Fortune Files von Elnaro ================================================================================ Vicco 5: Verschwörung --------------------- Meine ganze Energie in einer Nacht verschossen zu haben, fühlte sich vertraut an. Meine Nerven, die Robert mit seinem gierigen Anspruch auf unsere Frau fast überstrapaziert hatte, beruhigten sich dadurch wieder. Zudem hatte sich endlich diese aufreibende Unsicherheit aus meinem Geist verzogen. Dass Ellys lediglich mein Verhalten verurteilte, mitnichten aber meinen Lebensstil, gab mir die Freude an selbigem zurück. Zufrieden fuhr ich am nächsten Morgen einige Stockwerke nach unten zum Hauptquartier der Evanes. Xsana, die seit Gründung der Einheit die Leitung innehatte, besaß eine starke Persönlichkeit, der ich mich in den letzten Wochen nur ungern gestellt hätte. Sie durchschaute alles und jeden, wonach mir in meiner unsicheren Phase mitnichten der Sinn stand. Sie, und ebenso alle anderen Agentinnen dieser Spezialeinheit, entstammten ausnahmslos den edelsten Kreisen unserer Vampirgesellschaft und mischten sich unbemerkt unter sie. Aber auch in der Welt der Menschen genossen sie einen hohen Stand. Ich grüßte meine langjährige Mitarbeiterin April im Vorzimmer und ging direkt hindurch in Xsanas weiträumiges Büro. Sie stand hinter ihrem spezialangefertigten Ebenholzschreibtisch, auf dem mir eine prächtige fuchsiafarbene Orchidee auffiel. Da die schwarzhaarige Schönheit noch ungehalten telefonierte, lauschte ich ihrem Gespräch. "Nein! Das reicht nicht! Der Auftrag verlangt, dass diese Leute so schnell wie möglich ausziehen!... Dann sorge dafür, dass sie den Bausparer nicht auflösen können!... SchuFa freier Kleinkredit? Willst du mich verarschen? Wenn dir die Ideen ausgehen, dann brenn die Villa eben nieder! Keiner hat gesagt, dass sie es überstehen soll… Ja, … ja, das stimmt… Gut, ich klär das." Dann schmiss sie das Headset von sich, sah zu mir auf und lächelte mir mit einer heimlichen Hinterhältigkeit entgegen. "Victor! Schön, dass du mal wieder persönlich vorbeischaust. Sag mal, du weißt nicht zufällig, ob wir das Haus von Ellys Lucards Menscheneltern niederbrennen dürfen?" Ich hob die Schultern, da ich von diesem Auftrag überhaupt noch nichts gehört hatte. Xsanas edle Erscheinung, verbunden mit dem Blick einer Viper, wollten nicht so recht zu ihrem lockeren Sprachstil passen. In der entsprechenden Gesellschaft passte sie diesen aber selbstverständlich an. Sie kam beschwingten Schrittes um den Tisch herum und setzte dann ihre Finger an meine Weste, über die sie sanft strich. "Obwohl wir uns im selben Gebäude aufhalten, besuchst du uns immer seltener. Es hat sich vieles getan." "Sprechen wir nicht über Details. Ich wollte mich nur danach erkundigen, ob ihr zurechtkommt." Mit einem Hauch des Entsetzens wich sie einen Schritt zurück. "Oh nein, Victor. So wird das nichts. Die Ereignisse überschlagen sich derzeit." "Dann fasse dich wenigstens kurz", seufzte ich, während ich zu ihrem Schreibtisch ging und einige ihrer säuberlich gestapelten Akten betrachtete. Bereits Xsanas Ankündigung genügte, um mich in meinen Harem zurückzuwünschen. Ich ahnte ohnehin bereits, was sie mir zu erzählen ersuchte. "Seit Beginn unserer Arbeit, haben wir noch nie so viel Bewegung im Untergrund gesehen. Konspirative Beratungen, wo das Auge hinsieht. Mindestens 200 Adelige planen einen Aufstand zur Vollversammlung. 'Kriminalisierung des Volkes' nennen sie die Gesetze. Die meisten unter ihnen sind Mitläufer, die nur eine stärkere Führung benötigen. Ich kann dir nur ans Herz legen, Graf Alucard von einem persönlichen Auftritt zu überzeugen, damit sie sich beruhigen." Wie erwartet, gestalteten sich ihre Erkenntnisse wenig überraschend. Ich ließ den Blick über ihren ordentlichen Schreibtisch schweifen, auf dem mir die aufgeschlagene Akte über Ellys Eltern ins Auge fiel, die ich nahm und hineinsah. Xsana brachte wenig Verständnis für mein Desinteresse an ihrem Bericht auf. "Victor!", ermahnte sie mich und griff nach den Schriftstücken in meiner Hand. Zum ersten Mal sah ich ein Foto von Ellys Mutter und Vater, die optisch nicht die geringste Ähnlichkeit zu ihr aufwiesen. Ich überließ Xsana die Akte, packte dabei ihr Handgelenk und zog sie an mich heran. Gefühlvoll folgte sie mir und verlor dabei den harten Gesichtsausdruck. "Ich nehme die Sache ernst genug, meine Liebe. Die Vorbereitungen für meine Gegenmaßnahmen sind bereits in vollem Gange." "Wird unser Graf zu uns sprechen?", hauchte sie vorfreudig. Dass ich sie dahingehend enttäuschen musste, würde sie noch früh genug erfahren. Ich näherte mich ihr weiter und küsste sie dann. Sie zog ihre Lippen sanft zurück, hauchte meinen Namen erneut, aber diesmal in jenem Tonfall, den ich mir von schönen Damen ihres Standes wünschte. Meine Hände fanden ihre trainierten Innenschenkel. Einen athletischen Körper wie ihren gab es selten unter Vampirinnen. "Wird er zu uns sprechen?", flüsterte sie ebenso begierig wie neugierig. Ich kannte diese Taktik. Sie wirkte recht zuverlässig auf Männer, aus denen sie Informationen kitzeln wollte, bei mir allerdings gewiss nicht. "Lass mich deinen Nektar kosten und ich verrate es dir vielleicht." Ich hob sie an, setze sie auf ihrem Schreibtisch ab und zog ihr ihre schwarze, hautenge Hose aus. Die Unterhaltung wurde von süßen Seufzern ersetzt, welche sie ihre Frage zunächst vergessen ließ. Bevor ihr diese wieder einfiel, erkundigte ich mich nach Rovas kleinem Forschungsobjekt. "Wie geht es unserem Hotelgast?" Da ich meine Tätigkeit nicht länger als für diesen Satz unterbrach, säuselte sie mit hoher Stimme und leicht außer Atem zur Antwort: "Oh, sehr gut… und er ist amüsant! Er schwört Robert die Treue… und das, obwohl er ihn verraten tat. Ein witziger Bursche… er kann ruhig noch etwas hierbleiben." Wieder stoppte ich. Diesmal aber von Dauer. "Habt ihr Gefallen an ihm gefunden?" Xsana blickte entspannt zu mir herab mit einem Schmunzeln auf ihren fein geschwungenen Lippen. "Nun, in deiner Abwesenheit war er der einzige Mann im Palast. April und Nina spielen gern mit ihm." Ich erhob mich, ohne sie zum Abschluss gebracht zu haben. Was dachten sich diese frivolen Weiber nur dabei? "Er soll hier eine Strafe absitzen!", raunte ich, doch die Anführerin der Evanes lachte. "Haha, sie tun mit ihm dasselbe, wie du eben mit mir, Victor. Der Kleine sollte inzwischen ziemlich frustriert sein." Ich beschloss, das unbefriedigte Bürschchen zu besuchen. Rovas Opfer zu befragen, stellte eine meiner wichtigsten Quellen dar, um mich im Bilde zu halten, was dessen Ausschweifungen betraf. Ohne mich für meinen Abbruch zu verurteilen, schloss mir Xsana eine Sicherheitstür auf, die in einen kleinen Zellentrakt führte. Selbst dieser war vergleichsweise luxuriös ausgestattet und bot einen Blick hinaus aufs Meer. Roberts Proband Null hatte sie allerdings nackt und mit dem Rücken zum Fenster in der Mitte des Raumes mit den Armen nach oben angekettet. Als er mich sah, hob er seinen dunkelblonden Kopf schockartig und fixierte mich danach verängstigt. Ich lächelte dem gepeinigten Jungchen entspannt entgegen. So hatte ich mir das schon eher vorgestellt. Xsana ließ mich mit ihm allein, während ich ihm in die lichtgeflutete Zelle entgegen ging. Er konnte froh sein, dass die Fenster die UV-Strahlung filterten. "Und, Junge, gefällt es dir besser bei meinen Mädchen als bei meinem Bruder?" Er schwieg. Ich stellte mich neben ihn und löste die Ketten an seinen Handgelenken, woraufhin er auf seine Knie sank und sich leise mit einem "Danke, Hoheit" erkenntlich zeigte. Ich hockte mich vor ihn. "Mir ist bewusst, dass du Gerechtigkeit für Sarina verlangt hast. Das mag ein vergleichsweise ehrenvoller Grund sein, um abtrünnig zu werden und doch bleibt es Verrat." Er schüttelte den gesenkten Kopf, in dem seine Welt wohl etwas anders aussah als meine. Nun, prinzipiell hatte er dasselbe getan wie Daric, der keine weitere Bestrafung erhielt. Ungerecht blieb das Ganze allemal. "Xsana und die anderen sind nicht zimperlich, habe ich recht? Was mich interessiert, ist Roberts Umgang mit dir. Hat er dich oft besucht? Mit dir auf ähnliche Weise herumgespielt, wie meine Mädchen?" Erneut schüttelte er den Kopf. Das war interessant. "Was hat er dann getan?" Diesmal bekam ich Antwort. "Er ist mein Herr. Ich gebe... keine Auskunft über ihn. Nicht … nicht einmal Euch..." Der Bursche schien von Robert konditioniert worden zu sein. Höchst eigenartig, wie er den Verrat unter diesen Umständen begangen haben konnte. "Hast du ihn nicht wegen Sarinas Tod angeschwärzt?" Nun brach es mit einem Mal aus ihm heraus. Weiterhin mit Blick auf seine Beine, brüllte er hasserfüllt: "Nicht ihn, nein! Nur das dumme Gör, die Prinzessin! Sie war es! Sie!" Oh, nun verstand ich. "Nicht nur dafür wird sie dich exekutieren. Ich denke, das sollte dir bewusst sein. Hab bis dahin noch ein bisschen Spaß mit meinen Mädchen." Ich erhob mich und ließ ihn zurück. Zu Rovas sadistischen Neigungen würde ich nichts aus diesem Burschen herausbekommen. Aufschlussreich war mein Besuch bei ihm nichtsdestotrotz. Da ich sein Mysterium auflösen konnte, wurde er aber nun selbst für mich vollkommen wertlos. Xsanas Warnung davor, wie ernst die Lage in Adelskreisen sei, arbeitete deutlich stärker in mir als dieses nutzlose Bürschchen. 200 bekannte Revolutionäre unter 2000 Gästen, die Dunkelziffer hinzuaddiert, ergab weit mehr, als wir in einer Vollversammlung exekutieren konnten, ohne den Aufstand erst recht anzukurbeln. Diese Aussicht löste genügend Unruhe in mir aus, um meine Schwester Magret anzurufen. Ich fuhr hinauf bis zum Dach, entkleidete mich vollständig und legte mich, mit dem Handy am Ohr, auf einen Liegestuhl in die Sonne. Ich sah hinauf in den wolkenlosen Himmel und berichtete ihr vom Wunsch des Adels, unseren Vater wiederzusehen. "Meinst du, Rova ist imstande, sie von dieser Forderung abzulenken? Hat er tatsächlich ein so großes Führungspotential entwickelt?", fragte sie ungläubig. Sie hatte keine Ahnung von seinen riesigen Schwingen und der dazugehörigen zerschmetternden Aura und das sollte auch so bleiben. Ohne diesen Fähigkeiten, wäre ich wohl ebenso skeptisch gewesen wie sie. "Das wird weniger ein Problem, als ihn von einer Zusammenarbeit mit dir zu überzeugen. Du weißt, wie nachtragend er ist." Sie lachte warm, etwas, das ich sehr an ihr mochte. Danach sprach sie eine Wahrheit aus, die mir durch sie erst wirklich bewusstwurde. "Vicco, geht es dir nicht auch manchmal so, als würden wir bei ihm nicht über unseren Bruder, sondern viel mehr über unseren gemeinsamen Sohn sprechen? Er hätte es sogar sein können, wäre ich nicht so stur gewesen. Unser sinnloser Krieg gegeneinander ist durch meine Entscheidung gegen dich ausgelöst worden." Nachdem sich Vater seine eigene Tochter zur Frau genommen hatte, entwickelte Magret eine derartige Aversion gegen seine Pläne, dass sie ihre junge Liebe zu mir verlor. Was dies betraf, verstand ich sie sehr gut. Allerdings begriff ich erst jetzt, warum sie ihre unreine Tochter von Beginn an als vollwertigen Reinblüter betrachtet hatte. Wenn Elisabeth eines war, dann eine Lucard, egal ob das Blut dieses einfachen Mannes durch ihre Adern floss. Und genau das Gleiche musste ich nun auch meinen Kindern zugestehen. "Hast du dich dazu entschlossen, es nun doch mit mir zu versuchen?", hauchte ich scherzhaft und lachte ausgelassen, als sie am anderen Ende der Welt am Telefon ausrastete. "Baggerst du mich gerade an, Vicco? Ist ja nicht zu fassen!" Die kleine Schwester zu ärgern, machte eben auch in meinem Alter noch Spaß. Nur zu gern gab ich ihr mehr davon. "Ich liege gerade allein nackt auf meinem Dach und sonne mich, während ich hier mit dir telefoniere." Ihre Empörung war unterhaltsamer als jedes Theaterstück. "Du und deine Marotte. Dunkle Haut an einem Vampir ist doch...-" "der reinste Luxus. Richtig", vervollständige ich ihren Satz. "Warum erzählst du mir das überhaupt? Jetzt stelle ich mir dich bildlich vor. Das muss wirklich nicht sein! Du bist ein fürchterlicher Gesprächspartner, Vicco." Mein Ziel hatte ich damit erreicht. "Nur, weil du dringend einen Mann brauchst. Du solltest damit aufhören, die tugendhafte Anführerin zu spielen", hauchte ich lockend, doch das weckte Erinnerungen in ihr. "Ich hatte einen Mann, bis ihn unser Vater getötet hat." "Vor 130 Jahren, Kleines. Sieh dir an, welche Höhenflüge Robert gerade mit deiner Tochter erlebt. Solche Empfindungen könntest du auch haben." Damit verriet ich ihr, dass mir durchaus bekannt war, wer Ellys in Wahrheit konvertiert hatte. Magret wirkte daraufhin noch verunsicherter als zuvor. "Vicco, ich musste das tun. Das verstehst du doch sicher. Wie ich dich kenne, wird dein Interesse an ihr ebenfalls sehr groß sein." Da lag sie goldrichtig. "Was meinst du, wie meine Chancen bei ihr stehen?" "Du hast sie im Sturm erobert. Warum sonst hätte sie dich mit knallrotem Gesicht als Teufel bezeichnet? Aber unterschätze Rova nicht und was diesen jungen Diener betrifft, habe ich ebenfalls sehr starke Gefühle bei ihr feststellen können. Mir wäre es lieber, du würdest dich nicht zwischen sie drängen." Dass Magret etwas in diesem schwarz gekleideten Burschen sah, wunderte mich weniger als ihr Wunsch, mich zurückzuhalten. Aber wenn sie mich ärgerte, stand mir dasselbe Recht bei ihr zu. "Wenn ich Ellys nicht bekomme, gebe ich mich vielleicht auch mit ihrer Mutter zufrieden." "Schon wieder! Hör auf damit! Ich bekomme dieses Bild nicht aus meinem Kopf! Was ist nur los mit dir? Wir brechen für heute ab. Ich mische mich in die Vollversammlung und versöhne mich vor aller Augen mit Rova. Die Details besprechen wir, wenn du weniger spitz bist." Ich lachte, verabschiedete mich und legte auf. Mein Herz war so leicht wie lange nicht. Ich drehte mich zu Juliana, die in gebührlichem Abstand im Schatten einer Palme versuchte, der Hitze zu trotzen und winkte sie heran. "Mir ist nach einer Frau, die ich schon lange kenne und die mir auch gern einmal die Stirn bietet." "Eva also?" Sie klang ein wenig enttäuscht, lief aber los, um dieses wundervolle Prachtweib zu mir zu bringen. Mit dem elegantesten aller Hüftschwünge kam diese einige Minuten später auf mich zu. Ihr rotes Gewand aus halbdurchsichtiger Seide wehte in einer lauen Wüstenbrise. Ihre blond gefärbten, welligen Haare endeten auf Höhe ihres Kinns. Eva war das blasseste Mädchen von allen, das somit nicht zu lange in der Sonne bleiben durfte. "Ich habe gerade an meine Schwester gedacht", reichte ihr als Erklärung dessen, was ich mir von ihr wünschte. Meine anhaltende Werbung um Magrets Hand in ihrer Jugend hatte ihre Spuren hinterlassen und meine Lust geprägt. Es dauerte Jahrzehnte, bis ich mir dies selbst eingestehen konnte, doch je stärker sich Eva an Magret annäherte, desto erotischer fand ich sie. In speziellen Situationen wie dieser erhielt sie damit das Privileg, mich als "Vicco" ansprechen zu dürfen, so wie es meine Schwester tat. "Du weißt genau, dass ich die Sonne nicht vertrage, Vicco! Lass uns nach drinnen gehen", spielte sie mit einem wissend heiteren Unterton. Anfangs bereitete ihr diese Rolle Schwierigkeiten, doch inzwischen fand sie große Freude daran, schon weil sie damit eine gewisse Narrenfreiheit genoss. Die echte Magret hätte wahrscheinlich wenig Verständnis gezeigt, ähnlich wie Ellys für ihre Doppelgängerin. Elisabeth so plump zu ersetzen, kam mir dagegen nie in den Sinn. Zu groß war der Schmerz, den sie mir bei unserer Trennung zugefügt hatte, dieses kleine über alles geliebte Biest. Ich genoss meine Freizeit mit Eva, bis ich zum arbeitsreichen Teil des Tages übergehen musste. Es gab Einiges vorzubereiten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)