Rondo von kaltes ================================================================================ Kapitel 10: || Undercover || ---------------------------- Das betörende scharlachrote Samtkleid, mit Flügelärmeln und bodenlangem Rock, saß so eng an ihrer Taille, dass sie glaubte ersticken zu müssen. Immer wieder zupfte sie fahrig an der Korsage, welche ihren Busen lasziv nach oben drückte. „Nun haltet Euch ruhig, Baroness.“ Sebastian Michaelis umschloss ihr Kinn fester, zog es näher zu sich heran, um den letzten roten Strich auf ihre Lippen zu legen. Ein undefinierbares Brummen erklang als Antwort. So war sie es, welche dieses unsittliche Kleid tragen musste - keinesfalls der dunkelhaarige Butler.   Ihre Augen wanderten über seinen Oberarm hinweg zu ihrem Spiegelbild, welches ihr unter all dem Puder befremdlich entgegen blickte. „Ihr dürft Euch nicht bezirzen lassen. Vergesst nicht weshalb ihr hier seid.“ Georgina presste die roten Lippen aufeinander und betrachtete Sebastians Antlitz im Spiegel. Er musste sie nicht daran erinnern welch Grund sie an diesen unsäglichen Ort geführt hatte. „Ich bin eine ehrbare Frau.“, erwiderte sie kühl, tastete über die rötlichen Wangen. Sie erkannte sich kaum mehr selbst unter all der Schminke, und doch fühlte sie sich begehrlich. Ein Gefühl, für dessen sie sich schämte. Sie zuckte zusammen als sich Sebastian über ihre Schultern beugte und die Lippenfarbe wieder auf den Tisch legte ehe er sich zurück zog. Dabei strich sein Daumen sanft über ihren Mund, malten die geschwungene Flügel nach. Seine Lippen hauchten ein, zweimal über ihren Nacken, während seine dunklen Irden sogleich ihre Reaktion im Spiegel betrachtete. Sie schloss reflexartig ihre Augen, welche just wieder aufsprangen und dem Butler mit einer überraschenden Härte entgegen blickten. „Wollt Ihr mich testen?“ „Ihr habt recht, Ihr seid eine ehrbare Frau.“, damit zog der teuflische Butler sich vollends zurück, beinahe schien es als verschmelze er mit den Schatten des Zimmers. Sie blieb allein zurück. Schweigend erhob Georgina sich, schritt hinüber zum Bett und ließ sich auf dessen Kante nieder. Dies war ihre Chance Adam behilflich zu sein, auch wenn dies hieß nach Ciel Phantomhive Pfeife zu tanzen. ... Die Erinnerung an die vergangenen Stunden verschwammen mit ihrem Spiegelbild im trüben Weißwein. Der Earl hatte sorge getragen, das Georgina als Barfrau ihre Beschäftigung fand. Ihre Blick richtete sich Richtung Eingang, als sich die Türe erneut öffnete und ein hochgewachsener Mann das Bordell betrat. Der neue Gast reichte dem Türsteher den Stock, Mantel und Hut und betrat anschließend das große Empfangszimmer. Dort schäkerten bereits mehrere schneidigen Offiziere mit den jungen Frauen. Im Hintergrund unterhielt sich ein alter Mann mit Ziegenbart mit einem blonden Ding. Das Mädchen sah jung genug aus, um die strenge Kleidung einer Internatsschülerin zu tragen, und kicherte doch so albern wie ein Backfisch. Mehrere Herren in ziviler Kleidung saßen auf weichen Plüschsesseln, ein Glas Wein in der Hand und rauchten Zigarren, während die Mädchen, die sich um sie versammelt hatten, artig warteten, bis die Wahl auf sie fallen würde. Der rote Plüsch, welcher das Zimmer beherrschte, etliche Bilder freizügig gekleideter Frauen, welche griechische Göttinnen darstellen sollten, der betörende Duft der Parfüme und die knappen Kostüme der Frauen, die mehr enthüllten als verbargen, entfachten in solch manchen Mann eine ungewohnte Leidenschaft. Im Gegensatz zum Türsteher erkannte Georgina den Kunden sofort, obwohl dieser nur ein Mal in Begleitung eines Freundes das Bordell aufgesucht hatte. „Guten Abend, Lord de Winter. Ich freue mich Euch zu sehen! Darf ich Ihnen ein Glas Wein anbieten?“ Die Baroness lächelte freundlich, so wie sie es bei jeden wohlhabenden Kunden zu tun hatte, der über die Schwelle trat. Gleichzeitig füllte sie zwei volle Weingläser. Eines davon reichte sie an den Adeligen weiter. „Auf Ihr Wohl!“, koket hob Georgina ihr Glas an und stieß mit dem Kunden an. Lord de Winter trank und schnalzte anerkennend mit der Zunge: „Der Wein ist gut.“ „Madame lässt nur die besten Sorten kommen, und natürlich nur die besten Mädchen.“, devot wies Georgina auf die Huren, welche auf den adeligen Kunden ebenso jung wie erregend wirkten. Sie sah wie er ein hübsches Mädchen verschlang, doch genau dieses würde er nicht überlassen bekommen. An diesem Abend wollte ein höherer Herr der Regierung vorbeikommen, und für diesen war das Mädchen reserviert worden. Daher lenkte sie Lord de Winters Augenmerk auf Gerda, wie Madame es angewiesen hatte, die an diesem Abend noch keinen Kunden zu verzeichnen hatte: „Wie gefällt Ihnen die Kleine dort? Sie ist frei und könnte Ihnen die nächsten Stunden zur Verfügung stehen.“  Er nickte wage und schien interessiert, doch zunächst aber sah er sich einer anderen Frau gegenüber, deren züchtiges, streng wirkendes Kleid sich stark von den Gewändern der auf Kunden wartenden Mädchen unterschied. Madam liebte es, gediegen aufzutreten, damit jeder sofort begriff, wer hier die Chefin war. Auf einen für Außenstehende unbemerkbaren Wink ihrer Herrin erhob Gerda sich mit einer lasziven Bewegung und tat so, als müsse sie ihr Strumpfband richten. Dabei beugte sie sich leicht nach vorne, so dass de Winter nicht nur ihr bis zu den Oberschenkel entblößtes Bein sehen, sondern auch einen tiefen Einblick in ihre Dekolleté tun konnte. „Nun ich wäre nicht abgeneigt.“, antwortete er, berichtigte sich dann jedoch. „Eigentlich hatte ich mir überlegt, mich mit zwei Mädchen zu vergnügen. Mit einer Frau kann ich auch zu Hause ins Bett gehen.“ Seine Sprach klang rüder als Georgina es von Gästen erwartet hätte, doch Madame tadelte ihren reichen Kunden nicht, sondern erwiderte: „Haben Sie besondere Wünsche?“ „Nun ich würde gern mehr tun als einfach nur mit dem Mädchen zu schlafen. Die Art der Franzosen könnte mir zum Beispiel gefallen. Wenn ich schon hier bin, dann soll es sich auch lohnen“. Madame vervielfachte indes in den Gedanken den Preis, den sie den Mann für eine Nacht mit ihren Mädchen abnehmen wollte, und nannte ihm ganz geschäftsmäßig die Summe. Bei einem Stammkunden hätte sie mehr Diskretion geübt, doch dieser Krautjunker war kein regelmäßiger Gast und sollte nicht glauben ihre Mädchen wären so billig zu haben wie Straßenhuren oder diese Bauerntrampel vom Lande. Als er die Summe vernahm, musste de Winter schlucken. Madame erkläre ihm jedoch rasch, dass er mit den beiden Mädchen ungestört bis zum Morgen im Séparée bleiben könne und der Wein mit inbegriffen war. Für einen Augenblick schwankte der Gutsherr, doch ein Blick auf Gerda machte ihm die Entscheidung leicht. „Also gut.“, sagte er. „Soll ich gleich bezahlen oder später?“ „Sie sind ein Mann von Welt, Lord. Ich vertraue Ihnen. Bezahlen Sie, wenn Sie mein Haus verlassen wollen. Bis dahin wünsche ich Ihnen unvergessliche Stunden mit meinen Mädchen.“, hauchte Madam zufrieden und ließ den Kunden mit den beiden Huren ziehen. Georgina sah dem Trio schweigend nach, während sie Madames Glas entgegen nahm und über dem Holzbottich mit den Weinresten entleerte. „Ich werde mich um die Herrschaften bei den Sesseln kümmern. Behalte du unsere Offiziere im Auge. Ich will nicht, das die Mädchen unter der Hand kassieren.“, mahnend beugte die Hausdame sich über das Pult, während Georgina energisch mit einem Leinentuch über den farbigen Lippenabdruck am Weinglasrand rubbelte. Die Dunkelhaarige gab mit einem knappen Nicken Madam zu verstehen, dass sie verstanden hatte und widmete sich den nächsten Gast am Tresen. Einer der Offiziere war an sie heran getreten, sein leeres Glas gegen den matten Schein der Kerze richtend. Seine Worte indes wandte er an die junge Frau: „Ein neues Gesicht. Ein sehr hübsches, wie ich zugestehen mag.“ Schmeicheleien. Süße Worte, welche nur einen Zweck dienten. Angewidert wandte Georgina sich ab, was jedoch von Madame mit einem finsteren Blick quittiert wurde. Jedes Mädchen im Hause hatte sich zuvorkommend zu verhalten. Dennoch ertrug sie es kaum - diese lüsternen Blicke auf ihrer Gestalt, wie sie jedes Detail prüften einem Zuchttier auf der Viehauktion gleich. Als Barmädchen war sie die Dame hinter den Kulissen und stand nicht für Kunden zu Verfügung. Was diese jedoch nicht davon abhielten das Frischfleisch ins Augenmerk zu nehmen. Sich zu einem Lächeln durchringend, sah Baroness zu besagtem Offizier, wobei sie eine gewisse Distanz zwischen ihnen wahrte. „Kann ich Euch zu weiteren Glas Wein verführen?“, während sie sprach hielt sie eine Flasche mit besagtem Wein in die Höhe. Als er zustimmend nickte, goss Georgina rasch nach. „Habt Ihr Euch schon für ein Mädchen erwärmen können?“ „Ich fürchte meine Wahl obliegt keinem Segen.“, charmant in ihre Richtung zwinkernd, proste er ihr zu. „Verzeiht, dass ich Euer Begehren ablehnen muss. Mein Platz ist bei dem guten Weinen.“ „Lasst mich nur hinter das Pult kommen, meine Liebe.“, säuselte er, unbeeindruckt von ihrer Absage. Georgina fürchtete bereits er würde seinen Worten Taten folgen lassen. Doch der Freier machte keinerlei Anstalten und erleichtert biss Georgina sich auf die Unterlippe. Wenn sie Abstand halten würde, müsse sie außer Gefahr sein. Da die Baroness dem Fremden hinzukommend keine Hoffnung machen wollte, schwieg sie. „Ich begleite lediglich einen Freund.“ „Also habt Ihr keinerlei Interesse an einem der Mädchen?“, skeptisch hob sie die Augenbrauen. „Nein. Nicht, dass ich das Angebot nicht schätzen würde, doch ich zahle ungern für solch Vergnügen.“ „Ihr seid also ein Schuft?!“ „Ich ziehe es vor, eine Dame zu ehelichen ehe ich mich zu ihr ins Bett lege. Also, ja ich bin ein Schuft, meine Liebe.“ Seine Worte klangen aufrichtig, doch Georgina wurde dieses Gefühl nicht los weiterhin geschickt umschmeichelt zu werden. Unbedarft drangen die Erinnerung an Sebastians Berührungen in ihren Geist. Sie wich zwei Schritte zurück. „Ihr glaubt mir nicht?!“ „Könnte ich dies wahrlich? Ihr sitzt in einem Freudenhaus, mein Herr. Euer Freund muss Euch sehr wertvoll sein.“ „Er ist mir durchaus lieb und teuer. Doch allein deswegen bin ich wahrlich nicht hier.“, damit leerte er das Glas und wandte sich an Madam, welche mit einem kaum merklichen Nicken an ihn heran getreten war. Eine Begebenheit, welche Georgina zum ersten Mal an diesem Abend beobachtete. Madam bedeutete dem Offizier ihr zu folgen und schon verschwanden sie hinter einen dicken roten Vorhang. Ciel Phantomhive sollte also gar nicht so falsch liegen. Hier lag etwas im Argen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)