A new Mock Town Evening von LamiaDusk ================================================================================ Kapitel 1: Willkommen in Mock Town! ----------------------------------- Kapitel 1 Willkommen in Mock Town! Tagebucheintrag 10.04.XXXX Liebes Tagebuch, ich segele nun schon seit fast einem Jahr übers Meer. Die letzten paar Tage waren relativ ereignislos, und dafür bin ich nach dem Sturm von letzter Woche ziemlich dankbar. Laut der Karte sollte ich bald eine Insel namens Jaya erreichen. Dort soll es eine ganze Stadt voller Piraten geben! Ich bin so aufgeregt. Es wird dringend Zeit, dass ich meine Vorräte aufstocke, und ich würde auch gerne wieder unter Menschen sein. Zumindest für eine Weile. Claire schlug ihr Tagebuch zu und wischte sich müde über die Augen. Es war gerade Mittag; die Sonne zeichnete flirrende Muster auf das Wasser um sie herum. Sie war alleine auf dem kleinen Boot, mit dem sie segelte; es war eines dieser Boote, das darauf ausgelegt war, nur von ein oder zwei Personen bemannt zu sein. Streng genommen war es ein Wunder, dass Claire es in diesem winzigen Kahn überhaupt so weit geschafft hatte. Aber hin und wieder hatte sie zeitweise noch jemanden mitgenommen, von einer Insel zur anderen gebracht. So hatte sie immerhin zeitweilig Gesellschaft gehabt. Gähnend sah sie sich um. Vor ihr am Horizont sah sie bereits die dunkle Silhouette einer Insel. Der Anblick weckte in ihr leise Vorfreude, und sie musste ein aufgeregtes Kichern unterdrücken. Sofort fragte sie sich, ob sie in der langen Zeit alleine auf See nicht ein bisschen den Verstand verloren hatte. Der Hafen von Mock Town war zu diesem Zeitpunkt besonders lebhaft. Piraten kamen an, legten ab, es herrschte allgemein gute Laune unter den Leuten. Claire erntete einige etwas verwirrte Blicke, als sie mit ihrem kleinen Boot anlegte und auf den Steg kletterte. Ein leichtes Lächeln schlich sich auf ihr Gesicht, als sie in das Gewimmel der Stadt eintauchte. Zuerst brauchte sie etwas zu trinken, danach musste sie noch einkaufen... Sie hatte schnell eine Bar gefunden, die ihr passend erschien. Kein allzu hohes Etablissement, aber auch keine absolute Absteige. Sie betrat den Schankraum, und die Luft war dick von Alkoholdämpfen und dem Rauch von Zigaretten und Zigarren. Einige der Gäste blickten auf, um zu sehen, wer da die Bar betreten hatte, aber allgemein schenkte man ihr nicht allzu viel Beachtung. Sie ließ sich an der Theke nieder und ließ für eine Weile den Blick durch den Raum schweifen, ehe sie zum Bestellen ansetzte. Allerdings kam sie nicht weit, denn eine Stimme hinter ihr sagte:"Zwei Krüge Rum für die Lady und mich." Sie drehte sich um und wollte den Fremden zurechtweisen, doch ihre Worte blieben ihr in der Kehle stecken. Sie kannte das Gesicht des Mannes von den Steckbriefen; Bellamy „die Hyäne“. Er ließ sich neben ihr nieder und sah sie an, den Kopf auf die Hand gestützt und sie von oben bis unten musternd. "Neu hier?“ "Gerade angekommen“, erwiderte sie ruhig. Der Wirt brachte den bestellten Rum, und Bellamy schob das Glas zu ihr. "Los, trink." Sie schmunzelte. "Danke. Ist das die Standardprozedur für Neulinge hier?" Er grinste und ließ seine Zunge raushängen. "Nur für die Hübschen." "Hmpf." Claire nahm einen Schluck von dem Rum. "Ich hätte von jemandem mit dem Beinamen 'Hyäne' nicht so viel Charme erwartet. Bravo." "Ich dachte mir schon, dass du von mir gehört hast." Sein Grinsen war so selbstgefällig, dass Claire gerne noch einen abwertenden Spruch hinzugefügt hätte, aber im Interesse ihres eigenen körperlichen Wohlergehens entschied sie sich dagegen und schwieg einfach. Nach ein paar Sekunden davon, in denen Bellamy offenbar gespannt auf eine Antwort gewartet, aber keine bekommen hatte, setzte er schließlich wieder an: "Uuuund?" "Was 'und'?" "Hat das hübsche Gesicht, das da neben mir sitzt, auch einen Namen?" Er lehnte sich rüber, und sie konnte deutlich seine Fahne riechen. Offenbar hatte er schon reichlich getrunken, bevor sie überhaupt die Bar betreten hatte. Sie rollte mit den Augen, antwortete aber trotzdem. "Claire. Mein Name ist Claire." "Claire..." Er rieb sich am Kinn. "Kann mich nicht dran erinnern, den Namen schonmal gehört zu haben. Noch kein Kopfgeld, was?" Sie schüttelte den Kopf. "Ich... bevorzuge es, unerkannt zu bleiben. Ist einfacher so." "Na hör mal, ist ja auch besser so." Er lehnte sich noch weiter vor, dabei stützte er sich mit einer Hand auf ihrem Oberschenkel ab. "Wäre schade um dein hübsches Gesicht." Claire war sich nicht ganz sicher, ob er wirklich derart mies im Flirten war, oder ob er nur versuchte, irgendeine Reaktion von ihr zu provozieren. Vielleicht wars auch der Alkohol. Sie zog ihr Bein weg, wodurch er beinahe auf dem Boden landete. "Nichts gegen dich, aber so nahe kommt mir keiner beim ersten Treffen." Er sah verdutzt zu ihr, dann durch den Raum, wo einige Piraten an einem Tisch die beiden scheinbar schon die ganze Zeit beobachtet hatte. Wahrscheinlich seine Crew; zumindest ein Gesicht, das von „Bigknife“ Cirkies, erkannte sie ebenfalls von einem Steckbrief. Dieser war gerade im Begriff, aufzustehen, aber Bellamy hob seine Hand, offenbar um ihm zu signalisieren, dass er sich nicht einmischen sollte. Dann wandte er sich wieder an Claire. "Du hast Mut, Mädchen. Das gefällt mir." Wieder behielt sie ihre schnippische Antwort für sich, aber es fiel ihr zunehmend schwerer. Stattdessen nippte sie weiter an ihrem Rum, hoffend, sich damit ablenken zu können. Einige Sekunden Stille später setzte der Pirat erneut an: "Und, was treibt dich nach Jaya?" "Ich habe eigentlich nur hier angelegt, um meine Vorräte aufzustocken." Egal, wie einsilbig und ablehnend ihre Antworten auch waren, der Pirat ließ sich nicht abschrecken. Er fragte noch mehr; wo sie herkam, wo ihr nächstes Ziel lag, und so weiter. Als er dann fragte, wo sie die Nacht verbringen würde, reichte es ihr. Sie knallte das Geld für den Rum auf den Tisch, absolut nicht einverstanden damit, sich von einem Wildfremden einen ausgeben zu lassen, und verließ die Bar, ohne sich zu verabschieden. Plötzlich schien ihr die Stadt nicht mehr ganz so einladend zu sein. Sie würde ihre Einkäufe schnell erledigen und dann ablegen; so verlockend der Gedanke auch war, eine Nacht in einem richtigen Bett zu verbringen. Jemand rempelte sie an, sie stolperte fast, entschuldigte sich aber und wurde angefahren: "Pass auf, wo du hinläufst, Mädchen!" Sie sah dem Mann nach, schüttelte den Kopf und wollte weitergehen, bis ihr auffiel, dass ihre Tasche plötzlich verdächtig leicht war. Mit einem unguten Gefühl ihm Magen sah sie herunter und fand ihre Vermutung bestätigt: Jemand hatte ihre Geldbörse gestohlen! Mit den Zähnen knirschend fuhr sie herum und suchte in der Menge nach dem Typen, der sie gerade angerempelt hatte. Gerade sah sie ihn noch in einer Gasse verschwinden, da setzte sie ihm auch schon nach. Dabei verfluchte sie sich für ihren Leichtsinn; natürlich hatte man sie bestohlen! Sie befand sich gerade in einer Stadt der Gesetzlosen! Aber immerhin, so würde sich auch keiner drum scheren, was sie mit dem Dieb anstellte, wenn sie ihn erst einmal in die Finger bekam. In ihrer Hast bemerkte sie nicht, wie sie an einem ihr durchaus bekannten Mann vorbeihetzte. Bellamy drehte sich leicht irritiert um, als das Mädchen aus der Bar losrannte, ohne ihn auch nur zu beachten. Allerdings war damit auch sein Interesse geweckt. Wo sie wohl hinwollte? Der Dieb war sich seiner Sache offenbar sehr sicher. So sicher, dass er in aller Ruhe in der Gasse saß und Claires Geld zählte, als sie ihn fand. "Hey!" Er sah auf, schien sich aber keine allzu großen Sorgen zu machen. Claire war mit ihrer Größe von 1,70 m keine besonders furchteinflößende Gestalt, und der Jeansrock und die ausgeleierten Stiefel halfen dem Eindruck sicher nicht.. Er hielt sie wahrscheinlich für ein wehrloses kleines Mädchen. Der Mann grinste sie an. "Haste was verloren, Kleines? Komm, ich helf dir suchen." "Leck mich." Sie war so wütend, dass ihr nichts Besseres als Antwort einfiel. Er musterte sie von oben bis unten, und das Grinsen wurde breiter. Doch urplötzlich wurde das Grinsen durch weit aufgerissene Augen und erschrockene Blässe abgelöst, im selben Moment, wo ein wesentlich größerer Körper einen Schatten auf Claire warf. "B-Bellamy! Oh, hey. G-gehört das Mädchen zu dir? Tut mir leid, hätte ich das gewusst, hätte ich nicht... nicht..." Tatsächlich war es wieder die Hyäne, die da hinter Claire stand und sie nun beiseite schob, um bedrohlich auf den Dieb zuzutreten. "Hör zu, du kleine Ratte, so wird’s jetzt gemacht: Du gibst der Lady ihr Geld zurück, und ich lasse dich vielleicht davonkommen. Deal?" Der Mann sah von Bellamy zu Claire und wieder zurück, ehe er die Geldbörse fallen ließ und davonlief. Kapitel 2: Gestrandet --------------------- Kapitel 2 Gestrandet Claire sah dem Dieb einen Moment lang nach, dabei nachdenklich auf ihrem Unterlippenpiercing kauend. Ihr Blick glitt von dem Mann neben ihr, zu der nun am Boden liegenden Geldbörse und wieder zurück, ehe sie sich in Bewegung setzte, um ihren Besitz wieder einzusammeln. Sie sah in die Börse hinein und zählte das darin enthaltene Geld, um sicherzustellen, dass dieser Typ nichts rausgenommen hatte. Bellamy trat an sie heran. „Alles noch da?“ Claire schwieg einen Moment, nickte dann aber. „Ja, alles da.“ „Ich denke, für die Hilfe schuldest du mir einen Gefallen.“ Es war keine Frage, sondern eine (sehr selbstgefällige) Feststellung, und das ließ Claire die Zähne fletschen. „Kann mich nicht erinnern, dich um Hilfe gebeten zu haben.“ Sie drehte sich zu dem Mann um und stemmte die Hände in die Hüften. „Kleiner Hinweis: Wenn du das nächste Mal den großen Retter für eine Jungfrau in Nöten spielen willst... stell vorher sicher, dass die Jungfrau auch wirklich in Nöten ist. Du weißt das vielleicht nicht, aber viele Frauen lassen sich nicht gerne grundlos bevormunden.“ „Warum warten, bis es ernst wird? In Schwierigkeiten wärst du so oder so geraten.“ „Woher willst du das wissen? Ich bin vielleicht keine große Nummer, aber mit einem einfachen Dieb werde ich locker fertig.“ Er grinste schief. „Ach wirklich? Süß. Trotzdem habe ich dir geholfen, ob du die Hilfe brauchtest oder nicht.“ Claire atmete tief durch, um ihre Frustration niederzukämpfen, und antwortete dann gezwungen freundlich:„Und was verlangt mein großer Retter für seine Hilfe?“ Er lehnte sich über sie, und erst jetzt wurde Claire wirklich bewusst wie viel größer er war als sie. „Folgendes: Du und ich, wir gehen jetzt zusammen einen trinken; in ner ordentlichen Kneipe, nicht dieser Absteige von vorhin. Und dann sehen wir mal, wohin der Nachmittag uns führt.“ Claire lächelte und platzierte sanft eine Hand auf seiner Brust, in einer beinahe schon koketten Geste. Dann schob sie ihn beiseite. „Hm... nein.“ Sie marschierte los, aus der Gasse raus und wieder auf die Straße, ihre Geldbörse dabei genaustens im Auge behaltend. Zum Glück schaffte sie es dieses Mal, alle ihre Einkäufe in Ruhe zu erledigen. Mit Tüten voller Lebensmittel in ihren Händen und wesentlich besserer Laune schlenderte sie zurück zum Hafen, wo wie immer ihr treues Boot auf sie wartete. Oder eher: warten sollte. Dort, wo der kleine Kahn gelegen hatte, war nun ein wesentlich größeres Schiff, um dessen Rumpf herum zersplitterte Holzbretter trieben. Claire fielen vor Entsetzen die Einkaufstaschen aus den Händen. Das durfte doch nicht wahr sein! Ein Mann mittleren Alters kam hämisch grinsend auf sie zu. „Oh, tut mir leid, hat diese Nussschale etwa dir gehört? Tja, so ein Pech aber auch. Hättest sie vielleicht nicht da lassen sollen, wo wir anlegen wollten!“ Er lachte, und einige Schaulustige stimmten in das Lachen mit ein. Claires Blick wurde mit jeder Sekunde finsterer, bis sie plötzlich herumfuhr und dem Mann einen Faustschlag mitten ins Gesicht verpasste. Er stolperte ein paar Schritte zurück, wahrscheinlich eher vor Überraschung als vor Schmerz. „Heh... das war ein Fehler.“ Claire antwortete nicht, sondern setzte ihre Attacke fort; härter diesmal und gezielter. Sie wusste nicht, wie lange sie ihn mit ihren Fäusten bearbeitete, als sie plötzlich jemand packte und von dem nun am Boden liegenden Mann wegzerrte. Er bewegte sich nicht mehr. Endlich aus ihrem Wutanfall aufgeweckt, sah Claire sich um, schwer atmend und nicht ganz sicher, was da gerade passiert war. Man starrte sie an, doch stattdessen lief sie nur zum Rand des Hafenbeckens, wo die jämmerlichen Überreste ihres gesamten Besitzes trieben. Nur nebenbei hörte sie, wie die Gaffer sich zerstreuten. Dann drehte sie sich um und knurrte. Der einzige, der ihr noch Beachtung schenkte, war Bellamy, der ihr wahrscheinlich gefolgt war und das alles mitbekommen hatte... fantastisch. Allerdings grinste er diesmal nicht; im Gegenteil, er hatte einen eher nachdenklichen Ausdruck auf dem Gesicht, als er sie musterte. „Kannst du nicht jemand anderen stalken?!“, blaffte sie ihn an, als sie auf ihn zugestapft kam. „Ich hab mitbekommen, was passiert ist. Schade um dein Boot.“ Er tippte ihre Einkäufe mit der Schuhspitze an. „Hab auf deinen Kram aufgepasst, während du beschäftigt warst.“ Zum ersten Mal empfand sie Bellamy gegenüber echte Dankbarkeit. „Äh... d...danke.“ Sie sah sich um. „Was ist mit dem Mann, den ich angegriffen habe?“ „Den du zu Brei geprügelt hast, meinst du wohl.“ Der Pirat kratzte sich am Kinn. „Tot.“ „Huh?!“ „Yeah. Weiß nicht genau, wie oder warum. Du siehst nicht stark genug für sowas aus.“ Er schien über die ganze Sache nicht allzu bekümmert. „Nun schau doch nicht so, die Tracht Prügel hatte er sich sowieso verdient.“ „Ich hatte nicht gerade vorgehabt, heute einen Mord zu begehen!“, schnappte sie, halb wütend, halb erschrocken. „Unter den gegebenen Umständen wäre es wohl eher Totschlag als Mord.“ „Weil mir das auch seine Kameraden vom Hals halten wird. 'Keine Sorge, ich hab euren Kumpel nicht ermordet, nur totgeschlagen!'.“ Bellamy neigte den Kopf. „Yeah, ich kenne den Captain von dem Typen. Ziemlich unangenehmer Kerl, und der wird sowas nicht auf sich sitzen lassen.“ „Fantastisch...“ „Nun hör mal zu, Kleines. Wies aussieht, sitzt du fürs Erste hier fest, und hast dich auch noch mit ner Bande übler Kerle angelegt. Klingt nach Schwierigkeiten für dich. Es sei denn...“ „Es sei denn?“ „Es sei denn, du hast eine noch stärkere Bande, unter deren Schutz zu stehst.“ Er ließ grinsend die Zunge raushängen. „Du gibst einfach nicht auf, was?“ „Ich mag Beute, die es mir schwer macht.“ Claire seufzte und rieb sich die Stirn. „Ich versteh schon. Die Geier verschwinden, wenn die Hyäne kommt, was?“ „So siehts aus. Also, bist du dabei?“ Claire schwieg für ein paar Sekunden, ergriff dann aber Bellamys ausgestreckte Hand. ,,Okay. Ich hab wohl keine andere Wahl.“ Er zog sie an seine Seite, einen Arm um ihre Schultern gelegt, als wolle er verhinden, dass sie bei der ersten Gelegenheit Reißaus nahm. „Glaub mir, dir wird’s bei uns gefallen.“ „Es war davon die Rede, dass ich unter deinem Schutz stehe. Nicht, dass ich deiner Bande beitrete.“ „Na hör mal, ich kann dich am besten beschützen, wenn du Mitglied meiner Bande bist!“ „Warum bist du überhaupt so versessen auf mich? Wir kennen uns gerade mal seit ein paar Stunden!“ „Wie gesagt, ich mag schwere Fälle.“ Claire verdrehte die Augen. Na das konnte ja noch was werden. Kapitel 3: Die Bellamy-Bande ---------------------------- Kapitel 3 Die Bellamy-Bande Bellamys Bande hatte das Tropical Hotel komplett gemietet. Claire kam nicht umhin, etwas das Gesicht zu verziehen, als der Captain der Bande sie über die Terrasse in die Lobby führte. So eine Geldverschwendung... und selbstsüchtig. Einige andere Mitglieder der Crew saßen dort und unterhielten sich. Ein paar Gesichter erkannte Claire noch aus der Bar, allem voran das vom Vizen, Cirkies. Dieser sah gerade auf, als Bellamy sich mit Claire näherte. „Oh hey, Captain. Hast das Mädchen doch noch rumgekriegt?“ Bellamy legte Claire grinsend einen Arm um die Schulter. „Na klar.“ Im gleichen Moment sagte sie jedoch entschieden: „Nein.“ Der Blick des Blauhaarigen wanderte verwirrt zwischen den beiden hin und her. „Was denn nun?“ „Er hat mich nicht rumgekriegt“, erklärte Claire ruhig, während sie sich aus Bellamys Griff wand. „Jemand hat mein Boot zerstört, und Bellamy hat mir großzügigerweise angeboten, bei euch unterzukommen, bis ich eine Gelegenheit finde, von hier zu verschwinden.“ „Lässt du da nicht ein wichtiges Detail aus?“, fragte Bellamy grinsend. Dann wandte er sich wieder an seinen Vizen: „Die Kleine hat einen aus Darians Crew erledigt. Habs zwar nicht mit eigenen Augen gesehen, aber hab Leute drüber reden hören. Hat ihn einfach zu Tode geprügelt!“ Cirkies stieß einen anerkennenden Pfiff aus. „Aus Darians Crew, sagst du? Nicht schlecht. Oder eher: Sehr schlecht. Darian wird das nicht gefallen.“ „Und deshalb hab ich ihr gesagt, ich würde dafür sorgen, dass er nicht an sie herankommt.“ Bellamy trat einen Schritt von Claire weg und wies auf seine Leute. „Es sind zwar gerade nicht alle da, aber lass mich dir diesen Teil meiner Crew vorstellen. Cirkies kennst du sicher schon von den Steckbriefen. Die Blondine, die gerade versucht, dich mit Blicken zu töten, heißt Lilli und ist Cirkies' Freundin...“ Besagte Blondine hob nun ihre Stimme: „Stell sicher, dass du dich daran erinnerst.“ Der Captain fuhr unbeirrt fort: „Neben Lilli sitzt Mani, unsere eine unserer besten Kämpfer, und neben ihr Rivers, unser Schütze.“ Mani war eine große, schlanke Frau mit dunkler Haut und lockigen, braunen Haaren. Sie wirkte um einiges freundlicher als Lilli, schien aber trotzdem misstrauisch zu sein. Der Mann neben ihr grinste nur, einen Arm über Manis Schultern drapiert. „Hey, immer schön ein neues Mitglied zu haben“, sagte er locker, kassierte dafür von Lilli aber einen bösen Blick. „Sie ist KEIN neues Mitglied! Hast du nicht zugehört? Sie verschwindet, sobald sie kann.“ Bellamy legte Claire eine Hand auf den Rücken. „Die anderen werden wohl noch ein bisschen auf sich warten lassen. Ich zeig dir, wo du dich einquartieren kannst.“ Mit diesem Worten zog er sie mit sich, weg von der Lobby. Der Pirat führte sie zu einem etwas abgelegenen Hotelzimmer. „Das hier ist noch frei. Du kannst ruhig den Zimmerservice rufen, wenn du was brauchst. Und hey, lass dich mal in der Lobby bei den anderen sehen, wenn du Lust hast. Mach dir wegen Lilli keine Gedanken. Sie ist immer so.“ Claire hatte nicht erwartet, dass Bellamy sie so ehrlich freundlich behandelte. ,,Uhm. Okay. Und... danke.“ Sie schlüpfte in das Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Es war ein geschmackvoll eingerichteter Raum; vom Personal des Hotels offensichtlich penibel saubergehalten. Unter einer Reihe Fenster, die auf den Innenhof des Hotels gerichtet waren, wo sich der Pool befand, und die zu dieser Zeit weit geöffnet waren, um frische Luft reinzulassen, stand ein einfaches, aber bequem aussehendes Bett, bezogen mit weißem Leinen. Daneben stand ein Nachttisch, die rechte Wand des Zimmers wurde fast zur Gänze von einem großen Kleiderschrank eingenommen. An der Wand gegenüber des Schrankes stand ein Schreibtisch mit Stuhl. Alles an sich recht einfach, aber mehr verlangte Claire auch nicht. Immerhin hatte sie nicht vor, hier heimisch zu werden. Sie seufzte und legte ihre Einkäufe auf dem Stuhl vor dem Schreibtisch ab, ehe sie sich aufs Bett fallen ließ. Sie dachte über den Verlauf des Tages nach, darüber, was Bellamy so an ihr faszinieren könnte... die Sonne neigte sich schon langsam gen Horizont, aber Claire war etwas weggedöst, bis lautes Lachen und das Platschen von Wasser sie wieder ins Hier und Jetzt zurückholte. Sie hob den Kopf und sah aus dem Fenster. Die gesamte Bellamy-Bande hatte sich am Pool versammelt; gekleidet in wahrscheinlich sündhaft teure Badeklamotten. Im Hintergrund konnte Claire das sanfte Glühen eines Grills sehen. Gerade wollte sie sich wieder fallen lassen, da hatte Bellamy sie offenbar schon bemerkt. „Hey, Claire! Komm doch auch zum Pool!“ Sie hielt einen Moment inne. Wollte sie zum Pool? Es sah schon nach einer Menge Spaß aus... und es war lange her, seit sie an einer Poolparty teilgenommen hatte. Also stand sie vom Bett auf und verließ das Zimmer. Immerhin wusste sie nicht genau, wie lange sie bleiben würde. Da konnte sie sich ebenso gut mit der Bande anfreunden. „Eyyyy!“ Bellamy hob den Arm, um sie zu sich zu winken, als sie sich dem Pool näherte. „Prinzessin hat sich entschieden, uns beizuwohnen.“ Eigentlich hätte der Spitzname Claire wütend machen sollen. Aber die Stimmung war so ausgelassen, und Bellamy selbst schien auch schon leicht angeheitert zu sein. Er lag in Badeshorts auf einem der Sonnenstühle um den Pool herum und hatte einen Cocktail in der Hand. Claire kam nicht umhin, zu bemerken, dass er der einzige aus der Crew war, der sich nicht sofort ins Wasser gestürzt hatte. Sie ließ sich auf einer Liege neben ihm nieder. „Keine Lust, zu schwimmen?“ „Teufelskräfte.“ Er schien damit nicht das geringste Problem zu haben. „Und du?“ „Ich hab keinen Bikini.“ Oder andere Klamotten, fügte sie gedanklich hinzu. Sie musste am nächsten Tag unbedingt ein paar Klamotten zum Wechseln kaufen gehen. Er gab nur einen kurzen Laut von sich, der wohl andeuten sollte, dass er das zur Kenntnis genommen hatte. Claire beobachtete den Rest der Crew, der gerade angefangen hatte, im Wasser Volleyball zu spielen. Es sah schon spaßig aus. Allerdings kam sie auch nicht umhin, ihren Blick hin und wieder zu dem Piraten neben sich gleiten zu lassen. Und sie musste zugeben, dass ihr gefiel, was sie sah. Bellamy mochte ein Trottel sein, aber er war ein hübscher Trottel. Nach einer Weile schien er zu bemerken, wie sie immer wieder zu ihm rüber sah, und drehte sich halb zu ihr. „Genießt du die Aussicht?“ „Hmhm.“ Claire drehte den Kopf weg, hoffend, dass er die Röte auf ihren Wangen nicht bemerkte. „Hah, erwischt.“ Gerade wollte Claire zu einer wütenden Antwort ansetzen, da hörte sie eine unbekannte Stimme schreien: „Hyäne! Komm raus und bring die Göre mit, die meinen Gefolgsmann umgebracht hat!“ Kapitel 4: Darian, der Herzlose ------------------------------- Kapitel 4 Darian, der Herzlose Schlagartig herrschte Stille. Die Mitglieder der Bellamy-Bande sahen einander an, dann Bellamy, und schließlich Claire. Diese rieb sich nur die Augen. „Shit...“ „Hey, keine Panik. Ich hab dir gesagt, ich pass auf dich auf.“ Bellamy erhob sich von seinem Platz, räkelte sich einmal genüsslich und sah Claire dann abwartend an. „Kommst du?“ „Du erwartest nicht allen Ernstes, dass ich dir einfach so zu nem Typen folge, der mich tot sehen will, oder?“, fragte sie trocken. Er packte sie am Arm und zog sie hoch. „Doch, genau das. Komm, das wird interessant.“ Eine Hälfte von Claire wollte ihm klarmachen, dass sie sowas nicht mit sich machen ließ. Die andere... war auf eine morbide Art neugierig, wie der Abend sich noch entwickeln würde. Mit Claire im Schlepptau schlenderte Bellamy gemütlich zum Eingang des Hotels, wo eine Gruppe sichtlich ungehaltener Männer auf sie wartete. Der größte von ihnen, wahrscheinlich der Captain, war schon mittleren Alters, mit einem zerzausten, ungepflegten Bart und einem zerrissenen Oberteil, das den Blick auf seine Brust freigab. Etwa dort, wo das Herz saß, hatte er eine faustgroße Narbe, als hätte ihm jemand das Herz einfach aus der Brust gerissen. Außerdem schien er auf dem einen Auge blind zu sein; das verriet der milchig-weiße Schleier, der darauf lag. Er trat vor. „Ich sehe, du zeigst Einsicht und bringst das Mädchen gleich mit. Gut. Es wäre schade um dich gewesen.“ „Du traust dir ganz schön viel zu, Darian.“ Darian knirschte mit den Zähnen. „Willst du wirklich deinen Kopf für eine dahergelaufene Göre riskieren, Hyäne?“ Bellamy grinste. „Willst dus rausfinden?“ Für einen Moment herrschte Stille, und Claire fühlte wie ihre Muskeln sich zusammenzogen; bereit zu reagieren, sollte Bellamy auch nur dran denken, sie Darian zu überlassen. Dann fing Darian an zu grinsen. „Das war ein Fehler, Hyäne.“ Was als nächstes kam schien für Claire gleichzeitig blitzschnell und gleichzeitig in Zeitlupe zu passieren. Darian zog seine Waffen, ein Schwert und eine Pistole, und stürmte auf Bellamy zu. Bellamy ging in die Hocke, und seine Beine verwandelten sich in Sprungfedern. Mit deren Kraft katapultierte er sich vorwärts und traf Darians Brust, bevor dieser überhaupt reagieren konnte. Der ältere Mann gab einen schmerzerfüllten Laut von sich und spuckte Blut. Ein Treffer wie dieser musste zumindest ein paar Rippen angeknackst, wenn nicht sogar gebrochen haben. „Na, schon genug, Darian?“, spottete Bellamy. Cirkies' Stimme ertönte hinter Claire: „Bellamy! Warum zeigst du Claire nicht, wozu du fähig bist? Gib ihr ne Show!“ Bellamy grinste Claire an. „Na, willst dus sehen?“ „Nein.“ „Dann hast du Pech gehabt. Ich zeigs dir trotzdem!“ „War mir klar.“ Claire verschränkte die Arme vor der Brust, gespannt auf das, was jetzt kommen würde. Ein wenig gespannt war sie schon. Immerhin, ein Kopfgeld von 55 Mio Berry bekam niemand ohne guten Grund. Erneut hockte Bellamy sich hin und verwandelte seine Beine in Sprungfedern. Diesmal griff er Darian aber nicht direkt an, sondern zielte auf ein Gebäude in der Nähe, von dem er sich zu einem weiteren abstieß. Mit jedem Mal wurde er schneller, bis Claires Augen ihm nicht einmal mehr folgen konnten. Darian, der sich inzwischen wieder etwas erholt hatte, schien es ähnlich zu gehen. Er versuchte, Bellamys Bewegungen mit den Augen zu folgen, kam aber absolut nicht hinterher. Claire sah es kaum, als Bellamy sich schließlich in Darians Richtung abstieß. Erst als Darian endgültig ausgeknockt am Boden lag und der Blonde sich neben ihm aufrichtete, wurde ihr klar dass der Kampf vorbei war. Und Bellamy hatte sich scheinbar nicht einmal anstrengen müssen. Darian's Kameraden stolperten geradezu an die Seite ihres Captains und zogen ihn auf die Beine, um ihn wegzubringen. Dabei warfen sie immer wieder nervöse Blicke Richtung Bellamy, der nun entspannt an Claire vorbei zu seiner Crew schlenderte. Kaum war er ein paar Schritte an ihr vorbei, drehte er sich halb zu ihr um. „Ich hab dir doch versprochen, dass ich für deine Sicherheit sorge, oder?“ Sie sah ihm hinterher, ihr Gesicht erhellt von einem Schmunzeln. „Ich muss zugeben: Das war beeindruckend.“ „Natürlich war es das“, antwortete Bellamy. „55 Millionen Berry Kopfgeld, Süße! Vergiss das nicht.“ „Arroganter Mistkerl“, murmelte Claire, aber ihrer Stimme fehlte die gewohnte Schärfe. Obwohl es für Bellamy scheinbar kein großer Sieg gewesen war, ließ die Crew es sich nicht nehmen, ihn gebührend zu feiern. Neue Getränke wurden zum Pool gebracht, und Claire nahm sich endlich die Zeit, die üblichen Mitglieder der Bellamy-Bande kennenzulernen. Hewitt, der schweigsame Koch der Bande, hatte sich in der Nähe des Grills niedergelassen und beobachtete die Angestellten des Hotels bei ihrer Arbeit, während Müre und Eddy, die Ärztin und der Navigator der Bande, ein reges Interesse an Claire zu haben schienen. „Du warst wirklich ein ganzes Jahr lang ganz alleine auf einem winzigen Boot unterwegs? Auf der Grandline?“ Eddy wirkte mehr als nur ein bisschen entsetzt darüber. „Wie zum Teufel hast du das überlebt?“ „Ich habe hin und wieder Leute bei mir mitfahren lassen, die mehr Ahnung vom Navigieren haben als ich. Und abgesehen davon? Dummes Glück, schätze ich.“ Sie zuckte mit den Schultern. Sicher, es hatte Schwierigkeiten gegeben. Viele sogar, aber wenn man bedachte, dass sie mit ihren mickrigen Kahn über die Grandline, das gefährlichste Gewässer der Welt, geschippert war, konnte sie wohl wirklich froh sein, noch zu atmen. Gerade wollte Müre zu einer Anmerkung ansetzen, da kam Mani zu der Gruppe. „Hey, wir wollten unser Volleyball-Match fortsetzen, aber Lilli ist gerade mit Cirkies auf ihr Zimmer verschwunden. Lust, für sie einzuspringen? Ich kann dir welche von meinen Schwimmklamotten leihen.“ Claire blickte nervös hin und her. Nein, wollte sie garantiert nicht. „Würde ich ja liebend gerne, aber...“ Bellamy sah auf. „Und wer leistet mir dann Gesellschaft?“ Sein Ton machte es deutlich, dass es mehr ein Witz war, aber Claire nahm die Vorlage nur zu gerne an. Leicht hilflos nickte sie in seine Richtung. „Äh... genau. Ich muss eurem Captain Gesellschaft leisten. Immerhin hat er mir gerade den Hintern gerettet.“ Bellamy zog beide Augenbrauen hoch. „Dein Ernst? Vor ner Stunde wollteste nicht einmal zugeben in meine Richtung gesehen zu haben, und jetzt willste mir Gesellschaft leisten?“ Claires Wangen brannten. „Du hast dein Versprechen gehalten und mich beschützt. Ich bin dankbar dafür. Ist dir das nicht genug?“ Der argwöhnische Ausdruck wich nicht von seinen Zügen, aber er zuckte mit den Schultern. „Wie du meinst, Prinzessin.“ Claire atmete erleichtert auf und lehnte sich zurück. Ein paar Sekunden Schweigen, bis... „Ich meinte das übrigens ernst, Bellamy. Danke, dass du mich gerettet hast.“ „Ich habs dir doch versprochen.“ Er ließ die Zunge raushängen. Eine seltsame Angewohnheit von ihm. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)