Augen wie Bernstein von Eshek (Der Neuanfang) ================================================================================ Kapitel 14: In den Klauen der Bestie ------------------------------------ Kapitel 14 - In den Klauen der Bestie Er stöhnte und hielt sich den Kopf. Langsam rappelte er sich auf, stützte sich mit den Händen auf dem feuchten kalten Boden ab und kämpfte gegen die Übelkeit an, die ihn bei der Bewegung überfiel. Schwer atmet kniff er die Augen zusammen, versuchte den Schwindel zu ignorieren und blieb so eine Weile lang sitzen. Was war passiert? Er versuchte verzweifelt, sich zu erinnern. Irgendwann legte sich der Schwindel und seine Gedanken wurden klarer. Da waren Schreie gewesen. Ein Kamp! schoss es ihm durch den Kopf. Er erinnerte sich an die Lichtblitze und aufgeregte Rufe. Man hatte sie angegriffen, aber wer? Wer? Er grub tiefer in seinen Gedanken. Da waren Amber und Severus, Seite an Seite mit Lucius. Er war zu ihnen gelaufen, hatte sich ihrem Kampf angeschlossen. Dann erinnerte er sich an kalte blaue Augen und eine vor Hohn triefende Stimme. Dumbledore. Harry riss die Augen auf. Man hatte ihn überwältigt und dann hatte er den Sog des Apparierens gespürt. Sie waren irgendwo gelandet. Wo wusste er nicht, nur, dass es kalt war. Dann hatte ihn etwas am Kopf getroffen und dann war da nur noch Schwärze. Er schluchzte trocken. Man hatte ihn entführt. Er sah sich etwas in der Zelle um, in die man ihn gesteckt hatte. Es war absolut dunkel und nur dank seiner Werwolfsmagie konnte er überhaupt etwas erkennen. Die Zelle war winzig. Der Boden und die Wände bestanden aus grob gehauenen Steinen. In einer Ecke lag ein dreckiger Lumpen, mehr Loch, als Stoff. Die Türe erinnerte ihn an die Fotos aus einem Schloss, das er einmal gesehen hatte. Sie war massiv, aus Holz und mit schweren Eisenbeschlägen. Er hörte etwas tropfen und sah sich um. An der Wand gegenüber der Türe war in großer Höhe ein winziges mit Gittern versehenes Fenster zu erkennen. Regen tropfte hinein. Draußen war es dunkel. Nicht einmal Sterne waren zu sehen. Stöhnend rappelte er sich auf und wankte zu dem Loch in der Mauer. Es war zu weit oben. Er hatte keine Chance, hinaus zu sehen und in der Zelle gab es nichts, wo er hätte raufklettern können. Verzweifelt wandte er sich wieder ab, ließ sich neben dem Lumpen, den er zuvor entdeckt hatte auf den Boden sinken und zog die Knie an die Brust. Ihm war kalt, trotz der Wärme, die ein Werwolf normalerweise ausstrahlte. Ihm kam der Gedanke, dass ein Zauber auf der Zelle lag, damit er fror. Nach einer gefühlten Ewigkeit, hörte er schließlich Geräusche von der anderen Seite der Tür. Eine kleine Klappe wurde geöffnet und jemand schob etwas hinein. Er konnte erkennen, dass es eine Schale war. Dann ging die Klappe wieder zu und die Stimmen entfernten sich. Misstrauisch beäugte er die Schale, ehe er näher kroch und sie in die Hand nahm, daran roch und sie dann angewiedert wieder von sich weg schob. Er rutschte zurück in seine Ecke, griff nach dem Lumpen und legte ihn sich um die nackten Schultern. Er zitterte und einzelne Tränen rannen über seine Wangen. Er dachte an Fenrir und tiefe Trauer überwältigte ihn. Wusste sein Gefährte bereits, dass er fort war? Seit seinem Erwachen waren nun bereits sechzehn Tage vergangen. Er hatte sie gezählt und mit einem Stein kleine Striche an die Wand gemalt. Er hatte in der ganzen Zeit keine Menschenseele gesehen. Niemand hatte mit ihm gesprochen. Sein einziger Kontakt zu anderen Lebewesen war der Moment, wenn Jemand die Klappe öffnete, Essen hinein schob und es dann später wieder holte. Einige Male hatte er versucht, den Unbekannten anzusprechen, aber nie bekam er auch nur eine Antwort. Die ersten zwei Tage hatte er das Essen nicht angerührt, dann hatte die Sorge um sein Kind ihn überwältigt und er hatte begonnen, zu essen. Es war wiederlich, aber nicht verdorben, wie er zu erst gedacht hatte. Das Wasser schmeckte muffig, war aber nicht verseucht. Er spürte, dass der nächste Vollmond nicht weit entfernt war. Das Wesen in seinem Inneren wurde langsam unruhig. Dann war es so weit. Der Vollmond schien in die kleine Zelle und das erste mal seit seiner Verwandlung zum Werwolf, hatte Harry Schmerzen bei der Umwandlung. Er sträubte sich zu sehr dagegen. Es kam ihm nicht richtig vor. Er wollte durch den Wald rennen und mit anderen Wölfen zusammen sein. Stattdessen saß er hier in dieser muffigen engen Zelle fest und heulte. Dann einige Tage nach dem Vollmond ging die Tür zu seinem Gefängnis das erste Mal komplett auf. Harry blinzelte gegen das helle Licht, dass nun auf ihn fiel und versuchte sich mit seinen Händen davor abzuschirmen. Grobe Hände packten seine Arme und zogen ihn hoch. Er hatte sich die zerlumpfte Decke um die Hüfte gebunden, da seine Hose bei der letzten Umwandlung zerrissen war. Er hatte nicht daran gedacht, sie vorher auszuziehen. Die Männer, die ihn mehr trugen, als hielten stapften mit ziemlich hohem Tempo durch die steinernen Gänge und schleiften ihn mit sich. Seine Beine fühlten sich taub an und sein Kopf schmerzte wegen der hellen Lichter, die die Zauberstäbe der Fremden an die Wände warfen. Er blinzelte mit tränenden Augen, als sie schließlich vor einer Türe stehen blieben, welche lautlos aufschwang. Die Männer traten ein, ihn in ihrer Mitte und stießen ihn dann unsanft auf den Boden. Er stöhnte, als er auf die Knie fiel und blieb so erst einmal eine Zeit lang sitzen. Der Raum war angenehm warm und es roch nicht schimmelig oder feucht, wie in seiner Zelle. Harry hob den Kopf und sah sich verstohlen um. Es musste doch eine Möglichkeit geben, zu entkommen. Da drüben. Da war ein großes Fenster. Wenn er es bis da hin schaffen würde, könnte er entkommen. Wie als hätten seine Entführer seine Gedanken gelesen, schob sich nun ein ziemlich grimmig dreinblickender Mann mit gezücktem Zauberstab vor das Fenster. Er fluchte innerlich. Dann überkam ihn eine Gänsehaut. „Mein Junge…“ sagte Dumbledore und Harry riss mit glühenden Augen den Kopf herum. Er durchbohrte den Alten mit seinen Blicken und biss die Zähne zusammen. Ein leises Knurren entkam seiner Kehle. „Aber, aber. Harry, mein Lieber.“ lächelte der Zauberer und setzte sich ihm gegenüber auf einen Bequemen Lehnstuhl. Von dieser erhöhten Position aus sah er abfällig auf Harry hinab. Dem Werwolf im Zimmer passte das nicht. Mühsam und mit wackeligen Beinen richtete er sich auf. Da stand er nun. Nackt, bis auf die löchrige Decke um seiner Hüfte und starrte sein Gegenüber hasserfüllt an. „Ich bin nicht ihr Junge.“ knurrte er bedrohlich und seine Augen leuchteten auf. Dumbledore schüttelte den Kopf. „Nein, das bist du nicht mehr. Du bist ein Monster. Abschaum, den man auf der Stelle ausrotten sollte.“ zischte Dumbledore nun eiskalt. Da war nichts mehr von der großväterlichen Masche, die er sonst so gerne an den Tag legte. Da, ihm gegenüber, saß eine Bestie. „Das Monster sind wohl eher Sie.“ grollte Harry und bleckte die Zähne. Ein Mann stieß ihm von hinten seine Schuhspitze in die Kniekehlen, so dass er wieder nach vorne stürzte. Er wollte sich gerade wieder erheben, da drückte Dumbledore ihm die Spitze seines Zauberstabes an die Kehle. Er atmete angespannt und fixierte den Alten, der ihn nur emotionslos ansah. „Ich denke, auf den Knien machst du dich am besten.“ spottete er nur und zog den Zauberstab zurück. „Wie ich gehört habe, hast du gegessen.“ spottete er nun. „Ich hätte geglaubt, ein Werwolf würde nicht so schnell schwach werden.“ Harry knurrte. Er hatte nichts essen wollen, aber er musste nunmal an sein Kind denken. „Ich hätte auch größere Lust gehabt, meine Zähne in ihre Kehle zu schlagen!“ brüllte Harry nun. Dumbledore nickte seinen Kumpanen zu und sie begannen mit Stöcken und Schuhen auf Harry einzuschlagen und einzutreten. Dann hob Dumbledore abrupt die Hand und die Hiebe hörten auf. Harry wurde eiskalt, als er das Funkeln in Dumbledores Augen sah. Er hatte sich um seinen Bauch zusammengekrümmt und anstatt seinen Kopf vor den Hieben zu schützen hatte er die Arme um seine mitte gelegt. Dumbledore hatte das anscheinend bemerkt. Ein zauber riss Harry in die Höhe. Er schwebte wenige Zoll über dem Boden und Dumbledore kam näher. Er drückte mit der Zauberstabspitze gegen Harrys Brust und wanderte dann tiefer. Nackte Panik überkam den Werwolf, als der Stab an seinem Bauch zum halten kam. Er brüllte auf und versuchte verzweifelt, sich zu wehren. Dann ließ Dumbledore ihn wieder runter. „Interessant.“ grinste der Alte und durchbohrte Harry mit seinen Blicken. „Sieht so aus, als hätten wir, ohne es zu ahnen, zwei Werwölfe gefangen.“ lachte er kalt und seine Leute sahen ihn fragend an. Er verdrehte vor so viel Dummheit die Augen. „Unser kleiner Freund hier ist anscheinend schwanger.“ Ein Mann sah Harry angewiedert an und eine Frau spuckte vor ihm aus. „Wiederwärtiges Pack.“ zischte sie. „Unnatürlich.“ spuckte ein anderer aus. Harry sah sie zornfunkelnd an und sie wichen zurück. Dann unterbrach Dumbledore die Anfeindungen. „Nana…seid höflich zu unserem Gast. Wir müssen uns jetzt gut um ihn kümmern.“ grinste er, ehe er sich erhob und direkt vor Harry stehen blieb. Er packte seinen Kiefer mit seinen knorrigen Händen und zwang ihn, ihn anzusehen. Wässriges Blau traf auf lodernden Bernstein. „Wer wohl der Daddy von dem kleinen Monster ist?“ fragte er, aber Harry biss die Zähne fest zusammen. Dumbledore griff in seine Haare und riss seinen Kopf nach hinten. Harry ging bei dem Ruck erneut in die Knie, gab aber keinen Mucks von sich. Dumbledore seufzte. „Dann werde ich wohl nachsehen müssen.“ zischte er und zielte mit dem Stab auf Harrys Kopf. „Legilimens.“ sagte er. Der alte Zauberer versuchte an der undurchdringlichen Mauer in Harrys Kopf vorbei zu kommen, aber vergeblich. Weder Harry noch Snape hatten Dumbledore je verraten, dass Harry ein Naturtalent in Okklumentik war. Es war ihm ein leichtes gewesen, alles von Snape zu lernen und so kam niemand mehr durch seinen geistigen Schutzwall. Dumbledore tobte. Mit vor Zorn weit aufgerissenen Augen stieß er nun seinen Zauberstab fest in Harrys Bauch, was den doch zum Stöhnen brachte und zischte: „Wenn du es mir nicht verrätst wird dein Bastard wohl bekanntschaft mit dem Cruziatus machen.“ brüllte er und Harrys Augen weiteten sich vor Panik. „Mein Lord.“ sagte nun einer der Männer und trat vor. „Was?“ fauchte Dumbledore und sah den Mann wütend an. Der Mann schluckte und deutete dann auf Harry. „Bei den letzten Angriffen ist aufgefallen, dass er immer in der Nähe von Fenrir Greyback war.“ sagte der Mann nun und Harry währen wohl die Züge entglitten, hätte er sich nicht so gut unter Kontrolle. Er lachte gespielt belustigt und sah den Mann abfällig an. Dumbledore war neugierig und packte wieder Harrys Haar, damit dieser ihn ansehen musste. „Nun? Ist es wahr? Ist das Sein Kind?“ fragte der Alte nun, aber Harry sah ihn nur spottend an. Dumbledore zischte und wollte wissen, was daran so lustig sei. Jetzt musste Harry gut pokern. Er setzte alles darauf, dass keiner in diesem Raum Ahnung von magischen Wesen hatte. Er hoffte, dass sie es in ihrer Abscheu gegenüber magischen Kraturen, als unter ihrer Würde betrachteten, sich näher mit diesen zu beschäftigen. „Sprich.“ fauchte Dumbledore und seine Augen quollen beinahe über. Harry sah ihn angewiedert an. Wie konnte er diesem Monster nur je vertrauen? „Greybacks Gefährte ist tot. Ihr selbst habt ihn getötet.“ spuckte Harry nun voller Hass aus. Dumbledore drückte mit seinem Stab fester in Harrys Bauch, um ihn dazu zu bringen, weiter zu reden. Harry schluckte. „Ein magisches Wesen hat nur einen Gefährten.“ presste er hervor. Das schien Dumbledore zum Nachdenken zu bringen. Harry hoffte, dass der Alte nun endlich seinen Zauberstab von seinem Bauch nehmen würde, aber seine Antwort schien ihm noch nicht zu reichen. „Na und? Er kann dich ja trotzdem ficken.“ spuckte der Alte angewiedert aus. Harry grinste nur höhnisch und nickte. „Das könnte er, aber nur Gefährten können Kinder Zeugen. Zumindest, wenn sie vom gleichen Geschlecht sind.“ sagte er und Dumbledore zog den Zauberstab endlich zurück. Harrys Arme legten sich sofort wieder schützend vor seinen Bauch. Dumbledore schien eine Weile lang zu überlegen, schließlich kam er wohl zu dem Schluss, dass ihm diese Informationen reichten und er setzte sich wieder in seinen Lehnstuhl. Er sah Harry einen Moment lang schweigend an, dann wandte er sich zu seinen Handlangern. „Bringt es in einem Zimmer unter und gebt ihm etwas besseres zu Essen. Es soll das Kind nicht verlieren.“ sagte er mehr zu sich selbst, als zu seinen Leuten. „Kann es nicht egal sein? Ein Werwolf weniger, den wir umbringen müssen.“ brüskierte sich die Frau und ging im nächsten Augenblick unter einem Cruziatus in die Knie. Dumbledore hielt den Zauber noch eine Weile lang aufrecht, ehe es ihm zu langweilig wurde und er den Zauberstab wegzog. Die Frau hockte keuchend und zitternd auf dem Boden und sah Harry so hasserfüllt an, als wäre es seine Schuld gewesen. „Stellt mich niemals in Frage.“ zischte der Alte. „Da ihr aber anscheinend wirklich dumm seid, erkläre ich euch, warum der Bastard leben muss.“ säuselte er, nun wieder ganz der Großvater. Harry starrte ihn aufmerksam an. Es war absolut klar, dass Dumbledore sein Kind nicht aus reiner Herzensgüte verschonte. Er musste einen Plan haben und das konnte nichts Gutes bedeuten. „Wenn das Monster auf der Welt ist, werde ich es aufziehen. Es wird mich lieben und an meiner Seite gegen die Werwölfe und all die anderen unreinen Kreaturen kämpfen.“ Er lachte offenbar sehr amüsiert. „Ein Werwolf, der gegen Werwölfe kämpft. Ist das nicht herrlich?“ er lachte nun schallend und Harrys Augen füllten sich mit Tränen. Er würde nicht zulassen, dass Dumbledore aus seinem Kind eine Waffe machte. Er fing an, den Alten anzubrüllen, wurde aber schon nach wenigen Worten mit einem Schweigezauber belegt und wieder raus geschleppt. Diesmal ging es nicht nach unten zu den Verliesen, sondern nach oben. Immer weiter wurde er gestoßen und gezerrt. Stufe für Stufe stieg er immer weiter hinauf und immer weiter weg von der Chance, durch ein Fenster zu entkommen. Am Ende einer Treppe befand sich eine einzelne Tür. Diese wurde nun aufgeschlossen und man stieß ihn grob hinein. Er taumelte und musste sich an einer Truhe festhalten, um nicht zu stürzen. Er drehte sich um und wollte gerade auf die Männer losgehen, da wurde die Türe vor ihm zugezogen und er hörte das schwere Schloss knacken. Brüllend hämmerte er gegen das schwere Holz. Immer und immer wieder hieb er gegen die Türe, aber außer, dass ihm seine Hand weh tat, geschah nichts. Niemand würde ihn hier raus lassen. Er war gefangen. Mit Tränen auf den Wangen schleppte er sich zum Fenster und ließ sich auf der Breiten Fensterbank nieder. Es gab keine Scheibe. Er könnte einfach springen. Die Arme ausbreiten und einfach fallen. Hinunter in die dunkle Leere unter seinem Fenster. Er schüttelte den Kopf und streichelte über seinen Bauch. Er konnte es nicht. Wäre es nur um sein Leben gegangen, hätte er gar nicht lange überlegt, aber er würde auch sein Kind töten und er würde Fenrir in tiefste Verzweiflung stürzen und das brachte er nicht über sich. Fenrir hatte endlich Glück verdient. Er hatte bereits einmal einen Gefährten und sein Kind verloren und Harry wusste, dass er das nicht noch einmal durchstehen würde. Er war sich nicht einmal sicher, ob er das selber auch nur ein Mal überlebt hätte. Gut, er war devot. Wenn Fenrir starb, würde er das nur sehr unwahrscheinlich überleben, aber auch ohne diese Bindung. Die Trauer um den Verlust…um den den doppelten Verlust, hätte ihn wenn nicht getötet, dann doch ganz sicher um den Verstand gebracht. Kraftlos ging er zu dem Bett, das neben der Truhe der einzige Gegenstand im Raum war und ließ sich darauf sinken. Er legte sich auf die Seite, zog die Beine an und sah aus dem großen Fenster hinaus in die dunkle Nacht. Er musste kämpfen. Er musste überleben. Für das Kind und für Fenrir. Im Rudel herrschte hektische Betriebsamkeit. Seit der Entführung und dem Angriff durch Dumbledore bereiteten sich die Werwölfe auf den Kampf vor. Jedem war klar, dass dies der letzte große Kampf werden könnte. Alles könnte sich entscheiden. Ihr Leben und ihre Freiheit hing davon ab, ob sie gewinnen oder verlieren. Fenrir hatte kaum geschlafen. Er ackerte wie ein Tier, rief die verbündeten Rudel zusammen und ließ Lucius alle Hexen und Zauberer holen, die auf ihrer Seite kämpfen würden. Die Armee, die sie bildeten, war ziemlich groß und es gab unter den Werwölfen viele mit magischen Fähigkeiten, die sich gut einsetzen ließen. Der Alpha saß im Vorraum des Versammlungshauses auf einer Bank und starrte in die Glut der Feuerstelle. Er hatte die Ellbogen auf die Knie gestützt und regte sich nun schon eine ganze Weile nicht mehr. Tief in seiner Sorge um Harry und das Kind versunken, bemerkte er nicht, wie die Türe geöffnet wurde und jemand eintrat. Erst, als sich die Gestalt zu ihm setzte riss ihn das aus seinen Gedanken. Mit aufblitzenden Augen wandte er den Kopf, aber als er erkannte, dass es Severus war ließ das Glühen nach. Der Tränkemeister beugte sich vor und warf noch einige Scheite auf die Glut, ehe er sich zurücklehnte und den Flammen zusah, die sich an dem trockenen Holz hochzogen und bald lebendig knisterten. Er selbst hatte fast genauso wenig geschlafen, wie Fenrir. Er machte sich schreckliche Sorgen um seinen ehemaligen Schüler und hatte mit Lucius´ Hilfe alle Besitztümer des Alten ausfindig gemacht. Das Problem war nur: Sie wussten nicht, in welchem der Häuser oder der alten Burgen sich ihre Feinde mit Harry verschanzt hatten. Am frühen Morgen hatten sie Kundschafter losgeschickt, die genau das herausfinden sollten. Die Werwölfe und Zauberer waren immer in Zweierteams unterwegs und beobachteten jetzt die Behausungen. Sobald sich etwas tat würden sie zurückkehren und ihnen Bericht erstatten. Er hatte Tränke gebraut und Harrys Job übernommen und die magisch begabten Werwölfe, zumindest die volljährigen, im Kämpfen unterrichtet. Sie konnten jeden Zauberstab gebrauchen. Jetzt waren sie an einem Punkt angekommen, an dem sie nichts anderes tun konnten, als zu warten. Warten, bis die Späher zurückkamen und ihnen sagten, wo Harry war. Es war zum verrückt werden. Sie hatten versucht, Harry mit Aufspürzaubern zu finden und Fenrir hatte versucht, Harry durch ihre Verbindung zu erreichen, aber Dumbledore musste mächtige Schutzschilde verwenden, denn bisher hatten sie nichts erreicht. Er sah Fenrir an. Der Alpha sah schlecht aus. Die sonst so breiten starken Schultern hingen kraftlos herab und unter seinen Augen hatten sich dunkle Ränder gebildet. Er selber sah bestimmt auch nicht viel besser aus. Er konnte nicht nachempfinden, wie Fenrir sich fühlte, aber er hatte eine Vorstellung von den Qualen. Lilly und er waren Menschen gewesen. Sie hatten keine magische Verbindung gehabt, aber er hatte sie mehr als alles Andere auf der Welt geliebt und wenn er an diesen Schmerz dachte, kam er Fenrir wohl ziemlich nahe. Das Haar des Werwolfes war verknotet und matt, wie zu der Zeit, bevor Harry in sein Leben getreten ist. Seit Harry da war hatte Fenrir sich häufiger gekämmt und er wusste von getuschelten Gesprächen, dass Harry wohl irgendwann dazu übergegangen war, Fenrirs Haar zu Bürsten, was dem Werwolf wohl ziemlich weh getan hatte, glaubte man den Berichten. Er wusste, Fenrir würde sich von Harry jedes Haar einzeln ausreißen lassen, wenn das bedeutete, dass der Jüngere wieder da war. Das Holz in der Feuerstelle knackte und Funken stoben empor, wie kleine goldene Schnatze. Er sah, wie das Licht der Flammen in Fenrirs Augen flackerte und er musste mehrmals blinzeln, aber das Bild veränderte sich nicht. Der Werwolf weinte. In Severus zog sich alles zusammen. Er war sich fast sicher, dass Fenrir seit Tobias´ Tod keine einzige Träne mehr vergossen hatte und schon gar nicht vor jemand Anderem. Er rührte sich nicht. Er wollte Fenrir in seiner Trauer nicht unterbrechen. Irgendwann räusperte sich der Alpha und wischte sich mit dem Ärmel die Tränen weg, ehe er den Kopf wandte und Severus wirklich ansah. Der Tränkemeister schluckte und erwiederte den Blick. Ihre Augen trafen sich und es brauchte nicht seine Fähigkeiten als Okklumentiker, um zu sehen, was hinter den Augen vor sich ging. „Wir finden ihn.“ sagte er schließlich und versuchte so viel Zuversicht in seine Worte zu legen, wie er konnte. Der Werwolf sah ihn hoffnungslos an. „Was..“ er räusperte sich erneut. „Was, wenn wir zu spät kommen?“ stellte Fenrir die Frage, die ihm schwer auf dem Herzen lastete. Der Zauberer schüttelte den Kopf. Er hatte diesen gedanken auch kurz gehabt, aber er ließ ihn nicht zu. „Er lebt.“ sagte er und wirkte wirklich sicher. Fenrir knurrte. „Woher willst du das wissen? Er könnte längst tot sein.“ grollte er. Seine Augen leuchteten aggressiv auf, aber Severus zuckte nicht einmal zusammen. Er kannte die Werwölfe und besonders Fenrir schon lange und wusste, dass diese Aggressivität ein Schutz war. „Ich kenne Harry schon sehr lange. Er lebt. Da bin ich mir sicher. Außerdem würdest du es doch spüren, oder nicht?.“ Fenrir zuckte die Schultern. Er spürte gar nichts. Das war es, was ihm solche Panik machte. Seit Harry fort war konnte er ihre Verbindung nicht mehr spüren. Der Alte musste mächtige Abwehzauber errichtet haben, um so eine starke Verbindung zu unterbrechen. Das teilte er dem Schwarzhaarigen auch mit und dieser sah ihn mitfühlend an. Severus war „nur“ ein Mensch, aber einer, der magische Wesen gut kannte und er wusste, wie wichtig diese Verbindung war. „Er lebt dennoch. Ich habe den Alten lange genug beobachtet. Er würde Harry nicht so einfach töten. Ich bin mir sicher, dass er versuchen wird, ihn zu benutzen. Lebendig nützt Harry ihm mehr, als tot.“ sagte er und Fenrir nickte, ehe er sich verkrampfte. „Und mein Kind?“ fragte er schließlich, mehr an sich selbst, als an Severus gerichtet und starrte erneut in die Flammen. Severus dachte eine Weile nach. „Wenn Dumbledore von dem Kind weiß, wird er versuchen, es für seine Pläne zu nutzen. Ich könnte mir vorstellen, dass er vorhat, das Kind zu einer Waffe zu formen, wie er es all die Jahre mit Harry getan hat.“ sagte er schließlich und blickte ebenfalls in die Flammen. Er bekam nur am Rande mit, wie Fenrir ihn überrascht ansah. Er wandte den Blick langsam wieder zu dem Werwolf und sie sahen einander erneut an. Fenrirs Augen bohrten sich fest in die Schwarzen des Tränkemeisters, ehe er sagte: „Du scheinst dir Sicher zu sein.“ Severus wandte den Blick nicht ab und nickte. „Ich BIN mir sicher.“ Fenrir nickte. Er klammerte sich an die Zuversicht des Zauberers, hoffte inständig, dass dieser Harry und Dumbledore wirklich so gut kannte, wie er behauptete und fühlte sich damit ein wenig besser. Er hatte bereits alle Hoffnung verloren, Harry jemals lebendig wiederzusehen, aber jetzt war da doch Hoffnung. Sie war nur ein winziger Funke, aber er wurde stetig größer. Er wusste, wie schmerzhaft es sein würde, wenn er die Hoffnung nährte und sie dann doch erlosch, aber es fühlte sich im Moment einfach so berauschend an, dass er nicht anders konnte, als darauf zu bauen. „Wir finden ihn.“ sagte er. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)