Genauso wie du bist... von XdramaX ================================================================================ Kapitel 4: Verzeihung, zu viel Alkohol... ----------------------------------------- Nachdenklich lehnte sich Christopher am vereinbarten Treffpunkt gegen die Motorhaube von Ellis Wagen und trank einen kräftigen Schluck aus seiner Wasserflasche. Sie verspätete sich etwas, aber das war in Ordnung. Es gab ihm Zeit über die letzte Nacht nachzudenken. Normalerweise war er nicht der Typ, der den Sex mit einer Frau analysierte, doch im Nachhinein betrachtet war hier etwas geschehen, das absolut unnormal war. Marie war alles andere als schüchtern und hatte zum Einstieg für ihn einen kleinen Striptease hingelegt. Es war wie immer: Er bereitete sich vor, während sie ihm absolut alles an sich zeigte und im Anschluss besorgte sie es ihm mit dem Mund und ritt ihn dann noch einmal. Es war also ein normaler Abend gewesen, doch plötzlich klingelte sein Telefon und stellte damit alles auf den Kopf. Hingesehen hatte er nur aus Gewohnheit, nicht aus Interesse, doch als er Ellis Namen sah, war sein einziger Impuls gewesen auf annehmen zu drücken und mit ihr zu reden. Als er aber eben das tun wollte, lenkte Marie ihn für einen einzigen Augenblick ab und plötzlich war der Anruf beendet. Ein Zufall? Er hatte Marie gegeben was sie wollte und so lange Aufmerksamkeit geheuchelt, bis sie endlich seine Erektion im Mund hatte und damit zum Schweigen verdammt war. Als er dann hinüber sah, brannte Licht im Wohnzimmer seiner Nachbarin. Gut, es war auch an gewesen, als sie in das Schlafzimmer gekommen waren, doch inzwischen war das Badezimmerlicht aus. Und womöglich war es nur Einbildung, doch er hatte das Gefühl, dass sich ihr Vorhang leicht bewegt hatte… Hatte sie ihn etwa mit Marie gesehen? Wenn ja, warum hatte sie dann angerufen? Wobei, dort wo Marie für ihn getanzt hatte, war sie vom Fenster aus nicht zu sehen. Vielleicht hatte Elli im ersten Moment nur ihn beobachtet... Aber warum sollte sie dann anrufen? Und warum hatte er sich nicht denken können, dass sie ihn sah? Immerhin hatte er das Gleiche an dem Abend zuvor bei ihr getan – er hatte einfach in die gegenüberliegende Wohnung gestarrt wie ein kranker Perversling. Er seufzte. Dann plötzlich drangen Stimmen an sein Ohr. Ein Paar mittleren Alters, gefolgt von Elli, kam den Fußweg vom Haus über den Rasen zum Gehweg hinunter. Die Besichtigung schien erfolgreich verlaufen zu sein, denn alle drei waren hellauf begeistert und während des Händeschüttelns bemühten sich die potenziellen Hauskäufer überschwänglich zu betonen, dass sie sich sofort mit Ellis Büro in Verbindung setzen würden, wegen der Verträge. Aufmerksam beobachtete er Elli, während sie in ihrem feinen Damenkostüm so tat, als sehe sie ihn nicht und mit angeklebtem Dauergrinsen darauf wartete, dass die Kunden außer Sichtweite waren. Wenn sie ihn gesehen hatte und ihn deswegen anrief, was hätte sie dann sagen sollen? Sie war nicht der Typ Mensch, der sich darüber beschwert hätte, dass er in seinen eigenen vier Wänden seinem intimen Vergnügungen nachging. Zumal sie dann auch hätte zugeben müssen, dass sie ihn beobachtet hatte und war Spannen nicht eine Straftat? Was also hätte sie sagen wollen? Sie strich sich grinsend eine Strähne hinter das Ohr, als sie sich schwungvoll zu ihm umdrehte, deutlich sichtbar einen Freudensprung unterdrückte und dann aufgeregt auf ihn zugestöckelt kam. Vielleicht hatte sie mitmachen wollen... Er wusste selbst wie abwegig dieser Gedanke war – denn dazu war sie wiederum viel zu schüchtern – aber die Idee gefiel ihm. „Glück gehabt?“, fragte er zur Begrüßung und reichte ihr eine Hand, die sie gerne annahm. „Ich habe einen verdammt guten Tag!“, erklärte sie, während er sie zu sich zog und sie kurz die Wangen aneinander legten, um Küsse an ihren Köpfen vorbei zu hauchen. „Ich habe schon zwei vielversprechende Besichtigungen bei Stadtwohnungen hinter mir, einen tollen Termin mit einem Investor für das neue Apartmenthaus und die beiden gerade wollen dieses Haus hier sofort kaufen!“ „Das ist ja auch eine super Gegend!“, erklärte Christopher anerkennend und begutachtete mit kurzem Blick die perfekt getrimmten Vorgärten der Nachbarhäuser, während er sich aufmachte zum Beifahrersitz. „Ja klar, mach mich nur fertig. Immer hat die Umgebung die ganze Arbeit gemacht und ich war vollkommen unbedeutend.“, witzelte Elli über das Dach ihres Wagens hinweg und schloss ihnen auf. Er lacht. „Nein, natürlich nicht. Du bist einfach phänomenal! Das i-Tüpfelchen auf... gigantisch! Ich würde sogar ein Haus nahe eines aktiven Vulkans, mitten in einer Tornado- und Überschwemmungsgegend kaufen, wenn du es mir vorstellen würdest.“ „Genau das wollte ich hören! Gut gerettet!“, sie grinste ihn breit an und beide schnallten sich an. „Und wie war dein Tag bisher? Waren alle Kundinnen brav.“ „Na ja, ein paar wollten mir an die Wäsche, aber du weißt ja wie das ist.“ „Spinner“ Er kicherte über seinen eigenen bescheuerten Witz und wartete, bis sie ausgeparkt hatte. „Aber wenigstens habe ich jetzt Feierabend.“, verkündete er. „Gegen drei wollte der Sperrmüll kommen und ein Kumpel will mir einen Baucontainer vor das Haus stellen für den ganzen Schrott. Gehst du nachher noch mal ins Center?“ „Nein, keine Sorge. Ich befolge deinen weisen Rat, dass man nicht jeden Tag trainieren sollte, damit sich die Muskeln regenerieren können. Morgen wieder.“ „Gutes Kind.“ Sie bog in die Hauptstraße ein, zurück zur Innenstadt. „Also, wohin wollen wir?“ „Da gibt es einen kleinen Italiener, der ist um diese Uhrzeit noch nicht voll und bedient sehr schnell. Ich zeige dir den Weg. Erstmal weiter gerade aus.“ „Ist gut.“ Sie schwiegen eine Zeit lang. „Oh, sorry, willst du Musik hören?“, fragte sie irgendwann und griff schon nach dem Knopf. „Nein, lass mal. Auf langen Fahrten ist Musik in Ordnung, aber sonst ist es doch einfach nur hinderlich, oder? Gerade dann, wenn man sich unterhalten will.“ „Na dann, erzähl mir was!“ „Hm... Mir fällt nichts ein. Aber sag mal, ich habe heute Morgen gesehen, dass du gestern Abend versucht hast mich anzurufen. War es dringend?“ Sie lachte. „Nein, keine Sorge, ich wollte meine Handys an die Ladestationen anzuschließen und bin dabei bei meinem Privaten auf die Wahlwiederholung gekommen. Ich hoffe, dass ich dich nicht gestört habe?“ Er gluckste leise und sah sie grinsend an. Alles klar, sie hatte ihn gesehen. Das war nun wirklich die dümmste Ausrede, die ihr einfallen konnte. „Nein, alles gut.“ Er betrachtete sie belustigt, aber sie ließ sich nichts anmerken. Auch, wenn ihr die Fragen zu der Unbekannten, die bei ihm war, auf der Zunge brannten, sie würde sich zusammenreißen und ihm nicht zeigen, dass sie von ihr wusste. Diese Blöße wollte sie sich nicht geben. Sie würde sich mit seiner Freundschaft begnügen und wer weiß, vielleicht konnte sie ihn ja irgendwann von sich überzeugen. „Wir haben... ganz schön Mist gebaut...“, gestand Danny Elli am Abend an der großen Tafel im Garten. „In wiefern? Habt ihr CDs und Mützen geklaut? Ihr bösen, bösen Jungs.“ Einige der Umsitzenden lachten oder kicherten, während sie weiter aßen. Doch zurück zum Anfang des Grillgelages: Als die Gäste allmählich eingetroffen waren, waren Elli und Clara bereits dabei den Tisch zu decken. Das Erste das auffiel war, dass sämtliche Freunde und Freundesfreunde von Christopher durchtrainiert oder zumindest sehr schlank waren. Sie hatte sich fast unwohl gefühlt und war versucht, so schnell wie möglich zu gehen. Verstärkt wurde der Wunsch nur dadurch, dass kaum einer wusste, was er mit ihr bereden sollte. Die Freunde blieben zu großen Teilen unter sich und tratschten darüber, was ihnen in letzter Zeit wiederfahren war. Besonders schlimm wurde es, als Marie auftauchte – die große, magere Blonde, die Elli am Abend zuvor bei Christopher gesehen hatte. Marie war wirklich ein wunderschönes Mädchen und sie wusste, wie sie ihre Reize noch weiter ausspielen konnte. So war es schnell passiert, dass Christopher kaum noch Zeit mit seiner Nachbarin und seiner Schwester verbrachte und sich vorwiegend mit ihr befasste. Doch das hartgefrorene Eis zwischen seinen Freunden und seiner Nachbarin brach mit einem Schlag, als Danny auftauchte. Im Schlepptau hatte er seine Freundin, mit der er zwar bereits über ein Jahr zusammen war, doch bisher kannten seine alten Schulfreunde die junge Frau nur namentlich. Der Grund hierfür wurde klar, als sie sie sahen: Sophie war von ähnlicher Statur wie Elli. Elli war sich sicher, dass Sophie nicht ganz so schwer und füllig war wie sie, doch auch Dannys Freundin hatte ganz eindeutig mehrere Hosengrößen zu groß im Schrank. Durch diese Frau war endlich eine Verbindung zwischen Elli und den Freunden von Christopher entstanden und inzwischen konnte sie sich tatsächlich mit den Meisten von ihnen unterhalten, als kenne sie sie schon ewig. „Oh, wir haben in unseren wilden Zeiten so einiges geklaut, meine Hübsche, vor allem Kondome!“, erklärte Christopher Elli von der Seite, lehnte sich zurück und parkte unter Johlen seiner Kumpels einen Arm auf ihrer Lehne. „Hast du nie was mitgehen lassen?“ Elli machte ein peinlich berührtes Gesicht. „Während der Pubertät nicht mehr... Ich habe in der Grundschule regelmäßig meiner Mutter Geld aus dem Portmonee entführt, um mir Süßigkeiten leisten zu können.“, Gelächter brach aus. „Gangster-Elli, ruft das LKA!“, schlug Christopher vor und zog sie wie beiläufig an sich heran und rieb ihr die Schulter. Er war wirklich froh, dass sie so gut in seinem Freundeskreis akzeptiert wurde und er würde Danny später dafür abknutschen, dass er Sophie mitgebracht hatte. Diese Frau konnte wirklich jede Grenze einreißen. „Ich habe sowas in der Art auch durch.“, erklärte diese da auch schon, als es sich Elli an seiner Schulter gemütlich machte. Ihre Nähe war so vertraut und gut, dass er sich gewünscht hatte, dass der Abend nie wieder enden würde. „Ich habe mir als Kind gerne Dinge von Freunden ausgeliehen, die ich selbst immer haben wollte. Und dann habe ich das Zurückgeben so lange hinausgezögert, bis der eigentliche Eigentümer nicht mehr wusste, dass ich es habe und Schwups war es meines.“ Elli neben ihm lachte, wodurch Christophers ganzer Oberkörper zu vibrieren schien. „Das ist dann wohl der Grund, warum du Angst hattest sie uns vorzustellen, Danny, oder? Du dachtest sie leiht sich meinen Hammer und Schraubenzieher und dann komme ich nicht mehr weiter mit dem Umbau vom Haus.“ „Du, einen Hammer kann ich tatsächlich gebrauchen! Ich muss Bilder aufhängen!“, rief Sophie über das Lachen der Anderen hinweg und kassierte dafür einen liebevollen Kuss von Danny auf die Schläfe. „Christopher, kannst du mir mal kurz helfen?“, fragte da Marie von der anderen Seite der Tafel und stand schon auf. Er nickt, noch immer grinsend, und wartete, dass sich Elli richtig hingesetzt hatte, ehe er aufstand und ihr folgte. „Nein, jetzt mal ehrlich, warum hast du dich nicht getraut, uns deine Freundin vorzustellen?“, fragte nun einer der anderen Männer und beugte sich vor, während er den Nudelsalat verschlang. „Na ja, wisst ihr...“, er sah zu Sophie und dann wieder zu seinem Kumpel hinüber. „Es geht um diesen Zwischenfall in der Neunten.“ Sophie nickte groß mit einem mitfühlenden Blick. „Zwischenfall?“, fragte Elli neugierig und sah sich um. „Das ist wirklich nichts, worüber wir reden sollten.“, erklärte einer der anderen Jungen und seine Freunde schwiegen einstimmig. Doch auf Sophie war verlass. Sie war um kein Wort verlegen. „Du weißt vielleicht schon, dass die Jungs in ihrer Schulzeit nicht gerade zu der freundlichen Sorte gehörten.“ „Ich dachte mir schon, dass Christopher kein Musterknabe war... Aber was meinst du?“ „Sie waren eher in der Gruppierung, die strebsame Schüler und… ich nenne sie mal unsportliche Schüler... fertig gemacht haben.“ Nun war Elli ruhig und sah hinüber zu dem Grill, wo sich Christopher mit Marie unterhielt. Sie lachten und tuschelten beide und sie umschlang gerade seinen Oberkörper. „Wirklich? Das hätte ich ihm nicht zugetraut... Das hat er mir auch nie erzählt!“ „Es ist auch nichts, auf das man, wenn man älter wird, stolz ist.“, erklärte ihr einer der Kumpel von ihm. „Wir haben seit dem Abschluss nie darüber geredet, aber wir waren wirklich extreme Säcke. Nur leider haben wir das erst zu spät eingesehen.“ „Kinder.“, meinte Elli schultern zuckend. „Aber sowas kann man verzeihen, denke ich. Ich meine, irgendwann scheint ihr es ja alle bemerkt zu haben und ihr habt euch ins positive geändert. Das muss man auch erstmal schaffen.“ „Wurdest du früher gemobbt?“ Elli zögerte kurz, nickte dann aber auf diese Frage. „Und würdest du diesen Leuten heute verzeihen?“ „Wir werden alle erwachsen, oder nicht? Sicher würden wir heute alle...“ „Würdest du ihnen verzeihen?“, fragte Danny noch einmal eindringlicher. Elli schwieg, sah von ihm zu Sophie, dann zu den anderen und schließlich zu Clara und zurück zu Danny. „Nein, vermutlich nicht. Aber ich würde ihnen mit dem gleichen Respekt begegnen, wie jedem anderen auch...“ „...aber nicht zu viel Zeit mit ihnen verbringen wollen.“, ergänzte Sophie nickend. Ihr ging es da genauso. Elli machte ein entschuldigendes Gesicht. „Bei uns ist es so, dass das Opfer, das vermutlich am meisten zu leiden hatte, uns nicht mehr verzeihen kann, egal was wir sagen würden.“, erklärte Danny. „Ach so? Warum?“ „Ihr Name war Paula. Sie hat sich in der neunten Klasse das Leben genommen. Sie hat uns in ihrem Abschiedsbrief nicht direkt angeklagt, aber es standen wohl einige... sehr bestürzende Sätze über uns in ihrem Tagebuch, wie wir in einem Gespräch mit ihren Eltern erfuhren.“ Elli blieb die Luft weg. Konnte das sein? Würde Christopher wirklich so etwas Grausames tun, bis sein Opfer sich in den Tod stürzte? Sie sah auf, als er sich wieder zu ihr setzte. „Na, worum geht es?“, fragte er nichts ahnend, als am anderen Ende des Tisches wegen eines anderen Themas gelacht wurde. „Paula“ Er verzog sofort gequält das Gesicht, dann sah er zu Elli. Was hielt sie jetzt von ihm? Doch zu seiner Überraschung, fand er keine Anklage in ihrem Blick, nur tiefe Traurigkeit... Sich schämend sah er wieder weg und hatte gleich darauf eines von Maries Beinen über seinem Knie. Auffordernd hielt sie ihm ihren Teller unter die Nase. „Das Brot ist köstlich! Auch etwas?“ Er schüttelte nur den Kopf und sah wieder zu Elli. Er wollte ihre Hand nehmen, doch sie lag weit weg von ihm auf dem Tisch, über den sie sich beugte, um etwas Trinkbares zu ergattern. „Blöd wie wir waren, haben wir das Ganze versucht runter zu spielen.“, Michael, einer der damals Anwesenden, der sich mit eingeklinkt hatte, sprach nicht nur an sie, sondern an alle seine Freunde. „Wir waren echte Deppen… Nein, Scheißkerle! Keiner von uns wollte den Anderen zeigen, wie tief erschrocken er von dieser Tat war und auch wenn uns keiner wegen des Mobbings angezeigt hatte – Paula war nachweislich depressiv und die schlimmsten Sachen, die wir ihr antaten, hat sie selbst ihrem Tagebuch nicht anvertraut. Vermutlich, weil sie sich geschämt hat… Aber wir haben immer gewusst, dass wir Schuld waren.“ „Also habt ihr weiter gemacht. So in der Art: Seht her wie cool wir sind, der Tod interessiert uns noch weniger als…“, schlussfolgerte Elli und die Männer nickten betroffen. „Eigentlich habe ich das erst an der Uni eingesehen wie falsch das alles war.“ „Ich auch.“ „Ich bin deshalb Fitnesstrainer geworden.“, erklärte Christopher sofort, als wolle er sich entschuldigen. Elli sah mitleidig über die Schulter zu ihm. Autsch, dieser Blick hatte sich tief in sein Herz gebohrt. Sie sah ihn nun als jemand ganz anderes. Sicher hielt sie ihn für einen Mörder... „Das ist auf jeden Fall der Grund, warum ich Sophie bisher nicht mitbringen wollte. Ich wusste nicht, wie ihr zu unserer Schulzeit steht, wisst ihr...“, überlegte Danny. „Versteh ich“, meinte Michael und nickte. „Wäre mir wohl auch so gegangen...“ Elli lächelte leicht. Sicher waren sie keine Engel, doch es tat ihnen leid. Sie waren tottraurig wegen ihres Verhaltens und irgendwie war das richtig niedlich. Sie waren Idioten, ja, aber liebe Idioten und sie mochte sie irgendwie. „Müsst ihr echt über solch alten Kamellen reden? Ich dachte wir wollten Spaß haben?“, Marie wickelte sich wieder von Christophers Schoß runter und griff genervt nach den Weintrauben, sodass ihr Gastgeber seine Gelegenheit ergreifen konnte und sich zu Elli vorbeugte. „Kann ich dich kurz sprechen?“ Sie sah ihn irritiert an, als die anderen sich wegen Marie augenrollend abwandten und ein neues Thema anschnitten. „Ja, klar.“, sie nickte und fand keine zwei Sekunden später ihre Hand in seiner wieder, als er sie auf die Beine und mit sich weg zog. Mit offenem Mund und darüber erschüttert, dass Christopher ihr gerade den Rücken zugewandt hatte, sah Marie ihnen nach. „Geht da was?“, raunte Sophie Clara über den Tisch zu und sofort spitzten auch einige Umsitzenden die Ohren. Marie verschränkt die Arme, als sie den gehässigen Blick von Clara auf sich bemerkte und die Schwester ihres immer-mal-wieder-Freundes dann freudig verkündete: „Na ich hoffe doch!“ Sie kicherten alle und reckte die Hälse, in der Hoffnung durch die spiegelnden Glasscheiben einen Blick auf das ungleiche Paar zu erhaschen. Christopher zog Elli mit sich in das leere Wohnzimmer und dort bis auf wenige Zentimeter zu sich heran, als er sich zu ihr umdrehte. „Bitte, denk nichts Falsches von mir!“, bettelte er sie mit flehendem Blick an. „Warum sollte ich?“, fragte sie verwirrt. Sie verstand nicht recht, was er gerade sagen wollte. „Wegen Paula, bitte verurteil mich nicht.“ Nun verstand sie endlich und sie schüttelte seufzend den Kopf. „Alles gut, Christopher, mach dir keine Gedanken. Ihr wisst, was passiert ist und es tut euch allen leid, auch wenn es wirklich...“ Sie stockte. Zwei große, kräftige Hände legten sich an ihren Unterkiefer und zogen sie hinauf. Erschrocken riss sie die Augen auf, doch dann schmeckte sie bereits den Knoblauch und das Bier, das an seinen Lippen klebte. Sie verharrten einige schier unendliche Sekunden so mitten im Wohnzimmer – wobei ihr schien, als verliere sie gleich das Bewusstsein – bis er absetzte. Er hatte sie geküsst! Er hatte sie wirklich einfach geküsst. Ihr Bauch kribbelte vor Freude, doch dann löste er sich plötzlich von ihr und machte zwei Schritte zurück. Erschrocken sah er sie an. „Entschuldige bitte.“, er strich sich verlegen und fahrig über den Kopf. „Hab ich wohl doch schon ein paar Bier zu viel getrunken, was?“ Ellis Welt verstummte. Ihr Gehirn zählte bis drei, ehe es neustarten konnte und dann schienen plötzlich mehrere Persönlichkeiten in ihr durcheinander zu schreien. Fassungslos sah sie ihn an. Zu viel … getrunken? Sie wusste nicht, was sie tun sollte – Ihn anschreien, heulen, davon rennen oder die kühle, abgebrühte Braut mimen und so tun, als sei nichts gewesen und wieder hinaus zu den anderen gehen und sich amüsieren. Seine eisblauen Augen sahen sie noch immer verzweifelt an, als wünschte er, dass sie irgendwas sagte oder doch ein Messer nach ihm warf, aber sie konnte nicht. Ihr Gehirn war noch zu keiner zufriedenstellenden Lösung der Situation gekommen. Doch zum Glück – oder vielleicht auch Pech – musste es das gar nicht. „Chris? Das Bier ist alle und ich und die Mädels wollen eine Flasche Wein köpfen. Hast du was da? Oder Sekt?“ Christopher sah fast panisch zwischen Elli und Marie hin und her, die langsam – mit verführerischem Grinsen im Gesicht – auf sie zu gewackelt kam. Elli fuhr fast erschrocken zu ihr herum und sah ihn dann ebenso verloren und verwirrt an, wie er sich fühlte. „Ich... Also...“, stammelte er und schüttelte kurz den Kopf, in der Hoffnung seine Gedanken so wieder ordnen zu können. „Kein Problem. Ich geh schnell in den Keller und hol alles. Bin gleich wieder draußen.“ Er eilte los und die beiden Frauen sahen ihm – eine grinsend eine verzweifelt – hinterher. Elli verstand einfach nicht, was da plötzlich los gewesen war. Warum hatte er sie geküsst und warum war er jetzt so... abweisend? Sie spürte ein schweres Gewicht auf sich, das sie zu Boden ziehen wollte. Sie konnte sich einfach nicht von der Stelle rühren... Dachte sie zumindest. Denn Marie konnte sie mit einer Leichtigkeit an der Schulter herumziehen, die Elli selbst nicht aufgebracht hätte. Sie drehte wandte sich der Blonden zu und bekam sofort einen starken Stoß gegen beide Schultern, sodass sie einige Schritte zurück taumelte. Erschrocken sah sie auf und blickte in die wütenden Augen von Marie. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)