Rondo von kaltes ================================================================================ Kapitel 16: || Dinner || ------------------------ In dem bodenlangen, weit ausgestellten zartrosa Kleid empfand Georgina sich gekleidet wie eine Zarin. Es klang albern. Doch nach Nächten in diesen verruchten Kleidern, bot jeder Stofffetzen mehr auf der Haut ein ungeahntes Gefühl der Vollkommenheit. Ein neu gewonnenes Selbstbewusstsein durchströmte Georgina, während sie Sebastian folgend den Speisesaal betrat. Der Tisch war bereits angerichtet worden, ein zusätzlichen Gedeck hatte seinen Platz gegenüber des Earls gefunden und ließ erahnen, dass Georginas Erscheinen unpassend gewählt worden war. Besagte straffte die Schultern und hob ihren gerafften Überrock dezent an, während sie Ciel Phantomhive grüßend, jedoch knapp, zunickte. Der Earl hatte sich schweigend erhoben, darauf wartend, dass sich sein Gast gesetzt hatte, ehe er sich ebenfalls setzte. Sein Blick glitt über die sich ihm bietende Erscheinung. Unwillkürlich kräuselte er die Lippen, diesem Kleid hafteten keine schönen Erinnerungen an und er spürte geradezu wie Sebastian ihn mit der Wahl jenes Kleid für die Baroness verhöhnte. Die lockigen, schwarzen Haare hatte sein Butler zu einem langen Zopf geflochten, welcher nun spielerisch, neckend über Georginas Schulter lag und der Baroness einen kindlich, femininen Ausdruck verlieh. Der ihm geltende prüfende Blick hingegen, war jener einer Frau - einer scharfsinnigen jungen Frau. Ihr war seine Gefühlsregung nicht entgangen und so schlussfolgerte sie richtig, als sie diese Regung auf das Kleid zurückführte. Mit einem dezent süffisanten Lächeln auf ihren Lippen, wandte Baroness sich dem teuflischen Butler zu: „Eine amüsante Geschichte, nehme ich an?“ „Für wahr.“, erwiderte Sebastian, während er sich zur Baroness herunter beugte und hinzufügte: „Dieses Kleid gesteht Euch durchaus besser zur Gesicht.“ Sein Flüstern klang wenig schmeichelhaft, dennoch jagte es Georgina einen wohligen Schauer über den Rücken. Just ertappte sie sich bei Gedanken, welch Verzücken Count Carrington bei ihrer derzeitigen Erscheinung empfinden würde. Ihr Herz machte einen kleinen Hüpfer. Wenn diese Scharade endlich beendet sein würde, dann könne sie ihm formell gegenübertreten als Baroness Clifford. „Nun Baroness, welchen Umstand verdanke ich Euren Besuch?“, räuspernd ergriff Earl Phantomhive nun das Wort und signalisierte seinem Butler, dieser solle es nicht wagen aus dem Nähkästchen zu plaudern. „Ich habe dies erhalten. Es ist kein Opium. Dennoch sind Madame’s Kunden gewillt viel Geld dafür zu zahlen.“, mehr vermochte Georgina Ciel nicht zu berichten, stattdessen überreichte sie Sebastian die Phiole. Ihr Blick folgte dem Butler, der jene Phiole seinem jungen Herrn überreichte. Der Jüngling betrachtete das Behältnis schweigend, ehe er es Sebastian zurück in die Hand legte. „Bring die Phiole Lady Sullivan. Sie soll sich den Inhalt ansehen, vielleicht kann sie uns sagen, was sich dahinter verbirgt.” „Jawohl, junger Herr.“ Sebastian verneigte sich leicht, ehe er sich abwandte um das Dinner zu servieren. Auch jetzt noch verfolgten ihn Georginas Blicke. Wer war diese Sullivan? Vermochte sie tatsächlich zu erkennen um welche Substanz es sich handelte und weshalb die Menschen dafür zahlten? In ihren Gedanken versunken, begann Georgina an ihrer Unterlippe zu nagen. Wie lange würde sie noch in diesem Bordell verbleiben müssen? Ciel schien ihre Gedanken zu erahnen, als seine Stimme in Georginas Bewusstsein drang: „Bald werden Baroness dieses Etablissement verlassen dürfen.“ „Bald - eine vage Aussage.“, murmelte sie missmutig, während sie Sebastian beim Weineinschank betrachtete. In ihren Augen hatte sie ihre Schuldigkeit getan. Alles Weitere lag nun beim Wachhund ihrer Majestät. Sie vermisste ihre Dienerschaft, warme Bäder, passable Kleider und vor allem ihr Himmelbett. Georgina wollte ihre Würde zurück. Sich ihrer Frustration ergebend, griff sie nach ihrem Weinglas und leerte dies - ungeachtet der tadelnden Blicke ihres Gastgebers - in einem raschen Zug. Der Butler unterließ es, das Glas erneut zu füllen, ergriff stattdessen eine Karaffe mit klaren Wasser. „Sobald wir wissen welch Substanz sich in dieser Phiole befindet und die genauen Hintergründe dieser Kurierdienste verstehen. Die Bordellwirtin betreibt einen enormen Aufwand. Und sie beginnt Spuren zu beseitigen. Ein Grund mehr, dieser Frau auf die Schliche zu kommen. Meint Ihr nicht auf Baroness?“ „Spuren beseitigen?“, erahnend welch Antwort folgen würde, biss Georgina sich unsanft auf die Zungenspitze. Dennoch vermochte sie es nicht zu verhindern, dass sie entsetzt erblasste, als Ciel Phantomhive erwiderte: „Man fand bereits Leichen. Menschen, welche ebenfalls eine Verbindung zu Madame aufwiesen.“ „Adam…” Die junge Adelige griff erneut nach ihrem Weinglas, hielt jedoch inne und entriss Sebastian forsch die Wasserkaraffe. „Glaubt Ihr, Earl, mein Stallbursche könne gefährdet sein?“ „Völlig auszuschließen, ist es nicht.“ „Baroness?!“, räusperte Sebastian sich, bedeutete Georgina die Glaskaraffe wieder in seine Obhut zu geben, ehe er Georginas Weinglas mit Wasser füllte. Was würde geschehen, sollte ihre Tarnung auffliegen und Madame ihr kleines Spielchen durchschauen? Nein. Sie wollte keinesfalls solch ein schreckliches Ereignis erneut erleben. Unbewusst fuhr ihre Hand an ihren Hals und umschloss diesen sanft. Es kostete sie einige Beherrschung ihre Panik niederzuringen und sich dem servierten Essen zu widmen. Die vorrangegangene Euphorie war einem beklemmenden, dumpfen Gefühl gewichen. Georgina saß, das Kinn auf den angezogenen Knie stützend, auf den Stufen des Dienstbodeneingangs und starrte in die trübe Nebelsuppe, welche sich wie eine Wolldecke über London gelegt hatte. Seufzend zog sie den Umhang enger an ihren Körper. In diesem dichten Nebel war es beinahe unmöglich sicher einen Fuß vor den anderen zu setzen und so war Georgina resigniert auf die Stufen gesunken. „Ihr solltet im Haus auf den Rückgang des Nebels warten, Baroness.“ Sebastians Stimme drang gedämpft in ihr Bewusstsein und so dauerte es einige Sekunden bis sie mit einem leichten Nicken reagierte. Trotz jenes Nickens verharrte Georgina in ihrer sitzenden Haltung. Statt erneut zu versuchen die Baroness zu bewegen ins Innere zu kommen, platzierte Sebastian sich im Türrahmen. Der Butler entschied sich solange zu warten bis Baroness Clifford von Selbst seinem Vorschlag nachkam. Die junge Frau zog sie Schultern an und schloss die Augen. Zu gern hätte Sebastian nun ihre Gedanken erraten. Nach ihrer Reaktion im Speisesaal zu urteilen, zerrte ihr kleiner Auftrag an ihrer Psyche. Eine süße Verlockung dieser Unsicherheit weiteren Nährboden zu bieten. Sachte berührten seine Fingerspitzen ihre Schulter. Er spürte wie sie unter seiner Berührung zusammenschrak. „Der Nebel wird sich nicht vor Morgen lichten. Ihr solltet ins Haus kommen, ehe Ihr krank werdet, Baroness.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)