Rondo von kaltes ================================================================================ Kapitel 11: || Informationen || ------------------------------- Sie konnte den Blick kaum von dem schweren, roten Vorhang nehmen. Immer wieder nagte Georgina auf ihrer Unterlippe. Was mochte sich hinter diesen Türen wohl verbergen? War Adams Bekanntschaft ebenfalls in diesen Räumlichkeiten vorstellig geworden? Wenn dem so gewesen sein sollte, was mochte ein Arbeiterjunge in diesen edlen Ambiente gesucht haben? „Ey. Neue!“, ein ungeduldiges Fingerschnipsen vor ihrem Gesicht, ließ Georgina gewahr werden, welche Aufgabe sie in diesem Hause nachzukommen hatte. Mit einem verlegen, entschuldigend Lächeln wandte die Baroness sich der verärgerten Dame zu. Es war das junge Ding, welches ihr bereits zuvor aufgefallen war. Unter all dem Puder und diesen viel zu lasziven angemalten Lippen, mochte sich noch ein Kind verbergen, doch oberhalb dieser Maskerade zeigte sich ein schnippisches Biest. Als Georgina nichts weiter tat, als sie anzulächeln, trommelte das Freudenmädchen wenig damenhaft mit den Fingern gegen den Tresen: „Schläfst du? Zwei Whiskey, rasch!“ „Wie Mademoiselle wünschen.“, unbeeindruckt griff Georgina nach zwei Gläsern und dem gewünschten Getränk. Wäre sie nicht in dieser unwürdigen Kluft gefangen, sie würde dieser Göre zeigen, wie man sich gegenüber einer Dame zu verhalten hatte. Stattdessen schob sie ihr die gefüllten Gläser über den Tresen zu und widmete sich wieder ihrer Arbeit. Die meisten Herrschaften waren mit ihren erwählten Mädchen auf die Zimmer im hinterem Teil des Hauses verschwunden. Nur zwei Offiziere waren im Foyer zurückgeblieben. Offensichtlich genossen sie schlicht die Gesellschaft der Mädchen und waren an keinerlei Freudendienste interessiert. Doch auch dieses Vergnügen würde sich Madame großzügig erstatten lassen. Georgina blickte an dem beiden Herrschaften vorbei zum Objekt ihrer Neugier. Irgendwann würde Madame und ihre Kundschaft wieder herauskommen müssen. Vielleicht war dies jene Möglichkeit eine Blick ins Innere zu erhaschen. Gedankenverloren griff Georgina nach dem Putzlappen, tauchte diesen ins Wasser und wrang ihn aus, ehe sie das Szenario wiederholte. Sie bemerkte nicht wie sich die Offiziere, sich es anders überlegend, erhoben und mit den Mädchen lallend lachend nach Hinten verschwanden und sie allein im Foyer zurückblieb. Ein Umstand, welcher sie normalerweise ängstigend würde. Während Georgina den alten Lappen zum xten Mal durchwrang, öffnete sich endlich die Türe und der Offizier trat heraus. Zielsicher steuerte der Mann auf die Bar zu und lehnte sich über den Tresen hinweg zu Georgina, welche hastig begonnen hatte besagten Tresen zu reinigen. „Geben Sie mir das stärkste Zeug, welches sie haben, meine Schöne.“ Georgina entging nicht, dass sich im Verhalten des Mannes etwas verändert hatte. Er wirkte entrückt und dennoch glücklich, irgendwie als kämen keine negativen Emotionen an ihn heran. Nickend tat sie wie erwünscht und reichte dem Offizier wenige Sekunden später ein Glas mit durchsichtiger Flüssigkeit. Er griff lachend danach und leerte das Glas in einem Zug, den Kopf im Nacken gelegt. „Wirklich gutes Zeug, meine Schöne. Sag wie ist dein Name?“ „Miss Shamrock.“, antworte Georgina. Es war eine falsche Identität. Welche Ironie, dass ausgerechnet dieser Butler jenen falschen Namen gewählt hatte. „Mein liebliches Kleeblatt.“, säuselnd, drehte der Ältere sein leeres Glas zwischen den Fingern. Am liebsten hätte sie jetzt gesagt, wohin er sich sein Kleeblatt gerne stecken dürfe, doch vielleicht vermochte dieser dämliche Kerl ihr Informationen zu liefern und so beugte sie sich über den Tresen: „Nun da Ihr den Meinigen wisst, dürfte ich Euch nach dem Eurigen fragen?“ „Maxwell. Maxwell Carrington.” „Max.” Ihre Finger wanderten über seinen Arm hinauf, hangelte ihm das Glas aus der Hand und goss ihm nach. Dabei blieb vornüber gebeugt, dass Carrington freien Blick auf ihren Busen hatte. Natürlich entging ihm diese Absicht nicht und so starrte er unverhohlen auf das ihm dargebotene. „Habt Ihr Euer Vergnügen gefunden?“ „Durchaus habe ich gefunden weshalb ich gekommen bin.“ „Was dies wohl sein könnte?“ „Ihr wisst nicht, was sich hinter der Türe verbirgt, Miss Shamrock?“ „Nein. Zu meinem Bedauern, ließ man mich im Unklaren.“ „Da werde ich Ihnen wohl nicht behilflich sein können, mein liebliches Kleeblatt.“, wehrte er ihre unausgesprochene Frage ab, während ein zarter Handkuss seinen Weg auf Georginas Handrücken fand. „Wie schade.“, schmollend zog die Baroness sich zurück. Dann würde sie sich einen anderen Weg erarbeiten müssen, um Ciel Phantomhive etwas nützliches zu liefern. „Jetzt sei doch nicht so, meine Schöne.“ „Jetzt sei doch nicht so, meine Schöne.“, lallend umgriff der Widerling ihre Taille und zog sie zu sich zurück auf den Schoß. „Lass mich los!“, wütend schlug sie nach seinen Händen und versuchte sich aus seinem Griff zu winden. Der dichte Rauch, welcher sich mittlerweile dem Zimmer beiwohnte, reizte unangenehm ihre Schleimhäute. Hustend gelang es ihr sich zu befreien. Dennoch war sie diesen Dämpfen bereits zu lange ausgesetzt und obwohl es nicht den selben Effekt hatte, als wenn sie das Zeug direkt konsumieren würde, spürte sie die verlockende Schwere in ihren Gliedern. Ihr Blick suchte Madame. Wenn sie doch nur den Raum verlassen dürfte. „Miss Shamrock?“ Sie blinzelte. „Ergeht es ihnen gut?“ Sie nickte langsam. Was war dies eben gewesen? Keinesfalls waren dies ihre Erinnerungen gewesen. Eine leichte Übelkeit überkam sie, die Schläfen pochten und es schien als drehe sich der Raum um die eigene Achse. Leicht schwankend, stütze Georgina sich gegen den Tresen. „Dies scheint mir nicht so. Ich werde nach Madame rufen.“ „Nein. Sie wird denken ich hätte mich am Weine bedient.“, hastig hielt sie Carrington zurück. Sie rang sich zu einem Lächeln durch. Zwar konnte sie nicht benehmen, was gerade geschehen war, doch sie wusste nun welch Geheimnis sich hinter jener Türe verbarg. Das Klopfen durchdrang den hinteren Teil des Anwesens, wie das Läuten des Big Ben Londons Straßen zur jeder vollen Stunde. Dezent genervt von dem nächtlichen Besuch huschte Sebastian Michaelis durch die Gänge zum Dienstboteneingang. Wenn es nicht lebenswichtig wäre, würde er diesen Störenfried die Haut von den Knochen ziehen. Mit diesem Gedanken und finsterer Miene öffnete Sebastian wenige Sekunden später besagten Dienstboteneingang. Die finstere Mimik erhellte sich nicht gerade, als ihm Baroness Clifford, gehüllt in einem weiten dunklen Mantel, entgegen trat. In ihren Händen hielt sie einen Leinensack. „Ich habe Informationen.“ „Der Earl hört sich Eure Neuigkeiten morgen an.“ „Ich konnte mich unbemerkt davon schleichen. Wer weiß, wann mir dies erneut gelingen wird. Außerdem müssen die Kleider bis morgen geflickt werden.“, mit diesen Worten drückte Georgina dem Butler besagten Sack entgegen und trat an ihm vorbei ins Anwesen. „Folgt mir.“, resignierend seufzend, signalisierte Sebastian der Baroness ihm zu folgen. Der teuflische Butler wusste um die Konsequenzen, sollte Ciel Phantomhive in seinem Schlafe gestört werden. Nun sah Sebastian jedoch ebenfalls, dass Georgina Cavendish nicht einfach ihres Wegen ziehen würde. Ihm galt es also, sich in Schadensbegrenzung zu üben. Mit einer ausladenden Geste deutete der Butler des Hauses der Adeligen den Raum zu betreten, dessen Türe er ihr einladend offen hielt. Es war eine einfach Kammer. Eine Räumlichkeit, welche üblicherweise das Dienstpersonal bewohnte. Es fand sich bis auf ein einfaches Bett, einem Sekretär und einem hohen Schrank, nichts im Raum. Zu Georginas Verwunderung fehlten gänzlich private Dinge. Es wirkte geradezu steril, als sei der Bewohner nur auf der Durchreise. Die Baroness drehte sich leicht zu Sebastian, welcher die Türe hinter sich beinahe lautlos ins Schloss zog. „Wisst Ihr denn nicht, wie ungeziemt dieses Verhalten ist? Eine unverheiratete Frau allein mit einem Mann in dessen Räumlichkeiten.“ „Eure Ehrbarkeit ist in guten Händen.“, kühl abtuend, stülpte Sebastian den Leinensack kopfüber und ließ die beschädigten Kleider darin auf den Sekretär fallen. Mit geübten Blick betrachtete er sich den Stoff – kleinere Nutzungsschäden, welche rasch genäht waren. Eine Aufgabe, welche ein Butler des Hauses Phantomhive zu lösen vermochte, während er zur selben Zeit dem Gast bedeutete sich zu setzten. Nur widerwillig ließ sich Georgina auf die Kante seines Bettes nieder, darauf bedacht soviel Abstand wie irgendmöglich zwischen ihnen zu halten. Eine Reaktion, welche Sebastian Michaelis mit einem amüsierten Lächeln abtat. „Berichtet.“, sein Blick wanderte kurz zur Dunkelhaarigen, ehe er sich mit Nadel und Faden an das Ausbessern der Hurenkleider machte. Georgina beobachtete den Butler eine kurze Weile dabei. Er war durchaus geschickt. Sie vermochte es kaum der Nadel zu folgen, wie sie sich durch den Stoff stach und das Garn seinen Weg bahnte. „Madame lässt gegen extra Bezahlung ihre Kunden an ihrem reichlichen Opiumbestand teilhaben.“ „Eine geheime Opiumhöhle also. Wahrscheinlich nutzt sie die armen Burschen als Lieferjungen, um das Opium unbemerkt in ihr Bordell zu holen.“ „Das wäre denkbar.“, murmelnd knetete Georgina die Finger nervös in ihrem Schoß. Dies war nicht alles. Obwohl der Konsum von Opium verboten war, gab es genug dunkle, zwielichtige Ecken in denen Menschen sich ihrem Gelüste hingegeben konnte. Nicht wenige Adelige besaßen gar einen eigenen kleinen Vorrat in ihren Gemächern. „Die Kunden, welche ich beobachten konnte, wiesen allerdings nicht die typischen Anzeichen des Opiumgenusses auf. Sie waren keinesfalls entspannt, oder gar schläfrig. Sie wirkten aufgemuntert, voller Tatendrang, beinahe als kennen sie keine Sorge und Kummer mehr.“ Sebastian stockte in seinem Tun. Diese Information hatte durchaus seinen Wert. Wenn Madam an einer neuen Droge experimentierte oder gar diese in ihrem Bordell ins Volk brachte, waren die Sorge ihrer Majestät nicht unbegründet. Sollte ihr Enkel ebenfalls das Freudenhaus für solch Gelüste aufgesucht haben, spielte der Thronfolger nicht nur mit dem Ruf des Königshauses. „War es Euch möglich noch weitere Ungereimtheiten auszumachen?“ Die Baroness schüttelte leicht den Kopf. „Gewinnt die Gunst der Madame. Euch wird es dann leichter Fallen in ihre Nähe zu kommen und Euch weiterhin unauffällig umzusehen.“ Sie nickte. Dennoch verzog sich ihr Gesicht zu einer bitteren Fratze. Es lag wirklich nicht in ihrem Interesse sich bei der Bordellmutter einzuschmeicheln. Ihre Hoffnung lag darauf, jenes Etablissement rasch den Rücken kehren zu können. Nun musste sie sich also noch ein Weilchen länger gedulden, bis sie in ihr altes Leben zurückkehren könnte. „Welch Grund nannte der Earl meinem Vater und der Dienerschaft?“ „Man berichtete ihnen, Baroness wäre auf einer Kurreise.“ „ ... niemals ein Wort der Wahrheit!“ Ihre Augen taxierten Sebastian, während der Butler die geflickten Kleider ordentlich gefaltet in den Sack zurück legte. „Wie Baroness wünschen.“, emotionslos legte sich ein Lächeln auf seine Lippen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)