Ein anderer Strang der Zeit von Ruka_S_Orion (Erster Teil - Das Ende einer Ära) ================================================================================ Kapitel 4: Kapitel 4 -------------------- Noch immer haderte Neo Queen Serenity mit sich. Irgendwie hätte sie sich für das Gespräch mit Uranus und Neptun einen anderen Verlauf gewünscht. Aber was hatte sie erwartet? Dass Uranus sofort losstürmte, um Diamond aus dem Palast zu jagen? Immerhin hatte sie noch einen guten Ratschlag von der Windkriegerin bekommen. „Wenn du wissen willst, welche Zukunft dich erwartet, sprich mit derjenigen, die jede Zukunft kennt.“ Auf die Idee hätte sie selbst kommen können. Es war lange her, dass sie den verbotenen Ort aufgesucht hatte. Zu lange, bedachte sie, wie lange sie ihre wohl treuste Wächterin nun schon allein gelassen hatte. Endlich erreichte sie das verlassene Tor. Auf der anderen Seite würde sie sicher eine Antwort finden. Doch sie zögerte. Sie war nervös. Was, wenn ihr Pluto voraussagen würde, aus Diamond könne immer noch eine Bedrohung hervorgehen? Und wenn nicht? Schließlich überwandte sich die Königin. Allein darüber nachzudenken, brachte sie ohnehin nicht weiter. Sie stieß die Flügel des Tores langsam auf. Augenblicklich waberte ihr der dichte Nebel entgegen. Sie trat ein und sah sich um. Schnell war die Wächterin über diesen Ort gefunden. „Ihr habt lang gebraucht, den Weg zu mir zu finden, Neo Queen Serenity“, sprach Sailor Pluto, die, der Majestät den Rücken zugewandt, in die dimensionslose Ferne starrte. Langsam drehte sie sich um. Ihr von Einsamkeit getrübter Blick verriet Serenity, wie sehr die Herrin der Zeit unter den unzählbaren Jahren der Verlassenheit gelitten hatte. Dennoch strahlte die Kriegerin unfassbar viel Stolz aus, als sie niederkniete und das Gesicht senkte. „Es tut mir leid, dass ich dich so lang allein gelassen habe, Setsuna“, beteuerte Serenity reumütig. „Ich war nie allein, meine Königin. Ich konnte Euch sehen. Euer Licht schien-“ „Nein, Setsuna!“, unterbrach Serenity sie. „Deine Königin zu sein, ist nur ein Zusatz. In erster Linie bin ich deine Freundin. Und als die habe ich dich nicht gut behandelt.“ Auf Plutos Lippen legte sich ein melancholisches Lächeln, als sie aufstand. „Und doch kommst du nun nicht zu mir, um mir das zu sagen. Sprich aus, weshalb du mich aufgesucht hast.“ Verlegen sah Serenity zu Boden. „Du weißt, was ich wissen will, oder?“ „Ich kann dir nur die Fragen beantworten, die du mir stellst, Princess.“ Serenity schnaubte kopfschüttelnd, bevor sie ihrer Freundin in die Augen sah. „Du bist der einzige Mensch auf Erden, der mich noch so nennt. Es gibt eine neue Prinzessin, Setsuna.“ „Und als Hüterin der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft kann ich dir versichern: Zeit ist relativ. Ich erinnere mich daran, als wäre es erst gestern gewesen, als ich dich als kleine Princess zum ersten Mal im Arm hielt. Es kann ein Fluch sein, nie zu vergessen. Aber manchmal ist es ein Segen, sehe ich in dir noch immer die naive, fantastisch verträumte Thronerbin unseres Königreiches. Small Lady, so sehr ich sie auch liebe, hat da mehr von der Vernunft ihres Vaters abbekommen.“ „Und eben die ist es, die mich jetzt zu dir treibt.“ Pluto hob fragend die Brauen. „Seit ich den Thron bestiegen habe, handelte ich immer vernünftig. Und wenn ich mir nicht sicher war, welches die rechte Entscheidung sein sollte, half mir Endymion, sie zu erkennen. Aber jetzt scheinen unsere Meinungen gänzlich auseinander zu gehen. Ich weiß, dass er Recht hat. Warum vertraue ich dann nicht auch jetzt auf seine Worte?“ „Das ist nicht die Frage, die dich hergetrieben hat. Denn du kennst die Antwort darauf. Du lässt dich innerlich zerreißen, weil Verstand und Herz zum ersten Mal seit einer Ewigkeit unterschiedlicher Meinung sind. Rational zu handeln war seit deiner Krönung dein Weg. Und wenn du einmal nicht wusstest, wie du handeln solltest, fragtest du Endymion, der dir den Weg der Vernunft zeigte. Das tut er auch jetzt, aber in diesem Augenblick schreit dein Herz auf. Es will diesen Weg nicht gehen. Es zerreißt dich. Aber das weißt du alles schon, nicht wahr?“ Serenity sah niedergeschlagen zu Boden. Ja, das alles wusste sie. Aber weswegen war sie nun hier? Hatte sie nur nach einem Menschen gesucht, der in ihr Innerstes blicken und sie verstehen konnte? Nein, sie wollte wissen, wie sie handeln sollte. „Welches ist der richtige Weg? Nie haben Vernunft und Herz so gegensätzlich gesprochen. Welcher Weg soll mich in die Zukunft führen?“ Kaum erkennbar schlich sich ein trauriges Lächeln auf Plutos Lippen. Sie trat dicht vor ihre Königin und legte zärtlich eine Hand auf deren Wange. „Hast du dein vergangenes Ich schon vergessen? Vor deiner Krönung waren dein Verstand und dein Herz so oft unterschiedlicher Meinung. Sailor Moon, Usagi Tsukino und Princess Serenity haben dabei nie den Weg der Vernunft als den richtigen angesehen. Du hast immer auf dein Herz gehört. Hast du verlernt, seine Sprache zu verstehen?“ Plutos Blick wanderte von Serenitys Augen zu ihrem Talisman. Auch die Königin sah langsam zu der mystischen Kugel. Zunächst glomm der Garnet Orb nur dunkel. Doch dann begann er zu strahlen und allmählich zeigte sein Inneres verschwommene Nebelgestalten. Die erste, die erkennbar wurde, ähnelte Prince Diamond. Ziellos wandelte er durch weite Gänge. Immer wieder sah er sich um. Ein grelles Licht erschien in seiner Hand. Er hielt es vor seinen Körper. Dann ließ er es frei, doch schon im nächsten Augenblick schien er es wieder einfangen zu wollen. Serenity schüttelte ihren Kopf. „Ich verstehe deine Vision nicht. Ist dieses Licht der Silberkristall? Und wenn ja, hat er ihn wieder freigelassen oder jagt er ihm nun nach?“ Die Nebelgestalt legte sich immer wieder um das Licht, wieder und wieder verschlang sie es, gab es wieder frei, wurde von ihm verbrannt und neu in ihm geschaffen. „Er hat sich noch nicht entschieden“, murmelte Pluto zur Antwort. „Darum gibt es noch keine klare Zukunft.“ Plötzlich hielt das Schauspiel im Garnet Orb an. Inmitten des Nebels entstand ein zarter, goldener Funke. Der Nebel wurde schwarz, verschlang die Lichter, wurde dann selbst in einem roten Funkensturm vertrieben und das Bild erstarb. Stille erfüllte den dimensionslosen Raum. Serenity und Pluto starrten in den schweigenden Talisman; er brachte keine Erklärung vor. „Also…“, begann die Königin nach einer Weile, „wird er Unglück über uns bringen, oder nicht? Dann muss ich ihn verbannen!“ Zunächst zeigte sich Pluto ebenso stumm wie ihr Talisman. Während sie nachdachte, fixierten ihre eigenen tiefroten die entschlossenen blauen Augen ihrer Königin. Sonst erstrahlte dieser klare Ozean voller Hoffnung und Güte. Jetzt wurde er von Verzweiflung getrübt. „Und damit hätten wir nun die Frage gefunden, die dich hergeführt hat. Kannst du jemanden für ein Verbrechen bestrafen, das er noch nicht begangen hat?“ Serenity senkte betrübt den Blick. Pluto trat dicht vor sie, zog sie in ihre Arme und flüsterte: „Ich kann dir diese Entscheidung nicht abnehmen, Princess. Ich bin nicht die Stimme deines Gewissens. Nur eines weiß ich; du wirst die richtige Entscheidung treffen. Und vollkommen egal, wie sie ausfallen wird, wir werden immer hinter dir stehen.“ Sie lehnte sich ein Stück zurück, um Serenity erneut direkt ansehen zu können. „Wie du dich auch entscheiden wirst, dein Licht wird er nicht bekommen, Princess. Das lasse ich nicht zu.“ Kopfschüttelnd schloss die junge Majestät ihre Augen. „Ich werde ihn verbannen. Überleg doch, was er angerichtet hat! Was er den anderen angetan hat. Und Small Lady. Und…“ Sie sah auf. Zunächst starr. Dann schlichen sich Tränen in ihren Blick „Ich darf nicht zulassen, dass… Niemand mehr soll sich seinetwegen opfern! Nicht, solange ich es verhindern kann. Was wäre ich für eine Königin, würde ich nicht auch dich beschützen?“ Jegliches Lächeln war aus Plutos Gesicht gewichen. „Mich im richtigen Moment opfern zu dürfen, ist mein Lohn, ist meine Erlösung. Zu sehen, wie sich die Geschichte wiederholt, immer aufs Neue, ist mein Fluch.“ Plötzlich lehnte sie sich vor, um Serenity einen sanften Kuss zu schenken. „Es gibt unzählige Zeitschleifen. Welche zur Wahrheit wird, kann ich erst unmittelbar vor ihrem Eintreten erkennen. Ich sehe alle möglichen Variationen der Zukunft. In einigen lasse ich mein Leben. Aber immer lebe ich nur für dich. Es ist nicht deine Pflicht, mich zu beschützen. Solange du nur strahlst, haben sowohl das Leben als auch der Tod einen Sinn für mich.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)