Fortune Files von Elnaro ================================================================================ Vicco 4: Harem -------------- Nach einigen Wochen im einsamen Norwegen kam endlich der ersehnte Tag des Wiedersehens mit meiner Wahlheimat, dem traumhaften Inselparadies Königreich Bahrain. Die flirrende Hitze Manamas umarmte mich sanft wie eine zweite Mutter. Meine geliebte, wahre Mutter verschied dagegen schon vor eineinhalb Jahrhunderten. Von dieser wunderbaren Frau stammte meine Begabung für alles, was Kommunikation betraf. Sie verfügte über das besondere Talent, die Emotionen ihres Gegenübers ablesen und diese feinfühlig in Gespräche einweben zu können. Wie vieles im Leben, gestaltete sich ihre Sensibilität als Segen und Fluch zugleich, insbesondere mit einem Mann wie meinem Vater an ihrer werten Seite. Meine Mutter gab eine hervorragende Königin ab, doch litt sie schwer unter seiner Ignoranz. So handelte sie Waffenstillstände aus, die er brach, schloss Handelsverträge, dessen Vertreter er aus fadenscheinigen Gründen ausradierte und weitere konträre Vorgehensweisen, die ihren Geist zermürbten. Einhundert Jahre lang kämpfte sie gegen seine Sturheit an, bis sie schließlich sich und ihr Leben aufgab. Auf ihren Freitod hin folgte eine Zäsur, die jedoch nicht so einschneidend wirkte wie der Verlust meiner Frau Elisabeth vor Einhundert Jahren. Elisabeths Tod erschütterte die Grundfesten unserer Familie nachhaltig. Ich reiste zunächst ziellos durch die Welt, ließ mich dann vor reichlich 35 Jahren im Mittleren Osten nieder und zog mitsamt meinem Harem vor elf Jahren an den nördlichen Zipfel der aus Sand bestehenden Inselnation Bahrain. Der hiesige König war nicht nur ein guter Kunde meiner Galerie, sondern auch die ausschlaggebende Inspiration, sich Robert ganz einfach selbst zum König ausrufen zu lassen. Genau das Gleiche hatte der bahrainische Wüsteninselkönig auch getan. Ein großartiger Mann, für einen Menschen. Nicht einmal eine Viertelstunde fuhr ich mit meinem weißen Ross, meinem Porsche Cayenne, vom Flughafen bis zur aufgeschütteten Insel, auf welcher ich mein Heim erbauen ließ. Ich bezeichnete das Gebäude als Wüstenpalast, in Wahrheit handelte es sich dabei aber um einen Wolkenkratzer, dessen tragende Elemente mit schimmernden, sandsteinfarbenen Klinkern versehen waren. Die unteren Etagen dienten als Galerie und SOLV Stützpunkt, darüber war das Hauptquartier unserer Spezialtruppe, den Evanes, angesiedelt, die über einige Kerker verfügten. In einem davon saß Roberts Experiment, das meine Agentinnen bei Widerständlern unseres eigenen Volkes aufgegabelt hatten. Weiter oben wohnten die Dienstmädchen, darüber fanden sich Gästezimmer, Veranstaltungsräumlichkeiten, inklusive Theaterbühne, eine Wellnessetage und meine eigenen Gemächer, die den Harem beherbergten. Auf dem Dach hatte ich eine kleine Oase mit Palmen anlegen lassen, ein Ort, an dem ich mich häufig unbekleidet aufhielt, um meinen streifenlosen Teint zu erhalten. Nach drei Wochen nordischer Sonne war ein Besuch mehr als überfällig. Meine erste Konkubine Sylvia empfing mich bereits in der Tiefgarage des Wüstenpalasts. Sie trug ein langes, schwarzes Kleid, dessen besonders tiefen Ausschnitt sie mit Goldschmuck hervorhob. Selbstverständlich besaß sie eine außergewöhnliche Schönheit, doch diese hatte sie nicht auf ihre Position befördert, sondern ihr herausragendes Organisationstalent. In ihrer Anfangszeit vor mehr als dreißig Jahren hatte sie sich eine Aufmüpfigkeit erlaubt, aus der mein erster Sohn Octavian entsprang. "Ich hoffe doch, Ihr habt Euch gut erholt, mein Prinz", kam sie lächelnd auf mich zu. Ihre kleinen Grübchen sahen einfach bezaubernd aus. "Nicht nur das, Sylvia. Die Welt hat sich mir neu erschlossen. Hier wird sich einiges ändern. Nebenbei bemerkt war Maria eine ungewöhnliche, wenngleich gute Wahl." Von selbst drückte sie im Fahrstuhl auf die Nr. 26, den Bade- und Wellnessbereich. Diesen Ort hatte ich nach Wochen einfachster Lebensweise am bittersten nötig. Im Bad ließ ich mich von ausgebildeten Masseurinnen mit großem Körpereinsatz waschen, massieren und pflegen, ein Luxus, auf den ich beschloss, in Zukunft teilweise zu verzichten. All diese Frauen waren Teil eines Traumgebildes, das allein dem Zweck diente, jene Realität zu verschleiern, die ich nur schwer ertragen konnte, nämlich, dass ich ein Feigling war, der Verantwortung nicht standhielt. Ich rekapitulierte meine schwerste Sünde. Neben meiner Frau Elisabeth und meiner Schwester Magret, stellte mein jüngerer Bruder Robert eine der bedeutsamsten Personen meines Lebens dar und ausgerechnet in der schwersten Stunde seines noch so jungen Lebens, nach dem Verlust Elisabeths, hatte ich ihn in seiner tiefen Verzweiflung allein zurückgelassen. Nicht nur Elisabeths Tod, auch Magrets und meine Abstinenz hatten ihn gebrochen. Ich wusste, dass er mir meine Realitätsflucht nachtrug, denn auch ich selbst tat es. Obwohl ich viele Jahre später wieder stärker in das Familiengeschäft einstieg, so war er es doch, der stets die Hauptlast trug, während ich mich die meiste Zeit vergnügte. Obendrein zeugte ich seit etwas mehr als 30 Jahren Kinder, für die ich keine Verantwortung übernahm. Davids verbaler Angriff, Lucard Bastarde seien eine Schande, war mehr als gerechtfertigt. Seiner Tochter Sarina standen meine Kinder in nichts nach und doch tat ich, als gäbe es sie nicht. Ich hatte als Bruder und auch als Vater kläglich versagt. So ging es nicht weiter. Mitten während meiner Rückenmassage stand ich auf. Meine Bedienstete, mit den eingeölten Brüsten über mir, schreckte zurück und reichte mir eilig ein weißes Handtuch, das ich mir über die Schultern legte. Sofort kam Sylvia zu mir geeilt und wartete auf meine Anweisung. "Ruf Octavian an und informiere auch all meine anderen Kinder, die nicht im Palast leben. Ich will, dass du sie hierher einlädst, weil ich etwas zu verkünden habe. Sie sollen ihre Mütter auch dann mitbringen, wenn sie nicht mehr im Harem sind." Sie verbeugte sich in bemühter Neutralität, doch ich sah den erfreuten Glanz in ihren Augen funkeln. "Sehr wohl, mein Prinz" Sechs Jungen und sechs Mädchen hatte ich gezeugt. Octavian war mit 32 Jahren mein ältester Sohn mit Sylvia, den ich bereits im Kindesalter in ein Internat geschickt hatte, weil ich keine männliche Gesellschaft um mich wünschte. Es war an der Zeit, ihn und all meine anderen Kinder nach Hause zu holen, ebenso wie die vier dazugehörigen Mütter, die nicht mehr im Palast lebten. All meine Kinder hatten ein Geburtsrecht auf den Namen Lucard, den ich ihnen ohne vernünftige Begründung verwehrte. Wovor fürchtete ich mich? Von einer jüngeren, besseren Version meiner selbst abgelöst zu werden, oder aber schämte ich mich vor meinen Kindern für dieses Leben? Etwas von beidem, nahm ich an, zumal sie alle über außergewöhnliche Schönheit und Intelligenz verfügten. "Freut dich dieser Schritt, Sylvia?" Ihr nun ehrlich strahlendes Lächeln sagte alles. "Die Wiedergeburt Eurer früheren Frau lässt Euch sanft werden, mein Prinz. Ja, es freut mich und Octavian wird es ebenfalls erfreuen." "Hm, na das werden wir noch sehen", entgegnete ich skeptisch. Nun fühle ich mich befreiter. Vorbei an einem pittoresken Springbrunnen, entlang eines gepflegten Indoor-Gartens, der wie eine erfrischende Oase mit kleineren und größeren Palmen angelegt war, lief ich zur großen Treppe, die zum Bereich des Harems führte. Dieser bildete das großzügigste Areal des Palastes mit einer drei Etagen hohen Fensterfront, die einen Blick über das azurblaue Meer bot. Neben Sylvia lebten zu diesem Zeitpunkt neun weitere wundervolle Frauen darin, die von Zeit zu Zeit wechselten, zum Beispiel, wenn mich eine von ihnen verließ, weil sie ihren männlichen Spross selbst großziehen wollte. Die fast nackten Mädchen standen Spalier und verbeugten sich vor mir. Petra strahlte mich von der rechten vorderen Position aus an. Sie war ein fröhlicher Wirbelwind, der sang wie eine Sirene, während die ruhige Urd, auf der anderen Seite, unglaublich gut Gitarre spielte. Die beiden hatte ich schon viele Jahre, ähnlich wie Sylvia. Mira dahinter tanzte ganz wunderbar und erzählte die verrücktesten Witze, Estella war eine Denkernatur, dadurch hervorragende Brett-, als auch Kartenspielerin und Mutter meiner 17-jährigen Tochter Sophia. Dem bisexuellen Liebespärchen Anastasia und Ciri sah ich unwahrscheinlich gern zu. Durch meine Erleuchtung kam ich hinter das Geheimnis, was ihren zauberhaften Reiz ausmachte. Die beiden liebten sich. Zudem hatten sie je eine 5-jährige Tochter mit mir, die in derselben Nacht entstanden. Juliana verfügte über kein besonderes Talent, doch sie war pfiffig und immer gut informiert. Es machte großen Spaß, sich mit ihr zu unterhalten. Blieben noch zwei. Michelle war gerade erst neu, hatte keine Ausbildung und war noch vollkommen unschuldig, als ich sie aufnahm. Ihre Ähnlichkeit zu Ellys fiel sicher nicht nur mir ins Auge. Zierlich, eleganter Touch, allerdings rothaarig, nicht rotbraun. An der hinteren Position der beiden Reihen stand die bezaubernde Eva. Vampiren christliche Namen, wie auch Maria einer war, zu geben, empfand ich als unsittliche Mode. Eine von Roberts Mitarbeiterinnen am SOLV trug einen ähnlich unpassenden Namen, der fast auf der Zunge brannte, wenn man ihn aussprach. Evas Qualitäten lagen in einem sehr speziellen Bereich, der erotische Spiele betraf. Dieses wunderbare Wesen war aber nicht nur dahingehend etwas Besonderes. Das Alter und die Anzahl ihrer Kinder sagten alles über unsere Beziehung aus. Wir hatten zwei Töchter, darunter Miriam, meine Älteste mit 27, Jasmin, meine Zweitälteste mit 21 und meinen jüngsten Sohn mit gerade einmal zwei Jahren. Erleichtert, dass ich den Überblick behalten hatte, ging ich weiter und ließ mich auf meiner riesigen, weichen Spielwiese nieder, die umsäumt von Fransenkissen und Tüchern den Esprit von Tausend und einer Nacht versprühte. Da ich keine Anweisung gab, verteilten sich die Mädchen ganz ungezwungen von selbst. Juliana, immer in Gelb gekleidet, setzte sich nach einer freundlichen Nachfrage zu mir. Ihr goldenes Geschmeide klirrte leise um ihre ansonsten unbekleideten Brüste herum. "Wir haben Euch vermisst, Herr!" "Ich euch weniger", gestand ich, doch das überraschte Juliana nicht. "Es gibt Gerüchte, dass Ihr den Harem auflösen wollt." Ich beobachtete die blutjunge Michelle, die sich zu den Musikerinnen Petra und Urd gesetzt hatte. Die Kleine war noch so unverbraucht und scheu wie Ellys, als wir das erste Mal in Siebenbürgen aufeinandertrafen. Mir lief das Wasser im Munde zusammen, während ich Juliana das Gerücht bestätigte. "Aber derselbe Schlingel seid Ihr immer noch. Soll ich sie holen?" "Ein was bin ich?", fragte ich, was sie tatsächlich mit einem Unschuldston wiederholte: "Ein Schlingel, Herr." "Blickst du gerade begierig auf den kommenden Blutmond?", hauchte ich mit einem charmanten Lächeln wie aus einem Reflex heraus. "Ihr habt eben bestätigt, dass mir dafür die Zeit davonläuft, Herr", lachte sie ausgelassen. Kleines, freches Ding. Ich sah wieder zu meinem Neuzugang, der mich nicht nur auf angenehme Weise an mein letztes Aufeinandertreffen mit Ellys erinnerte. "Was meinst du? Habe ich Michelle missbraucht, nachdem sie zu uns gekommen ist? Sie war ängstlich und unsicher, ist es auch jetzt noch." Mit dieser Gesprächswendung hatte Juliana, ihrem verwundeten Gesichtsausdruck nach, nicht gerechnet, sie war aber sehr wohl fähig, adäquat zu reagieren. "Da hilft nur, sie zu befragen. Ich kann das ganz behutsam tun, wenn Ihr wünscht." Das tat ich. Juliana verschwand und mischte sich unter die Mädchen. Wie ein Jaguar pirschte sie sich an Michelle heran, mit der sie wenig später die Stufen hinabstieg. Urd stimmte ein sanftes Lied auf ihrer Gitarre an, während die Sonne den Raum in eine sanft rote Dämmerung legte. Dieses märchenhafte Leben kontrastierte meine familiären Pflichten auf maximale Weise. Das war mir zuvor niemals in dieser Klarheit aufgefallen. Juliana kehrte mit Michelle zurück, die sich Tränen aus den Augen wischte. Hatte Ellys also recht damit, dass ich ein selbstgefälliger Teufel war, der bei einer sexuellen Erregung der Frau sofort von einem Einverständnis ausging? Das süße, rothaarige Ding setzte sich allein zu mir, doch ansehen wollte es mich nicht. "Mein Herr, ich… ich habe gerade mit Juliana gesprochen. War ich… war ich denn wirklich so schlecht? Ich kann mich bessern. Ich lasse mir Tipps von den anderen geben." Tränen zu verbergen, lag ihr nicht. Ihrer Aussage nach zu urteilen, konnte ich aber von einem Einverständnis zu ihrer Entjungferung ausgehen. Dieses Mädchen war nur unsicher und ich wohl doch kein so großer Tyrann. Ein Stein fiel mir vom Herzen. "Willst du es wieder gutmachen?", brummte ich zufrieden. "Unbedingt! Eure Hände sind so geschickt", kicherte sie schüchtern. Ich lächelte, denn genau so etwas wollte ich von Frauen hören. Meine Hände sollte sie haben, im Speziellen meinen Mittel- und Zeigefinger. Nach und nach versammelten sich auch die anderen Mädchen um uns. Nun, da hatte ich noch einiges zu tun, immerhin war ich nicht nur lange Zeit abwesend, sondern hatte sie auch zuvor schon stark vernachlässigt. Ein Harem bedeutete Verantwortung für jede einzelne von ihnen und noch hatte ich ihn nicht aufgelöst. Zumindest dieser Pflicht sollte ich ein letztes Mal gerecht werden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)