Tatsächlich schwul von Maginisha ================================================================================ Kapitel 15: Nackte Tatsachen ---------------------------- Nick starrte den Bildschirm seines Handys an. Darauf befand sich ungefähr die zehnte Nachricht, die er im Laufe des Tages verfasst hatte. Und die er nie abgeschickt hatte. Von „Hallo, wie läuft's?“ über „Ich würde dich gerne irgendwann wiedersehen“ bis „Kommst du heute Abend vorbei?“ war alles dabei gewesen. Besonders bei der letzten war ihm gerade noch rechtzeitig eingefallen, dass er ja zum Tanzen musste. Was vielleicht nicht das Schlechteste war, weil er dann immerhin nicht mehr wie der berühmte Tiger im Käfig durch seine Wohnung laufen würde. Er verstand es einfach nicht. Warum hatte Javier ihn geküsst? Und warum hatte es ihm gefallen? Sehr. Er war doch definitiv nicht schwul. Eigentlich nicht mal bi, wenn er die Definition davon, die er im Internet gegoogelt hatte, richtig verstand. Er fand Männer nicht attraktiv, hatte noch nie bemerkt, was der Typ an der Gemüsetheke doch für schöne Augen oder was für einen knackigen Hintern er hatte, obwohl er das bei Frauen durchaus sah. Aber er kriegte Herzflattern, wenn er daran dachte, Javier noch mal zu küssen. Es war einfach verrückt. Außerdem war da noch etwas. Er und Javier hatten, wenn man so wollte, eine Vorgeschichte. Er hatte Javier weggestoßen, als sich dieser ihm genähert hatte. Konnten sie das einfach so vergessen? Was, wenn er wieder Panik bekam? Er wollte Javier nicht noch einmal so verletzen. Und er wollte selbst nicht verletzt werden. Was, wenn es doch nur etwas rein körperliches war? Wenn er eben doch nur notgeil war und sein zwangsabstinentes Gehirn aus Javiers Annäherungsversuchen auf irgendeine verquere Art mehr machte, als da eigentlich war. Der Gedanke gefiel Nick nicht. So verharrte er gefangen zwischen den zwei Möglichkeiten, ohne eine Entscheidung dafür oder dagegen treffen zu können. Am liebsten hätte er sich einfach zurückgelehnt und gewartet, ob Javier sich meldete, aber das ging nicht. Denn Javier hatte ihm nur seine Nummer gegeben, nicht umgekehrt. Es lag also vollkommen in Nicks Hand, was weiter geschah. Es machte ihn wahnsinnig.   Sein Blick glitt zur Uhr. Er musste los, wenn er noch rechtzeitig an der Tanzschule ankommen wollte. Vielleicht würde ihn das Tanzen ja ablenken.     „Hi, ich bin Nick“, begrüßte er die junge Tanzschülerin. Sie hatte kurze, dunkle Locken und trug eine Jeans mit Schlag, unter der ihre Tanzschuhe mit den angerauten Sohlen fast vollkommen verschwanden. Aber sie hatte welche und das war die Hauptsache. Das Mädchen, mit dem er vorher getanzt hatte, hatte nur normale Pumps getragen, und obwohl Carola durchaus großzügig mit dem Wachs gewesen war, das das Parkett griffiger machte, war ihm das Mädchen bei den schwungvolleren Drehungen regelmäßig fast aus den Händen geglitten. Sie hatte sich dann an ihm festgeklammert und hatte die Haare lachend in den Nacken geworfen und irgendwann war Nick das Gefühl nicht mehr losgeworden, dass sie das mit Absicht machte. Er erinnerte sich noch sehr deutlich an das Getuschel, das unter den Mädchen ausgebrochen war, als er den Saal betreten hatte. Dabei hatte er sich nicht einmal besonders herausgeputzt. Die wenigen, anwesenden Jungen hingegen hatten ihn misstrauisch angestarrt wie eine Rotte Straßenhunde, wenn ein Neuer in ihr Revier kam. Wahrscheinlich konnte er froh sein, dass keiner von ihnen gegen einen der Pfeiler des Tanzsaals gepinkelt hatte. Er hatte überlegt, ob er einfach mal einem der Jungs zuzwinkern sollte, aber vermutlich hätte das alles nur noch schlimmer gemacht. „Ich bin Julia“, sagte Nicks neue Tanzpartnerin und lächelte ihn an. Auf ihren Zähnen blitzte eine silberne Zahnspange. Carola klatschte in die Hände. „Also meine Lieben, Nick und ich haben euch ja gerade noch mal die Schritte gezeigt. Der nächste Tanz ist ein Foxtrott. Achtet auf eure Tanzhaltung, Kopf nach oben und Rücken gerade. Los geht’s.“ Die Musik begann und die karibisch anmutenden Klänge des Liedes, das mal als Bacardi-Werbung begonnen hatte, schwebten durch den Raum. Julia machte ein murrendes Geräusch. „Erst Foxtrott und dann noch so ne olle Kamelle.“ Sie seufzte. „Aber ich kann wohl nicht meckern. Ohne eigenen Herrn muss man hier ja nehmen, was man kriegen kann.“ Sie sah zu Nick hoch. „Ist nichts gegen dich, aber ich mag Foxtrott nicht besonders.“ Er lächelte. „Foxtrott wird erst später interessant, wenn mehr Figuren und Drehungen dazukommen. In den ersten beiden Kursen macht man ja nicht viel mehr als den Grundschritt.“ „Ha, wenn ich überhaupt noch weiter tanzen gehe. Ich war mit meinem Freund im ersten Kurs, aber seit wir Schluss gemacht haben, kommt er natürlich nicht mehr. Und nun hocke ich hier die Hälfte der Stunde auf der Bank und muss zugucken.“ Nick hatte tatsächlich ein bisschen Mitleid mit Julia. Tanzen zu wollen, aber nicht zu können, war mit das Schlimmste, was er sich vorstellen konnte. Er bemühte sich, auch den langsamen Foxtrott einigermaßen interessant zu gestalten und musste feststellen, dass sich Julia wirklich nicht dumm dabei anstellte. Als er sie einfach mal in eine Unterarmdrehung schickte, die sie eigentlich noch gar nicht durchgenommen hatte, waren ihre Schritte zwar nicht sauber, aber sie befand sich am Ende wieder in der Position, in der Nick sie haben wollte, sodass sie ohne Unterbrechung weiter tanzen konnten. „Das war gut“, lobte er. „Du machst das prima.“ Sie versuchte, sich nicht allzu sehr zu freuen, konnte sich aber ein Grinsen nicht so ganz verkneifen. „Danke. Wenn man den richtigen Partner hat, kann man wohl alles tanzen. Mein Ex hat ja immer nur die Grundformen gemacht und überhaupt nicht geführt. Du bist viel besser.“ Nick blieb stehen und sah sie an. „Was hast du gerade gesagt?“ Julias Wangen begannen sich leicht zu röten. „I-ich hab gesagt, dass du viel besser führst.“ „Das meine ich nicht. Was hast du davor gesagt?“ „Ich weiß nicht mehr.“ Aber Nick wusste es noch. Wenn man den richtigen Partner hat, kann man alles tanzen. Vielleicht war das auch die Lösung für sein Problem mit Javier. Im Grunde genommen war es doch vollkommen egal, ob Javier nun ein Mann, eine Frau oder irgendetwas anderes war. Die Hauptsache war doch, dass sie einen Weg fanden, wie sie zusammen tanzen konnten. Zwar wusste er nicht so recht, wie das praktisch funktionieren sollte und wer wohl der Führende sein würde, aber auch das ließ sich sicherlich rauskriegen. Er wollte es auf jeden Fall probieren, auch wenn es am Anfang vielleicht ein paar gequetschte Zehen gab. Er hoffte nur, dass es Javier ebenso ging. Die Musik verstummte und Nick sah zu Julia, die immer noch einen leichten Rotschimmer im Gesicht hatte und sich offensichtlich fragte, was sie falsch gemacht hatte. Nick schob die Mundwinkel nach oben. „Du tanzt wirklich gut. Ich werde mal mit Carola sprechen, ob wir nicht einen festen Gastherren für dich finden können. Für den Rest der Stunde stelle ich mich auf jeden Fall gern zur Verfügung.“ Der Rotstich auf Julias Wangen wurde wieder tiefer. „Ach echt? Das ist toll!“ Sie nahmen Aufstellung zu dem langsamen Walzer, den Carola auflegte. Und während Curtis Stigers sich wunderte, warum er immer noch an seiner unglücklichen Beziehung festhielt, formulierte Nick in Gedanken die Dinge, die er Javier sagen wollte, wenn er ihn nachher anrief.     Was sich in der Tanzstunde noch ganz einfach angehört hatte, ließ jetzt, da er wieder zu Hause war, Nicks Finger zittern. Er atmete noch einmal tief durch und drückte endlich auf den grünen Hörer. Es klingelte und schon beim zweiten Klingeln nahm jemand ab. „Ja?“ Es war Javier. Nick schüttelte innerlich den Kopf über sich. Wer sollte denn auch sonst rangehen? „Ich bin's. Nick.“ „Hi.“ Javiers Stimme war bei diesem einen Wort so warm und voller Freude, das Nick den Mut fasste weiterzureden. „Ich wollte mich eigentlich schon früher melden, aber ich wusste nicht so recht, was ich sagen sollte. Du hast mich heute Morgen ziemlich überrascht.“ „Ja … ich ...“ Javier verstummte. Im Hintergrund waren Stimmen zu hören. Nick fragte sich, wo er wohl war. „Tut mir leid, dass ich so mit der Tür ins Haus gefallen bin“, fuhr Javier endlich fort. „Ich hätte dich vorher fragen sollen, ob es okay ist. Ich … ich weiß ja, dass du nicht …“ „Nein, nein, das ist es nicht“, unterbrach Nick ihn schnell. „Ich wollte dir eigentlich sagen, dass ich es … schön fand. Ich bin froh, dass du's gemacht hast.“ Er machte eine kurze Pause. „Ich hab nur nicht so ganz verstanden, warum du es gemacht hast.“ Er biss sich auf die Lippen. Würde Javier auf die implizierte Frage antworten? Er hörte ihn am anderen Ende leise auflachen. „Ist das nicht offensichtlich?“ „Nein.“ Javier atmete hörbar aus. „Ich muss es wirklich sagen, oder?“, fragte er. „Was?“ „Dass ich mich in dich verknallt habe.“ Die Schmetterlinge in Nicks Bauch flogen alle auf einmal auf und veranstalteten einen spontanen Tango-Wettbewerb. „Ich … ich mich vielleicht auch ein bisschen in dich.“ Oh Gott, hatte er das jetzt gerade wirklich gesagt? „Glaube ich. Ich weiß es nicht. Es ist … ungewohnt.“ „Weil ich ein Kerl bin?“ „Nein … ja. Auch. Aber in erster Linie deswegen, weil ich so lange nicht mehr … du weißt schon.“ Jetzt grinste Javier. Nick konnte es förmlich durchs Telefon sehen. „Ich würde mich gerne zum Üben zur Verfügung stellen.“ Nicks Herz begann schneller zu schlagen. „Ja, das … wäre toll. Wollen wir … uns morgen treffen?“ „Ich hatte eigentlich gehofft, dass ich jetzt gleich noch vorbeikommen kann.“ Nick zwinkerte ein paar Mal, bevor er weitersprach. „Jetzt gleich? Wo bist du denn?“ „Ich sitze in dem Döner am Markt rum und kann bald keine türkische Dudelmusik mehr hören. Außerdem rieche ich wie eine ganze Imbissbude. Aber vielleicht kannst du heute ja mal darüber hinwegsehen?“ Nick musste gegen seinen Willen lachen. „Ja, ich glaube, das schaffe ich. Also los, schwing deinen Hintern hierher.“ „Was immer du sagst, Baby.“ Es folgte eine kurze Stille und dann erklang der Ton, der verkündete, dass das Gespräch unterbrochen worden war. Nicks Schmetterlinge hatten inzwischen mit Rock 'n' Roll angefangen und ließen sich auch durch sein gezielt ruhiges Ein- und Ausatmen nicht davon abbringen, seinen Körper in nervöse Vorfreude zu versetzen. Er kommt her, hallte es durch Nicks Kopf. Er kommt wirklich her. Und wir werden … Ja, was würden sie tun? Sich Küssen? Mehr? Wollte er das? Konnte er das? Sein Körper war sich da ziemlich sicher, aber sein Kopf wollte sich gerne absichern und einen Plan zurechtlegen. Die beiden zerrten und stritten sich, bis Nick überhaupt keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte.   Als es plötzlich klopfte, schrak er zusammen. Mit zwei Schritten war er an der Tür und öffnete. Draußen stand Javier und war leicht außer Atem. „Ich bin irgendwie nicht so gut in Form, wie ich dachte.“ Nick musste grinsen. „Komm rein. Ich … ich hab auf dich gewartet.“ Javier betrat die Wohnung und zog sich Schuhe und Jacke aus, während Nick die Tür schloss. Er überlegte noch, wie es jetzt weitergehen sollte, als Javier schon nach seiner Hand griff. „Ich bin froh, dass du angerufen hast“, sagte er und trat näher an Nick heran. „Ich hab den ganzen Tag an dich denken müssen.“ „Tut mir leid, ich … ich wusste nicht so recht, was ich will.“ „Und jetzt weißt du es?“ Javiers dunkle Augen sahen direkt in Nicks und er fühlte, wie sein Herz anfing, schneller zu schlagen. „Ich glaube, ich würde dich gerne noch mal küssen.“ „Und warum tust du es dann nicht?“ Javier musste den Kopf ein wenig heben, um ihn anzusehen. Nick blickte auf seine Lippen, die sich direkt vor ihm befanden. Jetzt war er also da, der Moment, den er sich seit heute Morgen schon zigmal vorgestellt hatte. Ganz ruhig, du bekommst das hin. Es ist nur ein Kuss, versuchte er seinen Kopf zu beruhigen. Aber er wusste, dass es nicht nur das war. Es war mehr als nur ein einfacher Kuss. Es war ein Schritt in ein unbekanntes Land und für einen Augenblick sah er den ersten Mann auf dem Mond vor sich. Aber dann gab er sich einen mentalen Schlag gegen den Hinterkopf und sagte sich selbst, dass es so schlimm nun auch nicht wäre. Die Welt würde sich weiterdrehen, ob er Javier nun küsste oder nicht. Also konnte er es doch auch einfach tun, oder?   Nick trat noch ein Stück näher, schloss die Augen und lehnte sich nach vorn. Ihre Lippen trafen sich und er spürte, wie sich Javiers Arme um seine Taille legten. Er erwiderte die Umarmung und konzentrierte sich dann wieder auf den Kuss. Er war leicht und fühlte sich gut an. Ein vorsichtiges Herantasten, ein zartes Streichen von gleichartigen und doch so unterschiedlichen Körperteilen. Er löste die erste Berührung und initiierte gleich eine zweite; fing an, seine Lippen zu bewegen und registrierte, wie Javier ebenso darauf reagierte. Er öffnete den Mund, erhöhte den Druck ein wenig. Javiers Hand strich über seinen Rücken und ihre Körper schmolzen gegeneinander. Die Berührung sandte eine warme Welle durch Nicks Körper. Er ließ seine Hand ebenfalls über Javiers Rückseite wandern. Erst nach oben und dann langsam tiefer. Ein Kribbeln mischte sich unter die Wärme und sandte Impulse durch seinen Körper, die an gewissen Stellen Reaktionen auslösten, mit denen er so noch nicht gerechnet hatte. Er unterbrach den Kuss. Javier leckte sich über die Lippen. „Gar nicht schlecht für den Anfang. Du bist ein ziemlich guter Küsser.“ Nick wollte etwas erwidern, aber Javier verschloss seinen Mund bereits wieder mit einem weiteren Kuss. Auch seine Hand bewegte sich jetzt in Richtung von Nicks Hintern. Er zog Nick noch näher an sich und Nick musste sich beherrschen, um nicht aufzukeuchen, als das auch den Druck an seiner Vorderseite erhöhte. Sein Körper pulsierte unter den Empfindungen, die von seinen Lenden ausgesandt wurden. Er beschloss, dass er noch mehr Küsse brauchte, um sich abzulenken. Ohne lange darüber nachzudenken, öffnete er den Mund und ließ seine Zungenspitze herausgleiten. Javier antwortete darauf mit einem leisen, zufriedenen Seufzen, bevor er ebenfalls seine Zunge ins Spiel brachte. Immer noch mehr Lippen als Zunge wurde der Kuss intensiver, schneller, der Rhythmus änderte sich und Nick merkte, dass sich nicht nur seine Atmung beschleunigte. Sein Herz hämmerte gegen seinen Brustkorb und er musste sich beherrschen, um Javier nicht noch fester an sich zu pressen. Dieser Vorsatz wurde vollkommen über den Haufen geworfen, als der anfing sich zu bewegen. Javier seufzte noch einmal, diesmal lauter, und drückte sein Becken gegen Nicks Unterkörper. Nick konnte nicht anders, er musste die Geste erwidern. Es war wie beim Tanzen. Bewegung und Gegenbewegung, doch statt sich voneinander zu entfernen, pressten sie sich nur noch enger aneinander. Und wie beim Tanzen übernahm Nick automatisch die Führung.   Es fühlte sich so gut an. So richtig. Sein Körper erinnerte sich daran, wie es war, nicht allein zu sein. Schüttete die ganze, zu lange zurückgehaltene Leidenschaft über ihm aus und jagte die gesammelten Vorräte an Endorphinen durch das System. Aber es war noch nicht genug. Zu wenig Druck, zu wenig Reibung an den notwendigen Stellen. Nick griff fester zu und begann, Javier durch den Raum zu dirigieren. Er brauchte einen Widerstand; etwas, gegen das er ihn stützen konnte. Etwas, dass ihm mehr von dem geben konnte, wonach sein Körper mit zunehmendem Brüllen verlangte. Der Küchentisch. Perfekt. Ohne Umschweife schob er Javier dagegen und erntete ein unterdrücktes Stöhnen, als ihre Körper stärker als zuvor aufeinander prallten. Javier schob seinen Oberschenkel zwischen Nicks Beine und endlich, endlich entstand die Art Berührung, die Nicks Libido so nachdrücklich verlangte.   Er öffnete vollkommen den Mund und schob seine Zunge zwischen Javiers Lippen. Feuchte, gleitende Wärme empfing ihn und er musste unwillkürlich daran denken, wie es sich angefühlt hatte, als nicht seine Zunge sondern ein ganz anderer Körperteil zwischen diesen Lippen gelegen hatte. Er spürte, wie auch dieser Teil von ihm bei der Erinnerung freudig zuckte. Erregung flutete seine Venen und er begann, seine Hände über Javiers Körper wandern zu lassen, der so anders war als das, was er vor langer Zeit einmal gekannt hatte. Flach, drahtig und vor allem hart an einer Stelle, an der er nachgiebige Weichheit gewöhnt war. Er drückte noch einmal sein Becken dagegen und erntete dieses Mal ein Stöhnen, das den Kuss unterbrach.   „Dios mío!“, murmelte Javier, gefolgt von einem weiteren Satz auf Spanisch, von dem Nick lediglich verstand, dass ein Pferd darin vorkam. Er nahm ein wenig Abstand und sah Javier fragend an. „Was hast du gerade gesagt?“ „Das willst du nicht wissen.“ „Doch will ich.“ Javiers senkte den Blick. „Ich habe gesagt, dass dich zu küssen ist, als würde man von einem gut bestückten Hengst geritten werden.“ Nick runzelte die Stirn. „Du meinst, wie auf einem … äh … Hengst zu reiten.“ Ein schelmisches Grinsen umspielte Javiers Lippen. „Nein, ich meinte, was ich gesagt habe.“ Er hob den Kopf und sah Nick an. „Das wäre jetzt vielleicht der Zeitpunkt, dir zu sagen dass du bei der Rolle bleiben kannst, die du gewohnt bist, wenn wir … irgendwann weitergehen sollten. Ich übernehme zwar auch mal den aktiven Part, aber eigentlich lasse ich mich lieber ...“ Er grinste. „Na du weißt schon.“ Nick spürte, wie er puterrot anlief. So weit hatte er überhaupt noch nicht gedacht. Was, wenn er etwas falsch machte? Er wusste zwar theoretisch Bescheid, aber er hatte so was noch nie gemacht. Unwillkürlich zog er sich ein wenig von Javier zurück. „Nur kein Stress.“ Javier fuhr ihm mit den Fingern durch die Haare und begann seinen Nacken zu kraulen. „Ich hab nur die Erfahrung gemacht, dass man das besser rechtzeitig klärt. Nicht dass man nachher mit zwei Schlüsseln aber ohne Schloss dasteht. Das verpflichtet dich zu gar nichts.“ Die beruhigenden Worte und die sanfte Berührung brachten Nick dazu, sich langsam wieder zu entspannen. Javier küsste ihn auf die Nasenspitze. „Du musst das auch mal von der positiven Seite sehen.“ Er wies mit dem Zeigefinger auf seine eigene Brust. „Das hier ist ein Körper, bei dem du genau weißt, wo alles ist und wie es funktioniert. Kann also nur gut werden.“ Nick lachte und zog Javier an sich. Der begann, seinen Hals entlang zu küssen. „Natürlich ist meiner größer“, murmelte er, „aber deswegen musst du dich nicht schämen.“ „Was?“ Nick glaubte sich verhört zu haben. „Klar ist meiner größer“, sagte Javier und biss ihm ins Ohrläppchen. Sein Atem strich warm über Nicks Ohrmuschel und sandte einen Schauer über seinen Rücken. „Wenn du mir nicht glaubst, können wir sie ja mal aneinander halten.“   Die Leidenschaft, die durch das kleine Intermezzo gerade etwas abgekühlt war, flammte mit voller Wucht wieder auf. Javier wollte … er wollte … Nicks Kopf weigerte sich, so weit zu denken. Sein Körper hingegen war von der Vorstellung von einem Mehr an nackter Haut sehr begeistert und zeigte das deutlich. Javier bewegte seine Hüfte ein wenig an Nicks pulsierender Erektion. „Darf ich das als Ja verstehen?“ Er strich über Nicks Brust. Seine Finger begannen mit einem der Hemdknöpfe zu spielen. „Ich würde dich gerne mal ohne all das hier erleben.“ Als Nick protestieren wollte, grinste er. „Den wichtigen Teil habe ich ja eh schon gesehen. Also kann der Rest doch eigentlich nicht so schwer sein, oder?“ Er sah Nick von unten herauf an. „Ich würde auch anfangen.“ Javier. Nackt. Und er durfte zusehen. Nicks Gehirn hörte auf, irgendwelche Einwürfe machen zu wollen, und gab die Kontrolle an andere Regionen des Körpers ab. Sein Mund wurde trocken und er war nur noch dazu imstande, einen winzigen Millimeter weit zu nicken. Javier lächelte leicht, schob Nick von sich und griff gleichzeitig nach seiner Hand. Vollkommen willenlos folgte Nick ihm ins Schlafzimmer. Als sie die Tür erreichten, ließ Javier seine Hand los und ging noch ein paar Schritte in den Raum. Seine Lippen waren geschwollen und etwas gerötet, seine Augen weit und dunkel. Er öffnete leicht den Mund, als er begann, seine Hände über seinen Körper nach unten gleiten zu lassen. Nick konnte seinen Blick nicht abwenden, als die schlanken Finger den Hosenbund erreichten und langsam begannen, Schritt für Schritt, die helle Jeans aufzuknöpfen. Als Javier seine Hand in den geöffneten Schritt schob, entwich Nick ein leises Keuchen. „Oh fuck“, flüsterte er und bemerkte gerade noch rechtzeitig, wie seine eigene Hand sich ebenfalls in Richtung seiner pochenden Härte bewegte. Javier grinste unglaublich frech. „Heute noch nicht.“ Er zog sich das Shirt über den Kopf und ließ es achtlos zu Boden fallen. „Aber ich hatte dir nackte Tatsachen versprochen und ich bin nicht besonders gut im Strippen.“ Im nächsten Moment hakte er die Finger in den Bund seiner Jeans und der darunter liegenden Shorts und schob beides in einer einzigen Bewegung nach unten. Er verharrte kurz, um dem Kleiderbündel auch noch die Socken hinzuzufügen, bevor er sich wieder aufrichtete und vollkommen nackt vor Nick stand. Kein bisschen verlegen trat er von seinen Sachen zurück und sah Nick an. Der kämpfte gerade damit, nicht zu starren. Es half jedoch nichts, er tat es trotzdem und zwar auf den Teil der Körpermitte, der sich ihm aufrecht entgegenstreckte. Javier verlagerte sein Gewicht auf ein Bein. „Und? Gefällt dir, was du siehst?“ Nick nickte und schluckte. „Ja … ich … ich hab nur irgendwie nicht damit gerechnet, dass du … rasiert bist.“ Ein Lachen antwortete ihm. „Das ist das Erste, was dir auffällt?“ Nick wusste nicht, was er darauf antworten sollte. Und jetzt, wo Javier langsam und mit wiegenden Hüften auf ihn zukam, war da plötzlich wieder die alte Angst. Er wusste, dass Javier gesagt hatte, dass sie heute nichts miteinander anstellen würden, aber was war, wenn sie erst nackt zusammen im Bett lagen? Wenn Javier dann doch mehr wollte? Wenn Nick es nicht hinbekam? Er begann, schneller zu atmen. Javier legte den Kopf schief und trat noch ein Stück auf ihn zu. „Ist alles in Ordnung? Du guckst so komisch.“ Nick spürte, wie sich seine Erregung verflüchtigte. Beschämt wollte er sich abwenden, aber Javier hielt ihn fest und lehnte sich, nackt wie er war, an ihn. Nick wartete darauf, dass er etwas sagte, aber er war einfach nur da, hielt Nick im Arm, den Kopf an seiner Schulter, und lauschte Nicks hämmerndem Herzschlag. Nach einigen Augenblicken wagte Nick, sich wieder zu rühren. Er legte die Arme um Javier und streichelte leicht über seinen unteren Rücken. „Tut mir leid“, sagte er, aber Javier schüttelte nur den Kopf. „Muss es nicht.“ Er hob das Kinn und sah Nick an. „Das hier war schon mehr, als ich mir eigentlich erhofft hatte.“ Er überlegte kurz und meinte dann: „Aber ein bisschen blöd komme ich mir jetzt schon vor. Ich glaube, ich zieh mir mal wieder was an.“ „Das wäre schade“, sagte Nick und ließ seine Hand ein ganz kleines Stück tiefer wandern. „Es hat mir nämlich gefallen, was ich gesehen habe.“ Javier grinste. „Kann alles dir gehören, wenn du es willst.“ Nick überlegte kurz, bevor er Javier sanft küsste. „Ich kann mir nichts Besseres vorstellen.“   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)