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Bodyguard

von

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Eine heftige Windböe fegte den kalten Regen die Straße entlang und sorgte dafür, dass die Wassertropfen selbst unter den Schirm gelangten. Die junge Frau umfasste den Griff des Regenschirms ein wenig beherzter und kämpfte einige Sekunden lang gegen den starken Wind, ehe sie das Glasdach der Eventhalle erreicht hatte und und dankbar darunter Schutz suchte.

Sie schloss den Schirm und fröstelte. Zwar hatte der Herbst gerade erst begonnen, doch heute sorgte ein Tief für kühle Luft und eine Menge Wind und Regen.

Was für ein Start in diesem fremden Land. Als sie vorgestern ins Flugzeug gestiegen war und ihre Heimat vorerst verlassen hatte, war es in New York sogar noch so warm gewesen, dass sie nicht einmal eine Jacke benötigt hatte. Hier im Land der aufgehenden Sonne, war es derzeit leider alles andere als sonnig und sie war froh, auch an eine Übergangsjacke und einen Schal gedacht zu haben.

Kaum hatte die junge Frau einige Schritte auf den Nebeneingang der Eventhalle zugetan, da erblickte sie auch schon ein bekanntes Gesicht. Wie verabredet wurde sie bereits von einem ihrer Kollegen aus den USA, welcher sich bereits ein wenig länger hier in Japan aufhielt, erwartet.

Die beiden begrüßten sich kurz und unterhielten sich auf englisch, während sie durch den Nebeneingang das Gebäude betraten und sich wenig später auch schon ein Mitglied des Filmteams, mit welchem sie in nächster Zeit wohl oder übel zusammenarbeiten würden, zu ihnen gesellte.

„Schön Sie zu sehen.“, begrüßte der Mitarbeiter des Filmteams die Blondine freundlich. „Wie geht es Ihnen? Ich hoffe der Flug nach Japan war nicht all zu beschwerlich?“

„Oh, I'm fine.“, begann sie, besann sich dann jedoch darauf, dass es höflicher wäre sich auf japanisch mit ihrem Gegenüber zu unterhalten. „Das Flugzeug ist pünktlich gestartet und pünktlich hier in Tokio angekommen.“, begann sie. „Nur der...wie sagt man noch gleich?“, kurz suchte sie nach der richtigen Vokabel. „Ah ja, genau! Nur der Jetlag macht mir noch ein wenig zu schaffen.“

„Oh weh, dann hoffe ich, dass Ihr Schützling Ihr Nervenkostüm nicht all zu sehr beanspruchen wird, bis Sie sich ein wenig erholen konnten.“, entgegnete der Angestellte des Filmteams, ehe er fast schon hektisch hinzufügte :“Verstehen Sie mich bitte nicht falsch! Sie ist eine wunderbare Schauspielerin und die Kollegen arbeiten gerne mit ihr, allerdings ist sie ein wenig eigen.“

Die junge Frau und ihr Kollege tauschten einen kurzen, verwunderten Blick aus, ehe sie beschloss noch einmal nachzuhaken. „Eigen?“

„Nun, sie ist von der Tatsache, einen Bodyguard zur Seite gestellt zu bekommen, nicht all zu begeistert. Trotz der Briefe, die sie in letzter Zeit bekommen hat.“

„Mein Chef hat mich schon über diese Briefe in Kenntnis gesetzt und ich muss sagen, dass es in dieser Situation wirklich sinnvoll ist, ihr jemanden zur Seite zu stellen.“

„Das sehen wir anderen ganz genau so. Vielleicht gelingt es Ihnen ja, sie zu überzeugen.“

„Ich werde es zumindest versuchen.“, entgegnete die Blondine, deren Lippen ein leichtes Schmunzeln zierte, auch wenn dies aktuell nur aufgesetzt war.

„Gut, dann mache ich Sie am besten schon einmal miteinander bekannt, bevor die Feier gleich eröffnet wird.“, schlug das Mitglied des Filmteams vor und ging voraus, während die junge Frau und ihr Kollege ihm folgten.

„Und du bist dir wirklich sicher, dass du diesen Job übernehmen willst, Jodie?“, sprach ihr Kollege die Blondine auf englisch an.

„Ganz sicher sogar.“, antwortete Angesprochene, deren fröhliche Miene mit jedem Wort ernster wurde.

„Selbst Akai ist der Meinung, dass das unter Umständen zu viel für dein Nervenkostüm werden könnte.“, mahnte ihr Kollege erneut, doch die junge Frau schüttelte nur den Kopf.

„Das hat er mir auch schon gesagt, Steve. Trotzdem bin ich der Überzeugung, dass es keine geeignetere Person für diesen Job gibt als mich. Das hier ist mein Fall.“

Ihr Kollege seufzte. „Ich seh schon, du hast es dir in den Kopf gesetzt.“, stellte er leise fest, während die beiden dem Mitarbeiter des Filmteams folgten.

Auf den Fluren, über die sie aktuell liefen, war größtenteils Personal unterwegs, sodass man sich hier noch einigermaßen unterhalten konnte und nicht Gefahr lief von einer Menschenmenge überrannt zu werden. Im Hauptsaal, in welchem die heutige Veranstaltung stattfinden sollte, sah es vermutlich bereits ganz anders aus.

„Aber eins solltest du wissen.“, setzte Steve leise an seine Kollegin gewandt zu einer Erklärung an. „Zwei andere Agenten, welche vor dir versucht haben sich als Bodyguard auszugeben, sind kläglich an ihrer Aufgabe gescheitert. Es ist unmöglich diese Frau wirklich zu beschatten.“

Nun war es an Jodie fragend eine Augenbraue hochzuziehen. „Warum denn das?“, wollte sie wissen. „Was war das Problem?“

Ihr Kollege zog eine schwer zu deutende Miene, fast so, als könnte er selbst nicht ganz glauben, was er da erzählte. „Wie der Mitarbeiter des Filmteams eben schon gesagt hat, ist dein neuer Schützling wenig begeistert darüber einen Bodyguard zur Seite gestellt zu bekommen. Natürlich haben die Kollegen es trotzdem versucht, um in ihrer Nähe endlich an brauchbare Informationen zu kommen, aber die ganze Sache war zum Scheitern verurteilt. Diese Frau hat es geschafft, dass man sie ständig aus den Augen verloren hat. Selbst in geschlossenen Räumen war sie plötzlich wie vom Erdboden verschluckt.“

Steve zog ein ratloses Gesicht, ehe seine Mimik etwas grimmiger wurde. „Natürlich war der Regisseur, der um die Sicherheit seiner Schauspielerin besorgt ist, da sie eine der Hauptrollen spielt, wenig begeistert davon, dass unsere Leute ihren Job scheinbar nicht richtig machen und hat sie jeweils nach einer guten Woche entlassen.“

Überraschung spiegelte sich in den blauen Augen der FBI Agentin. „Sie schafft es selbst in geschlossenen Räumen spurlos zu verschwinden? Das ist wirklich merkwürdig.“ Sie grübelte, ehe sie sich wieder an ihren Kollegen wandte. „Aber das Filmteam weiß nicht, dass das FBI sich eingeklinkt hat und glaubt nach wie vor, dass es sich um Mitarbeiter einer ganz normalen Sicherheitsfirma handelt, oder?“

Angesprochener nickte. „Genau so ist es. Wenn die Tarnung auffliegt, sind unsere Ermittlungen in nächster Zeit wohl endgültig zum Scheitern verurteilt. Denkst du also, du schaffst es dich nicht zu verraten?“

„Ich werde mein Bestes geben.“, meinte die Blondine

Natürlich gehörte es nicht unbedingt zu den Standartaufgaben eines FBI Agenten um die halbe Welt zu fliegen, um sich dann in einem anderen Land als Bodyguard auszugeben, doch besondere Situationen erforderten besondere Maßnahmen.

Das die Schauspielerin, wegen der sie bis nach Tokio geflogen war, einige unschöne Briefe erhalten hatte, war natürlich wenig erfreulich, jedoch hatte sich das FBI nicht zum Wohle der Schauspielerin selbst eingeschaltet. Nein, dass sie jetzt hier war, hatte einen ganz anderen Grund. Die Briefe und die Tatsache, dass der Regisseur eine Schutzperson für seine Schauspielerin gesucht hatte, waren lediglich eine glückliche Fügung des Schicksals gewesen. Schon seit einer ganzen Weile ermittelte das FBI gegen eine Verbrecherbande, trat dabei jedoch leider auf der Stelle. Nun jedoch hatte sich die Chance ergeben vielleicht an neue Informationen zu gelangen, welche letztlich hoffentlich dazu führen würden die Kriminellen zu schnappen, bestand doch der Verdacht, dass es sich bei der Zielperson selbst um ein Mitglied der besagten Verbrecherbande handelte.

„So, da wären wir.“, sprach das Mitglied des Filmteams, welches ein paar Meter voraus gelaufen war und somit nichts von der Unterhaltung mitbekommen hatte, die beiden Agenten an. „Dann will ich Sie mal einander vorstellen.“

Die junge Frau spürte, wie ihr Kollege ihr kurz eine Hand auf die Schulter legte. Sie schluckte. Jetzt also war der Moment gekommen, in dem sie der Frau gegenüberstehen würde, die der Person so ähnelte, die ihr Leben so sehr geprägt hatte.

Der Magen der Blondine zog sich zusammen und sie zwang sich, sich zu konzentrieren.

Vielleicht mochten die Bedenken ihrer Kollegen, dass dieser Fall für sie belastender sein könnte als für andere, nicht ganz unbegründet sein, doch gerade aus diesem Grund, durfte sie sich keine Fehler erlauben. Das hier war ihre Chance, mit der Vergangenheit abzuschließen.

 

Der Flur, über welchen sie gelaufen waren, war mit einem unauffälligen blaugrauen Teppich ausgestattet, während die Wände weiß gestrichen waren. Hier und da fand sich ein Bild an der Wand, welches die Eventhalle selbst, oder aber den Platz vor der Halle zu verschiedenen Anlässen zeigte. Da sich an den Türen, welche sie passierten, keine Beschriftungen fanden, war es schwer zu sagen, was sich in den jeweiligen Räumen dahinter befand.

Als der Angestellte des Filmteams schließlich vor einer der Türen stehen blieb und verkündete, dass sie angekommen wären und er sie nun mit ihrem Schützling bekannt machen würde, fragte die Blondine sich, ob sie sich wohl im Hauptsaal der Eventhalle wiederfinden würden, wenn sie nun durch diese Tür schritten.

„Hallo zusammen!“, grüßte der Angestellte und verschwand als Erster im Raum. Die beiden Agenten tauschten einen kurzen Blick aus, dann überließ Steve seiner Kollegin den Vortritt.

Jodie versuchte sich die Anspannung nicht anmerken zu lassen, als sie nach dem Angestellten des Filmteams den Raum betrat.

Die Haupthalle war das hier nicht, so viel stand fest. Viel mehr glich der Raum einer Art Umkleide, oder aber Aufenthaltsraum. Einige Schauspieler standen in kleinen Grüppchen zusammen und unterhielten sich, blickten jedoch auf, als die Neuankömmlinge den Raum betraten.

„Wen hast du uns denn da mitgebracht, Hisagi?“, erkundigte ein kleiner Mann Ende 50, welcher gut und gerne 20 Kilo zu viel auf den Rippen hatte, sich bei dem Angestellten.

„Chef, das hier sind die Mitarbeiter der Sicherheitsfirma, die Sie für Miss Vineyard angefordert haben. Darf ich vorstellen...“, begann der Angestellte seinem Chef zu erklären, doch den Rest des Satzes bekam Jodie nicht mehr mit.

Bei den im Raum anwesenden Personen, handelte es sich größtenteils um Japaner, weshalb die Frau mit den hellblonden Haaren und den europäischen Gesichtszügen sofort aus der Gruppe herausstach. Die Zielperson unterhielt sich gerade mit zwei anderen Schauspielerinnen, welche sie wohl von den Dreharbeiten her kannte und schenkte den Neuankömmlingen im ersten Augenblick nicht all zu viel Beachtung.

Der Magen der FBI Agentin krampfte sich erneut zusammen, während sie das Gefühl hatte, dass die Temperatur im Raum schlagartig um zehn Grad gefallen sein musste.

„...Miss Starling?“, riss die Stimme des Regisseurs sie aus den Gedanken. „Ist alles in Ordnung mit Ihnen?“

Angesprochene blinzelte.“Oh yes. I'm sorry. Ich war mit den Gedanken wohl kurz woanders.“, entschuldigte sie sich.

„Nicht so schlimm.“, winkte der Regisseur ab. „Mein Name ist Renji Yamamoto.“, stellte er sich vor. „Ich bin sozusagen dafür verantwortlich, dass der Film ein voller Erfolg wird und ich war es auch, der Ihre Firma kontaktiert hat. Ich gehe davon aus, dass Ihr Chef sie bereits über die Briefe in Kenntnis gesetzt hat, die eine der Schauspielerinnen in regelmäßigen Abständen erhält?“

„Es freut mich Sie kennenzulernen, Herr Yamamoto. Und ja, über die Briefe hat mein Chef mich bereits informiert.“

„Das ist sehr gut. Die Briefe, inzwischen vier Stück an der Zahl, wurden zwar an Miss Vineyard gerichtet, aber an die Adresse meiner Firma gesandt. Vermutlich -“

„Vermutlich handelt es sich um die Briefe von irgendeinem verrückten Fan. Lästig, aber sonst auch nichts. Sie schenken diesen Briefchen viel zu viel Beachtung, aber meine Meinung dazu kennen Sie ja bereits.“, beendete eine andere Stimme den vom Regisseur angefangenen Satz.

Die junge Frau sog scharf die Luft ein und widerstand dem Reflex, augenblicklich zu der Person die gesprochen hatte herumzuwirbeln, nur mit viel Mühe. Langsam drehte sie sich und sah sich schließlich der Person gegenüber, die der Grund für die Reise nach Japan gewesen war.

Sie musste der Schauspielerin lassen, dass sie ein wirklich schönes Gesicht hatte. Die hellblonden Haar fielen ihr in sanften Wellen über die Schultern und wie viel das schwarze Designerkleid, welches die Andere trug, gekostet haben mochte, wollte sie sich lieber gar nicht erst vorstellen.

Die FBI Agentin starrte ihr Gegenüber für einen Moment an. Ja, die Schauspielerin war schön und hatte einen guten Modegeschmack, was sie aber wirklich fesselte, waren ihre Augen.

Die grünen Augen der Anderen funkelten wach und intelligent, aber gleichzeitig meinte sie auch eine Kälte darin zu entdecken, wie sie sie erst bei wenigen Personen gesehen hatte. Der Blick dieser Frau hatte etwas von einer lauernden Katze und sie wurde das Gefühl nicht los, dass diese Augen sie schneller lesen konnten, als es ihr lieb war.

Die Schauspielerin nickte ihr knapp zu. „Chris Vineyard.“, stellte sie sich vor. „Und Sie müssen die Person sein, die mein Chef wegen dieser Briefe auf mich angesetzt hat.“

„Jodie Starling.“, stellte nun auch die Agentin sich vor, als sie ihre Sprache wiedergefunden hatte. „Das man mich auf Sie angesetzt hat, ist vielleicht nicht ganz der passende Ausdruck, aber ja, ich bin die Person, die in nächster Zeit darauf achten wird, dass Ihnen nichts passiert.“

„Du solltest diese Briefe wirklich etwas ernster nehmen, Chris.“, mischte der Regisseur sich ein. „Wahnsinnige gibt es wie Sand am Meer und in der heutigen Zeit ist leicht etwas passiert.“

Die Schauspielerin seufzte nur leise und verschränkte die Arme vor der Brust.

„So geht das jetzt schon seit Wochen.“, erklärte sie. „Der einzige Grund, warum ich einem Bodyguard zugestimmt habe ist, dass ich hoffe, das diese Panikmacherei dann endlich aufhört. Aber auch wenn ich davon überzeugt bin, dass hinter den Briefen mehr heiße Luft als alles andere steckt, hoffe ich trotzdem, dass Sie ein wenig mehr von Ihrem Beruf verstehen, als Ihre beiden Vorgänger.“

„Diese beiden konnte man doch wirklich in der Pfeife rauchen!“, pflichtete der Regisseur der Schauspielerin bei. „Kaum ist es in einem Raum mal etwas voller, haben sie sie aus den Augen verloren. So etwas darf einfach nicht passieren!“

Jodie und ihr Kollege Steve tauschten einen raschen Blick. Die beiden wussten, dass es sich bei ihren Vorgängern um durchaus fähige Agenten handelte, die eine Zielperson sicher nicht mal eben so aus den Augen verlieren würden. Dennoch hatte diese Frau es scheinbar geschafft zu verschwinden, wenn sie dies wollte und Jodie war überzeugt davon, dass eine gewisse Absicht dahinter stecken musste. Sie fragte sich, was die Andere dem Regisseur wohl erzählt haben mochte. Glaubhaft geschauspielert hatte sie aber auf jeden Fall, hielt der Regisseur die beiden vorherigen Undercoveragenten doch für die Stümper.

„Keine Sorge. Ich verstehe etwas von meinem Beruf und aus den Augen verlieren werde ich Sie ganz sicher nicht.“, versicherte die junge Frau ein wenig unterkühlter, als sie eigentlich hatte klingen wollen. Im Gesicht der Schauspielerin blitzte für einen Sekundenbruchteil eine Spur von Misstrauen auf.

„Kann ich die Briefe vielleicht mal sehen?“, zwang Jodie sich zu fragen.

Chris zuckte leicht mit den Schultern, ehe sie sich eine verirrte Strähne aus dem Gesicht strich.

„Meinetwegen. Aber das muss warten. Laut meiner Uhr müsste die Veranstaltung gleich eröffnet werden.“

Der Regisseur, welcher neben der Blondine stand, nickte rasch. „Das stimmt. Inzwischen müssten die Leute hereingelassen worden sein und da sollten die Ehrengäste, also unsere Schauspieler, sich nicht verspäten.“

Eine Gruppe, bestehend aus vier Schauspielern, welche sich bis gerade ebenfalls hier im Raum befunden und sich unterhalten hatte, war inzwischen zur Tür gelaufen und hatte sich auf den Weg in die Haupthalle gemacht.

Zwei weitere Schauspielerinnen hielten kurz auf die kleine Gruppe zu. „Kommst du mit, Chris?“, erkundigte die eine sich bei ihrer Kollegin, hakte sich unter und zog die Blondine einen Schritt in Richtung Tür.

„Ja, natürlich.“, versicherte diese, ehe sie noch einmal einen raschen Blick über die Schulter warf und die Agentin anblickte. „Schließen Sie sich uns an und halten Sie Ausschau nach diesem Verrückten.“, forderte die amerikanische Schauspielerin die andere Blondine auf. „Auch wenn es unwahrscheinlich ist, dass diese Person überhaupt hier auftauchen wird.“

Schließlich wandte sie sich wieder den beiden anderen Schauspielerinnen zu und machte sich mit den beiden auf den Weg zur Haupthalle.

Steve hatte der anderen FBI Agentin erneut eine Hand auf die Schulter gelegt. „Schaffst du das?“, wollte er noch einmal wissen. Hier würden die Wege der beiden sich trennen, damit die ganze Aktion nicht auffliegen würde.

Zwar liefen der jungen Frau immer wieder heiße und kalte Schauer über den Rücken, ein entschlossenes Nicken brachte sie dennoch zu Stande. „Natürlich. Ich bleibe in ihrer Nähe und versuche mich nicht abschütteln zu lassen.“, versicherte sie, ehe sie sich sputete hinter ihrem Schützling und deren Schauspielerkolleginnen herzulaufen, um nicht den Anschluss zu verlieren.

Kurz betrachtete sie Chris, die mit den beiden Anderen vor ihr her lief. Sie konnte es wirklich nicht fassen. Wie konnten zwei Personen sich nur so ähnlich sein?

Wenn Jodie das Gesicht dieser Frau sah, fühlte sie sich an jenen furchtbaren Tag in ihrer Kindheit zurückversetzt. Wenn sie die Stimme der Anderen hörte, konnte sie den Rauch wieder riechen und die Flammen, welche ihr Elternhaus damals verschlungen hatten, wieder lodern sehen.

Kurz schüttelte sie den Kopf und versuchte die schrecklichen Erinnerungen zu verdrängen. Sie musste sich zwingen nicht aus den Augen zu verlieren, dass diese Frau dort zwar so etwas wie die exakte Kopie ihres schlimmsten Alptraums war, aber eben nicht die gleiche Person! Chris dürfte kaum älter als sie selbst sein und konnte folglich gar nicht für den Tod ihres Vaters und das Feuer verantwortlich sein. Dennoch fiel es ihr schwer, diese Frau mit neutralem Blick zu betrachten.

Nun, natürlich durfte sie ihren eigentlichen Job auch nicht aus den Augen verlieren. Die Blondine war nicht die Frau, die ihr Leben damals mit einem Schlag zerstört hatte, ein Unschuldslamm war die Schauspielerin aber mit Sicherheit auch nicht. Ihre Kollegen verdächtigten Sie, ein Mitglied dieser Verbrecherbande zu sein und nachdem sie der Anderen eben kurz in die Augen gesehen hatte, fiel es ihr nicht schwer, eben dies auch zu glauben. Was fehlten waren Beweise und die würde sie hoffentlich bekommen, wenn sie ihren Job gut machte und ihre Tarnung nicht aufflog.

Gemeinsam mit den Schauspielern erreichte Jodie schließlich die Haupthalle, in welcher die heutige Feier stattfinden würde.

So weit sie wusste, handelte es sich um eine Wohltätigkeitsveranstaltung und die hier anwesenden Schauspieler waren als Ehrengäste eingeladen worden.

Wie sie feststellte, waren jedoch auch noch eine ganze Menge anderer Gäste anwesend, weshalb sie besser zusah, ihre Zielperson nicht aus den Augen zu verlieren. Das diese es angeblich schaffte einfach so zu verschwinden, hatte ihr Kollege ihr ja gerade schon mitgeteilt.

 

Die Haupthalle, in welcher die Feierlichkeit stattfand, war bereits gut gefüllt. Überall standen Gäste in teurer Abendgarderobe herum, unterhielten sich, lachten, oder versuchten sich einen Weg durch die Menge zu bahnen, um ein bekanntes Gesicht zu begrüßen.

An einer Seite der Halle, war ein Buffet mit einer großen Auswahl an Speisen und Getränken aufgebaut worden. Leise Musik füllte den Raum und hier und da entdeckte die junge Frau ein paar Kellner, welche sich ihren Weg durch die Menschenmenge bahnten, um die gerade eingetroffenen Gäste mit einigen Häppchen, oder einem Glas Sekt zu versorgen.

Ein Weilchen hielt sie sich hinter der Schauspielergruppe auf, in welcher sich auch ihr derzeitiger Schützling befand. Während Jodie sich bemühte die Gruppe nicht aus den Augen zu verlieren, nutzte sie den Moment jedoch auch, um einen ersten Eindruck von dieser Veranstaltung und den Gästen in ihrer Nähe zu gewinnen.

Die meisten hier Anwesenden machten keinen sehr verdächtigten Eindruck, sondern wirkten höchstens ein klein wenig abgehoben, was wohl ein allgemeines Problem von Leuten mit viel Geld sein musste. Immer wieder gesellten sich einige Leute zu den Schauspielern und verwickelten sie in oberflächliche Gespräche. Auffällig war dies nicht und auch die Gesprächsthemen waren die, die man auf einer solchen Feier erwarten würde.

Die andere Blondine versicherte einem Besucher der Veranstaltung gerade, dass sie noch keine näheren Details zu dem Film, welcher unter der Regie von Herrn Yamamoto gedreht wurde, Preis geben durfte.

Wieder stellte die junge Agentin erstaunt fest, wie gut die Andere doch Japanisch sprach. Dafür, dass sie die Sprache selbst nicht so oft gebrauchte, sprach auch Jodie selbst sehr passabel Japanisch, allerdings war ihr Akzent zu jederzeit deutlich herauszuhören und hier und da fehlte ihr manchmal die ein oder andere Vokabel. Chris Aussprache war hingegen nahezu perfekt und sie fragte sich, ob die amerikanische Schauspielerin sich wohl des Öfteren hier im Land der aufgehenden Sonne aufhielt.

Von der Bühne aus, hatte der Regisseur inzwischen das Wort ergriffen, richtete einige Worte an das Publikum und gab das Mikrophon dann an den Veranstalter der Feier weiter, welche die Begrüßungsrede fortsetzte und anschließend über das Projekt zu berichten begann, welchem der Erlös des heutigen Abends zu gute kommen sollte.

So verging die Zeit. Nach der Rede, begannen die Gäste wieder damit sich zu unterhalten und die Musik wurde etwas lauter gedreht. Auch die Blondine unterhielt sich dann und wann ein wenig mit den Leuten, welche neben ihr standen, ließ dabei jedoch zu keiner Zeit ihren Schützling und die nähere Umgebung aus den Augen.

 

Einige Zeit lang passierte überhaupt nichts außergewöhnliches und fast schon nahm Jodie an, dass diese Feier hier ganz normal verlaufen würde, als ihr auffiel, wie die Schauspielerin, die sie im Auge behalten sollte, unauffällig zur Uhr blickte. Erst einmal dachte sie sich nichts dabei, denn jeder riskierte mal einen Blick auf die Uhr, doch bei einem Blick blieb es nicht. Immer wieder blickte die Zielperson auf die Uhr, je später es wurde. Das Prüfen der Zeit war so unauffällig, dass ihre Kolleginnen und die Gäste, welche immer mal wieder bei der Schauspielerin auftauchten um mit ihr zu reden, es gar nicht bemerkten. Jodie jedoch, die gute zwei Schritte hinter der Anderen stand, begann sich langsam zu fragen, was so wichtig an der derzeitigen Uhrzeit sein mochte.

Schließlich entschuldigte ihre Zielperson sich kurz, setzte sich in Bewegung und bahnte sich einen Weg durch die Menge, einmal quer durch die Halle.

Die FBI Agentin nahm dies zum Anlass, ihr besser zu folgen. Zum einen beschlich sie plötzlich ein seltsames Gefühl, zum anderen wollte sie sich nicht am Ende noch nachsagen lassen, als Bodyguard versagt zu haben, weil sie ihren Schützling für einen Moment aus den Augen gelassen hatte.

Rasch wich die junge Frau einem Kellner aus, kämpfte sich an zwei Grüppchen von Besuchern vorbei und hatte schließlich ebenfalls das andere Ende der Halle erreicht.

Gerade sah sie die andere Blondine noch durch eine Tür gehen und sputete sich, ihr unauffällig zu folgen, ehe sie sie noch aus den Augen verlor.

Kaum hatte sie einen Blick in den anderen Raum riskiert, entspannte die junge Frau sich jedoch ein wenig. Sie fand sich im Vorraum der Damentoiletten wieder und das eine Person nach einigen Gläsern Sekt mal hier her verschwand, war weder besonders ungewöhnlich, noch irgendwie verwerflich.

Jodie sah ihre Zielperson gerade noch hinter der von ihr aus gesehen dritten Tür verschwinden, ehe sie einen Blick in den Spiegel riskierte, kurz ihr Spiegelbild betrachtete und den Kopf schüttelte.

Wurde sie jetzt schon paranoid, nur weil es sich bei der Schauspielerin um so etwas wie die exakte Kopie von dem Schrecken ihrer Kindheit handelte?

Zwei andere Frauen, welche bis eben vor der Spiegelfront gestanden hatten um ihr Make-Up zu erneuern, verließen den Raum wieder und begaben sich zurück zur Party.

Kurz überlegte die Blondine, ebenfalls wieder nach draußen zu gehen, weil sie ihrem Schützling ungern erklären wollte, warum sie sie bis zur Toilette verfolgte, doch dann entschied sie sich dagegen. Sie spielte derzeit den Bodyguard der Schauspielerin und da konnte sie ohne mit der Wimper zu zucken behaupten, nur aus dem Grund hier auf die Andere zu warten, um ihre Sicherheit zu garantieren. Der wahre Grund, weshalb sie blieb, war jedoch dieses merkwürdige Gefühl, welches einfach nicht verschwinden wollte. Sie hatte das Gefühl, das hier irgendetwas nicht stimmte, auch wenn sie nicht so recht wusste, was genau es war.

Die Toilettentür öffnete sich wieder und heraus kam eine Frau mit brünetten Haaren und einem weinroten Abendkleid. Beinah hätte Jodie gar nicht auf die Person reagiert, glaubte sie im ersten Moment doch, dass sie sich täuschte und die Dame aus der von hier aus gesehen vierten Kabine getreten war. Ein Blick in den Spiegel verriet ihr jedoch, dass es die dritte Kabine war, deren Tür gerade zu fiel.

Die Brünette musste ihre Anwesenheit zwar bemerkt haben, jedoch schenkte sie ihr keinerlei Beachtung, sondern ging seelenruhig rüber zu einem der Waschbecken und begann damit sich die Hände zu waschen.

Für einen Moment war die Blondine wahrlich verwirrt. Sie hatte ganz eindeutig gesehen, dass Chris diese Kabine eben noch betreten hatte, heraus gekommen war jedoch eine ihr unbekannte Person. Wie konnte das sein?! Die Türen hatte sie ganz sicher nicht durcheinander gebracht.

Diese Frau schafft es zu verschwinden, wann immer sie möchte..., hallten ihr die Worte ihres Kollegen durch den Kopf. Kurz dachte sie über diese Information nach, dann fiel ihr die Lösung plötzlich wie Schuppen von den Augen.

Sie glaubte zu wissen, woran es lag, dass ihre Kollegen die Schauspielerin zuvor jedes Mal aus den Augen verloren hatten, wenn diese sich in den Kopf gesetzt hatte, zu verschwinden. Beinah wäre sie selbst ebenfalls auf diesen Trick hereingefallen, ihr Glück war jedoch, dass sie vorgewarnt gewesen war und gesehen hatte, wohin die Frau eben noch verschwunden war.

 

Die junge Agentin trat einen Schritt auf die Brünette zu, welche sich mit einem Einmalhandtuch die Hände abgetrocknet hatte und das Handtuch gerade in einen Mülleimer beförderte.

Sie legte eine Hand auf die Schulter der Anderen und war wirklich froh darüber, dass außer ihnen derzeit sonst niemand anwesend war.

„Beinahe wäre ich darauf hereingefallen.“, äußerte die Blondine.

„Entschuldigen Sie...?“, die Stimme ihres Gegenübers klang verwirrt und...fremd.

Leise Zweifel machten sich breit. Das war nicht die Stimme, die sie erwartet hatte. Hatte sie sich am Ende doch getäuscht? Wobei nein, ihre Zielperson war Schauspielerin, wenn sie am Ende noch dazu in der Lage sein sollte, ihre Stimme zu verstellen, würde es sie auch nicht wundern.

„Jetzt komm schon, tu nicht so.“ An den Schultern drehte die junge Agentin ihr Gegenüber beherzt zu sich. Sie glaubte den Trick der Anderen durchschaut zu haben und irgendwie machte diese dreiste Masche sie einerseits wütend, andererseits machte sich auch ein gewisses Triumphgefühl in ihr breit, weil sie die Aktion durchschaut hatte.

„Du hast einen Moment gebraucht, um die Kontaktlinsen einzusetzen, dich umzuziehen, die Perücke aufzusetzen und dein Make-Up abzuändern.“, fuhr Jodie fort, ohne der Brünetten eine Gelegenheit zu einer Antwort zu geben. „Für eine solche Veränderung hast du die Aktion wirklich in einer Rekordzeit geschafft, aber ich habe den Trick durchschaut. Jetzt gib schon zu, dass ich Recht habe.“

Einen langen Moment lang starrten die beiden Frauen sich an. Die FBI Agentin wurde das Gefühl nicht los, dass die derzeit Brünette nach einem kleinen Anzeichen von Unsicherheit in ihrem Blick suchte, doch als sie nur Überzeugung darin fand, tauschte sie die gespielt irritierte Mimik schließlich gegen ein Schmunzeln ein, während in den aktuell braunen Augen ein schwer zu deutendes Funkeln lag.

„So? Jetzt sind wir also schon beim 'du'?“, hakte ihr Gegenüber nun wieder mit unverstellter Stimme nach. „Du bist also in der Lage 1 + 1 zusammenzuzählen. Ich muss zugeben, dass ich dich da wohl etwas unterschätzt habe.“

„Ich habe durch Zufall bemerkt in welcher Kabine du verschwunden bist und seltsamerweise hat eine andere Person eben jene Kabine wieder verlassen. Für einen kleinen Moment hast du mich verwirrt, aber dann habe ich den Trick durchschaut.“

„Was für ein kluges Köpfchen. Herzlichen Glückwunsch.“, kam es spöttisch von der Schauspielerin, ehe diese der Blondine einen herausfordernden Blick zuwarf. „Und was gedenkst du nun zu tun?“, erkundigte Chris sich.

„Kommt ganz darauf an, was du mit dieser Aktion überhaupt bezwecken wolltest.“

Das die Andere es darauf angelegt hatte unbemerkt zu verschwinden war klar, stellte sich bloß die Frage warum.

„Ich fürchte, dass dieses kleine Geheimnis dich leider nicht zu interessieren hat.“

Die blauen Augen der Agentin verengten sich vor Missfallen ein Stück, während sie ihr Gegenüber betrachtete. Die Tatsache, dass sie einer gewissen anderen Person so ähnelte, machte ihre Zielperson schon nicht gerade sympathisch, die Art wie sie sich gab, machte es da nicht unbedingt besser. Ihre Kollegen beim FBI hatten Recht damit gehabt, dass es ihr aufgrund ihrer Vergangenheit schwer fallen würde, sich der Blondine gegenüber neutral zu verhalten, jedoch war Jodie auch fest entschlossen ihren Job ordentlich zu machen.

Ihr Gegenüber wurde verdächtigt ein Mitglied einer Verbrecherbande zu sein, welche bereits für so einen Schaden gesorgt hatte, dass selbst das FBI sich eingeschaltet hatte. Da es bisher leider keinerlei Beweise gab, war es nun an ihr geeignete Beweise zu finden und das wiederum würde nur gelingen, wenn sie ihren Job glaubhaft spielte und sich als Angestellte einer Sicherheitsfirma ausgab, welche damit beauftragt worden war ein Auge auf die Schauspielerin zu haben, um deren Sicherheit zu gewährleisten. Eine unauffälligere Möglichkeit sich in der Nähe der anderen Blondine aufzuhalten, gab es nun einmal derzeit nicht.

„Meine Vermutung ist ja, dass du diese Verkleidung gewählt hast, um unauffällig von hier zu verschwinden.“, versuchte Jodie es anders. „Dein Chef hat mich eingestellt, damit deine Sicherheit gewährleistet wird. Muss ich dich an diese Briefe erinnern? Angesichts der derzeitigen Situation bist du unter Umständen in Gefahr und du kannst dir denken, dass mir das missfällt.“

Unbeeindruckt spielte die andere Frau mit einer der künstlichen Ponysträhnen, ehe sie erwiderte :“Wie ich vorhin schon gesagt habe, nehme ich diese albernen Briefchen nicht wirklich ernst. Und dem Bodyguard habe ich nur zugestimmt, um endlich meine Ruhe zu haben.“

„Zugestimmt hast du immerhin. Jetzt beschwer dich also nicht, wenn ich meine Arbeit ernst nehme.“

Im ersten Augenblick blitzte Missfallen in den aktuell braunen Augen auf, dann blickte Chris fast schon ein wenig amüsiert drein. „Du bist ganz schön hartnäckig, Kleine.“, schmunzelte sie. „Mein Chef hat dich eingestellt, damit du während der Dreharbeiten und bei öffentlichen Veranstaltungen wie dieser hier auf mich Acht gibst. Würdest du deinen Job also nicht ganz so in Gefahr sehen, wenn du wüsstest, dass du mich sicher von A nach B begleitet hast?“

Bei diesen Worten hob die FBI Agentin fragend eine Augenbraue. Ihre Aufgabe war es zwar, hier in der Öffentlichkeit auf die Schauspielerin zu achten, wie Chris es eben schon ganz richtig festgestellt hatte, doch wenn die Andere es zuließ, dass sie sie ein Stück begleitete, würde sie vielleicht an erste Informationen gelangen.

„Wie genau meinst du das?“, hakte Jodie also nach und bemühte ihre Stimme skeptisch klingen zu lassen.

„Nun, wir gehen gemeinsam bis zur Eingangstür. Von dort aus hast du den Parkplatz bestens im Blick und weist, dass mir dieser Verrückte ganz sicher nicht irgendwo hier aufgelauert hat. Deinen Job hättest du also erledigt.“, schlug die Frau mit den eigentlich hellblonden Haaren vor.

„Sicher durch die Veranstaltung begleitet hätte ich dich, das ist richtig. Aber was ist mit dem Parkplatz? Wenn dir jemand auflauert, halte ich diese Möglichkeit draußen für wahrscheinlicher, als es in dieser Menschenmenge der Fall ist.“, gab die Agentin zu bedenken und hoffte, in diesem Gespräch vielleicht an brauchbare Informationen zu gelangen.

Ungerührt deutete ihr Gegenüber mit einer kurzen Geste auf den Spiegel. „Mal ehrlich, hättest du mich nicht in die Kabine hinein, und schließlich wieder hinausgehen sehen, hättest du mich derzeit erkannt?“

Unbehagen machte sich in der Blondine breit. Für sie war es schwer genug sich überhaupt mit dieser Frau zu unterhalten, doch die Tatsache, dass diese dazu in der Lage war, sich binnen kürzester Zeit in einem unbeobachteten Augenblick in eine vollkommen anders aussehende Person zu verwandeln, war wahrlich beunruhigend.

„Nein, das hätte ich wohl nicht...“, musste Jodie unwillkürlich zugeben.

„Da siehst du es. Du hättest mich nicht erkannt und dieser Verrückte würde es wohl auch nicht, wenn er denn überhaupt irgendwo hier in der Nähe ist.“

„Also ist das der Grund für diese Verkleidung?“, schlussfolgerte die junge Frau. „Also beunruhigen dich diese Briefe doch.“ Sollte sie den Gedanken als beruhigend empfinden, dass sich selbst eine Person mit solch kalten Augen, vor irgendetwas sorgte?

„Auch wenn es überflüssig ist, kann ein wenig Vorsicht ja nicht schaden. Außerdem möchte ich gehen und als Unbekannte ist das unkomplizierter, als wenn ich mich als berühmte Schauspielerin in Richtung Tür begebe und von zig Leuten angesprochen werde.“

Was die Andere da sagte, klang durchaus logisch. Dennoch misstraute Jodie dieser Frau und das lag nur zum Teil an deren Äußeren.

„Und warum hast du eben so getan, als wenn du mich noch nie gesehen hättest?“

„Nun, diese Diskussion, die wir hier gerade führen, hätte ich mir eben lieber erspart.“

Schlagartig bildete sich Gänsehaut auf den Armen der Agentin, als ihr Schützling ihr für einen Moment die Hand auf denn Oberarm legte.

„Kommst du nun mit zum Eingang, oder nicht?“, wollte Chris mit einem leicht genervten Unterton in der Stimme wissen, ehe sie hinzufügte :“Keine Sorge, ich werde meinem Chef schon nicht auf die Nase binden, dass du mir eine halbe Stunde vor dem offiziellen Ende der Veranstaltung hier raus geholfen hast.“

Jodie konnte den Reflex nicht unterdrücken, die Hand ihres Gegenübers rasch von ihrem Oberarm zu entfernen und ihr einen unterkühlten Blick zuzuwerfen, was Chris beinahe zu belustigen schien.

„Wie kommst du von hier aus heim?“, murrte die Agentin schließlich, die sich immerhin ein wenig Mühe geben musste, ihren Job glaubhaft zu spielen.

„Mit dem Auto. Ich werde abgeholt.“, entgegnete die Schauspielerin nur knapp, ehe sie sich in Bewegung setzte, während die Blondine ihr wohl oder übel folgte.

Ohne weitere Zwischenfälle schafften die beiden Frauen es durch die Halle. Die Verabschiedung fiel knapp und kühl aus und schließlich beobachtete die Agentin, wie ihre Zielperson, welche derzeit so anders aussah, von der Eventhalle aus in Richtung Parkplatz lief und sich eine Zigarette anzündete. Diese Frau hatte etwas von einem Wolf im Schafspelz, so viel stand fest.

Da es inzwischen dunkel war, konnte Jodie zwar erkennen, dass ein schwarzer Porsche neben ihrer Zielperson anhielt, in welchen diese schließlich einstieg, aufgrund der Dunkelheit konnte sie jedoch leider nicht das Kennzeichen erkennen. Verdammt! Vielleicht wäre das ein erster Anhaltspunkt gewesen, der bei den Ermittlungen weitergeholfen hätte.

Fürs erste beschloss die junge Frau sich wieder ein wenig zu sammeln und dann einen Bericht zu schreiben, welchen sie an ihre Abteilung weitergeben würde. Jedes Wort und jede noch so kleine Kleinigkeit könnten unter Umständen wichtig sein.

 

„Du bist spät dran.“, murrte der Fahrer des Porsche nur unwirsch, während sein Blick stur auf die Straße gerichtet war.

„Ich weiß. Ich wurde aufgehalten.“, erklärte die Schauspielerin, welche es sich auf der Rückbank des Fahrzeugs gemütlich gemacht hatte, ehe sie sich einen tiefen Zug aus ihrer Zigarette gönnte.

„Ach ja?“, lautete die desinteressiert klingende Antwort.

Die Frau kurbelte das Fenster des Autos ein Stück weit hinunter, schnippte den Zigarettenstummel aus dem Fenster und befreite sich schließlich wieder von der Perücke.

Rasch fuhr sie sich einmal mit der Hand durch die Haare, ehe ihre Frisur wieder so lag, wie sie sollte. Schließlich blickte sie geradewegs in den Rückspiegel, in welchen auch der Fahrer des Porsches gerade sah.

„Es wird Zeit, dass sich endlich ein Anhaltspunkt finden lässt, der zu dem Verfasser dieser Briefe führt, damit einer von uns ihn umlegen kann.“, begann sie und schlug die Beine übereinander. „Mein Chef hat mir schon wieder einen neuen Bodyguard vor die Nase gesetzt. Langsam wird es echt nervig.“

„Und bei dieser Person handelt es sich wieder um eine Ratte vom FBI?“ Das war mehr eine Feststellung als eine Frage gewesen.

Angesprochene lachte. „Natürlich, was denkst du denn, Gin? Ich lasse diese Stümper natürlich auch weiterhin in dem Glauben, dass ich mir dessen nicht bewusst bin.“

Als sie keine Antwort erhielt, beschloss die Blondine ihren Bericht fortzuführen.

„Die Kleine, die sie diesmal auf mich angesetzt haben, ist allerdings gar nicht so schlecht. Sie hat es sogar geschafft meine Tarnung zu durchschauen. Und habe ich schon erwähnt, dass sie scheinbar irgendetwas gegen mich hat? Sie starrt mich die ganze Zeit über an, als wollte sie mir am liebsten den Hals umdrehen.“

„Dann hör endlich mit deinen Spielchen auf, Vermouth. Erledige diese Zecke ganz einfach.“

Erneut konnte die Schauspielerin ein leises Lachen nicht unterdrücken. „Alles zu seiner Zeit, Gin.“



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