Ein anderer Strang der Zeit von Ruka_S_Orion (Erster Teil - Das Ende einer Ära) ================================================================================ Kapitel 3: ----------- Seine Gedanken sammeln, solle er! Seine Worte ordnen! Dabei wusste er ganz genau, was sein Anliegen war. Er wusste, woran es lag, dass seine Familie nicht den Wohlstand genoss, der ihr zugestanden hätte. Der Silberkristall war daran schuld. Er schenkte den Provinzen Macht, die in der Gunst der Königin standen. Diese Länder wurden reich. Doch er selbst profitierte nicht von diesem Licht. Darum konnte sein Land nicht mit den übrigen konkurrieren. Wie sollte er da auch nur eine Chance haben, erfolgreich über seine Ländereien zu regieren? Er hatte keine andere Wahl, er musste seine Königin davon überzeugen, ihre Macht mit ihm zu teilen! Die Denkfalten auf Prince Diamonds Stirn traten noch weiter hervor. Wie sollte er das anstellen? Er legte seinen Kopf in den Nacken und starrte an die Decke des ihm zugewiesenen Schlafsaals. Nervös begannen seine Finger damit, auf der Armlehne seines Sessels zu trommeln. Plötzlich hielten sie inne. Was, wenn er keinen Erfolg haben würde? Sollte er unverrichteter Dinge wieder abreisen müssen? Diamonds Gesichtszüge spannten sich an. Dafür war er nicht hergekommen! Vielleicht… Der junge Prinz stand auf, beunruhigt durch seine eigenen Gedanken. Was würde das für Folgen haben? Er trat auf den kleinen Balkon und starrte in die Abenddämmerung. Selbst die Luft hier schien anders, irgendwie gehaltvoller zu sein. Sein Blick streifte über die weiten Gärten. Sie waren fast verlassen, nur am großen Brunnen tummelten sich zwei Gestalten, alberten herum, sorglos und unwissend des Glücks, das ihnen durch die Gunst der Königin geschenkt worden war. Diamonds Hände ballten sich zu Fäusten. Plötzlich wurde er abgelenkt. Eine weitere Figur trat in sein Blickfeld. Strahlend und anmutig. Das Paar am Brunnen wandte sich der Königin zu. Hatte die Monarchin ihre Untertanen so schlecht erzogen, dass sie sich nun solch eine alberne und vollkommen übertriebene Verbeugung gefallen lassen musste? Oder kannten sie sich genauer? Immerhin setzte sich die schöne Majestät zu ihnen und schien sich bereitwillig in ein Gespräch verwickeln zu lassen. Diamond beobachtete die Gestalten neugierig. Schließlich lehnte Serenity ihren Kopf an die Schulter der hübschen Frau im türkisfarbenen Abendkleid. Der leger gekleidete Blondschopf, der zuvor aufgebracht aufgesprungen war, setzte sich zu ihr und schien ihr sogar einen Kuss auf die Wange schenken zu dürfen! Der Prinz stütze sich auf dem Geländer des Balkons ab und lehnte sich weiter vor. So etwas hätte es unter seiner Führung nicht gegeben! Empfanden diese Untertanen gar keine Ehrfurcht? Plötzlich hob er seine Brauen. Oder hatte die Königin ihre eigenen Mätressen?! Verstehen könnte Diamond das. Sicher war Endymion ein gütiger König, der auch in Streitfragen noch einen kühlen Kopf behielt, doch machte er auch einen verweichlichten Eindruck. Ganz offensichtlich stand er unter dem Pantoffel seiner Gemahlin. Und da würde es Diamond nicht verwundern, würde die sich hin und wieder etwas Abwechslung suchen. Dieser Blondschopf dort schien weitaus taffer zu sein. Die Frage, ob dessen Freundin auch in dieses Arrangement passte, trieb dem Prinzen ein Grinsen auf die Lippen. Nur für einen kurzen Moment verweilte das Dreiergespann noch am Brunnen. Dann stand die Königin auf. Sie Umarmte ihre Untertanen, den Blondschopf einige Sekunden länger. Dann wandte sie sich ab und überließ sie wieder ihrer Zweisamkeit. Diamonds Blick folgte ihr, bis sie in Richtung des Palastes verschwunden war. Er atmete tief durch, bevor auch er seinen Posten verließ. Zurück in seinem Schlafsaal sah er sich um. Er war ein Nachtmensch, der nicht viel Schlaf brauchte. Und hier drin würde er noch an seiner Langeweile zu Grunde gehen. Er trat in den Korridor. Ein Spaziergang würde wenigstens die Zeit bis zur nächsten Audienz verkürzen. Nachdem er eine Weile gewandert war, erregte jugendliches Lachen seine Aufmerksamkeit. Er folgte den Stimmen neugierig bis zu einer halboffenstehenden Tür. Dämmriges Licht fiel aus dem Spalt in den Flur. Er trat näher, riskierte einen Blick hinein. Viele gedimmte Lampen tauchten den Raum in eine mystische, wenn auch irgendwie gemütliche Stimmung. Auf dem mit dunklen Stoffen verhangenen Bett lagen zwei Mädchen, die in einem Fotoalbum blätterten. Die Jüngere hatte er sofort erkannt und zum zigsten Male fragte er sich, woher die zukünftige Thronerbin ihre ungewöhnliche Haarfarbe hatte. Ihre Freundin mit dunklem, etwa kinnlangen Haar kannte er nicht. Die sah plötzlich auf. Sie muss ihn gehört haben. Ihre Augen fixierten ihn, schienen ihn zu durchleuchten. Jetzt folgte auch die Prinzessin ihrem Blick. Sofort sprang sie aus dem Bett und machte einen Knicks vor dem ihr Unbekannten. „Guten Abend, mein Herr. Kann ich Ihnen helfen?“ Stutzend hob Prince Diamond seine Brauen. Dennoch trat er ein und verbeugte sich. „Ich wollte nicht stören, Lady Serenity. Die Neugierde trug mich nur her.“ Jetzt stand auch das zweite Mädchen auf. Der Prinz beäugte es genauer. Die junge Dame als Mädchen zu sehen, schien ihm fast etwas unangebracht. Sie hatte zwar eine zierliche Figur, doch sprachen ihre Gesichtszüge und ihre dunklen Augen von Erfahrungen und Reife, die selbst die ältesten Frauen nur selten erlangten. Sie musterte ihn ganz offen von Kopf bis Fuß, während sie sich vor ihre Prinzessin stellte. „Es überrascht mich, Euch hier zu sehen, Prince Diamond.“ „Mich überrascht es, dass Ihr meinen Namen kennt. Sind wir uns bereits begegnet?“ Ihre Augen verengten sich. Sie straffte die Schultern und baute sich vor Small Lady auf, als wollte sie sie vor ihm beschützen. „Nicht direkt. Aber ich kenne Euch. Und ich will Euch versichern, dass ich Euch im Auge behalten werde.“ Diamond lachte kurz auf. „Haltet Ihr das denn für nötig? Neo Queen Serenity empfing mich bereits. Und auch mit King Endymion wechselte ich Worte. Sie wissen von meiner Anwesenheit. Glaubt Ihr, sie würden mich unbeobachtet durch den Palast streifen lassen, wenn von mir eine Gefahr ausginge?“ Die junge Frau machte noch einen Schritt auf ihn zu und schien ihn mit ihrem Blick zu durchbohren. Er schluckte. Es fühlte sich an, als würde sie seine letzten Gedanken genau kennen. Aber das wäre nicht möglich. Er hatte mit Niemandem darüber gesprochen, war sich nicht einmal sicher, ob dieser Plan überhaupt nötig werden würde. „Vermutlich weiß ich mehr über Euch, als Ihr selbst, Prince. Ich warne Euch, diese Familie steht nicht mehr nur unter dem Schutz des Silberkristalls und der inneren Planeten. Auch wir, die Kriegerinnen des Äußeren Kreises behüten sie. Entscheidet Euch für den Richtigen Weg.“ Diamond wich ihrem Blick aus. Wodurch könnte er sich verraten haben? Er schenkte den jungen Damen ein flüchtiges Lächeln und verbeugte sich abermals knapp. „Ich habe nicht vor, einen falschen Weg einzuschlagen. Und ich bin mir sicher, die Königin wird mir dabei helfen, den… „Richtigen“ Pfad zu finden.“ Die verwirrt dreinblickende Small Lady knickste erneut, bevor sich der Fremde zum Gehen abwandte. Wieder im Flur hörte er noch, wie die Prinzessin ihre Freundin auszufragen begann. Er selbst hatte genug gehört. Ihn beschlich ein ungutes Gefühl. Schon die Königin hatte sich ihm gegenüber irgendwie merkwürdig verhalten. Nun diese Drohung… Er setzte seinen Weg fort. Auch er hoffte, in der frischen Abendluft der Palastgärten seine Gedanken besser ordnen zu können. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)