Zeit zu sterben, Zeit zu leben von Hotepneith (Zwei Hundebrüder, ein Vater und eine Reise) ================================================================================ Kapitel 26: Kaito ----------------- Als er sich allein mit Tessaiga in seinem, zumindest vorübergehenden, Zimmer wieder fand, setzte sich Inu Yasha und hielt seine Schwert in den Armen. Wie gern hätte er das gerade mit Kagome getan – aber die war weit. Immerhin hatte er seinen Kampfpartner wieder. Leider hatte er diesen dämlichen Oyaka nicht selbst erledigen können. Aber es war auch in den letzten Tagen und Wochen neu gewesen, dass sich sein sonst so arroganter Halbbruder sich um ihn kümmerte. Nun ja, er hatte schon immer gewusst, dass der ihren Vater nicht liebte, das war wohl für Youkai unmöglich, aber doch auf das Höchste respektierte. Das war auf dieser Reise ja auch für den Dümmsten klar geworden. Und, das musste er zugeben, Vater war in Ordnung, wenn man dem den Respekt entgegen brachte, auf den der als Feldherr und Fürst Anspruch zu haben glaubte. Naja, wohl auch hatte. Das hatte der bestimmt nicht geschenkt bekommen. Nach dem ersten, etwas falschen, Start, hatte er sich ja selbst Mühe gegeben, und er hatte schon das Gefühl, dass Vater, naja, der verehrte Vater, chichi-ue, das zu schätzen wusste. Dennoch – das war ein Youkai, ein Daiyoukai, und er vermisste menschliche Anteilnahme in den letzten Tagen schon irgendwie. Mama war da, aber in einem Schwert, Kagome war weit … was hätte er darum gegeben, wenn eine der Beiden ihn umarmt hätte. So konnte er nur Tessaiga in den Armen halten. Immerhin etwas, da hing sein Leben dran, aber er wäre gern umsorgt worden, hätte Liebe gespürt. So lange hatte er ohne auskommen müssen. Aber dass Vater oder gar Sesshoumaru ihn umarmten ...naja. Das würde chichi-ue vielleicht tun, wenn er selbst im Sterben liegen würde, aber der tolle Herr Halbbruder nie. Na schön. Er hatte ja immer wissen wollen, wie sein Leben gelaufen wäre, hätte Vater überlebt. Jetzt sah er es. Also sollte er auch nicht maulen, sondern sich morgen auch und gerade als Hanyou als nützlich erweisen, diesen dämlichen Wölfen eins auf die Pfoten zu geben. Vielleicht könnte man die Überlebenden zum Nordrudel schicken, damit Kouga und Ayame ein wachsames Auge auf die hielten…?   Als er hörte, dass behutsam die Tür des Nebenzimmers beiseite geschoben wurde, stand er allerdings auf und schob sich seine Waffe in den Gürtel, ehe er seinerseits öffnete. Wie zu erwarten war da der Herr Halbbruder, der gerade vorbeiging und sichtlich nicht daran gedacht hätte ihn zu wecken. Naja, warum auch. Für den war jeder für sich selbst verantwortlich. Käme er zu spät zu einer Schlacht müsste er eben auch mit den Konsequenzen leben. Hm. Das müsste der eigentlich von Vater oder dessen Mutter beigebracht bekommen haben, logischerweise. Oder war das Youkai-Sache so im Allgemeinen? Das Schloss war jedenfalls im Allgemeinen wach, wie er feststellte, wenngleich sehr leise. Nur wenige Hofdamen huschten herum, meist auf dem Weg in die höheren Stockwerke, wo sich die Räume der Fürstengemahlin befanden. Krieger postierten sich an den Eingängen, neigten allerdings die Köpfe. Chichi-ue schien Befehle gegeben zu haben, Alarmbereitschaft. Mehr jedoch nicht. Als die Halbbrüder auf die Terrasse des Schlosses traten, entdeckten sie ihren Vater bereits unten stehen. Die Morgendämmerung hatte gerade begonnen und sie machten fast Seite an Seite den Sprung auf den Erdboden.   Der Inu no Taishou wandte sich um, durchaus angetan davon, dass sie gemeinsam herkamen, sich ebenso einträchtig etwas verneigten. „Ich habe die Fliege erneut losgeschickt,“ erklärte er ohne Begrüßung. „Kommt.“ Er drehte sich um und ging über die grasige Ebene, deren Ende von steil aufsteigenden Bergen begrenzt wurde. Weiter im Westen entdeckte Inu Yasha das Ende der Hügel, die flach ausliefen. Dort musste sich, wenn er dem fernen Geruch trauen durfte, das Meer liegen. Direkt vor ihnen lag allerdings ein nicht sonderlich breites Tal, aus dem ein kleiner Fluss rann, der in einer scharfen Biegung ebenfalls den Weg zum Ozean suchte. Im Osten dagegen verhinderten Wäldchen, dass er allzu weit gucken konnte. Wieso wollte dieser Kaito denn nicht von da kommen, sondern durch das Tal? Das war doch unbequem, zumal für so viele Leute? Alle hintereinander im Gänsemarsch oder im Wasser? Etwas wie ein Hindernis war zu spüren, ehe der Herr der westlichen Länder nach wenigen Metern stehen blieb. Ah, das musste das andere Ende von diesem Bannkreis gewesen sein, der das Schwebende Schloss schützte. Noch ein kleines Hindernis, mit dem der gute Kaito eigentlich rechnen sollte. Von Vater konnte der freilich kaum wissen – und von ihm und Tessaiga auch nicht, aber, beides würde der schon merken, dachte der Hanyou stolz. Der Inu no Taishou ordnete mit den Fingern das Haar über der Stirn, während er den Energien seines Landes nachspürte. „Was für ein Narr.“ „Sie kommen durch das Tal, chichi-ue,“ beeilte sich Sesshoumaru zu sagen, um zu zeigen, dass er das ebenso wahrnahm. „Euer Befehl?“ „Wir warten auf Kiu.“ Komisch, das die Fliege so ähnlich hieß wie dieser dämliche Hundekrieger, dachte Inu Yasha plötzlich, aber das war wohl Zufall. Jedenfalls sollte er auch beweisen, dass er mitdachte, sonst hieß es wieder er sei töricht. „Darf ich eine Frage stellen, chichi-ue?“ Der Junge wurde höflich und höfisch, dachte der Erzeuger, durchaus eingenommen, dass seine Erziehungsversuche fruchteten. „Was möchtest du wissen?“ „Wieso kommt der Typ durch das Tal und nicht da links über die Ebene? Das wäre doch für ein Heer bequemer.“ Der Taishou spürte, wie seine Brust etwas in Vaterstolz anschwoll. „Und sicherer. Du hast vollkommen Recht und ich frage mich wirklich, ob Kaito in der Zeit als mein Unterführer gar nichts gelernt hat. Nun, dann wollen wir ihm die Kunst des Krieges zeigen. Ihr beide schweigt.“ Ha, er hatte Recht! Inu Yasha ertappte sich bei dem Gedanken eine tiefe Genugtuung zu spüren, etwas besser als ein Unterführer, ein Daiyoukai noch dazu, zu wissen. Und, war da nicht diese winzige Fliege, die heranraste? Der Taishou hob die Klaue und betrachtete den vollkommen erschöpften Fliegenmann, der sich darauf setzte. „Eilige Nachrichten?“ „Tora … Tora, oyakata-sama, ist mit dem Heer eingetroffen.“ Kiu pustete durch, auch, wenn das nicht sonderlich höflich war. Seine Tracheen konnten kaum genug Sauerstoff heranschaffen nach diesem Eilflug. „Solange Ihr nichts dagegen habt, wird er den Weg durch das Tal… nach Süden versperren und hat die Höhen besetzt. Die … die Leute, die … Kaito hoch gesandt hat, sind eliminiert.“ „Gut. - Gehe in das Schloss und erhole dich. Gib Gin jedoch noch folgendes weiter: Alle Frauen sollen bei meiner Gemahlin bleiben, die Krieger als letzte Linie die Eingänge sichern. Niemand versucht auch nur heraus zu gelangen.“ „Oyakata-sama, was ist mit ….“ Kiu schwieg lieber. „Sie kann selbstverständlich durch den Bannkreis, was allen anderen versagt ist.“ Der Hundefürst musterte den kleinen Fliegenmann, den ihm eines Tages Myouga angeschleppt hatte. „Danach erhole dich.“ „Danke, oyakata-sama.“ Warum nur, dachte Kiu, hatte er mit der Handbewegung gerechnet, die ihn in das Youki des Herrn hüllte und ihn durch den Bannkreis schleuderte? Allein hätte er das nie vermocht. Schön, es schmerzte etwas, aber schützte ihn doch vor der Magie, die ihn sonst abgewehrt hätte. Der Taishou ging langsam weiter. „Wir wollen Kaito doch begrüßen. - Ich übernehme ihn.“ Er konnte die Enttäuschung beider Söhne in seinem Rücken spüren. „Ihr das Heer, falls sie so töricht sein sollten. Tora ist hinter und über ihnen.“ „Ihr wollt … ich meine, Mutter?“ entkam es Inu Yasha prompt. Bitte, dachte der Ältere. Das war ein Befehl eines Fürsten gewesen, keine Einladung zu einer Diskussion. Allerdings verstand der Vater seinen Jüngsten. „Du solltest mir etwas vertrauen, Inu Yasha.“ „Äh, ja, klar, mach ich schon….“ Das war ja gerade noch einmal gut gegangen. Im schlimmsten Fall hätte er nicht mitmachen dürfen – und er bezweifelte nicht, dass chichi-ue samt Sesshoumarus Mutter in der Lage wären ihn vom Schlachtfeld zu verbannen. Nun ja, Papa würde schon auf Mama aufpassen. Natürlich. Das Nesthäkchen bekam einen Tadel, mehr nicht, dachte der große Bruder prompt, um in ungewohnter Art selbst zu erkennen, dass man es als Fast-Welpe und Zweitgeborener wohl besser hatte, selbst, wenn man kopfüber in Fettnäpfchen sprang, denn als Erbe, von dem Perfektion erwartet wurde. Er sollte jedenfalls demonstrieren, dass er in Taktik nicht nur seinem Lehrer, sondern auch und vor allem seinem Vater zugehört hatte. „Eine Frage, chichi-ue, falls Ihr gestattet …“ Da der Taishou den Kopf etwas wandte: „Tora blockiert das Tal nach Süden und hält die Flügel besetzt. Kaito sollte das doch bemerken, ebenso wie Euer und mein… unser Youki.“ Nur nicht den Jüngsten ignorieren. „In der Tat.“ Da begriff der jüngere Daiyoukai. „Er hat keine Wahl als nach Norden zu gehen. Hier ist der geringere Widerstand. Und er wird nicht an Euch denken, obwohl er Eure Energie spüren müsste.“ „Falls er denken könnte, wäre er nicht in dieser Lage.“ Der Hundefürst klang eisig, aber beide Söhne verstanden, dass das nicht ihnen galt und tauschten nur einen raschen Blick. Es gab tatsächlich nicht nur Lagen, in denen man froh war, nicht zu Vaters Gegnern zu gehören, sondern auch zusammen auf einer Seite zu stehen. Und in den letzten Wochen hatten sie schon ein oder zwei davon erlebt. Mehr natürlich nicht, auch da waren sie sich stillschweigend einig.   Kaito war ein Wolfsyoukai, der die Schwelle zum Daiyoukai bereits vor langen Jahren, Jahrhunderten, übersprungen hatte. Nur sehr selten hatte er sich einem Gegner geschlagen geben müssen und er war heute noch davon überzeugt, dass das nie der Fall gewesen wäre, hätte der Inu no Taishou nicht über dieses verfluchte So´unga verfügt. Nun, das Höllenschwert samt Besitzer war spurlos verschwunden, laut Gerüchten weilten bereits beide in der Unterwelt. Auch von dem eigentlichen Thronfolger hatte man seit Jahrhunderten nichts mehr gesehen. Also, fand Kaito, war die Bahn frei für einen intelligenten und mächtigen Mann. Die Fürstenwitwe war sicher bereit ihn zu nehmen. Nun gut, dass sie sich zunächst weigerte, war fast klar gewesen. Sie war eine Hündin, die stärkste und zaubermächtigste von allen, was durchaus etwas heißen wollte, und würde sich nicht jedem Hergelaufenen beugen. Allerdings, so hatten Nachforschungen ergeben, die er doch diskret hatte machen lassen, dass sie nicht in der Lage war, den eigentlichen Heerbann des Westens aufzubieten, da dies einer Frau versagt war. Er rückte ein wenig seine dunklen Haare zurecht, die er, in Erwartung zumindest eines Kämpen, der um und für sie streiten wollte, bereits zu einem Dutt aufgesteckt hatte. Seine Handgelenke wurden von breiten und dicken Fellstreifen geschützt, die er einst einem Youkai in Bärenform abgezogen hatte, als Schutz und Machtdemonstration. Dazu diente auch der schwere, metallene Brustpanzer, dessen Schwertdornen an beiden Schultern gegnerische Angriffe abwehren sollten. Um Nacken und Hals lag ein breiter metallener Ring. Er ging seinem Heer voran durch das schmale Tal des Tsuraba. Falls sich doch jemand ihnen in den Weg stellen wollte, würde er ihn übernehmen, gefolgt von seiner Leibwache. Er hatte den Weg durch diese Schlucht gewählt um rascher am Schwebenden Schloss sein zu können, für den Fall, dass es der Fürstenwitwe doch gelang ihren Sohn aufzutreiben und hierher zu holen. Sesshoumaru war jung, aber wer ließ sich schon gern sein Erbe wegschnappen? Es wäre besser, käme der zu spät hier an und fände seine Mutter verheiratet und den Westen mit einem neuen Fürsten vor. Dann bliebe dem kaum mehr als die Tatsachen zu akzeptieren. Überdies, dachte Kaito doch ein wenig zynisch, hatte der junge Hund noch nie den Eindruck gemacht sich sonderlich um das Fürstentum kümmern zu wollen. Er dagegen würde es als Sprungbrett benutzen, die kampferprobten Hunde und anderen Youkai in Kriege gegen die Nachbarn führen, um schlussendlich selbst der Herr aller Youkai in Japan zu werden. Kaiser klang wirklich nicht schlecht in den Ohren eines Wolfes, die ja angeblich in der Zauberkunst jedem Kitsune und im Kampf jedem Hund unterlegen seien. Er würde das Gegenteil beweisen. Die Morgendämmerung hatte bereits begonnen und es wurde leichter den schmalen Pfad neben dem Fluss zu erkennen. Für einen winzigen Augenblick verharrte er im Schritt, ehe er weiterging. Seine Krieger sollten nicht mitbekommen, dass er Unangenehmes spürte. Nicht unerwartet, aber doch unangenehm. Dort, irgendwo vor ihm am Ausgang des Tales war deutlich Youki zu spüren. Nicht von schlechten Eltern, um es mal so auszudrücken. Sesshoumaru, also. Nun gut. Er hatte der Hundedame das ja bereits zugetraut. Und, warum sollte es auch einfach sein sie und damit den Westen zu erobern? Wenn der junge Hund glaubte, er könne gegen einen Daiyoukai bestehen, bitte. Hm. Stark schien der schon geworden zu sein. Aber ohne So´unga hatte der keine Chance. Selbst, falls Sesshoumaru die Grenze zum Daiyoukai übersprungen hätte, so wäre der aufgrund seines Alters noch immer unerfahrener und gewiss auch schwächer. Er sollte allein gegen ihn gewinnen, seinen Leuten zeigen, wie mächtig er selbst geworden war. Genau. Sie sollten am Talausgang zusehen, mehr nicht. Und er würde den einzigen Erben des Westens vor den Augen seiner Mutter zerreißen. Dieser bliebe nichts mehr als die Unterwerfung. So beschleunigte er etwas seinen Schritt, zumal er vor sich bereits die Ebene um das Schwebende Schloss erkannte, in dem er ja nun wirklich einige Jahre ein und aus gegangen war. Der Bannkreis würde darum auch für ihn keine Schwierigkeit darstellen, das hatte er herausfinden lassen. Der einstige Eid, den er dem Taishou geschworen hatte, würde ihm die Passage ermöglichen. Für seine Leute sähe das anders aus, aber er würde die liebe Koromi schon dazu bringen den Zauber zu beseitigen. Nach Jahren der trauernden Witwenschaft wäre sie sicher nur zu froh wieder einen Mann auf dem Lager zu haben. Keine tausend Schritte mehr bis zu der Quelle des Youki, keine tausend Schritte mehr zu Sesshoumaru, zu Kampf und Sieg.   Der Herr der Hunde und seine Söhne waren etwas schräg nach Osten vor dem Talausgang stehen geblieben. Der Tsubara bog hier nach Westen ab und so blieb mehr Kampffläche, ohne das Wasser in irgendeiner Form beachten zu müssen. Der Taishou spürte nur zu deutlich das mittlerweile so vertraute Youki seines Ältesten rechts schräg hinter sich, Inu Yasha links. Ja, und da kam Kaito. Der hatte sich kaum verändert. Hinter ihm andere Männer, die jedoch auf seinen Wink am Ausgang des Tales stehen blieben, während der Wolf auf ihn zukam. Nein, nicht auf ihn. Was war denn da los? Der Hundefürst hätte nicht sagen können, an welches Szenario er bei diesem Wiedersehen genau gedacht hatte, er hatte verschiedene Möglichkeiten ins Auge gefasst. Ganz sicher war allerdings nicht darunter gewesen, dass er komplett ignoriert wurde. Kaito näherte sich, schlenderte fast heran, ohne ihn zu beachten, ließ die Augen jedoch nicht von Sesshoumaru. „Keh,“ machte Inu Yasha leise, der das auch mitbekommen hatte. Nun ja, dachte der Taishou. Der Junge fühlte sich ebenso ignoriert, was aber noch verständlich war – ein Daiyoukai beachtete in aller Regel keinen Hanyou. Aber wieso guckte dieser Kaito ihn als Fürsten des Westens nicht einmal an? Sah der ihn etwa nicht? Verblasste sein wiederbelebter Körper? Das wäre natürlich eine Möglichkeit, eine ärgerliche.   „Welch nette Überraschung, Junge,“ sagte der Wolf, als er keine fünfzig Schritte entfernt stehenblieb. „Und auch eine, dass du mich für absolut töricht hältst. Wirklich, ich hätte dir zugetraut, dass du um dein Erbe kämpfen willst. Aber doch nicht mit einem so billigen Trick.“ Er dachte doch nicht etwa…? Fiel es allen drei Hunden ein. Natürlich, dachte der Taishou. Kaito hielt ihn für eine Imitation, eine magische Täuschung, die sein Ältester erschaffen hatte. Konnte der etwa seine Energie nicht zuordnen, die sich langsam in gewissem Zorn gesteigert hatte? Er konnte das leise Knistern des gefrierenden Grases hören, spürte, wie Inu Yasha unwillkürlich einen Schritt beiseite machte, um seine bloßen Füße zu schonen. Auch Sesshoumaru hatte verstanden. Da ihm allerdings Schweigen anbefohlen worden war, wandte er nur den Kopf. „Chichi-ue?“   Kaito verstand genug von der Etikette, um zu wissen, dass er Erbe des Westens niemals eine Illusion so höflich ansprechen würde und wandte sich mit gewissem Entsetzen, das er freilich gut verbarg, dem Fürsten zu. Gut, erkannte er dann erleichtert, der trug immerhin nicht mehr das Höllenschwert. Aber …   Der Inu no Taishou atmete etwas zu tief ein um unbeteiligt zu sein, ehe er fast milde sagte: „Da geht man ein wenig in Japan spazieren, übt seine Kampfkünste, bringt seinen Söhnen ein wenig Strategie und Kampftechniken bei – und erhält die Nachricht, dass ein Kretin die Gemahlin und das Fürstenrum beansprucht. Natürlich komme ich her, und wen treffe ich: meinen Unterführer Kaito.“ Die Stimmlage wurde jäh eisig, verbunden mit einem übergangslosen Anstieg des Youki. „Sesshoumaru, wie nennt man noch gleich einen Mann, der einem Fürsten ewige Treue schwor und nun mit einem Heer vor dessen Schloss auftaucht?“ Sesshoumaru ließ den Wolf nicht aus den Augen, behielt allerdings ebenso die Krieger am Talausgang im Blick. „Verräter, chichi-ue.“ „Ich vergaß. Vermutlich, weil ich mich an einen winselnden Wolf erinnerte, der nach der Schlacht von Ruriwaru um sein Leben und Gnade flehte, was ich ihm beides gewährte.“ Der Hundeherr ignorierte das Ansteigen der Energie seines Gegenübers ebenso wie die Tatsache, dass dessen Hand zum Schwertgriff zuckte. „Nun, Inu Yasha, vor dir siehst du einen der stümperhaftesten Hochverräter der Geschichte Japans. Lerne aus seinen Fehlern.“ Der Taishou ließ Kaito zur Sicherheit nicht aus den Augen, doch er wusste bestimmt, dass seine Söhne sich um den Talausgang und damit das Heer kümmern würden, wie er es befohlen hatte. „Erstens, wenn du deine Augen auf ein Fürstentum wirfst, sende mehrere Späher aus, die dir sagen, ob der dortige Fürst schwach geworden ist oder auch tot. Sollte auch nur einer dies bezweifeln, lass es. Zweitens, sollten alle unabhängig voneinander gesandten Späher das bestätigen, wiederhole es bei dem Erben. Und so weiter, bis du genau weißt, wer in der Familie lebt, schwach geworden ist oder sonst verhindert. Drittens. Falls du einen Angriff planst, gehe nie, und lagere schon gleich nie, in einer Schlucht. Schmale Täler werden leicht zu Fallen, nicht wahr, Kaito? Der Rückweg nach Süden wurde bereits von Tora, du erinnerst dich, abgeschnitten, die Leute, die du immerhin zur Absicherung auf die Höhen schicktest, sind tot. Dort stehen meine Krieger. Und ja, hier kommst du samt deinen Leuten auch nicht weiter. Wenn du siehst, stehen dir drei Leute im Weg.“ „Du trägst das Höllenschwert nicht mehr, Taishou.“ Der Wolf klang gelassen. „Wenn deine Söhne mich angreifen und du, wird mein Heer das auch tun.“ Ihn angreifen, dachte Inu Yasha für einen Moment verwirrt, ehe er verstand, was Kaito meinte. Leider war ihm ja das Reden verboten worden – wobei Vater ja recht schön seine Meinung gesagt hatte. Er hatte auch nicht gelogen – allerdings die Kleinigkeit, dass er tot gewesen war, recht elegant umgangen. „Wir tragen das untereinander aus.“ Der Hundefürst nickte etwas. „Sesshoumaru, Inu Yasha, sorgt dafür, dass dieses Heer uns nicht dabei stört.“ „Narr!“ Kaito lachte auf. „Zwei gegen fünfhundert? Du gegen mich? Nun, es sei. Aber ohne Schwert.“     Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)