf. „Habe ich Mutter und Großmutter vertauscht?“ Fragend sah sie Yamato an. Dieser nickte. „Mach dir keinen Kopf, du sprichst besser Japanisch, als ich vermutet habe.“ Er ging auf seine Schwester zu und schloss sie in seine Arme. Sanft drückte der Blonde ihr einen Kuss auf den Scheitel. „Ich werde es Haru während der Autofahrt erklären. Sag Jean, dass er in das Auto einsteigen soll.“ „Warum machst du das nicht?“ „Ich weiß nicht, wo er steckt. Außerdem muss ich noch Harus Rucksack holen.“ „Bist du noch sauer auf Jean?“ „Nur wenn meine Vermutung richtig ist.“ „Diese stimmt nicht.“ „Das ist mir klar geworden, als TK mir vor Augen gehalten hat, das es die gleiche Konstellation wie bei Tai, Kari und mir ist.“ „Du liebst sie wie eine Schwester, richtig?“ Yamato sah Louisa an, als er nickte. „Weißt du, für mich war es nicht gerade einfach. Ich bin der älteste von uns Geschwistern und konnte weder für dich noch für TK da sein, wenn ihr meine Hilfe gebraucht hättet. Ich meine nicht, das Kari ein Ersatz für dich ist. Du hast Recht: Sie ist eine Schwester für mich.“ „Mir geht es mit Jean genauso wie dir mit Hikari. Für dich musste es am schlimmsten gewesen sein. Ich hatte immer Takeru an meiner Seite. Du warst-“ „Er scheint seine Aufgabe als großer Bruder auch gut zu machen.“ „Meiner Meinung nach zu gut.“ Yamato musste lachen. Als er den verständnislosen Blick der Blondine sah erklärte er: „Diesen Satz habe ich von Kari mindestens fünfzehn Mal in der Woche gehört, als sie so alt war wie du jetzt.“ „Hikari hat es einfacher, sie hat nur einen Bruder. Ich habe zurzeit das Vergnügen von zwei Brüdern umsorgt zu werden.“ „Glaube mir, Kari hat es schwerer als du. TK und ich zusammen sind harmlos gegen einen Tai, der sich einen Kerl vorknöpft der es gewagt hat seine Schwester zu verletzten.“ „Das kann ich mir nicht vorstellen. Du hättest Jean doch am liebsten verprügelt, als-“ „Wäre TK nicht gewesen hätte ich es auch gemacht.“ Fassungslos sah sie Yamato an. „Du hättest was? Wie hätte dein Freund in der Situation reagiert?“ „Genauso“, kam es ernst von dem Blonden. „Das nennst du harmlos?“ „Nein! Ich sagte: ‚TK und ich sind zusammen harmlos gegen Tai‘. Nicht ich alleine. Ich stehe ihm in nichts nach. Das ist mir klar geworden, seitdem du in Tokio bist. Mir ist bewusst geworden, dass ich eine wunderbare, intelligente und schöne Schwester habe. Die ich einfach vor allen bösen dieser Welt schützen möchte.“ Louisas hatte einen Rotschimmer um die Nase. Sie ging auf Yamato zu und umarmte ihn. „Ich hab dich auch lieb.“ Sanft gab sie ihm einen kleinen Kuss auf die Wange. Als die Blondine sich von dem Älteren löste murmelte sie: „Große Brüder sind wohl alle gleich.“ Nach diesen Worten drehte sich Louisa um und ging zu Jean. Lachend rief Yamato ihr hinterher: „Beeilt euch, wir müssen los. --- Miyako und Ken Leise betrat Ken das gemeinsame Schlafzimmer von Miyako und ihm. Vorsichtig setzte er sich auf die Bettkante und betrachtete seine schlafende Frau. Die letzte Nacht war anstrengend gewesen. Ihr kleiner sechsmonatiger Sohn bekam gerade die ersten Zähnchen. Dementsprechend hatte Masaru seine Eltern lautstark darauf aufmerksam gemacht, dass er Schmerzen hatte. Miyako hatte sich die Nacht über um den kleinen Jungen gekümmert. Sie bestand darauf, dass Ken seinen Schlaf bekam. Die quirlige Frau mit den lila Haaren, wollte nicht, dass er übermüdet zum Dienst ging. Immerhin hatte er einen verantwortungsvollen und gefährlichen Beruf gewählt. Ein einziger Fehler von ihm oder seinen Kollegen könnte ihre Familie zerstören. Dieses Risiko zu erhöhen - weil ihr Mann übermüdet war - wollte sie auf gar keinen Fall eingehen. Miyako hatte jeden Tag Angst um ihren Mann, wenn er die Wohnung verließ um zur Arbeit zu gehen. Ken war im Kriminaluntersuchungsamt tätig. Deshalb war er nicht nur für die Verbrechensprävention zuständig, sondern sagte unteranderem auch der Jugendkriminalität den Kampf an. Ken seinerseits hatte sie nach dem Familienfrühstück ins Bett geschickt. Er fand, dass es jetzt an der Zeit war sich um die gemeinsamen Kinder zu kümmern. Er liebte seine Chaotin vom ganzen Herzen, Suri und Masaru waren die Krönung dieser Liebe. Obwohl er lange gebraucht hatte sich an die Vaterrolle zu gewöhnen. Ken kam sich mit knapp einundzwanzig Jahren zu jung vor um Vater zu werden. Er hatte Angst, nicht um ihre Beziehung sondern vor der Verantwortung, die er übernehmen musste. Nicht nur für seine, damals noch, Freundin, sondern auch für das neues Leben, welches unter Miyakos Herzen heranwuchs. Für seine Familie. Er spürte die Ehrfurcht vor den Veränderungen die die Schwangerschaft mit sich brachte. Zwar hatte Ken für sich schon beschlossen sie zu heiraten, bevor er von der Schwangerschaft erfuhr, trotzdem hatte er Angst, dass sie diese Entscheidung falsch verstehen würde. Diese waren unbegründet, wie sich nach seinem Antrag herausstellte. All seine Ängste und Selbstzweifel, dass er kein guter Vater werden würde, hatten sich in dem Moment aufgelöst, als er seine kleine Tochter das erste Mal in seinen Armen hielt und Suri ihn mit ihren großen Augen anschaute. Heute, knapp fünf Jahre später, war er der glücklichste Mensch. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass Miyako wirklich im Bett war und schlief ging er mit seinen Kindern in den Chiba Park. Dort suchten sich die Drei ein lauschiges Plätzchen in der Nähe von dem Ententeich, damit Suri die Tiere füttern konnte. Ken liebte diese innigen Momente mit seinen Kindern, noch mehr würde er diese genießen, wenn die Mutter seiner Kinder ebenfalls hier wäre. Er bewunderte woher seine Frau die Kraft nahm sich um die Kinder zu kümmern, den Haushalt zu führen und ihm den Rücken frei hielt damit er seiner Arbeit nachgehen konnte. Nachdem die kleine Familie ihr Mittagessen verzerrt hatte gingen sie wieder nach Hause. Jetzt saß Ken auf ihrem gemeinsamen Ehebett und versuchte seine Frau zu wecken. Er wusste, dass er in Deckung gehen musste, es könnte passieren, dass seine temperamentvolle Ehefrau um sich schlug. Sie gehörte nämlich nicht zu den Menschen, die das Aufstehen liebten. Nach einer gefühlten Ewigkeit hatte Ken es geschafft. Miyako war aufgestanden und hatte sich für Hikaris Geburtstagsfeier fertig gemacht. „Wirst du heute mit Kari tanzen?“ „Die Entscheidung überlasse ich Kari. Ich möchte keinen Beziehungsstreit über den Zaun brechen. Ich weiß nicht, wie Takeru über Kari und mich als Tanzpaar denkt.“ „Ich denke, dass ist die richtige Entscheidung.“ Ken zog seine Frau in seine Arme und gab ihr einen Kuss. Diesen mussten sie lösen, als es an der Wohnungstür läutete. „Das wird der Babysitter sein.“ Nachdem Miyako das Gespräch mit dem Babysitter beendet hatte machten sich die beiden auf dem Weg zur Feier. Ken hielt Miyako sanft am Armgelenk zurück, als diese in den Probenraum von Yamatos Band betreten wollte. Sie drehte sich um und sah ihren Mann verwundert in die Augen. „Was ist los, Ken?“ „Ich wollte dir nur danken.“ „Wofür?“ „Das du mir diesen wunderbare Leben und unsere zwei Engel geschenkt hast.“ Sanft zog er sie in seine Arme und gab ihr einen innigen Kuss. Kapitel 41: Kleine Sticheleien erhalten die Freundschaft -------------------------------------------------------- „Wissen die anderen eigentlich schon von deinem neuen Job?“, fragte Takeru nach. „Nein, ich wollte Tai noch ein wenig ärgern. Hast du mit Matt darüber gesprochen?“ „Ich war der Meinung, dass du es ihm sagen solltest. Ich hatte nur angedeutet, dass sich bei dir etwas beruflich verändern würde.“ Hikari musste lächeln. „Das wird interessant.“ Sie stellte sich vor ihrem Freund und gab ihm einen sanften Kuss. „Lass uns zu den anderen gehen.“ Hikari nahm seine Hand. Als das Pärchen um die Ecke bog trafen die beiden auf Ken und Miyako. „Hey ihr Zwei! Warum geht ihr nicht rein?“, fragte Hikari während sie ihre beste Freundin in die Arme schloss und ihr einen kleinen Kuss auf die Wange gab. Die gleiche Begrüßung folgte auch zwischen Ken und der Braunhaarigen. Freundlich begrüßte das Ehepaar auch Takeru. Ken erklärte schnell die Situation: „Matt ist noch nicht da. Da es der Probenraum seiner Band ist hat er auch den Schlüssel.“ „Ich hoffe, er ist nicht mit Jean beschäftigt“, kam es trocken Takerus Freundin. „Was willst du damit sagen, Hika?“ „Das er versucht seine Spuren zu verwischen. Damit Ken keinen Verdacht schöpft“, provozierte sie ihren Freund. Verständnislos blickten blaue Augen in Bernsteinfarbene. „Was soll das schon wieder heißen? Ich dachte, dass wir den Sachverhalt schon längst geklärt hätten.“ „Das haben wir auch. Es ist nur untypisch für deinen Bruder, dass er zu spät kommt.“ „Du glaubst der Grund dafür ist Jean?“ „Kann sein“, grinste Hikari ihn herausfordernd an. Takeru stieg auf ihr Spiel ein. „Das werden wir bald erfahren. Vielleicht taucht Matt ohne Jean hier auf.“ „So blöd wäre dein Bruder nicht. Er weiß, dass Ken hier ist.“ „Was hat dein Tanzpartner damit zu tun?“ „Hallo?“ Hikari überging den Hilferuf ihres Tanzpartners. Ken stand verständnislos neben seiner Frau und deren bester Freundin. „Weißt du, wovon die beiden sprechen, Yolei?“ Miyako zuckte mit den Schultern. „Ich bin genauso schlau wie du.“ „Matt weiß, welchen Beruf Ken ausübt“, kam es von der Braunhaarigen. „Kari? Ich stehe neben euch“, empörte sich der Schwarzhaarige. Dabei fuchtelte er mit seinen Händen vor den Gesichtern von Hikari und Takeru. „Ich glaube du sprichst gegen eine Wand, Ken.“ Die Lilahaarige musste sich ein Lachen verkneifen. „Aha, und der wäre?“ Takeru hatte seine Arme vor seiner Brust verschränkt und sah seine Freundin herausfordernd an. „Ich bin Polizist“, rief der zweite Mann in der Runde dazwischen. Ken war sich nur nicht sicher, ob Takeru es auch verstanden hatte. Dieser war nämlich immer noch in einer hitzigen Diskussion mit seiner Freundin vertieft. Der Blonde musste schlucken, als er verstanden hatte, welchen Beruf der junge Mann ausübte. „Danke dir, Ken.“ Erstaunt sah Ken Hikaris Freund an, als er die Bestätigung hatte, das Takeru ihn verstanden hatte. „Glaubst du jetzt, das Matt nicht so blöd wäre ohne deinen Freund herzukommen?“, grinste Hikari Takeru an. „Hika, wenn an der ganzen Sache nur ein Fünkchen Wahrheit wäre, wäre ich nicht so dämlich und würde die zwei alleine lassen.“ Leicht genervt verdrehte er die Augen. Hikari erkannte den Ausdruck in seinem Gesicht und grinste frech als ihre Antwort kam: „Das glaube ich dir aufs Wort. Du würdest wahrscheinlich Schiedsrichter spielen.“ „Du Hexe.“ Jetzt war es an Takeru seine Freundin dreist an zu lächeln. Hörbar schnappte Hikari nach Luft. „Eingebild-“ „Ich dachte die Zeiten sind vorbei.“ Takeru sah seine Freundin mit einem breiten Grinsen an. „Takaishi, du bist so ein A-“ Ken verdrehte die Augen. Er kannte Hikari nur zu gut und wusste, wie der Schlagabtausch enden würde. Deshalb kam er Takeru zur Hilfe: „Warum sollte ich Matt in irgendeiner Weise verdächtigen, Kari?“ Hikari schluckte den Rest ihres Satzes herunter. Sie drehte sich ihrem Tanzpartner zu. „Er hat den großen Bruder raushängen lassen. Nur so viel: Tai und Matt stehen sich in nichts nach.“ „Wie bitte? Das kann ich mir bei Matt gar nicht vorstellen.“ Entsetzt schaute Miyako ihre Freundin an. „Matt ist halt auch nur ein großer Bruder, der für seine Geschwister da sein möchte. Er nutzt halt jede Gelegenheit Louisa zu schützen. Die beiden haben sich vor ihrem Urlaub hier zwei Jahre nicht gesehen. Ich muss zugeben, wäre ich an Matts Stelle gewesen ich hätte Jean auch eine verpassen können. Die Situation sah schon nach mehr als nur Freunde aus, wenn man Louisa und Jean nicht kennt.“ Mit diesen Worten nahm Takeru seinen Bruder in Schutz. „Wie können wir uns eigentlich mit Louisa und Jean unterhalten? Mein Schulfranzösisch reicht gerade mal für ‚Guten Tag‘ ‚Auf Wiedersehen‘, ‚Ja‘ und ‚Nein‘“, kam es nachdenklich von Miyako, damit lenkte sie geschickt von der Auseinandersetzung ab. „Dafür kannst du sehr gut Englisch, Yolei. Das versteht und spricht zumindest Louisa sehr gut“, kam es von Hikari. „Bei Jean trifft es auch zu“, warf Takeru in die Runde. „Hallo Leute“, wurden die vier aus ihrer Unterhaltung gerissen. Ein junger Mann mit roten Haaren trat auf die Gruppe zu. In seinen Händen hielt er eine Laptoptasche. Diese stellte vorsichtig neben der geschlossenen Eingangstür ab. Danach begrüßte er die kleine Gruppe persönlich. Bei Hikari angekommen zog er die junge Frau in seine Arme. Gratulierte ihr nachträglich zum Geburtstag, drückte ihr einen kleinen Umschlag in die Hand und platzierte einen kleinen freundschaftlichen Kuss auf ihre Wange. Takeru sah den Rothaarigen misstrauisch an. Dieser trug einen schwarzen Anzug, ein weißes Hemd und eine dunkelblaue Krawatte. Er sah aus, als würde er zu seinem Geschäftstermin gehen und nicht auf eine Geburtstagsfeier, dadurch wirkte er ein wenig steif und fehl am Platz. Sein Aussehen war dem Blonden herzlich egal. Er selber war froh, wenn er keinen Anzug tragen musste. Was Takeru störte war der innige Umgang zwischen seiner Freundin und dem – für ihn – fremden jungen Mann. „Dankeschön, Izzy. Ich möchte dir meinen Freund Takeru Takaishi vorstellen.“ Mit diesen Worten riss Hikari ihren Freund aus seinen Gedanken. „Keru, dies ist Koushiro Izzumi. Er ist ein langjähriger Freund von Matt und mir.“ „Hallo Takeru. Ich freue mich, dich kennenzulernen. Du kennst Matt?“ Takeru musste kurz auflachen. „Hey Koushiro. Die Freude ist ganz auf meiner Seite. Matt ist mein Bruder.“ „Das erklärt einiges.“ „Wie meinst du das, Koushiro?“ „Mir ist die Ähnlichkeit zu Matt aufgefallen. Du kannst mich ruhig Izzy nennen. So rufen mich alle“, kam es verlegen von dem Rothaarigen. „Das mache ich gerne, Izzy.“ Takeru schaute Koushiro, Miyako und Ken nach einander an. „Mich könnt ihr mit TK ansprechen.“ Die Gruppe hörte von weitem verschiedene Stimmen. Die immer dichter kamen: „Ich wusste es, Alter. Du kannst auch nicht anders handeln als ich. Großer Bruder bleibt-“ „Halt die Klappe du Trottel. Das war etwas vollkommen anderes.“ „Nein ist es nicht. Du wolltest deine Schwester schützen, so wie ich es bei Kari auch mache.“ „Es gibt einen Unterschied zwischen unseren Schwestern.“ „Welcher sollte das sein? Ich höre?“ „Meine Schwester ist minderjährig, unerfahren und naiv. Während deine eine erwachsene Frau ist, die mit beiden Beinen fest im Leben steht.“ „Spinnst du, Matt? Ich bin nicht naiv“, keifte Louisa ihren Bruder an. „Wow, dein japanisch wird immer besser, Schwesterchen.“ „Danke dir. Ich warte trotzdem auf eine Entschuldigung von dir“, diesmal sprach die Blondine in ihrer Muttersprache. Fragend zog Yamato eine Augenbraue hoch, als er seine Schwester ansah. Wütend stemmte Louisa ihre Hände auf ihre Hüften und polterte los: „Ich…bin… nicht…naiv. Verstanden? Wärst du Jean oder Takeru würden ein paar Beleidigungen folgen. Das lasse ich lieber. Da ich davon ausgehe, dass du mir genauso Paroli bietest wie Takeru.“ „Nein, das würde ich nicht machen.“ „Nicht?“ Sie hatte nicht mitbekommen, dass sie die wartende Gruppe erreicht hatten. Daher zuckte Louisa zusammen, als sie die Stimme ihres jüngeren Bruders hörte: „Nein Krümel, würde er nicht. Matt würde dich durch seine Blicke zum Schweigen bringen. Er ist nicht der große Redner.“ Takeru musste lachen. Er genoss es seine Geschwister so ungezwungen miteinander umgehen zu sehen. „Deine Schwester hat dich voll unter dem Pantoffel, Matt“, grinste Taichi seinen besten Freund an. „Mag sein. Du bist schlimmer dran. Du stehst unter dem Pantoffel deiner Schwester und deiner Frau“, konterte Yamato. „Ist doch gar nicht wahr.“ „Nein? Darf ich dich an den Tanzabend erinnern?“ „Ähm… das… das… Er hat sie geküsst.“ „Das habe ich getan, weil mein Herz schon damals für Kari geschlagen hat“, rechtfertigte sich Takeru. „Trotzdem bist du ihr Boss.“ Hikari und Takeru verdrehten die Augen. „Dieses Argument zählt nicht mehr. Da ich nicht mehr als einfache Fotografin für die ‚Ishida Group‘ arbeite.“ „Ich wusste es. Kaum bist du mit deinem Chef zusammen, lässt er dich feuern.“ „Das stimmt nicht.“ „Wieso arbeitest du nicht mehr für Matts Vater?“ „Das hat keiner gesagt.“ „Doch, du!“ „Oh Mann, bist du wirklich Diplomat, Bruderherz?“ „Kari, was willst du mir damit sagen?“ „Das du besser zu hören solltest. Ich sagte: ‚Ich arbeite nicht mehr als einfache Fotografin‘. Mir wurde eine neue Arbeitsstelle innerhalb der Redaktion angeboten. Ich habe diese angenommen.“ Yamato erinnerte sich an das Telefonat mit seinem Bruder an Hikaris Geburtstag. Er drehte sich seinem Bruder zu: „War das die Veränderung, von der du erzählt hast?“ Takeru sah seinem Bruder in die Augen. „Stimmt. Durch Karis neue Stelle bin ich nicht mehr ihr Vorgesetzter. Wir haben beide nur einen direkten Chef und das-“ „Unser Vater?“ Wieder nickte der jüngere Blonde. „Als was arbeitest du jetzt?“, fragte Yamato Hikari direkt. „Ich bin die neue Cheffotografin“, kam es schüchtern von der Braunhaarigen. „Du bist was?“ Erstaunt sah Taichi auf seine Schwester. Er wusste, dass sie sehr gut in ihrem Beruf war, aber so gut, war ihm neu. Immerhin arbeitete sie noch nicht lange für den Verlag von Yamatos und Takerus Vater. „Weiß Vater, dass ihr ein Paar seid?“ „Nicht offiziell.“ Yamato zog wieder seine Augenbraue fragend nach oben. Abwartend sah er von seinem Bruder zu dessen Freundin. „Er weiß, dass Takeru eine Freundin hat, aber nicht wen. Wir haben beschlossen unsere Beziehung und unsere Arbeit zu trennen. Daher werden wir nicht aktiv in der Firma sagen, dass wir zusammen sind. Zumal die wildesten Gerüchte im Umlauf sind. Die besagen, dass Takeru mit einer Blondine liiert ist. Mir wird eine Affäre nachgesagt.“ Yamato tippte mit seinen Fuß auf und ab. Taichi sah seine Schwester entsetzt an. „Kari, das ist nicht dein Ernst.“ Während Louisa ihren jüngeren Bruder anfing zu beschimpfen: „Sag mal, setzt es bei dir aus Großer? Hast du vergessen, wie du gelitten hast, als die Sache mit Chloé war? Du bist kein Deut besser-“ „Louisa, es reicht. Du weißt, dass ich so etwas, was Chloé mir angetan hat, nicht machen würde. Glaubst du wirklich, das Kari neben mir stehen würde, wenn es so wäre? Außerdem müsste ich dir den Laufpass geben, wenn die Sache wahr wäre.“ „Wieso müsstest du mir den Laufpass geben?“, fragte die quirlige Blondine nach. „Das würde ich auch gerne wissen, Brüderchen.“ „Takeru wird eine Affäre mit Louisa nachgesagt“, brachte Hikari unter einen kleinen Lachanfall hervor. „Was?“, kam es entsetzt von Takerus Geschwistern. Kurz erklärten die die beiden, was die Gerüchteküche im Verlag so hergab. Nachdem alle sich von ihrem Lachanfall erholt hatten brannte Taichi eine andere Frage auf der Seele: „Takeru wird eine Affäre mit seiner Schwester nachgesagt. Mit wem bist du, laut den Gerüchten, zusammen?“, abwartend sah er seine Schwester an. Diese blickte unsicher zu Miyako und Ken. Ihre beste Freundin bekam den unsicheren Blick von Hikari mit. „Nicht schon wieder!“, stöhnte Kens Frau auf. „Nur weil ihr miteinander tanzt heißt das nicht, dass ihr auch gemeinsam in die Kiste springt. Obwohl ich zugeben muss, dass eure Rumba echt heißt ist.“ „Yolei, dass stimmt doch gar nicht.“ „O doch Süße, du kannst mir glauben. Eure Rumba ist heiß.“ „Ich stimme Yolei zu“, kam es leise von Koushiro. Um seine Aussage noch mehr Glaubwürdigkeit zu geben stimmten auch Taichi und Yamato zu. „Wie bitte? Es ist ein Tanz, mehr nicht“, empörte sich Hikari. „Ich gebe Kari recht“, kam es von Ken. „Es ist einfach zu süß, wie du dich aufregst, Hika.“ „Hast du schon mal einen Rumba der beiden gesehen, TK“, stichelte Yamato. „Ja, ich war beim Training der beiden anwesend. Ihr habt recht, Kari und Ken verstehen es diesen Tanz in Szene zu setzen.“ „Izzy wird bestimmt einen Rumba von Kari und Ken auf seinem Laptop haben. Da können unsere beiden Tänzer ja sehen, wie eng sie miteinander tanzen“, kam der Vorschlag von Sora. „Jetzt lasst uns alle reingehen und endlich feiern.“ Kapitel 42: Wir tanzen Hand in Hand ----------------------------------- Skeptisch sah Hikari Koushiro zu, wie er verschiedene Kabel an seinen Laptop anschloss. „Izzy, was soll das werden?“ „Was meinst du Kari? Ich bin, wie immer, für die Musik zuständig.“ „Das habe ich mir schon gedacht, aber sonst veranstaltest du nicht solch ein Kabelsalat. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich meinen, dass du irgendeine Präsentation vorbereitest.“ „Ich… Ähm… Wie kommst du darauf?“ „Ich kenne dich. Du lässt dich gerne für solche Aktionen einspannen. Hauptsache, du kannst dich hinter deinen Laptop verstecken.“ Erstaunt sah der Rothaarige die Jüngere an. Es wunderte ihn, wie gut sie die Menschen in ihrem Umfeld einschätzen konnte. Sicher, sie kannten sich schon sehr lange, aber ihre Freundschaft war eher ein sehr lockerer Umgang miteinander. Eigentlich trafen sie sich nur, wenn irgendwelche Feierlichkeiten anstanden, oder Hikari Hilfe bei ihren technischen Geräten brauchte. „Kari, du weißt-“ „Ich warne dich Izzy, wenn irgendwelche peinlichen Kinderfotos oder Videos auftauchen bist du fällig“, zischte Hikari ihn an. Danach suchte sie Takeru. „Ich bin ein toter Mann“, murmelte Koushiro vor sich hin, als er seinen Laptop startete. „Wieso habe ich mich dazu breitschlagen lassen?“ In einer hinteren Ecke des Probenraumes standen Yamato und Taichi und unterhielten sich: „Lass dass mal meine Sorge sein, Matt. Ich werde ihm eine kleine Lektion erteilen.“ Alarmierend sah Yamato seinen besten Freund an. „Was hast du vor, Tai?“ „Ich möchte Spaß haben. Das ist alles.“ „Das letzte Mal, als du ‚Spaß‘ haben wolltest, hast du auf meiner Couch geschlafen. Ich möchte nicht, dass sich das Dilemma wiederholt.“ „Wird es nicht.“ Mit diesen Worten verschwand Taichi Richtung Büfett. Yamato sah den Braunhaarigen hinterher. „Diesmal schläft er auf dem Balkon“, fluchte der Sänger vor sich her. Takeru hatte die Person gefunden, mit der er sich unterhalten wollte. Immerhin hatte er seiner Freundin versprochen, sich mit ihr zu unterhalten. Verwundert sah er, wie Miyako auf ihn zukam. „Hallo TK“, begrüßte die junge Frau ihn. „Hey Miy-“ „Du kannst mich ruhig Yolei nennen. Ich glaube, dass wir uns in Zukunft öfters sehen. Alleine schon beim Training von Kari und Ken.“ Takeru musste lachen. „Da wirst du wohl Recht haben, Yolei.“ Nachdenklich musterte die Lilahaarige den jungen Mann. „Wie ernst ist es dir mit Kari?“, schoss es aus ihr heraus. Innerlich verdrehte der Blonde die Augen. ‘Als wenn unsere Brüder nicht reichen würden. Nein, jetzt fängt auch noch ihre beste Freundin an.‘ „Ich will den Rest meines Lebens mit ihr verbringen. Reicht das als Antwort?“ Miyako schmunzelte. „Das war die beste Antwort, die du geben konntest.“ Sie beobachtete den jungen Mann vor sich. Er trat verlegen von einen Fuß auf den anderen. „Was liegt dir auf dem Herzen?“ „Ich… wie… Ich will nicht als…“ „Aus deinem Gestammel werde ich nicht schlau. Daher rate ich mal: Du möchtest wissen, wie ich über Kari und meinen Mann als Tanzpaar denke?“ Ein wenig überrascht schaute er die junge Frau vor sich an. „Ich stand in meinem Leben an genau denselben Punkt wie du jetzt. Was weißt du über die beiden als Tanzpaar?“ Kurz erzählte Takeru was er über die Tanzkarriere seiner Freundin wusste. „Du willst sicher wissen, was ich empfinde, wenn ich Kari und Ken miteinander tanzen sehe?“ Sie sah wie er nickte. „Wie fühlst du dich dabei, Kari in seinen Armen zu sehen?“ „Ich muss zugeben, dass es mir am Anfang überhaupt nicht gepasst hat. Bis ich Kari und Ken auf dem Tanzabend das erste Mal miteinander tanzen gesehen habe. Es ist, als wenn eine andere Frau auf der Tanzfläche steht. Sie hat ihre Schüchternheit komplett abgelegt. Sie ist so grazil, selbstbewusst und stolz. Es ist als ob sich zwei Teile eines Puzzles zusammensetzen und perfekt zusammen passen.“ Die junge Frau musste wieder lächeln. „Du hast es auf den Punkt gebracht TK. Die beiden sind das perfekte Tanzpaar. Du hast es wesentlich schneller erkannt, als ich damals.“ „Wie meinst du das?“ Miyako sah kurz zur Seite, bevor sie antwortete: „Ich hätte damals mit meiner Eifersucht beinahe die zwei wichtigsten Menschen in meinem Leben verloren.“ Sie machte eine kurze Pause. Als sie den nachdenklichen Blick von Takeru sah sprach sie weiter: „Für mich war es damals keine leichte Zeit. Ursprünglich wollte ich professionelle Tänzerin werden. Durch einen Unfall musste ich diesen Traum begraben. Wie Kari dir schon erzählt hat, war Ken mein Tanzpartner. Als ich gesehen habe, wie die beiden auf der Tanzfläche harmonieren hatte ich das Gefühl, dass ich zwei meiner besten Freunde verloren hatte. Ich war eifersüchtig auf Kari. Sie war schon damals eine einzigartige Tänzerin. Das Kari Ken als Tanzpartner bekommen hatte ließ mich in ein tiefes Loch fallen. Sie hatte alles, was ich immer wollte. Sie konnte tanzen und das schlimmste für mich war, dass sie dies mit Ken machen konnte. Wie du selber schon gesehen hast, könnte man auf die Idee kommen, dass die beiden ein Paar sind, wenn man sie beim Tanzen beobachtet. Als ich gemerkt hatte, dass ich mich in Ken verliebt hatte, ist bei mir eine Sicherung durchgebrannt. Kari und ich haben eine Zeit lang kein Wort mehr miteinander gewechselt. Irgendwann ist Ken der Kragen geplatzt und hat verlangt, dass wir drei uns aussprechen. Heute genieße ich es einfach den beiden beim Tanzen zuzuschauen. Ich bin stolz auf meine beste Freundin und meinen Mann und auf das was sie gemeinsam erreicht haben.“ „Das habe ich nicht erwartet.“ „Das glaube ich dir. Kari hat sich schon etwas dabei gedacht, dass wir uns unterhalten sollen.“ „Sie hat dich gebeten mit mir zu reden?“ „Nein, das hat sie nicht. Ich kenne meine beste Freundin. Ich kann mir denken, dass sie dir den Rat gegeben hat, mit mir zu reden.“ Die Stimme von Sora unterbrach das Gespräch von Takeru und Miyako. „So meine Lieben, da wir fast vollständig sind, es fehlen nur noch die üblichen Verdächtigen. Obwohl diese Aussage nicht ganz richtig ist. Immerhin hat Tai es geschafft pünktlich zu sein.“ Die Rothaarige grinste ihren besten Freund frech an. „Echt freundlich von dir, Sora“, rief Taichi genervt in die Runde. „Ein riesen Dank an Mimi“, rief Yamato dazwischen. „Ishida, du bist ein Trottel.“ Bevor es zu einem Schlagabtausch zwischen Yamato und Taichi kam mischte sich Mimi ein: „Gerne geschehen. Kari, siehe es als zusätzliches Geburtstagsgeschenk von deinem Bruder an.“ „Herzlichen Dank Brüderchen. Mimi an dich ein viel größeres Dankeschön, da ich weiß, dass es dein Verdienst ist.“ Hikaris Stimme klang belustigt. „Damit hätten wir diese Sache auch geklärt. Eigentlich wollte ich sagen, dass Joe zu einem Notfall gerufen wurde. Er würde sich lieber mit uns amüsieren, als seinen OP-Kittel zu tragen. Leider war ihn dieses Glück nicht vergönnt. Falls ihr Cody sucht, er steht im Stau. Er schätzt, dass er in einer dreiviertel Stunde hier ist. Tja und Davis – ohne Worte. Ihr kennt ihn ja. Izzy hat mir gerade mitgeteilt, dass er mit der Überraschung für Kari fertig geworden ist. Ihr möchtet euch alle bitte hinsetzten, damit Izzy euch auf eine Reise durch Karis Leben mitnehmen kann. Kari? Ich soll dir von unserem Computergenie ausrichten, dass du ihn am Leben lassen sollst. Falls du jemanden einen Kopf kürzer machen möchtest, sollst du dich bitte an deinen Bruder wenden.“ „Ich warne euch zwei, wehe es wird peinlich“, meckerte die Hauptperson des heutigen Tages rum. „Hika, beruhige dich. Dein Bruder würde dich bestimmt nicht blamieren.“ Hikari sah in die Augen ihres Freundes. „Du hast keine Ahnung. Meine Paris Versprecher reibt er mir immer noch unter die Nase“, schnaubte sie wütend aus. Takeru musste sich ein Lachen verkneifen. „So lange es nur ein Versprecher war. Kann er den französisch sprechen, um sich darüber lustig zu machen?“ „Nein, das kann er nicht.“ „Dann sollte er dich einfach in Ruhe lassen.“ Er nahm sie in seine Arme und gab ihr einen Kuss. Das Pärchen hatte nicht bemerkt, dass Louisa und Jean sich neben sie gestellt hatte. Erst als Louisa erfreut aufschrie: „Ach wie süß, bist du das mit Matt, Kari?“ Verwundert sah Hikari auf die Schwester von Takeru und dann zur Leinwand. Sie musste lächeln, als sie das Bild sah. Sie hatte ihre Cheerleader Uniform an und hatte ein Pom-Pom genau vor Yamatos Gesicht gehalten. Der Blonde hatte einen Arm um die Braunhaarige gelegt. „Ja, das war am Tag von dem Fußballendspiel meines Bruders. Matt und er waren in der Oberstufe. Das Spiel war an Matts Geburtstag. Das Foto ist entstanden, als ich ihm gratuliert hatte.“ „Du warst auch Cheerleaderin?“, kam es erstaunt von Takeru. „Siehst du doch. Das war zu der Zeit, als Yolei und ich kein Wort miteinander gesprochen hatten. Ich wollte meine Tanzschuhe an den Nagel hängen. Das Tanzen an sich wollte ich aber nicht aufgeben. Deshalb kam Mimi auf die Idee, dass ich in ihr Team einsteigen sollte. Ich war nur ein halbes Jahr Cheerleader. Ich hatte schnell gemerkt, dass das nichts für mich ist.“ Sie kuschelte sich in die Umarmung ihres Freundes. Beide blickten gespannt auf die Leinwand, auf der Hikaris Leben in verschieden Bildern und Videos abgespielt wurde. Das letzte Tanzvideo ließ den Blonden verkrampft aufatmen. Verwundert sah sie Takeru in die Augen. „Was ist los?“ „Ken und du habt zu diesen Lied getanzt? Es sieht so echt aus, man könnte denken, dass ihr zu der Zeit ein Paar wart.“ „Keru, wie oft noch-“ „Entschuldigung, so war das nicht gemeint.“ Louisa hatte das Gespräch mitangehört. Sie konnte sich denken, warum ihr Bruder so emotional auf das Gesehene reagierte. Daher wusste die Blondine auch, dass er nicht sagen würde, was ihn beschäftigte. Daher beschloss sie zu antworten: „Dieses Lied hat ihn während er mit Chloé zusammen war immer begleitet.“ Takeru hatte sich aus der innigen Umarmung seiner Freudin gelöst und sich seiner Schwester zugewandt. „Das ist es nicht, Louisa. Ich bewundere nur, wie sehr sich Kari und Ken vertrauen und was sie mit einem Tanz ausdrücken können. Das ist alles.“ Der Blonde drehte sich zu Hikari. „Was ist das für ein Tanz und wann habt ihr den getanzt?“ „Das ist wahrscheinlich die Rumba, von der Yolei vorhin gesprochen hat. Das war unser Siegertanz letztes Jahr bei der Meisterschaft.“ Die sanfte Melodie des ersten Liedes erreichte das Bewusstsein von Takeru. Dieses Lied war zur Zeit eines seiner Lieblingslieder. Kurz musste er schmunzeln, als es sich einige Zeilen des Liedes übersetze: ‘Wir halten unsere Liebe in einem Bild fest. Ist es Schicksal oder Zufall, das Hika Fotografin ist? Langsam ging Takeru auf Hikari zu, als er sie erreicht hatte reichte er ihr seine Hand. „Darf ich dich zum Tanz auffordern, Sonnenschein?“ Hikari sah ihn verliebt in die Augen und reichte ihm seine Hand. „Sehr gerne, mon coeur.“ Beide ließen sich von der Melodie treiben. Sie tanzten, was sie fühlten. Es war so einfach, da das Lied beiden aus der Seele sprach. Sie dachten nicht über die Schritte nach, die sie tanzten, beide blendeten ihr Umfeld aus. Es gab nur sie beide und dieser Tanz. Er konnte den Blick nicht von ihr abwenden. Sie sah ihn verliebt an. Kurze Zeit später hatte sie ihre Augen geschlossen und genoss es, mit ihm zu tanzen. Seine Hände auf ihrem Körper zu spüren. Egal, wo er sie berührte und wenn es auch nur die Handfläche war, hinterließ das Gefühl, das ihr Körper in Flammen stand. So intensiv spürte sie seine Brührungen. Takeru erging es nicht anders, dass sah sie in seinen Augen. Beide hatten das Gefühl, das ihre Herzen im gleichen Takt schlugen. Das aus zwei Seelen eine wurde. Takeru führte seine Freundin und obwohl Hikari merkte, dass er kleine Schrittfehler machte ließ sie sich nicht beirren und folgte ihm. Sie verzieh ihm auch, dass er einige Führungsfehler macht, da ihr Körper automatisch wusste, welche Figur er mit ihr tanzen wollte. Hikari verzichtete auf eine professionelle Tanzhaltung, dies machte sie nicht bewusst. Sie wollte Takeru so nahe wie möglich sein. Dies war bei einer Haltung der Profi- und Amateurtänzer nicht möglich, da es immer einen gewissen Abstand zum Partner gab. Ihre Handwechsel wurden anspruchsvoller und der Tanzabstand zum Partner immer geringer, je länger das Lied lief. Stolz hob er sie, bei einer bestimmten Textzeile, hoch. War sie doch sein zu Hause geworden. Immer wieder kamen sich ihre Gesichter so nahe, dass es so aussah, als würden sie sich küssen. Takeru unternahm auch einen Versuch, dies zu tun. Kurz bevor sich ihre Lippen berühren konnten über legte er es sich noch einmal anderes. Er sah in ihrem Gesicht, das er mit dem Kuss bis zum Schluss des Liedes warten sollte. Beide merkten nicht, dass sie die einzigen waren, die tanzten. Sie waren in ihrer eigenen kleinen Welt gefangen Alle anderen schauten sie bewundert an. Selbst Ken und Miyako, die mit ihren geübten Augen die kleinen Fehler sahen, musterten das Pärchen anerkennend. „Man spürt richtig, wie sehr sich die beiden lieben“, stellte Miyako fest. „Da hast du Recht. Kari bewegt sich auch ganz anders, als wenn ich mit ihr tanze“, erwiderte ihr Mann. Takeru führte sie in die letzte Drehung ihres Tanzes. Als die sanften Töne das Ende des Liedes ankündigten sah er ihr tief in die Augen und zog sie an sich. Beide versanken in einen zärtlichen Kuss. Kapitel 43: Einfach nur Spaß haben ---------------------------------- Daisuke ging mit gemischten Gefühlen auf die Tür von dem Proberaum zu. Auf der einen Seite freute er sich seine Freude wieder zu sehen. Auf der anderen Seite tat es ihm im Herzen weh, sie wieder zu sehen. Bisher hatte er es erfolgreich geschafft ihr aus dem Weg zu gehen und versucht sein Leben wieder in geordnete Bahnen zu lenken. Doch an diesem Tag konnte und wollte er ihr nicht aus dem Weg gehen. Seine Freunde würden sicher damit rechnen, dass er heillos zu spät kommen würde. Teilte er doch den gleichen Ruf, wie Taichi, die Uhr nicht lesen zu können. Früher hatte sie dafür gesorgt, dass er nicht zu spät kam. Als Geschäftsmann hatte er es gelernt pünktlich zu einem Termin zu erscheinen. An diesem Tag wollte er einfach nicht auf die Uhr achten. Er wollte sich noch ein wenig Zeit für sich und seine Gedanken nehmen. Daisuke trödelte mit Absicht. So wollte er die erste Begegnung seit neun Monaten bewusst nach hinten schieben. Er zweifelte daran, dass er der Situation gewachsen war. Er merkte immer noch einen kleinen Stich in seinem Herzen, wenn er an sie dachte. Gleichzeitig wusste er, dass sie beide damals die richtige Entscheidung getroffen hatten. Er bereute die gemeinsame Zeit nicht. Er verfluchte das Schicksal - bis vorkurzem - nicht der Richtige für sie zu sein. Der junge Mann fragte sich ob sie sich verändert hatte. Ob sie immer noch dieses bezaubernde Lächeln hatte. Ob sie immer noch mit ihrer puren Anwesenheit einen Raum mit ihrem Licht, dass sie stets in ihrem Herzen trug, zum erleuchten brachte. Die Frage, die ihm auf der Seele brannte, verbannte er schnell wieder aus seinem Hirn. Daran wollte er jetzt nicht denken. Unsicher griff er nach der Türklinke, im letzten Moment zog er seine Finger wieder weg, Daisuke fasste in seine Hosentasche und fühlte eine kleine quadratische Schachtel. Nervös zog er diese heraus und zündete sich seine Zigarette an. Früher hatte er ihr zu liebe dieses Laster aufgegeben, als sich ihre Wege trennten fing er wieder an. So wollte er seine Nerven beruhigen, einen kurzen Moment den Alltagstrott vergessen. Als er den Glimmstängel aus gedrückt hatte schob er sich einen Kaugummi in den Mund. Danach atmete er ein letztes Mal tief durch und öffnete die Tür. Wie sollte es anders sein, fühlte er sofort ihre Präsenz. Daisuke brauchte auch nicht lange zu suchen. Seine Augen gingen automatisch zu Tanzfläche. Sie liebte Musik und konnte sich geschmeidig wie eine Elfe zu allen Melodien bewegen. Sie schwebte über das Parkett und manchmal sah es so aus, als würden ihre Füße nicht einmal den Boden berühren. Daisuke rechnete damit sie mit Ken auf der Tanzfläche zu sehen. Doch was er sah ließ ihn den Atem rauben und er fühlte wie er, für eine kurze Zeit, in ein bodenloses Loch fiel. Sie sah so wunderschön aus. Die Haare waren wesentlich länger, als bei ihrer letzten Begegnung. Ihre Ausstrahlung war noch präsenter, als er es gewohnt war. Er sah ihr an, dass sie nicht nur glücklich sondern mit sich im Reinen und rundum ein erfülltes seliges Leben führte. Dieser Umstand hing wohl mit dem blonden Mann zusammen, mit dem sie einen Blues tanzte. Daisuke hatte noch ganz genau Hikaris Erklärung über diesen Tanz in seinem Gedächtnis: ‘Der Blues zeigt die Vielfalt der Gefühlswelt. Je nachdem was die Tänzer fühlen – egal ob zum Beispiel Wut, Trauer, Freude oder Liebe - können sie tanzen.‘ Damals konnte er es nicht verstehen. Er versuchte es mit seinem Sport – dem Fußball – zu vergleichen. Es gelang ihm nicht. Wollte er seinen Frust abbauen, schoss er den Fußball Richtung Tor. War er wütend, oder glücklich, schoss er den Fußball genauso. Das einzige was sich geändert hatte, war die Kraft, mit der er das Leder abspielte. Was der Mann mit der Stachelfrisur aber auf der Tanzfläche sah, war die Liebe pur. Daisuke hatte zwar keine Ahnung vom Tanz. Gelinde gesagt konnte er einen Walzer nicht von einem Jive unterscheiden. Trotzdem sah er, dass seine Hikari einen neuen Partner an ihrer Seite hatte. Dieser Gedanken, den er ganz weit von sich geschoben hatte, da dieser immer noch minimal schmerzte, traf ihn trotzdem mit voller Wucht. Er sah, wie sie den blonden jungen Mann ansah. Dieser Blick hatte ihm zwei Jahre gehört. Er bemerkte, wie sie die Augen schloss und ihrem Tanzpartner folgte, ohne eine Unsicherheit zu zeigen. Etwas, was sie nie gemacht hatte, wenn er mit ihr getanzt hatte. Das hing vor allem mit seinem nicht vorhandenen Tanztalent zusammen. Bei jedem Tanz, den sie gemeinsam teilten, war er mindestens einmal auf ihre zarten Füße getreten. Daisuke bemerkte, dass Hikaris Tanzweise - mit dem Blonden - sich enorm von der mit Ken unterschied. Dies was er sah, war intimer, intensiver und voller Liebe. Als das Lied endete bekam er die Bestätigung seiner Vermutung. Hikaris Tanzpartner sah ihr noch intensiver, als beim Tanz, in ihre wunderschönen Augen und senkte langsam seine Lippen auf ihre. Mit einem weinenden und einem lachendem Auge sah er seine ehemalige Freundin an. Wünschte ihr von tiefsten Herzen, das sie glücklich werden sollte und an ihrer Haltung, den Umgang mit dem jungen Mann und ihren strahlenden Blick wusste er, dass sie genau das war. Daisuke fühlte sich erleichtert, dass er Hikari gegenüber kein schlechtes Gewissen haben musste. Sie hatte es, genauso wie er, geschafft ihr Leben neu zu ordnen und mit der Vergangenheit abgeschlossen. Kurz überlegte er sich einfach umzudrehen und wieder nach Hause zu gehen. Doch er hatte die Rechnung ohne seinen Rothaarigen Freund gemacht. „Davis, schön, dass du es endlich geschafft hast hier aufzutauchen.“ Takeru genoss den zärtlichen Kuss mit seiner Freundin. Irritiert merkte er, wie Hikari erschrocken zusammen zuckte und sich anspannte. ‘Verdammt, ich hätte nicht gedacht, dass er es noch schaffen würde vorbei zukommen. Sein Timing ist wie immer unter aller Sau. Hoffentlich wird es nicht das gleiche Fiasko wie mit Chloé.‘ „Was hast du, Hika?“ „Du wirst gleich meine Vergangenheit kennenlernen. Siehst du den Mann, der bei Izzy steht?“, fragte sie unsicher nach. Takeru bemerkte die Unsicherheit und das Unbehagen seiner Freundin. Der Blonde war sich mehr als sicher, dass die Auflösung ihres Verhaltens ihn stören würde. Kurz blickte er zu Koushiro und dem Mann mit der Stachelfrisur. Er drehte sich seiner Freundin wieder zu und sah sie fassungslos an. „Deine Vergangenheit? Du willst mir jetzt nicht sagen, dass dieser Mann dein -“ Hikari sah verlegen zu Seite. Schließlich fand sie ihr Selbstvertrauen wieder. „Doch, ich war mit ihm zwei Jahre zusammen. Ich habe dir von diesem Teil meines Lebens erzählt. Wir sind immer noch Freunde, auch wenn der Kontakt in den letzten dreiviertel Jahr eingeschlafen war.“ Takeru sah in ihr Gesicht. Er sah ihr an, dass ihr seine Reaktion nicht gepasst hatte. Hikari ging auf ihn zu und nahm zärtlich seine Hände in ihre. Seine rechte Hand führte sie an ihre Wange. Er sah in ihren Augen die Antwort auf seine stumme Frage und schon hörte er zur Bestätigung ihre Stimme: „Ich liebe dich, Keru. Dich alleine. Du musst keine Angst haben.“ Hikari stellte sich auf ihre Zehenspitzen und legte ihre Arme um seinen Nacken. Sanft legte sie ihre Lippen auf seine. Als ihre Lippen auf seine trafen musste Takeru unweigerlich an ihren ersten Kuss denken. Dieser war genauso sanft und gefühlvoll nur ihre Unsicherheit abgewiesen zu werden hatte sich in Sicherheit verwandelt. Die Sicherheit, dass Beide wussten wer an die jeweilige Seite des anderen gehörte. Hikari und Takeru wurden durch ein schüchternes Räuspern darauf aufmerksam gemacht, dass Jemand mit ihnen sprechen wollte. Natürlich hatte die Braunhaarige sofort erkannt, wer etwas von ihr wollte. Langsam löste sie sich von ihrem Freund und wand sich Daisuke zu. Stumm blickten ihre bernsteinfarbenen Augen in seine Braunen. Verändert hatte er sich nicht großartig. Als Hikari merkte, wie Takeru ihre Hand in seine nahm, hatte sie genug Kraft sich der Situation zu stellen. „Hallo Davis, schön dass du doch noch gekommen bist.“ Freundschaftlich lächelte sie ihn an und reichte ihm ihre freie Hand. Daisuke ergriff diese. „Hey Kari. Du weißt, die Uhr und ich sind keine guten Freunde. Ich konnte mir aber nicht entgehen lassen dir persönlich alles Gute für das neue Lebensjahr zu wünschen.“ Er reichte ihr ein kleines Geschenk. „Danke dir. Ich möchte dir noch meinen Freund, Takeru Takaishi vorstellen.“ Der Braunhaarige drehte sich den Blonden zu und stellte sich selber vor. Danach reichte er Hikaris Freund seine Hand. Ohne zu zögern nahm er diese an. Danach unterhielten sie die Drei. Gebannt hatten Yamato, Sora und Mimi die Szene zwischen den Dreien beobachtet. „Ex trifft auf neuen Partner. Hatten wir das nicht vor kurzem?“, fragte Mimi nach. „Ja“, kam es kurz angebunden von Yamato. „Hoffentlich folgt jetzt nicht ein Drama.“ Sora sah angespannt zum Dreiergespann. „Nein.“ „Du bist heute echt gesprächig, Matt“, erklang Mimis Stimme. „Was denn? Kari und TK wissen, dass sie sich lieben. Das haben sie eben mit ihrem Tanz eindrucksvoll bewiesen. Kari und Davis wissen, dass sie nur Freunde sind. Außerdem habe ich ihn vorgestern in weiblicher Begleitung gesehen“, erklärte der Sänger seine Meinung. „Das heißt nichts.“ Yamato musste lächeln, als er antwortete: „Davis hat die Frau geküsst, Mimi.“ „Oh.“ „Wo ist eigentlich mein Mann?“ Suchend sah Mimi sich im Raum um. Sie sah ihn bei den Getränken. Er nahm ein Glas mit einer dunkeln Flüssigkeit und drückte diese Jean in die Hand. Kurz sprachen die Beiden miteinander. Danach ging der Diplomat schnellen Schrittes auf seine Frau zu. Er zog sie in seine Arme und gab ihr einen Kuss. „Was hast du mit Jean besprochen?“ „Ich habe ihm eine Cola gebracht. Das ist alles.“ „Ich hoffe es für dich.“ Ihr skeptischer Blick blieb ihm nicht verborgen. Trotzdem hielt er es besser nichts zu sagen. Jean drückte Louisa sein Cola Glas in die Hände. „Kannst du das bitte halten? Ich muss mal auf die Toilette.“ „Klar, kein Problem.“ Louisa nahm sein Glas und stellte es neben ihrem Glas auf den Tisch. Sie spürte, jemand hinter sie stellte. Kurze Zeit später wurde sie auch schon angesprochen. „Sind Sie eine Freundin von Kari?“ Unsicher drehte sich die Blondine zu ihrem Gesprächspartner um und sah in braune Augen. Kurz überlegte sie was und vor allem in welcher Sprache sie antworten sollte. Hilfesuchend sah sie sich nach ihren Brüdern um. Yamato konnte sie nicht sehen und Takeru tanzte gerade mit Hikari. Missmutig grummelte sie etwas vor sich her. Louisa nahm sich ihr Cola Glas und trank einen Schluck. „Ja, das bin ich“, kam es leise über ihre Lippen. „Warum kenne ich sie dann nicht?“ „Ich wohne in Paris.“ „Ich wusste gar nicht, dass Kari Freunde in Paris hat.“ „Erst seit kurzem." Zufällig hatte Ken mit angesehen, wie Taichi Jean ein Getränk reichte. Er machte sich darüber keine Gedanken, bis er sah, dass Louisa genau aus diesem Glas trank. Alarmierend sah er sich im Raum um. Er musste nicht lange suchen, da er sie auf der Tanzfläche mit Takeru vermutete. Als er sie gefunden hatte ging er auf sie zu. „Kari, ich möchte euch nicht stören. Es ist wichtig.“ Verwundert sah Hikari ihren Tanzpartner an. „Was ist los Ken?“ „Ich möchte keinen in die Pfanne hauen und jeder soll heute seinen Spaß haben, aber wenn du nicht möchtest, dass ich gleich meiner Arbeit nachgehe hörst du mir zu.“ „Jetzt erzähle endlich was dir auf der Seele liegt.“ „Takerus Schwester wird gleich ein riesen Problem mit mir haben, wenn sie nicht sofort aufhört Alkohol zu trinken“, setzte Ken zu einer Erklärung an. „Wie bitte? Das kann ich mir nicht vorstellen. Genau deswegen hatten Louisa und ich schon einmal eine heftige Auseinandersetzung“, kam es wütend von Takeru. Kurz danach hörte man seine sehr laute Stimme, die nach seiner Schwester rief. Louisa zuckte erschrocken zusammen, als sie den Ruf von ihrem jüngeren Bruder hörte. Als sie sah, dass er sie wütend ansah fragte sie sich, was sie falsch gemacht hatte. „Was ist los, Großer?“ „Genau dieselbe Frage wollte ich dir auch stellen. Wie kannst du es wagen-“ „Jetzt halt mal die Luft an Takeru“, kam es wütend von ihr. „Kannst du mir bitte erklären, warum du mich so angiftest?“ „Das fragst du mich nicht im Ernst. Du verstößt gerade gegen das Gesetz und das vor den Augen eines Polizisten. Ist dir das bewusst?“ Takeru deutete auf ihr Glas. „Du trinkst gerade Alkohol.“ „Seit wann gehört Cola zum Alkohol?“, kam es irritiert von der Blondine. „Louisa, verkaufe mich nicht für blöd. Nicht nur du bekommst Ärger, sondern ich genauso. Ich habe dich einmal in Schutz genommen, ein zweites Mal werde ich es nicht tun. Wie soll ich unseren Eltern erklären-“ Takeru merkte wie sich eine Hand auf seine Schultern legte. Er musste sich nicht umdrehen um zu wissen, dass diese zu Hikari gehörte. „Keru, kann ich dich kurz sprechen?“ Hörte er ihre Stimme. „Kann das nicht warten, Hika?“ „Nein, da du deiner Schwester höchstwahrscheinlich unrecht tust. Höre Ken zu, was er zu sagen hat, bitte.“ Yamato war auf den Streit seiner Geschwister aufmerksam geworden. Verwundert sah er sich die beiden an. Das hitzige Temperament hatten seine Schwester und sein Bruder eindeutig von ihrer Mutter. Er ging auf die Streithähne zu. Erstaunt folgte er den Schlagabtausch der beiden. „Kari, kannst du mir erklären, was hier los ist?“ Hikari erklärte dem Sänger was vorgefallen war. Er drehte sich zu Ken. „Warum hast du das mit Louisa nicht alleine geklärt?“ „Das konnte ich nicht, da sie minderjährig ist“, war die sachliche Erklärung des Schwarzhaarigen. „Du hast gesehen wie Tai Jean ein Glas gegeben hat?“, fragte Yamato nach. Ken nickte. „TK, Louisa wusste nicht, dass sie Alkohol trinkt. Den Verantwortlichen werde ich mir zur Brust nehmen.“ Wütend drehte sich der Blonde um. „Der kann was erleben“, grummelte er noch vor sich her. „Davis, ich gebe dir einen Rat: Finger weg von meiner Schwester“, rief Yamato noch über seine Schulter. „Schwester? Seit wann hast du eine Schwester?“ „Seit fünfzehn Jahren.“ „Du veräppelst mich.“ „Warum sollte ich das machen? Du musst ihr nur in die Augen sehen, dann weißt, dass ich die Wahrheit sage." Miyako trat auf Hikari zu und unterhielt sich kurz mit ihr. Beide Frauen nickten sich zu. Die Braunhaarige setzte sich auf einen Stuhl und zog sich ihre Tanzschuhe aus. Ihre Freundin ging derweilen zu Koushiro und bat ihn ein bestimmtes Lied heraus zu suchen. Verwundert sah Takeru seine Freundin an. „Was habt ihr zwei ausgeheckt?“ „Die Antwort bekommst du, wenn du dich bei Louisa entschuldigt hast. Sie kann am aller wenigsten etwas dafür, dass mein Bruder Jean einen Streich gespielt hat.“ Takeru sah zu seiner Schwester. An seinem Blick erkannte Louisa das es ihm Leid tat, wie er sie angeschnauzt hatte. Die Blondine ging auf ihn zu und umarmte ihn. „Schon gut, Großer. Ich habe auch ein wenig Schuld an der ganzen Sache, wenn ich damals nicht diesen Mist bebaut hätte, hättest du anders reagiert.“ Dankbar erwiderte er die Umarmung. Takeru flüsterte ihr eine Entschuldigung ins Ohr. „Bist du bereit, Keru?“ Fragend sah Takeru Hikari in die Augen. „Wir werden jetzt zusammen mit Ken und Yolei tanzen.“ „Aber“ „Nichts ‚Aber‘. Wir tanzen den Jive den wir das letzte Mal im Trainingsraum zusammen getanzt haben. Ken hat das sagen. Lass uns einfach Spaß haben.“ Ken war an Takeru heran getreten, als auch schon die Musik einsetzte. Hikari war an den Männern vorbei gegangen und stellte sich mit Miyako in die Anfangsposition. Kurze Zeit später gab Ken Takeru das Zeichen, den Frauen auf die Tanzfläche zu folgen. „Was unsere Frauen können, können wir schon längst. Vertrau einfach auf dein Können, TK.“ Schon schwangen die vier zusammen das Tanzbein. Kapitel 44: Hilfe von unerwarteter Seite ---------------------------------------- „Yagami du Trottel, wo steckst du?“ Taichi zuckte bei der wütenden und lauten Stimme von Yamato zusammen. Er wusste, dass er in der Klemme steckte, wenn sein bester Freund ihn mit Nachnamen ansprach. Schnell überlegte er sich, sich aus dem Staub zu machen. Schließlich kam er zu dem Schluss, dass dies nichts an der Situation ändern würde. Eher das Gegenteil wäre der Fall. Der Braunhaarige musste sich seinem besten Freund stellen. Deshalb machte er Yamato auf sich aufmerksam. Der Blonde hörte die Stimme seines besten Freundes. Kaum hatte er ihn entdeckt, ging er wütend auf ihn zu. „Du bist der dämlichste Volltrottel, der auf diesem Planeten Luft holt. Falls du heute Nacht eine Bleibe suchst, dann sicherlich nicht bei mir. Meinet wegen kannst du unter einer Brücke schlafen.“ Verständnislos sah Taichi Yamato an. „Was für eine Laus ist dir über die Leber gelaufen? Hast du was schl-“ „Tue mir den Gefallen und stelle dich nicht dämlicher als du bist. Kannst du mir erklären, was du mit dieser schwachsinnigen Aktion bezwecken wolltest?“ „Ich weiß nicht, wovon du sprichst.“ „Du hast Glück, dass Kari heute ihren Geburtstag feiert, sonst hätte ich dir schon eine verpasst, du Schwachkopf.“ Immer noch ahnungslos sah der Braunhaarige den Blonden an. Braune Augen stierten in blaue eiskalt blickende Augen. Yamato erkannte, dass Taichi wirklich keinen blassen Schimmer hatte, wovon er sprach. „Du Volldepp hättest beinahe meine Schwester abgefüllt, nur damit du Jean einen kleinen Streich spielen kannst.“ „Das kann nicht sein. Ich habe darauf geachtet, dass Jean-“ „Das ist mir scheißegal. Dir ist schon bewusst, dass Louisa gerade fünfzehn Jahre alt ist? Du weißt schon dass Ken ein Polizist ist? Wegen dir haben sich meine Geschwister in der Wolle, weil Ken gesehen hat, wie Louisa aus Jeans Glas getrunken hat, dass du ihm gereicht hast.“ Entsetzt sah Taichi Yamato an. „Das tut mir Leid. Das wollte ich nicht.“ „Das ist deine Standardausrede. Lasse dir endlich etwas Neues einfallen. Ich weiß, dass der Spaß bei dir aufhört, wenn es um Kari geht. Soll ich dir etwas verraten? Mir geht es, wenn es um meine Geschwister geht, genauso. Was wäre, wenn Ken dich nicht zufällig beobachtet hätte? Vielleicht wäre Louisa sturzbetrunken. Du solltest langsam checken, dass jede Handlung Konsequenzen nach sich ziehen. Sehe zu, dass du dich bei Louisa, Kari und Takeru entschuldigst. Kari und Ken versuchen gerade den Streit zwischen meinen Geschwistern zu schlichten. Dir ist schon klar, das Kari zwischen den Stühlen sitzt? Die Arme ist deine Schwester, die Freundin von meinem Bruder und die Tanzpartnerin von Ken. Außerdem ist sie eine Freundin von Louisa. Jetzt stehe nicht wie eine Ölbild herum und komme endlich aus dem Knick, bevor ich es mir anders überlege und eine Schlägerei anzettele.“ Nach seiner Ansage ging Yamato nach draußen. Vielleicht würde die frische Luft sein Gemüt beruhigen. Taichi sah auf die Tanzfläche. Dort sah er seine Schwester, Miyako, Takeru und Ken zusammen tanzen. Als er in das Gesicht von Hikari sah, erkannte er, dass sie mehr als wütend war. Die Jüngere lächelte zwar wie gewohnt, aber in ihren Augen sah er, das ein Taifun in ihr tobte. Ihr Gesichtsausdruck änderte sich nur, wenn sie Takeru in die Augen sah. Er wusste ganz genau, dass sie sich mit dem Jive abreagieren wollte, bevor er ihrem Wutausbruch schutzlos ausgesetzt war. Er blickte sich weiter um. In einer Ecke saß Louisa und erzählte mit Sora. Die Ältere reichte der Jüngerin ein Taschentuch. Die Blondine wischte sich vorsichtig die Tränen aus dem Gesicht. Taichi bemerkte wie sich der Gesichtsausdruck von seiner besten Freundin versteinerte. Die Rothaarige sah sich im Raum um. Als sie Taichi entdeckte hatte er das Gefühl, er würde gleich tot umfallen. Den Sturm den er bei Yamato herauf geschworen hatte, wurde von einem Orkan abgelöst, wenn er sich seiner besten Freundin stellen musste. Wenn das Ishida Ehepaar mit ihm abgerechnet hatte würde der Taifun seiner Schwester über ihn einstürzen. Sollte er widererwarten immer noch Luft in seinen Lungen haben, würde der Zyklon seiner Ehefrau ihn erreichen. Ihm war klar, dass er spätestens dann sein Ende herauf beschworen hatte. Der absolute Weltuntergang wäre, wenn sich Hikari, Sora und Mimi zusammentun würden Taichi konnte die Sache drehen und wenden wie er wollte. Er stand nicht nur am Abgrund des Fujis. Nein, er war schon einen Schritt weiter gegangen. Eigentlich konnte er jetzt nur noch auf den Aufprall warten und hoffen, dass es schnell vorbei war. Besser noch, dass er vor dem Aufprall einen Herzinfarkt bekam und das harte Aufkommen seines Körpers auf den Felsen gar nicht mehr mitbekommen würde. „Kann ich dich kurz sprechen?“ Taichi zuckte erschrocken zusammen, als er eine Stimme wahrnahm. Diese Stimme gehörte weder zu seiner Frau, oder seine beste Freundin und seiner Schwester schon mal gar nicht. Er drehte sich vorsichtig in die Richtung, aus der er angesprochen wurde. Der Braunhaarige musste einen Kloß runterschlucken, als er in die blauen Augen sah. Ihm kam es vor, als würde er in die Augen Yamatos sehen. Louisa sah ihn verunsichert an. Daher wechselte sie in die englische Sprache. „Habe ich mich versprochen? Falls das der Fall-“ „Nein, dass hast du nicht. Wir können uns auch in Englisch unterhalten, wenn du dich dann sicherer fühlst.“ „Ich würde es gerne auf Japanisch versuchen.“ Taichi nickte ihr zu. „Du Idiot, kann man dich nicht fünf Minuten aus den Augen lassen, ohne dass du Blödsinn anstellst? Einen Sack Flöhe zu hüten ist einfacher, als auf dich aufzupassen. Ich frage mich welcher Dämon mich geritten hat so einen Vollidioten wie dich zu heiraten.“ Taichi zog seinen Kopf ein, als er die Stimme seiner Frau hörte. Kurz überlegte er, ob er sein Testament geschrieben hatte. Schnell ging er seine To-do-Liste durch und musste entsetzt feststellen, dass er noch nicht einmal ansatzweise seine Wünsche und Träume verwirklichen konnte. Als letzte Überlegung bat er seine Ahnen um Hilfe und stellte sich seiner Ehefrau. Louisa beobachtete das Paar vor sich. Tief holte sie Luft, als sie sich an Mimi wandte. „Falls es um den Streich von Tai geht. Wir haben uns ausgesprochen. Ich habe seine Entschuldigung angenommen.“ Sprachlos sahen Taichi und Mimi auf die junge Frau. Louisa wirkte wie ein kleines verschrecktes Reh. Unsicher tippelte sie von einem Fuß auf den anderen. Ihre Verlegenheit machte sich dadurch bemerkbar, als sie nervös ihre Hände knetete. Als weder der Braunhaarige noch die Brünette etwas sagten brach Louisa verlegen das Schweigen: „Falls ich was falsches gesagt habe, tut es mir Leid. Ich spreche noch nicht lange japanisch.“ „Du hast dich nicht versprochen, Louisa“, erklang die Stimme von Sora. „Du hast Mimi, Kari und mir nur den Wind aus den Segeln genommen. Wie können wir Tai jetzt noch zur Schnecke machen, wenn du ihm verziehen hast?“ „Das war doch nur ein kleiner Streich. Ich bin selber schuld. Ich war so verunsichert, als ich von dem Mann angesprochen wurde, dass ich das falsche Glas gegriffen habe. Den Alkohol habe ich nicht geschmeckt, da ich so nervös war. Das ist alles.“ Sora nahm Louisa in die Arme. „Du warst schon immer zu gut für diese Welt. Falls du Tai ein zweites Mal sein Leben retten möchtest rede noch mit Kari, bevor sie ihren Bruder in die Finger bekommt. „Du kannst von Glück reden, das Louisa ein gutes Wort für dich eingelegt hat, Bruderherz.“ Taichi seufzte auf. „Ich weiß. Ich bin ihr auch dankbar. Ich frage mich, wie eine Fünfzehnjährige so reif sein kann.“ „In der Hinsicht ist sie dir tausend Meilen voraus.“ „Die Spitze muss ich wohl einstecken.“ „Ja, dass musst du wohl. Außerdem ist Louisa schlauer als du.“ „Du hältst mich für dumm?“ „In gewisser Weise schon. Dir ist es noch nie gelungen Mimi sprachlos zu machen. Louisa hat das mit drei Sätzen geschafft und sie kennt deine Frau erst seit ein paar Stunden.“ Taichi seufzte auf. „Niederlage auf eigenem Platz.“ Hikari nickte. „Mache dir nichts daraus. Vielleicht kannst du noch von Louisa lernen. Falls es dich interessiert: Ich habe es geschafft Takeru und Matt zu beruhigen. Du schuldest mir was.“ Kapitel 45: Die Vergangenheit formt den Menschen ------------------------------------------------ Hikari ließ ihren Blick durch den Raum schweifen. Ihr Bruder sah aus, als würde er am liebsten die Flucht ergreifen. Diesen Umstand war wohl Mimi zu verdanken, da sie immer noch auf ihn einredete. Für die Brünette zählte es nicht, das Louisa ihrem Mann seinen Streich verziehen hatte. Irgendwie musste Mimi ihren Unmut rauslassen. Takeru war bei seinen Geschwistern. Man sah ihm an, dass es ihm noch immer Leid tat, wie er seine Schwester angegangen war. Trotzdem wirken die Drei vertraut und man merkte die innige Beziehung die die Geschwister untereinander hatten. Ken und Miyako fand sie auf der Tanzfläche. Hikari musste schmunzeln, als sie sah, dass Ken einen Schrittfehler im Grundschritt des Walzers machte. Dieses Missgeschick war wohl dem Umstand verschuldet, dass er sich mehr für die Augen seiner Tanzpartnerin interessierte, als für den Tanz. Einige Freunde standen zusammen und unterhielten sich. Erfreut stellte sie fest, dass Iori es auch noch geschafft hatte vorbei zukommen. Er unterhielt sich gerade mit Koushiro. Sein Blick blieb aber des Öfteren an Louisa hängen. Unsicher sah er von Yamato zu seinem Bruder und schließlich Louisa. Da sie in der Nähe der beiden Männer stand konnte sie verstehen, dass Koushiro die familiäre Situation von Yamato erklärte. Als der Rothaarige mit seiner Erklärung geendet hatte sah Hikari wie Iori einen harten Kloß runterschlucken musste, als er verstand, dass die Blondine Yamatos Schwester war. Etwas an dem Gesamtbild störte die Braunhaarige. Sie hatte alle ihre Freunde, ihren Bruder und Takeru gefunden nur einer fehlte in der illustren Runde. Hikari sah sich noch einmal um. Sie konnte Daisuke nicht finden. Kurz beschlich sie die Angst, dass er einfach nach Hause gegangen war, ohne sich von ihr zu verabschieden. Natürlich hatte die Braunhaarige gemerkt, dass ihr ehemaliger Freund daran zu knabbern hatte, dass sie einen Freund hatte. Kurz dachte die Braunhaarige nach wo er sich aufhalten konnte. Erstaunt weiteten sich die Augen von Hikari, als sie den Gesuchten gefunden hatte. „Du hast wieder angefangen zu rauchen?“ Erschrocken zuckte Daisuke zusammen, als er Hikaris Stimme vernahm. Er drückte die Zigarette aus und drehte sich zu ihr um. „Ich habe nach unserer Trennung wieder angefangen“, grinste er sie schief an. „Irgendein Laster muss der Mensch wohl haben.“ „Stimmt, deine Schwäche ist wohl immer noch deine heißgeliebte Schokolade?“ Hikari musste lachen und nickte ihm zu. „Bist du glücklich mit deinem Freund?“ Daisuke sah in ihrem Gesicht die Antwort, bevor sie auch nur eine Silbe gesagt hatte. Die junge Frau sah ihm in die Augen. „Ja, das bin ich.“ „Das habe ich schon erkannt, als ich euch miteinander tanzen gesehen habe. Ich wollte nur von dir hören das du es bist, damit ich kein schlechtes Gewissen haben muss.“ „Warum solltest du mir gegenüber eines haben?“, fragte sie irritiert nach. Geheimnisvoll lächelte Daiskue Hikari an. Diese erwiderte den Blick zuerst neugierig, dann forschend und letztendlich wissend. Schließlich beantwortete sie sich die Frage selber. „Du bist verliebt.“ „Ich weiß nicht, ob ich verliebt bin. Es gibt aber jemanden in meinem Leben, der mir sehr wichtig ist. Wir waren ein paarmal aus und haben uns geküsst, aber ich weiß nicht, wie das weitergeht.“ „Darf ich dich etwas fragen?“ „Sicher.“ „Spürst du ihre Anwesenheit, bevor sie den Raum betritt? Tanzt dein Herz Loopings, wenn du an sie denkst, oder es will aus deinem Brustkorb springen, wenn du sie siehst?“ Daisuke nickte leicht. „Das alles habe ich bei dir auch gefühlt. Wie unsere Beziehung ausgegangen ist, wissen wir beide.“ „Nur weil wir gemerkt haben, dass etwas gefehlt hat in unserer Beziehung heißt das nicht, dass wir uns nicht aufrichtig geliebt haben. Wie fühlst du dich, wenn sie nicht bei dir ist?“ „Bei den Heiligen, warum müssen wir so ein tiefsinniges Gespräch führen? Irgendwie ist es merkwürdig, dass ich gerade mit dir über mein Gefühlsleben rede.“ Abwehrend verschränkte der junge Mann seine Arme vor seiner Brust. „Warum denn nicht? Du bist immer noch ein guter Freund. Außerdem kann ich in dir lesen wie in einem Buch.“ „Was hast du herausgefunden, Sherlock?“ „Das verrate ich dir nicht, da du selber auf die Antwort deiner Frage kommen musst. Falls du nicht in das gleiche Gefühlschaos wie ich geraten willst solltest du auf dein Herz vertrauen. Das wird dir deine Antwort geben. Du musst dir nur selbst vertrauen und keine Angst haben.“ „Darf ich dich fragen, was passiert ist?“ Hikari blickte kurz zur Seite, dann fing sie an zu erzählen. Als sie geendet hatte meinte Daisuke nur, dass er sich für sie freute, dass alles ein gutes Ende genommen hatte. „Lass uns wieder reingehen. Mir wird langsam kalt.“ Daisuke nickte ihr zu. Zufällig blickte Takeru zur Tür, als Hikari und Daiskue gleichzeitig den Raum betraten. Als er sah, dass seine Freundin ihn anlächelte verdrängte er das komische Gefühl aus seiner Magengegend. Mit einem Schlag war seine Unsicherheit wie weggewischt. Da Hikari auf ihn zu ging und ihm einen kleinen Kuss auf den Mund gab. Die Freunde tanzten, lachten, aßen die Köstlichkeiten, die Mimi gezaubert hatte. Alle genossen die gemeinsame Zeit, die sie miteinander verbringen konnten. Irgendwann war auch der schönste Abend zu Ende. „Worüber hast du dich eigentlich mit Davis unterhalten?“ Nachdenklich sah Takeru seine Freundin an bevor er die ganzen Blumen und Geschenke in sein Auto räumte. Hikari lächelte Takeru an. Sie hielt ihm eine Hand auf seine Wange und wollte ihn dazu bringen, dass er sie ansah. „Er hat mich gefragt, ob ich glücklich mit dir bin und er meinte, dass er sich für uns freut. Dann haben wir uns kurz über sein Leben unterhalten.“ Sanft legten sich ihre Lippen auf seine. Das Paar wurde aus der innigen Zweisamkeit gerissen, als Sora auf sie zukam. „TK, du willst heute noch Auto fahren?“ „Wieso nicht Sora? Wie du weißt kann ich dem Alkohol nichts abgewinnen. Warum fragst du?“ „Könntest du Louisa und Jean mitnehmen. Matt und ich wollten zu Fuß nach Hause gehen.“ „Klar, kein Problem. Du kannst den Beiden sagen, dass wir in zehn Minuten los wollen.“ Als Sora aus dem Blickfeld war schaute Hikari in die Augen von Takeru. „Was hast du? Du bist irgendwie komisch.“ „Stimmt doch gar nicht. Ich bin einfach nur müde und wollte eigentlich mit dir alleine sein.“ „Was hältst du davon, wenn du Louisa und Jean zu dir fährst?“ „Hika, darum hat mir Sora gerade gebeten.“ „Lass mich doch erst einmal aussprechen. Du fährst die Beiden in deine Wohnung. Du holst dir Wechselklamotten und schläfst bei mir. Was meinst du? So haben wir noch ein wenig Zeit, die wir gemeinsam nutzen könnten. Wir könnten noch mit einem Glas Wein-“ „Hika, ich trinke keinen Alkohol mehr“, fuhr er die junge Frau vor sich barsch an. Diese machte entsetzt einen Schritt nach hinten. Leiser fügte er hinzu: „Nicht seit damals. Es hat einen Grund warum ich heute so ausgeflippt bin.“ Takeru musste schlucken, als er an die Ereignisse von vor zwei Jahren dachte. „Was ist passiert?“ Der Blonde sah kurz auf seine Uhr und fuhr sich mit seinen Händen über sein Gesicht. Schließlich holte er tief Luft. „Louisa war auf eine Geburtstagsfeier einer Freundin eingeladen. Die Eltern des Mädchens waren nicht zu Hause. Die Mädels hatten sich einen gemütlichen Abend gemacht, bis jemand auf die Idee kam, sich an der Bar zu bedienen. Alle Anwesenden tranken von Sekt über Wein bis hin zu Whisky alles was ihnen zwischen die Finger kam. Auch der achtzehnjährige Bruder des Geburtstagskindes, obwohl er die Mädchen nach Hause fahren sollte. Es kam wie es kommen musst, der Junge hatte einen Unfall gebaut, den er und eine Freundin von Louisa nicht überlebt haben. Louisa saß mit in dem Auto. Sie hatte neben einer leichten Alkoholvergiftung einen gebrochenen Arm. Schlimmeres wurde verhindert, da sie die einzige war, die angeschnallt war. Hätte ich damals gewusst, dass der Idiot stockbesoffen Auto fährt hätte ich Louisa selber abgeholt. Ich musste sie damals aus dem Krankenhaus abholen, da unsere Mutter und Matéo – ihr Mann – gerade im Urlaub waren. Louisa hatte ziemlichen Ärger mit mir.“ Takeru machte eine kurze Pause, bevor er weitersprach: „Als sie von dem Tod des Bruders ihrer Freundin und ihrer anderen Freundin hörte hatte sie einen kleinen Nervenzusammenbruch. Daher hatte ich sie vor unserer Mutter und Matéo in Schutz gekommen, nachdem ich ihr das Versprechen abgenommen hatte, dass sie die Finger von dem Zeug lässt. Die Beiden wissen zwar, dass Louisa an diesem Abend auch Alkohol getrunken hatte, aber nicht, dass sie sturzbetrunken war. Es hat ewig gedauert bis sie diese Geschichte verarbeitet hatte. Irgendwann kam sie freudestrahlend nach Hause und hatte mir von einer Japanerin erzählt, mit der sie den Nachmittag verbracht hatte. Stolz hatte sie mir ein Foto gezeigt. Dieses hatte sie sich vergrößern lassen und über ihren Schreibtisch aufgehängt. Ein Satz den du damals zu ihr gesagt hast hat sie so beeindruckt, dass sie diesen auf einen Zettel geschrieben hat und in einem Rahmen auf ihrem Nachttisch stehen hat. Seit diesem Tag wurde Louisa wieder langsam das lebenslustige Mädchen, dass sie vor dem Unfall war.“ Hikari sah Takeru mit großen Augen an. Sie überlegte wie das erste Treffen mit Louisa verlaufen war. Ihr fiel schließlich wieder ein, dass die Blondine weinen musste. „Ich? Bist du dir sicher, dass ich das war?“ Der Blonde nickte mit dem Kopf. „Sie zeigte mir das Bild, welches wir für die Kampagne ausgesucht hatten.“ „Welcher Satz hat denn so einen bleiben Eindruck hinterlassen?“ „Wer neu anfangen will, soll es sofort tun. Denn eine überwundene Schwierigkeit vermeidet hundert neue.“ „Oh, das war meine Glückskeksphase. Es ist unheimlich, dass sich unsere Leben schon vor unserem Kennenlernen gekreuzt haben, ohne dass wir es wussten. Ich meine jetzt nicht Matt.“ Ihr Freund nickte. „Stimmt, du hast uns drei unabhängig voneinander kennengelernt und bei jedem einen bleibenden Eindruck hinterlassen.“ Hikari lachte: „Ihr drei seid halt mein Schicksal.“ Kurz Zeit später parkte Takeru sein Auto vor seiner Wohnung. Er packte schnell ein paar Sachen zusammen und Verabschiedete sich von seiner Schwester und seinen besten Freund. Vorsichtig legte Takeru die Geschenke auf den Tisch im Wohnzimmer. Hikari war dabei die Blumenpracht in Vasen zu stellen. Als sie einen Strauß auf ihre Anrichte stellen wollte musste sie grinsen. Ihr Freund saß auf der Couch auf seinen Schoß hatte es sich Patamon ein gerollt und Gatomon lag dicht an seinem Oberschenkel. „Du wurdest im Übrigen von den Katzen adoptiert.“ Verständnislos sah Takeru sie an. „Umgekehrt wird wohl ein Schuh daraus.“ „Nein mein Lieber. Katzen haben Personal, dass sie gerne rumscheuchen.“ „Das werden wir noch sehen.“ Hikari setzte sich neben den Blonden auf die Couch. sie fing langsam an ihre Geschenke auszupacken. Sie musste schmunzeln, als die das erste Geschenk aufgemacht hatte. Verträumt strich sie über den grünen Stoff. Kapitel 46: Der keltische Knoten -------------------------------- Hikari nahm andächtig das grüne Kleid aus dem Karton. Langsam fiel der leichte Stoff des Rockes nach unten. Ihre Augen weiteten sich. Dieses Kleid entsprach genau ihrer Vorstellung. Es hatte einen Herzausschnitt, dass Oberteil hatte viele kleine Strass-Steinchen. Kleine durchsichtige Träger rundeten das Oberteil ab. Die linke Seite war einfarbig, während die rechte Seite goldene und silberne Streifen zierte. Da der Hüftkochen komplett zu sehen war wurde das Kleid nur mit einem schmalen Streifen – über diesem Kochen - festgehalten. Der Rücken war bis zum Steißbein entblößt. Takeru sah sie mit großen Augen an. „Wer schenkt dir so ein heißes Kleid? Das kannst du nur zu Hause tragen.“ Hikari lachte. „Das Kleid ist von Sora. Sie hat es für die Meisterschaft – nach meinen Vorstellungen - entworfen. Matt hat die Final Kür komponiert.“ „Muss Frau auf solchen Veranstaltungen immer so viel Haut zeigen?“, brummte der Blonde vor sich her. „Ähm, das ist eine Latein Meisterschaft. Klar zeigt Frau da viel Haut. Ich kann dir jetzt schon sagen, dass dieses Kleid züchtig ist.“ Der Blonde musste schmunzeln. „Das nennst du züchtig?“ „Manche Frauen werden über das Ziel hinausschießen und leuchten wie der Eiffelturm in der Nacht und der Rock wird so kurz sein, dass er knapp den Hintern bedeckt. Also ‚Ja‘, dieses Kleid ist für diese Veranstaltung züchtig. Oder willst du mir sagen, dass ich nicht die Figur für dieses Kleid habe?“ Ihr missmutiger Blick traf ihren Freund. Während sie auf eine Antwort wartete nahm sie sich ein Stück Schokolade und schob es sich genüsslich in den Mund. Takeru musste schlucken. Er beugte sich zu ihr herüber, sanft nahm er ihr Gesicht in seine Hände. „Du bist perfekt, so wie du bist. Ich habe nur gefragt, weil ich mich überhaupt nicht auf diesem Gebiet auskenne. Das ist alles. Wie du weißt bin ich Journalist, ich bin daher von Natur aus neugierig.“ „Bist du dir sicher, dass das alles ist?“ „Natürlich. Obwohl ich Ken schon ein wenig beneiden werde.“ „Warum das denn?“, verwirrt schaute sie ihren Freund an. „Du wirst dieses Kleid für ihn tragen.“ „Falsch. Ich werde es bei der Meisterschaft tragen. Das ist ein Unterschied.“ Er zog sie näher an sich heran, dabei sah er ihr in ihre Augen. „So habe ich es nicht gesehen, aber du hast Recht das ist ein Unterschied.“ Sanft legte Takeru ihr eine Hand in ihren Nacken und überbrückte die letzte Distanz zärtlich trafen sich ihre Lippen. Langsam löste Hikari den Kuss. Sie war aufgestanden und ging in ihr Schlafzimmer. Kurze Zeit später kam sie mit einem Kleidersack und einem Kleiderbügel wieder. Vorsichtig bügelte sie das Kleid auf und verstaute es in dem Kleidersack. Schließlich hing sie diesen in ihrer Garderobe auf dem Flur auf. Die Braunhaarige setzte sich wieder auf die Couch. Nach und nach öffnete sie die kleinen und großen Pakete. Unteranderem kam ein Seidenkimono von Tai und Mimi zum Vorschein. Von Miyako hatte sie neue Ohrringe bekommen. Ken hatte ihr eine neue Kameratasche geschenkt. Suri und Haru hatten Bilder gemalt. Von Koushiro hatte sie einen Technikgutschein erhalten. Iori hatte ihr das Buch: ‚Die Schwester der Königin‘ von Philippa Gregory geschenkt. Interessiert nahm Takeru ihr das Buch aus der Hand. „Du hast Interesse an der englischen Geschichte?“ „Mich hat die Schreibweise der Autorin schon immer beeindruckt. Dass ich so etwas über die Geschichte Englands lernen kann ist eine schöne Nebensache.“ Hikari nahm das vorletzte Geschenk in die Hand. Als sie es ausgepackt hatte musste sie lachen. Es war wieder ein Buch. Diesmal war es ein Bildband es handelte sich um den Maler Claude Monet und hieß: ‚Der Maler und sein Garten`. „Warst du schon einmal im Garten von Giverny“, fragte Takeru nach. Sie schüttelte den Kopf. „Nein, aber ich habe gehört, dass er an diesen Ort viele Inspirationen für seine Landschaftsbilder gehabt haben soll. “ „Nicht nur das. Er hat sich dort ein Haus gekauft und den Garten in Giverny selber angelegt. Das Haus ist heute eine Art Museum und teilweise ist es noch so zu sehen, wie Monet es selbst eingerichtet hat.“ „Du warst schon dort?“ „Natürlich. Giverny ist zirka fünfundsiebzig Kilometer von Paris entfernt. Ich hätte mich nicht nur einen Tag dort aufhalten können. Es ist wunderschön. Dort kann man den ganzen Alltagsstress gut vergessen. Willst du den Garten auch mal besuchen?“ Hikaris Augen fingen an zu leuchten. „Ja, ich habe gelesen, dass das Seerosenbild im Souvenir –Shop an einer großen Wand abgebildet ist.“ „Ich verspreche dir, wenn wir mal Urlaub in Paris machen, werden wir nach Giverny fahren.“ Vor Freude klatschte die Braunhaarige in die Hände. „Das wäre toll.“ „Wer hat dir eigentlich das Buch geschenkt?“ Hikari zögerte kurz bevor sie antwortete: „Davis.“ „Er scheint immer noch zu wissen, wie er dir eine Freude machen kann.“ „Ist das etwa schlimm?“ „Nein, da ich weiß für wen dein Herz schlägt.“ Die junge Frau lächelte und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Jetzt lag nur noch ein Geschenk ungeöffnet auf dem Couchtisch. Hikari griff nach dem Geschenk das im Vorfeld für mächtige Unruhe gesorgt hatte. Takeru schaute gebannt zu, wie seine Freundin die Schleife öffnete. Die Karte, die unter der Schleife steckte, legte sie auf ihren Schoß. Sie löste den Klebestreifen und entfernte das silberne Geschenkpapier. Vorsichtig nahm sie ein Buch heraus und drehte es um. Auf dem Buchdeckel war der keltische Knoten der Liebe zu sehen. Über dem Knoten stand auf Französisch: ‚Der Beginn einer ganz großen Liebe‘. Unter dem Knoten standen in japanischen Schriftzeichen ‚Hikari und Takeru‘. Die Braunhaarige schlug das Buch auf. Ein Bild kam zum Vorschein. Es zeigte Hikari und Takeru wie sie sich auf dem Tanzabend küssen. Danach las sie sich die Karte durch: ‚Liebe Hikari, wir wünschen Dir alles Liebe zum Geburtstag. Wir haben mit diesen Fotoalbum den ersten Schritt getan, um eure einzigartige Liebe in Bildern festzuhalten. Jetzt seid ihr Beiden an der Reihe in diesem Album eure Geschichte in Bildern festzuhalten. Louisa, Jean, Matt‘ Das Paar sah sich in die Augen. Der Blonde konnte ein leichtes Glitzern in ihren Augen sehen. Die Braunhaarige gab Takeru die Karte, damit er sich diese durch lesen konnte. „Jetzt verstehe ich, warum Jean mir damals ausgewichen ist, als ich ihn gefragt habe, was sie dir schenken wollen.“ Er blickte seine Freundin wieder liebevoll an. „Das ist ein wunderschönes Bild. Findest du nicht auch?“ Dabei wischte der Blonde zärtlich eine Träne von ihrer Wange. Hikari konnte nur nickten, bevor sie sanft ihre Lippen auf seine legte. „Ich war damals richtig aufgeregt, als du mich zum Walzer aufgefordert hast“, erinnerte sich Takeru. „Warum?“ „Ich hatte meinen Füßen nicht getraut. Daher war ich froh, dass du die Führung übernommen hattest. Außerdem hast du atemberaubend ausgesehen, wie sollte ich mich da auf die Schritte konzentrieren?“ „Du hast wundervoll getanzt. Ich hatte das Gefühl, dass wir auf Wolken getanzt hatten. Du hast dich mit diesem Walzer in mein Herz getanzt.“ „Das gleich kann ich nur zurückgeben.“ Hikari sah in seine blauen Augen. Sie senkte ihre Lippen auf seine. Langsam öffnete sie ihren Mund und hieß seine Zunge willkommen. Erschrocken keuchte sie auf, als Takeru sie auf seinen Schoß zog. Zärtlich strich er mit seinen Fingern ihre Wirbelsäule entlang. Sofort bildete sich eine Gänsehaut an den Stellen, wo er sie berührte. Ihre Hände wanderten langsam unter sein Hemd. Sanft strich Hikari über seine trainierten Bauchmuskeln. Die Braunhaarige musste schmunzeln, als sie bemerkte, dass auch Takeru eine Gänsehaut bekam. Der Kuss, war schon lange nicht mehr so liebevoll wie am Anfang. Dieser Kuss spiegelte die Begierde und das Verlangen wider, dass sich bei beiden wie ein Feuerwerk ausgebreitet hatte. Schließlich merkte sie wie er langsam den Reißverschluss ihres Oberteils öffnete. Kurz löste sie den Kuss und sah wieder in die Augen von ihren Freund. Diese hatten sich verdunkelt und blickten sie mit solch einer Liebe und Sehnsucht an, dass ihr Herz einen Schlag aussetze. Außerdem merkte sie, wie sich sein Verlangen an ihre erhitzte Mitte drückte. Hikari senkte ihren Kopf und küsste Takerus Ohr, danach flüsterte: „Was hältst du davon, wenn wir ins Schlafzimmer gehen?“ Er nickte nur und stand mit ihr auf den Arm auf. Kapitel 47: Gemeinsame Stunden ------------------------------ Die ersten Sonnenstrahlen, des neuen Tages, erhellten das Zimmer und kitzelten somit dem jungen Paar ins Gesicht. Noch verschlafen kuschelte sich Hikari an den neben ihr liegenden Körper. Dabei bemerkte sie, dass sie noch fester in eine Umarmung gezogen wurde. Langsam öffnete sie die Augen und blickte nach oben. Ein Lächeln schlich sich in ihr Gesicht, als sie in die blauen Augen von Takeru blickte. Hikari stütze ihr Gesicht auf ihrer Handfläche ab. „Guten Morgen, mon coeur. Hast du gut geschlafen?“ „Guten Morgen, Sonnenschein. So gut wie schon lange nicht mehr. Wie sieht es bei dir aus?“ Hikari setzte sich auf, dabei rutschte ihr die Bettdecke von ihrem nackten Oberkörper. „Mir geht es genauso. Obwohl es nur ein paar Stunden waren.“ Sie blickte sich in ihrem kleinen Schlafzimmer um. Achtlos war die Kleidung von Takeru und ihr verteilt. „Du hattest es wohl sehr eilig mir die Klamotten von Leib zu reißen“, grinste sie ihn herausfordernd an. Die Braunhaarige deutete auf ihren BH, dieser hing über ihren Spiegel, der auf ihrem Schminktisch stand. Mit Mühe schaffte es der Blonde seinen Blick von ihrer Oberweite zu lösen und blickte sich kurz im Zimmer um. Sein Grinsen ging von einem Ohr zum Anderen. „Du warst wohl genauso ungeduldig wie ich. Meine Boxershorts hängt in der Yucca Palme.“ Takeru musste herzhaft lachen, als er sah, dass das Gesicht von Hikari einen sehr tiefen Rotton annahm. „In der Nacht warst du nicht so schüchtern.“ Er beugte sich über seine Freundin und gab ihr einen leidenschaftlichen Kuss. Hikari fiel es nicht leicht, den Kuss zu lösen. „Du bist ein Nimmersatt, Keru.“ Empört schaute er ihr ins Gesicht. „Was kann ich dafür, wenn du dich mir so präsentierst? Klar dass ich da auf solche Gedanken komme.“ Sie beugte sie über ihn. „Deine Gedanken kann ich an meiner Hüfte spüren“, flüsterte sie ihm ins Ohr. Danach küsste sie seinen Hals. Sie spürte, wie er sie in seine Arme zog und sie zärtlich auf den Rücken drehte. Beide gaben ihrer Sehnsucht, ihrem Verlangen und ihren Gefühlen zueinander nach. Takeru stellte das Wasser aus und trat aus der Dusche heraus. Das Brennen auf seinem Rücken ignorierte er gekonnt. Ein Lächeln machte sich in seinem Gesicht breit, als er an die erste gemeinsame Nacht und den darauffolgenden Morgen dachte. Nie im Leben hätte er damit gerechnet, dass in Hikari solch eine Leidenschaft loderte. Wirkte sie doch immer zurückhaltend fast schon schüchtern auf ihn. Sie hatte ihn eines besseren belehrt. Kurz zuckte er zusammen, als er seinen Rücken abtrocknete. Ein Blick in den Spiegel verriet ihm warum dieser wehtat, da die Kratzspuren deutlich sichtbar waren. ‘In ihr steckt doch eine Wildkatze.‘ Er ging in die Küche. Im Türrahmen blieb er stehen und beobachtete seine Freundin. Sie trug einen fliederfarbenen Rock, der ihre Knie leicht umspielte. Die weiße ärmellose Bluse präsentierte ihren Oberkörper perfekt. Die Haare hatte sie zu einem einfachen Pferdeschwanz gebunden. Takeru stellte mal wieder fest, dass sie eine wahre Schönheit war. Der Blonde wollte gerade auf seine Freundin zu gehen, als sie sich unverhofft umdrehte. „Wie lange möchtest du noch da stehen und mich beobachten?“ Hikari lächelte ihn an und stellte seine Kaffeetasse auf den gedeckten Frühstückstisch. Er nahm sie in seine Arme. „Wieso wundert es mich nicht, dass du wusstest dass ich hier stehe?“ „Ich spüre es, wenn du in meiner Nähe bist.“ Sie stellte sich auf ihre Zehenspitzen, um ihre Arme um seinen Nacken zu legen. Dabei atmete sie seinen vertrauten Geruch ein. Schnell gab sie ihm einen Kuss auf die Wange. „Wir sollten frühstücken. Sonst wird dein Kaffee und meine Schokolade kalt.“ Beide setzten sich an den Tisch. „Ich hätte ein japanisches Frühstück erwartet und kein französisches.“ Hikari musste lachen. „Seit meiner Zeit in Nizza esse ich lieber Croissant und Schokobrötchen zum Frühstück statt Miso Suppe, Fisch und Reis. Ich brauche morgens meine Schokoladendosis, sonst bin ich nicht zu gebrauchen. Magst du lieber ein japanisches Frühstück?“ Takeru schüttelte seinen Kopf. „Ich halte es wie du, nur das ich Kaffee trinke.“ Er griff nach seiner Tasse und trank einen kleinen Schluck. „Was wollen wir heute machen?“ Fragend sah er sie über den Rand seiner Tasse an. „Ich habe schon eine Idee. Es geht los, wenn wir mit dem Frühstück fertig sind.“ Hikari sah wie ihr Freund eine Augenbraue nach oben zog. Sie lächelte und meinte schließlich, dass er sich überraschen lassen sollte. Schnell räumten die Beiden die Küche auf. Die junge Frau hatte ihre Handtasche und ihre Kameratasche in den Flur gestellt. Sie zog sich ihre Schuhe an. „Keru kommst du?“ „Ich rufe noch Louisa an. Danach können wir los.“ Takeru nahm Hikari ihre Kameratasche ab, als sie zu U-Bahnhaltestelle gingen. „Du weißt, dass du heute frei hast?“ „Ja, wieso fragst du?“ „Warum nimmst du deine Kamera mit?“ „Ich möchte den heutigen Tag in Bildern festhalten.“ „Hätte eine Digitalkamera nicht gereicht?“ Verständnislos sah sie ihren Freund an. „Meine Digitalkamera macht aber nicht so gute Aufnahmen wie meine Spiegelreflexkamera.“ Beide betraten die U-Bahn, die wie immer, vollkommen überfüllt war. Beschützend legte Takeru seinen Arm um ihre Hüfte und zog sie fest in eine Umarmung, bevor er sich am Haltegriff festhielt. „Ich gebe es auf, du bist und bleibst eben eine Fotografin.“ „Richtig“, verschmitzt lächelte sie ihren Freund an. „Sagst du mir, wohin du mich entführst?“ „Zum Tokyo Tower. Wir können uns verschiede Museen ansehen. Außerdem können wir einen wunderschönen Ausblick über Tokio genießen. Heute ist ein schöner Tag. Ich wette mit dir, dass wir den Fuji sehen können.“ „Welche Museen gibt es eigentlich?“ „Ein Anime und Manga Museum, ein Aquarium, das Wachsfigurenkabinett-“ „Das befindet sich alles im Tower?“ Hikari lachte, „Nein, diese Läden befinden sich in einem Gebäude, das unter dem Tokyo Tower steht. Durch dieses Gebäude gelangst du in den Tower. Meiner Meinung nach hat man von der zweiten Aussichtsplattform den besten Blick über Tokio. Ich hoffe, du bist schwindelfrei.“ Skeptisch schaute Takeru ihr in die Augen. „Die oberste Plattform vom Eiffelturm hat mir nichts ausgemacht. Reicht das als Antwort?“ „Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, sind im Eiffelturm Glasplatten auf den Boden eingelassen?“ „Zu der Zeit, als du in Paris warst nicht. Es wurden Renovierungsarbeiten vorgenommen. Seit ein paar Jahren hat die erste Aussichtsplattform einen Skywalk. Dieser hat mir nichts ausgemacht.“ „Ich glaube, dass du keine Probleme haben solltest. Der Glasboden erstreckt sich über die gesamte Fläche der ersten Aussichtsplattform.“ Nachdem sich Hikari und Takeru das Aquarium angeschaut hatten waren sich endlich auf der ersten Plattform angelangt. Fasziniert blickten beide durch den Glasboden auf Tokio hinunter. Der junge Mann musste schmunzeln, als seine Freundin ihre Kamera herausholte und ein Foto nach dem anderen machte. Als er seinen Blick von ihr lösen konnte ging er an das Fenster und blickte gedankenverloren über Tokio. „Was hältst du davon, wenn wir eine kleine Pause machen. Wir können uns ein Platz im Café suchen, bevor wir weiter gehen?“ Erschrocken zuckte Takeru zusammen, als sich zwei Arme um seine Körpermitte schlossen. Schnell entspannte er sich, als er den vertrauten Lilienduft wahrnahm. Zärtlich legte er seine Hände auf ihre. „So in Gedanken versunken?“, fragte sie amüsiert nach. „Der Ausblick macht es einen auch leicht, sich zu entspannen.“ Vorsichtig drehte sich Takeru um und sah ihr in die Augen. Er bemerkte, wie Hikari ihre Hände sanft auf seine Brust legte und sich auf ihre Zehenspitzen stellte. Auf halben Weg kam er ihr entgegen voller Freude schloss er seine Augen. Kurz bevor sich ihre Lippen treffen konnte wurden sie von einen komischen Geräusch unterbrochen. Lachend sah er ihr in die Augen, dabei sah er wie ein leichter Rotschimmer ihr Gesicht zierte. „Entschuldigung, Keru“, kam es verlegen von ihr. „Du musst dich nicht entschuldigen, wenn du Hunger hast. Hast du nicht etwas von einem Café gesagt?“ Hikari nickte erfreut. Schnell gab er ihr einen Kuss auf die Wange. „Dann lass uns gehen.“ Nachdem das Paar ihr Mittagessen verzehrt hatte machten sie sich auf den Weg zu nächsten Aussichtsplattform. Dabei unterhielten sich die Beiden angeregt miteinander. Schließlich hatten sie ihr Ziel erreicht. Hikaris Augen fingen an zu leuchten, als sie aus dem Fenster sah. „Siehst du, Keru ich hatte recht. Wir können den Fuji sehen. Sieht das nicht traumhaft aus?“ Leise musste Takeru lachen, als er sah wie seine Freundin wie ein kleines Kind freudig auf und ab hüpfte, als sie den Berg erblickte. Schnell zog er sein Handy aus der Hosentasche und machte ein Foto. Danach ging er auf Hikari zu und stellte sich hinter sie. Zärtlich legte er seine Arme um ihre Körpermitte, dabei gab er ihr einen Kuss auf die Wange. „Der Ausblick ist einmalig. Von hier sieht Tokio einfach traumhaft aus. Ich hätte nicht gedacht, dass man an diesem Ort so viel erleben kann.“ „Es freut mich, dass es dir gefällt.“ Takeru begleitete Hikari nach Hause, bevor er sich von ihr verabschiedete. „Danke für den wunderschönen Tag.“ „Gern geschehen. Schlaf gut, Keru.“ „Du auch. Obwohl es schwer wird ohne dich.“ Sie lachte, „Das wird mir genauso gehen. Bis morgen. Ich liebe dich.“ „Ich liebe dich auch. Wir sehen uns morgen.“ Zärtlich legte Takeru seine Hand in ihren Nacken und zog sie sanft in eine Umarmung. Dabei senkte er seinen Kopf. Als sich ihre Lippen trafen legte er seine andere Hand um ihre Hüfte um sie näher an sich heranzuziehen. Nachdem das Paar ihren Kuss gelöst hatte blickten sie sich verliebt in die Augen. Er strich ihr über ihre Wange, bevor er seinen Heimweg antrat. Kapitel 48: Überraschungen -------------------------- Hikari zuckte erschrocken zusammen, als sich ohne Vorwarnung ihre Bürotür öffnete. „Warum wolltest du mich sprechen?“, kam es fragend von ihrer Gesprächspartnerin. „Guten Morgen Ito. Ich freue mich, dass Sie zu diesem Termin erschienen sind. Erst einmal möchte ich Sie darauf hinweisen, dass wir Arbeitskollegen sind. Daher sparen Sie sich die vertrauliche Anrede. Außerdem würde es mich erfreuen, wenn Sie vorher anklopfen, bevor Sie mein Büro betreten.“ „Mit Takaishi sprichst du nicht so förmlich.“ Hikari ignorierte gekonnt, das ihre Kollegin sie immer noch vertraulich ansprach. Unbewusst griff sie nach ihrem Armband. Es fühlte sich für sie an, als wenn alle Freunde, ihr Bruder und vor allem Takeru bei ihr waren. Sie merkt, wie ihr Selbstvertrauen wuchs. ‘Mal sehen, wie sie reagiert, wenn sie merkt, dass ich ihre Vorgesetzte bin.‘ „Das entspricht der Wahrheit. Trotzdem wüsste ich nicht, warum Sie dies etwas angeht. Ich habe Sie nicht um diesen Termin gebeten, um mit Ihnen zu besprechen, wen ich wie in dieser Redaktion anrede. Ich möchte, dass Sie Fotos für diesen Artikel machen.“ Hikari reichte ihrer Gesprächspartnerin eine Mappe. „Die genauen Details befinden sich in dieser Akte.“ Ito sah Hikari skeptisch an. „Wieso soll ich einen Auftrag von dir entgegen nehmen? Du bist eine Fotografin, genau wie ich.“ Die Braunhaarige musste lächeln. ‘Wie kann man nur so von sich eingenommen sein. Sie möchte es nicht anders, also Konfrontationskurs.‘ „Darf ich fragen, wann Sie ihren Urlaub beendet haben?“ „Ich wüsste nicht, was dich das angeht.“ Hikari verschränkte ihre Arme vor der Brust. Sie hatte es von Anfang an geahnt, dass die Zusammenarbeit mit Ito spezielle werden würde. Die junge Frau schaute in die Augen ihrer Gesprächspartnerin. „Ich frage nur, weil sich in der letzten Zeit einige Umstrukturierungen in der Redaktion ergeben haben. Sie scheinen dies nicht mitbekommen zu haben.“ Ito streckte ihren Rücken durch um größer zu wirken. Dabei sah es so auch, als ob ihre üppige Oberweite ihren Blazer sprengen wollte. „Ich habe vor einer Stunde angefangen zu arbeiten. Daher hatte ich noch nicht die Möglichkeit, meine gesamten E-Mails durchzuschauen.“ ‘Bei allen Heiligen, wenn sie so weiter macht trifft mich der Knopf ihres Blazers im Gesicht.‘ „Sie wissen schon, dass ich eine Frau bin?“, fragte Hikari irritiert nach. „Wie bitte?“ „Ach nichts. In einer Stunde kann man die wichtigsten E-Mails lesen. Vielleicht haben Sie sich ihren Kaffee in der Kantine schmecken lassen und Ihre Arbeit aus den Augen verloren. Das soll schon öfters vorgekommen sein.“ ‘Vor allem bei dir. Tratsch Tante ist dein zweiter Vorname.‘ „Was bildest du dir eigentlich ein, Yagami? Denkst du wirklich, dass ich mich von dir rumkommandieren lasse?“ Langsam wurde Hikari wütend. Sie stellte sich vor ihre Gesprächspartnern, blickte ihr mit einem strengen Blick in die Augen. „Hier eine Zusammenfassung unseres Gespräches: Ersten: Möchte ich Sie erneut darauf aufmerksam machen, dass ich keine vertrauliche Anrede wünsche. Zweitens: Hätten Sie Ihre E-Mails, vor diesem Termin, gelesen wüssten Sie, dass Yamamoto zurückgetreten ist. Er ist nur noch stiller Teilhaber. Drittens: Ich habe ein Recht darauf Ihnen Aufträge zu erteilen, da ich Ihre neue Vorgesetzte bin. Viertens: Sie nehmen diese Akte an sich und erstellen die entsprechenden Fotos bis Morgen.“ „Das ist ein schlechter Scherz. Ich lasse mir nichts von jemand sagen, der eine Ehe zerstört. Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich dir den Schwachsinn ‚Wir sind nur ein Tanzpaar‘ abkaufe. So wie ihr euch anfasst und in die Augen seht seid ihr mehr. Deine Umgebung muss echt blöd sein, um dir zu glauben.“ Die Braunhaarige holte tief Luft. Sie zählte in Gedanken bis Zehn, bevor sie antwortete: „Meine Scherze sehen anders aus. Sie können sich sicher sein, dass Sie nicht so schnell erleben werden, wenn ich einen Scherz mache. Zu Ihren Anschuldigungen werde ich mich nicht äußern. Da ich der Meinung bin, dass mein Privatleben Sie nichts angeht. Nur so viel: Sehen heißt nicht, dass man etwas richtig verstanden hat.“ Hikari machte eine Pause, bevor sich weiter sprach: „Falls Sie nicht möchten, dass Sie disziplinarische Konsequenzen zu befürchten haben nehmen Sie sich augenblicklich diese Akte…“ Sie ging auf Ito zu dabei drückte die Braunhaarige die Akte auf die Brust ihrer Gesprächspartnerin, „… an sich und verlassen augenblicklich mein Büro. Bis Morgen möchte ich die Fotos auf meinem Schreibtisch liegen haben.“ Sprachlos nahm Ito das besagte Dokument an sich und ging zur Tür. „Ito?“ Die Angesprochene drehte sich zu Hikari um. „Falls Sie meinen Worten keinen Glauben schenken, lesen Sie bitte, was an meiner Bürotür steht. Ich weiß, dass Sie eine gute Fotografin sind. Daher hoffe ich auf eine gute Zusammenarbeit mit Ihnen.“ „Ich danke Ihnen, Yagami. Sie werden die Fotos termingerecht bekommen.“ Bevor Hikari etwas sagen konnte war ihre Kollegin aus ihrem Büro gegangen. Die junge Frau atmete tief durch und setzte sich auf ihren Bürostuhl. Sie kramte in ihrer untersten Schublade. Irgendwo hatte sie eine Notration gelagert. Dies war so ein Notfall. Schnell holte sie die Tafel Schokolade heraus und brach sie ein Stück ab, welches sie sich genüsslich in den Mund schob, dabei schloss sie ihre Augen. Ein zufriedenes Seufzen verließ ihre Kehle, als sie die geschmolzene Süßigkeit runterschluckte. Kaum war der Geschmack der Schokolade aus ihrem Mund verschwunden kam ihr das Gespräch mit Ito wieder in den Sinn. ‘Na, das kann ja heiter werden. Ich finde, ich habe mich gut geschlagen. Hoffentlich bekommt sie nicht mit, dass ich mit Takeru zusammen bin.‘ Nach einem Meeting, vielen Telefonaten und der Durchsicht von unzähligen Fotos klopfte es an Hikaris Bürotür. Gedankenverloren bat sie ihren Gast herein. Als die Braunhaarige bemerkte, dass sie nicht angesprochen wurde hob sie ihren Kopf. Erstaunt schaute sie in die Augen von Iori. „Hallo Cody. Ich freue mich dich zu sehen. Was führt dich zu mir?“ „Hey Kari. Ich … ähm … wollte…“, stotterte der junge Jura Student vor sich her. Hikari ging auf ihn zu. Sanft legte sie ihre rechte Hand auf seine Schulter. „Was ist los? Ist irgendetwas passiert?“ „Ja! Nein! Es geht indirekt um deine Geburtstagsfeier.“ Die junge Frau runzelte die Stirn. Sie wusste, dass Iori ein schüchterner Mann war. Ihn so sprachlos zu sehen war trotzdem etwas Neues für sie. „Die Feier ist eine Woche her. Was ist passiert?“ „Ich habe mich seit deiner Geburtstagsfeier öfters mit jemand getroffen.“ „Das freut mich für dich. Wer ist-“ Iori holte tief Luft mit Absicht sah er an Hikari vorbei, das Bild vom Asakusa-Schrein war interessanter, als ihr in die Augen zu sehen. Schnell wischte er sich seine schweißnassen Hände an seiner Hose ab. „Lou…isa.“ Seine leise Stimme drang in ihre Ohren und erreichte langsam ihr Bewusstsein. „Reden wir gerade von der Schwester von Takeru und Matt?“, fragte sie irritiert nach. „Mh.“ „Das ist nicht dein Ernst, Cody.“ „Doch.“ Hikari musste sich setzen. „Heißt das, dass ihr ein Paar seid?“ „Nein, das sind wir nicht.“ Verwirrt musterte die Braunhaarige den jungen Mann. Dieser stand wie ein Häufchen Elend in ihrem Büro. In seinem Gesicht konnte sie den Schmerz sehen, den er empfand. „Du hast dich in sie verliebt?“, fragte sie vorsichtig nach. „Ich weiß es nicht, Kari. Selbst wenn dass der Fall sein sollte würde es nicht funktionieren.“ „Was macht dich da so sicher?“ „Mir fallen auf die Schnelle vier Probleme ein. Der Altersunterschied zum Beispiel. Louisa ist minderjährig. Ich würde das Gesetz brechen. Wir leben in unterschiedlichen Ländern. Gerade du müsstest es verstehen, dass das nicht gut gehen kann. Matt würde aus mir Kleinholz machen.“ Die junge Frau hatte aufmerksam zugehört und ihre eigene Schlüsse gezogen. Iori hatte sich in Louisa verliebt. Er ließ seinen Verstand handeln, nicht sein Herz. „Setz dich erst mal hin.“ Sie ging an ihren Schreibtisch und goss ein Glas Wasser ein, dieses stellte sie Iori hin. „Das ist ein schöner Schlamassel, in den du reingeraten bist. Bist du dir sicher, bei dem was du fühlst, oder ist es eine Vernunftentscheidung?“ „Ich weiß es wirklich nicht.“ Der junge Mann blickte verzweifelt in die bernsteinfarbenen Augen seiner Gesprächspartnerin. „Was sagt Louisa zu der ganzen Sache?“ Iori seufzte, „Sie hält sich bedeckt.“ „Ich mache dir einen Vorschlag. Du wirst dir erst einmal über deine Gefühle im Klaren. Ich versuche mit Louisa zu reden. Gibt es etwas, dass ich wissen sollte?“ „Du meinst, ob wir … Bei allen was mir heilig ist. Nein!“ „Ich rede von einem Kuss. Wovon redest du?“ Hikari rieb sich ihre Schläfen. Langsam bekam sie Kopfschmerzen. Dieser Tag hatte es in sich. Erst ging Ito ihr auf die Nerven und jetzt beichtete ihr ein Freund, dass er auf dem besten Weg war sich in die Schwester ihres Freundes und ihres besten Freundes zu verlieben. „Ähm … das schon … mehr war aber wirklich nicht. Wirst du es Matt oder deinen Freund erzählen?“ Die junge Frau schüttelte ihren Kopf. „Ehrlich gesagt, werde ich das nicht machen. Du solltest dir über deine Gefühle klar werden. Das Gleiche gilt auch für Louisa. Sei dir aber bewusst, dass sie in zwei Wochen wieder nach Paris zurückkehren wird. Das wird sich nicht verhindern lassen, da sie auf ein Internat für Sprachen gehen soll.“ „Aber-“ „Cody, vergesse deine Zweifel, den Altersunterschied, beachte nicht, dass Louisa die Schwester von Takeru und Matt ist. Sei ehrlich dir und Louisa gegenüber. Alles andere wird sich irgendwie regeln.“ Unsicher sah Iori seiner Gesprächspartnerin in die Augen. Bei ihr hörte es sich alles einfach an: ‚Sei ehrlich dir und Louisa gegenüber.‘. war es das auch? Ihm schwirrte sein Kopf. Er kam zu dem Schluss, dass er die Zeit dier er mit Louisa noch hatte, gemeinsam mit ihr genießen wollte – als ein Freund. „Danke dir, Kari. Du hast mir sehr geholfen.“ Kurz nahm er Hikari in seine Arme und gab ihr einen kleinen freundschaftlichen Kuss auf die Wange. „Wofür? Ich hoffe, ich konnte dir helfen.“ Genervt vom Tag klingelte Hikari an der Wohnungstür von Takeru. Sie wollte nur noch ihre Füße hochlegen und sich dabei in die starken Arme von Takeru kuscheln. Die letzten Stunden hatten enorm an ihren Nerven gezerrt. Das Training hatte ihr die letzten Kraftreserven gekostet. Louisa öffnete ihr die Tür. „Heiliger Buddha! Wie siehst du aus?“ „Guten Abend Isa. Mein Tag war zum vergessen. Vor meinem Tanztraining hatte ich ein interessantes Gespräch mit Cody.“ Die Blondine zuckte unmerklich zusammen, als Hikari sie auf den jungen Jura Studenten ansprach. „Kari-“ Die Tür vom Badezimmer hatte sich geöffnet. Da stand er, ihr Fels in der Brandung. Der Mann, der ihr immer ein Lächeln entlocken konnte. Der Mann, der sie immer auffing und für sie da war. Sofort merkte sie, wie der Stress von ihr abfiel. „Hallo Hika.“ Takeru kam auf seine Freundin zu. Zärtlich legte er seine Hände auf ihrer Taille ab. Der Duft von seinem Duschgel vermischte sich mit dem ihren altbekannten Geruch seines Aftershaves. Schon spürte sie seine Lippen auf ihre. „Wie lange habt ihr trainiert, wenn du so fertig bist?“ „Wir haben zweieinhalb Stunden getanzt. Das hat mir nur den Rest gegeben.“ „Was ist passiert?“ Mittlerweile saßen Takeru, Hikari. Louisa und Jean am Tisch und aßen ihr Abendbrot. Kurz fassten alle ihren Tag zusammen. Hikari erzählte von einer aufmüpfigen Kollegin, ihrem Training und einem Freund, der ihre Hilfe benötigte. Dabei sah sie der Blondine in die Augen. Takeru war viel zu wütend, auf seine Kollegin. Somit bekam er die Blicke, die sich Hikari und Louisa zuwarfen nicht mit. „Was bildet sich diese Frau nur ein. Sie kann von Glück reden, dass ich nicht anwesend gewesen bin.“ „Lass uns später darüber reden. Keru.“ Kurze Zeit später zogen sich Jean und Louisa auf ihre Zimmer zurück. Als Hikari auf ihn zukam hob Takeru die Bettdecke an und zog seine Freundin in eine innige Umarmung. Sie legte ihren Kopf auf seine Brust und lauschte seinem Herzschlag. „Worüber hast du dich mit Louisa unterhalten?“ „Ich habe sie nur etwas gefragt. Dabei haben wir festgestellt, dass wir das Gespräch auf ein anderes Mal verschieben müssen. Da es heute schon zu spät ist.“ „Muss ich mir sorgen machen?“ Hikari gähnte herzhaft. „Ich glaube nicht.“ Takeru strich liebevoll die Wirbelsäule von seiner Freundin rauf und runter. „Glaubst du, dass du weiterhin Schwierigkeiten mit Ito haben wirst?“ Verwundert darüber, dass er keine Antwort bekam hob er leicht seinen Kopf an. Er konnte zwar keinen Blick in ihr Gesicht erhaschen. Dafür verrieten ihm ihre Atemzüge, dass sei eingeschlafen war. Sanft küsste er ihren Kopf. Kurze Zeit später war auch Takeru im Land der Träume angekommen. Kapitel 49: Von purem Neid und einem Vater-Sohn-Gespräch -------------------------------------------------------- Hiroaki ließ sich sein Mittagessen in der Verlagskantine schmecken, als er Zeuge eines Gespräches zwischen zweier Frauen wurde. Eigentlich hörte er immer gekonnte über die Unterhaltungen seiner Mitarbeiter hinweg. Als er Hikaris Namen hörte wurde er hellhörig. „Ich sage es dir, Yoko. Yagami hat sich aufgeführt wie eine arrogante Schnepfe.“ „Das kann ich mir bei ihr gar nicht vorstellen.“ „Oh doch, die war wie ein verzogenes Prinzesschen. Ich hätte vor dem Termin mit ihr meine E-Mails lesen sollen. In einer E-Mail steht, dass Yamamoto zurückgetreten ist.“ „Damit hat sie Recht. Sein Nachfolger wurde noch nicht offiziell vorgestellt, dies soll wohl auf dem Sommerfest passieren. Es pfeifen aber die Spatzen von den Dächern, dass Yagami die Nachfolge angetreten hat.“ „Das scheint auch zu stimmen. Jedenfalls steht es an ihrer Bürotür. Ich frage mich nur, wie gerade die an diese Stelle gekommen ist. Spielt ein auf schüchtern und unscheinbar. Dabei hat sie es faustdick hinter den Ohren.“ „Ich gebe dir einen Rat, Ito Katana: Halte deine Füße still. Yagami ist sehr beliebt bei den Mitarbeitern.“ „Beliebt? Die ist eingebildet, hochnäsig, arrogant und geht über Leichen. Wie kann so jemand beliebt sein. Du hättest dabei sein sollen, als ich in ihrem Büro war. Die hat mir mit Konsequenzen gedroht, wenn ich nicht mache, was sie will.“ Hiroaki hatte genug gehört. Er nahm sich seinen leeren Teller und stelle diesen in den Wagen für die Geschirr-Rückgabe. Danach holte er sein Handy aus der Hosentasche. Als sein Gesprächspartner seinen Anruf angenommen hatte blieb er kurz vor dem Tisch der beiden Frauen stehen. „Hallo Takeru! Kann ich dich bitte in einer halben Stunde in meinem Büro sprechen? Es ist dringend.“ >Hallo Hiroaki. Zu der Zeit haben wir doch sowieso einen Termin“<, kam es irritiert von der anderen Leitung. „Ich wollte mich nach deiner Zusammenarbeit mit der neuen Cheffotografin erkundigen. Immerhin arbeitetest du eng mit Yagami zusammen. Der blonde junge Mann stutzte: >Sag mal, ist alles in Ordnung mit dir? Seit wann sprichst du so förmlich, wenn es um Hikari geht?< „Ich bin gerade in der Kantine. Es gibt noch etwas Anderes, dass wir besprechen müssen.“ >Ist es etwas Ernstes?< „Könnte man so sagen. Bis gleich in meinem Büro.“ Die Frauen zuckten zusammen, als sie die Stimme von Hiroaki Ishida hörten. Diese klang alles andere als herzlich. Im Allgemeinen hatte der Verlagsinhaber den Ruf inne kühl, distanziert und unnachgiebig zu sein. Er verkörperte den japanischen Geschäftsmann perfekt. „Was geht in diesem Verlag vor sich? Ishida spricht jemanden in der Redaktion vertraulich an. Dass ist ja noch nie passiert.“, fragte Ito ihre Freundin. Dabei warf sie arrogant eine Haarsträhne über ihre Schulter. „Ich habe keine Ahnung. Komisch ist es schon.“ Hirokai grinste, als er die Worte der beiden Frauen hörte und machte sich auf den Weg in sein Büro. --- Takeru korrigierte den vor ihm liegenden Artikel, als sein Telefon klingelte. Kurz schaute er auf das Display, vielleicht konnte er den Anruf erst einmal ignorieren, bis er mit dieser Arbeit fertig war. Diesen Wunschgedanken verwarf er schnell, da der Name seines Vaters auf dem Display erschien. Verwundert nahm er den Anruf an. Nachdenklich legte Takeru den Telefonhörer auf. Das Gespräch mit seinem Vater war verwirrend. Der junge Mann ließ seinen Nacken nach hinten fallen und fuhr sich mit seinen Händen über sein Gesicht. ‘Was zum Geier ist jetzt schon wieder los? Ist es zu viel verlangt, dass ein Tag – nur ein einziger Tag – ohne Katastrophen verläuft.‘ Schnell korrigierte er den vor sich liegenden Artikel und speicherte diesen ab. Danach griff er nach der Mappe in der die Unterlagen waren die er für den Termin mit seinen Vater benötigte. Als er seine Bürotür schloss hörte er eine weibliche Stimme nach ihm rufen. „Takaishi, haben Sie einen Moment?“ Genervt verdrehte der junge Mann seine Augen, als er die Stimme seiner Gesprächspartnerin erkannte. Diese konnte seine Geste nicht sehen, da er mit dem Rücken zu ihr stand. ‘Die hat mir gerade noch gefehlt. Wieso tut sich nicht ein Loch im Boden auf und verschlingt sie?‘ „Ehrlich gesagt, habe ich keine Zeit, Ito. Worüber möchten Sie mit mir sprechen? Vielleicht habe ich nachher noch Zeit mich mit Ihnen zu unterhalten“, kam es gereizt vom Chefredakteur. „Ich wollte Sie eigentlich nur fragen, ob Sie schon eine Begleitung für das Sommerfest haben.“ Ito ging auf Takeru zu. ‘Die ist nerviger als Fußpilz.‘ „Ich wüsste nicht, dass Sie das etwas angeht. Entschuldigung, ich muss zu einem Termin.“ Koket klimperte sie mit ihren Augen. „Vielleicht können wir später-“ Takeru musste sich zusammen reißen, um nicht laut aufzulachen. Seine Kollegin wusste anscheint nicht, wie lächerlich sie sich gerade macht. Flink ging er einige Schritte nach hinten, um den Abstand zwischen ihnen zu vergrößern. „Das glaube ich nicht“, patzte er die junge Frau vor sich an. „Ich werde nachher keine Zeit für so ein Gespräch haben. Nur damit keine Missverständnisse aufkommen. Ich werde nicht mit Ihnen gemeinsam auf das Sommerfest gehen. Noch werde ich mich mit Ihnen privat treffen. Sie können Ihren Mann fragen, ob er Sie nicht begleiten möchte. Auf Wiedersehen.“ Takerus Stimme hatte sich während dem Gespräch von genervt über schlecht gelaunt bis zu wütend geändert. Diese Frau war ein rotes Tuch für ihn. Er mochte ihr Getratsche nicht. Dass sie ihm nachlief wie eine läufige Hündin ging ihm gehörig auf die Nerven. Was ihn bald seine gute Erziehung vergessen ließ war Itos Umgang mit Hikari. Natürlich hatte er schon damals - als Hikari in dem Verlag anfing zu arbeiten - gemerkt, dass sie es auf die Braunhaarige abgesehen hatte. Er nahm an, dass es der Neid war, der Ito ihre Giftpfeile gegen seine Freundin abfeuern ließ. Hikari war Ito in allen Bereichen, egal ob persönlich oder beruflich, weit überlegen. Der Ausstrahlung seiner Freundin konnte man sich schwer entziehen. Sie umgab immer eine freundliche Aura, die sie von innerheraus wie ein warmes Licht strahlen ließ. Mit ihrem Liebreiz hat sie schon manchen Streit zwischen ihren Brüdern und im Freundeskreis im Keim erstickt. Der Chefredakteur drehte Ito den Rücken zu und ging schnellen Schrittes zum Fahrstuhl. Innerlich bete er das Ito ihn nicht folgen würde. Als er in den Aufzug stieg sah er seine Kollegin immer noch am selben Fleck stehen. Sie sah ihm mit offenen Mund nach. --- Als sich die Aufzugstür öffnete, atmete Takeru noch einmal tief durch, bevor er zu dem Büro seines Vaters ging. Die strenge Stimme von Hiroaki gewährte Takeru Zutritt zu dessen Büro. Als der Blonde die Tür geschlossen hatte, sahen sich die Beiden in die Augen. ‘So wie er mich anschaut, ist er gerade mein Vater. Was geht hier vor sich?‘ Der Älter deutete mit einer Geste an, dass sich sein Gesprächspartner auf dem Stuhl vor seinem Schreibtisch setzten sollte. „Da wir nicht am Beratungstisch sitzen gehe ich davon aus, dass du mich auch persönlich sprechen wolltest“, eröffnete Takeru das Gespräch. Er lehnte sich gelassen an die Rückenlehne an und wartete ab. „Du kennst mich gut, Takeru.“ „Was liegt dir auf der Seele?“ „Hikari.“ „Wie darf ich das verstehen?“ „Das ich dich auch wegen Hikari sprechen wollte.“ „Heiliger Buddha, jetzt weiß ich von wen Matt seine Gesprächsführung erlernt hat“, kam es wütend von dem Jüngeren. „Ich weiß von wen du dein Temperament geerbt hast“, konterte Hiroaki. „Bestimmt nicht von dir.“ „Richtig.“ Es entstand eine kurze Pause. Diese wurde wieder von dem Jüngeren unterbrochen: „Kannst du ein vernünftiges Gespräch führen, in dem dein Gegenüber dich versteht? Was hat mein Temperament mit Hikari zu tun?“ „Nichts.“ Lautstark atmete der Blonde aus. „Wieso bist du so gereizt, Takeru?“ „Mir geht eine Kollegin gehörig auf die Nerven. Am liebsten würde ich sie dahin jagen wo der Pfeffer wächst und dafür sorgen, dass sie den Heimweg nicht mehr findet. Aus deinem, nennen wir es mal, Gespräch werde ich nicht schlau.“ „Was weißt du über die Arbeitsbeziehung von Hikari und Ito?“ Bei dem Namen seiner Kollegin schloss der Blonde kurz seine Augen. ‘Nicht schon wieder. Ich raste gleich aus.‘ „Gelinde gesagt können wir uns auf einen Urknall vorbereiten.“ „Wie kommst du darauf?“ „Ito nimmt Hikari nicht als Vorgesetzte wahr. Was aber nicht an Hikaris Autorität liegt. Über kurz oder lang wird ihr der Kragen platzen. Dann sollte nicht nur Ito in Deckung gehen, sondern alle die in ihrer Nähe sind.“ „Dass es nicht an Hikari liegt habe ich mir nach dem Gespräch zwischen Ito und einer anderen Mitarbeiterin in der Kantine schon denken können.“ „Was hast du gehört?“ Hiroaki erzählte seinem Sohn, was er gehört hatte. Wütend sprang der Blonde von seinem Stuhl auf und fuhr sich mit einer Hand durch die Haare. „Was bildet sich diese Frau eigentlich ein?“ Trotz dem Ernst der Lage - den er nicht aus den Augen verlor – musste Hiroaki schmunzeln. Takeru hatte genauso reagiert, wie er vermutet hatte. Er musste auf Grund seiner Entscheidung sechszehn Jahre auf seinen Sohn verzichten. Als er die Chance hatte seinen Sohn wieder in seiner Nähe zu haben, war er dem Schicksal dankbar. In den letzten Monaten hatte er Takeru sehr gut kennen gelernt. Dadurch war es Hiroaki möglich, die Verhaltensweisen seines Sohnes vorherzusehen. Diese Entscheidung konnte er jedoch nicht verstehen. Daher nutze er die Gunst der Stunde. „Warum weiß keiner in der Redaktion, dass du in einer Beziehung mit Hikari bist?“ „Woher weißt du das?“, kam es geschockt vom Jüngeren. „Ich habe Augen im Kopf. Ich warte auf eine Antwort.“ Verlegen schaute Takeru zur Seite. „Wir haben unsere Gründe.“ „Die wären?“ „Wir wollen Berufs- und Privatleben voneinander trennen.“ „Das wir nicht immer funktionieren.“ „Als wir zusammen gekommen sind, war ich ihr Vorgesetzter.“ „Das bist du nicht mehr. Ihr seid gleichgestellt, was eure Arbeitsplätze angeht.“ „Genau aus dem Grund wollen wir nichts sagen. Wir wollten erst einmal schauen, ob es überhaupt zwischen uns klappt. Außerdem hat Hikari Angst vor den Reaktionen der Kollegen. Sie ist die Freundin von Chefredakteur, der wiederum der Sohn vom Verlagsinhaber ist. Kurze Zeit später wird sie befördert. Was meinst du, was da für Gerüchte auftauchen?“ „Meinst du nicht, dass das Mumpitz ist?“ „Du weißt, was über sie erzählt wird?“ „Natürlich weiß ich das. Das hängt damit zusammen, weil Ito neidisch auf Hikari ist. Sie würde vielleicht deine Freundin in Ruhe lasse, wenn sie wüsste, dass du der Mann an ihrer Seite bist. Außerdem hat Ito und die halbe Redaktion noch nicht bemerkt, dass du mein Sohn bist.“ Nachdenklich ging Takeru zum Fenster und blickte über die Stadt. „Takeru, sie braucht jemanden, der sie auffängt. Was meinst du, wie Hikari reagiert, wenn sie mitbekommt, wie Ito über sie spricht?“ Von seinem Sohn kam keine Antwort, da dieser in seine Gedanken versunken war. ‘Sie würde ihr Selbstvertrauen verlieren.‘ Hiroaki durch brach das Schweigen und bestätigte seinen Sohn, was er vermutete: „Sie wird sich von allen Menschen - auch von dir - und ihrer Arbeit zurückziehen. Das Einzige was sie machen würde wäre das Tanzen. Wenn du Pech hast geht eure Beziehung in die Brüche. Willst du das?“ „Nein. Woher kennst du sie so gut?“ Sein Vater musste lächeln. „Ich habe sie praktisch aufwachsen gesehen. Viele Höhen und Tiefen in ihrem Leben mitbekommen. Vergesse nicht, dass sie eine sehr gute Freundin von Matt ist. Im Übrigen würde ich mich nie deinem Glück indem Weg stellen. Außerdem ist es mir egal, was meine Mitarbeiter sagen. Ich möchte einfach, dass du glücklich wirst. Bei unserem Gespräch in deinem Büro – als es um die Pariser Bilder ging – habe ich es dir schon mal gesagt: Meinen Segen hast du beziehungsweise ihr.“ Takeru drehte sich vom Fenster weg, um seinen Vater überrascht in die Augen zu sehen. Als dieser seinen Blick bemerkte, musste er lachen. „Ich habe schon damals gewusst, dass du Hikari liebst. Mach eine zehnminütige Pause. Danach gehen wir das geschäftliche durch.“ „Danke dir, Vater.“ „Nicht dafür. Du bist mein Sohn. Das warst und bist du immer, egal was du machst.“ Kapitel 50: Geh deinen Weg und lass die Leute reden --------------------------------------------------- Hikari schloss ihre Bürotür. Traurig ging sie an das Fenster und blickte über Tokio. Die Arme hatte sie beschützend um ihre Körpermitte geschlungen. Ihr war zum Weinen zu mute. Wieso musste ihr das passieren? Warum hatte es ihre Kollegin auf sie abgesehen? Weshalb setzte Ito solche Gerüchte in die Welt? Über ihre angebliche Affäre mit Ken konnte sie noch schmunzeln. Kannten alle ihre Freunde, Takeru und Hiroaki die Wahrheit. Das Ito in der Redaktion erzählte, sie sei ein arrogantes, eingebildetes und verwöhntes Prinzesschen, traf sie hart. Doch äußerte sich die Braunhaarige nicht öffentlich zu diesen Anschuldigungen. Erhobenen Hauptes hatte Hikari ihre Arbeit weiter professionell ausgeübt. Sie ging sogar so weit, dass sie vor Ito so tat, als wüsste sie von ihren Intrigen nichts. Sie behandelte ihre aufmüpfige Kollegin genau wie die anderen auch. Die Braunhaarige wollte ihren guten Ruf, den sie sich bei den Kollegen erarbeitet hatte nicht aufs Spiel setzten. Takeru hatte sie gefragt, ob sie sich sicher ist, dass Ignoranz der richtige Weg war. Daraufhin meinte sie nur: „Man soll seine Feinde wie seine Freunde behandeln.“ Ihr Freund bewunderte sie für diese Größe. Er tat alles um sie zu unterstützen und aufzumuntern. Einmal bat er ihr sogar an mit seinem Vater zu reden. Dies lehnte sie ab, mit der Begründung, dass dies als eine Schwäche aussehen würde. Jetzt hatte Ito über das Ziel hinausgeschossen. Nachdem diese erfahren hatte, dass Hikari die Nachfolge von Yamamoto angetreten hatte, setzte sie das Gerücht in die Welt, Hikari hätte diese Stelle nur bekommen, weil sie das Betthäschen von Yamamoto war. Sie fragte sich, warum sie ihre neue Arbeitsstelle angenommen hatte. Damit hatte das ganze Unheil angefangen. Hätte sie damals einfach gesagt, sie möchte die Stelle der Cheffotografin nicht annehmen, würde sie heute ruhiger leben. Sie wäre glücklich ihren Traumberuf auszuüben. Hätte den ganzen Ärger nicht und würde nicht darüber nachdenken alles hinzuschmeißen. Sie merkte, wie ihre letzten Kraftreserven ihren Körper verließen. Selbst das Tanzen konnte ihr nicht mehr die erhoffte Ruhe und Entspannung bringen. Sie merkte selber, wie sie sich von ihren Freunden zurückzog. Selbst Takeru hielt sie auf Abstand. Ihr tat ihr Handeln selbst leid, aber sie wollte erst einmal wieder zu ihrem ‚Ich‘ finden, sie wollte wieder die Hikari werden, die sie früher war. Die junge Frau löste den Blick von der Skyline Tokios und sah auf ihr Armband. Alle Anhänger symbolisierten das was ihr in ihrem Leben wichtig war. Wer an sie glaubte. Wer sie liebte. Vor allem zeigte ihr ein Anhänger, dass sie ein Gegenstück hatte und nie alleine war. Dass er immer für sie da war, sie vom Herzen liebte. Nicht ein einziges Mal hatte er es in Betracht gezogen, dass an den Gerüchten um sie ein Fünkchen Wahrheit stecken konnte. Dazu kannte Takeru sie zu gut. Sie sah lächelnd auf die Sonne und fasste ein Entschluss: Sie wollte die Dunkelheit, die ihr Herz erfasst hatte, wieder durch ihr Licht ersetzten. Ab heute war Schluss mit dem ‚Was wäre wenn …‘ Gefrage. Sie wollte kämpfen, für das was ihr wichtig war und für das was sie liebte. Sie wollte ihr Leben zurück. Selbstbewusst wischte sie sich die Tränen aus dem Gesicht und streckte ihren Rücken durch. ‘Wie sagte Dante Alighieri einmal: >Geh deinen Weg und lass die Leute reden!< Die Menschen die mich lieben und denen ich wichtig bin kennen die Wahrheit. Jetzt werde ich mir meine Leben zurückholen.‘ --- Takeru las sich gerade einen Artikel über den Tanzsport durch. Er kam nicht weiter, da er die Hälfte nicht verstand. Das ganze Fachchinesisch ließ Fragezeichen über seinen Kopf aufleuchten. Wie sollten die Leser den Artikel verstehen? ‘Was sind spanische Arme? Chicken Walk, was zum Geier ist das schon wieder? Brezel ist das nicht etwas zum Essen? Warte mal das ist…‘ Der Blonde wurde aus seinen Gedanken gerissen, als es an seiner Bürotür klopfte. Da sich sein Herzschlag automatisch beschleunigte konnte er sich denken, wer um Eintritt bat. „Du kannst reinkommen“, erklang seine Stimme gedankenverloren. Er bekam gar nicht mit, dass Hikari sein Büro betreten hatte. Erst als sie vor seinen Schreibtisch stand und ihn ansprach zuckte er zusammen. „Was liest du interessantes?“ „Ehrlich gesagt, weiß ich nicht ob es interessant ist. Ich verstehe den Artikel nicht. Die Sportjournalisten schreiben immer so hochtrabend. Könntest du mir bitte helfen.“ Takeru deutete ihr an sich auf seinen Bürostuhl zu setzen. Hikari umrundete den Tisch. „Du bist dir sicher, dass ich das kann?“ „Ganz sicher. Es handelt sich um einen Tanzartikel.“ Hikari setzte sich und las sich den Artikel durch. Kurz stutze sie, als sie einen Namen las, der ihr bekannt vorkam. Nachdem sie die Zeilen zu Ende gelesen hatte wandte sie sich Takeru zu. „Unser Kollege hat den Jive von Ito/Hongo unter die Lupe genommen. Dabei hat er einige Figuren genannt, die das Tanzpaar getanzt hat. Ich muss sagen, dass es hart für Ken und mich wird. Dieses Tanzpaar gehört zu den besten.“ „Aha, es geht um einen Jive. Was sind spanische Arme, Chicken walk und Brezel?“ „Wie schon gesagt, unser Kollege hat Figuren des Jives beim Namen genannt. Es ist klar, dass ein Laie dass nicht verstehen kann. Du hast alle diese Figuren schon getanzt. Spanische Arme ist eine halbe Drehung in geschlossener Tanzhaltung. Beim Chicken walk geht der Herr rückwärts und zieht seine Partnerin an der Hand. Diese macht kurze Schritte mit ausgestreckten Beinen nach vorne. Ihren Oberkörper neigt sich über ihr Gesäß. Die Brezel kennst du eigentlich aus dem Disco Fox. Die Dame tanzt hinter dem Rücken des Herrn. Die rechte Hand des Herrn und die linke der Dame sind nach oben gerichtet. Durch eine Drehung des Herren und danach von der Dame löst man die Figur auf.“ Takeru überlegte kurz. „Ich komme nicht weiter.“ Hikari reichte ihn ihre Hand. „Komm ich zeige dir von welchen Figuren geschrieben wurde.“ Die Braunhaarige ließ seine Hand los. „Hast du es jetzt verstanden?“ „Mh.“ „Ist der Artikel für eine Fachzeitschrift?“ „Nein, eigentlich sollte er auf die Meisterschaft aufmerksam machen.“ „Dann solltest du den Kollegen bitten, den Artikel für Laien zu schreiben.“ Eine kurze Pause entstand. Takeru musterte seine Freundin. Sie wirkte erschöpft, traurig und dünner als sonst. Ihr Lächeln war nicht aufrichtig und ihre Augen hatten ihren Glanz verloren. „Hika, so kann es nicht weiter gehen. Du machst dich selber fertig. Ich werde mir das nicht läng-“ „Ich weiß. Deshalb wollte ich dich sprechen. Hast du schon gehört, wie ich angeblich die Stelle-“ „Ja und damit ist sie eindeutig zu weit gegangen.“ „Ich kann sie auf eine Art verstehen.“ „Wie bitte? Du machst dich seit Tagen selber fertig. Du isst fasst nichts mehr, hältst alle auf Abstand auch mich. Selbst Ken hat gesagt, dass du beim Training unkonzentriert bist. Wieso nimmst du Ito in Schutz?“ „Das mache ich nicht. Ich habe gesagt, dass ich sie verstehen kann. Ich frage mich, wieso ich nicht früher darauf gekommen bin. Sie kam mir die ganze Zeit bekannt vor. Mit diesem Artikel …“, Hikari deutete auf den Computerbildschirm, „… ist mir einiges klar geworden. Ito Sabuto und Hongo Ai gehören zu den stärksten Gegnern von Ken und mir. Ito Sabuto ist der Ehemann von Ito Katana. Geht dir jetzt ein Licht auf?“ „Wie kommst du darauf, dass er ihr Ehemann ist?“ „Warte, ich zeige dir etwas. Dazu müsste ich an deinen Computer.“ „Tue dir keinen Zwang an.“ Hikari setzte sich wieder an seinen Schreibtisch. Kurz tippte sie auf der Tastatur herum. Hier, schau dir das Bild genauer an.“ Takeru beugte sich nach vorne und stütze seine Hand auf die Schreibtischplatte ab. Als er auf den Bildschirm schaute musste er grinsen, „Du siehst -“ „Du sollst nicht auf mich achten. Schau dir den Hintergrund an.“ „Sora, Yolei, Ito, Davis.“ Takeru stutze, „Momentmal, wieso stehen Sora, Yolei und Davis im Backstage Bereich?“ Hikari stöhnte auf, „Das meinte ich nicht. Zur Erklärung: Sora war für die Outfits zuständig. Yolei ist die Frau von Ken und Davis war zur der Zeit- “ „Okay, ich habe es verstanden“, brummte der Blonde vor sich her. „Die drei meinte ich aber nicht.“ „Ito?“ „Richtig, sie durfte in den Backstage Bereich, weil sie die Frau von Ito Sabuto ist. Der steht neben Ken und mir auf den zweiten Platz mit seiner Tanzpartnerin. Wie die letzten drei Jahre. Es wird gemunkelt, dass Ito und Hongo nur noch diese Saison als Amateure durchtanzen. Sie wollen zu den Profis wechseln.“ Skeptisch schaute Takeru sie an. „Falls du mir noch immer nicht glaubst. Schau dir das Bild an.“ Hikari hatte ein Bild aufgerufen, auf dem sich ihr Konkurrent und ihre Kollegin küssten. „Wieso verstehst du sie?“ „Ihr Mann ist sehr ehrgeizig. Du kannst bei den Profis besser Fuß fassen, wenn du Titel im Amateurbereich hast. Nur haben diesen Titel Ken und ich in den letzten drei Jahren gewonnen. Letztes Jahr wurde uns angeboten ins Profilager zu wechseln. Dies haben wir ausgeschlagen, weil wir das Tanzen als Hobby sehen. Ken und ich sind auch der Meinung, dass wir im Profilager nicht glücklich werden. Ito Sabuto sieht das anders, er will mit dem Tanzen sein Lebensunterhalt verdienen.“ „Du meinst, dass sie irgendwelche kranken Psychospielchen mit dir spielt um dich mürbe zu machen?“ Hikari drehte sich zu ihm und nickte. „Was machst du jetzt?“ Takeru schaute in ihre Augen. Diese fingen an zu leuchten. „Ich hole mir mein Leben zurück“, grinste sie ihn an. „Ich weiß, was ich für dich empfinde. Genauso sicher bin ich mir, dass sich dies nie ändern wird. Wie sieht es bei dir aus?“ Sie legte sanft eine Hand auf seine Wange. Takeru legte seine Hand auf ihre. „Mir geht es genauso.“ „Wir können die Bombe platzen lassen.“ „Du meinst du willst es öffentlich machen, dass wir ein Paar sind?“ „Richtig. Das schlimmste Gerücht hat Ito schon in die Welt gesetzt und ich bin mir sicher, dass sie damit zu weit gegangen ist. Immerhin ist Yamamoto immer noch stiller Teilhaber des Verlages. Ich glaube nicht, dass er das auf sich beruhen lässt. Ich würde sagen, sie hat sich ins eigene Fleisch geschnitten." „Da magst du Recht haben. Du bist aber mit dem Sohn des zweiten Verlagsinhabers zusammen.“ „Stimmt. Ich habe mich nie öffentlich zu Itos Anschuldigungen geäußert, noch habe ich mich bei deinem Vater über sie beschwert. Mit dir habe ich auch nicht über Ito gesprochen. Als Vorgesetze habe ich sie immer fair behandelt. Ich glaube nicht, dass dich oder mich der Neid von den Kollegen trifft zumal sie nicht sehr beliebt ist. Ito hat dir auch so manches nachgesagt und auch du hast es nie richtig gestellt. Was ich nur nicht verstehe ist, warum sie dich anmacht.“ „Das verstehe ich auch nicht. Wann möchtest du unsere Beziehung offiziell machen?“ „Keine Ahnung, lassen wir es einfach auf uns zukommen. Mit wen gehst du eigentlich auf das Sommerfest?“ „Mit dir. Ich muss nur noch Louisa absagen.“ Hikari kam eine Idee. „Mach das nicht.“ „Wieso nicht? Ich gehe nicht mit meiner Schwester auf das Sommerfest, wenn wir unsere Beziehung verkündet haben.“ „Ich habe dir doch erzählt, dass Louisa sich verliebt hat.“ „Ich habe dir gesagt, dass das nicht gut gehen kann. Wir sind das beste Beispiel, das eine Fernbeziehung nicht funktionieren kann. Außerdem ist sie viel zu jung.“ „Keru, du warst vierzehn Jahre alt, als du deine erste Beziehung eingegangen bist.“ „Wenn schon. Ich kenne den Typ nicht.“ „Du nicht, aber Matt. Cody ist ein guter Freund von uns.“ „Ich glaube nicht, dass Matt es gut finden würde, wenn der Freund von Louisa sechs Jahre älter ist.“ „Matt würde dem Glück seiner Schwester nicht im Wege stehen, weil er Cody kennt. Louisa muss ihren eigenen Weg gehen. Willst du dich mit ihr streiten? Soll sie nach Paris zurückgehen mit dem Gefühl, dass ihr Bruder ihr ihr Glück nicht gönnt?“ „Nein, das soll sie nicht. Mit wen würdest du auf das Sommerfest gehen?“ „Mit Cody-“ „Jetzt erst Recht nicht.“ „Du bist so stur.“ „Ich weiß nicht, was du damit bezwecken willst.“ „Ich wollte den Beiden die Möglichkeit geben, Zeit miteinander zu verbringen. Dir wollte ich zeigen, was für ein toller Kerl Cody ist.“ Takeru seufzte, „Okay, pass auf. Wir gehen gemeinsam auf das Sommerfest. Cody laden wir auf ein Essen ein, bei dem Louisa auch dabei sein wird. So kann ich ihn besser kennen lernen. Was hältst du davon.“ Hikari klatschte begeistert in die Hände, „Super. Ich liebe dich.“ Sie drückte ihm einen Kuss auf die Wange. „Ich dich auch. Obwohl dass eine Schnapsidee von dir war.“ „Ich weiß. Ich wusste auch, dass du es nicht zulassen würdest. Und ich hatte auf diesen Kompromiss deinerseits gehofft.“ Takeru fiel sprichwörtlich die Kinnlade runter. „Du hast mich aufs Glatteis geführt!“, rief er empört. „Entschuldigung Keru.“ „Habe ich dir schon gesagt, dass du eine Hexe bist?“ „Des Öfteren und ich streite es immer ab“, lachte sie. „Komm du mir mal nach Hause.“ „Ich freu mich darauf.“ Schnell ging sie zu seiner Bürotür. „Bis heute Abend.“ Bevor er etwas sagen konnte hatte sie die Tür von außen geschlossen. Kapitel 51: Eine neue Welt der Gefühle -------------------------------------- Hikari hatte sich mit Louisa in einem Café verabredet. Da sie die Blondine noch nicht sehen konnte suchte sie ein ruhiges Plätzchen, damit sie ungestört miteinander sprechen konnten. Sie wollte Louisa auf den Zahn füllen. Immerhin hatte die Braunhaarige es Iori versprochen. Die Braunhaarige setzte sich und griff nach der Speisekarte. Eigentlich brauchte sie diese nicht. Sie wusste auch so, was sie wollte. Deshalb legte sie diese wieder zur Seite und schaute aus dem Fenster. Als Louisa das Café betrat überkam sie eine Unruhe. Sie wusste, warum Hikari sie sprechen wollte. Schließlich hatte die Ältere schon angedeutet, dass Iori sie um Hilfe gebeten hatte. Was sollte sie Hikari erzählen? Louisa schaute sich kurz um, schnell hatte sie die Freundin ihres Bruders gefunden. Sie atmete noch einmal tief durch. „Hey Kari.“ Hikari löste den Blick von dem Park, als Louisa sie ansprach. Sie stand auf und umarmte die Jüngere herzlich. „Hallo Isa. Setze dich doch. Was magst du trinken?“ „Ein Erdbeershake und du?“ „Ich werde ein Yasmin Tee trinken.“ Beide Frauen setzten sich. Abwartend sah Hikari Louisa in die Augen. Diese blickte sich unsicher um. Nervös knete sie ihre Hände. So unsicher kannte die Ältere die Jüngere gar nicht. Aufmunternd lächelte sie Louisa an. Diese wollte gerade zum Sprechen ansetzen, als die Bedienung an den Tisch trat. Hikari gab die Bestellung auf, danach wandte sie sich wieder Takerus Schwester zu. „Was ist los mit dir?“ „Ich bin mega aufgeregt.“ „Warum?“ „Ich weiß, warum du mich sprechen wolltest. Außerdem habe ich deinen Streit mit Takeru über mich mitbekommen.“ Hikari musste grinsen. „Isa, wir haben uns nicht gestritten. Takeru und ich hatten eine Diskussion, mehr nicht. Er hat seinen Standpunkt dargestellt, ich meinen.“ „Ich war der Auslöser. Hätte Cody nicht mit dir gesprochen, wäre das gar nicht passiert.“ „Womit wir schon bei dem Grund unseres Treffens sind. Außerdem kannst du dir sicher sein, das dein Bruder und ich genauso ein Gespräch geführt hätten, wenn Takeru mitbekommen hätte, dass du dich für einen Jungen beziehungsweise einen Mann interessiert.“ Hikari machte eine kleine Pause, da die Bedienung ihre Bestellung auf den Tisch stellte, als diese den Tisch verließ fragte die Braunhaarige: „Was ist zwischen Cody und dir?“ Unsicher blickte Louisa aus dem Fenster, bevor sie Hikari in die Augen sah. „Ich kann das nicht verstehen“, gab sie ehrlich zu. Die Braunhaarige seufzte, „Ich frage mal anders: Was empfindest du, wenn du ihn siehst?“ „Das reinste Chaos. Mir ist heiß und kalt gleichzeitig. Mein Herz rast. Ich höre mein Blut rauschen, meine Hände sind schweißnass und mein Hirn hat sich verabschiedet.“ Louisa machte eine kleine Pause bevor sie weitersprach: „Was bedeutet das?“ „Die Antwort musst du selber herausfinden. Ich sage dir dasselbe, was ich Cody auch schon gesagt habe. Denke daran, dass du nach Paris zurückgehen wirst.“ „Und wenn ich hierbleiben möchte?“ „Isa, ich glaube nicht, dass das funktionieren würde. Du kannst deine Zukunft nicht wegwerfen.“ „Das mache ich nicht. Ich würde mir hier eine neue Zukunft aufbauen.“ „Deine Brüder würden nicht zulassen, dass du in Tokio lebst. Selbst wenn die Beiden dem zustimmen würden, deine Eltern leben in Paris und die entscheiden, wo du lebst. Du musst deine Schule beenden und einen Beruf erlernen.“ „Ich weiß, dass du Recht hast. Es war alles so einfach, als ich hier kam. Jetzt ist alles verdammt kompliziert geworden.“ „Wie meinst du das?“ „Ich wollte nur meine Brüder besuchen, weil ich sie vermisst habe. Ich bin mit Takeru aufgewachsen, er war immer an meiner Seite. Auf ihn konnte ich mich immer verlassen. Er hatte immer ein offenes Ohr für mich. Nicht nur einmal hat er mir meine Grenzen aufgezeigt. Er gab mir den Halt in meinem Leben, als ich es am meisten gebraucht habe. Jetzt lebt er in Tokio. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich ihn auch verloren habe. Mit Matt habe ich noch nie so viel Zeit verbracht wie jetzt. Ich habe erkannt, was für ein wunderbarer Bruder er ist. Er würde genau wie Takeru für mich durch die Hölle und wieder zurückgehen. Ich bin stolz darauf, dass die Beiden meine Brüder sind. Cody hat mein Leben auf den Kopf gestellt und auch er lebt in Tokio. Im Umkehrschluss heißt dass, dass ich alleine bin, wenn ich nach Paris zurückgehe, da die drei wichtigsten Männer in meinem Leben hier leben. Ich hätte das Gefühl alle drei verloren zu haben.“ Louisas Stimme war immer leiser und brüchiger geworden. Während sie sprach hatte sie ihre Augen auf ihre Hände gerichtet. Als sie geendet hatte hob sie ihre Augenlider und sah Hikari in die Augen. Die Ältere hatte aufmerksam zugehört und zuckte zusammen, als sie Louisa in die Augen sah. Hikari sah die Traurigkeit, die Zerrissenheit, die Schmerzen und die Qualen, die die Jüngere durchlebte. Am meisten schmerzte sie, dass sie ein verräterisches Glitzern in den blauen Augen sah. Sie kramte kurz in ihrer Handtasche herum und reichte Louisa ein Taschentuch. Diese wischte sich vorsichtig die Tränen von ihrer Wange. „Hast du schon mit Matt und Takeru über deine Gefühle gesprochen?“ „Nein, deswegen sitzen wir hier.“ „Das meine ich nicht. Ich meine, wie du dich fühlst. Was du empfindest, wenn du an deine Brüder denkst. Die Beiden werden dich nicht im Stich lassen, sie lieben dich.“ „Was macht dich da so sicher?“ „Ich bin auch eine kleine Schwester. Matt und Takeru verhalten sich dir gegenüber, wie mein Bruder mir gegenüber. Tai hat zwar einen extremen Beschützerinstinkt was mich betrifft, trotzdem weiß ich, dass er mich liebt. Unsere Brüder wollen einfach, dass wir glücklich sind, weil sie es dann auch sind.“ Louisa hatte ihren Kopf auf die rechte Seite geneigt. Zweifelnd sah sie ihre Gesprächspartnerin an. Hikari hielt den Blickkontakt aufrecht, als sie sprach: „Isa, du bist gerade fünfzehn Jahre alt. Du steckst mitten in der Pubertät. Deine Hormone fahren Achterbahn. Du bist dabei dein ‚Ich‘ zu finden. Es ist klar, dass du dich zeitweise überfordert fühlst, nicht nur was deine Gefühle angeht. Du musst aber über das, was dich beschäftigt reden. Nur dann können dir deine Mitmenschen helfen.“ „Du hörst dich an wie Takeru.“ „Das hängt damit zusammen, dass er mir das gleiche geraten hat, als er gemerkt hat, dass ich mich von ihm zurückgezogen habe als mich etwas belastet hat. Was soll ich sagen, er hat Recht. Noch bist du in Tokio, also spreche mit deinen Brüdern über das was dich bewegt. In Paris sollest du mit deinen Eltern reden. Zusammen werdet ihr – als Familie - eine Lösung finden.“ „Jetzt weiß ich, warum Takeru dich liebt“, lächelte sie die Ältere an. Hikari sah sie fragend an. „Du hast ein Herz aus Gold.“ Eine kurze Pause entstand, bevor die Jüngere weitersprach: „Ich mag ihn.“ „Ich weiß, dass er dich auch mag. Trotzdem musst du an deine Zukunft denken. Weißt du eigentlich schon, was du für einen Beruf erlernen möchtest?“ „Mein Traumberuf ist Fremdsprachenkorrespondentin. Seit dem ich ein kleines Mädchen bin faszinieren mich Sprachen. Eigentlich wollte ich im europäischen Bereich bleiben. Jetzt interessiert mich der asiatische Raum mehr.“ „Das hört sich doch gut an. Jetzt musst du nur das richtige daraus machen.“ Louisa lachte, „Das werde ich machen.“ „Ich habe Takeru dazu gebracht, dass er einem Essen mit Cody und dir zugestimmt hat. Dafür muss ich aber mit ihm auf das Sommerfest gehen.“ „Danke dir Kari. Ich hatte sowieso keine Lust auf so eine steife Firmenfeier.“ Die Braunhaarige sah auf ihre Uhr. „Lass uns gehen. Ich bringe dich noch zur Takerus Wohnung.“ „Bleibst du heute Abend nicht bei ihm?“ „Ich habe noch eine Verabredung mit Matt. Daher komme ich erst später.“ --- „Sag mir, dass das nicht wahr ist.“ Fassungslos sah Yamato Hikari an. Diese verdrehte innerlich die Augen. Eigentlich hatte sie gehofft, dass ihr bester Freund sie unterstützen würde. Jetzt hatte sie das Gefühl auch bei ihm auf Granit zu beißen. Die Braunhaarige straffte ihre Schultern. „Ich habe mit ihr gesprochen. Louisa mag ihn und Cody mag deine Schwester. Takeru hat ihn zum Essen eingeladen um ihn besser kennen zu lernen.“ „Das wird ja immer schöner. Erst sagst du mir, dass sich die Beiden schon öfters getroffen haben. Jetzt will mein Bruder Cody kennen lernen. Was kommt als nächstes? Ein Kuss? Oder mehr?“ „Ähm … Also … Woher soll ich das wissen?“ „Du warst schon immer eine schlechte Lügnerin. Was hat er mit meiner Schwester angestellt?“ „Woher soll ich wissen, was die zwei getrieben haben?“ „Getrieben? Er hat … Die beiden haben-“ „Matt, an was denkst du schon wieder? Soweit sind sie nicht gegangen.“ „Sag ich ja. Du bist eine schlechte Lügnerin. Was ist zwischen den beiden passiert?“ „Das solltest du Louisa und Cody selber fragen, bevor du ausrastest.“ „Ich raste nicht aus. Cody ist nur einen Kopf kürzer.“ „Matt, es reicht. Deine Schwester ist fünfzehn Jahre alt.“ „Eben, du sagst es Fünfzehn. Cody ist zu alt für sie.“ „Hör doch auf, Matt. Wäre Cody jünger würdest du genauso reagieren. Hat Tai auf dich abgefärbt?“ Yamato schnaubte wütend auf. „Weißt du eigentlich, das Takeru genauso reagiert hat? Was habt ihr mit Louisas Alter? Takeru war vierzehn Jahre alt, als er mit Chloé zusammen kam. Du warst genauso alt, als du deine erste Freundin hattest.“ Hikari warf ihre Hände gen Himmel. „Warum ist es bei Louisa etwas anderes? Bevor du noch irgendetwas sagst, möchte ich dir noch etwas sagen: Ich habe Takeru gesagt, dass du Louisa ihr Glück gönnen würdest, weil du das Beste für deine Schwester möchtest. Das du Cody kennst und daher nichts dagegen hättest, wenn sich die Beiden in einen gewissen Rahmen näher kommen würden. Zum Schluss habe ich ihn gefragt, ob er es möchte, das Louisa mit dem Gefühl das ihr Bruder ihr ihr Glück nicht gönnt nach Paris zurückgehen soll. Wie siehst du das? Jetzt über lege dir in Ruhe eine Antwort, wenn du sie gefunden hast kannst du mich gerne anrufen. Ich muss los. Takeru wartet auf mich.“ Hikari umarmte ihren besten Freund. „Ich weiß jetzt schon, wie du dich entscheiden wirst.“ Schnell drückte sie ihm einen freundschaftlichen Kuss auf die Wange. Danach verschwand sie so schnell aus der Tür heraus, dass er ihr nicht antworten konnte. Kapitel 52: Game over --------------------- Hikari hatte es sich auf der Couch von Takeru bequem gemacht. Sie dachte immer noch an das Gespräch mit ihren besten Freund. Verzweifelt seufzte sie auf. Sie konnte Takeru und Yamatos Sichtweise verstehen. Andersherum gönnte sie Louisa und Iori ihr Glück. Daher versuchte sie ihre innere Stimme, die ihr leise zu rief, dass das nicht gut gehen konnte, zu ignorieren. Im selben Augenblick schallte sie sich eine Närrin an das Gute bei der Sachen zu glauben. Die Braunhaarige war der Meinung, dass diese Entscheidung nicht von Takeru, Yamato oder ihr getroffen werden konnte, sondern nur von Iori und Louisa. Hikari zuckte zusammen, als sie die Stimme von Louisa hörte. „Kari? Weißt du wo mein Bruder ist?“ „Er ist im Badezimmer. Was hast du auf dem Herzen?“ „Cody wollte sich mit mir treffen. Er meinte, dass wir reden müssen.“ Hikari sah auf die Uhr. „Meinst du nicht, dass es schon zu spät ist? Es ist fast einundzwanzig Uhr.“ „Es ist aber wichtig“, kam es trotzig von der Blondine. Die Braunhaarige wollte gerade antworten, als eines ihrer Handys klingelte. Verwundert nahm sie ihr Diensthandy in die Hand. Die Nummer auf dem Display ließ alle Alarmglocken in ihr schrillen. „Warte hier Isa. Das ist Takerus Vater. Ich muss das Gespräch annehmen. Tue mir bitte einen Gefallen und mache keinen Blödsinn.“ Schnell stand sie auf und ging auf den Balkon um das Gespräch anzunehmen. Takeru kam gerade aus dem Badezimmer, als er seine Schwester hörte: „Ich wusste gar nicht, dass du so spießig bist Kari.“ Kurz darauf hörte er wie eine Tür geschlossen wurde. Da keiner der Frauen an ihm vorbeigegangen war musste eine der Beiden auf den Balkon gegangen sein. Er ging in sein Wohnzimmer und sah seine Schwester die wütend die Balkontür anstarrte. „Was ist los, Krümel?“ Louisa zuckte zusammen, als sie die Stimme von Takeru hörte. „Ich habe deine Freundin gefragt wo du bist. Ich wollte dir Bescheid sagen, dass ich mich mit Cody treffen werde. Sie meinte, dass es zu spät ist. Er wollte mit mir-“ „Du wolltest dich jetzt noch mit ihm treffen?“ Louisa verschränkte trotzig ihre Arme vor ihrer Brust. „Ja.“ „Wo wollt ihr euch treffen?“ „Im Einkaufszentrum.“ „Das werdet ihr nicht machen.“ Die Balkontür wurde auf gerissen und Hikari stürmte an den beiden wie ein Herbststurm vorbei. Kurze Zeit später wurde die Tür zum Schlafzimmer laut geschlossen. Einen Moment danach lief sie schnellen Schrittes in das Badezimmer. Verwundert blickten die Geschwister der Braunhaarigen nach. Takeru ahnte, dass etwas im Argen lag, da er die Klamotten erkannt hatte die seine Freundin ins Badezimmer mitgenommen hatte. Es war ihr schwarzes Kostüm, welches sie morgen zur Arbeit tragen wollte. „Was war das für ein Auftritt?“ Louisa deutete mit ihren Daumen Richtung Badezimmer. Takeru zuckte mit den Schultern. „So habe ich sie privat noch nicht erlebt. In der Redaktion würde ich sagen, dass es Schwierigkeiten gibt.“ „Das kann heiter werden“, kam es sarkastisch von der jungen Frau. Takeru machte eine Pause, bevor er sprach: „Krümel, ich wünsche dir vom Herzen, dass du glücklich wirst. Trotzdem möchte ich nicht, dass du dich mit Cody im Einkaufszentrum triffst. Kari hat Recht, dazu ist es zu spät.“ „Takeru, tue mir das-“ „Lasse mich bitte aussprechen. Was ich dir anbieten kann ist, dass ihr euch hier unterhalten könnt.“ „Ja klar, damit du alles mitbekommen kannst.“ „Was denkst du von mir?“ Louisa konnte ihrem Bruder nicht antworten, da sein Diensthandy klingelte. „Gehe ruhig ran. Es wird dein Vater sein“, kam es leise von seiner Schwester. Sie bemerkte den Blick von ihrem Bruder. „Kari hatte auch einen Anruf von ihm. Scheint wichtig zu sein.“ „Krümel, es tut mir Leid. Du kannst gerne mit Cody reden, aber bitte hier in meiner Wohnung. Verspreche es mir, bitte.“ Die Blondine konnte nicht anders, als sie den Blick von Takeru sah. Die Sorge um sie stand ihm ins Gesicht geschrieben. „Du hast gewonnen, Großer.“ „Danke dir.“ Er ging auf sie zu und gab ihr einen Kuss auf die Wange, danach nahm er das Gespräch seines Vaters an. Hikari wurde von den schlimmsten französischen Schimpfwörtern empfangen, als sie die Badezimmertür öffnete. Takeru verstummte sofort, als er seine Freundin sah. Sie sah anders aus als sonst. Ihre Haare hatte sie zu einem strengen Dutt zusammengebunden. Ihr Makeup war eine Spur dunkler als gewohnt. Dadurch wirkte ihr Gesicht etwas älter, als sie tatsächlich war. Die weiße Bluse konnte man nur erahnen, da der große Kragen auf dem engen geschlossenen Blazer auflagen. Der Bleistiftrock ging ihr bis zu den Knien. „So wie du schimpfst hat den Vater dich auch angerufen.“ „Mh“, brummte der Blonde bevor er in sein Schlafzimmer verschwand. Keine zehn Minuten später trat er im schwarzen Anzug, weißem Oberhemd und einer schwarzblauen Krawatte aus dem Zimmer. Hikari musste sich, trotz dem ernst der Lage, ein Lachen verkneifen. „Willst du mich auslachen, oder anlachen?“ „Komm her Keru. Dein Krawattenknoten sieht scheußlich aus. An welcher Schule warst du?“ Der Blonde musste lachen, als er an ihre erste Begegnung dachte. „Keine Schule, die du kennst. Jetzt entschuldige mich, ich habe einen wichtigen Termin.“ Mit flinken Fingern hatte sie den Knoten gelöst und einen perfekten Windsor Knoten gebunden. „Das trifft sich gut. Ich habe auch einen wichtigen Termin. Vielleicht kannst du mich mitnehmen.“ „Danke, du bist die Beste.“ Er drückte ihr einen sanften Kuss auf den Mund. „Wohin möchte die Dame?“ Hikari nannte ihm die Adresse. „Was für ein Zufall. Da ich muss ich auch hin.“ „Ich könnte lachen, wenn es nicht so verdammt ernst wäre“, kam es unsicher von der Braunhaarigen. Takeru und Hikari betraten das Verlagsgebäude. Kurz hielt er seine Freundin am Handgelenk fest. „Ich muss dir noch etwas sagen.“ Überrascht über seine Worte drehte sie sich um und sah nachdenklich in sein Gesicht. „Ich hatte noch nicht die Möglichkeit es dir zu sagen. Da uns beiden gleich ein sehr unangenehmes Gespräch erwarten wird möchte ich dich nicht ins offene Messer laufen lassen.“ Forschend sah Hikari ihren Freund an. Seine Worte jagten ihr eine Heidenangst ein. „Möchte ich es wissen, wovon du sprichst?“ Takeru ging einen Schritt auf sie zu. Langsam senkte er seinen Kopf, seine Lippen streiften ihr Ohr, als er sprach: „Mein Vater weiß, dass wir ein Paar sind.“ Hikari bekam eine Gänsehaut, als sie den warmen Atem von ihrem Freund an ihrem Ohr spürte. Sie schaute ihm in die Augen. „Das habe ich mir schon gedacht. Was hat er gesagt?“ „Das wir seinen Segen haben und es ihm egal ist, was die Leute sagen werden.“ Sie lächelte, bevor sie sprach: „Auf in die Höhle des Löwen.“ --- Louisa kam der Bitte ihres Bruders nach. Sie traf sich mit Iori in der Wohnung von Takeru. Unsicher hatte er gefragt, ob dieser anwesend war. Als sie ihm sagte, dass er in die Redaktion musste atmete Iori erleichtert auf. Jean hatte sie gebeten in dem Arbeitszimmer von Takeru, welches zurzeit sein Zimmer war, zu bleiben. Sie wischte sich noch einmal kurz die schweißnassen Hände an ihrer Jeans ab, als es an der Wohnungstür klingelte. Nervös öffnete sie diese. Louisa musste einen Kloß im Hals runterschlucken, als sie Iori sah. Als sie in sein Gesicht sah, beschleunigte sich ihr Herzschlag automatisch. Trotzdem hatte sie eine Unruhe in sich die sie sich nicht erklären konnte. Die Beiden setzten sich auf die Couch. Schüchtern blickten die blauen Augen von Louisa in die unsicher schauenden Augen von Iori. Er kam zu dem Ergebnis, dass diese Augen irgendwann sein Todesurteil werden würden. Sein Herz wollte sich nicht beruhigen. Ein Schauer nach dem anderen jagte durch seinen Körper, wenn er sie ansah. Was sollte er nur machen? Auf sein Herz hören und Harakiri begehen, bevor Yamato ihn in die Finger bekam. Oder: Auf sein Verstand hören und Harakiri begehen, da ihm ein Teil seiner Seele genommen wurde. Die Zeit, die er mit Louisa verbringen durfte hatte ihm eine neue Welt gezeigt. Ein Welt die bunt war und nicht nur aus lernen und Kendo bestand. Eine Welt die ihm gezeigt hatte, dass es Menschen gibt, die für andere einstehen ohne nach dem Warum zu fragen. Etwas was er nicht kannte, da er praktisch als Einzelgänger sein Leben bestritt. Dass er einen so großen Freundeskreis hatte, hatte er eigentlich Hikari zu verdanken. Sie hatte es sich damals in den Kopf gesetzt, seine Freundschaft zu gewinnen. Warum auch immer. Somit wurden ihre Freunde auch seine. Diese neue Welt gefiel ihm bei weitem besser als sein tristes Dahinvegetieren, bevor er die quirlige Blondine kennengelernt hatte. Iori wollte gerade zum Sprechen ansetzen, als Louisa das Reden übernommen hatte. „Du willst mich abservieren.“ „Du verstehst das falsch, Isa. Du bedeutest mir eine Menge. Es würde aber nicht funktionieren.“ „Wie meinst du das?“ „Du wohnst in Paris. Ich in Tokio. Von dem Altersunterschied möchte ich gar nicht sprechen“, kam es leise v on Iori. Diese Worte mussten doch als Erklärung reichen. Die Blondine sprang auf. „Woher willst du das wissen. Wir haben es noch nicht einmal versucht.“ „Du bist noch so jung. Es wäre nicht richtig von mir von dir zu verlangen, auf mich zu warten.“ „Warum nicht?“ „Du musst dein Leben leben. Ich würde dir dabei nur im Weg stehen.“ „Du machst es dir verdammt einfach“, fauchte sie ihn an. „Nein, das mache ich mir nicht. Ich wünsche dir, dass du glücklich wirst. Ich möchte aber nicht, dass du in ein paar Jahren auf dein Leben zurückblickst und das Gefühl hast etwas verpasst zu haben, weil du auf mich gewartet hast.“ „Das war es also? Es ist zu Ende, bevor es angefangen hat?“ „Ich werde deinen Brüdern erklären warum ich zu dieser Entscheidung gekommen bin. Du musst mir glauben, dass ich mir das Alles nicht einfach gemacht habe.“ Louisa konnte ihre Tränen nicht mehr zurückhalten. Sie fiel Iori um den Hals und sprach: „Können wir die paar Tage, die ich noch hier bin, miteinander verbringen? Ich möchte nicht, dass wir nach diesem Gespräch auseinander gehen.“ „Wenn du es möchtest werde ich immer als ein Freund an deiner Seite sein“, kam es leise über seine Lippen. Seine Arme hatte er beschützend um die Blondine geschlungen. Es fiel ihm schwer seine Tränen zu unterdrücken. --- Selbstbewusst klopfte Takeru an der Bürotür seines Vaters an. Noch bevor dieser antworten konnte öffnete der Blonde diese. Er nahm Hikaris Hand und trat zusammen mit ihr ein. „Du wolltest uns sprechen, Hiroaki.“ „Guten Abend ihr Zwei.“ „Guten Abend Herr Ishida“, erklang die Stimme von Hikari selbstbewusst. „Ich freue mich, dass ihr so schnell kommen konntet. Wie darf ich euer Auftreten verstehen?“ „Ich habe es ihr gesagt, dass du es weißt.“ „Das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Somit hast du keinen Grund mehr, mich weiterhin zu siezen, Hikari. Immerhin wirst du irgendwann meine Schwiegertochter.“ Takeru merkte, wie sich seine Freundin versteifte. „Ich glaube nicht, dass das der richtige Zeitpunkt ist. Wann kommt Yamamoto?“ „Er wollte in zehn Minuten hier sein.“ Die Braunhaarige sah zwischen Vater und Sohn hin und her. Beide hatten eine entspannte Körperhaltung. Sie wandte sich an den Verlagsinhaber: „Sie-“ „Na, ich meinte es ernst Hikari.“ Die junge Frau holte tief Luft. „Ähm … Du weißt, dass das Gerücht an den Haaren herbeigezogen ist?“ „Natürlich weiß ich das. Takeru würde nicht neben dir stehen, wenn es wahr wäre. Außerdem weiß ich das du nicht die Frau für so etwas bist.“ „Danke für euer Vertrauen.“ Abwechselnd sah Hikari von ihren Freund zu dessen Vater. „Dafür nicht“, kam es gleichzeitig von den Männern. Yamamoto betrat das Büro. „Eigentlich wollte ich nicht mehr so schnell in deinen heiligen Hallen sein, Hiroaki. Hallo ihr Zwei“, begrüßte er die Anwesenden. „Möchtet ihr etwas zum Trinken?“ „Ich habe nicht viel Zeit, mein Freund. Außerdem steht meine Entscheidung schon.“ Hiroaki sah seinen Geschäftspartner an. „Teilst du uns die auch mit?“ „Ito Katana war schon immer eine schwierige Mitarbeiterin. Sie tratscht viel und lässt ihre Arbeit gerne schleifen.“ „Trotzdem ist sie eine gute Fotografin“, warf Hikari ein. „Das mag sein. Sie hat aber keinen Respekt, ihren Mitmenschen gegenüber, wenn es nicht nach ihren Kopf geht. Außerdem lasse ich mir keine Affäre mit irgendjemand nachsagen. Nichts für ungut Hikari, du bist eine fantastische Frau, trotzdem ziehe ich meine Frau dir vor.“ „Das ist auch besser für dich Taro. Sonst handelst du dir Ärger mit Takeru ein.“ „Habt ihr endlich zusammen gefunden?“ „Entschuldigung, wir sind nicht hier, um über meine Beziehung zu Hikari sprechen. Sondern wie es mit Ito weiter geht“, warf Takeru ein wenig genervt ein. „Wie findest du die Zusammenarbeit mit ihr, Takeru.“ „Sie hat ein großes und vorlautes Mundwerk. Dadurch ist die Zusammenarbeit ein wenig erschwert. Sie kann mit Kritik schwer umgehen, daher korrigiert sie ungern ihre eigene Arbeit. Kurz gesagt, es gibt andere Kollegen mit denen ich lieber zusammen arbeite.“ „Wie siehst du die Sache Hikari?“ „Sie liefert sehr gute Arbeit ab. Sie diskutiert gerne, da sie - wie Takeru schon gesagt hat – Kritik ungern annimmt. Sie hat sich zwar in das Team eingefügt, wird aber von vielen gemieden.“ „Sie ist raus. Sie hat sich viel zu viel erlaubt, um noch für unseren Verlag zu arbeiten. Wir haben einen seriösen Ruf, den ich nicht durch solche Geschichten aufs Spiel setzen möchte“, erklang die harte Stimme von Yamamoto. Hiroaki sah seinen Geschäftspartner an. „Deine Meinung steht Taro?“ „Ja, sie ist raus. Weißt du, was ich für einen riesen Streit ich mit meiner Frau hatte, als sie die Sache mit Hikari gehört hatte? Außerdem ist Ito mit dem Getratsche nicht mehr für den Verlag tragbar. Ich werde ihr morgen gerne die Entscheidung mitteilen. Das wird mir ein Vergnügen sein. Ich will sie um zehn Uhr hier sprechen.“ Hiroaki hatte seinen Geschäftspartner zugenickt, danach wandte er sich an seinen Sohn. „Wie siehst du das, Takeru?“ „Ich sehe es genauso. Vielleicht kehrt dann endlich Ruhe ein und alle können ihrer Arbeit nachgehen. Darf ich deine Entscheidung hören, Hiroaki?“ „Ich bin der gleichen Meinung.“ „Ich kann euch nicht umstimmen?“, erklang die leise Stimme von Hikari. Takeru sah seine Freundin erstaunt an. „Du willst weiter mit ihr zusammen arbeiten?“ „Wie ich schon gesagt habe: Ito ist eine gute Fotografin.“ „Hast du vergessen, wie Ito mit dir umgeht? Wie du dich gefühlt hast? Du warst kurz davor alles hinzuschmeißen, nur weil diese Frau neidisch auf dich ist.“ Die Stimme von dem Blonden klang besorgt. „Nein, das habe ich nicht vergessen. Ich hätte aber das Gefühl, dass es meine Schuld ist, dass sie ihre Arbeitsstelle verliert“, kam es ruhig von der Braunhaarigen. „Das ist Blödsinn. Jeder ist für sein Handeln selber verantwortlich. Das weißt du auch“, kam es hitzig von ihrem Freund. Er sah, wie sie ihre Augen schloss. Sanft legte er eine Hand auf ihre. „Hika, schau mich an.“ Unsicher blickte sie in die Augen ihres Freundes. „Du bist nicht schuld, dass sie untragbare Gerüchte in die Welt gesetzt hat. Du bist nicht schuld, dass du die bessere Fotografin bist und deshalb befördert wurdest. Du bist nicht schuld, dass du mit Ken zusammen das bessere Tanzpaar bist. Du bist auch nicht schuld, weil du der bessere Mensch von euch beiden bist. Also gebe dir nicht die Schuld dafür, dass Ito die Konsequenzen ihres Handelns alleine tragen muss.“ Die Verlagsinhaber hatten das Gespräch des jungen Paares mitgehört. „Ich muss Takeru zustimmen. Selbst wenn wir Ito in die hinterste Provinz Japans versetzten würden, würde sie dort ihr Spielchen weiterspielen. Daher ist es das Beste, wenn sie gefeuert wird. Eines noch: Ich hätte auch so entschieden, wenn Hikari nicht die Freundin deines Sohnes wäre.“ Nach diesen Worten stand Yamamoto auf und verließ das Büro. „Darf ich deine Meinung wissen?“ Hikari hatte sich an Hiroaki gewandt. „Ich stehe voll und ganz hinter der Entscheidung. Das Verhalten von Ito ist nicht mehr länger für den Verlag tragbar. Außerdem gebe ich Takeru und Taro in allen Punkten recht.“ Niedergeschlagen seufzte Hikari auf. „Ich brauche so schnell wie möglich eine neue Fotografin.“ Der Ältere nickte ihr zu. „Geht nach Hause. Es ist schon spät. Wir sehen uns morgen.“ Kapitel 53: Gebrochene Herzen ----------------------------- Takeru und Hikari hatten das Verlagsgebäude verlassen und gingen in die Richtung, in die der Blonde wohnte. Beschützend hatte er seinen Arm um ihre Hüfte geschlungen. „Du bist dir sicher, dass wir mit der Entscheidung richtig liegen?“, fragte die Braunhaarige in die Stille. Ihr Freund nickte. „Ja, so konnte es nicht weitergehen. Nicht nur das Getratsche brachte Unruhe in den Verlagsablauf. Sie hatte ihre Arbeitskraft verweigert, das ist nicht tragbar für ein Unternehmen. Dafür hatte sie schon eine Abmahnung bekommen. Außerdem kann Mobbing nicht toleriert werden.“ Dabei schaute er seiner Freundin ernst in die Augen. „Mein Vater hätte sie schon früher gefeuert. Da du nie etwas gesagt hast konnte er dies nicht. Es war klar, das Yamamoto – als stiller Teilhaber – so ein Gerücht nicht auf sich sitzen lässt. Du musst dir keine Vorwürfe machen, dass es gekommen ist wie es ist.“ Takeru stellte sich vor sie und strich ihr zärtlich mit seinen Fingerspitzen über ihre Wangen. Hikari schloss ihre Augen und genoss die Zärtlichkeit in vollen Zügen. Langsam legte sie ihre Hände auf seine Brust und stellte sich auf ihre Zehenspitzen. Ihr Freund verstand ihre Körpersprache und kam ihr mit seinem Gesicht entgegen. Als sich das Paar in die Augen schaute, hatten sie das Gefühl, in die Seele des jeweils anderen zu blicken. Bevor sich ihre Lippen zu einem sanften Kuss trafen schlossen die beiden ihre Augen. Das Piepsen von Hikaris Handy, das ihr mitteilte, dass sie eine Nachricht erhalten hatte, zerstörte den magischen Moment. Mit einem flauen Gefühl im Magen holte sie ihr Handy aus der Handtasche. Kurz sah sie auf den Namen des Absenders. „Das ist nicht gut“, murmelte sie vor sich her. „Was ist los, Hika?“ „Ich glaube, dass Gespräch zwischen Louisa und Cody ist nicht so gelaufen, wie deine Schwester es sich vorgestellt hat. Cody hat mir geschrieben, dass wir so schnell wie möglich zu dir nach Hause kommen sollen.“ „Was habe ich dir gesagt? Das konnte nicht gut gehen. Jetzt ist das eingetreten, was ich verhindern wollte. Der Kerl-“ schimpfte Takeru los. Hikari stemmte ihre Hände auf die Hüften, ihren Kopf neigte sie leicht zur Seite. „Was wolltest du verhindern? Das sich die beiden kennenlernen? Dann hättest du mich nicht kennenlernen dürfen, da Cody auf meiner Geburtstagsfeier war. Das sich die beiden getroffen haben? Wie kannst du etwas verhindern, was du gar nicht wusstest. Wie kannst du das Schicksal verhindern? Vielleicht ist das eine Prüfung des Lebens, welche sich die Zwei stellen müssen. Entweder sie schaffen diese Prüfung zusammen, jeder für sich oder gar nicht. Du kannst nicht verhindern, dass Louisa ihr Leben lebt. Du musst dich damit abfinden, dass sie erwachsen wird. Irgendwann wird sie einen Mann an ihrer Seite haben, der weder Takeru Takaishi noch Yamato Ishida heißen wird.“ „Du hast Recht. Es tut nur so verdammt weh, sie leiden zu sehen. Das Ganze war von vornherein zum Scheitern verurteilt.“ „Du könntest wenigsten versuchen die Zwei zu verstehen. Du hattest es damals leichter, als du dich in Chloé verliebt hast. Ihr habt beide in der gleichen Stadt gewohnt. Ihr wart beide gleich alt, seid wahrscheinlich auf die gleiche Schule gegangen. Was haben Louisa und Cody? Beide wohnen in unterschiedlichen Städten, verschiedenen Ländern und noch nicht einmal der Kontinent ist der gleiche. Der Altersunterschied ist auch nicht zu verdenken. Cody studiert Jura. Weißt du, was das für ihn bedeutet? Für ihn ist es illegal, dass er deine Schwester bewundert, vielleicht sogar liebt, da er sich strafbar macht. Falls er sich auf Louisa einlassen sollte setzt er seine gesamte Zukunft aufs Spiel. Du kannst mir glauben, wenn ich dir sagen, dass er daran nicht eine Sekunde denken wird. Für ihn stehen deine Schwester und ihr Wohl im Mittelpunkt, egal was das für ihn bedeutet. Cody ist ein Kopfmensch, bevor er eine Entscheidung trifft, wägt er diese mindestens dreimal ab. Also glaube mir, dass er sich diese Entscheidung, egal wie sie ausgegangen ist, nicht leicht gemacht hat. Er hasst es Menschen die ihm etwas bedeuten zu verletzten.“ Die Braunhaarige zeigt mit ihrer Hand in die Richtung seiner Wohnung. „Du kannst jetzt nach Hause gehen und rumtoben bist du schwarz wirst. Damit wirst du Louisa aber nicht helfen. Das Gegenteil könnte der Fall sein. Versuche einfach der Bruder zu sein, den sie jetzt braucht.“ Mittlerweile war das Paar an dem Wohnkomplex in dem Takeru seine Wohnung hatte angekommen. Hand in Hand betraten sie den Fahrstuhl. Takeru neigte seinen Kopf, seine Lippen streiften sanft ihre Ohrmuschel. „Danke dir.“ Hikari bekam eine Gänsehaut, als sie seinen warmen Atem spürte, leise keuchte sie auf. Ihre Hände suchten sicheren Halt an seinen Armen. „Wofür?“ „Das du mir die Sichtweise einer kleinen Schwester gezeigt hast.“ „Du solltest mit Cody reden. Er wollte erst gehen, wenn du zu Hause bist.“ Der Fahrstuhl hatte die gewünschte Etage erreicht. Als die Beiden diesen verließen hielt er sie zart am Handgelenk fest. „Wie hast du Cody eigentlich kennengelernt?“ Hikari blieb stehen und schaute in die Augen ihres Freundes. „Cody betreibt Kendo. Er trainiert in dem Sportzentrum in den Ken und ich Tanzen. Wir sind uns dadurch öfters über den Weg gelaufen. Irgendwann haben wir uns angefreundet.“ Takeru nickte ihr zu. Er zog seinen Wohnungsschlüssel aus der Hosentasche. Mit dem Gefühl einen Stein auf seinem Herzen liegen zu haben schloss er die Tür auf. Das erste was ihm auffiel war die beängstigende Ruhe. Wenn er es nicht besser wüsste, würde er sagen, dass er mit Hikari die einzigen in der Wohnung waren. „Krümel? Jean? Cody? Wo seid ihr?“ Schnell streifte er seine Schuhe ab. „Wir sind im Wohnzimmer“, hörte er Jean rufen. Schnellen Schrittes ging der Blonde, gefolgt von seiner Freundin, in das besagte Zimmer. Kurz schaute Takeru sich um. Sein Blick blieb an Iori hängen. „Was ist passiert? Wo ist Louisa?“ Hikari stellte sich schnell zwischen ihren Freund und dem Jura Studenten. Iori erzählten den Beiden von seinem Gespräch mit Louisa und wie sie seine Entscheidung aufgefasst hat. „Nach ihrer Bitte, die letzten Tage, die sie noch in Tokio ist, gemeinsam zu verbringen ist sie aufgesprungen und hat sich in dem hinteren Zimmer neben dem Badezimmer eingeschlossen. Ich wollte noch mit ihr sprechen, aber sie hat mich abblitzen lassen.“ Takeru bekam mit, wie Hikari auf seine Schlafzimmertür zuging. Sie sprach mit seiner Schwester durch die Tür. Irgendwann öffnete diese sich und die Braunhaarige schlüpfte in das Zimmer. Kurz dachte der Blonde über die Worte seiner Freundin nach. Er seufzte auf, als er bemerkte, dass sie mit ihren Worten voll ins Schwarze getroffen hatte. Als er Iori betrachtete sah er den gleichen traurigen Blick, den er auch bei seiner Schwester wahrgenommen hatte. Ihn beschlich das Gefühl, dass die beiden sich einfach zu einem falschen Zeitpunkt kennengelernt haben. „Danke, dass du Louisa nicht ausgenutzt hast, Cody.“ „Das könnte ich nie.“ „Bist du in sie verliebt?“ Iori schüttelte sachte seinen Kopf. „Nein, das bin ich nicht.“ Takeru zog seine Augen zu kleine Schlitze. „Wieso hast du sie dann geküsst?“, fragte er in einer gefährlichen leisen Stimme. Der Jura Student musste schlucken. „Soll ich ehrlich sein?“ „Ja, verdammt noch mal! Warum hast du das getan?“ Iori holte tief Luft, bevor er flüsterte: „Ich liebe sie.“ --- Hikari und Louisa hatte es sich auf dem Bett von Takeru bequem gemacht. Beschützend hatte die Ältere die Arme um die Jüngere gelegt. Das Gesicht von Louisa lag auf dem Schoß der Braunhaarigen. Beruhigend streichelte Hikari die blonden Haare von Louisa. Beide sprachen nicht ein Wort miteinander. Das einzige was man in dem Raum hören konnte war das herzzerreißende Schluchzen der Blondine. Irgendwann durchbrach Hikari die Stille: „Ich weiß, dass es weh tut, Isa. Weißt du eigentlich, dass ich in einer ähnlichen Situation war, wie du jetzt?“ Erstaunt setzte sich Louisa aus. Schnell wischte sie sich die Tränen aus dem Gesicht. „Wie bitte? Das glaube ich dir nicht.“ „Und doch ist es so. Ich wünschte mir, dass mein Gastbruder damals die Weitsicht von Cody gehabt hätte. Mir wäre so eine Menge erspart geblieben.“ „Magst du mir erzählen, was passiert ist?“ „Nur wenn es dich interessiert.“ Hikari sah, wie Louisa eifrig nickte. „Also gut. Ich war damals ein bisschen älter, als du heute, als ich an einem Schüleraustauschprogramm teilgenommen hatte.“ „Was war das für ein Austauschprogramm?“ Die Ältere musste schmunzeln, „Ich war für ein halbes Jahr in Nizza, um mein Französisch zu verbessern. Ich hatte mit meiner Gastfamilie richtiges Glück gehabt. Mein Gastbruder hatte es mir ganz schön angetan. Damals habe ich gedacht, dass ich ihn liebe. Seit ich Takeru kenne, weiß ich, dass es nur eine kleine Schwärmerei gewesen war. Diese Schwärmerei hat mein Gastbruder ausgenutzt. Dies habe ich aber erst viel später erkannt. Es kam zu einem riesen Streit und letztendlich zur Trennung. Als ich wieder nach Tokio gekommen bin, war ich mit meinen Nerven am Ende. Mein Bruder und meine Freunde – unteranderem Sora, Matt und Cody - hatten viel Arbeit, Nerven und Zeit investiert, damit ich wieder zurück ins Leben gefunden habe.“ „Wie alt war dein Gastbruder?“ „Das ist eine Frage, die ich bis jetzt niemanden beantwortet habe.“ „Warum nicht?“ „Nur so viel, der Altersunterschied war größer, als der von Cody und dir. Daher habe ich es keinem erzählt. Es würde eh nichts mehr ändern. Ich kann dich nur beglückwünschen, dass Cody anders ist. Dass er es dir eingesteht, dass du dich selber finden kannst. Falls ihr füreinander bestimmt seid, wird eure Zeit kommen. Denke immer daran: Wenn du etwas liebst, lasse es los. Kommt es zu dir zurück, bleibt es für immer.“ „Es tut so weh.“ Louisa musste erneut die Tränen verdrängen. Hikari zog sie wieder in ihre Arme. „Ich weiß, Isa. Leider kann dir keiner den Schmerz abnehmen. Alles was wir machen können, ist für dich da zu sein. Egal ob du hier bist, oder wieder in Paris lebst. Liebe heißt nämlich auch, dass man loslassen kann.“ „Danke dir, Kari.“ Louisa erwiderte die Umarmung der Älteren herzlich. Das leise Klopfen an der Tür und Takerus Stimme riss die Frauen aus ihren Gedanken. „Kann ich reinkommen?“ Hikari sah zu Louisa, die sich notdürftig mit einen Taschentuch ihr Gesicht säuberte. „Warte bitte ein Moment, Keru. Wir sind gleich soweit.“ Schließlich stand die Jüngere auf und öffnete ihrem Bruder die Tür. Takeru musste nicht in ihr Gesicht sehen, um zu wissen, dass seine Schwester geweint hatte. Sofort schloss er sie in seine Arme. Etwas, womit er sie immer beruhigen konnte. Kurz wiegte er sie in seinen Armen und gab ihr einen Kuss auf ihren Scheitel. „Es tut mir Leid, Krümel. Du weißt, dass ich immer für dich da bin.“ Louisa trat einen Schritt zurück um ihren Bruder in die Augen schauen zu können. Ihr Blick, der die Trauer, den Schmerz und die Qualen die sie gerade durchmachte, ließ sein Herz schwer werden. „Ich wollte euch nicht stören, aber Cody wollte nach Hause. Er wollte sich von euch verabschieden.“ Die Blondine nickte ihrem Bruder zu und verschwand im Badezimmer. Sie spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht. Kurz sah sie in den Spiegel. Was sie sah ließ sie erschrecken. Ihre Augen waren rot, ihr Blick war leer. Schnell griff sie nach einem Handtuch, trocknete sich ihr Gesicht ab und überlegte, sich ihr Makeup zu erneuern. Louisa kam zu dem Schluss, dass es sinnlos war. Daher zuckte sie mit den Schultern, sollte doch jeder sehen, dass es ihr nicht gut ging. Das war ihr egal. Sie merkte, wie ihre Beine immer schwerer wurden, als sie Richtung Flur ging. „Sie kommt gleich, Cody“. Hörte sie Hikari sagen. Bei dem was ihr Bruder sagte, zweifelte sie daran es richtig verstanden zu haben. Es hörte sich an wie: „Du bist ein guter Kerl.“ Sie blieb unsicher stehen, als Iori sie ansah. Er streckte ihr seine Hand entgegen. Als sie ihre Hand in seine legte zog er sie in eine freundschaftliche Umarmung. „Ich wünschte mir, es wäre alles anderes gekommen.“ Zärtlich nahm er ihr Gesicht in seine Hände und drückte ihr einen sanften Kuss auf die Stirn. Kurz blickte er sie an, bevor er fluchtartig den Heimweg antrat. Kapitel 54: Verzwickte Situation -------------------------------- Takeru hatte gerade seine Wohnungstür geschlossen, als er hörte, wie die Tür zu seinem Schlafzimmer laut geschlossen wurde. Verzweifelt seufzte er auf, dabei sah er Hikari an. Diese nickte ihm zu und ging Louisa nach. Der Blonde wartete bis seine Schwester seine Freundin hereingelassen hatte. Danach drehte er sich wütend zu seinem besten Freund um. „Weißt du eigentlich, dass ich dir eine verpassen könnte? Ich bin stinksauer auf dich“, fuhr er Jean an. Aufgebracht tippte er den Braunhaarigen auf seine Brust. Dieser schlug seine Hand weg. „Warum?“ „Du fragst Warum? Dein ernst? Soll ich dein Gedächtnis ein wenig auffrischen?“, fuhr er Jean laut an. „Takeru-“ „Darf ich dich fragen, wo du die ganze Zeit warst? Du solltest auf sie aufpassen, wenn ich gearbeitet habe. Hättest du das gemacht, wäre ihr der Schmerz – den sie gerade durchmacht – erspart geblieben.“ „Louisa hat mich auf dem falschen Fuß erwischt. Sie hatte mich gefragt, ob sie dich von der Arbeit abholen kann, als ich mit Lisa telefoniert habe. Mir ist gar nicht aufgefallen, dass du zu der Zeit noch arbeiten musstest.“ „Du weißt, wie Louisa ist, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat. Du hättest ihr nur sagen müssen, dass sie warten soll, bis du fertig bist mit deinem Telefonat.“ „Jetzt höre mal auf, Takeru. Deine Schwester ist fünfzehn Jahre alt und damit kein Kleinkind mehr. Es war klar, dass sie sich irgendwann für das andere Geschlecht interessieren würde. Chloé und du-“ Der Blonde warf seine Hände Richtung Decke. „Himmel noch mal, was habt ihr alle nur mit Chloé und mir? Das ist Geschichte. Außerdem kannst du das nicht miteinander vergleichen du Schwachkopf. Chloé und ich waren gleich alt. Abgesehen davon, warst du nicht gerade zimperlich mit mir, als du es erfahren hast. Louisa und Cody haben einen Altersunterschied von sechs Jahren und wohnen in unterschiedlichen Ländern. Wie hättest du reagiert, wenn es bei deiner Schwester und mir so gewesen wäre? Wie hättest du reagiert, wenn du mich darum gebeten hättest auf deine Schwester aufzupassen und dann so ein Schlamassel vorfindest, wie ich jetzt bei Louisa? Sag es mir?“ Jean dachte einen Moment nach. „Ich hätte dir wohl eine reingehauen.“ „Aha! Was sollte mich daran hindern, das Gleiche bei dir zu tun?“ „Wenn du es gewollt hättest, hättest du erst zugeschlagen, bevor du ein Gespräch anfängst. Außerdem bist du nicht nur wütend auf mich, das im Übrigen zu Recht. Sondern in erster Linie bist du wütend auf dich selber, weil du es nicht verhindert hast.“ Skeptisch sah Takeru seinen besten Freund an. „Bist du unter die Hellseher und Psychologen gegangen?“ „Nein das nicht, aber du hast eine enge Bindung zu deiner Schwester. Diese wurde noch inniger, als Louisa ihren Nervenzusammenbruch hatte. Du hast Angst, dass sie jetzt wieder in ein Loch fällt und du nicht bei ihr bist um ihr zu helfen. Deswegen beißt du wie ein tollwütiger Hund um dich.“ Ein Schweigen hatte sich zwischen den beiden jungen Männern ausgebreitet. Die Stille bestärkte Jean in seiner Vermutung. „Takeru, es tut mir leid, dass ich nicht so für Louisa da war, wie du es dir vorgestellt hast. Ich weiß auch, dass ich einen Fehler gemacht habe. Für den ich mich entschuldigt habe. Du kannst deine Schwester nicht vor ihrem Leben beschützen. Louisa muss ihren Weg selber gehen. Sie wird nicht immer glücklich sein, aber auch die schweren Zeiten gehören zum Leben dazu. Was du aber machen kannst ist für sie da zu sein. Sei der Bruder für sie, der du immer warst. Dafür musst du nicht in Paris sein. Du kannst ihr auch von Tokio aus helfen. Du musst nur eine Sache tun, damit du es zulassen kannst.“ Takeru kamen Hikaris Worte, dass Louisa ihr Leben selber leben musste, wieder in den Sinn. Dass sein bester Freund im Grunde dasselbe sagte wie seine Freundin zeigte ihm, dass die Beiden Recht mit ihren Worten hatten. Laut seufzte er auf: „Und das wäre was, Sigmund Freud?“ „Höre auf dir die Schuld zu geben. Es war alles eine Reihe unglücklicher Umstände, dass es gekommen ist, wie es jetzt ist.“ Fassungslos sah Takeru Jean an. Dieser wurde unter dem Blick des Blonden unruhig. Der Braunhaarige wusste, dass er mit allem was er gesagt hatte Recht hatte. Der Blick von Takeru ließ ihn an der Richtigkeit seiner Worte zweifeln. Unsicher blickte er in die blauen Augen des Blonden. So wie er ihn anschaute sollte er besser das Weite suchen. Kurz dachte er über diesen Plan nach, verwarf ihn aber, da ihm bewusst wurde, dass dieses Verhalten das Problem nicht lösen würde. Daher trat er die Flucht nach vorne an. „Was ist los?“, kam es kläglich von Jean. „Ich frage mich gerade, ob du dich mit Kari abgesprochen hast. Es ist unheimlich, dass ihr inhaltlich das Gleiche gesagt habt.“ Abwehrend verschränkte er die Arme vor seiner Brust. Erleichtert atmete Jean aus. Danach machte sich ein Grinsen in seinem Gesicht breit: „Nein das haben wir nicht. Dann muss es aber die Wahrheit sein. Takeru?“ „Mh?“ „Du hast eine wunderschöne, kluge und clevere Freundin, versaue es nicht. Kari ist die Richtige für dich.“ „Wow, diese Worte aus deinem Mund. Damit hätte ich nie gerechnet. Du kannst dich in einer Reihe von den vielen Menschen einreihen, die mich unter die Erde bringen, wenn ich es vermassele.“ „Von wie vielen Leuten reden wir?“ „Lass mich mal kurz überlegen: Matt, Tai, Sora, Mimi, Yolei und vielleicht auch Ken-“ „Eure Brüder und eure Schwägerinnen verstehe ich aber wieso die anderen beiden?“ „Yolei ist Karis beste Freundin und Ken ihr Tanzpartner-“ „Ist er nicht Polizist?“ „Ja das ist er. Glaube mir, das würde ihn nicht davon abhalten, oder er gibt den anderen Tipps wie sie mich ohne Spuren verscharren können.“ „Wie ich höre, weißt du, was du zu tun hast.“ Jean zwinkerte dem Blonden zu. Die Stimmung zwischen den jungen Männern hatte sich zum Positiven verändert. Beide scherzten wieder herum und trotzdem lag Jean noch etwa schwer im Magen. „Takeru?“ „Was ist los?“ „Bist du noch wütend auf mich?“ Der Blonde schüttelte seinen Kopf. „Nein, nur auf mich selber. Ich habe in den Augen von Louisa etwas gesehen, was ich noch nie darin gesehen habe. Ich möchte einfach nur, dass sie glücklich wird. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass ihr Glück mit Cody zusammenhängt, in welcher Form auch immer. Ich habe Angst, dass sie eine Kurzschlussreaktion hat, wenn sie wieder zu Hause ist.“ „Falls du es möchtest und es dich ein wenig beruhigt, werden Lisa und ich in Paris ein Auge auf Louisa haben. Immerhin ist Isa eine kleine Schwester für Lisa und mich.“ „Das wäre nett von euch, aber macht es nicht zu viele Umstände?“ „Nein, Lisa macht ihr Referendariat am ‘Lycée Notre Dame‘. Außerdem verstehen sich die Beiden sehr gut. Hast du vergessen, dass wir abgemeldet waren, wenn die Frauen sich getroffen hatten?“ Takeru machte große Augen, „Das ist das Internat, auf dem Louisa auch ist. Das habe ich natürlich nicht vergessen. Wir sind wie die Deppen hinter Louisa, Lisa und Chloé hinterhergetrottet.“ Jean nickte. „Weißt du noch, wie wir uns in ein Café gesetzt haben und die Mädels nicht mitbekommen hatten, dass wir nicht mehr bei ihnen waren?“ Der Blonde musste lachen, „Daran kann ich mich noch gut erinnern Louisa und Chloé hatten mich zur Schnecke gemacht, als sie uns gefunden hatten.“ Jean nickte, „Bei mir waren es Chloé und Lisa.“ Eine kurze Pause entstand. „Um noch einmal auf Louisa zurückzukommen: Ich werde deiner Schwester weiterhin in Physik und Chemie zur Seite stehen. Sie ist zwar ein As was Sprachen und Geschichte angeht. Dafür kann sie den Unterschied zwischen Physik und Chemie nicht erkennen.“ „Jetzt übertreibst du. Die Grundlagen hat sie verstanden. Sie kann nur die ganzen Formeln nicht richtig einsetzten.“ „Bist du dir sicher? Louisa hat mir den Unterschied so erklärt: ‚Chemie ist das was knallt und stinkt. Physik ist das, was nie gelingt.“ Ein erneutes Lachen zog durch den Raum. „Da hat sie aber recht. Wir haben regelmäßig den Chemieraum für unsere Experimente genutzt. Einmal hat es sogar noch faulen Eiern gestunken.“ „Ich hatte schon gedacht, dass ich mindestens einen von euch ins Krankenhaus fahren muss.“ Das Lachen der Männer verebbte sofort, als diese Hikaris Stimme hörten. „Wie geht es ihr“, kam es besorgt von Takeru. Die Braunhaarige sah ihrem Freund in die Augen. Sie schlang ihre Arme um ihre Körpermitte. „Es hat die ganze Sache nicht leichter gemacht, dass ihr euch lautstark gestritten habt.“ Takeru ging auf seine Freundin zu und zog sie in seine Arme. „Entschuldigung, dass wollten wir nicht. Was macht Louisa jetzt?“ Hikari erwiderte die Umarmung sie lehnte erschöpft ihren Kopf auf seine Brust. „Wir hatten ein ziemlich langes Frauengespräch.“ „Worüber-“ „Frauengespräche sind nur für die Ohren von Frauen bestimmt. Biologie gehörte nicht zu meinen Lieblingsfächern, trotzdem bin ich mir sicher, dass du eine männliche Ausgabe des Homo Sapiens bist.“ „Sehr witzig. Was macht meine Schwester jetzt?“ „Sie schläft.“ „Apropos schlafen. Ich werde mich in mein Zimmer verkriechen. Gute Nacht ihr Beiden. Wir sehen uns morgen.“ Jean winkte Takeru und Hikari zu. „Tja, wenn Louisa in meinem Bett schläft müssen wir wohl mit der Couch vorlieb nehmen“, seufzte Takeru auf. Dabei tauschte er die Couchkissen gegen zwei Kopfkissen aus, danach legte der die Bettdecke auf ihr Nachtlager. „Wenigstens brauchen wir uns nicht um ein Kissen streiten. Mit der Bettdecke sieht es anders aus.“ „Es ist doch nur für eine Nacht. Sehe es mal so: Immerhin ist es nicht der Balkon. Außerdem können wir so noch enger kuscheln.“ Ihr Freund musste lachen. Er ging auf sie zu und schloss sie in seine Arme. „Ich liebe es, dass du immer das Positive in einer verzwickten Situation findest.“ Hikari erwiderte seine Umarmung. „Ich bin gespannt wie du reagierst, wenn ich dir sagen, dass mein Schlafzeug in deinem Bett ist.“ Fassungslos sah er ihr in die Augen. „Kannst du es nicht holen?“ Leicht schüttelte die Braunhaarige ihren Kopf. „Louisa liegt auf meiner Seite.“ „Wie soll ich die Nacht überleben, wenn du nackt neben mir liegst?“ Verschmitzt lächelte sie ihn an, „Das hast du schon paarmal geschafft. Wir müssen vorher nur leiser sein als sonst.“ Sie drückte ihm einen Kuss auf die Wange und fing an sich auszuziehen. Ihren Blazer hatte sie ordentlich über die Sessellehne gelegt. Takerus Augen weiteten sich bei ihrer Aussage und der Show die sich ihm bot. „Kannst du mir mal sagen, wann du zu solch einem schamlosen Biest mutiert bist?“ Sicher fing er die Bluse auf, die ihm entgegen flog. Sie öffnete den Reißverschluss ihres Rockes. „Keine Ahnung, bis jetzt war ich immer eine Hexe. Ich weiß nur eins: Ich hätte mir den Abend bestimmt anders vorgestellt. Warum lassen wir diesen verkorksten Tag nicht einfach schön ausklingen?“ Schnell streifte sie den unbequemen Rock sowie die Stumpfhose ab und ließ die Sachen auf dem Boden liegen, jetzt stand sie nur noch in ihrer Spitzenunterwäsche vor Takeru. „Hika das ist keine gute Idee. Was ist, wenn jemand ins Zimmer kommt?“ „Ich habe abgeschlossen. An was denkst du, Keru?“ „Gegenfrage: Denken wir an das Gleiche?“ Schnell zog er seine Kleidung aus. Hikari schlüpfte unter die Bettdecke. „Falls du an kuscheln denkst, dann denken wir an das Selbe.“ „Das glaube ich dir nicht.“ Er kroch zu ihr unter die Decke und gab ihr einen zärtlichen Kuss. Langsam fuhr er mit seinen Fingerspitzen ihre Seite entlang. „Was hast du vor mon coeur?“ „Mit dir kuscheln Sonnenschein.“ Kapitel 55: Nicht mein Tag -------------------------- Hikari löste vorsichtig Takerus Arm von ihrem Bauch. Danach schob sie ihre Beine an den Rand der Couch und stand auf. Kurz blickte sie sich in dem Wohnzimmer um. Schnell griff sie nach dem Oberhemd ihres Freundes und zog es sich über. Schließlich konnte sie nicht nur in Unterwäsche durch die Wohnung von Takeru laufen. Wäre nur Louisa zu Besuch, wäre es ihr egal, wenn die Blondine sie in Unterwäsche sehen würde. Bei Jean sah die Welt schon anders aus. Außerdem war sie sich sicher, das Takeru ausrasten würde, sollte sein bester Freund sie so leicht bekleidet sehen. Hikari schloss die Knöpfe und musste schmunzeln, als sie feststellte, dass sein Hemd ihr bis zu den Knien reichte. Die Ärmel krempelte sie ein wenig hoch, damit sie ihren Rock, die Strumpfhose und ihre Bluse greifen konnte. Als sie zur Tür gehen wollte blieb ihr Blick an einem Foto, welches an der Wand hing, hängen. Die Braunhaarige erkannte das Bild sofort, da es dasselbe war, welches auf seinem Schreibtisch in seinem Büro stand. Takeru stand hinter Louisa und hatte seine Hände auf ihrer Taille gelegt. Wenn man sich das Foto flüchtig betrachtete könnte man denken, das beide glücklich und zufrieden waren. Bei näherer Betrachtung sah man, dass in dem Blick von Takeru neben Freude und Stolz auch Traurigkeit und Verletzlichkeit mitschwang. Hikari fand das Bild der Geschwister sehr schön, auch wenn sie als Fotografin die falschen Lichtverhältnisse sofort erkannte. „Guten Morgen Sonnenschein. Ein schönes Hemd hast du an.“ Sanft küsste er ihre Wange. Die Braunhaarige spürte wie sich seine Hände um ihre Taille schlossen und auf ihren Bauch zum Liegen kamen. Sie drehte sich zu Takeru um. „Guten Morgen mon coeur. Dankeschön. Am meisten bin ich erfreut, dass es nach dir riecht.“ Wieder blickte sie auf das Bild der Geschwister. „Gefällt dir das Bild?“ „Ja, das ist ein schönes Foto von euch. Ich frage mich nur, warum du deine Traurigkeit überspielst.“ Erstaunt sah der Blonde seine Freundin an. „Wie hast du es erkannt, dass ich traurig war?“ „Der Glanz in deinen Augen fehlt. Es muss aber ein wichtiger Abend gewesen sein.“ Takeru löste sich von ihr. „Für mich war es bis dahin der wichtigste Abend in meinem Leben. Es war die Abschlussfeier von meinem Studium, das ich als Jahrgangsbester abgeschlossen hatte. Eigentlich wollte ich mit Chloé auf die Feier gehen. Leider kam sie nicht, da ihr Studium in Marseille sie so sehr gefordert hatte.“ „Sie hat dich einfach alleine gelassen? An so einen wichtigen Abend? Sie hätte wenigstens für ein paar Stunden kommen können.“ „So habe ich es damals auch gesehen. Ich war stocksauer auf sie. Wir hatten über Wochen einen Streit deswegen.“ „Was auch verständlich ist. Ich will nicht in alten Wunden rumstochern, aber-“ „Ja, heute weiß ich, dass sie da schon etwas mit Alain am Laufen hatte und ich ihr nicht mehr wichtig war! Einen Monat später war die Trennung.“ „Warum hast du Louisa gefragt, ob sie deine Begleitung ist?“ „Das habe ich nicht. Louisa hat von sich aus angeboten, mit mir den Abend zu verbringen, da ich sonst gar nicht hingegangen wäre. Meine Mutter hatte das Bild von uns aufgenommen. Als ich nach Tokio gezogen bin meinte sie, dass sie stolz auf uns ist, da wir immer für einander da sind und sie hofft, dass sich das nicht ändern wird. Zum Schluss meinte sie, dass das Bild perfekt wäre, wenn Matt auch mit auf dem Foto wäre.“ „Das lässt sich doch einrichten. Immerhin seid ihr drei in Tokio.“ „Was hast du vor?“ „Ich werde erst einmal ins Badezimmer verschwinden, bevor Jean aufsteht. Danach werde ich Matt und Sora anrufen und fragen, wann sie Zeit haben. Danach suche ich die passende Location und dann werde ich Fotos von euch machen.“ „Sonnenschein, werden Matt, Louisa und ich auch gefragt, ob wir das überhaupt möchten?“ „Wie viele Fotos gibt es von euch dreien wo ihr gemeinsam abgebildet seid?“ „Ähm … Keine.“ „Das sind nicht sehr viele“, kam es ironisch von ihr. „Sehe es so, vielleicht würde es Louisa helfen, wenn sie die Zeit mit ihren Brüdern verbringen kann. Außerdem könntet ihr eurer Mutter einen Wunsch erfüllen.“ „Wie willst du Matt vor die Linse bekommen?“ „Lass das meine Sorge sein. Ich kenne deinen Bruder schon eine Weile. Außerdem haben wir schon öfters zusammen gearbeitet. Ich weiß wie er tickt“, grinste sie ihren Freund an. Danach öffnete sie die Tür und ging Richtung Badezimmer. Takeru hörte wie sich eine Zimmertür öffnete und hoffte inständig, dass es seine Schlafzimmertür war. Doch Jeans und Hikaris Stimme belehrte ihn eines Besseren: „Guten Morgen Jean“, kam es amüsiert von ihr. Der Gesichtsausdruck des jungen Mannes war Gold wert. Jean starrte sie an, als hätte er einen Geist gesehen. Schnell huschte sein Blick über ihren Körper. „Wow, du … Wieso kommst du … Ähm …“ „Louisa schläft im Schlafzimmer. Mach endlich deinen Mund zu Jean. Hat Lisa nie deine Oberhemden an?" Der Braunhaarige hatte sich gefangen und musste grinsen, „Doch meistens ging es in der Nacht zuvor heiß her.“ Hikari verschränkte ihre Arme vor ihrer Brust. „Mh, das wollte ich gar nicht wissen. Auf diese Fangfrage werde ich nicht antworten. Jetzt mache endlich deinen Mund zu, sonst fliegen Fliegen-“ „Jean…“, hallte Takerus Stimme drohend durch die Wohnung, „… bist du wenigstens angezogen?“ „Wenn du das sehen willst, musst du in den Flur kommen. Ziehe dir aber deine Hose über, sonst werde ich blind“, neckte Jean seinen besten Freund. „Hör auf mit dem Mist“, keifte Hikari ihn an. „Ich kann froh sein, wenn ich keine Alpträume von deinem Anblick bekomme.“ Takerus Lachen war aus dem Wohnzimmer zu hören. Dieses verging ihm schnell, als er in den Flur trat Jean hatte nach dem Aufstehen, mal wieder, nur seine Boxershorts an. „Jean, wir hatten eine Vereinbarung“, kam es wütend über seine Lippen. Hikari ging auf ihren Freund zu. „Keru, ich weiß wie Männer aussehen. Außerdem hat er doch gar nichts gesehen. Dein Hemd ist mir viel zu groß.“ „Das ist es ja, Hika.“ Er blickte auf ihren Ausschnitt. Sie folgte seinen Blick und stellte entsetzt fest, dass man ihrer Oberweite und den BH sehen konnte. Da sie vergessen hatte, die ersten Knöpfe zu schließen. Sie hob ihren Arm, in dem sie ihren Rock und ihre Bluse hielt, um ihre Blöße zu kaschieren. Danach drehte sie sich zu Jean. Die junge Frau zog ihre Augen zu kleinen Schlitzen als sie sagte: „Du hast mir nicht auf die Brust gestarrt, oder?“ „Ähm, ich-“ Jeans Gesicht hatte die Farbe einer überreifen Tomate. „Butayaro!“War alles was Hikari sagte bevor sie ins Badezimmer rannte. Takeru musste sich ein Lachen verkneifen, als er seiner Freundin nach sah. Als der Blick des Blonden auf seinen besten Freund fiel musste der Braunhaarige schlucken. Er konnte vom Glück reden, dass Blicke nicht töten konnten. „Das hast du nicht wirklich gemacht, Jean.“ „Ich … Wo sollte ich … “ „Du hast ihr wirklich auf ihre fast nackte Brust gestarrt?“ Takerus Stimme war sehr leise und klang dadurch sehr bedrohlich. „Was regst du dich auf. Du kennst Lisa im Bikini.“ „Im Bikini schon, aber nicht in ihrer Unterwäsche“, empörte sich der Blonde. „Kari hatte dein Hemd an.“ Takeru warf Jean einen vernichtenden Blick zu. Dieser verstand, dass er besser in Deckung gehen sollte. „Schon gut. Ich bin wieder in meinem Zimmer“, kam es kleinlaut von Jean. „Das ist auch besser für dich.“ --- Genervt vom Morgen schloss Hikari die Tür zu ihrem Büro. Der Tag hatte so schön in den Armen von Takeru angefangen, danach wurde dieser einfach eine Katastrophe. Ihre Begegnung mit Jean saß ihr immer noch quer im Magen. Die Unterhaltung der Männer konnte sie bis ins Badezimmer hören. Das Schicksal meinte es weiterhin nicht gut mit ihr. Im Badezimmer musste sie feststellen, dass ihre Feinstrumpfhose eine Laufmasche hatte. Der Trick mit dem Klarlack brachte sie auch nicht weiter, da die Laufmasche direkt ihre Wade zierte. Louisa kam ihr an diesem Morgen wie der rettende Engel vor, da sie ihr eine Strumpfhose von ihr gab. Leider war Takerus Schwester größer als sie, das hieß das verflixte Ding saß einfach nicht richtig. Beim Frühstück verbrannte sie sich ihre Zunge an ihrem Schoko-Croissant und ihre heiße Schokolade ging eine Symbiose mit dem Holztisch ein, weil ihr die Tasse aus der Hand gerutscht war. Takeru wusste gar nicht, dass seine Freundin die schlimmsten französischen und japanischen Flüche kannte. An diesem Morgen wurde er eines besseren belehrt. Selbst Louisa und Jean sahen die zierliche Frau vor sich verwundert an. Ihr Freund versuchte sie aufzumuntern hatte aber nur mäßigen Erfolg. Laut seufzend ließ sie sich auf den Bürostuhl fallen. Kurz wühlte sie in der unteren Schublade rum und holte ihre geliebte Schokolade heraus. Zu ihrem Entsetzen stellte sie fest, dass nur noch ein Stückchen in der Verpackung war. Daher beschloss Hikari ihren Freund in seinem Büro aufzusuchen. Takeru hatte meistens Schokoladenkekse oder sogar eine Tafel Schokolade in seiner Schublade liegen. Zum einem weil er selber eine Naschkatze - beziehungsweise Naschkater - war und zum anderen um seine Freundin von ihrer schlechten Laune oder dem Stress abzulenken. Sie musste unbedingt ihre Nerven beruhigen, da sie in einer knappen Stunde in dem Büro von Takerus Vater sein sollte. Dort sollte das Gespräch mit den Verlagsinhabern, Takeru und ihr mit Ito stand finden. Sie haderte immer noch mit der Entscheidung der Männer. Die Argumentation ihres Freundes hatte sie zwar verstanden, trotzdem blieb ein kleiner Selbstzweifel über. Dieser würde sich hoffentlich in Luft auflösen, wenn sie endlich ihr Schokoladendefizit kompensiert hatte. Ein klopfen an seiner Bürotür ließ Takeru von seinem Computerbildschirm aufschauen. „Komm rein Hikari“, rief er amüsiert. Die Braunhaarige steckte ihren Kopf durch den Türspalt. „Woher wusstest du dass ich es bin?“ Der Blonde musste lächeln, „Ich gehe mal davon aus, dass deine Schokolade leer ist und du erhoffst dir, dass ich dir etwas von meiner abgebe.“ Er stand von seinem Stuhl auf, dabei schaute er in ihr nachdenkliches Gesicht. „Hika, jetzt komme endlich rein und schließe die Tür.“ Die junge Frau kam seiner Aufforderung nach. „Deine Schlussfolgerung erklärt nicht, warum du wusstest, dass ich vor der Tür stehe.“ „Dein Ernst? Bist du auf Schokoladenentzug?“ „Ich glaube, dass nennt am kalten Entzug. Ich warte immer noch auf eine Erklärung.“ Takeru gab sich geschlagen. „Ich spüre es, wenn du in meiner Nähe bist. Außerdem erkenne ich deine Art an die Tür zu klopfen. Nach dem heutigen Morgen wundert mich dein kalter Entzug gar nicht. Schau mal, was ich dir aus der Kantine mitgebracht habe. Ich wollte gerade zu dir kommen.“ Er reichte ihr eine Tasse. Genüsslich roch sie an der heißen Schokolade. „Du bist mein Retter. Mein Held wärst du, wenn du noch Schokolade für mich hast.“ Sie drückte ihm einen zarten Kuss auf die Wange. Er ging an seinen Schreibtisch und holte seine Schokolade aus der Schublade und reichte diese seiner Freundin. „Immerhin wollen Yamamoto, Hiroaki und ich den Tag überleben.“ Hikari brach sich ein Stück ab und schob es sich in den Mund. Zufrieden schloss sie ihre Augen. „Da du so lieb mit mir geteilt hast, werde ich deine letzte Aussage übergehen.“ Nachdem die Braunhaarige die Schokoladentafel fast zur Hälfte aufgegessen und ihr Heißgetränk ausgetrunken hatte machen sich die Zwei auf den Weg in das Büro von Hiroaki. Keine halbe Stunde, Hikaris ausgelaufenen Kugelschreiber, einen Wutausbruch von Ito und einen heftigen Schlagabtausch der Frauen später saßen sich die drei Männer völlig erstaunt gegenüber. Eigentlich wollte Yamamoto Ito mitteilen, dass diese sich einen neuen Job suchen musste. Hikari kam ihm zuvor. Sie hatte sich so in Rage geredet, dass Yamamoto und Hiroaki es aufgaben irgendetwas zu sagen. Takeru war von sich aus schlau genug, Hikari in Ruhe zu lassen. Er hatte sich gelassen in seinen Stuhl zurück gelehnt und beobachtete seine Freundin voller Stolz. Nach dem Ito das Büro verlassen hatte wandte sich der Blonde an seinen Vater: „Was habe ich dir gesagt, Hiroaki. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis es zum Urknall kommt und dann sollten alle in Deckung gehen.“ „Darf ich fragen, was das war, Hikari“, kam es immer noch verwundert von Takerus Vater. „Heute ist nicht mein Tag. Ich bin immer noch auf Entzug. Takeru kann es dir erklären. Entschuldigt mich, ich muss ein wichtiges Telefonat führen.“ Sie drehte sich zur Tür. „Ach Takeru, du musst nicht zu sehr ins Detail gehen. Kann ich bitte deinen Büroschlüssel haben?“ Der Blonde musste lachen, bevor ein sein Schlüsselbund aus seiner Hosentasche holte und seiner Freundin reicht. „Du musst dringend deinen Vorrat auffüllen, Hika.“ Sie lächelte zuckersüß bevor sie antwortete: „Nicht nur ich. Du genauso Keru.“ Kapitel 56: Spaß im Shiba Park ------------------------------ Das Lachen und die Gespräche der Menschen hallten durch den Shiba Park. Einige Leute eilten in großen Schritten durch die Parkanlangen. Andere saßen gemütlich auf einer Parkbank und genossen die warmen Sonnenstrahlen. Einige Kinder spielten miteinander und andere fuhren mit ihren Tretrollen ihre Bahnen. Kurz gesagt es war ein ganz normaler Sommertag in Tokio. Fünf junge Leute standen im Kreis und unterhielten sich, immer ein Auge auf den kleinen Jungen, der fröhlich mit seinem Ball spielte. Eine junge Frau stellte ihren Fotografenkoffer ab und holte den Faltreflektor heraus. Kurz überprüfte sie, wie sie diesen richtig aufstellen musste. Als ein junger Mann sie fragte, ob er ihr helfen konnte schüttelte sie nur ihren Kopf. „TK, du solltest Kari alleine lassen. Sie lässt keinen an ihre Ausrüstung ran. Das ist so ein Fotografentick“, rief Sora ihm entgegen. Hikari musste bei den Worten ihrer Freundin lächeln. „Genau, du lässt ja auch keinen an deine Designentwürfe.“ War die kurze Antwort von Hikari. „Stimmt auffallend“, lachte die Rothaarige. „Das Ding sieht aber schwer aus“, rechtfertigte Takeru sich. „Takeru, dieses Ding ist ein Reflektor. Damit wird das Sonnenlicht auf das Fotomotiv reflektiert. Außerdem ist dieser nicht schwer. Der Reflektor gehört zu meiner Außenausrüstung und somit bedeutend leichter, als die die im Fotostudio stehen. Jetzt lasse mich meine Arbeit machen.“ Takeru erkannte, dass die junge Frau vor ihm gerade die Fotografin war und nicht seine Freundin. Auf eine berufliche Diskussion hatte er keine Lust. Diese wurde schnell anstrengend, da beide Sturköpfe waren, was ihre Arbeit betraf. Daher konnten ihre beruflichen Gespräche ziemlich hitzig enden. „Okay, ich lasse dich in Ruhe, Hikari.“ Kurz blickte die Braunhaarige zu ihrem Freund. Er grinste sie schelmisch an. „Wie ich sehen kann, hast du mich verstanden.“ Schnell warf sie ihm einen Luft Kuss zu. Yamato sah seine Schwester an. Endlich konnte sich wieder lachen. Auch ihn ließ die Situation nicht kalt, dass Louisa unglücklich verliebt war. Trotzdem war er Iori dankbar, dass er seine Schwester nicht ausnutzte. Im Allgemeinen passte es ihm nicht, dass die junge Frau erwachsen wurde. Kaum hatte er sich richtig kennengelernt musste er erkennen, dass Louisa kein kleines Mädchen mehr war. Wieder spürte er ein Stich in seinem Herzen, dass er viel im Leben von seinen Geschwistern verpasst hatte. Daher war er Hikari dankbar, dass sie auf die Idee mit den Fotos kam. „Kari, wie weit bist du?“, rief der Sänger der Braunhaarigen zu. „Ich brauche noch einen Moment.“ „Wo sind wir eigentlich, Matt?“ Louisa hatte sich an ihren Bruder gewandt. „Wir sind im Westen vom Shiba Park. Dieser Park ist einer der ältesten Parkanlagen in Minato. Hinter diesem Wald steht der Tokyo Tower wie du sehen kannst." Er zeigte auf die Spitzes des Turmes. "Dieser Teil vom Shiba Park heißt Herbstlaub Tal. So wie es aussieht möchte Kari die Fotos bei dem Wasserfall machen.“ Takeru musste an sein Gespräch mit Hikari denken, als sie ihm damals hinterhergelaufen war. Als er Hals über Kopf Yamatos Wohnung verlassen hatte. Er deutete auf einen Grashügel, als er mit seiner Schwester sprach. „Dies ist eine alte Tempelanlage. Dort steht der Grabstein von dem Kartographen Taniki-“ „Tadataka“, kam es gleichzeitig von Sora, Yamato und Hikari. „Du lernst es nicht, Keru.“ Hikari musste lachen. „Ich hätte nicht damit gerechnet, dass Sie sich noch an das Gespräch erinnern, Takaishi“, zog sie ihren Freund auf. „Ich habe Ihnen zugehört, Yagami.“ „Anscheint nicht richtig, da Sie immer noch Taniki sagen.“ „Was die Französische Revolution betrifft sagst auch immer noch Louis keine Ahnung der wievielte.“ „Stimmt, also lassen wir-“ „Es war Louis XVI“, kam es von Louisa wie aus der Pistole geschossen. „Ist das der Kartographen der die erste Landkarte von Japan gemacht hat?“ Erstaunt sah Yamato seine Schwester an. „So ist es nicht ganz richtig. Er hat die erste vollständige Landkarte von Japan erstellt. Woher weißt du das eigentlich?“ Verlegen schaute Louisa zur Seite. „Nachdem feststand, das Takeru nach Japan zieht habe ich mich ein bisschen in die Geschichte des Landes eingelesen. Ich habe bei der Meiji Zeit, also den Kaiserreichen, angefangen. Den japanischen Imperialismus habe ich nicht ganz verstanden. Im zweiten Weltkrieg hatte Japan eine zentrale Rolle im Pazifikkrieg. Das Land hatte die Herrschaft über die Philippinen, Neuguinea und Birma. Ich glaube einige Inselgruppen von Indonesien gehörten auch dazu. Bei der Schlacht um Midway verloren die Japaner den Großteil ihrer Flugzeugträger, somit wurde die Wende im Pazifikkrieg eingeläutet. Außerdem wurde die Schlacht bei Guadalcanal auch verloren. Japan weigerte sich nach den Angriffen um Okinawa und Iwojima die bedingungslose Kapitulation zu unterschreiben. Kurze Zeit später waren die Atomangriffe auf Hiroshima und Nagasaki, woraufhin Japan gezwungen war die Kapitulation zu unterschreiben. 1990 begann unter dem Tenno Akihito die Heisei-Zeit. Diese wurde Anfang des Jahres durch die Abdankung des Tennos Akihito durch die Reiwa-Zeit abgelöst. Der neue Tenno heißt Naruhito.“ Erstaunt sahen Yamato und Sora sie an. „Habe etwas falsches gesagt?“, kam es unsicher von der Blondine. „Nein, es ist nur erstaunlich, dass du mehr über die Geschichte Japans weißt, wie manch Einheimischer.“ Yamato sah seine Schwester stolz an. „Geschichte ist ein Hobby von mir.“ „Ich habe dir doch mal gesagt, dass Louisa ein wandelndes Geschichtsbuch ist.“ Takeru musste lachen. „Ich dachte das trifft auf die europäische Geschichte zu“, rechtfertigte sich der ältere Blonde. „Du solltest unseren Krümel nicht unterschätzen. Frag sie doch wann der Nationalfeiertag in Japan ist.“ „TK, das ist gemein“, warf Sora ein. „Du bist hinterhältig Großer.“ Louisa blickte Takeru amüsiert an. „Das bin ich nicht. Ich kenne dich nur sehr gut, Krümel. Na los sage die Antwort. An deinen Augen kann ich sehen, dass du diese weißt.“ „Es ist immer der Geburtstag des amtierenden Tennos.“ „Falls Haru irgendwann mal Probleme in Geschichte bekommt, weiß ich an wenn er sich wenden kann“, kam es erstaunt von Yamato. „So Leute, wir können anfangen, sonst sind die Lichtverhältnisse nicht mehr perfekt“, rief Hikari der Gruppe zu. Hikari war voll in ihrem Element. Sie scheuchte die Geschwister von einer Pose in die nächste. Mal saßen Yamato, Takeru und Louisa auf dem Rasen, dann wurden Bilder im Stehen aufgenommen und so ging es immer weiter. Irgendwann holten sie noch Sora und Haru, den Sohn des Ehepaares Ishida dazu. Hikari hatte gerade ihr Objektiv gewechselt, als sie sah, wie Louisa sich von hinten an ihre Brüder ran schlich. Yamato und Takeru waren so in ihrem Gespräch vertieft, dass sie den ‚Angriff‘ ihrer Schwester nicht mit bekamen. Erst als die Blondine ihre Arme um die Beiden legte sahen diese erstaunt zu ihrer Schwester. Der Gesichtsausdruck der Männer war Gold wert. Das Lachen von Louisa schallte durch den Park. „Ich hab euch zwei lieb.“ Sie drückte erst Yamato und dann Takeru einen Kuss auf die Wange. Schnell schoss Hikari eine Fotostrecke. „Isa, das hast du perfekt gemacht“, lobte die Fotografin, als sie sich die Aufnahme auf ihrer Kamera betrachtete. „Ich freue mich, dass ich mal wieder den Lachen hören kann, Schwesterchen.“ Yamato hatte sich Louisa zugewandt und sie fest in seine Arme gezogen. Er gab ihr einen kleinen Kuss auf ihren Scheitel. „Und ich freue mich, dass du dem ganzen zugestimmt hast, Brüderchen.“ „Warum denn nicht?“ „Ich kann mir vorstellen, dass du dich privat nicht gerne fotografieren lässt. Immerhin bringt dein Job es mit sich ständig vor der Kamera steht.“ Ihr Bruder sah kurz zur Hikari, bevor er Louisa in die Augen sah. „Ich verrate dir ein gut behütetes Geheimnis von mir: Es kommt immer darauf an, wer hinter der Kamera steht. Kari macht es mir einfach, wenn sie mich fotografiert. Sie weiß immer was sie will und wie sie es umsetzten kann. Das können nur wenig Fotografen.“ Takeru sah sich seine Geschwister an. Sein Herz wurde mit einer Wärme erfüllt. Zum einen, weil seine Schwester endlich wieder glücklich war. Zum anderen, dass sich Yamato und Louisa sehr gut verstanden. Der Ältere wirkte zwar auf Außenstehende oft gefühlskalt, aber alle Menschen, die Yamato näher kannten wussten, dass dies nicht der Fall war. „Leute, wir sind fertig. Falls ihr Lust habt könnt ihr euch schon einige Fotos auf der Kamera anschauen.“ Schnell waren die Geschwister bei Hikari und begutachteten ihr Werk. Während Sora ihren Sohn wieder einfing. Da dieser gerade zum Wasser laufen wollte. „Seid bitte vorsichtig mit der Kamera. Diese benutze ich immer für meine Aufträge.“ Nach diesen Worten wandte sich die Braunhaarige ihrem Equipment zu um diese in den Fotografenkoffer zu verstauen. „Wann hast du dieses Bild aufgenommen?“, fragte Louisa. „Als du nicht hingeschaut hast“, kam es gedankenverloren von Hikari. „Das ist ein Vorteil, wenn man Kari als Fotografin bucht. Meistens bekommt man es gar nicht mit, wenn sie Fotos erstellt. So geht es mir bei beruflichen Fototerminen mit ihr immer", erklärte Yamato seiner Schwester. „Daher gehört sie auch zu den besten Fotografen, die die Ishida Group hat“, warf Takeru stolz ein. „Leute ich kann euch hören. Außerdem wusstet ihr schon vorher, dass ich das gerne gemacht habe. Das Geheimnis eines guten Fotos ist, das der Fotograf sich in die Personen und die Umgebung hineinversetzten kann die er gerade fotografiert. Das ist alles.“ Takeru ging auf seine Freundin zu und nahm sie in seine Arme. „Du machst so gute Fotos, weil du mit deinem Herzen siehst.“ Danach gab er ihr einen sanften Kuss. „Du bist ein Schleimer.“ „Nein, ich sage nur die Wahrheit.“ Gemeinsam gingen die jungen Leute dem Ausgang des Shiba Parks entgegen. „Ihr könnt euch überlegen, welche Bilder ihr haben wollt. Wir könnten, wenn die Auswahl der Bilder steht, ein Fotobuch machen, wenn ihr es möchtet. Ihr müsst mir nur Bescheid sagen.“ Takeru zog seine Freundin in seine Arme. „Danke“, flüsterte er in ihr Ohr. „Wofür?“ „Kurz gesagt für alles.“ „Gerne. Ich muss mich auch bei dir bedanken.“ Der Blonde zog fragend seine Augenbraue hoch. Hikari musste lachen bevor sie antwortete: „Für alles.“ Sie löste sich von ihrem Freund, als sie Soras Stimme hörte: „Kari möchtest du gleich mit zu mir kommen? Dann könnten wir eine Kleideranprobe für das Kleid, welches du auf der Betriebsfeier tragen möchtest, machen.“ „Keru und ich bringen nur meine Ausrüstung nach Hause, dann kommen wir zu euch.“ Kapitel 57: ‚Schwägerinnen‘ unter sich -------------------------------------- Nervös lief Hikari durch ihr Schlafzimmer. Auf ihrem Bett lag ein schwarzes Abendkleid. Kurz blieb die Braunhaarige vor ihrem Nachtlager stehen und strich gedankenverloren über den zarten Stoff ihres Kleides. Ob Takeru sie in dieser Robe schick finden würde? Sie blickte auf das Kleid. Dieses war bodenlang und hatte Spagettiträger. Die Ärmel wurden nur durch zarten Organza Stoff angedeutet. Das Oberteil schmiegte sich wie eine zweite Haut an ihrem Körper. Das Unterteil war in mehreren Lagen und bot ihr genug Bewegungsfreiheit beim Gehen und erst recht beim Tanzen. Nervös stellte sie ihre Schuhe, die einen Goldton hatten, neben das Bett. Für den heutigen Abend machte sie eine Ausnahme und zog sich ihre Tanzschuhe gleich an. Sie würde später keine Zeit haben diese zu tauschen. In Gedanken fluchte sie über diese Situation vor sich her. Dies bedeutete nämlich, dass sie diese Schuhe – es waren ihre Lieblingsstandardtanzschuhe – ruiniert waren. Die Rauledersohle würde sie nie mehr sauber bekommen. Von dem Satinstoff ganz zu schweigen. Was machte sie nicht alles für diesen Abend. Dieser war wichtig für ihre berufliche Zukunft. Heute wurde sie offiziell in die Chefetage der ‚Ishida Group‘ eingeführt. Sicher, für ihre Kollegen war es keine Neuigkeit mehr, da die Braunhaarige schon seit zwei Wochen die Arbeit der Cheffotografin machte. Nach dem Rauswurf von Ito hatte es auch der letzte Fotograf verstanden, wer ihre neue Vorgesetzte war. Es hatte sich nämlich, wie auch immer, rumgesprochen, dass Hikari die Kündigung ausgesprochen hatte und die Verlagsinhaber sowie der Chefredakteur nicht zu Wort gekommen waren. Diese Aktion brachte ihr noch mehr Respekt, als sie ohnehin schon hatte, von ihrem Team ein. Hikari war sich sicher, dass weder Takeru noch die Inhaber etwas in diese Richtung nach draußen getragen hatten. Somit blieb nur Ito übrig. Was mal wieder typisch für dieses Frauenzimmer war. Die Arbeit in ihrem Bereich hatte sich nach der Kündigung von Ito verändert. Takeru fragte sich, wie Hikari es in der kurzen Zeit geschafft hatte diesen tratschenden Haufen von Fotografen positiv zu verändern. Die Kollegen gingen freundlicher und respektvoller miteinander um. Das Teamgefühl, welches schon unter der Leitung von Yamaoto herrschte, trat wieder in den Vordergrund und wurde noch tiefgründiger. Die Braunhaarige ging schnellen Schrittes aus ihrem Schlafzimmer. In ihrer Eile übersah sie das weiße Fellknäul, welches vor der Tür lag. Gatomon mauzte schmerzerfüllt auf, als ihr ihr Frauen auf den Schwanz getreten war. Die Braunhaarige zog erschrocken ihren Fuß zurück. „Entschuldigung Gatomon.“ Sie wollte ihrer Katze beruhigend über das seidige Fell streicheln, was diese nicht zuließ. Stattdessen fauchte sie ihre Besitzerin an und verzog sich beleidigt in das Wohnzimmer zurück. Hikari zuckte mit den Schultern, danach eilte sie ins Badezimmer. Schnell duschte sie sich, bevor Sora und Mimi hier auftauchen würden, um ihr beim Anziehen und Schminken zu helfen. Als sie mit dem Duschen fertig war schlüpfte sie in ihre Unterwäsche und zog sich ihren Bademantel über. ‘Ob heute Abend alles gut geht? Was wäre, wenn ich stolpere und hinfalle? Was wäre, wenn die Kollegen mich nicht akzeptieren? Was wäre, wenn …‘ Das Läuten an der Wohnungstür riss Hikari aus ihren Gedanken. Leise schimpfte sie vor sich her, als sie auf die Uhr schaute. Sora und Mimi waren eine halbe Stunde zu früh. „Mädels ihr seit-“ Mit diesen Worten öffnete sie ihre Wohnungstür. „Hallo Kari!“ „Hey Isa! Was machst du hier?“ „Takeru schickt mich, damit du nicht zum Nachdenken kommst.“ Louisa stand lächelnd vor der Wohnungstür. „Außerdem hat er mich darum gebeten, dir das zu geben, als Nervennahrung so zusagen.“ Die Blondine reichte ihr eine kleine Tüte. Dabei musste Louisa sich ein Lachen verkneifen. Hikari ließ die Blondine in ihre Wohnung. Gatomon nutzte die Gunst der Stunde und ‚begrüßte‘ den Besucher mit einem lauten Fauchen. Louisa musste lachen, als Hikari ihr erzählte, warum die weiße Katze verstimmt war. Die Frauen gingen in das Wohnzimmer. Kaum hatten sie dieses betreten kam Patamon angelaufen und schlängelte sich zwischen den Beinen der Blondine. Schnell fing er an zu schnurren. Louisa nahm die Leckerlis, die Hikari aus der Küche geholt hatte, entgegen und gab diese den Stubentigern. Wobei der Kater ihr aus der Hand fraß. Für Gatomon legte sie die Leckerlis auf das Fensterbrett. Kaum hatte Louisa sich weggedreht sprang die Katze auf das besagte Fensterbrett und fing an zu fressen. Hikari sah in die Tüte und musste schmunzeln, als sie sah, was im Inneren lag. Ihre Lieblingsschokolade, eine Packung von ihrer Trinkschokolade und die Schokokekse, die sie ihm immer weg aß. Dieses Heiligtum teilte Takeru nur mit ihr. Selbst Louisa wurde von ihm angemeckert, wenn sie sich an der Lieblingsleckerei ihres Bruders zu schaffen machte. Man muss dem jungen Mann zugutehalten, dass diese besagte n Schokokekse direkt aus Frankreich kam. Seit seinem neunten Lebensjahr gehörte diese Leckerei zu seiner Lieblingsleckerei. Seine Mutter und sein Stiefvater schickten ihm einmal im Monat ein Paket mit französischen Köstlichkeiten. Sein Vorrat seiner Kekse war immer schnell aufgebraucht, vor allem seit er mit Hikari zusammen war. „Ich soll dir von ihm noch ausrichten, dass er immer an deiner Seite ist. Besonders heute Abend und das Alles gut gehen wird. Du sollst dir nicht so viele Gedanken machen.“ Da war er wieder, diese eine Satz. Hikari erinnerte wie er diese Worte zu ihr gesagt hatte, um ihr zu zeigen, wie wichtig sie ihm war. „Vertraust du mir?“ „Wenn du mich lässt.“ Endlich sprach Takeru das aus, was er fühlte. „Ich liebe dich, Hika.“ Langsam löste sie den Kuss. „Ich liebe dich auch, Keru“, flüsterte sie ihm ins Ohr. Liebevoll schob Takeru Hikari ein Stücken von sich, um in ihre Augen blicken zu können. „Du weißt, was das bedeutet?“ Sie sah ihn so liebevoll an, dass es ihm dem Atem raubte. „Nein, ich bin mir sicher, dass du mich gleich aufklären wirst“, neckte Hikari ihn. „Das du zu mir gehörst…“, er zog sie wieder in seine Arme, „…, wenn du es möchtest.“ „Was ist mit der Arbeit?“ „Beruflich werden wir uns mit Hikari und Takeru ansprechen. Privat bist du meine Hika, ganz einfach. Wir werden wie immer miteinander umgehen“, versuchte er ihre Bedenken zu zerstreuen. „Du bist und bleibst mein Chef“, kam es nachdenklich von ihr. „Dieser Zustand wird nicht ewig anhalten. Mir ist es egal, was die Kollegen sagen, oder mein Vater von der Sache hält. Hauptsache du bist an meiner Seite.“ Wie gut ihr Freund sie doch kannte. Dieser Satz beruhigte sich ungemein. Hikari ging auf die Jüngere zu und nahm sie in ihre Arme. „Danke dir, Isa.“ Sie gab der Blondine einen Kuss auf die Wange. „Was macht Takeru gerade?“ „Er ist genervt, wegen seiner Krawatte. Er findet nicht die passende Farbe zu deinem Kleid. Takeru verflucht Sora ein wenig, weil sie ihn dazu zwingt ebenfalls Schwarz zu tragen. Mein Bruder mag diese Farbe nicht besonders an sich, da er diese im Berufsalltag fast immer trägt.“ Beide Frauen mussten lachen. Hatten sie doch beide das Bild von Rumpelstilzchen das um sein Feuer tanzte vor Augen. Die Braunhaarige griff in die Tüte sie öffnete eine Schachtel und gab der Blondine einen Keks. „Lass es dir schmecken. Falls du etwas trinken möchtest, in der Küche steht alles. Takeru hat mir sogar eine Flasche ‚Geradine‘ dagelassen. Ich muss noch ein paar Sachen für die Betriebsfeier zusammen suchen.“ „Danke dir Kari. Sag mir Bescheid, wenn ich dir helfen kann.“ „Das kannst du wirklich, wenn es an der Tür klingelt, kannst du bitte Sora und Mimi herein lassen? Falls dein Bruder sich melden sollte, kannst du ihm sagen, dass ich meine goldenen Standardtanzschuhe tragen werde. Vielleicht hilft es ihm bei der Farbauswahl seiner Krawatte. Ich hoffe Jean kann die Krawatte besser binden, als Takeru“, murmelte sie den letzten Satz. Die Braunhaarige saß an ihrem Schminktisch, der in ihrem Schlafzimmer stand. In Gedanken versunken, kämmte sie ihre Haare, die ihr mittlerweile bis zu ihren Schulterblättern reichten. Sie zuckte erschrocken zusammen, als sich die Tür mit einem Schwung öffnete. „Hallo Süße. Bist du schon aufgeregt?“ Mimi zog die Jüngere von dem Stuhl in ihre Arme. „Ich habe uns eine Flasche Sekt mitgebracht. Damit du deine Nerven beruhigen kannst, Kari.“ Triumphierend sah Mimi ihre Schwägerin an. „Hey Mimi!“ Nachdem Hikari ihren Schreck überwunden hatte, erwiderte sie die Umarmung der Älteren. „Nein danke, ich werde keinen Sekt trinken. Ich muss auf eine steife Firmenfeier. Wo ich ganz nebenbei eine wichtige Rolle spiele. Ich möchte mir nicht die Sinne vernebeln. Vergesse bitte nicht, dass Hiroaki Takerus Vater ist. Nur so: der eine ist der Verlagsinhaber und der andere ist der Chefredakteur. Somit bin ich nicht nur die Neue in der Führungsriege sondern auch die Freundin von Takeru.“ „Ich glaube, TK würde das auch nicht gerne sehen, wenn du jetzt Alkohol trinkst.“ Sora hatte sich in das Gespräch der Schwägerinnen eingemischt. Die Rothaarige zog die Jüngere in zur Begrüßung in ihre Arme.“ „Ich weiß.“ „Okay, dann trinke ich aus Solidarität auch nichts.“ „Ist auch besser Mimi. Sonst kannst du den Eyeliner nicht gerade auftragen“, lachte Sora. „Eyeliner? Muss das sein?“ Hikari rieb sich die Stirn. „Ja! Hopp hopp, Kari setze dich hin, damit ich dich schminken und frisieren kann.“ Mimi setzte Hikari auf den Stuhl, schnappte sich die Brüste und bürstete die Haare ihrer Freundin. „Deine Haare sind nach deiner Trennung von Davis richtig lang geworden. Das bemerkte ich jetzt erst, da du diese meist zu einem Zopf trägst.“ "Mir gefallen meine langen Haare." " Mir auch. Da ich dein Kleid schon kenne, würde ich dir einen Dutt vorschlagen. Diesen würde ich im unteren Bereich deines Kopfes feststecken. Dazu solltest du deine hängenden Zirkonia Ohrringe tragen.“ „Das hört sich gut an. Leg los. Ich bin auf das Ergebnis gespannt. Ohne Eye-“ „Mit Eyeliner! Ende der Diskussion! Der gehört zu einem Anlass wie diesen dazu.“ „Mädels macht weiter. Kari muss schließlich noch das Kleid anziehen.“ „Man Sora, du bist nicht auf einer Modenschau der Mode Line.“ „Was macht Louisa eigentlich?“, fragte Hikari. „Sie spielt mit Patamon. Ich bin echt überrascht, dass der Kater sich von ihr streicheln lässt.“ „Stimmt, er mag Takeru und Louisa. Ich war auch verwundert.“ „Augen zu und nicht blinzeln“, kam es von Mimi. Eine viertel Stunde hatte Hikari auf ihrem Schminkstuhl gesessen. Gefühlte tausend Pinselstriche, ständiges Augenzusammenkneifen beim Auftragen von Wimperntusche und Eyeliner und den zarten streicheln ihre Lippen, als Mimi den Lipgloss auftrug, war ihr Makeup fertig. Noch einmal eine halbe Stunde später war auch die Frisur der Jüngeren perfekt. Hätte Sora nicht auf die Zeit geachtet, würden Mimi und Hikari immer noch beim Schminken sein. Schnell half die Rothaarige ihrer Freundin ins Kleid und schloss an der Seite den Reißverschluss. „Kari, Takeru hat mich angerufen, weil er euch nicht stören wollte.“ Louisa kam in das Schlafzimmer. „Hiroaki wollte no-“ Die Jüngste im Bunde hatte es die Sprache verschlagen, als sie Hikari sah. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass mein Bruder dich heute Abend nicht aus den Augen lassen wird. Du siehst wunderschön aus.“ „Danke dir, Isa. Was ist los?" "Ich soll dir ausrichten, dass Matt dich abholen wird." "Warum?“ „Hiroaki wollte etwas mit Takeru besprechen. Daher hat er Matt gebeten dich abzuholen, da er sowieso mit seiner Band bei eurer Feier auftritt, wenn der Soundcheck vorbei ist fährt Matt los.“ Das Klingeln an der Wohnungstür riss die Frauen aus ihrem Gespräch. „Er liebt es einfach schnell zu fahren. Nein, zu rasen trifft es eher“, murmelte Sora vor sich her. Sie öffnete die Tür und sah ihrem Mann in seine blauen Augen. „Musst du immer mit einen Bleifuß fahren?“, meckerte sie Yamato an. „Ich freue mich auch dich zu sehen. Wo ist Kari? Wir müssen los.“ „Toll, erst nimmst du deine Frau nicht ernst und jetzt fragst du nach einer anderen Frau. Muss ich irgendetwas wissen?“ Sora grinste ihren Mann an. „Das wollte ich dir schon den ganzen Abend sagen. Leider kam mir meine Arbeit dazwischen. Daher nutze ich jetzt die Gunst der Stunde. Ich liebe dich.“ Yamato zog seine Frau in seine Arme und gab ihr einen Kuss. Als er diesen löste erblickte er Hikari, die hinter Sora stand. Er musste zweimal hinschauen um sich sicher zu sein, das diese junge Frau wirklich die Schwester seines besten Freundes war. Kapitel 58: Das Sommerfest -------------------------- Entsetzt sah Takeru seinen Vater an. „Das ist nicht dein Ernst! Ich soll bitte was?“, fragte er nach. „Es wäre nur für zwei Monate.“ „Du fragst mich allen Ernstes, ob ich in Paris arbeite? Du wolltest damals unbedingt, dass ich in Tokio arbeite! Wieso soll ich jetzt nach Paris?“ „Vergesse nicht, dass du der Verbindungsmann zwischen den beiden Verlagen bist.“ „Bis jetzt hat es immer gereicht, dass ich die Verlagsabläufe von Tokio aus steure. Diese verlaufen alle reibungslos. Was ist passiert, dass ich nach Paris soll?“ „Fontaine hat einen neuen Mitarbeiter, der mit uns zusammenarbeiten soll. Ich würde es am besten finden, wenn du ihn einarbeiten würdest. Du kannst mir sagen, wie gut seine japanisch Kenntnisse si-“ „Auch das könnte ich von Tokio aus beurteilen. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass du mich für blöd verkaufen möchtest. Was ist der wahre Grund, warum du mich nach Paris schicken möchtest.“ „Warum möchtest du nicht nach Paris?“ „Das entspricht nicht der Wahrheit. Ich möchte nur den Grund verstehen, warum es gerade jetzt sein muss.“ „Ich habe ihr versprochen nichts zu sagen. Aber Fontaine hat wirklich-“ Takeru wurde hellhörig. „Maman und Louisa sind die einzigen Frauen, die du kennst, die in Paris wohnen. Wer hat mit dir gesprochen?“ Hiroaki seufzte ergeben auf. „Na gut, Natusko hat mit mir gesprochen. Sie würde dich gerne wiedersehen.“ „Ich habe bald Urlaub. Diesen wollten Hikari und ich nutzen und nach Paris fliegen.“ „Das weiß ich. Ich wollte dir mehr Zeit mit deiner Mutter, Louisa und Matéo ermöglichen. Zumal deine Schwester dich brauchen wird, wenn sie wieder zu Hause ist.“ Takeru sah seinen Vater erstaunt an. „Wie meinst du das?“ „Jetzt halte du mich nicht für dumm, Takeru. Ich habe auch ein gutes Verhältnis zu deiner Schwester.“ „Darf ich fragen seit wann?“ „Louisa spricht neuerdings Japanisch. Das hat dafür gesorgt, dass wir uns besser verstehen. Sie hat mir von einem jungen Mann erzählt.“ „Verstehe. Wie stellst du dir die Paris Sache vor?“ „Du arbeitest erst zwei Monate in Paris. Danach gehst du gleich in deinen Urlaub über. Somit werden aus zwei Wochen Urlaub in Paris zweieinhalb Monate, die du bei deiner Mutter und Louisa sein könntest, auch wenn du die meiste Zeit arbeiten müsstest.“ „Das heißt, rein theoretisch müsste ich beruflich nicht nach Paris, da ich alles von Tokio aus regeln könnte?“ „Fontaine hat wirklich einen neuen Mitarbeiter gefunden, der angeblich japanisch sprechen kann. Daher würde es mich beruhigen, wenn du dir vor Ort ein Bild machen könntest. Du könntest den Mitarbeiter in die geschäftlichen japanischen Sitten einweisen und dir ein Bild von seinen japanischen Kenntnissen machen. Das würde auch mir die Zusammenarbeit mit dem Pariser Verlag erleichtern.“ „Wann würde es losgehen?“ „Du könntest mit deiner Schwester und Jean zusammen nach Paris fliegen.“ „Das ist in drei Tagen“, rief Takeru aufgebracht. „So schnell bekomme ich nie ein Hotelzimmer und ein Flug.“ „Das wäre alles geregelt. Du würdest im gleichen Flieger wie Louisa und Jean sitzen. Natsuko hat mir gesagt, dass du immer noch dein Zimmer bei ihr hast. Matéo und sie würden sich freuen, dich in ihrer Nähe zu haben.“ „Ich muss erst mit Hikari sprechen, bevor ich eine Entscheidung treffe.“ Der Blonde hatte das Gefühl ein Déjà-vu zu haben. Nur das er sich jetzt nicht zwischen Paris oder Tokio entscheiden musste. Sondern gezwungen wurde Tokio zu verlassen um in Paris zu arbeiten. Dabei fühlte er sich in Tokio wohl. Hier hatte er wieder gelernt zu leben. Hier trat sein Sonnenschein in sein Leben. Hier hatte er alles was ihn glücklich machte. Hier fühlte er sich vollkommen. Hier war sein zu Hause. Hier war seine Heimat. „Natürlich.“ Hiroaki sah seinen Sohn an. Eigentlich hatte er damit gerechnet, dass Takeru sofort zustimmen würde. Als er das Zögern des Jüngeren wahrgenommen hatte, wurde ihm bewusst, wie tief seine Gefühle zu Hikari waren. „Tue mir bitte zwei Gefallen, Vater: Sag ihr heute Abend nichts von diesem Gespräch. Ich möchte ihr diesen Abend nicht kaputt machen. Ich werde morgen mit Hikari sprechen.“ „Ich werde ihr nichts sagen. Was wäre der zweite Gefallen?“ „Könntest du mir bitte die Krawatte binden? Hikari schimpft sonst wieder mit mir, wenn der Halswürger nicht richtig sitzt.“ Takeru reichte seinem Vater die pastellfarbene gelbe Satinkrawatte. Hiroaki lachte auf, „Das kann ich mir gut vorstellen. Immerhin habe ich es schon selbst mitbekommen, wie sie dir eine Ansage, mitten auf dem Büro Flur, deswegen gemacht hat.“ Takeru lächelte, „Das ist ein Runing Gag zwischen uns. Das hat mit unserem Kennenlernen zu tun.“ --- Yamato sah Hikari an, dass sie nervös war. Sie spielte mit ihrem Armband und knapperte gedankenverloren auf ihrer Unterlippe herum. Er war sich sicher, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis Mimi schimpfen würde. Der Blonde hatte den Gedanken noch nicht zu Ende gedacht, als er die Stimme der Brünetten hörte: „Kari höre auf, deine Lippe zu quälen. Du ruinierst dein Lipgloss. Hier den nimmst du am besten mit.“ Sie reichte der Jüngeren den Lipgloss. „Danke Mimi.“ „Frauen“, stöhnte Yamato auf. „Mädels jetzt verabschiedet euch endlich. Sonst gibt mein Manger eine Vermisstenanzeige auf und Takeru bombardiert mein Handy mit Nachrichten wo wir bleiben.“ Der Blonde hielt ihr die Tür zu seinem schwarzen Sportwagen auf. „Du siehst wunderschön aus, Kari. Ich bin mir sicher, dass mein Bruder dich heute nicht aus den Augen lassen wird. Du musst nicht nervös sein. Takeru wird dich unterstützen, als dein Freund. Er weicht dir nicht von deiner Seite.“ Hikaris Wangen wurden von einem leichten Rotschimmer geziert sie lächelte ihren besten Freund an. „Danke Matt. Man merkt, dass ihr drei Geschwister seid.“ Yamato startete den Motor. Kurz sah er die junge Frau an. Diese erkannte seinen fragenden Blick. „Beide haben das Gleiche gesagt.“ Geschickt steuerte der junge Mann seinen Sportwagen durch den dichten Verkehr von Tokio. Nach einer halben Stunde Fahrt stellte er den Motor ab. Yamato half Hikari aus dem Auto und führte sie in den Raum, in den seine Band sich auf ihren Auftritt vorbereitet. Kurz begrüßte er seine Bandmitglieder. „Warum bin ich hier?“, fragte die Braunhaarige nach. Der Blonde musste sich ein Lachen verkneifen. Er zog die junge Frau am Arm auf die Bühne. „Schau dir an, wie groß der Saal ist. Bei mir kann TK dich am schnellsten finden“, erklärte der Sänger. Hikari sah sich um. Der Saal war so riesig, dass sie den Eingang von der Bühne aus nicht sehen konnte. Der Raum war in den Farben des Firmenlogos – die orange und weiß waren – geschmückt. Die Tische waren so angeordnet, das vor der Bühne eine große Tanzfläche war. Die Braunhaarige musste schlucken. Diese Anordnung erinnerte sie stark an die Tanzturniere, die sie mit Ken bestritt. Yamato bemerkte, wie Hikari anfing zu zittern. Er zog sie in seine Arme und gab ihr ein Küsschen auf die Wange. „Atme Kari, sonst kippst du um. Was machst du mit Ken, wenn ihr ein Turnier bestreitet?“ „Ken hat immer Schokolade dabei. Außerdem gehen wir die Choreographie des ersten Tanzes noch einmal durch.“ Ihr bester Freund griff in seine Jackettasche und zog einen Schokoriegel heraus. „Schau mal, wie gut wir dich alle kennen.“ Er löste seine Umarmung und gab ihr die Süßigkeit. Hikari seufzte zufrieden auf, als die Schokolade in ihrem Mund schmolz. „Danke Matt.“ „Das mache ich doch gerne. Weißt du noch, wie Tai dir deine Cheerleader Pompons geklaut hat und damit durch den Flur der Umkleideräume tanzte?“ Die Braunhaarige musste lachen, „O ja, daran kann ich mich gut erinnern. Tai hat sich zum Deppen gemacht und wir wussten seit dieser Aktion, dass er den Macarena Tanz nicht tanzen kann.“ „Stimmt, aber du hast dein Lampenfieber in den Griff bekommen und Tai hatte die Meisterschaft gewonnen.“ „Spiel Satz und Sieg, für Tai“, kam es lachend von Hikari. „Nein Kari, das war Spiel Satz und Sieg auf ganzer Linie für die Yagami Geschwister. Du warst damals die Spitze der Pyramide und Tai hat das entscheidende Tor geschossen.“ Yamato war froh, dass sein Ablenkungsmanöver Früchte getragen hatte. Trotzdem atmete er erleichtert aus, als er Takeru sah. Wusste er doch, dass nur sein Bruder die junge Frau richtig beruhigen konnte und ihr ihr Selbstvertrauen gab diesen Abend zu schaffen. Der Ältere war sich sicher, dass heute nicht nur Hikaris Ernennung zu Cheffotografin verkündet wurde. Takeru traute seinen Augen nicht, als er zu seinem Bruder auf der Bühne sah. Er umarmte eine junge Frau und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Sein Körper verriet ihm, dass es sich um Hikari handelte. Sein Herzschlag hatte sich beschleunigt und eine angenehme Wärme durchzog seinen Körper. Trotzdem konnte er seinen Augen nicht trauen. Sie sah anders aus. Er hatte sie noch nie in einem Abendkleid gesehen. Dieses passte sich perfekt ihrer Figur an. Es setzte ihren Körper gekonnt in Szene. Diese Frisur hatte er noch nie an ihr gesehen und er fand, dass diese ihr ausgezeichnet stand. Als er vor ihr stand erkannte er die Ohrringe die sie trug, da er ihr diese geschenkt hatte. Das Makeup war zwar auffälliger als er es von ihr gewohnt war, aber es wirkte trotzdem natürlich. „Hallo ihr zwei“, begrüßte er seinen Bruder und seine Freundin. Zärtlich zog er Hikari von Yamato weg und in seine Arme. Flüchtig streiften seine Lippen ihre Wange. „Du siehst atemberaubend aus, mein Sonnenschein“, flüsterte er in ihr Ohr. „Danke schöne, mon coeur“, kam es genauso leise über ihre Lippen. Mit Takerus Anwesenheit bemerkte Hikari, wie die ganze Nervosität von ihr abfiel. Sie wollte in die blauen Augen ihres Freundes schauen. Doch dieser blinzelte schnell und schaute an ihr vorbei. „Was verschweigst du mir?“ „Darüber möchte ich morgen mit dir reden. Ich möchte uns nicht den Abend ruinieren.“ „Hat es etwas mit dem Gespräch zutun, um das dich dein Vater gebeten hat?“ Mit einem kurzen Nicken bestätigte er ihren Verdacht. „Wir reden morgen, versprochen.“ „In Ordnung, wir werden morgen darüber sprechen.“ Sie vertraute ihrem Freund vollkommen, daher bedrängte sie ihn nicht weiter. Sie stellte sich auf ihre Zehenspitzen und gab Takeru einen zarten Kuss. Er schlang seine Arme um ihren Körper und wollte sie näher an sich heranziehen. „Ihr solltet die Bühne verlassen. Der Einlass hat begonnen“, holte Yamato die Beiden in die Realität zurück. Schnell lösten sich Hikari und Takeru voneinander und verließen die Bühne. Sie suchte ihre Plätze die, wie sie es geahnt hatten, am Tisch der Verlagsinhaber war. Eine Stunde später hielt Hiroaki Ishida seine Rede, die mit folgenden Worten endete: „Wie Sie sicherlich schon mitbekommen haben, wurden einige Umstrukturierungen die den Verlagsablauf betreffen getroffen. Vor einem dreiviertel Jahr haben wir unseren langjährigen Chefredakteur Suzuki Hiro verabschiedet. Es ist kein Geheimnis mehr, das Takaishi Takeru seine Nachfolge angetreten hat. Vor zwei Wochen hat mir unser Kreative Kopf und Mitinhaber des Verlages Yamamoto Taro offenbart, dass er nur noch stiller Teilhaber sein möchte. Daher haben wir uns gemeinsam auf eine neue Cheffotografin geeinigt. Unsere Wahl fiel schnell auf Yagami Hikari, da sie, in unseren Augen, eine Ausnahme Fotografin ist und eine sehr gute Auffassungsgabe hat mit anderen Menschen zusammenzuarbeiten. Auch diese Entscheidung dürfte für die Meisten unter Ihnen keine große Neuigkeit zu sein. Yamamoto Taro wird weiterhin im Hintergrund für den Verlag zur Verfügung stehen. Damit Sie alle auch die passenden Gesichter vor Augen haben möchte ich die neue Führungsregie der ‚Ishida Group‘ auf die Bühne bitten.“ Kaum hatten Hikari und Takeru die Bühne betreten gab Hiroaki seinen Sohn das Mikrophon. Nach seiner kurzen Rede reichte er dieses an die Braunhaarige weiter. Den giftigen Blick, den seine Freundin ihm schenkte ignorierte er gekonnt. Hikari holte tief Luft, bevor sie zu sprechen begann. Sie bedankte sich für das Vertrauen, das in sie gesetzt wurde und hoffte auf eine gute Zusammenarbeit nicht nur in ihrem Team, sondern auch mit den Redakteuren und den anderen Bereichen innerhalb des Verlages. Takeru wunderte sich wie souverän Hikari ihre Rede hielt. Hatte er doch die Beführtung, dass sie vor Nervosität umkippen würde. Wieder einmal lernte er eine neue Seite seiner Freundin kennen. Dieses Selbstvertrauen kannte er bis jetzt nur, wenn sie mit Ken tanzte. Die Reden waren gesprochen, das Essen verzehrt, als Yamamoto die Tanzfläche eröffnete. Kapitel 59: Hiroakis Vorschlag ------------------------------ Hikari reicht Hiroaki ihre Hand, als er sie auf die Tanzfläche führte. Sie fragte sich, was für ein Tanz er mit ihr tanzen wollte. Diese Frage erübrigte sich als sie zu Yamato sah. Er schüttelte nur seinen Kopf und verließ die Bühne. Kurze Zeit später hallten die ersten Töne durch den Saal. Hikari verdrehte innerlich ihre Augen. Genau aus diesem Grund mochte sie die Standard Tänze nicht. Nicht nur, dass sie in eine geschlossene Tanzhaltung gezwungen wurde und dadurch die Tänze steif wirkten. Nein Hiroaki hatte es mit seiner Liederwahl auf die Spitze getrieben. Kein Wunder, dass ihr bester Freund fluchtartig seine geliebte Bühne verlassen hatte. Das fast alle Menschen die Tanzfläche fluchtartig verließen, wenn dieses Lied ertönte. Selbst jedes Brautpaar tat ihr leid, wenn sie ihren Eröffnungstanz zu diesem Lied tanzten. Die ersten schweren Töne von Shostakovich – Walzer Nummer zwei ertönten. Hikari atmete noch einmal tief durch. Danach setzte sie ihr gewohntes Lächeln auf und reichte Takerus Vater ihre Hand. Sie betete bei allen Göttern die sie kannte und ihren Ahnen, dass dies das letzte klassische Lied heute Abend ist und dass Yamato die Kurzversion in den CD-Player eingelegt hatte. Ohne groß auf ihren Tanzpartner zu achten folgte sie ihm nahe zu blind. Hiroaki konnte zwar gut tanzen, aber die schwierigen Figuren des Walzers blieben aus. Somit waren die Rechts- und Linksdrehungen, so wie die Promenade keine Herausforderungen für sie. Erleichtert nahm sie war, dass die letzten Töne gespielt wurden und Hiroaki sie in die Finale Position gedreht hatte. Artig bedankte sie sich bei ihm und verließ gemeinsam mit ihm die Tanzfläche und gingen zu ihrem Tisch. „Danke, dass du mir diesen Tanz geschenkt hast, Hikari. Ich weiß, dass du normalerweise nicht zu solchen Liedern tanzt. Ich kann aber leider keinen anderen Tanz. In diesem Lied habe ich am besten den Takt herausgehört.“ Hikari kam es so vor, als ob sich Hiroaki rechtfertigen wollte. „Du hättest ganz einfach auf Hikari vertrauen sollen, dann wäre das Lied welches gespielt wird egal gewesen. Sie kann nämlich auch die Führung übernehmen, ohne dass es Laien mitbekommen“, mischte sich Takeru ein. „Sprichst du aus Erfahrung?“ „Ja.“ Takeru musste an den allerersten Walzer mit Hikari denken. Dieses blinde Verständnis ihrer Körper und das gemeinsame Vertrauen, was sie sich entgegenbrachten hatte ihn damals überfordert und verwirrt, weil er es nicht verstanden hatte. Trotzdem hatte er seinem Verlangen nachgegeben und sie geküsst. Der Blonde stellte sich neben Hikari. „Ihr habt super getanzt“, lobte er seine Freundin. Seine Hand hatte er ihr leicht in ihr Kreuz gelegt. „Danke dir, aber Hiroaki hat es mir leicht gemacht.“ Sie schaute den Älteren an, „Du hast mit sehr gut durch den Tanz geführt“, lobte sie Takerus Vater. „Das aus deinem Mund zu hören freut mich. Da Takeru meine Tanzfähigkeiten angezweifelt hat-“ „Ich habe nicht deine Tanzweise kritisiert, sondern deine Liedauswahl. Das Lied ist an die siebzig Jahre alt. Ich habe bei diesem Lied immer den Geiger Rieu vor Augen, der sein Gesicht verzieht, als ob er in eine Zitrone gebissen hat. Oder an den Wiener Opernball, wenn die Debütanten den Ball eröffnen.“ „An den was?“, fragte Hikari nach. „Der Wiener Opernball ist eine große Tanzveranstaltung in Österreich. Dieser ist der Höhepunkt in der Wiener Faschingszeit. Dort werden junge Menschen in die höhere Gesellschaft eingeführt. Diese Debütanten eröffnen den Ball. Meistens wird sehr steife Walzer Musik gespielt. Shostakovich Kompositionen werden dort häufig gespielt.“ „Woher weißt du das?“ Hikari sah ihren Freund nachdenklich an. „Die Eröffnung des Wiener Opernball ist ein Medienspektakel auch in Frankreich. Als Europäer kannst du dich nur schwer solchen Events entziehen, vor allem wenn du Journalist bist“, erklärte er sachlich. „So mein Sohn, wenn du schon große Töne von dir gibst, zeige doch was du auf der Tanzfläche zu bieten hast. „Vater, es ging nicht ums Tanzen-“ „Sondern um die Liedauswahl. Ich weiß. Mach es besser.! „Wie du willst“, sprach er zu seinem Vater. „Du kannst tanzen?“ „Klar kann ich das. Ich habe in Tokio die besten Tanzlehrer gefunden die es gibt.“ Er wandte sich seiner Freundin zu: „Darf ich bitten, Sonnenschein?“ Takeru hatte sich vor seiner Freundin leicht verbeugt und nach ihrer Hand gegriffen. „Sehr gerne, mon coeur.“ Sprachlos sah Hiroaki dem jungen Paar hinterher. Als Yamato sah, dass sein Bruder mit Hikari die Tanzfläche betrat, sprach er kurz mit seiner Band und griff nach seinem Mikrophon. Takeru ergriff Hikaris Hand, als er die ersten Töne hörte. Unsicher sah er seine Freundin an, „Was ist das für ein Tanz?“ Diese ging grazil um ihn herum. „Ein Langsamer Walzer.“ Sie nahm seine Hand und führte ihn in die Tanzhaltung. Gemeinsam tanzten sie den Grundschritt des Walzers. Dabei verloren sie sich in den Blick des jeweils anderen. Takeru merkte selbst nicht, dass er die ganze Zeit über die Führung hatte. Er hatte sich auf seine Freundin konzentriert und konnte den Blick nicht von ihren Augen abwenden. Diese bernsteinfarbenen Augen strahlten ihn an. Zeigten ihm, was seine Tanzpartnerin für ihn empfand. Der Blonde tanzte intuitiv, Hikari folgte ihm mit geschmeidigen Bewegungen. Die verhasste geschlossene Tanzhaltung hatte ihr Freund durch den Außenseitigen Wechsel aufgehoben und führte sie in verschiedene Drehungen und Handwechsel. Als Yamato von Englisch auf Französisch wechselte tanzten sie in der geschlossenen Tanzhaltung, wie es sich beim Walzer ergab, einen Kreis. Takeru lockerte die Tanzhaltung immer wieder auf, in dem er seine Freundin leicht hochhob. Sie tanzten so vertraut und intim miteinander, dass sie gar nicht mitbekamen, dass sie fast alleine auf der Tanzfläche waren. Spätestens als Takeru Hikari hochhob und sich mit ihr in seinen Armen um die eigene Achse drehte wurden den Kollegen klar, dass die beiden nicht nur der Chefredakteur und die Cheffotografin waren, sondern dass die Beiden mehr als nur Kollegen waren. Als das Lied endete beugte Takeru sie leicht nach hinten. Beide schauten sich in die Augen. Hikari war die erste, die ihre Sprache wiedergefunden hatte. Sie tat etwas, womit ihr Freund nie gerechnet hätte. Sie sprach ihn vor ihren Kollegen auf Französisch an: „Ich glaube, wir haben gerade die Bombe platzen lassen.“ „Das glaube ich auch. Eigentlich kann ich dir dann auch einen Kuss-“ „Nein, lieber nicht. Das wäre unprofessionell.“ Der Blonde seufzte, „Du hast Recht.“ Er wechselte in die Japanische Sprach: „Danke für diesen Tanz, Hikari.“ Dabei verbeugte er sich leicht vor ihr. Seine Freundin machte einen eleganten Knicks „Ich habe zu danken, Takeru.“ Gemeinsam verließen sie die Tanzfläche und schnappten das Getuschel über sie auf. „Wirst du offiziell bestätigen, dass wir ein Paar sind?“ Unsicher sah Hikari ihren Freund an. „Nur wenn mich jemand persönlich fragt, warum ich deine Hand halte oder dich auf deine Wange küsse. Außerdem glaube ich, dass alle, die unseren Tanz gesehen haben, selber auf die Antwort kommen.“ Takeru sah sich seine Freundin an. Ihre Augen sah er den Respekt, das Vertrauen, die Liebe, die Sehnsucht, die sie empfand. Er sah aber auch den Glauben an ihn. Die Beiden hatten sich versprochen Ehrlich zueinander zu sein. Hikari blinzelte kurz und sah dann wieder in die blauen Augen. Mit diesem Blick wurde in Takeru das schlechte Gewissen geweckt. Ihm wurde klar, dass er dabei war ein Versprechen zu brechen. Er hatte eine wichtige Entscheidung zu treffen und er sollte so schnell wie möglich mit ihr darüber reden. Kurz atmete er tief durch. „Wir müssen dringend miteinander sprechen, Hikari.“ Der Blonde zog sie hinter die Bühne. Er ging mit ihr auf die Garderobe von Yamatos Band zu. Schnell öffnete er die Tür, schob seine Freundin in den Raum und schloss die Tür hinter sich. „Du weißt schon, dass dieser Satz zu neunzig Prozent das Ende einer Bez-“ „Was?“ Geschockt schaute er in ihre Augen. „Nein! Wie kommst du auf so einen Blödsinn? Ich werde dich nicht mehr gehen lassen, außer du möchtest es.“ „Das habe ich nicht vor. Was ist es dann? Du bist schon den ganzen Abend so nachdenklich. Ich weiß, wir wollen erst morgen über das-“ „Nein Hika, ich würde jetzt gerne mit dir über das Gespräch mit meinem Vater sprechen. Da ich sonst das Gefühl habe, nicht ehrlich zu dir zu sein. Ich möchte mich im Voraus dafür entschuldigen, dass ich dir wahrscheinlich den Abend versaue.“ „Du machst mir Angst.“ Takeru holte noch einmal kurz Luft, dann begann er zu sprechen. Hikari unterbrach ihn nicht ein einziges Mal. Traurig blickten ihre bernsteinfarbenen Augen in seine matten blauen Augen. „Du hast mir schon gesagt, dass du mal geschäftlich nach Paris musst. Zwei Monate sind nicht viel. Wann würdest du nach Paris fliegen?“ Der Blonde schloss seine Augen als er antwortete: „In drei Tagen. Ich würde mit Louisa und Jean zusammen nach Paris fliegen.“ „Was? So schnell schon?“ „Leider. Ich kann Hiroaki auch sagen, dass ich alles von Tokio aus manage.“ „Das musst du nicht. Ich weiß, wie sehr du deine Mutter vermisst. Außerdem machst du dir immer noch Sorgen um deine Schwester.“ Sie ging auf ihn zu und umarmte ihn. „Wie gesagt: Zwei Monate ist nicht allzu lang. Wenn ich dann bei dir in Paris bin kannst du dein Versprechen einlösen und mir den Garten von Giverny zeigen.“ Langsam stellte sie sich auf ihre Zehenspitzen. Takeru kam ihr mit seinem Kopf entgegen. Zärtlich trafen ihre Lippen aufeinander. „Wir sollten wieder auf die Feier gehen.“ Kaum hatten sie den Festsaal wieder betreten kam Yamato auf das Paar zu. „Wo wart ihr? Erst legt ihr so einen innigen Tanz hin und dann verschwindet ihr einfach?“ „Wir mussten etwas wichtiges besprechen.“ „Wie auch immer. Geh wieder zu unserem Vater, TK. Er sucht dich.“ Der Ältere warf Hikari einen Blick zu. „Was meinst du? Wollen wir meinem Bruder mal zeigen, was wir auf die Tanzfläche zaubern?“ Die Braunhaarige fing an zu lächeln. „Gerne, wieder ein Tango?“ „Du kennst mich einfach zu gut“, grinste sie der ältere Blonde an. Er ergriff Hikaris Hand und führte sie auf die Tanzfläche. Takeru ging zu seinem Vater. „Was hast du auf dem Herzen?“ Kurz sprachen die Beiden miteinander. Als die Musik ertönte fiel Takeru die sprichwörtliche Kinnlade herunter, als er sein Bruder und seine Freundin auf der Tanzfläche erblickte. Es war das erste Mal, das er die Beiden miteinander tanzen sah. Auf ihrer Geburtstagsfeier hatten es Yamato und Hikari es nicht geschafft, miteinander zu tanzen. Er wusste gar nicht, dass sein Bruder so gut tanzen konnte. Die Beiden wirkten sehr vertraut miteinander und an ihrem Gesichtsausdruck sah. Sie lächelte leicht und ihre Augen zeigten die Freude, die sie beim Tango spürte. Die Betriebsfeier wurde doch nicht so steif, wie man zum Anfang vermuten konnte. Es wurde viel erzählt, getanzt und gelacht. Nach ihrem ersten Tanz standen Takeru und Hikari ein wenig im Mittelpunkt, doch schnell hatten ihre Kollegen gemerkt, dass sich die Beiden nicht offiziell äußern würden. Der Umgang den die Zwei miteinander pflegten sprach aber Bände. So störte sich auch keiner daran, als das junge Pärchen ein wenig abseitsstand und sich innig küsste. Kapitel 60: Sieben Wochen ------------------------- Takeru fühlte sich leer und unvollständig. Niedergeschlagen sah er auf seinen Kalender der an der Wand seines Büros hing. Noch eine Woche musste er warten, bis er Hikari vom Flughafen abholen konnte. Laut seufzte er auf. Er ging an sein Bürofenster und schaute in Gedanken versunken über die Stadt. Vor sieben Wochen musste er seinen größten Schatz alleine in Tokio zurücklassen. Noch heute schmeckte er ihre Tränen auf seinen Lippen, als sie sich den Abschiedskuss gaben. Solch ein traurigen Blick hatte er noch nie bei Hikari gesehen. Es tat ihm in der Seele weh, sie in solch einen Zustand alleine zu lassen um durch die Sicherheitskontrolle zu gehen. Takeru war froh, dass Louisa und Jean an seiner Seite waren. So wurde er ein wenig von seinem schlechten Gewissen seiner Freundin gegenüber abgelenkt. Wusste er doch, dass Hikari nicht alleine war. Yamato, Taichi, Mimi und Iori waren ebenfalls mit zum Flughafen gekommen. Neben dem Abschied von seiner Freundin tat ihm die Verabschiedung von seiner Schwester und Iori im Herzen weh. Weder er noch Yamato waren dazwischen gegangen, als sich die Beiden vor den Augen aller küssten. Auf dem knapp zwölfstündigen Flug nach Paris hatten Jean und er alle Hände voll zu tun, Louisa zu beruhigen. Die quirlige Blondine hatte immer mal wieder mit ihren Gefühlsausbrüchen zu kämpfen. Vor allem als sie in ihrer Handtasche, auf der Suche nach einem Taschentuch, einen Schlüsselanhänger fand. ‚Wahre Freundschaft kennt keine Entfernung‘ stand darauf. Louisa hatte ihm erzählt, dass Iori ihr diese Worte zum Abschied ins Ohr geflüstert. Takeru konnte sich noch gut daran erinnern, dass er erleichtert war, als er seine Mutter und seinen Stiefvater sah, die die Geschwister und Jean vom Flughafen abholten. Seine Mutter hatte schon immer eine ganz besondere Beziehung zu Louisa. Seine Schwester wirkte mit einem Mal ruhiger, als Natsuko sie in ihre Arme zog. Auch konnte er sich noch an die Freudentränen seiner Mutter erinnern, als sie ihn erblickte, sowie an die herzliche Begrüßung von seinem Stiefvater. Verwundert war er, dass Lisa nicht anwesend war. Dies klärte sich später auf. Sie stand mitten im Berufsverkehr im Stau. Für Takeru war es ein komisches Gefühl in sein altes Leben zu schlüpfen. Er traf sich mit seinen alten Freunden. Er wohnte wieder bei seinen Eltern. In seinem Zimmer das ihm seit seinem zehnten Lebensjahr gehörte. Der Blonde hatte einen Schreck bekommen, als er sein altes Reich betreten hatte. Hatte sich doch nichts verändert. Die gleichen Grünpflanzen standen auf dem Fensterbrett. Immer noch lag auf seinem Schreibtisch das Buch, welches er zum Schluss gelesen hatte. In einem Regal standen drei kleine Pokale. Der Basketball lang an der altbekannten Stelle. Es waren die gleichen Bilder an der Wand. Selbst der Fleck an der Wand war immer noch da. Dieser war kurz nach seiner Trennung von Chloé entstanden, als er in seiner Wut das Bild von Chloé und sich mit seinem Basketball beworfen hatte und dabei die Multivitaminflasche getroffen hatte. Der Saft spritze an die Wand und wurde anscheint bis heute nicht beseitigt. Sein Blick viel auf sein Bett. Es war die gleiche Bettwäsche aufgezogen wie vor seinem Umzug nach Tokio. Ihm stockte der Atem. Das konnte er Hikari nicht antun. Sie konnte doch nicht in dem Bett schlafen in den er viele heiße Nächte mit seiner ehemaligen Freundin verbracht hatte. Er konnte sich gar nicht mehr vorstellen in diesem Bett zu schlafen. Kurzer Hand bat er Matéo ihn in das nahegelegene Möbelhaus zu fahren. Als er den fragenden Blick seines Stiefvaters sah, meinte er nur, dass er ein neues Bett brauchte. Außerdem meinte er, dass er sich an den Linksverkehr in Japan gewöhnt hatte und sich nicht zutrauen würde in den Straßenverkehr von Paris zu fahren – der zwar nicht so chaotisch war wie der in Tokio - der es aber trotzdem in sich hatte. Schnell hatte er sich für ein Bett, die passende Matratze und Bettwäsche entschieden. Zwei Tage später hatte ihm Matéo beim Aufbau des Bettes geholfen. Dabei erzählte Takeru viel über Hikari. „Dir scheint es ernst mit ihr zu sein, oder?“ Nachdenklich schaute er auf seinen Stiefsohn. „Sie ist die Richtige“, kam es überzeugend von den Jüngeren. Dabei stellte er ein Bild von Hikari auf sein Nachtschränkchen. Sein Stiefvater warf ein Blick auf die junge Frau. „Das ist deine Freundin?“ Takeru lachte, „Ja, das ist Hikari.“ „Das sollten wir beim Abendessen besprechen.“ „Wie du willst.“ Takeru zuckte mit den Schultern. Er musste sich ein Lachen verkneifen, als er die Stimme seines Stiefvaters hörte: „Das wirst du mir nicht glauben, wenn ich dir das erzähle, Natsuko.“ Bei jedem Abendessen mussten Louisa und Takeru über ihre Erlebnisse in Tokio sprechen. Ihre Eltern hörten ihnen aufmerksam zu und freuten sich für ihre Kinder, dass sie jetzt auch ein gutes Verhältnis zu Yamato hatten. Natsuko und Matéo mussten einen kleinen Schock überwinden, als Louisa von Iori erzählte. Ihnen wurde bewusst, dass ihr Nesthäkchen erwachsen wurde. Verwundert schauten sich die beiden Älteren das Bild von Hikari an. „Sie sieht aus wie Chloé“, kam es verwundert über die Lippen von Natsuko. „Hikari ist aber nicht wie sie. Ihr Charakter ist vollkommen anders und sie hat immer eine freundliche Aura um sich, die in ein helles Licht getaucht wird. Außerdem ist sie die beste Freundin von Matt und Sora gehört zu ihren besten Freunden. Die Beiden haben sich nie sonderlich gut mit Chloé verstanden.“ Wütend schaute er seiner Mutter in die Augen. „Warum bist du so aufgebracht?“, fragte seine Mutter nach. „Ich habe deine stumme Frage hinter deiner Aussage gehört, Maman. Die Antwort lautet ‚Nein!‘ Hikari ist kein Ersatz für Chloé. Ich liebe in erster Linie Hikaris Herz und nicht ihr Aussehen.“ Natsuko sah ihren Sohn an. Sie erkannte, dass er ihr die Wahrheit gesagt hatte. „Ich hatte nur Angst, dass du dich in etwas verrennst.“ Takeru musste lächeln, „Ganz gewiss nicht.“ Schnell hatte ihn der Alltag in Paris eingeholt. Die Arbeit in dem Verlag von Fontaine forderte ihn enorm. So gut wie der Bewerber vorgegeben hatte war sein Japanisch bei Weitem nicht. Er konnte die Sprache zwar sprechen, dies würde seinem Vater aber nicht reichen. Auch würde er mit dem Kenntnisstand kein Geschäftliches Gespräch führen können. Sauer hatte es Takeru aufgestoßen, dass er ihn auf Französisch angesprochen hatte, obwohl er ihn offiziell als ein Mitarbeiter der ‚Ishida Group‘ vorgestellt wurde. Diese hatten ihren Sitz nun mal in Japan und nicht in Frankreich. Daher ging der Blonde davon aus, dass der Mitarbeiter mit ihm japanisch sprechen würde. Nachdem Takeru seinen Standpunkt klar gemacht hatte, sprachen die Beiden hauptsächlich in Japanisch. Der Lichtblick eines jeden Tages war das Gespräch, welches er mit Hikari führte. Beide hatten sich darauf geeinigt, wenn sie Feierabend macht und er seinen Arbeitstag begann sich über die Konferenzschaltung zu unterhalten. So hielt sie ihn auf dem Laufenden, was sich beruflich und privat so ereignete. Auch gab er ihr ein paar Anweisungen wie sie sein Journalistenteam effizient unterstützen konnte. Zum Schluss des Gespräches spielten sie immer ‚Schere Stein Papier‘, da keiner die Taste drücken wollte, der die Konferenzschaltung beendete. Louisa hatte leichte Startschwierigkeiten in ihrer neuen Schule. Ihre Gefühlswelt war immer noch auf den Kopf gestellt und sie konnte sich nicht auf die Unterrichtseinheiten konzentrieren. Erst ein Ausflug ins Étoile Pagode lies die Blondine ruhiger werden. Merkte sie so, dass man auch in Paris ein Stückchen Japan fand. Nach zwei Wochen traute sie sich Kontakt zu Iori aufzunehmen, seit dieser Zeit ging es der Blondine ein wenig besser. Takeru zuckte aus seinen Gedanken gerissen zusammen, als es an seiner Bürotür klopfte. Als er seinen Besucher herein bat huschte ein Lächeln über sein Gesicht. Die schwarzhaarige junge Frau trug eine schwarze Jeans. Die rote Bluse schmiegte sich elegant um ihren Oberkörper. Ihre Füße steckten in schwarzen Ballerinas. Ihre langen Haare hatte sie zu einem Zopf geflochten. Kurz gesagt, war sie eine wahre Schönheit. Die junge Frau kam auf ihn zu und gab ihn einen Kuss auf die Wange. „Hallo Takeru!“ „Hey-“ War alles, was er sagen konnte, da er sofort von ihrer tadelten Stimme unterbrochen wurde: „Ich dachte wir wollten uns am Louvre treffen. Als du nicht da warst, habe ich dich angerufen. Da du nicht geantwortet hast bin ich hierhergekommen.“ „Habe ich schon wieder die Zeit vergessen?“ Sie nickte, „Das bin ich von dir gewohnt, seitdem du aus Tokio zurückgekommen bist.“ Die junge Frau lächelte ihn an. „Komm jetzt, die anderen warten schon auf uns. Wir wollen sicher nicht die letzten sein.“ Der zog seine Augenbraue fragend hoch, „Die anderen? Was hast du vor?“ „Dich aus deinem Büro entführen, damit du mehr Zeit mit deinen Freunden verbringen kannst. Außerdem wartet Jean auf uns. Jetzt komm endlich“, drängelte sie und zog ihn an der Hand aus seinem Büro. „Kann ich schnell nach Hause und mich umziehen? Der Anzug ist nicht die passende Kleidung für einen Nachmittag mit dir.“ „Nein, dafür haben wir keine Zeit mehr. Wir müssen zur Metro. Jetzt komm endlich.“ Ergeben seufzte Takeru auf. Diese Frau konnte eine kleine Nervensäge sein. Vor allem, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte. Takeru und seine Begleitung hatten die Metro verlassen. „Wo genau wollen wir uns mit Jean und den anderen treffen?“ „Bei der Pyramide. Jetzt komm endlich.“ Sie nahm seine Hand und zog ihn mit sich. „Wir haben eine Überraschung für dich. Mehr weiß ich nicht.“ Der junge Mann blieb stehen. Ein warmes Gefühl bereitet sich in ihm aus. Sein Herzschlag beschleunigte sich automatisch. Verwirrt schüttelte er seinen Kopf. Er sah die junge Frau vor ihn an. Takeru zog sie leicht an ihrem Handgelenk, damit sie auch stehen bleiben musste. Er sah ihr in die Augen. „Lisa, was wird ihr für ein Spiel gespielt?“ „Ich weiß nur, dass ich dich abholen sollte und wir uns hier mit Jean und den anderen treffen wollten“, verteidigte sich die Schwarzhaarige. „Das ist alles?“ Lisa hob abwehrend ihre Hände vor ihren Oberkörper. „Nein, Jean hat sich um deinen Besuch gekümmert. Während ich dich-“ „Also doch“, murmelte der Blonde vor sich her. Suchend blickte er sich auf den Platz um. ‘Wieso müssen ausgerechnet jetzt so viele Menschen unterwegs sein?‘ Eigentlich konnte es nicht sein. Es war immerhin noch eine Woche bis zu ihrem Wiedersehen. Er vertraute seinem Herzen. Sie musste hier sein, das spürte er einfach. Er blickte zu einer kleinen Pyramide, direkt neben dem Springbrunnen erkannte er Jean und seine Freunde. Eine junge Frau, die sich schutzsuchend an seinen besten Freund anlehnte erregte seine Aufmerksamkeit. Er musste einen Kloß im Hals herunterschlucken und mindestens zweimal blinzeln bevor er merkte, dass dies keine Fata Morgana war. Sie stand wirklich hier in Paris, obwohl sie eigentlich noch in Tokio sein müsste. Als er begriff, dass Hikari wirklich zwischen seinen Freunden stand rannte er auf die zierliche junge Frau zu. Freudig schloss er sie in seine Arme und gab ihr einen leidenschaftlichen Kuss. „Ich habe dich vermisst, Sonnenschein. Ich liebe dich.“ Ihr zarter Lilienduft ließ ihn alles um ihn herum vergessen. Ihre Lippen auf seinen und ihre Hände auf seiner Brust ließen ihn endlich seine Unruhe vergessen, die sich in den letzten sieben Wochen in ihm ausgebreitet hatten. Er fühlte sich wieder vollständig. Hikari musste an sich halten, als sie Takeru und Lisa zusammen sah. Sie war froh, dass Jean ihr im Vorfeld gesagt hatte, dass seine Freundin Takeru hierher begleiten würde. Die Braunhaarige erkannte sofort, dass sich ihr Freund und Lisa sehr gut verstanden. Vor allem, als er Lisa am Handgelenk festhielt und zu sich drehte hätte man denken können, dass mehr zwischen den beiden lief. Die Beiden standen sehr nahe beieinander und von weitem hätte man denken können, dass sie sich küssen wollten. Erst als die Schwarzhaarige abwehrend die Hände gehoben hatte, hatte Hikari erleichtert ausgeatmet. Am liebsten wäre sie sofort auf ihren Freund zugelaufen. Jean hatte sie zurückgehalten. Er hatte Angst, dass er sie in der Menschenmenge verlieren würde. Auf die Reaktion von Takeru konnte er getrost verzichten, wenn seiner Freundin etwas zustoßen würde. Ein Lächeln zierte ihr Gesicht, als sie bemerkte, dass er sie erkannt hatte. Ihr Herz wollte sich gar nicht mehr beruhigen, als er auf sie zu lief. Eine Hitze stieg in ihr auf und ihr Gesicht zierte einen leichten Rotschimmer. So schnell konnte Hikari nicht reagieren, als sie sich in den Armen von Takeru befand. Endlich konnte sie wieder seinen Duft einatmen und seine Lippen auf ihren spüren. Endlich konnte sie wieder seine Hände auf ihren Körper fühlen. Endlich setzte sich wieder das fehlende Puzzlestück in ihrem Herzen ein. Endlich war sie wieder bei ihm. „Ich dich auch, mon coeur. Endlich bist du wieder bei mir.“ Kapitel 61: Ein anderes Leben ----------------------------- „Verstehe meine Frage nicht falsch. Was machst du hier?“ „Tai hat beruflich in Paris zu tun. Hiroaki meinte, dass ich gleich mitfliegen und vernünftige Fotos machen soll. Nicht das es wieder so ein Foto-Fiasko wie bei deiner Kampagne wird.“ „Redest du von der Tagung der Diplomaten? Das war kein Fiasko“, grinste er sie an. Hikari hob ihre Hand und strich ihm sanft über seine Wange, als sie nickte. „Ja, Tai wurde als Vertreter Japans ausgesucht. Die Fotos waren schlechter, als meine die ich im ersten Ausbildungsjahr erstellt habe.“ „Ich rede auch nicht von den Fotos.“ Seine Freundin zog eine Augenbraue nach oben. „Wir sind uns durch die Kampagne nähergekommen.“ Sie musste lächeln, „Stimmt. Einigen wir uns darauf, dass es beruflich ein Fiasko war-“ „… privat das Beste, was uns passieren konnte“, beendete Takeru ihren Satz. Sanft küsste er sie auf ihren Mund. Das Getuschel seiner Freunde nahm das Paar in ihrer Wiedersehensfreude gar nicht wahr: „Versteht jemand die Beiden?“ „Es hört sich komisch an, wenn Takeru japanisch spricht.“ „Seit wann hat er wieder eine Freundin?“ „Ist euch etwas aufgefallen?“ „Ich möchte euer Wiedersehen nicht stören. Es wäre nett, wenn du deine Freundin vorstellen würdest. Sonst denken Lisa, Valérie, Fabienne, Yannic und Raphaël sonst was.“ Mit diesen Worten riss Jean Hikari und Takeru aus ihrer kleinen Welt. Hikari nickte Jean zu und stellte sich neben Takeru. Dieser sah seine Freunde an. „Entschuldigt bitte, das war nicht unsere Absicht. Ich möchte euch meine Freundin Yagami Hikari vorstellten.“ Als sie ihren Namen hörte verbeugte sich Hikari vor seinen Freunden. „Hika, dies sind meine Freunde Lisa, Valérie, Fabienne, Yannick und Raphaël. Jean kennst du ja schon.“ „Es freut mich, Sie kennen zu lernen. Takeru hat viel von Ihnen erzählt.“ „Das Gleiche können wir nur zurückgeben“, kam es schnell von Lisa. Takeru brach in schallendes Gelächter aus, als er in die Gesichter seiner Freunde blickte. Alle, außer Jean, sahen aus, als ob sie einen Geist gesehen hätten. Hikari runzelte ihre Stirn. „Habe ich etwas falsch gemacht?“, fragte sie auf japanische nach. Takeru schüttelte seinen Kopf. „Ich glaube du hast ihnen zweimal einen Schock verpasst.“ Er antwortete in derselben Sprache. „Warum das?“ „Sie werden im ersten Moment gedacht haben, das ich wieder mit Chloé zusammen bin.“ „Ach so, an die Ähnlichkeit zwischen uns habe ich nicht mehr gedacht. Und das zweite Mal?“ „Das du fließend Französisch sprichst. Außerdem hast du sie gesiezt. Das musst du nicht.“ „Ich kenne deine Freunde nicht.“ „Hika, in Frankreich ist der Umgang unter den Menschen nicht so steif wie in Japan. Hast du Louisa oder Jean jemals mit Sie angesprochen?“ „Ich bin nun mal Japanerin. Ich kann meine Erziehung nicht einfach vergessen. Deine Schwester und ich haben uns gleich vertraulich unterhalten. Ja, ich habe Jean mit Sie angesprochen. An dem Abend, als er mich mit seiner Schwester verwechselt hat.“ Ihr Freund zog eine Augenbraue hoch. „Er hat was? Das hat er mir nie gesagt.“ Nachdenklich schaute er seinen besten Freund an. „Das Ganze war ihm ziemlich peinlich.“ Jean wurde nervös, als er den Blick von Takeru sah. Da sich das Pärchen auf Japanisch unterhalten hatte, konnte er den Inhalt des Gespräches nicht verstehen. Im Stillen fluchte er vor sich her, dass Louisa nicht anwesend war. Die Blondine hatte ihm immer die Gespräche, so gut es ging, übersetzt. „Worüber habt ihr euch unterhalten?“, fragte er unsicher nach. „Über die Ähnlichkeit zwischen Hikari und deiner Schwester. Und über Kulturunterscheide in Sachen Anrede anderen Menschen gegenüber. Außerdem hat sie mir etwas, über euer Kennen lernen erzählt, was dich mehr als dämlich dastehen lässt.“ Jean sah Hikari an. „Ich dachte, dass hättest du vergessen.“ „Wie könnte ich das vergessen? An dem Abend haben Takeru und ich uns ausgesprochen. Wir haben das Chaos beseitigt, was deine Schwester angestellt hatte. Wäre dir damals dieses Malheur nicht passiert, hätte ich ihm nie so schnell geglaubt. Außerdem durften Takeru und ich Louisa und dich in ganz Odaiba suchen.“ Lisa sah zwischen den Dreien hin und her. „Am besten, wir suchen uns ein Plätzchen. Wo wir uns in Ruhe unterhalten.“ „Darf ich fragen, was ihr für heute Nachmittag geplant hattet?“, fragte Takeru verwirrt nach. „Wir wollten uns alle treffen und ein gemütliches Beisammensein genießen. Während du von deinem Leben in Tokio sprichst. Ein Teil deines neuen Lebens haben wir ja schon kennen gelernt“, kam es von Valérie. Alle nickten einvernehmlich. Im nahegelegenen Park machte es die Gruppe gemütlich. Schnell hatten sich die jungen Leute auf die persönliche Anrede einigt. Somit gab Hikari nach. Es stellte sich heraus, dass Valérie und Yannick ein Paar waren. Raphaël ein derzeitiger Arbeitskollege von Takeru war. Außerdem hatten den Beiden früher im selben Basketballteam gespielt. Als sich herausstellte, dass Fabienne den Tanz genauso liebte wie Hikari stöhnte Takeru kurz auf. „Was hast du auf einmal Takeru“, fragte Lisa nach. „Ich habe nur gedacht, dass ich wenigstens diese drei Wochen in Paris vor Jive, Cha-Cha-Cha, Samba Paso Double und Rumba meine Ruhe habe“, motzte der Blonde gespielt rum. Dabei lächelte er seine Freundin an. „Seit wann kannst du die Latein-Tänze aufzählen?“, fragte Fabienne überrascht nach. „Ich bin Chefredakteur und muss auch die Sportartikel korrigieren. In Tokio steht bald die Meisterschaft für die Lateinamerikanischen Tänze der Amateure an. Außerdem wurde Hikari anscheint mit Tanzschuhen geboren. Sie tanzt seit fünfzehn Jahren mit ihrem Tanzpartner zusammen.“ „Du teilst deine Freundin mit einem anderen Kerl?“ „Nur auf der Tanzfläche. Ich möchte ihrer Karriere nicht im Wege stehen.“ Fabienne dachte angestrengt nach. Der Name der jungen Frau kam ihr bekannt vor. „Karriere? Tanzen? Sag mal Hikari, wie heißt dein Tanzpartner?“ „Warum möchtest du das wissen?“ „Ich kenne mich in der Branche aus, da ich Profitänzerin bin. Ich habe von einem japanischen Ausnahme Tanzpaar im Latein-Bereich der Amateure gehört. Sie haben drei Jahre hintereinander die Meisterschaft gewonnen. Dieses Tanzpaar hätte letztes Jahr ins Profilager wechseln können, diesen hat das Tanzpaar -“ Hikars Gesicht zierte ein Rotschimmer. Nie im Leben hätte sie damit gerechnet, dass ihr eine Französin ihre Tanzkarriere erzählte. In Gedanken versunken unterbrach sie Fabienne. „… abgelehnt. Das stimmt. Wir wollen ein geregeltes Leben, mit einem sicheren Einkommen. Mein Tanzpartner heißt Ichijouji Ken. Ich wusste nicht, dass wir als Ausnahme Tanzpaar gelten und das man uns auch außerhalb von Tokio kennt.“ „Machst du Witze? Dreimal in Folge ein Turnier zu gewinnen ist der Hammer. So etwas spricht sich in der Tanzszene rum. Ihr habt es wie kein anderes Paar verstanden einen Standardtanz mit einem Lateintanz zu kombinieren. Die Fusion zwischen Tango und Samba war einmalig.“ „Diesen Tanz haben wir nur auf einer Eröffnung eines Tanzabends unserer Tanzschule getanzt, woher weißt du davon?“ „Ich habe das Video im Internet gesehen.“ „Mädels könnt ihr euch nicht ein anderes Mal über das Tanzen unterhalten. Mich würde interessieren, warum meinem Freund ein Malheur unterlaufen ist, als er dich kennen gelernt hat, Hikari.“ Lisa hatte sie neugierig angeschaut. „Du musst Jean schon selber fragen. Ich kann es dir nicht sagen, daher bitte ich um Entschuldigung.“ Hikari verbeugte sich kurz vor Lisa. Als Takeru den fragenden Blick sah, erklärte er kurz das Verhalten seiner Freundin. „Ich habe Hikari mit Chloé verwechselt“, schoss es aus Jean heraus. „Du hast was?“ Geschockt sah Lisa ihren Freund an. „Hey, schau sie dir mal an. Es war in der Abenddämmerung und ich habe nur ihr Profil gesehen. Jetzt sag mir nicht, dass dir das nicht passiert wäre.“ „Vielleicht, aber ich bin nicht ihre Schwester. Du bist Chloés Bruder.“ „Hallo! Abenddämmerung, sagt dir das Wort etwas? Es war fast dunkel. Ich habe sie nur von der Seite gesehen. Selbst die Körperhaltung hat mich an Chloé erinnert. Außerdem hatte ich einen Jetlag.“ „Ich könnte dir auf der Stelle drei Unterschiede zwischen den Beiden aufzählen.“ Takeru sah wie unangenehm Hikari die Unterhaltung seiner Freunde war. „Könnet ihr eure Unterhaltung bitte zu Hause weiterführen? Es ist doch egal, wie die Verwechslung passiert ist. Ich bin jedenfalls froh, dass das geschehen ist. Jetzt lasst uns von etwas anderem sprechen.“ Nach dem Machtwort von dem Blonden unterhielte sich die Gruppe über alles Mögliche. So erfuhren die Freunde, warum Hikari so gut französisch sprechen konnte. Wie aus der Anfänglichen Abneigung zu einander erst Respekt, dann Freundschaft und schließlich Liebe werden konnte. Das Hikari und Louisa sich vor Jahren in Paris kennen gelernt hatten brachte ein Gespräch über das Schicksal des Lebens in Gang. Irgendwann meinte Raphaël, das die Welt ein Dorf sein. Selbst der Ozean, der die beiden Länder trennte, konnte das Schicksal nicht aufhalten. --- Auf den Weg nach Hause nahm Takeru die Hand seiner Freundin und zog sie zärtlich an sich. „Du musst nicht aufgeregt sein, Hika. Meine Eltern werden dich mit offenen Armen empfangen.“ „Es geht bestimmt wieder von vorne los, welche Ähnlichkeit zwischen Chloé und mir besteht.“ „Nein, das wird es nicht. Ich habe meinen Standpunkt klar und deutlich vertreten. Wo ist eigentlich dein Koffer?“ „Bei Tai in seinem Hotelzimmer. Jean hatte mich von dort abgeholt.“ „Du willst in einem Hotel übernachten? Das kommt gar nicht in Frage, du schläfst bei mir.“ „Ich möchte aber keinen zu Last-“ „Das wirst du nicht. Meine Eltern und Louisa freuen sich auf dich.“ Der Blonde blieb vor einem Mehrfamilienhaus stehen und zog sein Schlüsselbund aus der Tasche und schloss die Haustür auf. Beide betraten den Hausflur. Takeru führte sie ins dritte Stockwerk. „Wie stellst du dir das vor? Meine Sachen sind bei Tai.“ „Du sagst mir, wo den Bruder übernachtet und ich werde deinen Koffer nachher holen.“ Er zog sie in eine innige Umarmung und gab ihr einen sanften Kuss. „Ich bin immer an deiner Seite, dass weißt du.“ Danach schloss er die Wohnungstür auf. Kaum hatte er diese geöffnet stand eine blonde Frau im Flur und begrüßte Takeru freundlich. „Hallo Takeru, wie war dein-“ Natsuko brach mitten im Satz ab, als sie die junge Frau an der Seite ihres Sohnes war. Hikari verbeugte sich zur Begrüßung. „Du musst Hikari sein. Ich freue mich, dich kennen zu lernen.“ Sie ging auf die Braunhaarige zu und reichte ihr ihre Hand. Zögerlich ergriff die Jüngere diese. „Die Freude ist ganz auf meiner Seite“, kam es leise über ihre Lippen. „Du solltest deiner Freundin dein Zimmer und das Badezimmer zeigen. Sie möchte sich sicher noch ein wenig ausruhen und sich frisch machen, bevor es das Abendessen gibt.“ „Wo sind Matéo und Louisa, Maman?“ „Matéo ist noch auf Arbeit. Louisa ist bei ihrer Freundin. Hätte sie gewusst, dass Hikari heute anreist, hätte sie das Treffen sicher verschoben. Ich werde schnell einkaufen.“ „Entschuldigung, es sollte eine Überraschung für Takeru sein. Ich habe es leider versäumt Matt zu fragen, ob er Ihnen bescheid sagen kann, dass ich eine Woche früher komme.“ „Zwei Sachen Hikari. Erstens du kannst ruhig Natsuko zu mir sagen. Zweitens hat Yamato angerufen. Leider erst vor einer Stunde. Er hat von einem Freund erfahren, der hier bei dem Diplomatentreffen ist, dass du in Paris bist.“ Natsuko wandte sich an Takeru: Dein Bruder hat darum gebeten, dass du ihn anrufst, wenn ihr zu Hause seid. Ich werde euch jetzt alleine lassen.“ Natsuko hatte ihrem Sohn zugezwinkert und verließ die Wohnung. „Du hast noch nicht einmal Matt erzählt, dass du früher nach Paris fliegst?“ „Das habe ich in dem ganzen Stress vergessen. Hiroaki hat mir vorgestern erzählt, dass ich die Fotos von dem Treffen der Diplomaten machen soll. Ich musste in der kurzen Zeit unsere Teams informieren, eine Vertretung ernennen, meinen Koffer packen, Yolei darum bitten, dass sie sich um Gatomon und Patamon kümmert. Außerdem habe ich noch mein Training mit Ken durchgezogen. Schneller als ich denken konnte hat Tai mich schon abgeholt und wir sind zum Flughafen gefahren.“ „Hast du auch geschlafen?“ „Im Flugzeug.“ Takeru hatte eine Tür geöffnet. Sofort stieg Hikari sein Duft in die Nase. Kurz blickte sie sich in seinem Zimmer um. Sehnsüchtig blieb ihr Blick an seinem Bett hängen. Die Müdigkeit war mit einem Schlag vergessen, als er sich hinter sie stellen und seine Arme um ihre Taille schloss. „Du solltest dich ein wenig hinlegen, Sonnenschein. Du siehst müde aus.“ Er gab ihr einen sanften Kuss auf die Ohrmuschel. „Sieben Wochen“, flüsterte sie. Kapitel 62: Zweisamkeit ----------------------- Ihre geflüsterten Worte drangen in sein Bewusstsein. „Was meinst du damit, Hika?“ Zärtlich drehte er sie um. Sanft legte er ihr seinen Zeigefinger unter ihr Kinn und hob ihr Gesicht an. „Nur, dass es eine verdammt lange Zeit ohne dich war. Du hast ein schönes Zimmer. Es erinnert mich ein wenig an deine Wohnung in Tokio.“ Takeru musste lachen. „In gewisser Weise hast du Recht. Nur das diese vier Wänden seit meinem zehnten Lebensjahr mein Reich sind.“ Hikari sah ihn mit großen Augen an. „So lange schon? Wie viele Frauen-“ „Zwei, Chloé und du. Louisa und meine platonischen Freundinnen sind außen vor.“ „Auch in deinem Bett?“ „Nein. In diesem Bett hat bis jetzt keine Frau geschlafen. Ich habe es vor sieben Wochen gekauft. Somit habe ich die letzte Erinnerung an Chloé aus diesem Zimmer verband. Jetzt zerbreche dir nicht weiter deinen hübschen Kopf über Chloé. Ich habe auch bei deinen Eltern in deinem alten Zimmer geschlafen. Ich gehe mal stark davon aus, dass du dort öfters mit Davis zu Besuch warst“, grinste er sie leicht an. Sie stellte sich auf ihre Zehenspitzen und gab ihm einen sanften Kuss. „Du hast Recht.“ „Wusste ich es doch. Jetzt leg dich einen Moment hin. Nicht das du mir aus den Latschen kippst. Du siehst total fertig aus.“ Takeru hatte sie zärtlich Richtung Bett geschoben, als sie sich hingelegt hatte legte er eine Decke über sie. „Schlaf ein wenig. Ich liebe dich.“ Er drückte ihr einen Kuss auf die Wange. Diesen bekam Hikari gar nicht mehr mit, da sie schon eingeschlafen war. „Hallo, ich bin wieder da.“ Takeru zuckte zusammen, als er die laute Stimme seiner Schwester hörte. Schnell schloss er seinen Laptop und ging vom Wohnzimmer in den Flur. „Hallo Krümel. Das haben die Menschen in Afrika auch mitbekommen. Kannst du nicht ein wenig leiser sein“, fauchte er sie an. Verwundert sah die Blondine ihren Bruder an. „Was ist dir für eine Laus über die Leber gelaufen? Wo sind Maman und Papa?“ „Kari ist in meinem Zimmer und schläft. Wobei ich glaube, dass sie dank dir wieder wach ist. Maman ist einkaufen und Matéo ist noch arbeiten.“ Louisa sah ihren Bruder mit großen Augen an. „Wie? Kari? Ich denke sie kommt erst nächste Woche.“ „Das dachte ich auch. Hiroaki hat ihr den Auftrag geben Bilder vom Diplomatentreffen, das diese Woche ist, zu erstellen.“ Die Augen von Louisa leuchteten auf. „Das heißt, sie ist hier in Paris?“ Takeru schaute hinter seiner Schwester und grinste. „Noch besser, wenn du dich umdrehst stehst du vor ihr.“ Langsam drehte sich die Blondine um, als sie Hikari erblickte verließ ein lauter Freudenschrei ihre Lippen. Schnell lagen sich die Frauen in den Armen. „Danke Krümel, jetzt habe ich einen Hörsturz“, schimpfte Takeru gespielt vor sich her. Trotzdem musste er lächeln, als er seine Schwester und seine Freundin in trauter Zweisamkeit sah. Er freute sich, dass die Beiden sich so gut verstanden. Bei Chloé hatte er immer das Gefühl, dass sie Louisa geduldet hatte. Zwar hatten sich die Frauen gut verstanden, es war trotz allem immer eine Distanz zwischen ihnen zu spüren. Als er Louisa und Hikari beobachtet merkte er, dass eine Freundschaft zwischen den Frauen entstanden war. Takeru war sich sicher, dass diese Freundschaft auch entstanden wäre, wenn er nicht der Freund von Hikari und der Bruder von Louisa gewesen wäre. Hikari hatte es schon bei ihrem ersten Aufeinandertreffen geschafft, eine ganz besondere Beziehung zu der Blondine aufzubauen. Diese hatten die Frauen in Tokio ausgebaut und vertieft. „Hika, ich werde deinen Koffer von Tai holen. Brauchst du noch etwas?“ „Ich muss mitkommen.“ „Meinst du nicht, dass es besser wäre, wenn du dich ausruhst? So wie ich dich verstanden habe bist du in der letzten Zeit nicht gerade viel zum Schlafen gekommen.“ Verlegen schaute die Braunhaarige zur Seite. Takeru erkannte, dass er mit seiner Vermutung ins Schwarze getroffen hatte. „Tai meinte, dass die Sicherheitsvorkehrungen sehr hoch sind. Er hat mir einen Besucherausweis mitgegeben. Sonst hat man keine Chance in das Hotel zu gelangen.“ Mit ernstem Gesicht sah der Blonde seine Freundin an. „Lass mich raten. Auf dem Besucherausweis ist dein Lichtbild und es steht dein Name darauf. Tai ist davon ausgegangen, dass du im Hotel schläfst.“ Hikari nickte leicht. „Er wollte auf Nummer sicher gehen. Immerhin bin ich eine Woche früher als geplant angereist.“ „Ziehe dich an Hika, wir sollten keine Zeit verlieren. Krümel, könntest du unseren Eltern bescheid geben, wo wir sind? Sei bitte so lieb und helfe Maman bei den Vorbereitungen für das Abendessen.“ „Das mache ich nur, wenn ihr Tai ganz lieb von mir grüßt. Ich würde mich freuen, wenn ich ihn auch treffen könnte.“ Hikari musst lächeln. Sie hatte schon auf ihrer Geburtstagsfeier damit gerechnet, dass Taichi und Louisa Freunde werden würden. Immerhin hatte die Blondine den gleichen schwarzen Humor wie ihr Bruder. Um sich besser mit dem Älteren verständigen zu können, war Louisa über ihren Schatten gesprungen und hatte aktiv angefangen japanisch zu sprechen. Taichi hatte ihr angeboten, dass sie sich in Englisch unterhalten konnten, dies hatte sie ausgeschlagen, da sie endlich die Sprache mit der ihre Brüder aufgewachsen waren sprechen wollte. Taichi und Louisa hatten schnell bemerkt, dass sie viele Gemeinsamkeiten hatten. So hatten die Beiden den Freundeskreis in Tokio mit ihren Streichen aufgemischt. „Ich glaube, Tai wird es sich nicht nehmen lassen, dich zu treffen. Schließlich braucht er jemanden, mit den er seine Streiche durchziehen kann. Außerdem soll er dir noch etwas von Matt geben.“ Hikari zwinkerte ihr zu. Das Natsuko und Matéo Hikari mit offenen Armen empfangen hatten ließ sie ihre Nervosität vergessen. Die Herzlichkeit, die in dieser Familie herrschte bemerkte sie spätestens beim Abendessen. Es wurde viel erzählt und gelacht. Da Takeru im Vorfeld schon viel über seine Freundin gesprochen hatte blieb die nervtötende Fragerei fast komplett aus. Nach dem Abendessen hatte sich Hikari in Takerus Zimmer zurückgezogen. Erschöpft von den letzten Tagen und den ganzen Ereignissen die auf sie hereinprasselten kuschelte sich Hikari in das weiche Kissen und zog die Decke bis zum Hals. Sie bemerkte, dass sie sofort in das Land von Morpheus abdriften würde. Dies wollte sie noch nicht, da ihre bessere Hälfte noch nicht im Bett war. Sie wollte endlich wieder in seinen Armen einschlafen, sich an ihn kuscheln und seinen ruhigen und gleichmäßigen Herzschlag spüren und hören, so wie seinen vertrauten Duft einatmen. Daher verließ sie das Bett und ging an das Fenster. Hikari liebte Paris in der Dunkelheit. Die vielen Lichter verliehen der Stadt einen sanften Glanz und eine besondere Ausstrahlung. Dieser Stadtteil von Paris war sehr interessant, leider hatte sie es damals nicht geschafft, diesen zu erkunden. Hikari hatte es sich fest vorgenommen dies in ihrem nächsten Urlaub in dieser Stadt nachzuholen. Sie hätte nicht damit gerechnet, dass sie so schnell den Osten von Paris erkunden konnte. Takerus Familie wohnte nicht weit von der Metro Station Bastille entfernt. Hier in der Umgebung stand einst die Bastion de Saint-Antoine oder Bastille Saint-Antoine. Das Gebäude diente einst als Stadttorburg und später als Staatsgefängnis von Paris. Louisa hatte ihr mal erzählt, dass die französische Revolution mit dem Sturm auf die Bastille begonnen hatte. Von dem Gebäude stand heute so gut wie kein Stein mehr, aber die Grundrisse waren mit Pflastersteinen auf den Wegen eingelassen. Äußere Überreste des Festungsgrabens sind bei der Metro Station Bastille zu sehen. Diesen geschichtlichen Hintergrund interessierte Hikari im Moment überhaupt nicht. Sie genoss die Ruhe und die Entspannung, die dieses Zimmer ausstrahlte. Eigentlich müsste sie sich in dieser Wohnung völlig fremd fühlen, dass tat sie aber nicht. In jedem Raum, den sie betrat spürte sie Takerus Anwesenheit und die Herzlichkeit, die diese Familie ausstrahlte. Die Braunhaarige blickte auf den kleinen Bonsai, der auf dem Fensterbrett stand. Daneben stand ein Bild von Louisa und ein weiteres von Yamato und seiner Familie. Schnell fiel ihr wieder ein, dass sie bei dem ganzen Stress den sie die letzten Tage hatte nebenbei die Fotos von Louisa, Yamato und Takeru aus dem Shiba Park bearbeitet hatte. Sie ging auf ihren Koffer zu, kurz wühlte sie darin herum, bevor sie das gesuchte Fotoalbum und ihr Lieblingsfoto von den Geschwistern herausholte. Das Foto hatte sie vervierfacht. Ein Foto hatte Yamato bekommen, je eines sollten Takeru und Louisa erhalten. Das letzte Foto hatte sie für Natsuko eingerahmt. Dies wollte sie Takeru geben, damit er das Foto gemeinsam mit dem Fotoalbum seiner Mutter geben konnte. Hikari blickte zur Tür, als diese sich vorsichtig öffnete. Sie lächelte Takeru an, als dieser seinen Kopf durch den Türspalt steckte. „Ich dachte, dass du schon schläfst. Hätte ich gewusst, dass du noch wach bist wäre ich früher gekommen.“ Schnell schlüpfte er in sein Zimmer, schloss die Tür ab und ging auf seine Freundin zu. Sanft zog er sie in seine Arme. „Ich konnte einfach nicht ohne dich einschlafen. Ich wollte in deine Armen liegen, nur um mich zu vergewissern, dass dies kein Traum ist.“ „Soll ich die beweisen, dass dies die Realität ist?“ „Mh.“ Zärtlich nahm er ihr Gesicht in seine Hände und senkte seinen Kopf. Sie kam ihm entgegen, indem sie sich auf ihre Zehenspitzen stellte. Als sich ihre Lippen trafen seufzten beide zufrieden auf. „Und? Was sagst du?“, fragte er schelmisch nach. „Ich weiß nicht-“ „Dann muss ich mir wohl etwas anderes einfallen lassen.“ Er zog sie an ihrem Nacken sanft zu seinem Gesicht und küsste ihre Ohrmuschel. Erschrocken keuchte sie auf und suchte halt an seinen Oberarmen. „Wir sind nicht alleine“, sprach sie ihre Zweifel aus. Wie sollte sie seinen Liebkosungen nach sieben langen Wochen standhalten? Seine Hände wanderten an ihr wohlgeformtes Hinterteil und zog sie weiter an sich heran. „Wir waren in den seltensten Fällen alleine, Sonnenschein. Irgendwie war immer jemand in der Wohnung. Außerdem warst du das eine mal in der Tanzschule nicht so schüchtern.“ Takeru musste lachen, als er den Rotschimmer in Hikaris Gesicht sah. Zu dem Intermezzo in der Dusche der Tanzschule kam es nach einem langen und harten Training. Hikari und Ken übten immer und immer wieder ihre Rumba-Choreographie. Dieser Tanz kann man als Balztanz sehen. Die Tänzer umwarben sich, stießen sich von sich und tanzen letztendlich wieder aufeinander zu. Die erotische Stimmung, die sich während es Tanzes zwischen Hikari und Ken aufbaute übertrug sich auf Hikari und Takeru. Was schlussendlich ziemlich leidenschaftlich unter der Dusche endete. Die Braunhaarige dachte gerne an diese Vereinigung zurück. Für sie hatte es sich viel intensiver als sonst angefühlt. „Scheiß drauf.“ Hikari ließ ihre Hand in seine Jeans wandern und kniff ihm leicht in den Hintern. Langsam lenkte er sie zu seinem Bett. Es tat beiden gut, die Zärtlichkeiten des Anderen wahrzunehmen. Die Küsse des Anderen zu spüren. Die Hände des Andren auf den Körpern zu spüren. Das letzte Mal war viel zu lange her. Sie gaben sich ihrer Sehnsucht und Leidenschaft hin. Erschöpft zog Takeru Hikari an sich. Sofort legte sie ihren Kopf auf seine nackte Brust und schlang ein Bein um ihn. Er legte beschützend ein Arm um sie. „Glaubst du immer noch, dass du träumst?“ „Dazu war es viel zu intensiv. Ich bin so froh, wieder bei dir zu sein.“ „Mir geht es genauso.“ Er gab ihr noch einen Kuss auf ihren Haarschopf, als keine Reaktion von ihr kam war ihm klar, dass sie eingeschlafen war. Er zog sie noch ein wenig enger an sich und atmete ihren zarten Lilienduft ein. Kapitel 63: Der verflixte Ausweis --------------------------------- Hikari wurde durch ein störendes, aber ihr dennoch vertrautes, Geräusch wach. Irritiert sah sie sich um. Sie musste lächeln, als sie sich in den Armen von Takeru wiederfand. Er hatte sie ganz dicht an sich herangezogen und seine Hand lag auf ihrem nackten Bauch. Tief atmete sie seinen Geruch ein. Glücklich kuschelte sie sich enger in seine Umarmung. So konnte jeder Morgen für sie anfangen. Sie griff zum kleinen Nachtschränkchen um sein Handy in die Hand zu nehmen, damit sie seinen Wecker ausschalten konnte. Sie zuckte zusammen als sie seine Lippen an ihrem Nacken spürte. „Guten Morgen Sonnenschein. Hast du gut geschlafen?“ Sie drehte sich langsam zu ihm um. „Guten Morgen mon coeur. So gut habe ich das letzte Mal vor sieben Wochen geschlafen.“ „Mir geht es genauso.“ Hikari gab ihm einen Kuss, den er nur zu gerne erwiderte. Ein klopfen an der Tür ließ die Beiden zusammenzucken. „Hey Großer. Ihr solltet langsam aufstehen, es ist kurz vor acht. Das Frühstück steht auf dem Tisch. Ich muss zur Schule. Einen schönen Tag euch.“ Takeru war zwischenzeitlich aufgestanden und hatte sich seine Boxershorts übergezogen. Er ging zu Tür und öffnete diese einen Spalt, trat in den Flur und schloss die Tür zu seinem Zimmer. „Guten Morgen Krümel.“ Er gab seiner Schwester einen Kuss auf die Wange. „Danke dir. Wo sind unsere Eltern?“ Louisa ging auf die Wohnungstür zu. „Gern geschehen. Ihr müsst sicherlich Hunger nach dieser Nacht haben.“ Sie grinste ihren Bruder frech an. Er erwiderte ihr Grinsen. „Ich weiß nicht, wie du darauf kommst.“ „Nur eine Vermutung“, war ihre freche Antwort. „Ach so, die Beiden sind schon auf den Weg zur Arbeit. Ich muss wirklich los. Grüße Kari ganz lieb von mir.“ „Dankeschön, das werde ich machen. Ich wünsch dir einen schönen Tag.“ „Den wünsche ich dir auch.“ Mit diesen Worten war die Wohnungstür ins Schloss gefallen. Als Takeru sein Zimmer wieder betrat war es leer. Verwirrt schaute er sich um. Bis er schließlich das Rauschen des Wassers aus dem Bad hörte. Er öffnete das Fenster und trat auf das zerwühlte Bett zu. Ein Lächeln zierte sein Gesicht, als er an die letzte Nacht dachte. Schnell schüttelte er die Kissen und die Bettdecke auf. Danach suchte er sich seine Sachen für den Tag zusammen um dann ins Badezimmer zu gehen. Kurze Zeit später stand seine Freundin in einem schwarzen Businesskostüm vor ihm. Ihre Haare hatte sie zu einem strengen Dutt zusammengebunden. Nervös spielte sie mit ihrem Armband herum. „Warum bist du so nervös?“ „Ich habe etwas für deine Mutter, Louisa und dich.“ Sie ging an seinen Schreibtisch und nahm das Fotoalbum und die Fotos in die Hand. „Die Bilder aus dem Shiba Park sind fertig. Ich hoffe, dass die Fotos euch gefallen.“ Takeru musterte sie eindringlich. „Darum bist du so nervös?“ Er nahm ihr die Fotos aus der Hand und schaute diese sich an. Die Bilder waren wunderschön geworden. Diese wirkten aus dem Leben gegriffen. Yamato und er saßen auf der Wiese und Louisa hatte sich von hinten an ihre Brüder herangeschlichen und sie umarmt. Man sah den Geschwistern an, dass sie glücklich waren. Takeru erinnerte sich gerne an diesen Tag. „Nein, deshalb nicht. Ich kann meinen Presseausweis nicht finden. Entweder habe ich den zu Hause liegen lassen, oder ich habe ihn verloren. Das wird deinem Vater nicht gefallen. So kann ich keine Fotos von dem Treffen machen.“ Unsicher sah sie ihrem Freund in die Augen. An seinem Blick erkannte sie, dass er gerade in den Chefredakteur-Modus schaltete. „Hikari, das ist jetzt nicht dein Ernst!“, kam es aufgebracht von ihm. Sie schluckte, als ein leises „Doch“, über ihre Lippen kam. „Hast du in deinem Koffer nachgeschaut?“ Sie nickte. „Was ist mit deiner Handtasche?“ „Nichts.“ „Bei deinem Equipment? Du hast den Ausweis doch immer in der kleinen Seitentasche.“ Hikari schüttelte ihren Kopf. „Dort ist er auch nicht.“ Takeru atmete einmal tief durch. Es brachte jetzt nichts auszurasten. Er konnte sich vorstellen, wie anstrengend die letzten Tage für seine Freundin waren. Die Arbeit - dort hatte sie nicht nur ihre Arbeit verrichtet, teileweise hatte sie in Tokio seine Arbeit mitübernommen. Die Meetings mit seinem Vater, die immer sehr anstrengend waren. Das Tanztraining, von dem er wusste, dass sie danach immer mehr als erschöpft war. Das sie kurzfristig ihre Sachen packen musste um nach Paris zu reisen. „Ich geh schnell duschen und nach dem Frühstück schauen wir in Ruhe deine Sachen durch.“ Er schnappte sich sein Handy und rief Raphaël an. Kurz erklärte er ihm, dass er heute später im Verlag sein würde. „Darf ich fragen, wann der Fototermin ist?“ „Heute Nachmittag“, kam es leise von ihr. „Klasse! Ganz tolle Leistung, Hikari!“ Wütend ging er aus seinem Zimmer. Hikari hörte noch, wie die Tür zum Badezimmer laut geschlossen wurde. Sie wusste, dass nicht ihr Freund auf sie sauer war, sondern ihr Arbeitskollege. Immerhin hatte sie, wenn sie den Presseausweis wirklich verloren oder vergessen hatte, riesigen Mist gebaut. Es ging es um die Exklusivfotos. Takeru dachte eine Bombe hätte in seinem Zimmer eingeschlagen, als er dieses frisch geduscht wieder betrat. Überall lagen Hikaris Sachen rum. Selbst ihren Fotografenkoffer hatte sie ausgeräumt. Vorsichtig ging er an ihrer Ausrüstung vorbei. Ihr verzweifelter Blick sagte ihm, dass sie den Ausweis immer noch nicht gefunden hatte. Er holte tief Luft, flüchtig schaute er auf seinen Schreibtisch. Dort lag die Jacke, die sie gestern getragen hatte, als sie den Koffer aus Taichis Hotel abgeholt hatten. Er blickte auf den Besucherausweis, den ihr Bruder ihr mitgegeben hatte. Diesen hatte sie auf ihre Jacke gelegt. Kurz stutzte er. Irgendwie sah der Besucherausweis gestern noch anders aus. „Hika, wie sieht der Besucherausweis von Hotel aus?“ „So wie der Presseausweis, nur das dort ‚Besucherausweis‘ darauf steht und das Logo von dem Hotel darauf abgebildet ist. „Der Presseausweis sieht wie immer aus?“ „Ja.“ Takeru ging auf seinen Schreibtisch zu. Er drehte den Gegenstand in seiner Hand. Ein Lächeln schlich sich in sein Gesicht. „Dann habe ich deinen Presseausweis gefunden.“ „Was? Wirklich? Wo?“ „Ja! Hier!“ Er zeigte ihr die Visitenkartegroße Hülle. „Du hast den Besucherausweis in die Hülle vom Presseausweis gesteckt. Wahrscheinlich, damit du beide Ausweise immer bei dir hast.“ Hikari nahm ihn den Gegenstand aus der Hand. Takeru hatte Recht, auf der einen Seite war der Besucherausweis vom Hotel, wenn sie diesen drehte kam ihr Presseausweis zum Vorschein. „Du weißt, dass das keine kluge Aktion von dir war? Was wäre gewesen, wenn du beide Dokumente verloren hättest? Hätten die falschen Leute die Ausweise in die Hände bekommen, wäre das Chaos perfekt und du wärst deinen Job los.“ Seine Stimme klang nicht nur wie der Chefredakteur, sondern auch wie die von Hiroaki, wenn dieser kurz vor einem Wutausbruch stand. „Wirst du es Hiroaki sagen?“ „Nein, da diese Aktion nie passiert ist.“ „Du deckst mich?“ „Ich haue nicht jeden Kollegen in die Pfanne, nur weil ihm ein Fehler passiert. Es ist ja nichts passiert. Am Besten du steckst den Besucherausweis in dein Portemonnaie und den Presseausweis in deinen Fotografenkoffer.“ „Das werde ich machen. Danke dir, Takeru.“ Er lächelte, „Du hättest genauso reagiert, wenn mir das passiert wäre. Dabei spielt es keine Rolle, dass wir ein Paar sind. Wir haben uns schon oft genug gestritten, weil wir beruflich verschiedene Meinungen haben, dass die Kollegen es nicht glauben können, dass wir zusammen sind.“ „Stimmt.“ Hikaris Magen machte sich lautstark bemerkbar. Er musste herzhaft lachen. „Gehe schon mal in die Küche. Louisa hat das Frühstück vorbreitet. Ich räume schnell dein Chaos auf und komme dann auch zum Essen. Danach müssen wir in den Verlag. Raphaël braucht meine Hilfe.“ Takeru zog sie in eine sanfte Umarmung und gab ihr einen Kuss. „Meine Ausrüstung lässt du bitte in Ruhe. Das mache ich, dazu benötige ich nicht mehr als fünf Minuten.“ „Dein Heiligtum hätte ich nie im Leben angefasst. Ich hätte dir nur deinen Presseausweis in die kleine Seitentasche gesteckt.“ „Hört sich gut an.“ Sie wollte ihm noch einen Kuss geben, als ihr Magen wieder knurrte. „Am Besten du gehst jetzt frühstücken, sonst fällst du mir noch in Ohnmacht vor Hunger.“ Kapitel 64: Du bist für mich … ------------------------------ Taichi musste grinsen, als ihn eine junge Frau ansprach und ihn um ein Foto bat. Er konnte sich einfach nicht daran gewöhnen, dass seine Schwester ihn förmlich ansprach. Er verstand aber die Beweggründe. Beide gingen gerade ihrer Arbeit nach. Wie würde es da aussehen, wenn sie einfach ‚Brüderchen ich brauche ein Foto von dir‘ in die Runde rufen würde. Sicherlich würde er ihr zurufen, dass sie genug Fotos von irgendwelchen familiären Anlässen von ihm hatte. Gerade, weil sie Bruder und Schwester waren, wollten sich die Yagami-Geschwister beruflich aus dem Weg gehen. Da aber Hikaris oberster Chef – der nebenbei der Vater ihres Freundes war - ihr den Auftrag gegeben hatte, die Exklusivfotos des Diplomatentreffen zu erstellen blieb den Beiden keine andere Wahl, als diese abstruse Situation über sich ergehen zu lassen. Um den ganzen Anlass noch verrückter zu machen würde Takeru den Artikel nicht nur für den Verlag von Fontaine, sondern auch für die ‚Ishida Group‘, schreiben. Sprich auch er müsste mit Taichi sprechen und zwar der japanischen Etikette entsprechend, da der Braunhaarige kein französisch sprechen konnte. Und wieso englisch sprechen, wenn beide japanisch reden konnten. Als Taichi weiter über dieses Wirre Konstrukt nachdachte bekam er nur Kopfschmerzen und er ließ es besser bleiben. „Ich weiß worüber du nachdenkst. Mir geht es genauso, Tai.“ Hikari hatte ihn auf Japanisch angesprochen und sie war sich sicher, dass außer Takeru sie niemand verstehen konnte. Sonst hätte sie es sich nicht getraut den japanischen Diplomaten zu duzen. „Das weißt du, weil es dir genauso ergeht. Du bist meine Schwester und machst von mir berufliche Fotos. Takeru ist dein Freund und Arbeitskollege, sowie der Sohn von deinem Chef. Er wird nachher das Interview führen. Da kann man nur Kopfschmerzen bekommen.“ „Irgendwann werde ich dein Schwager sein, Tai. Spätestens dann hat das ein Ende, weil wir dann miteinander verwandt sind.“ Takeru hatte sich in das Gespräch der Geschwister eingemischt. „Schwager?“; kreischte Taichi den Blonden an. „Du kannst von Glück reden, dass wir in der Öffentlichkeit sind.“ Der Blonde lachte, „Genau deswegen habe ich es gesagt.“ „Du spielst mit deinem Leben.“ „Wäre eine tolle Story ‚Diplomat schafft Journalisten um die Ecke‘. Wie gut, dass du die diplomatische Immunität besitzt“, stänkerte Takeru weiter. „‘Journalist verpasst Diplomaten mit dämliche Gequatsche einen Herzinfarkt‘ wäre wahrscheinlicher, da ich den vorher bekommen würde, bevor du fertig bist mit erzählen“, konterte Taichi. „Nichts der gleichen wird passieren, da die Schlagzeile lauten wird: ‚Fotografin hat ihren Bruder und ihren Freund mit ihrer Kamera erschlagen, weil sie nur Schwachsinn von sich geben.‘ Schluss jetzt ihr Zwei. Falls ihr es vergessen habt, wir arbeiten gerade“, rief Hikari aufgebracht dazwischen. Drei Stunden später: „Danke, für das Interview, Herr Yagami.“ Mit diesen Worten beendete Takeru das Gespräch. „Ich habe Ihnen zu danken, Herr Takaishi“ Taichi grinste Takeru an. „Nur zu meinem Verständnis: Wir müssen das Gespräch jetzt nicht noch einmal auf Englisch führen, oder?“ „Richtig, da ich es einfach ins französische übersetzten kann.“ „Sehr schön. Ich habe nämlich schon Fusseln am Mund vom ganzen Gerede.“ Der Braunhaarige atmete erleichtert aus. Das hieß für ihn, dass er nach einem langen Tag sich endlich in sein Hotelzimmer verziehen konnte. „Nur noch ein Foto, Herr Yagami.“ Genervt drehte er sich zu seiner Schwester um. „Sie stehen gerade zwischen der japanischen und französischen Flagge, ein besseres Motiv kann es nicht geben.“ Als diese hinter ihn zeigte musste er lächeln. Für diese Details hatte seine Schwester ein Auge. Er nickte ihr kurz zu und gab ihr so das Einverständnis für das Foto. --- Erschöpft setzte sich Hikari auf die Bank. Nach den letzten anstrengenden Stunden wollte sie ein wenig entspannen. Hatte sie Takeru richtig verstanden? Er wollte sie einmal heiraten? Oder hatte sie sich verhört? So wie ihr Bruder an die Decke ging, konnte sie sich nicht vorstellen, dass dies der Fall war. Das Zusammenarbeiten mit ihrem Bruder und ihrem Freund war eine nervenraubende Erfahrung gewesen, die sie nicht wieder so schnell wiederholen wollte. Sie wusste, dass Takeru als Kollege ein anderer Mann war, als er es im privaten Bereich war. Es war keine Seltenheit, dass sie eine berufliche Diskussion führten, die manchmal auch etwas lauter werden konnte. Das ihr Bruder so knallhart sein konnte, war ihr neu. Für sie war er ein liebevoller Bruder, der sie vor allem beschützen wollte. Ihr Chaot, der immer für einen Spaß unter den Freunden zu haben war. Seine Mimik und Gestik, sowie seine Stimme hatte sie fast gar nicht wiedererkannt. Sein typisches Lächeln war einem starren Gesichtsausdruck gewichen. Die warme Stimme klang fordernd und kühl, aber fokussiert. Sie war froh, dass sie keine Arbeitskollegen waren. Sie fragte sich, ob Mimi von dieser Seite wusste. Sie ließ ihren Blick durch den Park wandern. Ein Springbrunnen plätscherte vor sich hin. Sie konnte die Spitze des Eiffelturms erkennen und als ihr Blick an einen Obelisken hängen blieb musste sie unwillkürlich an ihre erste Begegnung mit Louisa denken. Hier in der Nähe hatten sie ihr geholfen das Foto zu erstellen, welches Takeru für seine Kampagne ausgesucht hatte. Wie sie heute wusste hatte Louisa eben jenes Bild bei sich in ihrem Zimmer hängen. „Genießt du deinen wohlverdienten Feierabend?“ Mit diesen Worten riss Takeru sie aus ihren Gedanken. Als er sie gedankenverloren auf der Bank sitzen gesehen hatte, wollte er sie eigentlich sofort mit einem Kuss begrüßen. Er hatte seien Plan geändert, als er ihr ins Gesicht gesehen hatte. Zwar wirkte sie etwas entspannter als heute Morgen, trotzdem sah er wie erschöpft sie war. Trotzdem schien sie mit sich im Reinen zu sein. Ihr Blick ging verträumt vom Obelisken von Luxor zum Arc de Triumph. Es sah so aus, als ob sie in einer Erinnerung gefangen war. Takeru wusste schon immer, wie sehr Hikari Paris liebte, aber es mit seinen Augen zu sehen, war eine andere Sache. Augenblicklich schlug sein Herz ein wenig schneller. Dieser Umstand konnte auch damit zusammenhängen, dass er immer noch ein schlechtes Gewissen, seiner Freundin gegenüber hatte. Der Blonde schämte sich immer noch, als er an sein Verhalten heute Morgen dachte. Dieser Umstand hatte ihn auch daran gehindert, sie zu küssen. Erschrocken zuckte die junge Frau zusammen, als sie seine Stimme hörte. Hikari lächelte ihn an und bot ihm einen Platz neben sich auf der Bank an. „Was ist los mit dir, Keru?“ „Was meinst du?“ „Du hast ein schlechtes Gewissen.“ „Sollte ich eines haben?“ „Sag du es mir.“ „Wie kommst du darauf, dass ich eines habe?“ „Dein Ernst?“ „Ähm …“ Genervt stöhnte sie auf: „Der Kuss!“ „Hä?“ „Du küsst mich nicht, wenn du ein schlechtes Gewissen hast.“ „Mh …“ „Normalerweise küsst du mich zu Begrüßung. Außer wenn wir in der Redaktion sind.“ „Du hast Recht. Es tut mir leid, wie ich auf die Sache mit deinem Presseausweis reagiert habe.“ „Du lagst aber richtig mit deinen Anschuldigungen.“ „Vielleicht, trotzdem hätte ich anderes reagieren müssen. Ich habe gesehen, wie fertig du bist und doch habe ich dir Vorwürfe gemacht. Ich habe dich wie eine normale Kollegin behandelt, dass bist du aber bei weitem nicht.“ „Es war auch ungewohnt den Chefredakteur nur in Boxershorts vor mir stehen zu sehen.“ Hikari musste lächeln. Takeru erwiderte ihr Lächeln und legte sanft seine Hand auf ihre. „Mir ist unter der Dusche sogar eine Lösung eingefallen, wie wir den Schlamassel aus der Welt geräumt hätten.“ Sie legte ihre Hand auf seine Wange. „Und die Lösung wäre gewesen?“ „Ich hätte dir einen Presseausweis nach Absprache mit Fontaine von seinem Verlag gegeben. Die Fotorechte hätten wir dann zusammen mit Hiroaki und Fontaine geklärt. Glaube mir, mein Vater hätte gewonnen.“ Während er gesprochen hatte kam er mit seinem Gesicht ihrem immer näher. „Das wäre eine gute Lösung gewesen. Ich möchte nicht mehr über die Arbeit sprechen.“ Kaum hatte sie ihren Satz beendet, verschloss sie sanft seine Lippen mit ihren. „Hast du immer noch ein schlechtes Gewissen?“ Der Blonde nickte leicht. Sofort küsste Hikari ihn sanft auf die Wange. „Musst du nicht.“ „Danke dir. Du bist die Beste.“ Takeru sah liebevoll in ihre Augen. Dabei zog endlich das schwarze Jackett aus, das er neben sich auf die Bank legt und lockerte seine Krawatte. „An was hast du gedacht, als du so verträumt Richtung Triumphbogen geschaut hast?“ „An die erste Begegnung mit Louisa. Auf dieser Bank hat sie mir viel von der Geschichte Frankreichs erzählt. Dort drüben hat sie das Foto erstellt, was dir so gut gefallen hat und sie in ihrem Zimmer hängen hat. Ich hätte nie im Leben damit gerechnet, dass ich mal mit ihrem Bruder auf der gleichen Bank sitzen werde und er mein Freund ist. Die Krönung dieser Geschichte ist, dass ihr Bruder der Bruder meines besten Freundes ist. Der wiederum ist der beste Freund meines Bruders. Das berufliche Kuddelmuddel lasse ich jetzt mal außen vor. Das Leben schreibt schon verrückte Geschichten. Findest du nicht?“ Während sie gesprochen hatte, hatte Takeru seine Sitzposition so geändert, dass er seine Beine rechts und linkes neben der Bank stellt hatte. So konnte er Hikari in seine Arme ziehen und sie ihren Kopf an seine Brust legen und er legte seine Hände zärtlich auf ihren Bauch. „Da hast du recht. Ich bin froh, dass ich in deinen Augen kein eingebildeter Fatzke mehr bin.“ Sie musste lächeln, als sie an die erste Begegnung mit Takeru dachte. „Ich bin froh, dass wir uns nicht mehr so anzicken wie damals.“ „Oh je, dass waren Zeiten. Bist du bereit?“ Hikari richte sich auf und drehte ihren Kopf um in seine Augen blicken zu können. „Wofür?“ „Mein Urlaub hat heute Abend begonnen. Ich wollte mit dir morgen nach Giverny fahren.“ Ihre Augen fingen an zu strahlen. „Natürlich. Ich freue mich total auf den Garten von Monet.“ Sein Herz hatte wieder einen Freudensprung gemacht, als er bemerkte, wie sehr sie sich über den Ausflug freute. Ihre bernsteinfarbenen Augen sahen in überrascht und verliebt an. Ihre kleine Falte, die sich immer zwischen den Augenbrauen bildete, wenn sie müde wurde fiel ihm auf. „Lass uns gehen. Der Tag war anstrengend und du musst endlich zu Ruhe kommen. Nicht dass du mir noch zusammenbrichst.“ Er gab ihr einen Kuss auf die Wange. Danach zog er sie auf ihre Beine und trat mit ihr dein Heimweg an. Hand in Hand schlenderten sie durch Paris. „Keru?“ „Ja!“ „Wie meintest du das mit dem heiraten?“ „War klar, dass du das gehört hast“, brummte der Blonde. Er zog sanft an ihrem Handgelenk, damit sie stehen blieb. „Also nicht?“ Takeru umarmte sie und sah ihr in die Augen. „Du hast die Antwort auf deine Frage eigentlich schon gehört.“ Verwirrt schaute Hikari ihn an. „Du wirst es bald merken, Sonnenschein.“ Schnell küsste er ihre Wange. „Du-“ „Ich werde zu diesem Thema nichts mehr sagen.“ „Eingebildeter Fatzke“, rief sie empört aus. „Ich liebe dich auch, Hika.“ Kapitel 65: Ein Stück Vergangenheit ----------------------------------- Genervt schaute Hikari auf ihr Handy. Das durfte doch nicht wahr sein. Es war gerade sechs Uhr am Morgen und sie war putzmunter. Sie kam ganz einfach nicht mit der Zeitverschiebung klar. Außerdem hatte sie Hunger immerhin ist es in Tokio dreizehn Uhr. Um diese Zeit machte sie immer ihre Mittagspause, wenn sie in der Redaktion war. Vorsichtig drehte sie sich zu Takeru um. Er schlief tief und fest. Sicher war er froh, dass ihn ab heute kein Wecker aus seinen Träumen reißen würde. Immerhin hatte sein Urlaub heute begonnen. Sie kuschelte sich noch dichter an ihren Freund. Vielleicht würde sie den Weg ins Traumland wiederfinden. Keine zehn Minuten später gab die junge Frau genervt auf. Zu allem Überfluss musste sie jetzt auch noch auf die Toilette. Hikari atmete tief durch, dann sollte es wohl so sein. Vorsichtig löste sie Takerus Arm von ihrem Bauch. Verträumt schaute sie auf seinen trainierten Unterarm. Wie oft hatten sie in diesen Armen gelegen, wie oft war sie in seinen Armen eingeschlafen und wieder aufgewacht und jedes Mal kam sie zum gleichen Ergebnis: Diese Arme waren perfekt für ihren Köper geschaffen. Hier gehörte sie hin. Hier war ihr Platz. Er war der Mann an ihrer Seite – für immer. Nichts auf der Welt konnte dies ändern, oder doch? 'Verdammt, da war noch etwas!' So schnell sie konnte flitzte sie zur Toilette. Erleichtert wusch sie sich ihre Hände, als sie von weitem hörte, wie sich eine Tür öffnete und sich Schritte des Badezimmers nährte. Erschrocken schaute Hikari an sich herunter. Dass sie nur ihre kurze roséfarbene Schlafshorts und ihr weißes Schlaftop mit Spagettiträgern trug hatte sie in der Eile völlig vergessen. Okay so peinlich wie damals die morgendliche Begegnung mit Jean würde es nicht werden. Hoffte sie jeden Falls. Das schlimmste was passieren konnte, war das Matéo ins Badezimmer wollte. Sie änderte ihre Meinung, es konnte doch noch schlimmer werden. Nichts wäre ihr unangenehmer, als wenn Takerus Stiefvater sie so bekleidet sehen würde. Jean konnte sie damals Schimpfwörter an den Kopf knallen, als sie bemerkt hatte, dass er ihr auf ihre fast nackte Brust starrte. Dies ging aber bei Matéo nicht. Sie schaute sich im Badezimmer um. Vielleicht hatte Takeru sein Oberhemd gestern hier liegen lassen, als er duschen war. Fehlanzeige! Sie seufzte, der Ordnungswahn ihres Freundes - sie korrigierte sich, der ganzen Familie - konnte manchmal nervig sein. Sie fand außer den Bademänteln von Natsuko und deren Mann nichts, womit sie ihre Blöße verstecken konnte. „Das kommt auf gar keinen Fall in Frage. Vielleicht das Badetuch? Nee, das sieht aus als würde ich aus der Dusche kommen.“ Diese Worte murmelte sie zu sich selbst. „Ach was solls.“ Selbstbewusst ging sie zur Tür und öffnete diese. Kurz schloss sie ihre Augen. ‘War ja klar, dass er es ist. Wieso müssen alle Männer nur in Boxershorts schlafen?‘ „Guten Morgen Matéo.“ Hikari versuchte ihre Stimme selbstbewusst klingen zu lassen. „Hallo Kari. Was machst du so früh schon auf den Beinen?“ Sie lächelte ihren Gesprächspartner an, als sie bemerkte, dass er nur in ihre Augen sah. „Früh ist relativ. In Tokio ist es dreizehn Uhr.“ „Das nennt man wohl einen Jetlag.“ Hikari nickte kurz. „Wieso bist du schon so früh wach?“ „Ich muss mich für die Arbeit fertig mach. Das Leben als Sportjournalist ist zurzeit anstrengend. Die Tour de France startet bald. Die Teamvorstellungen sind heute.“ „Das hört sich nach einem langen Tag an.“ „Das kann man so sagen.“ „Würdest du mich bitte durchlassen? Ich würde mich gerne umziehen.“ „Entschuldigung, dies ist auch nicht der geeignete Platz um ein Gespräch zu führen.“ Matéo lächelte sie an. Hikari erwiderte die Geste und ging wieder in Takerus Zimmer. Schnell nahm sie ihre schwarze Yoga-Hose von dem Schreibtischstuhl und schlüpfte in diese. Danach zog sich ihr hellblaues Sportshirt über. Dies war meistens ihr Outfit, wenn sie mit Ken trainierte, oder wenn sie Takeru neue Tanzschritte beibrachte. Kurz schaute sie zu ihrem Freund. Dieser schlief immer noch selig. Daher beschloss sie in die Küche zu gehen und das Frühstück vorbereiten. Sie hatte ihr Handy eingeschaltet und es lief leise Musik. Es war die Melodie von ihrem Finaltanz. Ein Cha-Cha-Cha. Hikari konnte gar nicht anders ihr Körper bewegte sich automatisch zur Musik und sie tanzte ihre Schritte von der Kür. Sie fing an den Tisch einzudecken. Später schob die Croissants in den Backofen. Bei manchen Figuren, musste die Küchenzeile als ‚Ken-Ersatz‘ herhalten, damit sie ihr Gleichgewicht halten konnte. Oder sie ersetzte die Partnerschrittfolge mit dem Grundschritt. Die Kaffeemaschine war eingeschaltet und die Milch für ihren Kakao stand auf dem Herd. Sie wollte den Kakao aus dem Schrank holen. Dazu musste sich die junge Frau umdrehen. Ein lauter Schrei verließ ihre Lippen und der Kakao schloss Bekanntschaft mit dem Boden. Gleichzeitig hob sie ihre Arme und presste ihre Hände auf ihr wild schlagendes Herz. Sie zwang sich tief ein und aus zu atmen. Der Schrei seiner Freundin hatte Takeru aus seinem Dämmerschlaf gerissen. Er hatte im Unterbewusstsein gespürt, dass sie nicht mehr bei ihm im Bett lag. Irgendwie wurde es verdammt kalt in seinem Bett. Er konnte seine Gedanken nicht ordnen, da er einen lauten Schrei vernahm. Diese Stimme erkannte er sofort. Daher sprintete er aus seinem Zimmer und hörte die Stimmen von seinem Stiefvater und seiner Freundin. „Wie lange stehst du schon da?“ Hikari zwang sich ihre Stimme normal klingen zu lassen. Matéo lächelte sie an, „Seit einer Minute.“ Er ging in die Küche und hob die Kakaoverpackung wieder auf. Hikari schoss die Röte ins Gesicht. „Du hast zugesehen, wie ich tanzend den Frühstückstisch gedeckt habe?“ „Ich wollte dich nicht stören. Es tut mir leid, wenn dir das unangenehm war. Du tanzt aber verdammt gut.“ „Danke dir.“ „Sie ist nicht umsonst bei dem Lateinturnier der Amateure angemeldet“, wandte sich Takeru an seinen Stiefvater. Er ging auf seine Freundin zu und nahm sie in seine Arme. Die Sorge um sie stand ihm ins Gesicht geschrieben „Geht es dir gut?“ Sie nickte. Erleichtert atmete Takeru aus. „Es gibt schönere Alternativen geweckt zu werden, Sonnenschein.“ Er küsste sie sanft auf den Mund. „Was machst du jetzt schon auf den Beinen?“ „Es tut mir leid mon coeur. Ich konnte einfach nicht mehr schlafen. Daher wollte ich das Frühstück vorbereiten. Du weißt, wenn ich alleine bin läuft immer Musik im Hintergrund.“ Ihr Freund musste lachen. „Du bist durch die Küche getanzt und hast wie immer nicht mitbekommen, wenn dich jemand beobachtet?“ „Richtig“, kam es verlegen von ihr. Sie wollte ihm jetzt nicht sagen, dass sie es jedes Mal merkte, wenn er ihr beim Tanzen zu sah. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und gab ihn einen Kuss. Takeru wandte sich seinem Stiefvater zu, „Guten Morgen Matéo.“ „Guten Morgen Takeru. Das hattest du erzählt. Es mit eigenen Augen zu sehen ist etwas anderes.“ Der Jüngere nickte dem Älteren zu. Er wusste wie schnell man in Hikaris Bann gezogen wurde, wenn sie tanzte. Er bewunderte jedes Mal ihre Ausstrahlung, ihr Selbstvertrauen, ihre Eleganz und die Leichtigkeit mit der sie tanzte. „Ich weiß was du meinst. Ich gehe Duschen. Hika, wenn du es möchtest können wir nach dem Frühstück nach Giverny fahren. Je früher wir da sind, desto weniger Leute sind dort.“ Takeru musste lachen, als er den freudigen Aufschrei seiner Freundin hörte. „Möchtest du einen Kaffee, Mateo?“ Hikari hatte die Kaffeekanne in der Hand und wollte sie auf den Tisch stellen. „Gerne.“ Sie goss die schwarze Flüssigkeit in eine Tasse und reichte diese Matéo. Dieser stand an der Kücheninsel und sah sich das Fotobuch aus dem Shiba Park an. Er blieb an einem Foto der Geschwister hängen. Louisa saß zwischen ihren Brüdern. Yamato hatte seinen Arm um ihre Schulter gelegt, während Takerus Hand auf ihrem Knie ruhte. „Eigentlich muss ich Chloé dankbar sein“, kam es gedankenverloren von Matéo. „Warum das denn?“ Hikari sah ihn verständnislos an. Er nahm ihr die Tasse aus der Hand und machte sich Milch und Zucker in den Kaffee. „Ich habe Takeru und Louisa schon lange nicht mehr so glücklich gesehen, wie jetzt. Takeru ist nach der Trennung von ihr ein anderer Mann geworden. Louisa hat das damals verunsichert, dass ihr Bruder von heute auf morgen ein anderer Mensch war. Als feststand, dass Takeru nach Tokio zieht hat sich Louisa von allen zurückgezogen. Sie hat sich praktisch in ihrem Zimmer verschanzt und viel über die Geschichte Japans gelesen. Außerdem hat sie ihre Fremdsprachenkenntnisse ausgebaut. Erst als ihre Mutter und ich ihr erlaubten Takeru in Japan zu besuchen kam sie wieder aus ihrem Zimmer heraus.“ Nachdenklich machte er eine Pause. „Hätte Chloé Takeru seiner Zeit nicht hintergangen, wer weiß, ob er nach Tokio gezogen wäre. Mir kam es damals so vor, als ob er nach Japan geflüchtet war um seinen Schmerz zu entkommen. Du hast ihn praktisch unbewusst dazu gezwungen, sich mit seinen Gefühlen auseinanderzusetzen. Das er jetzt so glücklich ist hat er dir zu verdanken. Louisa hat eine schwere Zeit hinter sich. Sie war in einen Autounfall verwickelt und hat dabei eine ihrer Freundinnen verloren. Durch deine Begegnung mit ihr hast du ihr die Zuversicht geschenkt, die sie brauchte um dieses Ereignis zu verarbeiten. Louisa hat oft von eurer Begegnung gesprochen.“ Es entstand wieder eine Pause. Matéo sah sich ein Bild von Yamato an. Hikari betrachtete den Mann vor sich. Er war ein großgewachsener braunhaariger Mann. Seine graugrünen Augen blickten immer tiefgründig und aufmerksam. Seine Augenform erinnerte sie an Louisas und auch von den Bewegungsabläufen konnte sie gewisse Ähnlichkeiten erkennen. Nur dass diese bei Louisa feminier waren. Dabei trank sie einen Schluck von ihrer heißen Schokolade, die sie sich fertig gemacht hatte, als Matéo das Gespräch angefangen hatte. „Ich weiß von Natsuko, dass die erste Zeit in Paris für Takeru nicht einfach war. Die erste Zeit dachte er, dass die Beiden hier Urlaub machen, als er bemerkte, dass dies nicht der Fall war brach eine Welt für ihn zusammen. Er hat seinen großen Bruder und seinen Vater vermisst und kam sich entwurzelt vor. Von jetzt auf gleich musste er sich mit einer anderen Sprache, die er zwar sprechen konnte, aber nicht so schnell wie ein Einheimischer, und einer anderen Kultur auseinandersetzen. Dann trat ich, als der neue Freund im Leben seiner Mutter, in sein Leben. Anfangs war es eine schwere Zeit, Takeru hat sich nichts von mir sagen lassen. Bis seine Schwester geboren wurde, es hatte zwar gedauert, dass er sich daran gewöhnt hatte, dass er auf einmal ein großer Bruder war. Trotzdem hat er Louisa vom ersten Tag an geliebt. Das hat man in seinen Augen gesehen. Er hat immer gesagt, dass es nur einen großen Bruder gibt und der heißt Yamato. Durch diese Einstellung hat er in Louisa den Wunsch geweckt ihren anderen Bruder kennenzulernen. Ihr reichte es nicht Yamato nur zu sehen, wenn er Urlaub hier machte. Die drei jetzt so glücklich auf diesem Foto zusehen, lässt mich die schweren Zeiten vergessen und dass habe ich auch dir zu verdanken.“ Hikari hatte die ganze Zeit aufmerksam zu gehört. Sie musste lächeln, als sie hörte, das Takeru ein kleiner Trotzkopf gewesen war. Auch passte diese Erzählung zu dem Verhalten der Geschwister untereinander. Yamato, Takeru und Louisa waren in Tokio zu einer Einheit geworden. Die drei würden immer für einander einstehen. Genauso wie Taichi und sie. „Die Bilder sind einmalig. Du hast ein gutes Auge, für die Details.“ „Danke schön, aber wie du weißt, bin ich Fotografin.“ Sie trank den letzten Schluck ihrer Schokolade. „Das weiß ich und so wie ich gehört und es auch an diesen Fotos gesehen habe, bist du eine sehr gute Fotografin.“ So nach und nach kam Leben in die Wohnung der Takaishis/Boulanger. Schließlich saßen alle am Frühstückstisch und unterhielten sich. Hikari trank grade einen Schluck ihrer zweiten heißen Schokolade, als ihr übel wurde. Besorgt sah Takeru sie an, schließlich kam ihm ihrer Erklärung – dass sie wohl zu viel Schokolade zu sich genommen hatte - einleuchtend vor. Noch nie hatte er sie so viel von dieser Nascherei essen und trinken sehen. Diesen Umstand schob er auf den ganzen Stress, den sie in der letzten Zeit ausgesetzt war. Mittlerweile war es elf Uhr, als Hikari und Takeru in Giverny angekommen waren. Schon jetzt kam sie aus dem Staunen nicht mehr heraus. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)