Fortune Files von Elnaro ================================================================================ Vicco 3: Versuchung ------------------- „Darf ich mit dir reden Ellys? Allein? Nach dem, was in Frankreich passiert ist, sollten wir uns aussprechen“, fragte ich sie, worauf sie zuerst prüfend nach oben zum Haus, in dem sie Robert sitzen sah und dann zu ihrem Diener schaute. Ihre Verunsicherung war ihr ins rosige Gesicht geschrieben, bis sich der Bursche neben ihr zu der Aussage erdreistete: „Ich bleibe in Sichtweite“, was sie dazu bewog, zuzustimmen. Robert musste gewusst haben, dass er auf den Burschen zählen konnte. Vielleicht verstand ich ein wenig, warum er ihn schätzte, denn an meiner Seite stand kein Vertrauter, der meine Gedanken in diesem Maße zu erahnen vermochte. „Komm mit mir“, bat ich meine entzückende Ellys, deren Haar in der Sonne wie bordeauxrote Seide glänzte. Das würde ich in meinen Gemälden in Zukunft stärker hervorheben müssen. "Ist es wegen der Ohrfeige? Ja, von mir aus. Vielleicht ist es wirklich ganz gut, wenn wir ein bisschen was zwischen uns abklären, aber mach schnell", forderte sie mit einem zahmen Unterton, aber dennoch zielgerichtet wie eine halb domestizierte Wildkatze. Unsere Sterne standen gut. Ich erwischte sie diesmal in einer gelösten Stimmung. Nicht wie auf Château de Val, in welchem sie äußerst angespannt auf das Aufnahmeritual wartete. Wir liefen ein Stück zu einer weiten, sattgrünen Wiese, die aufgrund eines Steinwalls vom Haus aus nicht einsehbar war. Ein frischer Wind fuhr durch das knöchelhohe Gras und bot eine perfekte Kulisse für mein kommendes Meisterstück. Wie angekündigt, folgte uns der schwarz gekleidete Knabe auffällig, hielt sich aber außer Hörreichweite auf. Im Ernstfall würde ich diesen Einfaltspinsel wohl einfach lähmen, ohne ihm die Chance einzuräumen, Robert benachrichtigen zu können. Eines der Handtücher legte ich auf die saftig grüne Wiese und bat das Kätzchen, sich zu setzen, was es in einer geschmeidigen Bewegung tat. Ellys' Erscheinung war so erotisch, dass es mir fast schon zu viel Arbeit machte, ein Gespräch mit ihr führen zu müssen, bevor ich sie mir nahm, aber es musste wohl sein. Ihre Widerstandskraft gegen mich mochte sich noch weiter erhöht haben und doch war sie weit davon entfernt, vor mir gefeit zu sein. Da ich wusste, wie viel ihr ein Kuss bedeutete, richtete ich mein Tagesziel auf eben einen solchen aus. Ich hockte mich vor sie, fragte: „Darf ich?“ und berührte daraufhin einen ihrer knöchelhohen nassen Schuhe am Absatz. Sie zuckte zuerst weg, ließ mich aber gewähren, als sie merkte, dass ich ihre vom Gletschersee nassen Füße trocknen wollte. Ihre Voraussetzung für das Gespräch hatte sie somit, nach nur wenigen Minuten, bereits über den Haufen geworfen. Ganz von selbst öffnete sie die Strumpfhalter unter ihrem blauen Etuikleid, das sie dazu leider nicht nach oben schieben musste. Beim letzten Mal, als wir uns trafen, trug sie noch Strumpfhosen. Langsam fragte ich mich, wer hier wen verführen wollte. Ich half ihr beim Ausziehen ihrer Strümpfe, konnte dabei aber leider keinen Blick auf ihre, sicherlich aufregende, Unterwäsche erhaschen. Sie wusste, was sie tat, machte sich rar und mich nur umso heißer auf sie. Nun nahm ich das zweite Handtuch, welches ich mitgebracht hatte und rieb mit Leidenschaft mal sanfter und mal straffer über ihre nackten, feuchten Füße. So ließ ich ihr die Wahl, mir ihre Füße auszuliefern, oder mir, beim Versuch sie wegzuziehen, einen Blick unter ihren Rock zu gewähren. Da sie dies genau wusste, legte sie ihre Hände in den Schoß und schob damit den enganliegenden Rock zwischen ihre Beine. „Danke, meine Füße sind trocken genug, Vicco. Wir sollten langsam anfangen, zu reden. Ich hab doch gesagt, dass ich nicht ewig hierbleiben will.“ Also gut, dann setzte ich mich eben neben sie. An den Füßen mochte sie trocken sein, aber ihr Höschen blieb das nicht, das verriet mir mein feiner Geruchssinn, der sie in der Vergangenheit bereits genauestens inspizieren durfte. Dass meine Süße versuchte, die Flucht zu ergreifen, wunderte mich allerdings ein wenig. Ihre Verhaltensweise deutete darauf hin, dass sie sich nicht an alle Geschehnisse auf dem Château erinnern konnte, insbesondere nicht an den Abend. Ohnehin hatte ich den berauschenden Effekt von Rovas Blut, das sie beim Ritual zu sich genommen hatte, erheblich unterschätzt. Es schien hochgradig abhängig zu machen, deshalb brauchte ich mich zu wundern, warum sie sich nach wie vor so distanziert verhielt. Eigentlich hatte ich vor, auf ihrem Eingeständnis in Frankreich aufzubauen und ihr nun zu beweisen, wie ernst es mir mit ihr war, um ihre Gefühle für mich zu wecken, doch dieser Plan bröckelte. Zunächst musste ich herausfinden, was ihrer Meinung nach überhaupt passiert war. "Direkt nach deiner Berufung in die Familie hast du dich mir gegenüber deutlich umgänglicher verhalten, Ellys. Was ist es, das dich zurückhält?" Sie blinzelte irritiert. "Umgänglicher? Stehst du etwa auf Ohrfeigen?" Ich lachte über ihre amüsante Hypothese. Meine Annahme einer temporären Amnesie bestätigte sie damit. "Nicht vor dem Ritual, meine Süße, sondern danach. Weißt du denn nicht mehr, was wir beide getan haben?" Nun blickte sie unsicher an sich herab. Endlich stieg das schöne Kind von seinem hohen Ross. Irritiert verdunkelte sich ihr Blick, bis sie nach einer Schrecksekunde erheitert auflachte. "Oh nein, nein, nein, Vicco. Ich weiß nicht, wo du aufgeschnappt hast, dass ich von diesem Abend Wissenslücken habe, aber von dir lass ich mir bestimmt nichts einreden." Tatsächlich. Sie wusste nichts mehr davon. Nun gut. "Ich bat meine Freundin, Baroness Fredine, darum, für ein wenig Unruhe zu sorgen. Sie tat mir gern den Gefallen und ließ mitten im Saal ihre Hüllen fallen, weißt du noch?" "W-was, nein!", schüttelte Ellys den Kopf. Nicht einmal das, ...? Ich erzählte weiter. "Ihr werter Verehrer Herzog Kristo stieg sofort auf ihre Einladung ein. Natürlich verlangte Robert von mir, dieses Verhalten zu unterbinden, doch es war meine Party und ich hatte gegen diesen hübschen Anblick nichts einzuwenden. Er rief nach seinem Diener, der es sich mit wer weiß wem gutgehen ließ. Netterweise bot ich Robert den Ausweg, an seiner statt auf dich zu achten, damit er die Sache klären konnte. Er weigerte sich zunächst, doch schwoll die Traube der Männer um die verehrte Baroness Fredine weiter an. Meinem verklemmten Bruder platzte der Kragen. Er zerrte die Männer aus ihrer schönen Geliebten und sie im Anschluss nach draußen, wo sie ihn in eine Diskussion verwickelte, von der ich wusste, dass er darauf einsteigen würde. Und plötzlich war deine entzückende Erregung mit mir allein." Ellys machte Anstalten, empört aufzustehen. "Du erfindest das alles, um… keine Ahnung, warum! Ich glaube dir kein Wort!", fauchte sie, doch mein ernster Blick zu ihr beruhigte sie wieder. "Ich schwöre, dass ich dich noch niemals angelogen habe. Nichts von dem, was ich dir je sagte, hat sich als Lüge entpuppt, nicht wahr? Also Ellys, glaubst du eher, dass ich Lüge, oder dass an diesem Punkt deine Gedächtnislücken beginnen?" Widerwillig ihrer Neugier unterlegen, setzte sie sich wieder neben mich und zog ihre Beine an sich heran. Sie sprach kein Wort mehr, was bedeuten musste, ich solle fortfahren. "Unter deinem von Roberts Blut berauschtem Blick, schloss ich das Fenster hinter dem Tisch, an dem du lehntest. Wir sahen uns tief in die Augen. Ich sagte dir, es sei keine Schande, Lust zu verspüren und setze dann meine Hand auf deinem Knie ab, das von deinem schimmernden Kleid bedeckt wurde. Behutsam schob ich es nach oben, genau wie im Flur drei Stunden zuvor, doch diesmal gabst du mir keine Ohrfeige dafür, sondern das, was ich dir prophezeit hatte, deine Finger, die sich erregt in meinen Rücken krallten." "Nein, ich weiß, wie man dir widersteht. Das kann nicht passiert sein…", hauchte sie neben mir sitzend. Ihre Stirn hatte sie auf ihren angewinkelten Knien abgelegt. "So war es, Liebes. In deinem Rausch fiel deine Abwehr. Wir küssten uns, meine Finger pirschten sich heran, bis sie in dir versanken, wie schon auf Schloss Bran. Leider tauchte dann bereits Robert auf und trennte uns." Die Wahrheit schien ihr nicht zu gefallen, aber da sie nichts mehr sagte, tat ich es. "Wenn es nicht stimmen soll, dann sag mir, wie sich Robert dir gegenüber in den Wochen nach dem Ritual verhalten hat." "Er hat mich ignoriert", hauchte sie in ihren Schoß hinein. "Nun kennst du die Ursache dafür." Ich ließ sie noch ein wenig in Ruhe in ihrer Position verharren. Irgendwann atmete sie schwer ein, drehte sich dann zu mir und fauchte mit brüchiger Stimme: "Vicco, wieso hast du mir das angetan? Schon wieder! Was bitte geht in deinem Kopf vor? Das ist doch abnormal! Glaub bloß nicht, dass das etwas bedeutet! Wie… kommst du überhaupt auf die bescheuerte Idee, mich mit… mit Missbrauch von deiner Liebe überzeugen zu können? Wie!?" "Einvernehmlicher Sex ist KEIN Missbrauch!", entgleiste ich, fing mich aber sofort wieder und fügte an: "Ellys! Du hast dir meine Bilder angesehen. Meine Gefühle für dich könnten nicht aufrichtiger sein. Stilisiere mich nicht zum Bösewicht, nur um die deinen zu verleugnen!" Sie schnaubte. "So sieht einvernehmlich für dich aus, ja?" Sie hatte sich nicht gewehrt, also ja… Gut, dann setzte ich eben neu an. "Ich gebe alles, Ellys, alles, um dir deine wahren Gefühle vor Augen zu führen. Sie sind doch in dir! Du musst sie nur noch zulassen!" "Kein Interesse", spuckte sie aus, als ob sie es tatsächlich so meinen würde. „So lasse ich nicht mit mir reden, Kleines!“, raunte ich, drehte mich zu ihr und packte blitzschnell ihre beiden schmalen Handgelenke, die ich ihr wegzog, sodass sie fast den Halt verlor. Dann hielt ich sie daran fest und drückte das widerspenstige Ding unter mir auf die Wiese. Sie sah mich dabei nicht einmal an, sondern hinüber zu ihrem Diener. Mit in seine Richtung weisenden Handflächen, wies sie ihn darauf hin, nicht eingreifen zu brauchen. Ich hatte mich getäuscht, dass sie von ihrem hohen Ross heruntergestiegen sei. „Gestehe es dir endlich ein!“, brüllte ich sie ungehalten an, als sie sich dazu bequemte, zu mir zurückzublicken. Auf ihrem noch so jugendlich süßem Gesicht formte sich ein weiches und freundliches Lächeln, mit dem sie mir gefasst sagte: „Selbst wenn, ändert das überhaupt nichts!“ Notgedrungen fesselte ich sie mit meinem Blick. Was blieb mir anderes übrig, als sie daran zu erinnern, was sie an mir hatte. "Dieses Mal wirst du dich an unseren Kuss erinnern. Er wird dir die Augen öffnen!" Ellys funkelte mich in heimlicher Freude an, das sah ich genau. Zweifellos wollte sie mich insgeheim. In meiner großherzigen Gnade beugte ich mich zu ihr herab und tat so, als würde ich sie überwältigen, ein wunderbares Schauspiel für ihren Diener, der zu spät herbeieilen würde. Kurz bevor sich unsere Lippen berührten, spürte ich jedoch einen Widerstand an meiner Hüfte. Obwohl ich ihren flachen, sinnlichen Atem bereits spürte, kam ich nicht näher an sie heran. Sie fand ihr Lächeln wieder, obwohl sie das in ihrem Zustand gar nicht können durfte. „Rovas Bann ist schwerer zu brechen als deiner“, hauchte sie mir zart ins Gesicht, gab mir dann ein kleines Mitleidsküsschen auf die Wange und drückte mich mit ihren Füßen, die sie unter mich gestemmt hatte, von sich weg. „Kleines Biest!“, fauchte ich, mich wieder neben ihr aufrecht setzend. Sie war beweglich wie eine Katze, aber wenn ich ihren kleinen, zarten Körper so betrachtete, wunderte mich das kaum. Wenigstens konnte ich ihr bei dieser Gelegenheit unter den engen Rock sehen. Da war ein Hauch von blauer Spitze und ganz viel hübsche, straffe Haut, die mir Lust auf mehr machte, doch das würde an diesem Tag nichts werden. Sie setzte sich wieder neben mich, sagte dann aber unerwartet ermattet: "Ich habe eure Machtspielchen so satt." Ich schnalzte unzufrieden mit der Zunge. Ihre Willenskraft war überragend, aber auch ihre Sturheit. Damit begann sie, Elisabeth zu ähneln, die auch die mächtigsten unter uns mühelos um den Finger zu wickeln vermochte, ohne selbst jemals Einsicht zu zeigen. Ich hatte den rechten Zeitpunkt, sie mir zu eigen zu machen, schon um Monate verpasst und es nun mit einer widerspenstigen Vampirprinzessin, wie sie im Buche stand, zu tun, aber von diesem jungen Ding konnte ich mich doch nicht kleinkriegen lassen. „Ellys, langsam machst du mich Glauben, du hättest gar nicht die Absicht, mich und meine Gefühle zu verstehen“, beschuldigte ich sie, während ich meine langen Haare richtete. Sie zog die Augenbrauen zusammen, als wolle sie endlich klein beigeben. "Du wolltest dich aussprechen, also tun wir das jetzt auch. Hör zu, mein eigentliches Problem mit dir, ist dein fehlender Respekt vor mir. Du behandelst mich wie einen Gegenstand… Das kann ich einfach nicht mehr ertragen. Ich habe mein ganzes Leben lang immer nur getan, was andere von mir wollten und damit ist ein für alle Mal Schluss.“ Fehlender Respekt? Das war eine einleuchtende Erklärung für alles, was sie tat… auch, warum sie mich nicht annehmen konnte. Gerade einmal 19 Jahre war sie alt und erwartete, ohne dass sie in ihrem Leben etwas selbst erreicht hatte, dass ich sie respektieren würde…? Frauen in ihrem Alter hatten sich zu fügen! Und plötzlich brach sie über mich herein, meine Doppelmoral. Ich verhielt mich genau wie Vater, der so von Magret besessen war, dass er sie hypnotisierte und danach über sie herfiel. Aber es gab einen entscheidenden Unterschied. Ellys begehrte mich und ich sie. Mein Beweggrund entsprang reiner Liebe, nicht der verbohrten Vorstellung einer Erbfolge. Aber war ich nun im Recht, oder nicht? Zu einem schnellen Urteil würde ich nicht gelangen, Ellys sehr wohl aber einen kleinen Schritt entgegenkommen können. „Respekt also. Ich bemühe mich, in Zukunft nach deinen Regeln zu agieren. Ellys, du hast meine Bilder gesehen und auch die Wahrheit, die dahinter liegt. Du spürst meine Zuneigung, meine Liebe für dich, selbst wenn dir meine Methoden missfallen. In meinem langen Leben habe ich nur zwei Frauen geliebt, dich und Elisabeth und ich kann mit Gewissheit sagen, dass du besser zu mir passt als sie. Robert hat dir berichtet, ich führe ein ausschweifendes Leben, doch das habe ich nur getan, um ihren Verlust zu verarbeiten. Nun, wo ich dich in meinem Herzen habe, brauche ich das nicht mehr. Mein letzter und aufrichtiger Wunsch ist es, mich fest an dich zu binden.“ Sie legte sich nun nach hinten auf die Wiese, den von mir abgewandten Arm unter ihren Kopf und lächelte mich an, als wolle sie mir damit sagen, dass sie nun endlich vorhatte, sich mir zu öffnen. „Du brauchst nicht zu denken, dass ich an deiner Liebe zweifle, überhaupt nicht. Auch, was deine Ausstrahlung betrifft, liegst du richtig. Ich kann nicht verbergen, dass du mir gefällst, aber ich kann auch nicht vergessen, was du mir auf Schloss Bran angetan hast, denn dort HAST du mich missbraucht, Vicco! Und du hast dich verdammt nochmal niemals dafür entschuldigt." Ich schluckte, als ich diesen Zusammenhang begriff. Ich war tatsächlich wie Vater. Ellys' Puls beschleunigte sich rasant, während sie sprach und sie war noch nicht fertig. So entspannt liegen bleiben konnte sie dabei aber nicht mehr, sondern fuhr sich mit ihrer Hand nervös durch die Haare. "Und die Aktion eben hat mir bewiesen, dass du dich kein bisschen verändert hast. Sexuelle Erregung ist kein Freifahrtschein, verstehst du, Vicco. Du bist einer der Gründe, warum ich die Konvertierung so schnell wollte. Typen wie dir darf ich nicht unterlegen sein." "Ellys…", hauchte ich ehrlich ergriffen. So tief unter die Haut ging mir selten etwas. Wie konnte sie sich von mir belästigt fühlen? Jede Frau wollte mich. Wieso sie nicht? Das war doch unmöglich! Es war überhaupt nicht meine Vergangenheit, an der sie sich stieß, sondern einzig und allein mein selbstgefälliges Verhalten. Aber auch Robert benahm sich oft scheußlich. Wie konnte mir dieser narzisstische Soziopath in Sachen Beziehung überlegen sein? Die Frage brannte mir so stark auf der Zunge, dass ich dem Drang nachgab, sie zu stellen: „Deine Botschaft ist angekommen. Aber bitte erkläre mir doch, was Robert zu einem besseren Mann macht als mich." Sie lachte schnaubend, setzte sich wieder und sah mich danach an. Hatte ich etwas verpasst? "Du bist ein Lucard durch und durch. Wieso könnt ihr Esel euch nicht einfach Entschuldigen, wenn ihr einen Fehler gemacht habt? Nicht mal nach Aufforderung..." Verärgert zog sie sich selbst ihre nassen Stiefeletten an und stand dann auf. Eine Entschuldigung war wohl das Einzige, was sie aufhalten konnte und doch brachte ich sie nicht über die Lippen. Ellys wartete einen Moment lang vergebens auf meine Reue und sagte dann, ohne mich dabei ansehen zu können: "Wenn du dich irgendwann einmal dazu überwinden kannst, denke ich darüber nach, ob und wie du in mein Leben darfst. Aber das ist das Mindeste, um dir verzeihen zu können." Dann lief sie zurück über die Wiese. Seufzend nahm ich die beiden Handtücher an mich und folgte ihr. Man könnte meinen, eine Entschuldigung sei nicht schwierig, doch das war sie. Das Selbstverständnis, mir eine Frau zu nehmen, deren Körper nach mir schrie, gehörte zu meinem Charakter, den man bekanntlich nicht bereuen konnte… Dennoch hatte mir dieses Gespräch die Augen geöffnet, da mir Ellys tatsächlich die Chance eingeräumt hatte, sie zu begreifen. Dafür war ich sehr dankbar. Ich beobachtete, wie ihr Diener auf meine Liebste zugerannt kam. Ellys hielt ihre Arme für ihn ausgebreitet, in die er fast hineinsprang und es dann auch noch wagte, ihr wie ganz selbstverständlich einen Kuss auf die Lippen zu pressen, dieser Halunke. Ich verstand, dass sie mit ihm schlief, aber nicht, warum sie ihn auch lieben musste. „Du bist einfach die Beste!“, rief er überschwänglich wie ein einfältiges Kind. Er schien bemerkt zu haben, dass ich sie in unserem Gespräch nicht von mir überzeugen konnte. Von der Eifersucht auf diesen Bengel gepackt, wendete ich den Blick von den beiden ab und ging an ihnen vorbei, zurück zu Robert, der es sich auf seinem Korbstuhl bequem gemacht hatte. Als er mein verärgertes Gesicht sah, bildete sich auf seinem ein seliges Lächeln heraus. Nein, das konnte ich so nicht auf mir sitzen lassen! Ich lief zurück zu den beiden, die überrascht voneinander abließen. "Eine Sache noch, Ellys!" "Jetzt doch?", fragte sie, auf die unterlassene Entschuldigung bezogen und machte einen Schritt von ihm weg. Was ich vorhatte, war gewagt, aber sie war jung und alle jungen Vampire hatten nur eines im Kopf. Obendrein war sie nicht Elisabeth. Ich lief noch ein paar Schritte mit ihr, beugte mich dann zu ihr herab und flüsterte: „Lass mich irgendwann einmal dein Blut kosten, ja…?“ Danach lehnte ich mich zurück, lächelte zufrieden und ging an ihr vorbei, zurück zu Robert, dem mein neuer Gesichtsausdruck überhaupt nicht zusagte. Die Süße war zu einer erregten Salzsäule erstarrt, die im nächsten Moment von ihrem Lustknaben mit Fragen überschüttet wurde, auf die sie keine Antwort gab. So gefiel mir das Ganze doch schon besser. Einmal mehr misslang mein Plan, das Herz meines wilden Kätzchens allein für mich zu gewinnen. Dennoch befand sich unser Verhältnis keineswegs in Stagnation, denn nun vermute ich nicht mehr, sondern wusste. Ein wertvolles Geschenk von Lyz, das sie mir nicht hätte überreichen müssen. Sie wünschte sich eine Annäherung also durchaus. Der Weg, den es dafür zu beschreiten gab, erschien durch unser klärendes Gespräch nun deutlich vor mir, wenngleich mir verwehrt blieb, ihn zu gehen, wenn ich nicht fundamental umdachte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)