End of Time Anthologie von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: Besuch um Mitternacht Teil I --------------------------------------- Gut 48 Stunden nach dem Bombenanschlag auf das Pierre-Hotel räumt Bürgermeister Geoffrey Whinesteen Unstimmigkeiten mit der Veranstalterin Yadis abin Nahela ein. Auf die Frage, ob ein Dissens zwischen ihm und Nahela bestehe, antwortete Whinesteen in einem Interview dem Magazin „The Inquirer “: „Es gab Anlass zur Vermutung dass die Gala im Pierre noch einem anderen Zweck diente, als einer Weihnachts-Charity für Waisenkinder.“ Bereits im Frühjahr 2017 hatte Nahela Unsummen in die Weiterentwicklung von Sicherheitssystemen investiert, mit denen das Pier ausgestattet war. Nach Angaben öffentlicher Behörden wurden die Tochterunternehmen des Pier-Hotels, dazu zählten alle Srayedix-Immobilien und diverse kleinere Lokalitäten wie die Underground-Kette, mit entsprechenden Frühwarnsystemen und Security-Gates ausgestattet. Was war Grund zu dieser Vorsichtsmaßnahme? The Inquirer hat für Sie recherchiert!   Ein weißer elektromagnetischer Blitz verschluckte die Eilmeldung auf seinem Monitor. Schwärze. Verwundert blinzelte Parker auf den Bildschirm. In letzter Zeit hatte er öfters Sendestörungen des analogen Radio- und TV-Empfangs zu beklagen. Dass ihm das Fernsehbild abrupt abhanden kam, war neu. Die Ursache hinter einem schlecht abgeschirmten Antennenkabel oder den Strippen an der Steckdose vermutend, rutschte der von zahllosen Überstunden ermüdete Cop mit mäßig guter Laune hinter den Flachbildschirm und rüttelte am Stecker. Ein Wechsel der Koaxialkabel sowie alter Antennendosen hatte ihm der Elektriker beim letzten Besuch geraten. Parker verstand kein Wort. Ein banales Rütteln am Kabel tat es manchmal doch auch schon. Doch so glorreich er auch an der Steckdose herumwackelte, passieren tat ja doch nichts. Der nächste Gang ging auf weichen Hausschuhen zum Stromkasten in der Abstellkammer. Parker betätigte den Lichtschalter um Sehen zu können, zu seiner Verwunderung geschah nichts. Klick. Klick. An und aus. Gleichbleibende Dunkelheit. Was zur Unzufriedenheit führte, ergab auch gleichzeitig die Fehlerdiagnose: Stromausfall. Also ging es im Stechschritt zurück ins dunkle Wohnzimmer. Hier genoss Parker den 24-Stunden-Dauer-Service UV-durchlässiger Panzerglasversiegelung auf Panoramafenster-Basis. Vom Boden bis zur Decke, von rechts nach links, war alles in dieser Wohnung von meterlangen Glasscheiben durchzogen. Einige davon waren schon beim Einzug integriert gewesen, einige wenige andere, wie die in der Küche und die im Schlafzimmer, hatte er erweitern lassen. Licht. Sonne. Viel Sonne. Parker hätte nie gedacht dass er einmal froh sein würde rund um die Uhr beleuchtet zu werden. Das intelligente Glas hatte natürlich auch den Vorteil die niemals schlafende City unterhalb des zehnten Stockwerks, Nachts durch die Scheiben flimmern zu lassen. Das sparte fast schon zwei Monats-Strom-Rechnungen pro Jahr, war ökologisch und passte in den kleinen Privat-Olymp mindestens genauso gut, wie die handgewobenen, seidenen, weißen Vorhänge, die Parker nun mit großspurigen Bewegungen aufzog um die hunderten flimmernden, strudelnden und zackigen Farben der Großstadt in seine Wohnung zu lassen. Das grünblau des Werbelogos von Srayedix-International auf der Spitze des Wolkenkratzers seinem gegenüber, tauchte sein widerwilliges Profil, in ein interessantes Farbenspiel. Das blau schimmerte wie ein Neonfarbstift auf seinen Wangenknochen, das grün streifte seine Schläfe. Parker streckte sich nach einer Taschenlampe, oben auf einem Regal und leuchtete sich damit den Weg zurück zur Abstellkammer, gleich neben seiner Wohnungstür. Mit der einen Hand erforschte er die Sicherungsschalter, während die andere mit Leuchtmittel assistierte. Doch egal welchen Schalter er bewegte, Strom gab es keinen in seiner Wohnung. Erst dachte er erschrocken an den Kühlschrank. Seine Milch würde schlecht werden. Dann dachte er an die Heizung. Es war tiefster Winter, selbst ohne die Schneetreiben der letzten Wochen war es in Agóna erstaunlich kalt geworden. Würden endlich die Wolldecken, die ihm eine Freundin letztes Jahr während einer aufsässigen Erkältung geschenkt hatte, zum Einsatz kommen. Doch jemand, der sich nicht mit weniger zufrieden gab, als ihm zustand, arrangierte sich nur äußerst ungern mit einem Stromausfall. Zumal ihm nicht mehr einfallen wollte ob er beim letzten Einkauf an Batterien für die Taschenlampe gedacht hatte. Licht war in Zeiten wie diesen kostbar. Für Parker mehr, als für jeden anderen Menschen. Kerzen war das Stichwort, dass ihn eiligen Schrittes zurück ins Wohnzimmer trieb. Wieder an den Schrank zurück, durchsuchte er eine kleine Kiste mit einem illustren Konglomerat an Kerzen und Kerzenhaltern. Erfreulich dass die meisten davon nicht mal angesetzt waren. Hatte er sie nie gebraucht? Schwelgend erinnerte er sich an eine Zeit, da standen jeden Abend Kerzen auf ihrem Tisch. Ryan liebte den unsteten, gezierten Tanz der Flammen. Wie Sternschnuppen, die auf der Spitze des Dochts festsaßen, bis man sie zurück in den Himmel pustete. Ein geradezu lächerlich kitschiger Vergleich, doch jetzt, wo Parker die Kerzen zum ersten mal seit einer gefühlten Ewigkeit wieder in Händen hielt und sie sorgsam nebeneinander auf den Sofatisch reihte, sehnte er sich nach jemandem, der ihm solche biedermeierlichen Tagträume ins Ohr wisperte. Nur ein Flüstern, dann ein Schaben wie von spitzen Steinen, die über Holz kratzten. Parker schreckte unweigerlich auf. Instinktiv suchte seine Hand seinen Gürtel ab, doch sein Waffenhalfter hing an der Garderobe im Flur. Ganz ruhig. Du hörst wieder Gespenster. Hier ist niemand. Dort, wo jetzt der Sofatisch stand, lag vor nicht ganz zwei Wochen dieser riesige Raubvogel. Ein Raubvogel, der sich zusehends vermenschlichte, bis die abgerissenen, stumpfen Federn nur noch nackte, rosige Haut bedeckten. Seth Kennedy hieß der Mann, der ihm diese Paranoia eingeflößt hatte. Doch er war weg. Schlicht nicht mehr existent, seit die Welt sich unter dem Outcoming vor 48 Stunden gewandelt hatte. Hier war kein Seth und damit auch kein Grund sich verrückt zu machen vor – Parker überlegte – vielleicht einem Nachbarn, der spät Nachts noch die Wohnung kehrte. Oder renovierte. Oder… was für ein seltsames Geräusch das nur war. Es wollte ihm nichts einfallen was dazu passte. Doch ehe er sich länger fragen konnte was es damit auf sich hatte, beschleunigte ein Scheppern seinen Puls. „Kommen Sie raus da! Ich weiß das Sie da sind!“, hob Parker ohne Berücksichtigung der fortgeschrittenen Stunde an. Stille war seine Antwort. Da war nichts. Nur die Geister seiner überdrehten Fantasie. Dennoch rührte sich der zähe Cop eine ganze Weile lang einfach nicht. Er verharrte zur Salzsäule erstarrt unter dem blau-grünen Licht von Srayedix-International, starrte geradeaus in den schwarzen Flur hinein und sah das dahinter liegende Schlafzimmer auf einer Linie, das vom Lichtschein des Bank-Sektors der City in rot und weißlichen Farbkoalitionen verworfen war. Ungläubig setzte er schließlich einen vorsichtigen Schritt voraus. Je näher er dem Flur kam, desto mehr glaubte er in den Abwegen seiner überstrapazierten Nervenbahnen, eine Scheme vor seinem Bett stehen zu sehen. Er erschauderte, doch er ließ sich nicht beirren. Diesmal nicht. Ihm schwante die vielen Medikamente der letzten Tage, der fehlende Schlaf, diese unglaubliche Offenbarung der Nachtschwärmer und nicht zuletzt seine eigenen inneren Dämonen nagte an seinem Verstand. Wenn dort wirklich jemand stand, musste dieser Jemand auch herein gekommen sein. Das hieß die Wohnungstüre wäre offen, denn das Wohnzimmerfenster und die Fenster im Schlafzimmer waren es nicht. Und auch die Küche ließ sich vom Flur aus in Augenschein nehmen. Parker wand den Kopf ab von der schwarzen Gestalt neben seinem Bett und blickte zum Fenster hinter seiner Kochstelle. Natürlich war es zu. Er wusste es. Wieder eine Einbildung. Er musste unbedingt einen Arzt aufsuchen und sich mal durchchecken lassen. Gut denkbar dass ihm die psychodelen Mittel nicht länger gut bekamen. So wahr er im Begriff sich von seinem Trugbild mit aller Erleichterung, die sein nervöses Herz aufbringen konnte, selbst durch einen Handschlag zu überzeugen, wollte schon auf dem Absatz Kehrt machen, als er aus dem Augenwinkel die Wohnungstüre vom Wind aufschwingen sah. „Oh Gott...“, wisperte er. Zu einem weiteren Gruß kam es nicht mehr, da bestürmte ihn die dunkle Scheme, tauchte aus dem Schlafzimmer in den Flur und bewegte sich so zielsicher auf ihn zu, dass Parker keinerlei Zweifel mehr daran hatte, dass die Bruderschaft ihn endlich ausfindig gemacht hatte. Panisch ergriff er die Flucht, rutschte auf den Hausschuhen über den glatt polierten Boden und verlor einen Schuh. Egal. Die nächsten Meter waren entscheidend. Mit dem aufregenden Trommelschlag seines Herzens, stürmte er an die Wohnungstür und riss sie ungeachtet sich selber auszusperren, hinter sich zu. Der Fahrstuhl war sein Ziel, doch noch während er den zweiten Schuh verlor und nun auf baren Sohlen zum luxuriösen Lift durch sprintete, krachte seine Wohnungstür gegen die Wand des Hausflurs und ein wildes Fußgetrappel jagte ihm nach. Einbildung oder Realität? War er wach oder träumte er nur? „Hilfe!“, schrie er einmal kurz, das Widerhallen seiner Stimme beeindruckte jedoch niemanden. Die meisten schliefen und die, welche es nicht taten – oh, mochten sie den Schrecken überwinden und hinaus auf den Hausflur schauen! Parker flehte innerlich, während er ohne Unterlass weg rannte. Der Fahrstuhl war keine Option mehr, denn zu dicht auf den Fersen war ihm schon dieses Ding, was auch immer es war. Also nahm er die Treppe, übersprang jede zweite Stufe und sprang immer die letzten vier keuchend hinab. Sein Verfolger nahm nur jede Dritte, sprang die letzten sechs ohne auch nur einen Mucks zu tun, hinter ihm her. Er haschte nach ihm. Parker spürte seine Finger am Rücken. Ein Schrei. Seine Stimme, die im wallenden Echo durch den Flur schallte und zu ihm zurück wallte. Parker legte noch einen Gang mehr zu. Diesmal ungeachtet der Stufen, visierte er das Geländer an und nahm so viele Stufen er nur konnte, immer das Geländer als stützenden Handlauf unter seinen tauben Fingern. Noch eine Etage und noch eine. Der Verfolger blieb hartnäckig und unermüdlich. Parker glaubte er würde es nicht schaffen. Niemals würde er diese Ausdauer beibehalten können. Irgendwann wären seine menschlichen, begrenzten Reserven aufgebraucht und das Ding holte ihn ein. Nur das wenige Licht durch die meterhohen Glasscheiben des Hochhauses, ließen ihn die Zentimeter vor seinem nächsten Schritt erkennen. Er brauchte Licht. Ein gutes Stichwort. Vielleicht schaffte er es seinen Jäger mit dem Licht des Treppenhauses zu erschrecken. Kaum kam er einem Schalter näher, zimmerte er mit dem Handballen ordentlich dagegen. Die ersten beiden Treppenabsätze tat sich gar nichts und er musste seine Flucht unweigerlich ohne Licht fortsetzen. Doch dann machte es Klick und ein statisches Rauschen flitzte durch alle Stockwerke und entzündete die grellen Leuchtstoffröhren des Hausflurs. Und tatsächlich, für einen winzigen Moment hörte er die Schritte nicht mehr hinter sich. Innerlich jubelnd, nahm er das letzte Stück bis zur Haustür, stürzte sich dagegen und schlug die Klinge in blinder Panik hinab. Klick. Klick. Klick. Klick. Klick. Es. Tat. Sich. Nichts. Entgeistert starrte der Cop einen Moment lang auf die Türklinge, blinzelte verstört durch das Glas der Tür hinaus auf den Vorhof der Parkanlage und die vielen Autos die sich außerhalb des Parkhauses dort zwischen den Grünflächen tummelten. Doch die Tür blieb zu. Abgeschlossen, wie es die Hausordnung für die Nacht vorsah. Zögerlich drehte er der Tür den Rücken zu. Schritte, wie das Donnern von Pferdehufen. Mit jedem Schritt, hüpfte sein Herz ein Stück dichter unter sein Kinn. Doch es war noch nicht aus. Er sah den großen Schatten gegen die Wand vor sich werfen, da rutschte er rechts von sich an den Briefkästen vorbei, neben den Fahrstuhl und betätigte den Knopf. Er hatte Glück und die Tür sprang mit einem einladenden „Pling“ auf. Doch Parker folgte der Einladung nicht, betätigte nur einen Knopf, zuckte zurück ehe sich die schweren Metalltüren geschlossen hatten, griff an den Knauf der Kellertür zu seiner Schreibhand und schob sich so geräuschlos wie irgendmöglich, durch den schmalen, schwarzen Spalt ohne auch nur einmal Luft zu holen. Seine Finger bebten so stark, dass er es kaum zu Stande brachte den Knauf richtig fest zu halten. Mit beiden Händen zog er langsam und bedächtig die Türe zu, in der Hoffnung der schwarze Schatten bemerke es nicht. Leise, ganz still und stumm, wie ein Kind, dass sich in einem Kleiderschrank vor dem Monster unter seinem Bett versteckte. Parker scheute die Dunkelheit, doch jetzt wo er sich alleine hinter der verschlossenen Türe glaubte, war sie ihm ein willkommener Freund. Angehaltenen Atems bewegte er sich vorsichtig von der Türe weg und drehte ihr leise den Rücken zu, bevor er sich abwärts, ins Parkhaus begab. Und tatsächlich war seine Finte mit Erfolg gekrönt.   Der Abstand zwischen sich und der Kellertür wurde größer, mit jedem Meter den er auf das mit orangenem Licht durchflutete Parkhaus zustrebte. Bedächtig rückte er vor, die Füße spürte er nicht auf den kalten Steinfliesen. Nach und nach nahm auch sein Puls wieder gesundheitlich vertretbare Werte an, kaum dass er durch die angelehnte Tür unter das Parkdach trat. Doch nichts und niemand hätte ihn jetzt davon abhalten können wieder zu laufen. Er brauchte dringend mehr Abstand. Die unzähligen Alpträume, in denen man ihn zu Tode gehetzt hatte, waren gute Lehrstunden der Theorie gewesen. Es brauchte immer mehr Abstand, es gab niemals genug. Also wetzte er an den verschlossenen Fahrertüren vorbei, sogar an seinem eigenen Fahrzeug, dessen Schlüssel er zu seinem Leidwesen noch am Schlüsselbrett neben der Wohnungstür hängen hatte. Er suchte hinter großen Vans und Minitransportern Schutz, verschnaufte dort ein paar geringe Atemzüge und nahm sogleich erneut wieder die Flucht auf. Sein Ziel: Das Wärterhäuschen. Parker sah dort hinter der Glasscheibe ein Licht brennen und wenn er sich nicht irrte, sah er auch Lyle Grandelby wie jede Nacht mit seiner Geliebten Lydia am Handy telefonieren. Parker rief ihm schon vom Weiten zu, dass seine Verzweiflung nur so von den Wänden erwidert wurde. Von allen Seiten erschallte es „Machen Sie die Türe auf! Bitte!“ Doch Grandelby plauschte lebhaft, bemerkte den herannahenden Beamten nicht wirklich, je, drehte sich auf seinem drehbaren Untersatz zu Parkers Entsetzen sogar noch in die entgegen gesetzte Richtung. „Ich flehe Sie an!“, kreischte der Mann, just in diesem Moment umschlang etwas seine Schulter und riss ihn mit einer schier so überwältigenden Kraft nach hinten, dass er für einen kurzen Augenblick den Bodenkontakt verlor. Unter einem Aufschrei landete der Cop auf dem Rücken, im Gegenlicht der Energiesparlampen erhob sich erneut der schwarze Schatten. Eilends fuchtelte der Mann mit den Armen vor sich, um dem kompromisslosen Griff nach seinen Handgelenken keine Chance zu geben, doch der Schatten beugte sich über ihn und schlug einfach nur blind auf ihn ein. Parker glaubte er müsse sterben. Die Todesangst trieb ihm die Tränen in die Augen, ließ ihn herumzappeln wie ein wildes Tier unter einem Elektroschocker. Wehrhaft kratzte, biss und trat er um sich, sein hilfloser Blick strengte sich an noch einmal das Wärterhäuschen zu erspähen.   Lyle Grandelby lachte in den Hörer. „Ach komm schon, so schlimm war es doch gar nicht. Der Nachtisch ging immerhin aufs Haus.“ Er drehte mit dem Kugelschreiber sinnlose Kreise über sein Notizbuch und malte aus den krakeligen Schöpfungen kleine, schwarze Sonnen. Eine Frau am anderen Ende der Leitung antwortete ihm amüsiert. Ihr quietchiges Lachen war kaum zu ertragen, wenn man den Hörer nicht ein Stück weit von der Ohrmuschel weg hielt. „Du bist so süß, wenn du dich über solche Leute aufregst. Gehen wir doch einfach nicht mehr in das Lokal? Zwingt uns ja keiner.“   „Oh Gott! Bitte! Lyle!! HILFE! Uff-“ Ein Kalochnikov an Schlägen und die Urgewalt zerrte ihn am Kragen zu sich hinauf.   „Wir sollten mal wieder in das Badelokal fahren. Weißt du noch? Da wo wir Harriet letztes Jahr getroffen haben, zu dieser großen Geburtstagsfeier. Was? Das Teil wurde doch nicht in den Nachrichten genannt… ehrlich? Ich dachte zu Srayedix zählen nur solche kleinen Lokale. Hier, wie diese Disko… wie heißt sie noch gleich?“   „Oh Gott, bitte nicht! Warum tun Sie-“ Die Arme hoben ihn so weit vom Boden hinauf, dass er einen Moment schwebte, dann warfen sie ihn rücklings auf eine Motorhaube. Die Alarmanlage schrillte panisch auf und Parker spürte wie ihn der Riese an den Füßen packte und vom Auto zerrte. Hektisch versuchte er nach irgendetwas zu greifen. Im Ringen nach Atem und abseits jeder Schmerzwahrnehmung, hielt er sich einen Moment lang an der Stoßstange des Wagens fest.   „Underground! Richtig!“ Lyle schaute auf. In der Ferne glaubte er eine Alarmanlage zu hören. „Du Schatz, warte mal kurz. Hier spinnt wieder irgendein Alarmsystem. Wird bestimmt wieder ein Eichhörnchen sein, dass sich verirrt hat.“ Der Mann legte das Handy weg und griff nach der Taschenlampe. Sein rollbarer Untersatz schabte über den Boden, als er sich davon abstieß um in der Aufrechten hinter seiner schützenden Scheibe, das Parkhaus auszuleuchten. Jeden Winkel erwischte er, stellte aber fest dass die Parkfläche leer von Menschen war.   Man hatte ihn hinter die nächste Mauer gezogen. Eine Hand, die eines Menschen, zwang seine Worte zurück in die Kehle. Verängstigt schnaufte der SKA-Beamte über den blassrosanen Handrücken. Er wusste es war eine Dummheit, aber er musste das Gesicht des Mannes sehen, der ihn jetzt gleich töten würde. Er musste hinauf schauen. Unter Winden und Ächzen rollte er die hellblauen Augen hinauf. Das erste was er sah, war nur eine dunkle Kinnspitze. Ein Bart. Der Kiefer des Jägers schnappte auf seine Stirn und hielt ihrer beider Köpfe unten, als Lyle Grandelby zu dem schrillenden Fahrzeug rechts von ihnen schlurfte und mit dem Hörer am Ohr seiner Freundin lachend erzählte was für ein kopfloser Idiot er doch war, wo Eichhörnchen Winterruhe hielten. Parker stiegen die Tränen der Wut in die Augen, während er krampfhaft versuchte sich aus dem Schraubstockgriff des anderen zu winden. Ja, Lyle Grandelby, du dämlicher Vollidiot! Ich werde verrecken, weil du mit deiner dämlichen Schlampe von Freundin plauderst, als hättest du hier keine Arbeit! Mögest du mit mir in der Hölle schmoren, du Affenarsch! Ruckartig schliff ihn der Hüne mit sich zurück Richtung Fahrstuhl, da hörte er Lyle schon wieder auf dem Rückweg zum Wärterhäuschen. „KOMM ZURÜCK!“, wurde durch die Hand vor seinem Mund, zu einem dumpfen Gemurmel. Die Fahrstuhltür war noch offen. Parker versuchte nach dem kleinen Finger des Mannes zu angeln. Man hatte ihnen beigebracht sich selbst zu verteidigen. Doch was half die idealisierte Praxis, wenn du es mit einem Übermensch zu tun hattest? Parker war sich mittlerweile sehr sicher dass dieser Mann, der ihn wie eine Schaufensterpuppe einfach so in die Luft heben konnte, Vampirblut in seinen Adern hatte. Ein Stichwort. Die Finger waren zu stark, Parker zu untrainiert. Dann biss er zu. Kaute sich in die Handfläche rein und schnappte, wie ein tollwütiger Straßenköter. Und tatsächlich, fast schon erschrocken plumpste Parker zu Boden. Sein Rivale hatte ihn los gelassen. An seinen schlanken Beinen vorbei, sah der Cop wie die Fahrstuhltüre zuging und Lyle sein Wärterhäuschen aufschloss. „LYLE!“ Pling. - Sie fahren in den zehnten Stock - „So, was sollte das Rumgehampel? Heißt man so einen Gast willkommen?“ Die schlanken Beine glitten vor dem angeschlagenen, verschreckten Mann in die Hocke und peilten ihn über seine angewinkelten Beine an. Ein schmales Gesicht, glatte Haut, kaum sichtbare Poren, kurze Nase, Mandelaugen, schwarzes Haar, Ziegenabart und ein Blick, als wolle er ihn jeden Moment von innen heraus aufschlitzen. Zigarettenrauch. Würzig, herb, eine Note Drachenkultur. Die Marke nannte sich Shuang Xi und wurde bei den Pagoden verkauft. Parker schluckte, brachte keinen Ton über die Lippen. Sein Herz setzte einen Moment aus, als ihm das asiatische Gesicht bedrohlich nahe kam. „Du hast dich nicht mehr bei der Bruderschaft gemeldet. Also dachte sich die Bruderschaft, sie meldet sich bei dir.“ Typisch chinesischer Einschlag. So einen Dialekt kannte er aus den vielen Razzien in China-Town. Parker traute sich die Stimme zu erheben. Kleinlaut, zerbrechlich, dünn wie ein Jungfernhäutchen. Doch sie verfehlte ihre Wirkung nicht: „Fick. Dich.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)