Loki: the fallen Prince - der gefallene Prinz von uk ================================================================================ Kapitel 32: Es tut mir so leid! ------------------------------- Loki hatte es endlich geschafft, Runya zum Schlafen zu bewegen. Sie hatte sich lange gesträubt, vor allem auch, weil sie nicht überzeugt gewesen war, dass wirklich niemand sie hier finden würde. Doch als Loki ihr klar gemacht hatte, wo sein Versteck lag, hatte sie endlich beruhigt eingewilligt, es mit dem Schlafen wenigstens zu versuchen. In der offenkundigen Annahme, dass es nichts bringen und sie kein Auge zutun würde. Doch nach nur zehn Minuten hörte Loki ihren ruhigen, gleichmässigen Atem. Leise schloss er die Tür zu dem kleinen Gemach, in dem sie lag. Die Prinzessin konnte wirklich beruhigt sein: Lokis Versteck lag in einer Zwischendimension. Niemand gelangte ohne seine Hilfe hierher und niemand kam ohne sein Zutun von hier fort. Die Dimension war nur über einen magischen Weg zu erreichen und die Fährte dazu hatte er nie jemandem verraten – noch nicht einmal Correleaus. Bis heute war denn ausser ihm selbst auch noch kein anderes Wesen je hier gewesen. Früher hatte sich Loki oft an diesen Ort zurück gezogen, wenn er Ruhe haben wollte vor Thor, Odin oder wem auch immer. Amüsiert hatte er jeweils verfolgt, wie sie ihn gerufen und gesucht hatten – ohne die kleinste Chance, ihn zu entdecken. Mit Unschuldsmiene war er dann jeweils wieder aufgetaucht, wann immer es ihm beliebt hatte, und hatte scheinbar verwirrt gefragt, warum sie denn alle so ein Aufhebens machten... Nur Frigga ahnte wohl, dass er sich in solchen Momenten eine andere Dimension zurückzog, besass sie doch selbst ebenfalls das nötige Wissen, um sich derartige Fluchtorte zu schaffen. Doch auch sie konnte nur in Lokis Schlupfwinkel eindringen, wenn er sie liess – und das hatte er nie getan. Ganz egal, wie sehr er sie liebte: er brauchte seinen Freiraum! Langsam und etwas unsicher ging er schliesslich zu Thor hinüber. Dieser sass immer noch bleich und erschöpft in dem Sessel, in dem Runya ihn vor rund drei Stunden platziert hatte. Loki konnte nicht verhindern, dass er leicht zu zittern begann, als er sich seinem Bruder näherte. Er hoffte nur, dass Thor es ihm wenigstens nicht anmerken würde. Jetzt, wo Thor quasi wieder sich selbst war: wie würde er reagieren? Der Blonde war zwar zur Zeit ziemlich geschwächt, doch Loki kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass dies bei ihm nicht viel zu besagen hatte. Und da er selbst noch lange nicht zu seiner alten Form zurückgefunden hatte, konnte sein Bruder ihn mit Leichtigkeit K.O. schlagen. Schliesslich hatte Loki seine Schuldigkeit ja jetzt getan. Thor hatte bekommen, was er von ihm gewollt hatte – und es stand zu bezweifeln, dass der Bruder weitere Verwendung für ihn haben würde. Der blonde Donnergott hob den Kopf, als er die sich nahenden Schritte hörte. «Schläft sie jetzt?» fragte er leise und mit einem Blick zu dem Raum hin, in dem Runya lag. Loki nickte. «Ja.» Thor seufzte leise. «Zum Glück. Das war alles wohl ein bischen... viel für sie. Es ist gut, wenn sie sich jetzt ausruht.» Sein Bruder erwiderte nichts darauf, blieb nur stumm einige Schritte von ihm entfernt stehen. Abwartend, und, wie es Thor schien, wachsam. Sein Herz wurde schwer. Er räusperte sich und versuchte, Loki gerade in die Augen zu schauen. Es gelang ihm nicht. Sein Blick ging automatisch nach unten, als er leise sagte: «Ich... ich war mir nicht sicher, ob du... mir wirklich helfen würdest.» Lokis Brauen hoben sich überrascht, doch eine Sekunde später überzog ein bitteres Lächeln sein Gesicht. «Klar. Von einem Monster erwartet man nicht unbedingt Unterstützung.» «Was?» Thor ruckte hoch. Er wurde noch blasser. «So habe ich das doch nicht gemeint! Du bist kein...» Er keuchte und befeuchtete mit der Zunge seine spröden Lippen. «Wie kommst du auf die Idee, du wärst ein Monster?» Sein Bruder lachte auf. Kurz, trocken – und schmerzlich. Doch er erwiderte nichts darauf. Thor zog sich langsam hoch. Noch unsicher und leicht zitternd stand er auf seinen Beinen. «Ich bin das Monster, Loki. Nicht du.» Seine Hand fuhr zur Stirn. Sie war schweissnass. «Wenn ich daran denke, was ich dir angetan habe... Es tut mir so furchtbar leid!» Ein Stöhnen entfuhr ihm. «Ich... ich wünschte, ich könnte...» Wieder ein Lachen, eindeutig zynisch diesmal. «Thor, komm, lass den Quatsch. Du warst schon immer ein mieserabler Lügner!» «Loki!» Entsetzt starrte der Blonde seinen Bruder an. «Das meinst du nicht ernst, oder?» «Was? Dass du mir gerade vorzuspielen versuchst, dass dir irgendwas leid tut?» Loki verschränkte die Arme über der Brust und lächelte düster. «Ich enttäusche dich ja ungern, Thor, aber doch: das meine ich ernst. Weil es ja wohl auch so ist. Allerdings wundere ich mich ein wenig, was das Theater soll...» Thors Zittern verstärkte sich. «Theater?» Er verschluckte das Wort beinahe. Seine Gedanken begannen zu rasen und er fragte sich, wie er Loki klar machen konnte, dass er ihm nichts vorspielte. Da wusste er es auf einmal. «Wie du vorhin selbst sagtest, Bruder...» Er betonte eindringlich das letzte Wort, «...bin ich ein fürchterlicher Lügner. Du hingegen hast es noch immer geschafft, hinter jede Lüge zu blicken!» Thors Atem ging schwer. «Du glaubst allen Ernstes, ich tische dir nur ein hübsches Märchen auf?» Ein neues Stöhnen entrang sich seiner Kehle. «Komm schon, Bruder... Benutz deinen Kopf! Schliesslich wissen wir beide, dass du viel zu klug bist um nicht genau zu wissen, dass dies nicht stimmt.» Eine Ewigkeit lang blieb Loki still. Gerade, als Thor nachhaken wollte, versetzte er leise: «Du hast wenigstens eine Entschuldigung.» Seinem maskenhaft starren Gesicht war nicht anzumerken, was in ihm vorging. Thor taumelte leicht. «Entschuldigung?» Um Lokis Mundwinkel spielte wieder ein Lächeln – ein sehr trostloses diesmal. «Du warst besessen, oder nicht? Ich für meinen Teil nenne das eine gute und ziemlich plausible Entschuldigung.» Sein Lächeln erstarb. «Ich hingegen hatte keine bei dem, was ich...» Er brach ab, aber es war auch so klar, worauf er hinauswollte. Thor hätte zu gerne einfach ‘ja’ gesagt, doch er wusste genau, dass dies nicht die ganze Wahrheit gewesen wäre. Ja, er war besessen gewesen und ja, er hatte die meiste Zeit über nicht gewusst, was er tat. Aber nicht immer... Es hatte durchaus Momente gegeben, wo ihm völlig klar gewesen war, wie er mit Loki umsprang. Und wo er dennoch nicht anders gehandelt hatte. Doch als er das jetzt leise stammelte, winkte der Bruder ab. «Lassen wir das, Thor.» sagte er knapp. Es war offensichtlich, dass er das Thema nicht weiter vertiefen wollte. «Es gibt Wichtigeres.» «Nein, warte...» Thor trat nach vorne und ergriff Lokis Arm. «Ich möchte dir wirklich sagen, dass...» Er verhielt mitten im Satz als er realisierte, wie Loki bei dieser Berührung zusammenzuckte. Fast so, als fürchte er, dass er ihn schlagen wolle. Es war eine instinktive Reaktion, geboren aus den Erlebnissen der vergangenen Monate... Und doch schnitt sie Thor tiefer ins Herz als er je geglaubt hätte. Ihm wurde beinahe übel, und noch leiser sagte er: «Ich weiss, es klingt total lahm... Und wenn dir danach ist, schlag mir als Antwort ins Gesicht. Doch ich... ich möchte dir nochmal sagen, dass ich zutiefst bereue, was ich dir angetan habe. Alles.» Er stockte einen Moment, atmete tief durch und fügte dann hinzu: «Ich hoffe, du kannst mir eines Tages vergeben.» Wieder blieb es einen endlos langen Moment still, bis Loki schliesslich flüchtig grinste und erwiderte: «Äh, Thor, das müsste doch wohl eher mein Text sein, meinst du nicht?» Als der Blonde es wagte, ihn wieder anzuschauen, wurde sein Grinsen kurz noch breiter, ehe er schloss: «Aber können wir das jetzt bitte echt lassen? Es gibt nämlich wirklich Wichtigeres.» Und dann zog er das Blatt Papier aus der Tasche, das er bereits Runya gezeigt hatte und hielt es Thor hin. «Hier. Ursprünglich hatte ich gehofft, dass dich das hier zur Vernunft bringen würde, wenn du es liest. Aber da du jetzt bereits wieder vernünftig bist, kannst du gleich damit anfangen, den Ernst der Lage zu erkennen.» Trotz der leichtfertig dahin gesagten Worte fand sich jetzt kein noch so winziger Hauch von Spott mehr auf Lokis Gesicht. Thors Hand zitterte leicht, als er das Schriftstück nahm und zu lesen begann. Und je mehr er las, desto mehr begann sie zu zittern. Als er geendet hatte, konnte er den Bruder nur fassungslos und entsetzt anstarren. Loki nickte ihm düster zu. «Begreifst du jetzt, dass es Wichtigeres gibt?» Thor konnte nicht antworten. Ihm wurde beim Gedanken daran, was wohl geschehen wäre, wenn er nicht im letzten Moment die Kurve gekriegt und Loki gebeten hätte, ihn von seiner Besessenheit zu heilen, speiübel. Mit einem lauten Stöhnen sank er zurück in den Stuhl. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)