Rondo von kaltes ================================================================================ Kapitel 26: || Antrag || ------------------------ Georgina raffte ihren Rock. Sie würde geradewegs durch die Gästeschar hindurch schreiten, hinüber zu ihrem Vater und … ja was eigentlich? Was würde sie dann tun? Nachdenklich neigte sie den dunklen Schopf. Das Charles Grey sie dabei aus den Augenwinkeln heraus beobachtete, ignorierte sie. Sie würde hinüber gehen mit erhobenen Hauptes und ihrem Vater ins Gesicht sagen was sie von dieser arrangierten Verlobung hielt. O ja! Sie würde dem Duke sagen, dass sie den Count nicht heiraten würde. Dass sie es nicht über sich brachte einen Mann zu ehelichen, denn sie kaum kannte. ... und würde ihren Vater bloßstellen. Seufzend ließ Georgina die Schultern hängen. Count Carrington mochte nicht nur ein Mann mit Ansehen sein. Er war zudem durchaus attraktiv, charmant und - soweit sie es beurteilen konnte - aufrichtig. Jede Frau durfte sich glücklich schätzen seine Gattin zu werden. Also weshalb hatte der Count ausgerechnet sie erwählt? „Ein Königreich für Eure Gedanken.“, riss Charles die junge Baroness zurück in die Realität. „Kein Königreich sei es wert.“, konterte Georgina mit einem dünnen Lächeln. Charles zeigte sich unbeeindruckt von ihren Worten, erwiderte ihre Lächeln lediglich mit einem Schulterzucken. Dem Earl war bereits bewusst, in welcher Zwickmühle Baronesse steckte. Tatsächlich würde ihr nichts anderes übrig bleiben als der Ehe zuzustimmen, wollte sie ihrem Vater noch unter die Augen treten. Erneut seufzend ließ Georgina ihren Rocksaum fallen. Vielleicht sollte sie sich der restlichen Feierlichkeit dezent entziehen. Ihr Vorhaben untermauerte just Count Carrington, der zielstrebig auf Georgina und Charles zusteuerte. Hastig wandte die Baroness sich ab, den Blick nach einem Notausgang umherschweifend und versteckte sich schlussendlich hinter Earl Grey. Was dieser belustigt zur Kenntnis nahm und ruhig verharrte bis der Count ihn erreicht hatte. „Ich fürchte, mein Herr, sie will nicht mit Euch sprechen.“, empfing Charles besagten Count. „Ich denke, es lässt sich nicht aufschieben.“, mit diesen Worten versuchte Count Carrington einen Blick auf Georgina zu erhaschen, die regungslos hinter Charles verharrte. „Ich möchte Baroness Clifford nur wissen lassen, dass es nicht in meiner Absicht lag sie zu täuschen.“ „Und dennoch bittet Ihr um ihre Hand?“, lauernd neigte Charles den Kopf, eine Hand auf seinen Degen ruhend. Diese Geste entging dem Älteren keineswegs, brachte ihn jedoch nicht von seinem Vorhaben ab. „Es wäre mir eine Freude und Ehre, wenn Baroness mich als Gatte akzeptieren würde.“ „So bleibt Baroness nicht anderes übrig. Ihr überfallt das Mädchen ja regelrecht.“ „Dies war niemals meine Absicht gewesen. Wenn sie es wünscht, werde ich meinen Antrag auf der Stelle zurückziehen.“ „Und Euer Gesicht verlieren?“, lachte Charles verächtlich, den Griff auf dem Degen verstärkend. Die Greys und die Cavendish waren seit Generationen miteinander in Freundschaft, aber auch geschäftlich, verbunden. Schadete man dem Ansehen des Duke of Devonshire und seiner Familie betraf dies auch Earl Grey. „Ihr seid durchaus perfide. Anstatt ein vertrauliches Gespräch mit Baroness Clifford zu ersuchen, seid Ihr direkt beim Duke of Devonshire vorstellig geworden. Eure Beteuerung keine bösen Absichten gehabt zu haben, ist lächerlich. Ob sie nun ablehnt oder Ihr Euch zurückzieht, man wird mit dem Finger auf die Dame zeigen. Welche Wahl bliebe Baroness also?“ Georgina zuckte bei Charles Worten zusammen. Zwar sprach er durchaus die Wahrheit, doch verspürte sie etwas Mitleid für den Count. Earl Grey war womöglich etwas zu hart zu ihm. Sie wollte sich nicht vorstellen, dass der Count so durchtrieben war und sie so zu einet positiven Antwort hatte drängen wollen. Vorsichtig lugte Georgina über Charles Schulter. Es war nicht das erste mal das Charles Grey für sie Partei ergriff. Besonders gegenüber ihres Bruder Jonathan war der damalige Grey- Erbe für sie eingetreten. Oftmals wohl um Jonathan an seine miserablen Fechtkünste zu erinnern. Damals hatte sie sich dabei umbehaglich gefühlt. Sie wollte nicht auf den Schutz eines Mannes angewiesen sein, auch wenn sie diesen in letzter Zeit häufig in Anspruch hatte nehmen müssen. Während sie so in Gedanken war, kreuzten sich ihre Blicke. Der Count sah sie reumütig an und tat plötzlich etwas, dass Georgina wohl so schnell nicht vergessen würde. Er kniete sich zu Boden. „Ich war etwas zu voreilig. Bitte, verzeiht mir meine Unzulänglichkeit. Hätte ich nur den Mut gehabt, so wäre ich früher auf Euch zugegangen. Ich bewundere Euch, Baroness. Bitte erweist mir diese Ehre und nehmt meinen Antrag an.“ Dem konnte Charles nichts hinzufügen und schritt beiseite um den Blick auf Georgina freizugeben. Dieser war die Schamesröte ins Gesicht gestiegen. Hastig packte sie ihn bei den Schultern: „Tut dies nicht. Bitte erhebt Euch.“ Bisher waren nur ein paar wenige Gäste auf das Szenario aufmerksam geworden. Diese allerdings begannen bereits aufgeregt hinter vorgehaltener Hand zu tuscheln und schürten Georginas Unbehagen somit ungemein. „Ihr habt mich, wenn auch ungewollt, in die Enge getrieben. Deshalb werde ich Euch heute noch keine Antwort geben und Euch bitten dies auch dem Duke mitzuteilen um unser beider Willen.“, damit klopfte sie dem Count leicht gegen den Bizeps, ehe sie elegant die Flucht ergriff. Und diesmal würde niemand sie zurück auf diese Gesellschaft holen können. Earl Charles Grey blickte ihr schweigend nach, hob stumm seufzend die Schultern, während er auf den Count zu trat. „Mit dieser Dame holt Ihr Euch nur Ärger ins Haus, Count Carrington. Denkt an meine Worte!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)